Neu hier mit Depressionen

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Barney
Beiträge: 2
Registriert: 17. Feb 2011, 13:01

Neu hier mit Depressionen

Beitrag von Barney »

Ich bin neu hier,
ist schon mal gut, auch von anderen zu hören und zu lesen. Ich komme aus dem Norden.

Ich war früher lange bei einer Firma hatte einen verantwortungsvollen Job. Habe jahrelang immer 120% gegeben, mir hat es Spaß gemacht. Ich habe aber auch immer mal wieder ein Gespräch gesucht um die Anerkennung für meinen Einsatz zu bekommen. Ich war auch regelmäßig am Wochenende da, habe immer alles gegeben. In den Jahren gab es immer mehr Situationen der Enttäuschungen. Bei vielen Gelegenheiten (nach besonderem Einsatz) gab es anschließend aber trotzdem (und unerwartet) einen Anschiss. Ich merkte irgendwann das Reden mit dem Chef einfach nicht hilft. Wenn ich mal vorm Urlaub noch bis 21 Uhr da war um offene Sachen abzuarbeiten, hieß es ‘‘das wäre noch gar nicht lange genug‘‘ schließlich hätte ich 2 Wochen Urlaub. Solche Geschichten gab es viele. Ich könnte noch stundenlang schreiben. Am Ende war ich mal krank geschrieben vom Hausarzt, da rief mich der Chef zu Hause an und schrie mich an, ihm wäre egal was mein Hausarzt sagt, ich solle arbeiten kommen.

Danach musste ich da weg, hab ich mir etwas anderes gesucht, was sich aber nach 4 Monaten in Luft aufgelöst hat. Dann 1 Jahr arbeitslos, Beginn einer Therapie. Jetzt nach wieder 4 Monaten die Kündigung in der Probezeit... bleibt demnächst Hartz4..

Ich bin so enttäuscht, von den Arbeitgebern, von mir selber, vom Leben. Ich ziehe die Vorhänge zu, kann die Sonne nicht ab. Ich mag nicht unter Leute gehen. Ich muss mir wohl eingestehen, ich habe Depressionen. Und ich bin allein, habe mich schon lange nicht mehr auf eine Beziehung eingelassen. Jetzt müsste ich Bewerbungen schreiben, mich positiv verkaufen, was sehr schwierig ist.

Ich hab schon oft gedacht nach der Therapiestunde ich würde gerne mal reden mit jemandem der auch Probleme und Therapieerfahrung hat, das würde sicher gut tun.

Viele Grüße erstmal,
Barney
ghm
Beiträge: 1665
Registriert: 25. Dez 2010, 12:38

Re: Neu hier mit Depressionen

Beitrag von ghm »

Hallo Barney,

erstmal Willkommen, auf dass Du hier Beistand, Rat und Hilfe findest.

Wenn ich es richtig verstehe, hast Du zur Zeit einen Therapeuten.
Hast Du schon mal mit dem über den Exchef gesprochen?
(Nach meiner Meinung, sollte dieser Chef mal in eine Therapie gehen)
Leider gibt es solche Chefs häufig.

Da besteht die Gefahr, dass Du Deinen eigenen Selbstwert klein machst, um ihn zu ertragen. Und wenn Du ihn los bist bleibt der Selbstwert klein

Kenne ich gut, ist eine Baustelle auch bei mir.

Auch wenn es ein "Klugscheisser" Wortspiel ist.
Versuche Dich zu freuen, dass Du von Dir end-täuscht bist.
Die Täuschung ist zu Ende und Du kannst beginnen Dich selber kennenzulernen.
Dafür wünsche ich Dir viel Kraft und Mut.

Solltest Du wirklich in Hartz IV rutschen, (ich glaube das geht nicht, solange Du krankgeschrieben bist),
könntest Du Dir vorstellen, etwas in "geringfügiger" Tätigkeit zu tun, z.B. Schulweghelfer, damit sich das Gefühl "nutzlos" zu sein nicht einstellt.
~~ Göttin, lass es Hirn vom Himmel regnen (und nimm den Menschen die Regenschirme weg) ~~
Hope1512
Beiträge: 33
Registriert: 2. Jan 2011, 10:18

Re: Neu hier mit Depressionen

Beitrag von Hope1512 »

Hallo Barney,

> Ich bin so enttäuscht, von den Arbeitgebern, von mir selber, vom Leben. Ich ziehe die Vorhänge zu, kann die Sonne nicht ab. Ich mag nicht unter Leute gehen. Ich muss mir wohl eingestehen, ich habe Depressionen. Und ich bin allein, habe mich schon lange nicht mehr auf eine Beziehung eingelassen. Jetzt müsste ich Bewerbungen schreiben, mich positiv verkaufen, was sehr schwierig ist.

Erst einmal, Du bist nicht allein! Auch wenn wir hier nur virtuell für Dich da sein können, sind wir da und können Dir zuhören. Deine Lage kann ich sehr gut nachvollziehen, die Depression zieht Dir im Moment den Boden unter den Füßen weg. Gib Dir Zeit und schau' in Dich hinein. Fühle was sich ändern muss, um wieder gut zu leben. Versuche mithilfe einer Therapie kleine Schritte aus dem Loch zu machen. Aber vor allem mach' Dich nicht klein, das hast Du nicht verdient.

Liebe Grüße, Bronte
Rosenkranz
Beiträge: 591
Registriert: 19. Feb 2010, 21:19
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Re: Neu hier mit Depressionen

Beitrag von Rosenkranz »

Hallo barney

erstmal herzlich willkommen hier im forum

es ist schrecklich, wie die arbeitgeher ihre position ausnutzen und die leute aussaugen, bis zum letzten tropfen. Ich habe zwar nicht so einen schrecklichen chef aber dafür wird das leistungspensum ständig erhöht. Wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich auch aufhören, aber gerade vor dem was du da gerade durchmachst habe ich angst, ich bin ende 40, da ist es eh schon schwer überhaupt was zu finden und dann die ungewissheit, da habe ich vorerst beschlossen nicht zu kündigen. Ich finde es aber trotzdem eine tolle Leistung diese entscheidung zu treffen, das ist kein zustand, das macht echt krank.

Zumindest bis du hier nicht allein mit deinen sorgen, wenn wir dir auch so nicht helfen können, aber wenigstens moralisch können wir dich unterstützen und wenn es auch nur ein paar nette worte sind, die wie streicheleinheiten sind.

Ich wünsche dir gute besserung
liebe grüße rosalie
Antiope
Beiträge: 1695
Registriert: 10. Jan 2011, 21:38

Re: Neu hier mit Depressionen

Beitrag von Antiope »

Hallo Barney,

auch von mir ein herzliches Willkommen.

Du bist nicht allein, und Du bist nicht der einzige, der so sehr von seinem Chef schikaniert worden ist.
Und dass es Dir jetzt so geht, ist verständlich. Jahrelang hast Du Dich selbst immer bis zum Äußersten getrieben, jetzt fehlt selbst die Kraft zum normalen Leben, geschweige denn zum Arbeiten.

Es braucht viel Zeit - aber es wird der Tag kommen, wo Du wieder genug Kraft hast. Gerne werden wir Dir hier zur Seite stehen.
ylva
Beiträge: 26
Registriert: 22. Sep 2009, 01:35

Re: Neu hier mit Depressionen

Beitrag von ylva »

Hallo Barney,

es ist leider ein Teufelskreis. Man ist ein starker Mensch, der lange Jahre etliches bewältigt und im Prinzip über seine Grenzen hinweglebt. Irgendwann kommt der Zusammenbruch, den man sich selbst nicht zugestehen will, man kennt sich schließlich nur als starken, leistungsfähigen Menschen. Auch wenn bislang die Anerkennung ausblieb.

Ab diesem Zeitpunkt, an welchem man feststellt, dass man eigentlich am Boden ist, versucht man, wieder aufzustehen und sucht nach Möglichkeiten, dies auch umzusetzen. Dass hierbei ein Chef, der sich wie der Deine verhält, sehr kontraproduktiv ist, versteht sich fast von alleine. Insofern solltest Du diesen ganz heftig in den Hintergrund stellen und Dir sagen, es ist Dir egal, was dieser fordert, du hast Dich ihm lange Jahre zur Verfügung gestellt, weit über Deinen Arbeitsvertrag hinausgearbeitet, nun ist Schluss. Nun bist Du dran.

Es wird ein Dilemma, denn Du erwartest von Dir selbst, leistungsfähig zu sein, Deine bisherige Leistung wieder zu erbringen. Gelingt es nicht, verurteilst Du Dich selbst. Und genau dies ist der Punkt, an welchem Du über Dein Leben nachdenken solltest. Willst Du dieses Martyrium weiter erleben oder könntest Du Dir Dein Leben evtl. anders einrichten. Andere Prioritäten setzen?

Zur näheren Erläuterung: Auch ich bin ein Mensch, der stetig über seine Grenzen lebte. Der Job stand immer im Vordergrund, ich gab nicht nur 120%, es war deutlich mehr. 2004 brach ich das erste Mal zusammen, langfristiger Klinikaufenthalt. 2005 erneut Klinikaufenthalt. 2006 neuer Job, noch mehr Leistung (70 - 80 Stunden Woche), 2008 wieder Klinikaufenthalt. 2009 erneut Klinikaufenthalt. Es handelte sich jeweils um einen Zeitraum zwischen drei und sechs Monaten. Mir wurde eine Schwerbehinderung in Höhe von 60% anerkannt.

Inzwischen gehe ich anders mit mir um. Mir ist bewusst, dass ich meinen Beruf nicht mehr ausüben kann, denn in diesem sehe ich meine Grenzen nicht. Ich habe mir einen neuen Job gesucht, in welchem ich mich kopfmäßig langsam einbringen kann, der mir meinen Lebensunterhalt sichertund der mir auch genügend Freiraum bietet, mit mir selbst auszukommen. Finanziell kann ich natürlich nicht die großen Sprünge machen, doch dies ist auch nicht das Wesentlichste. Meine Kosten, die ich reduzieren konnte, sind gedeckt.

Was ich mit dem ganzen Vortrag sagen will, ist, Du solltest einfach Deine Ziele, Dein Leben überdenken. Sind die Ziele noch realisierbar oder wärst Du glücklicher auf kleinerer Ebene, auf welcher Du mit Dir selbst im Reinen bist.

Liebe Grüße
ylva
paco
Beiträge: 310
Registriert: 19. Jan 2011, 11:06

Re: Neu hier mit Depressionen

Beitrag von paco »

hallo zusammen,

ja, so ein leben, das nur aus maloche besteht, muss man in der tat in frage stellen.

das problem ist nur, hat man ab einem bestimmten alter noch alternativen? ich bin gut in den 50ern und mache jetzt die erfahrung, dass das, was früher kein thema war, was anderes zu finden, jetzt ein riesenthema ist. die chancen werden immer geringer mit steigendem alter.

und für barney gilt es auch mit der depri fertig zu werden. die muss unter kontrolle kommen, damit es mit dem job wieder was wird. viel glück dabei.

ich selbst kämpfe weiter, um aus meiner misere (unbefriedigende arbeitssituation und dadurch verstärkte depri) raus zu kommen. das kostet tierisch kraft.

lg paco
Barney
Beiträge: 2
Registriert: 17. Feb 2011, 13:01

Re: Neu hier mit Depressionen

Beitrag von Barney »

Hallo,
Danke für die Antworten und die Willkommensgrüße. Sich hier zu outen und zu kommunizieren tut gut. Man kommt sich ja auch immer so allein vor.

Die letzten 3 Tage ist mir morgens beim Nachdenken wo ich stehe, schlecht geworden, musste würgen, gut das ich noch nüchtern war. Heute war das schon besser. Immerhin habe ich jetzt schon 2,3 mal das Wort Depression im Gespräch mit anderen sagen können. Heute Abend habe ich wieder eine Therapiestunde.

Trotzdem fühle ich mich sehr verraten. Einerseits von meinen Eltern, ich komme aus einer Problemfamilie, wir Kinder hatten früher jedes WE Angst um unser Leben. Ich musste mir 1000 Mal in der Situation sagen bleib ruhig, bleib ruhig, bleib ruhig. Ein normale Entwicklung war nicht möglich, wenn mich jemand ärgert und ich wütend od. enttäuscht werde brauche ich manchmal Stunden um das Gefühl überhaupt zu erkennen. Da fühle ich mich z.T. so unvollständig, als ob mir ein Bein fehlt. Ich mucke auch nie auf, stelle eigene Bedürfnisse immer zurück. Oft weiß ich gar nicht, was eigentlich meine Bedürfnisse sind. Ist halt alles so tief vergraben..

Zum anderen verraten durch den Ex-Arbeitgeber. Alles getan, mehr als alle anderen, war trotzdem nicht gut genug. Habe manchmal soooo eine Scheißwut im Bauch, und ‘‘klären‘‘ bzw. auflösen geht ja nicht. Mag gar nicht dran denken, wie lange das noch brauchen wird…

Nochmal Danke an alle die hier schreiben

Barney
wennfrid
Beiträge: 799
Registriert: 15. Feb 2010, 08:01

Re: Neu hier mit Depressionen

Beitrag von wennfrid »

Hi Barney
Ich habe früher auch 120 Prozent für die Firma gegeben und wenn noch zusätzlich ein Auftrag kam, habe ich ihn irgendwie dazwischen geschoben. Nach Depression, Burn Out und Therapie habe ich gelernt, "nein" zu sagen. (Anfangs mit Schuldgefühlen.) Ich habe gelernt, für mich selber zu sorgen und meine Bedürfnisse in die Realität umgesetzt.
Leider Gottes wird in unserer Leistungsgesellschaft der Mensch über "haben" definiert, obwohl ich festgestellt habe, dass gerade depressive Menschen (wenn sie nicht gerade in einem Tief stecken.)sehr zuverläßig sind. Sie wissen über die "Seinsmentalität" Bescheid und dass zu einem erfüllten Leben außer Materie noch viele andere, wichte Dinge dazu gehören.
Viel Kraft und Energie

Fridolin
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