Depressionen,Studium,

Haller
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Depressionen,Studium,

Beitrag von Haller »

Hallo,
ich würde mich hier gerne vorstellen und von meinen Problemen berichten, evtl befindet sich ja jemand in einer ähnlichen Situation oder hilft mir das ganze etwas objektiv zu bewerten. Ich habe leider niemanden mit dem ich darüber reden kann.

An der Depression leide ich seit meiner Jugend. Allein darüber könnte ich schon Bücher schreiben aber nur kurz: Ich war 1er Schüler mit hohen Erwartungen an mich selbst dann erfuhr ich enorme Belastung durch eine jahrelange nicht richtig Behandelte psychische Erkrankung in meiner Familie, sah mich der Schule nichtmehr gewachsen, hatte enorme Prüfungsängste etc. Diagnose Schwere Depressionen. Ich erhielt damals lange Antidepressiva und habe mein Abitur auch mit Gut abgeschlossen aber seitdem bin ich nichtmehr der Selbe. Vor Prüfungen bin ich komplett gelassen aber ich habe enorme Probleme überhaupt dafür zu lernen(nach dem Motto wer nichts lernt kann auch nix verlieren). Ich habe niewieder Hausaufgaben gemacht und meine Notizen bestanden nurnoch aus losen Zetteln ohne Ordnung die ich niewieder angesehen habe.

Ich hatte danach lange Zeit keine größeren depressiven Episoden oder zumindest soetwas nicht wahrgenommen auch wenn es mir schlecht ging. In meiner Familie ist das ganze absolutes Tabuthema weswegen ich mich auch nicht getraut, wenn ich das anspreche wird abgeblockt.

Vor ca 3 Jahren war ich dann wieder in Behandlung weil sich mein Zustand ohne Ankündigung oder ersichtlichen Grund verschlechterte, aber mit Antidepressiva habe ich auch das überstanden. Letzter Jahr ist nichts passiert, aber Mitte dieses Jahres kam der große Zusammenbruch.

Abends lag ich im Schnitt 2-3 Stunden Wach, meine Gedanken drehten sich ständig nur im Kreis, meine Libido hat aufgehört zu exisiteren, ich habe es kaum geschafft morgens aufzustehen und in die Uni zu gehen, falls ich doch dort war konnte ich mich kein bisschen konzentrieren und habe es dort nicht länger als eine Vorlesung ausgehalten weil ich sofort ins grübeln abgedriftet bin sodass es schon zur Qual wurde. Nichtmal für meine Hobbies konnte ich mich motivieren zumal ich sowieso kein Freudempfinden hatte, es erschien mir sogar enorm schwer ein Brot zu schmieren oder Nudeln zu kochen obwohl ich normalerweise gerne und immer aufwendigere Rezepte zubereite. Ich habe mir dan natürlich einen Termin beim Psychiater und dort antidepressiva geholt. Allerdings habe ich mich nicht überwinden können zum nächsten nach 2 Monaten zu gehen und die Antidepressiva habe ich dann nicht weiter genommen da es mir schon wieder besser ging und ich wegen des Medikaments einiges zugenommen hatte. Die Dosierung war nur niedrig und ich hatte es nichtmehr regelmäßig genommen. Ich habe mir später Johanniskraut aus der Apotheke geholt, kA ob das was bringt.

Obwohl ich mich danach wieder gut gefühlt habe(kein Grübeln, guter Schlaf, gesunde Libido etc.) Fühle ich mich seitdem komplett erschöpft, als könne ich nicht die kleinste Arbeit packen(bezogen aufs Studium)
Im Moment geht es mir wieder schlechter und an der Uni bin ich auch nichtmehr regelmäßig und lange halte ich es da nicht aus. Die Schlafstörungen haben seit kurzen wieder zugenommen und mein Interesse an Sex mit meiner Freundin(die ich nur am WE sehen kann) ist wieder verschwunden.
Das Studium kann ich mittlerweile vergessen. Ich habe auch keinerlei Freunde unter den Kommilitonen, bin überhaupt froh wenn ich gegrüsst werde. Irgendwie habe ich verpasst Kontakte zu knüpfen und mich im Zuge meiner Depression noch mehr isoliert und unbeliebt gemacht. Sämmtliche Gruppenprojekte muss ich alleine machen. Ich lebe alleine und habe oft tagelang niemand zum reden, das allein schon macht mich fertig.
Ich bin deswegen komplett verzweifelt. Ich bin nunmal nichtmehr ganz der jüngste(dafür dass ich keinerlei Ausbildung habe), das Studium ist jetzt schon mein 2tes begonnenes und ich habe sonst nichts außer meinem Abi. Ich will niemanden enttäuschen vorallem nicht mich selbst und meine Famillie hat mein Studium finanziert und ich scheitere noch daran.
Ich denke darüber nach eine Ausbildung zu beginnen bzw irgendein Handwerk zu erlernen weiß aber noch nicht wirklich wie es weitergehen soll.
Celebrian
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Re: Depressionen,Studium,

Beitrag von Celebrian »

Hallo Haller,

ich denke, ich kann dich gut verstehen. Bin vor ein paar Tagen aus dem zweiten Bildungsweg ausgeschieden und stehe jetzt ohne Abi, Ausbildung und menschliche Kontakte da. Ist mir momentan aber egal...

Überstürze nichts, vielleicht kannst du dein Studium pausieren und eine Thera machen? Das wäre vermutlich sowieso mal angebracht.
Es scheint bei dir ja noch nicht alles verloren zu sein, überleg dir gut was du tust und mach dir bewusst, dass man durch die Depris durchaus falsche Entscheidungen trifft. Vielleicht kann deine Freundin dich beraten, sie kennt dich ja.

Alles Gute
Viele Grüße,

Maike
Haller
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Re: Depressionen,Studium,

Beitrag von Haller »

Für laufende Semester kann man leider keine Beurlaubung beantragen,und der Stundenplan ist so streng durchgeplant dass da keinerlei Freiheiten möglich sind. Da ich letztes Semester nichts zustande gebracht habe hätte ich für das nächste eigendlich das doppelte Pensum,dabei schaff ich in diesem nichtmal das halbe, wenn überhaupt,Hinzu kommt dass ich mir die Inhalte teilweise selbst erarbeiten müsste da die entsprechenden Vorlesungen gestrichen wurden. Ka ob ich mich bis zu den Prüfungen im nächsten Jahr aufraffen kann. Wenn nicht fliege ich sowieso, ob ich will oder nicht.
thekla
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Re: Depressionen,Studium - Beurlaubung

Beitrag von thekla »

Hallo,
doch, soweit ich weiß, kannst du noch eine Beurlaubung einreichen. Du müßtest ein Attest vom Facharzt haben, in dem steht, daß du mindestens für die Hälfte der Vorlesungszeit nicht teilnehmen kannst. - Die Zeit drängt also, daß du den Antrag jetzt einreichen mußt. Scheine darfst du dir dann nicht anerkennen lassen.
Den Antrag könntest du jetzt noch stellen und vielleicht stellt dir ein Neurologe aus, daß du schon länger (vorher) Beschwerden hattest. Ein Attest beim Studierendensekretariat müßtest du nachreichen können. - Ich würde an deiner Stelle jetzt/ morgen den Antrag auf ein Urlaubssemester wegen Krankheit einreichen mit dem Vermerk, das Attest nachzureichen und sofort einen Termin beim Neurologen machen. Auf der Homepage deiner Uni bzw. vom Studierendensekretariat müßten alle nötigen Infos zu finden sein.

VG
Haller
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Re: Depressionen,Studium,

Beitrag von Haller »

Danke,
scheint doch so das man in Ausnahmefällen auch das laufende Semester beurlauben kann.
Ich denke im Moment brauche ich einfach nur irgendeine Zukunftsperspektive denn was mich plagt sind regelrecht Existenzängste.
Bisher habe ich es nichtmal geschafft mit meiner Freundin darüber zu reden. Sie merkt zwar wie es mir geht aber ich versuche oft das zu überspielen und behaupte mir würde es gutgehen. Klar früher oder später muss ich sie damit konfrontieren aber dazu muss man auch ersteinmal den Mut aufbringen. Irgendwie habeich auch Angst dass sie nicht damit klarkommt oder sogar Schluss macht da wir im Moment eine Fernbeziehung führen.
thekla
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Re: Depressionen,Studium,

Beitrag von thekla »

Hallo,
ich würde an deiner Stelle das Urlaubssemester schon im Blick behalten, also dann auch einen Antrag einreichen. Solltest du später kein Attest nachreichen, wärst du auch nicht beurlaubt. Der Zeitpunkt für die Abgabe eines Antrags ist erst mal sehr wichtig!
Wenn du erst mal weniger Druck hast hinsichtlich der Uni, kannst du vielleicht auch wieder etwas entspannter über andere Themen nachdenken, wie z.B. ob du dein Studium zu Ende machen willst und welche Berufsausbildung denn eine Alternative für dich wäre. ... oder eben auch, wie dir therapeutisch und medizinisch geholfen werden kann.
Ja, so allgemein, zerren diese isolierten Zeiten am Schreibtisch schon sehr, so das ich das sehr gut verstehen kann, daß du Angst hast, auch noch die Freundin zu verlieren! Bloß, ich denke, auf Dauer müßte sie es doch so oder so mitbekommen, wie es dir geht... - Vielleicht hilft eine neutrale Person, d.h. ein Therapeut, mit dem du alle anstehenden Themen besprechen und systematisieren kannst?

VG
anna54
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Re: Depressionen,Studium,

Beitrag von anna54 »

Hallo Haller

Ich kann dir zum Studium keinen Rat geben,da ich mich nicht auskenne.
Möchte dir aber Mut machen,jede Hilfe anzunehmen.
Auch die Unterbrechung des Studium ist nötig,bis die Depression dich wieder lässt.
Mein Sohn hatte viele Jahre ähnliche Probleme,hat ausgesetzt und dann erleichtert weiter studiert.
Wir als Eltern konnten ihm nur die Zeit geben,er hat eine Therapie gemacht,und irgendwann gings weiter.
Nichts lässt sich erzwingen.
Eine Depression ist eine schwere Krankheit,sie erfordert Fachleute,Medikamente und Zeit----ohne Erfolgsdruck!!!!!
Ich wünsche dir von Herzen,das Verständniss
deiner Familie und Freundin,Information ist wichtig!!!
Alle guten Wünsche
anna54
Mione
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Re: Depressionen,Studium,

Beitrag von Mione »

Hallo Haller,

ich konnte in deinem Beitrag einiges finden, was ich beim Studienstart ähnlich erlebt habe und hoffe,ich kann vielleicht ein bisschen weiterhelfen.

Mit dem Kontakte-Knüpfen ging es mir ähnlich wie dir. Ich habe da irgendwie den Anschluss verpasst und kannte nachher kaum jemanden, abends nach der Uni war ich dann allein in meiner Wohnung. Meinen Freund habe ich meist nur am Wochenende gesehen, Familie und alte Freunde wohnten weit weg.
Mit der Zeit ging es mir immer schlechter und ich habe mich kaum noch in die Vorlesungen getraut, konnte nicht mehr richtig lernen und bin am Ende nicht mehr hinterherkommen. Als ich schließlich zum Arzt gegangen bin, hatte ich seit einigen Tagen so gut wie nichts mehr gegessen, und fühlte mich vor lauter Panik nicht mehr in der Lage, einen ganz normalen Tag durchzustehen.
Ich kann nach dieser Erfahrung nur dem Tipp der anderen zustimmen, sich Hilfe zu suchen!

Depressionen sind eine Krankheit wie andere auch und du musst dich nicht dafür schämen, wenn du deshalb zum Arzt gehst.
Wenn dieser sieht, wie es dir geht, wird er dich bestimmt krank schreiben. Das hat meiner damals auch gemacht und die Uni hat es auch akzeptiert.

Nimm dir die Zeit, die du brauchst, damit es dir gut genug geht, um das Studium weiterzuführen oder nach einer Alternative zu suchen, bei der du dich wohler fühlst. Dabei kann dich dein Therapeut bestimmt unterstützen.

Ich kann gut verstehen, dass du Angst hast, wie deine Freundin und deine Familie darauf reagieren, das ging mir genauso.
Aber wie Anna meinte, Depressionen sind eine Krankheit und darauf sollten Partner und Familie idealerweise mit Verständnis reagieren.

Mir hat die Auszeit vom Studium und die Therapie in der Zeit sehr geholfen, ich bin jetzt wieder am Studieren und es geht mir viel besser.

Ich wünsche dir alles Gute, lass dich nicht unterkriegen!


Mione
Haller
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Re: Depressionen,Studium,

Beitrag von Haller »

Hallo,
bekomme jetzt andere Medikamente und glaube es geht schon bergauf, zumindest schlafen kann ich wieder.
Ich habe vor einer Weile den Antrag auf Beurlaubung gestellt, jetzt muss ich nächste Woche mich vorm Dezernat dazu äussern, der Attest hat scheinbar nicht gereicht. Keine Ahnung was die mir sagen oder von mir hören wollen, es war schon schwer genug das ganze vor meinem Arzt auszubreiten
steppenwolf1

Re: Depressionen,Studium,

Beitrag von steppenwolf1 »

Hallo Haller,

also ich hatte bei mir damals kein Urlaubssemester eingereicht, sondern ich hatte einfach 2 Kranksemester, was sogar vom Studentenwerk anerkannt wurde, was ich aber nicht wußte und daher keinen neuen Bafögantrag stellte, weil ich dachte, ich bin über der Regelstudienzeit.
Wenn man krank ist, ist man krank. Das geht niemanden was an und ich finde, du bist nicht verpflichtet, dort einen Seelenstriptease hinzulegen.

Ich denke es ist ok, wenn DU länger brauchst für Dein Studium und noch dazu aus gesundheitlichen Gründen. Ich weiß wie schwer das anzunehmen ist, noch dazu wenn man finanziell von anderen abhängig ist und das Gefühl hat allen auf der Tasche zu liegen.

Ich würde Dir raten zu einer psychologischen Studentenberatung zu gehen und dort das Problem mit dem Dezernat noch mal genauer klären.

Mit Kontakten kann ich Dir keine weiteren Tipps geben, weil ich auch sehr isoliert lebe.

Alles Gute, wölfin
JellyBell
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Registriert: 20. Jan 2011, 15:34

Re: Depressionen,Studium,

Beitrag von JellyBell »

Hallo Haller,

das wird mein erster Eintrag hier im Forum. Ich lese zwar schon länger mit, aber habe noch nicht so richtig den Einstieg zum Schreiben gefunden. Ich glaube dein Thema bietet da einen ganz guten Ansatzpunkt...

Ich kenne das Problem Depression und Studium nur zu gut. Ich leide nun auch schon seit einigen Jahren, habe "nebenbei" Abi gemacht und versuche das mit dem Studium genauso. Für mich ist das immer wieder unglaublich frustrierend. Zwar stehe ich hundertprozentig hinter meinem Studium und brenne für die Themen, die in meinem Fach behandelt werden, aber meine Depression wirft mir immer wieder Steine in den Weg. Das größte Problem ist für mich, dass ich - genauso wie du - Konzentrationsschwierigkeiten habe und manchmal kaum leistungsfähig bin. Da will man zeigen, was man kann und was einem liegt und es läuft einfach nicht. Ich bin oft einfach zu müde und mein Kopf will dann nicht so wie ich will-ich drifte dauernd ab oder schlafe sogar ein (wenn ich zu Hause lerne). Für Klausuren lernen ist am schlimmsten, da Auswendiglernen bei mir extrem beschwerlich ist und ich ständig vergesse - die Konzentration halt. Hausarbeiten sind da schon besser und laufen meistens auch richtig gut. Allerdings bin auch ich im Moment in einer akuten studiumsbezogenen Krisensituation, da ich eine Prüfung mehrmals nicht bestanden habe und aus dem Studium zu fliegen drohe...Dann wären meine beruflichen Träume erstmal pfutsch, ich müsste mich vor jedem irgendwie erklären und mein einziger zuverlässiger Halt, wenn es mir schlecht geht, bricht weg.
Und was macht man dann?
Ich mag kaum drüber nachdenken. Da tut sich einfach ein weiteres riesiges Loch auf...

Ich denke, eine Auszeit würde dir bestimmt gut tun. Mir in manchen Situationnen sicher auch, aber es ist wirklich verdammt schwer, wenn niemand von den Problemen weiß... Dazu kommt, wie bereits jemand geschrieben hat, dass man als Student immer irgendjemandem auf der Tasche liegt und das möglichst nicht ewig tun möchte.

Tja, gute Ratschläge kann ich dir nicht geben. Aber die Sicherheit, dass du mit deinen Problemen nicht alleine bist...
LaLeLu

Re: Depressionen,Studium,

Beitrag von LaLeLu »

Hallo Ihr alle

zu diesem Thema habe ich gerade heute einen Artikel unter Spiegel online gefunden:

26.01.2011

Ausgebrannte Studenten: Lost in Perfection

Von Oliver Trenkamp

Prüfungsdruck, Zukunftsangst, Perfektionswahn - der Uni-Stress nimmt zu, viele Studenten fühlen sich überfordert. So brennen die Hochqualifizierten von morgen aus, bevor sie ihre Karrieren überhaupt gestartet haben. Vor einer Therapie schrecken viele zurück...

http://www.spiegel.de/unispiegel/studiu ... 92,00.html

Vielleicht hilft er Euch!?

Liebe Grüße
JellyBell
Beiträge: 7
Registriert: 20. Jan 2011, 15:34

Re: Depressionen,Studium,

Beitrag von JellyBell »

Hmm...ja der Artikel trifft es ziemlich genau...

Kein Platz für Unvollkommenheit - das wird leider immer schlimmer und fängt schon in der Schule an. Ich kenne dieses ewige Feilschen um gute Noten, immer dieser Gedanke: "Ich brauche diese bestimmte Note sonst bekomme ich den Studienplatz nicht, kann keinen Master machen etc." Das nervt echt, insbesondere wenn man sowieso etwas instabil ist.

Wobei es in dem Artikel ja ausschließlich um Depris im Zusammenhang mit dem Studium geht. Bei mir ist das Problem komplexer und das Studium hat für mich eigentlich eher eine positive Wirkung - wenn der Druck nicht wäre und die mangelnde Konzentration.
4MSA8
Beiträge: 14
Registriert: 13. Nov 2010, 09:46

Re: Depressionen,Studium,

Beitrag von 4MSA8 »

Hallo,
ich habe den Artikel jetzt leider (noch?) nicht gelesen, aber ich kann obigem auch so zustimmen. Auch ich ziehe mich oft eher zurück, gelte wohl schon länger an der Uni als "Nerdin". Wenn es mir dann wieder schlechter geht, trifft mich das - ansonsten gehts, weil wir wissen ja: die wahren Freunde...etc. Aber dennoch, ich muss auch selbst mehr tun und das weiß ich. Und doch: So was wie die Depression hat selbst in meinem Studiengang keinen Platz. Man kann kaum Schwächen eingestehen ohne beäugt zu werden und als psychisch labil zu gelten. In vielen Köpfen existiert wohl immer noch das Klischee, Depression sei eventuell gar keine richtige Krankheit nur so was wie eine Extremform von keine Lust und Traurigkeit. Ich sage immer: ich wäre hundert mal lieber traurig als depressiv. Der tägliche Phrasenaustausch ist auch so etwas. Empfindet ihr das auch so? Wenn es mir schlechter geht (plag mich auch schon seit Jahren) sehe ich überall nur Heuchelei...
Leben wir in einer Leistungsgesellschaft? Hat der Erfolgsdruck, die Konkurrenz, dass allgemeine Streben nach Perfektion, wirklich zugenommen oder bilde ich mir das nur ein? Ist es nur ein Mediending oder so?
Carrion
Beiträge: 317
Registriert: 13. Dez 2010, 08:13

Re: Depressionen,Studium,

Beitrag von Carrion »

Liebe Kathleen!

Nein, ich habe das während dem Studium auch so empfunden: Leistung, Leistung, Leistung. Und dabei habe ich Sozial- und Geisteswissenschaften studiert, also Fächer in denen die Leute noch ziemlich "menschlich" sind, auch die DOzenten. Ich hatte das Glück noch Magister zu sein, da war es leichter mal ein Semester (ohne Urlaubsantrag) auszusetzen.

Aber das Studium war trotzdem ein harter Brocken, auch wenn ich zeitweise Unterstützung von einem Therapeuten hatte.

Du sagst überall Heuchelei: Oh ja, das sehe ich auch oft. Ich weiß nicht ob es die verzerrte Wahrnehmung eines Depressiven ist, oder ob die Depression die Menschen so feinfühlig macht, dass man sieht wie es wirklich ist. Aber es zu sehen tut so oder so weh. Alle sind fleißig und beschäftigt und am allerbeschäftigsten damit Theater zu spielen und gut auszusehen. Ich habe beschlossen, dass ich da nicht mehr mitspiele...

Liebe Grüße
Sophia
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Just before our love got lost you said “I am as constant as a northern star.” And I said, “Constantly in the darkness, where’s that?"
JellyBell
Beiträge: 7
Registriert: 20. Jan 2011, 15:34

Re: Depressionen,Studium,

Beitrag von JellyBell »

Hallo zusammen,

ich empfinde das mit der Leistungsgesellschaft schon als sehr extrem. Vielleicht ist es eigentlich gar nicht so schlimm, aber mir kommt es so vor, weil ich da einfach seit meiner Kindheit nicht mithalten kann. Zumindest habe ich das Gefühl...

Das mit der Heuchelei sehe ich zwar auch, aber ich empfinde es nicht so stark im Alltag. Ich habe immer eher das Gefühl, alle anderen machen viel mehr als ich, haben mehr Disziplin usw. Dass vieles davon auch nur vorgespielt ist, das weiß ich ganz genau, aber ich fühle es nicht so...Also eher Abwertung von mir selbst und dem was ich leiste und Neid gegenüber anderen.

Alle scheinen immer so beschäftigt und gestresst. Ich bin eigentlich eher selten vom Studium gestresst, sondern viel mehr von mir selbst und deswegen dauernd ausgebrannt. Und dann habe ich immer ein schlechtes Gewissen, weil ich glaube viel weniger zu leisten als andere, obwohl ich es könnte - wenn ich mich nur zusammenreißen würde...

LG J.B.
finchen72
Beiträge: 17
Registriert: 26. Jan 2011, 11:06

Re: Depressionen,Studium,

Beitrag von finchen72 »

carrion da gebe ich dir vollkommen recht! das theater spielen ist das schlimmste. immer schön lächeln und bloss zeigen wie locker man alles wegsteckt! dabei fühlt man sich so oft so klein und missverstanden.
und denkt dann "Schaut doch mal genauer hin" wie unwichtig sind doch eure soregn und angeblichen probleme...aber man schreit es nur innerlich heraus! das ist manchmal auch gut so, aber manchmal möchte man einfach nicht mehr an sich halten..das ist so!
Mione
Beiträge: 284
Registriert: 17. Okt 2010, 16:41

Re: Depressionen,Studium,

Beitrag von Mione »

@ LaLeLu:
Von mir ein ganz großes Danke für den Tipp bezüglich des Artikels:)
Ich fand ihn sehr aufschlussreich und konnte meine eigenen Erfahrungen in vielen Punkten wiederfinden.


Hallo,

was den Leistungsdruck angeht, finde ich die Einstellung krank machend, man müsse sein Studium in Regelstudienzeit schaffen, am besten mit Auslandsemester, zig Praktikas, möglichst vielen anderen Zusatzqualifikationen und am besten noch in einem gefragten Fach, denn mit geisteswissenschaftlichen Fächern könne man eh nichts anfangen.
Bei dieser Denkweise geht die Freude, die es machen kann, sich intensiv mit einem Fach, das einen interessiert, auseinander zu setzen, irgendwann verloren. Dabei sind ein oder zwei Semester mehr, weil man sich für den Stoff mehr Zeit nehmen will oder weil es krankheitsbedingt oder aus persönlichen Gründen nicht anders geht, doch überhaupt nichts Schlimmes, sondern menschlich. Leider wird einem als Student aber oft ein anderer Eindruck vermittelt und für Bafög-Empfänger kann es schwierig werden.

Ich muss aber auch sagen, dass ich mir andererseits einen großen Teil des Drucks auch selber mache. Im Prinzip zwingt mich ja niemand, jede Prüfung möglichst sehr gut bestehen zu wollen, außer mir selbst.
Leider bin ich da ziemlich perfektionistisch und habe oft das Gefühl, nie genug zu machen, egal wie viel ich lerne. Wenn ich nichts für die Uni tue, kommt gleich das schlechte Gewissen durch.
Wenn dann durch die Konzentrationsprobleme und Phasen mit extrem schlecher Stimmung wenig klappt, fühle ich mich als Versager. Als Ende vom Lied bin ich manchmal so frustiert, dass ich eine zeit lang gar nichts fürs Studium mache aus dem Gedanken heraus "Du schaffst das doch eh nicht, die anderen kommen mit dem Studieren besser zurecht als du."
Da will und muss ich noch dringend dran arbeiten ...

Liebe Grüße,
Mione
lt.cable
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Registriert: 5. Mär 2008, 20:55
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Re: Depressionen,Studium,

Beitrag von lt.cable »

Hallo Haller!

Deine ursprünglichen Ausführungen kann ich aus meinem (Studenten-)Leben heraus nur bestätigen. Ich habe lange mit meinem Studium gerungen, für mich sieht es jetzt sehr danach aus, dass ich den Kampf verliere. Ich finde die Inhalte strunzlangweilig, die Leute (Dozenten und Kommilitonen) ätzend und sozial bin ich so dermaßen wie noch nie seit Beginn meines Studiums isoliert. Gruppenaufgaben muss ich auch in der Ein-Mann-Gruppe bearbeiten, kein Wunder, denn diejenigen, mit denen ich mal begonnen habe, sind nirgendwo mehr zu sehen. Stattdessen lauter neue Gesichter mit wenig Schnittmengen für den reiferen Mann (immerhin dieses Jahr 30). Die Studienorganisation ist ohnehin ein einziges Chaos, zu Prüfungen melde ich mich schon lange nicht mehr an. Das Schreibenlernen (für Hausarbeiten etc.) habe ich auch aufgegeben, zum Thema Mitschriften fällt mir nur ein, dass ich noch nie nachvollziehen konnte, was die Leute da wohl immer so aufschreiben. Zettelwirtschaft oder noch eher das chronisch leer Blatt sind bei mir Programm.

Ich will mich auch verändern, weiß aber aktuell auch noch nicht genau, wie es so weitergehen soll. Ich sehe für mich schon die (teils bereits realisierte) Gefahr, mich zum Soziopathen zu entwickeln. Vielleicht rühren daher auch die etwas unterkühlten Reaktionen meiner Mitmenschen, gerne ja auch hier im Forum. Ist mir mittlerweile - emotional abgestorben, wie ich bin - aber scheißegal. Wichtig ist nur, dass ich meinen Weg mache. Wer will, kann mir dabei helfen, alle anderen können ja was anderes machen.

Für dich ist es wichtig, dass du es vielleicht gar nicht so weit kommen lässt. Ansonsten sind die Enttäuschungen anderer Menschen nicht dein Maßstab. Die Familie sollte vorbehaltlos unterstützen (funktioniert bei mir auch nicht), und ab dann zählt nur, dass du für dich einen funktionierenden Weg findest.

Es grüßt
lt.cable
Ein Nilpferd wollte zum Ballett
als schönster aller Schwäne.
Nur war es fürs Ballett zu fett.
So scheitern viele Pläne.
- Charles Lewinsky
LaLeLu

Re: Depressionen,Studium,

Beitrag von LaLeLu »

Hallo Mione

Zitat von Mione: "@ LaLeLu:
Von mir ein ganz großes Danke für den Tipp bezüglich des Artikels:)
Ich fand ihn sehr aufschlussreich und konnte meine eigenen Erfahrungen in vielen Punkten wiederfinden."


Sehr gerne, es freut mich, wenn es Dir ein klein bißchen helfen konnte.

Liebe Grüße
steppenwolf1

Re: Depressionen,Studium,

Beitrag von steppenwolf1 »

Hi Cable,

du hast schon öfter erwähnt, dass Du den Kampf fürs oder gegen das Studium verlieren wirst.
Ich denke, dass es nicht wenige Studienabbrecher gibt. War das dein erstes Studium ?
Was ich mich so frage, wieso Du alles strunzlangweilig findest ... heisst das, der Stoff ist Dir zu billig ? Oder hast Du einfach keine Interesse mehr oder niemals gehabt ?
Ich frage das deshalb, weil man in einem Studium (wenn man denn weiß, was man will und wo die Interessen liegen) sich auch selbständig mit Themen beschäftigen, die einen interessieren und sie vertiefen. Sich spezialisieren.
Aber vllt. studierst Du einfach das Falsche ? Fern Deiner Interessen und Fähigkeiten ?
Sei mir nicht böse, aber mir kommt es manchmal so vor, als wertest Du Dich ein wenig auf, indem du andere als ätzend abwertest. So wie Du andere veruteilst, verurteilst Du Dich vllt. auch selbst ?
Nur mein Eindruck, der muss nicht stimmen. Insofern gibt es schon die Gefahr sich selbst gänzlich zu isolieren und im weitesten Sinne als "Soziopath" zu enden (wenngleich ich diesen Begriff nicht schön und stigmatisieren finde)

Viele Grüße, wölfin
4MSA8
Beiträge: 14
Registriert: 13. Nov 2010, 09:46

Re: Depressionen,Studium,

Beitrag von 4MSA8 »

@ Carrion/Sophia: Du schriebst, dass du nicht mehr mitspielst bei dem Theater. Wie machst du das?
Daran denke ich oft, versuche in den Phasen, in denen ich Kraft habe (in den Depri-Phasen brauche ich alle Energie,um einfach nur normal zu funktionieren und alle Erledigungen irgendwie von Gegenwart in Vergangenheit zu schaufeln) eine Art Balance zu finden zwischen der absoluten Wahrheit,dem Ich-Sein und andererseits der "gesellschaftlichen Verträglichkeit".
Denn von dem "Ideal" (das vielleicht gar keins ist),die absolute Wahr-und Offenheit zu leben, musste auch ich mich verabschieden. Als Teenie glaubte ich noch, das gehe. Aber das kann man einfach nicht bringen! Ich glaube, man hätte schneller keine Freunde und keinen Job mehr, als man Piep sagen kann. Alle Beziehungen brauchen Notlügen und Nettigkeiten und - auch ich selbst brauche sie. Aber manche Sachen gehen einfach zu weit, sind zu sehr Verstellen...
wieso wird das Wort "Liebe" so wenig gebraucht? Oder Schmerz? Dabei sind das so wichtige Dinge. Würde ich mich vor meine Mitstudenten hinstellen und sagen: "Ich glaube an die Liebe." würde ich wohl als Romantikerin verlacht werden. Obwohl ich sicher bin, dass über 70% der Leute selbst ganz fest an die Liebe (damit meine ich NICHT NUR die partnerschaftliche...) glauben. Aber irgendwie...
Genausowenig höre ich Dinge wie "Ich war gekränkt" oder "das hat mich verletzt". (Bei mir passiert das leider dauernd, bei den anderen vielleicht nicht ganz so oft, aber auch!) Das ist halt einfach uncool... was denkt ihr?
Carrion
Beiträge: 317
Registriert: 13. Dez 2010, 08:13

Re: Depressionen,Studium,

Beitrag von Carrion »

Liebe Kathleen!

Nicht mehr mitspielen – ja, das war ein schwere langer Weg, den ich immer noch gehe. Aber es fängt damit an auf „wie geht’s“ ehrlich zu antworten. Nicht die Antworten zu geben die erwünscht sind. Menschen mit denen man in Kontakt steht auch ruhig mal sagen wenn man sie nicht mag. Nicht mehr jedermans Freund sein zu wollen. Ich habe eine Bekannte (Sport), wir haben immer zusammen trainiert. Es gab immer diese kleinen Sticheleien von ihrer Seite aus. Ich fand es unerträglich, habe aber nichts gesagt. Irgendwann habe ich mit einem Freund darüber gesprochen und er hat etwas wehr wahres gesagt: „Vielleicht solltet ihr aufhören so zu tun als ob ihr Freunde seid….“. Ich habe versucht mich daran zu halten. Und jetzt? Keine Sticheleien, viel mehr Distanz, keine unnötigen Verpflichtungen. Ich brauche keine Menschen in meinem Leben, die ich nicht mag.

Jetzt kommt als Gegenargument: Was ist mit Menschen auf die ich angewiesen bin? Zum Beispiel bei der Arbeit? Nüchterne Zurückhaltung, keine plumpen Vertraulichkeiten. Sagen so weit und nicht weiter.

> Alle Beziehungen brauchen Notlügen und Nettigkeiten und - auch ich selbst brauche sie. Aber manche Sachen gehen einfach zu weit, sind zu sehr Verstellen...

Brauchen Sie das? Wenn ich es nicht brauche, wenn ich die Wahrheit verkraften kann, dann muss ich es auch umgekehrt nicht machen. Es gilt das richtige Maß zu finden. Bei der Arbeit bin ich da auch zurückhaltender.

Was hat man davon? Es kostet Kraft am Anfang, v.a. auszuhalten NICHT gemocht zu werden. Aber es gibt Freiheit und mehr Kraft für die Menschen die man wirklich mag.

> Genausowenig höre ich Dinge wie "Ich war gekränkt" oder "das hat mich verletzt".

DAS würde ich mittlerweile sagen. Dann schaut der andere verduzt? Na und? So bei it! Vielleicht sehen sie dann ihre Lügen, ihre Heucheleien, ihr Theater. Vielleicht wenden sie sich ab? Na und? Ich will keine Schauspieler um mich herum, ich will Menschen! Du glaubst an die Liebe? Sag‘ es, schrei es ihnen ins Gesicht. Und wenn sie lachen? Und wenn schon…. Sie sind nicht ehrlich, aber du bist es. Du bist du!

Konnte ich meinen Standpunkt erklären?

Liebe Grüße
Sophia
____________________________________________________________________________________



Just before our love got lost you said “I am as constant as a northern star.” And I said, “Constantly in the darkness, where’s that?"
22222
Beiträge: 28
Registriert: 6. Dez 2010, 23:21

Re: Depressionen,Studium,

Beitrag von 22222 »

hi haller,

ich hab jetzt nicht die antworten gelesen, aber macht ja nichts... jedenfalls bin ich irgendwie in ganz genau der gleichen situation, wenn man das mit den antidepressiva weg lässt. stimmt alles, auch das mit der uni.
und das problem ist wohl der leistungsdruck, der uns im nacken sitzt. ich dachte, als ich hier angefangen hab zu studieren, ich muss das jetzt gescheit durchziehen, gleich ganz viele freunde finden, hobbies haben und so zeugs. stattdessen wurde ich so furchtbar traurig und energielos, dass das alles nicht ging, und das hat es noch schlimmer gemacht. ich war bis vor kurzem der festen überzeugung: wenn es einem schlecht geht, MUSS man arbeiten, MUSS man freunde treffen, und was man nicht noch alles muss. so ein sch..., wer hat uns das in den kopf gesetzt? - also bei mir ist das ein hauptproblem (laut therapie), ich könnte mir vorstellen dass es bei dir ähnlich ist. früher einserschüler und dann auf einmal nicht mehr - ganz klar, da würde ich auch einfach GARNICHT mehr lernen. hab ich ja auch. bevor man die erwartungen (wessen auch immer) enttäuscht.

wahrscheinlich hat das alles schon vor mir jemand gesagt. naja, hier nochmal anders formuliert.

grüße
néant
Beiträge: 9
Registriert: 29. Jan 2011, 20:47

Re: Depressionen,Studium,

Beitrag von néant »

Hallo zusammen,

mir gehts ähnlich: Studium hab ich fast fertig aber seit mehreren Jahren auf Eis gelegt. Die Chancen, eine erfolgreiche Behandlung zu finden sind sehr gering, alles bisher war erfolglos.
Allerdings sitzt der Druck bei mir nicht in Nacken. Ich mache ihn größtenteils selber. Vor allem das schlechte Gewissen, weil ich schon so lange auf der Stelle trete.

Ein sehr großes Problem ist auch die Fülle der Möglichkeiten die sich mir für die Zukunft bieten, sowohl mit als auch ohne abgeschlossenem Studium. Ich finde das so erschreckend und lähmend. Wie soll ich da jemals das richtige finden? Ich streite nicht ab, dass ich Interessen und Fähigkeiten habe, doch fehlt jegliche Idee was ich damit anfangen soll. Immer wenn ich versuche mir eine Option etwas konreter vorzustellen, sie mir auszumalen, schrecke ich zurück, denke und spüre, dass ich das nicht will. Niemals jedoch spüre ich, dass ich etwas will. Und während ich, unfähig zu wollen und zu wählen, in diesem Zustand der Stagnation verharre, fürchte ich etwas zu verpassen, da alles andere nicht ruht, sondern geht und vergeht.

Natürlich kann man sich kleine Ziele setzen, diese versuchen zu erreichen und dann weiter sehen. Warum neigt man denn überhaupt dazu immer in so großen zu Maßstäben planen? Warum wünsche ich mir denn ein klares Ziel vor Augen, dem ich mich stetig zu nähern bemühe? Aktive, entschlossene Lebnsführung, Sinnstiftung oder Feigheit und Beschwichtigung von Existenzangst?
Aber diesem endlosen Aufschieben der Entscheidung zu entgehen, dem leicht vorgebahnten Weg des geringsten Widerstandes (der auch auf ein nicht gewolltes Ziel zugesteuert hätte) zu entfliehen, mein Leben selbst in die Hand zu nehmen, das sah ich als die Möglichkeit, die mir die krankheitsbedingte Auszeit bot. Das hätten sich viele Kollegen, die "ihren Weg" schnurstracks ohne Reflexion, aber dafür erfolgreich, durchgezogen haben, auch gewünscht und ich wurde neben allem Mitleid sogar darum beneidet. Es ist mir bis heute nicht gelungen diese Chance zu nutzen, eher habe ich das Gefühl, dass sie zur Pflicht geworden ist, die mich überfordert.

Kennt das jemand? Wie kann man damit umgehen?
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