Eine Neue versucht zu atmen...

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Mrsdesperate
Beiträge: 15
Registriert: 3. Feb 2011, 13:56

Eine Neue versucht zu atmen...

Beitrag von Mrsdesperate »

Hallo zusammen!

Ich habe erst heute in dieses Forum gefunden und bereits ein wenig gelesen.

Ich habe hin und her überlegt, ob ich hier auch schreiben kann/ darf und ob es überhaupt jemanden interessiert… .
Tja, das ist wohl genau der Punkt, um den es geht, nicht wahr?!

Wo soll ich beginnen?

Ich stecke derzeit in einem ganz dicken Tief, in dem ich mich nur durch meinen Mann und meinen kleinen Sohn hin und wieder aufrichten kann.
Bei mir wurde nie konkret eine Depression diagnostiziert, da ich den Weg zu einem Psychotherapeuten nie geschafft hatte. Nach Telefonaten oder Emails mit solchen und den ernüchternden Wartezeiten, gab ich immer auf. Vor 7 Jahren hatte ich zumindest ein paar Sitzungen in einer Frauenberatungsstelle, da ich zu der Zeit auch noch unter Essstörungen litt, die ich aber in den letzten Jahren immer besser in den Griff bekommen habe. Ich selbst schätze, dass ich seit ca. 14 Jahren (bin 28), von Depressionen betroffen bin. Den ungefähren Zeitpunkt, kann ich sogar recht genau einschätzen, da ich damals viel Tagebuch geschrieben hatte… .

Derzeit stecke ich in einer absoluten Umwälzung meines Lebens. Vor knappen 11 Monaten wurde mein Sohn geboren, der uns anfangs leider immer wieder Sorgen durch Fehlhaltungen gemacht hatte. Dies ist mittlerweile wieder in Ordnung, doch er ist ein Kind, das sehr viel Aufmerksamkeit benötigt.

Ich stecke noch mitten in meinem 2. Studium. Das erste hatte ich nach 5 Semestern aufgrund von fehlender beruflicher Perspektive abgebrochen. Habe allerdings eine abgeschlossene kaufmännische Ausbildung. Diese hatte mich extrem viel Kraft gekostet, aber das ist ein anderes Thema. Auf jeden Fall fällt mir das Studium derzeit extrem schwer, ich mache nur noch ganz wenig.

Wir sind zudem momentan dabei ein Haus zu bauen. Das erfordert doch sehr viel mehr Kraft, als ich je gedacht hätte. Mich stresst dieser ganze organisatorische Aufwand dahinter. Manchmal schnürt es mir die Luft ab und ich kann kaum noch atmen.

Dazu kommt noch, dass sich bei meinem Mann durch ein Outsourcing, einige berufliche Änderungen ergeben. Seine Chefs wollen ihm mehr Verantwortung übertragen, was natürlich noch mehr Engagement seinerseits erfordern wird.

Nun stehe ich also da und weiß nicht mehr wer ich bin und wo ich hin will. Ich kann auch kaum noch drüber nachdenken, da ich mich nicht mehr konzentrieren kann. Diesen Text zu schreiben, fällt mir unendlich schwer. Ich bin so langsam, brauche gefühlt ewig, bis ich mal eine Tasse in den Geschirrspüler geräumt habe und muss mich darauf extrem konzentrieren. Das einzige, was ich noch halbwegs hinbekomme, ist mich um meinen Sohn zu kümmern. Ich will nicht, dass er darunter leiden muss und stecke jegliche Kraft, die ich noch irgendwie aufbringen kann, in ihn zu investieren.

Mein Mann, mit dem ich wirklich glücklich bin, soweit ich das derzeit überhaupt sein kann, macht sich arge Sorgen um mich und geht nur noch mit einem schlechten Gefühl aus dem Haus. Grundsätzlich kann ich sehr gut mit ihm reden, aber oftmals bekomm ich kein Wort über die Lippen, fühle mich wie vor einer riesigen Mauer, über die ich nicht hinüber gelangen kann.

Vor ein paar Stunden hatte ich es geschafft, einer Psychotherapeutin eine Email zu schreiben und nach einem Termin zu fragen. Da sie erst wieder am kommenden Montag Telefonsprechstunde hat, musste ich meinen kurzzeitigen Mut nutzen und ihr eine Mail schicken.

Uff, es wäre noch so viel zu schreiben… .

Aber ich lasse es hiermit erst einmal und wünsche euch noch einen schönen Abend.


Noch ein kurzer Nachtrag: Meine Familie (Eltern, Großeltern, …) brachte und bringet mich extrem häufig in depressive Tiefpunkte hinein… .
ghm
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Re: Eine Neue versucht zu atmen...

Beitrag von ghm »

Hallo Mrsdesperate,

erstmal herzlich willkommen

Zugegeben, einen "freien" Therapeuten zu bekommen ist nicht leicht.

Da Du ein kleines Kind hast, hast Du Dir schon mal Gedanken zu einer Mutter Kind Kur gemacht?
Das kann jeder Hausarzt veranlassen und in vielen Einrichtiungen gibt es psychlogische Unterstützung.

Ich kenne Deinen Mann nicht.
Kann es für Dich ein Weg sein, die Kommunikation zu beginnen, dass Du ihm einen dieser Threads zeigst und um seine Meinung bittest?
Wenn er jedoch Vorurteile wegen Depressionen hat, würde ich das nicht machen.
~~ Göttin, lass es Hirn vom Himmel regnen (und nimm den Menschen die Regenschirme weg) ~~
Antiope
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Re: Eine Neue versucht zu atmen...

Beitrag von Antiope »

Ein herzliches Willkommen auch von mir.

Ehrlich: Du hast im Moment sehr viel am Laufen. Alleine Studium und Kleinkind ist schon Jonglieren höherer Ordnung. Dann auch noch Hausbau ... Für mich ist es nicht wirklich verwunderlich, dass Du jetzt ausgelaugt bist.
Sehr gut, dass Du Dich um Hilfe bemühst. Du brauchst jetzt Unterstützung und zwar schnell ... Hast Du gute Freunde, die Dir helfen können? Kann Dich Dein Mann etwas entlasten? Kann er Dir dabei helfen, die Unterstützung zu bekommen?

Bitte schreib, wenn Du meinst, Du brauchst Hilfe, wenn Du etwas virtuellen Beistand brauchst.
Mrsdesperate
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Re: Eine Neue versucht zu atmen...

Beitrag von Mrsdesperate »

Danke für eure Antworten.

Eine Mutter-Kind-Kur kann ich mir momentan einfach nicht vorstellen. Ich brauche mein Zuhause und meinen Mann zu sehr... .
Aber danke für die Idee!

Ich habe ein paar gute Freunde, die auch von meinen Depressionen wissen. Allerdings leben die meisten davon über 100 km weg und meine wirklich gute Freundin in der Nähe hat derzeit genug zu kämpfen, da ihre Mutter Krebs diagnostiziert bekommen hat.

Es ist auch nicht unbedingt so, dass ich mich komplett gegen Kontakte wehre. Ich gehe alle 1-2 Wochen mit meinem Sohn zu einer privaten Krabbelgruppe und wir haben 1-2 die Woche anderen Besuch (Schwiegerelten, Bekannte, andere Familienmitglieder, Freunde meines Mannes etc.).

Meine Schwiegereltern helfen uns schon immer wieder und sind für uns da. Auf meine Familie kann ich leider überhaupt nicht bauen... .

Allerdings wissen wie gesagt nur ein paar Freundinnen und mein Mann von meinen Depressionen. Allen anderen spiele ich immer ganz toll etwas vor und breche dann später zu Hause zusammen.... .
Mrsdesperate
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Re: Eine Neue versucht zu atmen...

Beitrag von Mrsdesperate »

@Gregor: Nein, mein Mann hat gar keine Vorurteile einer Depression gegenüber. Ganz im Gegenteil. Er versucht sich zu informieren, mich zu verstehen, mit mir zu reden, mir aber auch den Freiraum zu lassen, wenn ich einfach nicht reden kann. Er ist wirklich toll und hält mich halbwegs über Wasser. Eheprobleme hatten wir nie und haben wir auch nicht. Da kann ich wirklich froh sein.

Allerdings kommen wir gegen meine Depressionen einfach nicht an... .
ghm
Beiträge: 1665
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Re: Eine Neue versucht zu atmen...

Beitrag von ghm »

Hallo Mrsdesperate,

einen "Kampf" gegen die Depression ist, denke ich, reine Kraftverschwendung.
Es ist eine Frage Deines Seiens an Dich, ob Du gut mit Dir umgehst, weisst wer Du bist und vollständig (voll - stehend in Dir) bist.
(Zur Zeit wohl eher nicht, sonst wäre die Frage nicht gestellt worden) Der Job ist, glaube ich, sich zu finden und bei sich zu bleiben.
~~ Göttin, lass es Hirn vom Himmel regnen (und nimm den Menschen die Regenschirme weg) ~~
Bambi*
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Re: Eine Neue versucht zu atmen...

Beitrag von Bambi* »

Hallo Mrsdesperate,

ich kann mich Gregor nur anschließen. Gegen eine Depression an zu kämpfen, kann die Sache häufig nur schlimmer machen.

Mir hilft es, sie an zu nehmen. 1. ich bin krank, 2. ich darf auch mal schlecht drauf sein, 3. nur, wenn es einem mal schlecht geht, kann man auch spüren, wenn es einem gut geht.

Das sind meine drei Regeln. Vielleicht helfen sie Dir ja. Ach ja, sich mal was gönnen und in sich hineinhören, was man eigentlich will, hilft mir auch. Wichtig, auch nur tun was man will.

Hoffentlich hilft Dir das was.
Bambi
Mrsdesperate
Beiträge: 15
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Re: Eine Neue versucht zu atmen...

Beitrag von Mrsdesperate »

Vielen Dank für eure Anregungen.

In meinen schwer depressiven Phasen finde ich jedoch überhaupt nicht zu mir, es wirkt als wäre meine Seele auf der anderen Seite der Welt und ich kann sie nicht erreichen.
Somit kann ich kaum herausfinden, wer ich bin, was ich will und was mir gut tut.

Die Depression zu akzeptieren ist sicherlich ein wichtiger Schritt. An manchen Tagen kann ich es, an anderen überhaupt nicht. Vielleicht sollte ich daran arbeiten, diese Einstellung dauerhaft zu wahren.

Bei mir ist es jedoch so, dass ich auch gute Phasen im Leben haben kann. Immer wieder lässt die Depression mich ein wenig an der langen Leine und lässt mich Gefühle wie Freude, Motivation und Lebenslust schnuppern. Gerät dann etwas aus den Fugen (was leider häufig passiert, denn Kleinigkeiten reichen da aus), falle ich umso tiefer und breche zusammen.
Mal sind diese positiven Phasen nur Minuten, manchmal sogar Wochen. In dieser Zeit bekomme ich tatsächlich Hoffnung, zur Überwindung der Depression, bis ich dann wieder in ihr gefangen bin und jenachdem wochen- oder monatelang nicht entfliehen kann...
Kodiak
Beiträge: 428
Registriert: 3. Okt 2010, 16:55

Re: Eine Neue versucht zu atmen...

Beitrag von Kodiak »

Hallo Mrsdesperate,

ein herzliches Willkommen von mir an dieser Stelle. Ich hoffe, Du bekommst die Hilfe und Unterstützung, die Du hier erwartest.

Was Du in Deiner Situation zu meistern hast, würde viele Menschen überfordern. Ich glaube, dazu muss man nicht unbedingt krank sein.
Wenn Du das bist, ist es für Dich um so schwerer.

Vielleicht wäre es sinnvoll, sich auch dem Hausarzt anzuvertrauen. Der Termin beim Psychologen ist sicher wichtig. Aber um eine Diagnose gestellt zu bekommen, verbunden mit einer vernünftigen Medikation, wäre der Kontakt zu einem Psychiater angebracht. Auch, wenn Medikamente für Dich zur Zeit nicht in Frage kommen.
Ich weiss nur aus eigener Erfahrung, dass Medikamente sehr hilfreich sein können, für mich sind sie lebensnotwendig.
Eine Psychotherapie ist davon unberührt.

Als mir die ganzen Baumaßnahmen am Haus über den Kopf wuchsen, haben sich meine Depressionen so verschlechtert, dass ich in eine Klinik musste. Danach habe ich versucht, in dieser scheinbar unendlichen Geschichte nur bis zum nächsten Problem zu denken. Das ging nur mit Medikamenten. Und natürlich mit einer starken Partnerin und vielen Freunden. Ihren Freunden, aber das ist eine andere Geschichte.

Deine Gesundheit ist die erste Baustelle und deswegen kümmere Dich zuerst darum. Denn davon hängt alles andere ab,

denkt

Dietmar
Mrsdesperate
Beiträge: 15
Registriert: 3. Feb 2011, 13:56

Re: Eine Neue versucht zu atmen...

Beitrag von Mrsdesperate »

Ja, mein Mann hatte mir auch schon den Vorschlag mit dem Hausarzt gemacht. Vielleicht sollte ich das wirklich tun.
Meine Hemmschwelle ist diesbezüglich allerdings riesig, da ich der Ärztin nicht so richtig vertraue. Warum das so ist, kann ich nicht wirklich sagen. Das liegt wohl an meinem mangelnden Selbstwertgefühl.
Kodiak
Beiträge: 428
Registriert: 3. Okt 2010, 16:55

Re: Eine Neue versucht zu atmen...

Beitrag von Kodiak »

muss ja nicht die Hausärztin sein, die weiterbehandelt, nur eine einfache Überweisung an einen Facharzt vielleicht. Ich kann aber die Bedenken verstehen.
Was Deine Ärztin denkt, ob sie da mitgeht oder nicht, ist erstmal egal. Wünschenswert wäre eine kompetente Behandlung allemal. Einen Versuch wäre es wert.

Kopf hoch und viel Mut.

Liebe Grüße

Dietmar
Mrsdesperate
Beiträge: 15
Registriert: 3. Feb 2011, 13:56

Re: Eine Neue versucht zu atmen...

Beitrag von Mrsdesperate »

Kaum zu fassen, ich habe eben einen Termin bei meiner Hausärztin gemacht und werde am Mittwoch dort hingehen. Ganz wohl ist mir bei der Sache wie gesagt nicht, aber es scheint ein wichtiger Schritt zu sein.

Außerdem habe ich gestern Abend (am Sonntag!) eine Email von der Therapeutin bekommen, die ich letzte Woche angeschrieben hatte. Ein paar wirklich nette Zeilen. Jedoch sind sie und ihre Kollegin eine Privatpraxis und übernehmen Kassenpatienten nur mit vorheriger Kostenübernahme der Kasse oder bei Selbstzahlung.
Um diese Kostenübernahme zu erreichen muss ich jetzt ja sowieso erstmal den Weg über meine Hausärztin gehen und dann ggf. bei 3 Vertragstherapeuten abgelehnt bzw. auf eine lange Warteliste gesetzt werden.
Mal sehen was sich ergibt.

Ich hoffe sehr, dass ich es diesmal bis zu einer Therapie schaffe und nicht wieder im Vorhinein einen Rückzug antrete... .

Euch allen einen schönen Tag.
ghm
Beiträge: 1665
Registriert: 25. Dez 2010, 12:38

Re: Eine Neue versucht zu atmen...

Beitrag von ghm »

Hallo Mrsdesperate,

das sind doch mal gute Nachrichten für Dich.

Ich (vermutlich die anderen Schreiber auch) drücken Dir fest die Daumen.

Wenn Du die Befürchtung hast, nicht alles in die richtigen Worte bringen zu können, drucke es Dir aus.
Hier steht es doch schon
~~ Göttin, lass es Hirn vom Himmel regnen (und nimm den Menschen die Regenschirme weg) ~~
Mrsdesperate
Beiträge: 15
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Re: Eine Neue versucht zu atmen...

Beitrag von Mrsdesperate »

Heute war mein Termin bei der Hausärztin und es ist tatsächlich besser gelaufen als ich dachte.

Sie riet mir zu einer Therapie und verschrieb mir ein Medikament (Mirtazapin). Die Praxis will sich darum kümmern, dass ich schnell einen Termin in einer psychotherapeutischen Praxis bekomme, so muss ich mich nicht selbst darum kümmern. Das erleichter für mich einiges.

Bin froh, dass ich diesen Schritt gemacht habe, bin aber auch sehr durcheinander, matt, dumpf und grüblerisch.

Ich habe ziemliche Angst vor der Konfrontation mit einem Therapeuten. Die ganze Sache wieder erzählen... . Hoffentlich wirds helfen.

Nachdem ich den Beipackzettel gelesen habe, bin ich auch ziemlich skeptisch dem Medikament gegenüber, welches laut Ärztin aber sehr modern und gut verträglich sein soll. Aber was ich im Internet so darüber lese...

Richtig atmen kann ich irgendwie immer noch nicht. Habe das Gefühl als lägen dicke Felsen auf meiner Kehle... .

Danke fürs Zuhören.
Kodiak
Beiträge: 428
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Re: Eine Neue versucht zu atmen...

Beitrag von Kodiak »

Hallo Mrsdesperate,

das waren die ersten Schritte und ich gratuliere Dir zu Deinem Mut.

Jetzt müsstest Du nur dran bleiben und die Angst vor der Konfrontation mit den Problemen und dem Therapeuten überwinden.
Es wird sicher harte Arbeit, aber es kann sich lohnen und viele Therapeuten sind auch liebe Menschen. Und Du musst nichts. Du darfst und kannst auch abbrechen, wenn die Chemie zwischen euch nicht stimmt. Davon sollte man aber nicht ausgehen.

Ich wünsche Dir einen baldigen Termin und einen kompetenten Psychologen und natürlich die Kraft, diesen Weg zu gehen.

Liebe Grüße

Dietmar
ghm
Beiträge: 1665
Registriert: 25. Dez 2010, 12:38

Re: Eine Neue versucht zu atmen...

Beitrag von ghm »

Hallo Mrsdesperate,

na dann hat das Daumendrücken geholfen.

(Und Du brauchst einen neuen Nicknamen wie wäre MrsHopefully)
~~ Göttin, lass es Hirn vom Himmel regnen (und nimm den Menschen die Regenschirme weg) ~~
Mrsdesperate
Beiträge: 15
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Re: Eine Neue versucht zu atmen...

Beitrag von Mrsdesperate »

Danke für eure Antworten!

Naja, MrsHopefully wäre ziemlich hoch gegriffen, davon kann keine Rede sein... .

Habe heute früh einen Anruf von meiner hausärztlichen Praxis erhalten, mir wurde für nächste Woche Donnerstag ein Termin bei einem Psychologen gemacht. Wow, ich hätte nicht gedacht, dass das ganze jetzt so schnell geht, wo ich im Alleingang doch ständig gescheitert war... .

Das Medikament, das mir gestern verschrieben wurde, konnte ich einfach nicht nehmen. Ich habe solch eine Angst davor, diese Pillen zu nehmen, dass ich fast einen Nervenzusammenbruch hatte. Welch Ironie ist das eigentlich? Medikamente, die mir gegen diese Symptome helfen sollen... Manchmal versteht man die Welt nicht mehr.

Ich habe Angst davor, dass mich das Medikament verändert, vor allem zu schnell.
Wie und wann soll ich das meiner Hausärztin sagen? Muss ich die Tabletten denn unbedingt nehmen? Kann ich bis zum Termin beim Psychologen warten (ist übrigens Medizinier, nicht "nur" Therapeut)?

Brauche heute irgendwie Ruhe, auch wenn heute Krabbelgruppe für meinen Sohn wäre. Ist privat und unverbindlich, aber ich grüble schon wieder den ganzen Tag. Will lieber alleine mit meinem Sohn spazieren gehen, glaub ich zumindest.

Schafft ihr das eigentlich irgendwie zu euch zu finden? Herauszufinden, wie ihr euch etwas Gutes tut und was ihr wollt?
Ich renne mir innerlich hinterher und kann mich doch nicht erreichen... .
Da schnürt sich mir wieder alles zu...
paco
Beiträge: 310
Registriert: 19. Jan 2011, 11:06

Re: Eine Neue versucht zu atmen...

Beitrag von paco »

> Brauche heute irgendwie Ruhe, auch wenn heute Krabbelgruppe für meinen Sohn wäre. Ist privat und unverbindlich, aber ich grüble schon wieder den ganzen Tag. Will lieber alleine mit meinem Sohn spazieren gehen, glaub ich zumindest.
Hi despi,
genau das ist falsch. Richtig ist in Deiner Situation Kontakt mit anderen Menschen. Auch wenn es Überwindung kostet. Und auch wenn es nur vllt oberflächlicher Kontakt ist. Meine PT sagte mir mal, Kontakt ist wichtig, und es kommt auf Quantität an, nicht notwendigerweise auf Qualität. Also, geh lieber hin zur Krabbelgruppe, allein spazieren gehen mit dem Sohn kannst Du immer noch.
Gruß
paco
Antiope
Beiträge: 1695
Registriert: 10. Jan 2011, 21:38

Re: Eine Neue versucht zu atmen...

Beitrag von Antiope »

Hallo MrsDesperate,

Angst vor dem Medikament ist "irgendwie" verständlich.
Aber: es verändert Dich nicht. Es ist wie ein Schmerzmittel für die Seele. Nimmst Du ein Aspirin oder Paracetamol, dann treten die Schmerzen in den Hintergrund. Und so ist es mit dem Medikament auch. Nimm es, versuch es.

Du wirst nicht zu MrsHyde werden. Und wenn es nach 3 Wochen Dich so sehr verändert, dass Du es absolut nicht erträgst, dann sage es Deiner Ärztin. Du kannst es ja absetzen. Es ist keine endgültige Veränderung.

Im Internet steht nicht nur die reine Wahrheit. Es ist ein Sammelsurium von Meinungen, von Geschwätz, manchmal von qualifizierten LEuten. Internet ist eine komplette Tonbandaufnahme aller Gespräche in einem S-Bahn-Zug. Auch dort wird viel Unsinn, viele Halbwahrheiten ausgesprochen.

Das Medikament wird Deine Energie wieder frei werden lassen, die Du nun für das Aushalten der Depr. brauchst.
Kodiak
Beiträge: 428
Registriert: 3. Okt 2010, 16:55

Re: Eine Neue versucht zu atmen...

Beitrag von Kodiak »

Hallo MrsDesperate,

das Mirtazapin ist im allgemeinen gut verträglich. Ich selbst habe es über viele Jahre genommen und konnte keine gravierenden Nebenwirkungen feststellen. Mir hat es bezüglich der Depressionen sehr gut geholfen.
Ich kann mich dem Beitrag von Antiope nur anschließen. Wenn eine auf dem Beipackzettel beschriebene Kontraindikation nicht besteht, würde ich das Medikament nehmen. Sollten dennoch Nebenwirkungen auftreten, die Du nicht tolerieren magst, läßt Du es einfach wieder weg und sprichst das bei Deinem Arzt an.

Du fragst nach dem zu sich finden. Das hängt davon ab, wie schwer die Depression Dich beeinträchtigt. Ich kannte viele, die konnten nicht mehr lesen oder Musik hören. Wenn Du daran freude hast oder hattest, versuch das wieder. Und wenn Du lieber spazieren gehen möchtest, dann tu das. Nimm dabei bewußt wahr, was um Dich geschieht, wem Du begegnest, wie das Wetter ist und beschreibe das in Worten, wenn vielleicht auch nicht laut. Denk in diesem Moment nicht an gestern und nicht an morgen. Nur an diesen Augenblick. Dadurch geht nichts verloren, aber der innerliche Abstand kann sich ändern und manchmal sieht man hinterher die Welt in einem etwas anderen Licht.

Ansonsten bleiben Dir Dein Sohn und Dein Mann. Ihr scheint ein gutes Verhältnis zueinander zu haben. Ich könnte mir vorstellen, dass die Beschäftigung mit Deinem Sohn Dich ein Stück von Dir ablenkt.

Und wenn es dann wirklich schlimm ist, suche die Nähe Deines Mannes, wenn Du das kannst. Er wird Dich verstehen und Dich trösten können, denke ich mal.

Wegen der Therapie solltest Du Dir keine Gedanken machen. Aber das habe ich Dir weiter oben ja schon geschrieben. Da gibt es nichts, wovor Du Angst haben müsstest.

Liebe Grüße

Dietmar
Mrsdesperate
Beiträge: 15
Registriert: 3. Feb 2011, 13:56

Re: Eine Neue versucht zu atmen...

Beitrag von Mrsdesperate »

Besten Dank für eure Beiträge! Schön, dass hier auch weiterhin geantwortet wird, auch wenn man ein paar Tage nicht im Forum war!

Ich habe nach einigem Zögern angefangen das Medikament zu nehmen. Bisher halten sich die Nebenwirkungen in Grenzen. Fühle mich etwas wattiger im Kopf und körperlich leicht aufgedunsen. Eine positive Wirkung auf mein Gemüt merke ich noch nicht, aber das kann man nach der vierten Tablette ja auch noch nicht erwarten.

Ich hatte die Krabbelgruppe letzte Woche tatsächlich abgesagt und es tat mir gut, einfach nur mit meinem Sohn spazieren zu gehen. Für diesen Tag war es einfach das Richtige. Dafür habe ich mich für diese Woche bei einer Mami dieser Gruppe eingeladen, mit der ich mich sehr gut verstehe. Fühle mich momentan etwas wohler, wenn ich nicht totalen Smalltalk halten muss, sondern auch mal sagen kann, dass momentan alles etwas viel ist (ohne dabei die Depression zu nennen).

Tja, ansonsten habe ich mich einer guten Freundin anvertraut. Letzte Woche hatten wir uns getroffen und heute nochmal lange telefoniert. Tut schon ganz gut, dass jetzt noch jemand davon weiß. Ich hatte gehofft, dass unsere Freundschaft so stabil ist, dass sie das aushält, und es scheint tatsächlich so zu sein.

Bin immer noch auf der Suche nach Dingen, die mir gut tun. Leider krame ich da oft in der Vergangenheit, hole CDs raus, lege sie ein und merke aber frustriert, dass mich kein Ton davon berührt. Genauso bei Büchern. Ich versuche zu lesen, strenge mich höllisch an, um überhaupt ein paar Buchstaben durch meinen Kopf gleiten zu lasssen und stelle auch dabei fest, dass mich die Worte des Autors nicht packen können.
Ich weiß eigentlich, dass ich unheimlich viele Dinge gerne mache, kann mich aber nicht aufraffen, bin wie gelähmt.

Tatsächlich lenkt mich mein Sohn sehr viel ab. Ich bemühe mich auch nach Kräften, dass er so wenig wie möglich mitbekommt, was so mit mir los ist. Ich habe auch den Eindruck, dass das funktioniert.
Und ja, die Beziehung zu meinem Mann könnte man nahezu perfekt nennen. Ich weiß das auch zu schätzen.
Ohne meine beiden Männer würde ich jetzt wohl auch nicht so sehr an mir arbeiten... .

Danke fürs Lesen!
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