allein oder einsam?

kormoran
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Re: allein oder einsam?

Beitrag von kormoran »

hallo ihr lieben,


lernfee, in deinen worten habe ich mich stark wiedergefunden:
Ich fühle mich oft schlecht, weil ich mir so sehr wünsche, mich bei einem Menschen wirklich einmal geborgen fühlen zu dürfen. Aber dazu gehören eben immer zwei und ich möchte niemanden bedrängen oder verbiegen.

mir scheint, es fällt mir sehr schwer, richtig einzuschätzen, ob das geht. manchmal, in der vergangenheit immer wieder, ist es mir so gegangen dass ich zu menschen gerne eine nähere beziehung aufbauen würde und dann merke, hoppla, der/die andere will gar keine nähe zu meiner person.

und auch mit der einsamkeit geht es mir so: wenn es das gibt, geborgen sein können, vertrauen, man selbst sein dürfen, das sind die beziehungen, die mich nähren.
und ich glaube, davon würde ich halt etwas mehr, etwas konstanter, brauchen
(nicht so anspruchsvoll zu sein, keinen alleinanspruch zu stellen, habe ich schon gelernt)

liebe ecureuille,
warum dein gefühl der einsamkeit immer noch auftaucht?
wenn das so eine ur-sehnsucht ist, angenommen zu sein, geborgen zu sein (bei/von deinem vater?), die nie erfüllt wurde, vielleicht tritt genau diese unerfüllte konkrete sehnsucht immer dann auf, wenn eine andere situation etwas ähnliches bietet.

es ist sehr schmerzlich, ein altes gefühl nicht mehr stillen zu können - weil die kindheit z.b. vorbei ist. aber therapeutisch ist es doch möglich, diese lücke zu schließen, dass sie im jetzigen leben nicht mehr so schmerzt.

vielleicht liege ich auch ganz daneben. es ist ein sehr sensibles terrain.

liebe grüße
kormoranin
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ecureuille

Re: allein oder einsam?

Beitrag von ecureuille »

Liebe Kormoranin,

es ist in der Tat ein sensibles Terrain. Es ist ja nicht so, dass ich von meinem Vater nie angenommen wurde oder mich bei ihm geborgen fühlte. Nur wusste und weiß ich halt auf Grund seiner eigenen psychischen Erkrankung nie wie lange der positive Zustand anhält und wann er wieder in die Versenkung verschwindet.
Von daher und so fühle ich mich im Moment auch ist es wohl vor allem die Angst vor dem Verlassen werden, die mir das Leben so schwer macht. Wenn ich wirklich alleine bin, so ist das nicht schön, aber ein mir bekantes Gefühl, dass mir in all seiner Schmerzhaftigkeit doch bekannt ist und deshalb weniger beängstigend ist.
Jetzt wo ich eigentlich alles habe, nach dem ich mich so lange gesehnt habe läuft eigentlich alles perfekt und gerade das macht mir Angst. Angst es wieder verlieren zu können. Angst vor dem Schmerz, der das mit sich bringen würde.
Ich habe zur Zeit wirklich keine unerfüllt Sehnsucht mehr (bis vielleicht auf die Verbeamtung...). Also kann auch keine unerfüllte Sehnsucht dieses Gefühl der Einsamkeit in mir hervorrufen. Angst macht mir gerade das. Das es nicht bleibt. Und ich weiß ich könnte einen Verlust nicht ertragen oder nur sehr schwer und was mache ich dann?

Na ja, und was mir eben doch noch schwer fällt ist das alleine wohnen. Doch eine Sehnsucht, die nicht erfüllt ist

Ach ich weiß auch nicht, es überkommt mich heute eine so tiefe Traurigkeit. Ich gehe jetzt gelich zur Tanztherapie. Vielleicht kann ich dort noch etwas für mich klären und auflösen.

Wie ergeht es dir denn so, liebe kormoranin?

Alles Liebe
ecureuille
kormoran
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Re: allein oder einsam?

Beitrag von kormoran »

liebe ecureuille,

die angst vor dem verlust. das ist was vom perfidesten: wenn wir das, was wir haben, nicht voll annehmen können, aus angst, dass wir es wieder verlieren. dadurch haben wir nämlich gar nix.

insofern wäre es vom verstand her sehr lohnend, diese angst zu überwinden: sich fallen zu lassen in das, was man hat, es voll und ganz annehmen, komme was wolle (und sei es irgendwann vielleicht der verlust).

ist das eine richtung, die du versuchen könntest?

ach und bei mir? jetzt geht es mir insgesamt doch ein stück besser, und alles ist nicht so heftig und laut. ich kann wieder etwas besser mit mir allein was anfangen. aber die wellen der traurigkeit die kommen trotzdem, immer wieder, und ich sage mal, es ist gut, dass ich sie spüre und annehme.

zum beispiel heute nach der yogastunde. yoga tut mir gut und auch der yogalehrer ist sehr aufmerksam und zugewandt. ich war aber körperlich dann schon sehr müde und beim rausgehen hatte ich das gefühl: ich kann jetzt keinen schritt mehr gehen und: jetzt muss ich schon wieder weg gehen von ein bisschen menschlicher zuwendung, hinaus, allein, dabei ruft mein inneres danach, gestützt und gehalten zu werden . ich merke jetzt gerade, dass dieser wunsch, loslassen zu dürfen und ganz angenommen zu sein, gehalten zu werden, sehr groß wird, gemeinsam mit der kraftlosigkeit. das riecht nach abhängigkeit, nach autonomieverlust - das darf es nicht werden, aber wenn ich mich sammle, dann geht das schon wieder.

etwas wirr und sehr müde grüßt
kormoranin
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*** zurück ins leben!
ecureuille

Re: allein oder einsam?

Beitrag von ecureuille »

Liebe Kormoranin,
Hallo an alle,

ich mache auch wieder einen Yogakurs, was mir wirklich sehr gut tut.
In der Tanztherapie haben wir ähnliches besprochen, was du liebe kormoranin und du liebe Corinna scon angesprochen habt.
Im Endeffekt zählen nicht die Massen an Menschen um einen herum, sondern einige wenige, die einen emotional wirklich sehen und wahrnehmen. Dann füühle ich mich nicht mehr alleine, Wenn ich sein darf und wenn ich angenommen werde so wie ich bin, wenn ich lächle und mein Gegenüber genau weiß, dass es in mir drin ganz anders aussieht.

Heute ist ein sehr schklechter Tag. Ich konnte einfach nicht aufstehen, es ging einfach nicht. Habe mich dann durchgerungen mich krank zu melden, was definitiv die richtige Entscheidung war. Ich habe wieder Schwierigkeiten mit dem Essen, bin total zittrig und unruhig. Schrecklich, aber ich schlage mich wacker und arbeite zumindest etwas zu Hause, nein, ich bin sogar recht fleißig nachdem ich ausgiebig ausgeschlafen hatte.
Nur hoffe ichm dass es nur dieser eine Tag ist und ich nicht wieder dabei bin abzustürzen. Das kann ich nicht gebrauchen und das will ich vor allem nicht, Ich habe fast alles, was ich mir erträumt habe und bin dennoch nicht wirklich glücklich. Ich schaffe es nicht zru Arbeit zu gehen, obwohl ich mich dort wohl fühle und wirklich gerne hingehe. Na ja morgen ist ein neuer Tag...

Liebe Grüße
Hörnchen
eligeo71
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Re: allein oder einsam?

Beitrag von eligeo71 »

Hallo Ecureuille,

zuallererst möchte ich mich dafür entschuldigen, dass ich in meinem letzten Beitrag hier deinen Nick falsch geschrieben habe. Eigene Fehler vergesse ich nie, auch wenn ich sie mir inzwischen doch meist verzeihen kann.

Ich habe fast alles, was ich mir erträumt habe und bin dennoch nicht wirklich glücklich.

Ich gehe mal von mir aus. Ich weiss, dass das was ich habe, nicht zwangsläufig das ist, was ich brauche um Glück zu empfinden. Es geht nicht darum die angepeilten Ziele zu erreichen, um mir Glück zu bescheren. Was ich brauche sind das Gefühl der Überzeugung, der Entschlossenheit, der Tatkraft, des absoluten Glaubens in jedem Augenblick meines Lebens und in allem was ich denke, sage und tue zu 100% zu mir selbst zu stehen. Keine Ablehnung mehr dieses oder jenes ungeliebten oder gar verhassten Anteils meiner selbst. Kurz gesagt, der Mut zu mir, vor mir und hinter mir zu stehen. Das ist noch ein langer Weg, aber da ich weiss, was ich brauche, kann ich darauf hinarbeiten. Z.B. Frieden mit der Vergangenheit und mit mir selbst schliessen. Ich finde, dass ich mich lange genug selbst "zerfleischt" habe. Ich muss mir da nichts mehr beweisen!

Was brauchst Du, liebe Ecureuille?

Liebe Grüsse und die besten Wünsche für einen neuen Tag

Rainer
Ich bin der Mensch, welcher mein Leben entscheidet!
ecureuille

Re: allein oder einsam?

Beitrag von ecureuille »

Lieber Rainer,

ich hatte noch nicht mal gesehen, dass du meinen Nick falsch geschrieben hast...
Wie geht es dir denn? Möchtest du zum Sommertreffen kommen?

Was brauche ich? Das ist eine gute Frage, weshalb es auch so lange gedauert hat bis ich dir antworte. Gar nicht so leicht.

Ich denke in allererster Linie sollte ich lernen wie du es auch in etwa geshcrieben hast, mich selbst anzunehmen und zu lieben wie ich bin mit all meinen Stärken und Schwächen. Mir Schwächen und Fehler erlauben. Lernen mit meinen manchmal sehr starken und überwältigenden Emotionen umzugehen, einfach mal aushalten und hinspüren. Den Blick für das Positive in meinem Leben zu stärken, mich von beschwingenden Dingen länger tragen zu lassen anstatt direkt wieder nur das Negative zu sehen.

Was ich von außen brauche ist eine gute Freundin zum lachen und weinen, zum quatschen und schweigen, aber an dem Problem arbeite ich gerade.

Ach ja und ich brauche endlich einmal Vertrauen in mich selbst und in die Menschen in meiner Umgebung. Mir und meinen Gefühlen und den positiven Gefühlern anderer mir gegenüber zu trauen.

Liebe Grüße
ecureuille
eligeo71
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Re: allein oder einsam?

Beitrag von eligeo71 »

Hallo Ecureuille,

ach, mir ist gerade ziemlich angst und bange vor morgen. Einige Menschen werden sich verpflichtet fühlen mich anzurufen, um mir zum Geburtstag zu gratulieren. Ich mag Geburtstage nicht, schon gar nicht die eigenen. Wünschte, ich könnte den morgigen Tag einfach überspringen. Ganz schön bescheuert, nicht wahr?

LG, Rainer
Ich bin der Mensch, welcher mein Leben entscheidet!
ecureuille

Re: allein oder einsam?

Beitrag von ecureuille »

Lieber Rainer,

dann gratuliere ich dir mal nicht zu deinem Geburtstag.
Mir geht es oft, nicht jedes Jahr ähnlich. Ich mag es nicht so im Mittelpunkt zu stehen. Ich mag es ebenso wenig, dass sich auf einmal Menschen bei mir an diesem einen Tag melden, die sich sonst das ganze Jahr nicht melden. Ganz ehrlich das brauche ich dann auch nicht.

Warum magst du Geburtstage nicht?
Ich wünsche dir trotz allem einen guten Tag.

Liebe Grüße
ecureuille
Clown
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Re: allein oder einsam?

Beitrag von Clown »

Hallo Rainer,

ich auch, ich gratuliere dir auch nicht zu deinem Geburtstag!

Und ich wünsche dir auch nicht, dass du deine Wege zu innerem Frieden, Glück und Liebe bald gefunden hast.

Nur mal so Zwischendurchgrüße vom norddeutschen zum schwäbischen Meer.

Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
eligeo71
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Re: allein oder einsam?

Beitrag von eligeo71 »

Danke sehr, ich sehe ihr versteht mich!

Hm, warum mag ich keine Geburtstage?

Was die eigenen Geburtstage angeht, sind es im Kern die Gründe, die du angeführt hast, liebe Ecureuille. Die Ausmasse meiner Scheuheit sind imens und ich weiss, dass mir kaum jemand das abnimmt.

Was Geburtstage anderer Menschen angeht, ich bekomme den Spagat zwischen meiner latent immer vorhandenen Traurigkeit und der Fröhlichkeit, die Geburtstagen in der Regel anhaftet, nicht hin. Das droht mich zu zerreißen - dabei geht es doch gar nicht um mich. Warum sollten andere an ihrem Geburtstag nicht fröhlich und in Feierlaune sein?

Eine Freundin hat mir heute gewünscht, dass alle meine Wünsche in Erfüllung gehen mögen. Ich habe ihr darauf geantwortet, dass ich wunschlos unglücklich sei. Bin gespannt ob sie noch mit mir redet?!

LG, Rainer
Ich bin der Mensch, welcher mein Leben entscheidet!
chrigu
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Re: allein oder einsam?

Beitrag von chrigu »

Lieber Rainer,

dann wünsche ich Dir (mit Nichtglückwünschen natürlich) Wünsche.

Einen lieben Gruß Dir, schön Dich mal wieder zu lesen!
Chrigu

PS: Sorry liebes Hörnchen für's Offtopic.
ecureuille

Re: allein oder einsam?

Beitrag von ecureuille »

Hallo,

ich habe gerade in alten Tagebüchern gelesen. Dieses Gefühl der Einsamkeit begleitet mich schon viele Jahre, nur habe ich es damals noch mit allein sein verwechselt.
Allerdings musste ich feststellen, dass sich, auch wenn die Grundthematiken immer bleiben, doch viel geändert hat. Früher habe ich mich in der Einsamkeit gefangen gefühlt. Das tue ich heute nicht mehr. Manchmal überwältigt mich dieses Gefühl zwar, aber ich fühle mich dem nicht mehr völlig ausgeliefert und ich stelle fest, dass ich zum einen Lösungen habe, um mit diesem Gefühl umzugehen und vor allem in der Lage bin aktiv etwas dagegen zu unternehmen. Ich ergreife Initiative, gehe wieder auf Menschen zu.
Dazu habe ich einen interessanten Satz gelesen, den mir mal jemand gesagt hat: "der Mensch will eine Beziehung, hat aber Angst vor der Bindung".
Wenn man auf Menschen zugeht, sich ihnen emotional öffnet, liefert man sich immer der Gefahr aus, verletzt zu werden. Aber ich habe (im Moment) keine Angst mehr davor. Nein, das stimmt eigentlich nicht, aber die Angst lähmt mich nicht mehr. Ich suche Bindung trotz der Angst verletzt zu werden, trotz der Angst mich in einer Bindung zu verlieren, mich vollends aufzugeben. Denn ich habe dazugelernt, weiß um meine Probleme, sehe sie und so habe ich endlich die Chance etwas dagegen zu tun!
Wahrscheinlich werde ich einige Probleme und Ängste nie verlieren, aber das macht nichts. Ich lerne mich zu akzeptieren wie ich bin und das heißt auch meine schwachen Seiten anzunehmen. Zu regristrieren, dass sie da sind und bleiben, aber eben versuchen mit ihnen zu leben.

Alles Liebe
ecureuille
Kodiak
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Re: allein oder einsam?

Beitrag von Kodiak »

Hallo ecureuille,

was Du schreibst, kann ich gut nachvollziehen. Und es ist toll, wenn man die Kraft hat, sich aus der Einsamkeit wieder zu befreien. Allein das Wissen darum nimmt schon etwas Angst und Hoffnungslosigkeit.

Vor Bindungen habe ich Angst, weil ich glaube, den Erwartungen und Ansprüchen des anderen nicht gerecht zu werden. Das ist ein sehr tiefes Gefühl und rational sicher nicht nachvollziehbar, aber ich werde es nicht los. Nicht durch denken.
Ich will mich nicht davon beeinflussen lassen, weiss, dass Beziehungen für mich sehr wichtig sind, aber davon befreien kann ich mich nicht. Von dieser Angst. Und wenn sie zu mächtig wird, folgt wieder die Einsamkeit.

Liebe Grüße

Dietmar
ecureuille

Re: allein oder einsam?

Beitrag von ecureuille »

Lieber Dietmar,

leider gelingt es mir nicht immer mich aus der Einsamkeit zu befreien. Ich habe ab und an so lichte Momente, aber den Rest der Zeit....

Die Angst den Erwartungen und Ansprüchen anderer nicht gerecht zu werden kann ich gut nachvollziehen. Bei mri ist es die Angst nicht zu genügen. Ich meine dann immer mich verändern zu müssen. Überlege, was der andere wohl erwarten könnte und so zu sein wie ich meine, dass die anderen mich haben wollen.
Das ist allerdings rational betrachtet der totale Quatsch. Ich tue damit auch meinem Gegenüber Unrecht, weil ich Dinge in ihn/sie hineininterpretiere, die demjenigen/derjenigen auch nicht gerecht wird.
Tja, aber auch diese Angst braucht wohl ihre Zeit um zu erschwinden. Aber ich denke es ist gut, dass du sie wahrnimmst und annimmst. Das ist der erste Schritt um sie zu besiegen oder besser mit ihr zu leben und dennoch Beziehungen einzugehen.

Liebe Grüße
ecureuille
Kodiak
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Re: allein oder einsam?

Beitrag von Kodiak »

Liebe ecureuille,

ich bin gerade dabei, wegen dieser Angst eine Wand um mich herum zu errichten. Diese Angst, nicht zu genügen, läßt mich Beziehungen ablehnen, weil ich den Schmerz nicht will. Aber gleichzeitig versuche ich gegenzusteuern und zu erleben, was ist, wenn ich das nicht mache. Also arbeite ich gegen mein Gefühl, oder genauer, gegen das Gefühl, welches mich mein Leben lang begleitet hat und in die Einsamkeit brachte. Keine Flucht nach innen, sondern der Angst entgegen gehen. Das ist so verdammt schwer und kostet wirklich sehr viel Überwindung.
Die Einsamkeit bleibt immer noch, wenn wirklich nichts mehr geht. Mal sehen.

Liebe Grüße

Dietmar
ecureuille

Re: allein oder einsam?

Beitrag von ecureuille »

Lieber Dietmar,

es ist wirklich sehr schwer ud äußerst kraftraubend gegen solche Ängste anzugehen. Ich wünsche dir dafür Kraft und Ausdauer. Ich hoffe, dass wir erkennen, dass die Alternative -nämlich allein und einsam zu sein - keine ist und wahrscheinlich noch schlechter zu ertragen.

Ich bin gerade dabei neue Kontakte aufzubauen und zu pflegen. Wichtig ist dabei wie mir aufgefallen ist diese sorgsam auszuwählen. In der Vergangenheit hatte ich oft Kontakte, die mir nicht gut getan haben, die mir Kraft gekostet haben statt zu spenden, die mich ausgesaugt haben. Ich habe sie dennoch behalten, weil ich so wenigstens nicht alleine war. Das ist aber auch nicht der richtige Weg, denn es gibt Menschen, für die es sich lohnt zu kämpfen. Die einem das Gefühl geben etwas besonderes zu sein und eben zu genügen. Und auch wenn nicht immer alles so glatt läuft und der Weg vielleicht etwas steinig ist, so lohnt es sich doch.

Ich habe nun Menschen gefunden, für die es sich ohnt zu kämpfen, weil ich mich mit ihnen gut und wohl fühle. Und ich hoffe, dass ich dabei bleibe und diese Kontakte nicht aus irgendwelchen dummen Ängsten heraus wieder aufgebe.

Nichts desto trotz bin ich zwar nicht mehr alleine, aber dennoch mitunter einsam. Es ist eben ein altes erlerntes gefühl, welches ein wenig Zeit braucht bis is vielleicht einmal geht. Zumindest wird es erträglich. Oder vielleicht wird es nicht weniger, aber ich ertrage es besser, weil ich nicht mehr alleine bin.

Ich danke Gott für mein neues Leben und für die zweite Chance, die ich erhalten habe und bete dafür, dass ich sie auch nutze.

Alles Liebe
ecureuille
Kodiak
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Re: allein oder einsam?

Beitrag von Kodiak »

Liebe ecureuille,

es ist schön, dass Du nicht mehr allein bist. Die Einsamkeit als Zufluchtsort der Kindheit, übernommen ins Erwachsenendasein, wird wohl immer eine (unzweckmäßige) Option bleiben. Auch, wenn man nicht mehr allein ist. Sie ist für mich nicht abzulegen wie ein Kleidungsstück das nicht mehr passt.

In den letzten Tagen wollte ich wieder zurück zu ihr, damit sie mich beschützt. Es stand ein Treffen mit einer lieben Freundin an und alles in mir schrie danach, dass das nicht stattfinden soll. Ich weiß nicht warum. Aus Angst vielleicht, vor dem nicht genügen oder davor, dass die Gefühle nur einseitig sind. Ich wollte den Schmerz nicht und damit nicht das Treffen. Es ist paradox.
Wir sahen uns zuletzt vor einem halben Jahr und es war sehr schön. Wir können uns nur selten sehen, weil die Entfernung zwischen uns schon sehr groß ist und wir uns eigentlich nur sehen können, wenn sie ihre Eltern besucht. So war es an diesem Wochenende. Wir sprachen schon Wochen vorher darüber, dass wir uns darauf freuen. Aber je näher der Zeitpunkt kam, um so kälter wurde ich, baute mir eine Wand auf, fühlte, dass ich allein besser klarkomme, dieses Treffen nicht brauche. Ich hab mich dazu dann gezwungen. Ich meine, ich hab sie richtig lieb. Was ist das?

Am Bahnhof noch, wir hatten uns dort verabredet, hoffte ich, dass bei ihr irgendetwas dazwischen gekommen wäre. Doch dann rief sie an, wir trafen uns, und es war wirklich sehr schön. Ich denke an sie als eine sehr gute Freundin.
Was ist mit mir los?

Manchmal ist die Einsamkeit wie eine Sucht. Sie zieht mich an und ich weiß, sie wird mir nicht gut tun. Sie kann mir schaden bis hin zu Suizidgedanken. Es ist diesmal nicht passiert, weil ich mich überwunden habe, dem Drang zum Rückzug, zur Flucht, nicht nachgab. Es war haarscharf daran vorbei und jetzt, im Nachhinein glaube ich, dass ich mir das nicht verziehen hätte.

So stark sind die alten Verhaltensmuster. Ich weiß, woher sie kommen und ich hasse mich dafür, sie nicht einfach überwinden zu können.

Liebe Grüße

Dietmar
eligeo71
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Re: allein oder einsam?

Beitrag von eligeo71 »

Hallo Dietmar,

Manchmal ist die Einsamkeit wie eine Sucht. Sie zieht mich an und ich weiß, sie wird mir nicht gut tun. Sie kann mir schaden bis hin zu Suizidgedanken.

Ist es wirklich die Einsamkeit, oder eher der Umgang damit? Ich glaube, Einsamkeit bezieht ihren Schrecken daraus, dass ich mir selbst nicht begegnen mag. Mich ablehne, für unzulänglich, minderwertig halte.

So stark sind die alten Verhaltensmuster. Ich weiß, woher sie kommen und ich hasse mich dafür, sie nicht einfach überwinden zu können.

Was ich hasse, kann ich nicht einfach überwinden. Will ich etwas überwinden, muss ich es erst akzeptieren um Verantwortung dafür übernehmen zu können..
Ich habe einen Grossteil meiner vier Jahrzehnte in Selbsthass verbracht. Erst in den letzten Jahren habe ich langsam begriffen, was ich mir da angetan habe. Ich kann nicht erwarten, dass es mir gut geht, solange ich mir selbst dermassen hart und unnachgiebig begegne. Mich selbst hassen oder auch "nur" nicht verzeihen mögen wollen, ist doch nichts anderes, als mir selbst mit der gleichen Grausamkeit zu begegnen, die mich als kleines, schutzloses Kind fast gebrochen hat. Damals hatte ich keine Wahl, heute aber kann ich mich dafür entscheiden mich selbst zu mögen. Wer, ausser ich selbst, soll mich daran hindern können?

LG, Rainer
Ich bin der Mensch, welcher mein Leben entscheidet!
Kodiak
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Re: allein oder einsam?

Beitrag von Kodiak »

Hallo Rainer,

der Schrecken der Einsamkeit liegt für mich in der selbst auferlegten Isolation. Nicht die Einsamkeit an sich. Nur mein Beitrag dorthin. Und natürlich die Gründe dafür, die auch die eigene Unzulänglichkeit und das mangelnde Selbstwertgefühl sind. Die Angst.

Heute weiß ich, warum ich mich als Kind so verhalten habe, dass dieses Verhalten heute zu meinen Depressionen beiträgt. Ich akzeptiere und verstehe und kann dieses Kind annehmen und beschützen, im Wärme und Nähe geben.

Manchmal verhalte ich mich der heutigen Situation angepasst. Eigentlich in vielerlei Hinsicht. Die Angst vor Beziehungen ist aber geblieben und es kostet mich enorm viel Überwindung, da neue Türen aufzumachen. Ich gebe mir wirklich Mühe.

Wenn es dann mal so ist, wie in der vergangenen Woche und am Wochenende, dass das alte Verhaltensmuster begünstigt durch äußere Umstände unbedingt gelebt werden will, meine Gegenwehr mir physische Probleme wie Magen- Kopf- und Herzschmerzen einbringt, da bin ich von einer Kapitulation nicht weit entfernt. Und wenn ich nachgegeben hätte, hätte ich mich dafür gehasst. Dafür, mich selbst ins Abseits gestellt zu haben.

Wäre meine Freundin verhindert gewesen, hätte ich daran keinen Beitrag, wäre die Einsamkeit kein Problem gewesen. Ich bin oft gern allein und manchmal entwickelt sich daraus eine Einsamkeit, die ich ertragen kann.

Was mich sorgt, ist die Stärke, mit der das alte Verhaltensmuster drückte, mich unbedingt in die eine Richtung schieben wollte. Hätten nur zwei seiner Argumente noch wahr sein können, hätte ich nachgegeben.

Ist das für einen anderen zu verstehen?

Liebe Grüße

Dietmar
eligeo71
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Re: allein oder einsam?

Beitrag von eligeo71 »

Dietmar,

du schreibst: "Und wenn ich nachgegeben hätte, hätte ich mich dafür gehasst."

Hört sich an, als handle es sich hierbei um ein Naturgesetz. Ist es wirklich so, dass in solch einer Situation, Selbsthass die einzig mögliche Reaktion ist?
Hättest du nicht weit weniger Druck, wenn du dir selbst verständnisvoll und mitfühlend statt bestrafend begegnen würdest?

LG, Rainer
Ich bin der Mensch, welcher mein Leben entscheidet!
ecureuille

Re: allein oder einsam?

Beitrag von ecureuille »

Lieber Dietmar,

so selbstauferlegt ist die Isolation und Einsamkeit ja nicht. Es ist Teil unserer Erkrankung. Nur sollte dies nicht in Selbsthass münden, auch wenn ich das gut nachvollziehen kann, weil es mir ähnlich geht. Immer wieder absagen, Menschen damit vor den Kopf stoßen bis man iregndwann alleine dasteht, das zehrt an den Nerven udn am Selbstwert. Ich kenne das nur zu gut und bin nun mühsamst damit beschäftigt wieder unter Menschen zu kommen.
Ich merke nur, wie diese Energie wieder schwindet, da mich meine momentan volle Stelle wieder ziemlich aussaugt. Ich bin nur müde und kaput und schon ist die Lust etwas für mich selbst zu tun dahin, obwohl ich weiß, dass es mir doch gut täte.
Körperliche Reaktionen kenne ich auch und es fällt mir sehr schwer, die richtig zu deuten. Gebe ich ihnen nach oder nicht? Was tut mir gut? Diese Fragen weiß ich nur seltenst zu beantworten.
Alte Verhaltensmuster lassen sich leider nicht so einfach ausziehen wie ein T-Shirt. Sie gehören zu uns. Es gibt immer wieder Momente, in denen wir sie besiegen können oder besser mit ihnen umgehen können und Momente, in denen sie stärker sind als wir. Aber das gehört zum Leben dazu. Dafür brauchen wir uns nicht zu hassen!!

Alles Liebe
ecureuille
Sharon
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Re: allein oder einsam?

Beitrag von Sharon »

Liebe Ecureuille,

Du hast das sehr schön beschrieben mit deinem Gefühl der Einsamkeit und ich kenne oder erkenne mich nur allzu gut darin wieder. Du meinst also, dass es tatsächlich zwangsläufig gekoppelt ist mit Depression.

Das Gefangensein in sich selbst.

sharon
chrigu
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Re: allein oder einsam?

Beitrag von chrigu »

Hallo zusammen!

Vor kurzem war ich alleine (mal wieder ) in der Fremde. Und mittendrin hat es sich wie ein Bleimantel über mich gelegt, das Einsamkeitsgefühl und dazu kam der Gedanke "Es ist so schön, und jetzt musst du das schon wieder alleine machen...".

Kurz darauf aber war ich aber froh, dass ich für mich sein kann, dass ich mich nicht auf jemanden einlassen muss, meinen eigenen Rhythmus haben kann und keine Kompromisse eingehen muss.

Wenn ich mit Freunden rede, die in Partnerschaften leben, dann bin ich auch oft froh, für mich alleine selbst bestimmen und handeln zu können. Gleichzeitig wünsche ich mir aber schon jemanden, mit dem ich Dinge teilen kann, Alltag, Schönes, Trauriges - das Ganze eben.

Mein Fazit zur Zeit: Alleinsein finde ich gut und würde ich zur Zeit auch nicht aufgeben wollen, aber einsam fühle ich mich trotzdem manchmal.

Menno.

Chrigu
ecureuille

Re: allein oder einsam?

Beitrag von ecureuille »

Liebe Sharon,

ich weiß nicht, ob Depression und Einsamkeit zwangsläufig miteinander gekoppelt sind.
Ich habe nur für mich erfahren, dass meine Ängste und Depressionen dazu führen, dass ich mich meist zurückziehe, Schwierigkeiten habe, Freundschaften aufzubauen und zu halten und das, obwohl ich eigentlich nicht allein sein will. Es ist die Angst davor nicht gemocht zu werden, die Angst zurückgewiesen zu werden, verletzt zu werden, nicht so angenommen zu werden wie ich bin. Zugleich gehört die Krankheit irgendwie zu mir und es ist ja auch nicht leicht auf Menschen zu treffen, denen man so ohne weiteres davon erzählen kann. Auch das macht mich einsam. Tja, und dann beansprucht mich der Alltag einfach mehr als einen Gesunden und nimmt die Energie sich um Freizeitaktivitäten zu kümmern und wahrzunehmen trotz des Wissens darum, dass sie gut täten. Das Paradoxe an der Geschichte ist eigentlich, dass ich eher ein Mensch bin, der Nähe sucht und dringend braucht, aber dann doch wieder irgendwie nicht kann oder es nicht auf die Reihe kriegt.
Oh, jetzt fühle ich mich ähnlich verwirrt wie chrigu

Liebe Grüße
ecureuille
Kodiak
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Registriert: 3. Okt 2010, 16:55

Re: allein oder einsam?

Beitrag von Kodiak »

Hallo ecureurille,

ich bin jetzt nicht direkt angesprochen worden, möchte aber, wenn es nicht stört, ein paar Zeilen dazu schreiben.

So wie Du bin auch ich jemand, der die Nähe zu anderen Menschen sucht und Schwierigkeiten damit hat, die Nähe zu halten und Beziehungen zu Pflegen.
Denn ich habe in den letzten Jahren gelernt, dass es das für mich ist. Ich brauche den anderen Menschen, ohne ist nur Leere die früher mit unnötigem Zeug ausgefüllt wurde.
Doch was mir wirklich etwas gibt, entsteht aus der Kommunikation mit dem anderen.
Es ist schwer, als depressiver Mensch einen Zugang zu bekommen. Man ist selbst sehr sensibel und der andere, handelt es sich dabei auch um einen Betroffenen, meistens auch. Diese Beziehungen scheitern aus meiner Sicht meist an den entstandenen Missverständnissen. Das mangelnde Selbstwertgefühl lässt uns ja auch nicht sehr mutig sein.

Bei mir ist es im Moment so, dass ich gerade eine für mich wichtige Beziehung verloren habe. Und vielleicht auch gerade deshalb, weil wir beide ähnlich Betroffene waren. Aus dem Verständnis in Krisenzeiten wurde Unverständnis in einer Zeit der scheinbaren Beschwerdenfreiheit. Die Sicht auf das Verhalten und die Krankheit des anderen hat sich im Alltag geändert. Leider vergißt der Mensch sehr schnell die dunkleren Kapitel seiner Geschichte, wenn es ihm wieder besser geht.

Verlust also und dazu noch ein paar zufällige Geschehnisse, die andere Menschen weiter wegrücken lassen. Keine konkreten Geschehnisse, ich versuche sie noch zu fassen, sollte es sie wirklich geben. Vielleicht ist alles nur ein Zufall. Jedenfalls bin ich allein.
Und überhaupt nicht einsam. Ich bin deprimiert, möchte heulen, was ich nicht kann und ich fühle mich bei mir. Vielleicht, weil mir das über die vielen Jahre so vertraut ist. Ich bin deprimiert und ich bin bei mir. So mag ich mich nicht, aber es ist so und ich kann mich in dieser Situation annehmen, ohne einsam zu sein.
Nur ein paar Gedanken, die mir zu diesem Thema noch einfielen.
Aber die sind hier sicher schon beschrieben.

Liebe Grüße

Dietmar
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