Angst vor Therapie

cera
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Angst vor Therapie

Beitrag von cera »

Hallo! Ich leide schon seit Jahren unter depressiven Phasen. Ich bin allerdings erst 22, das heißt, dass ich schon mit 12 oder 13 depressiv war. Ich habe aber immer versucht, dass es niemand merkt, wenn es mir schlecht geht, denn ich wollte meine Eltern nicht damit belasten, weil die selbst genug Probleme haben (meine Mutter hatte Krebs als ich 11 war). Jetzt bin ich an einem Punkt angekommen, an dem ich gemerkt habe, dass es nicht mehr so weiter gehen kann. Ich habe starke Konzentrationsstörungen und Denkblockaden, so dass ich große Angst habe, mein Studium nicht mehr zu schaffen. Ich habe mich endlich überwunden, zu einem Psychiater zu gehen und der hat mir ein Antidepressivum verschrieben und zu einer Psychotherapie geraten. Ich habe mich um einen Therapieplatz bemüht und sehr großes Glück gehabt, so dass ich ohne Wartezeit mit der Therapie beginnen kann. Allerdings habe ich jetzt große Zweifel, ob das eine gute Entscheidung war. Ich habe solch Angst davor, weil ich einfach überhaupt nicht weiß, was da auf mich zukommt. Außerdem kann ich mit niemandem über meine Probleme reden und ich fühle mich unfähig, das mit einer völlig fremden Person zu tun. Ich kann einfach nicht reden, so sehr ich es auch möchte. Ich habe viele schlimme Situationen erlebt und es schnürt mir den Hals zu, wenn ich nur daran denke. Ich weiß nicht, ob man verstehen kann, was ich meine, aber ich fühle mich so ausgeliefert, wenn jemand erfährt, wie es mir geht. Ich kann einfach niemandem vertrauen und bin total verzweifelt. Geht es vielleicht jemandem ähnlich oder bin ich wieder alleine mit meinem Problem? Im Augenblick möchte ich eigentlich nur noch schlafen und der Realität entfliehen. Ich möchte nicht mehr die Einsamkeit und Kälte spüren müssen und in eine andere Welt entschwinden. Schlafen ist die einzige Möglichkeit für mich, alles zu ertragen, aber das Semester hat wieder angefangen und ich muss doch weiter studieren. Ich kann doch nicht einfach alles hinwerfen und den ganzen Tag schlafen! Ich fühle mich unfähig, den Anforderungen gerecht zu werden. Es darf aber doch niemand etwas erfahren! Was soll ich nur machen? Ganz viele liebe Grüße, Cera
meike
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Angst vor Therapie

Beitrag von meike »

liebe CERA du befindest dich wirklich in einer ganz schlimmen situation und es scheint mir, daß du das sprechen verlernt hast, weil du niemanden bisher hattest, der dir zugehört hat. nun hast du ja bereits riesenschritte geschafft und hast den weg zum arzt gefunden und hast sogar bereits einen termin bei einem therapeuten. da hast du sehr viel glück gehabt, denn normaler- weise mußt du auf einen termin lange, sehr lange warten. und nun quält dich die angst, da den mund nicht aufzukriegen, dich überhaupt zu zeigen, die schlimmen situationen zu formulieren und glaub mir, da bist du nicht die einzige. hier hat es schon ganz ganz viele gegeben, die dazu nicht in der lage waren. manche haben begonnen, sich hier mitzuteilen und haben dies dann ausgedruckt und es zum therapeuten mitgenommen. sicherlich hast du hier schon eine ganze weile mitgelesen, sonst hättest du nicht den mut gehabt, hier einzusteigen. und so hast du kennenlernen dürfen, daß du dich hier wohlfühlen kannst. du hast nun hier die möglichkeit erstmal im unreinen zu üben, die worte zu finden und reinzuschreiben. ein bißchen hast du ja bereits erzählt und so weiß ich, daß du dich anscheinend bereits seit 1o jahren damit herumschlägst und alle worte scheinen eingefroren zu sein. aber wie gesagt, ich kann dir nur mut machen, nun zu beginnen. herzlich willkommen bist du jedenfalls gruß meike
cera
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Beitrag von cera »

Liebe Meike! Vielen, vielen Dank für deine lieben Worte! Im Augenblick habe ich das Gefühl, dass es mir ein kleines Bischen besser geht. Ich glaube, das Medikament beginnt zu wirken (zum Glück...), aber gut geht es mir natürlich trotzdem nicht. Ich weiß ja, dass die eigentlichen Ursachen damit auf keinen Fall beseitigt sind und deshalb denke ich, dass ich auf jeden Fall diese Therapie machen muss. Allerdings fällt es mir immer noch sehr schwer, mich mit diesem Gedanken anzufreunden. Ich habe so Angst, dass ich nicht verstanden werde, weil ich so schlecht beschreiben kann, was ich fühle. Die Idee mit dem Ausdrucken ist zwar ganz gut, nur habe ich dummer Weise keinen eigenen Drucker, und wenn ich bei jemand anderem drucken würde, dann bekäme der das ja mit... Nun gut, ich werde trotzdem demnächst versuchen, ein bischen von mir zu erzählen, falls das irgend jemanden interessiert. Liebe Grüße, Cera
phoebe grant
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Beitrag von phoebe grant »

hi cera! (ein schöner name!) ich kann voll nachvollziehen was du denkst und durchmachst. und wenns dir hilft: doch man kann den ganzen tag durchschlafen und so tun als würde man alles verschlafen oder vergessen. ich habe das monatelang gemacht. jetzt bin ich dabei zu versuchen, damit auf zu hören, aber es ist echt schon manchmal wie eine sucht! und obwohl es dir sogar deine umwelt schon vorhalt- hört es einfach nicht auf. auch ich bin noch "jung" und seit was weiss ich wie lange depressiv. aber in einer sache bewundere ich dich echt: du hast den schritt zur thera gewagt, wozu ich niemals den mut zu hatte. ich kenn das sich jemanden anvertrauen: erstmal den kloss loswerden, dann zweifel, ob der gegenüber interesse hat, ob man sich nicht doch zum affen macht und schließlich das völlige nackt sein. zu wissen dass der andere alles über dich weiss und zu wissen ihm so schutzlos ausgelifert zu sein. und einfach nicht mehr sich den kopf darüber zerbrechen wollen, was derjenige jetzt mit all seinem wissen anstellen könnte. bitte, das schlimmste ist dich oder etwas aufzugeben. tu das niemals. he ich wünsch dir alles gute und gib dein studium nicht auf, lass dir ruhig zeit, aber gib es nicht auf! sweetkiss, phoebe
ME
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Beitrag von ME »

Hallo Cera, ich kann das so gut nachvollziehen, was du erlebst und fühlst, zu niemandem vertrauen zu haben, nicht reden können und einfach nur schlafen wollen. Ich bin wesentlich älter als du und leide seit meiner frühesten Kindheit an Depressionen. Ich finde es gut, dass du dich auf den Weg gemacht hast und dir Hilfe suchst. Aus Angst vor Gefühlen habe ich meine Therapie abgebrochen, was ich im Moment sehr bereue. Denn erst jetzt weiß ich, wie gut mir die Therapie getan hat und das man doch Vertrauen aufbauen kann und auch das Reden lernt man. Ich hoffe ich kann meinen Abbruch rückgängig machen. Ich fände es schön noch mehr von dir zu erfahren. Liebe Grüße Manu Eine Frage an Euch alle ! Vielleicht kann mir von Euch jemand meine Frage beantworten: Muss man eine Therapieverlängerung immer wieder neu beantragen und muss sie von mir immer wieder neu unterschrieben werden ??? Es wäre schön, wenn jemand eine Antwort wüßte.
cera
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Beitrag von cera »

Hallo zusammen! Es tut so gut, dass es Menschen gibt die mich tatsächlich zu VERSTEHEN scheinen. Danke dafür! Ich habe das so noch nie erfahren. Ich bin mit einer Missbildung auf die Welt gekommen, wegen der ich schon im Kindergarten gehänselt wurde. Aber das ist eigentlich nich das schlimmste. Am schlimmsten waren die ganzen Operationen, die dann später noch deswegen nötig wurden und die ganzen Schmerzen (körperlichen und seelischen), die damit verbunden waren. Leider hat sich um meine seelischen "Schmerzen" nie jemand gekümmert und deshalb habe ich es lange Zeit für normal gehalten, wie ich mich gefühlt habe. Es ist mir erst in vielen kleinen Schritten bewusst geworden, dass es eben auf keinen Fall normal ist, ständig traurig zu sein, Angst vor Menschen zu haben und immer nur schlafen zu wollen. Aber diese ganze Operations-Scheiße (Tschuldigung...) war leider noch nicht alles. Es ist noch viel, viel mehr passiert, über dass es mir aber im Moment noch zu schwer fällt, zu berichten. Vielleicht ändert sich das ja noch. Erst einmal danke für's zuhören! Ich würde mich freuen, noch einmal von einem von euch zu hören, denn das hilft nir wirklich sehr. Cera
ME
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Beitrag von ME »

Liebe Cera, du scheinst in deinem jungen Leben wirklich schon viel durchgemacht zu haben, du musst auch gar nicht viel schreiben, ich denke das viele dich hier auch so verstehen. Die Schmerzen und auch die Hänseleien. Irgendwie würde ich dich am liebsten ganz recht herzlich drücken (was ich auch tue) und denke hier wirst du viel Hilfe und Ansprache finden. Schon den Mut, dass du dich hier ein wenig öffnest und von dir schreibst ist doch schon ein ganz großer Schritt ! Alles Liebe (drück) Manu
cera
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Beitrag von cera »

Ach Manu, du bist sooo lieb! Ich drück dich auch! Cera
rosa
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Beitrag von rosa »

Hallo Cera, Ich kann deine Situation und Deine Ängste auch gut verstehen. Ich habe auch gerade das Bedürfnis, mich nur noch unter der Bettdecke zu verkriechen, in meine schöne, heile Phantasiewelt zu flüchten. Dabei ist doch Semesteranfang und mir sitzt doch eigentlich ein riesiger haufen Arbeit im Nacken... Ich nehme zur Zeit keine Medikamente, habe aber gerade die ersten Termine bei einer Therapeutin hinter mir. ( mehr dazu habe ich unter Chatroom, neu hier und keine Ahnung von nichts... geschrieben, vielleicht hast Du es ja gelesen, oder magst es noch nachlesen??). Ich glaube, ich habe bei der Therapeutin auch nur wirres Zeug geredet, keinen Anfang und kein Ende gefunden, geschweige denn irgendetwas erzählen können, was mir wirklich sehr nahe geht. Ich finde oft einfach keine Worte, um das zu beschreiben, was da in mir vorgeht. Dazu nichts als Angst... Vielleicht ist das ein Stückweit einfach normal, wer erzählt schon gerne einem fremden intime Dinge von sich, noch dazu, wenns Dinge sind, die sehr schmerzlich sind und die man am liebsten einfach "ausradieren" würde..??? Ich glaube hier sind bestimmt einige anwesend, die Dir zum Thema Therapie ein bißchen was konkreteres schreiben können, ich bin ja selber noch "Anfängerin", aber vielleicht hilfts Dir ja ein bißchen, daß es mir zumindest ähnlich geht...? Ich wurde übrigens früher auch ständig gehänselt, weil ich einen seltenen Sehfehler habe und eine einfach unbeschreiblich dicke "Spezialbrille" tragen mußte und kam mir dabei immer anders, aussätzig, wie ein Monster vor. und noch vieles mehr... Liebe Grüße rosa
cera
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Beitrag von cera »

Liebe Rosa! Toll, dass du dich gemeldet hast. ich habe nachgelesen, was du im chat-room geschrieben hast und mich in vielen Dingen wiedergefunden. Allerdings habe ich glücklicher Weise kein Geldproblem, da meine Eltern da sehr großzügig sind. Außerdem ist es mir bisher gelungen in einem normalen Tempo zu studieren und jetzt, wo ich Angst davor habe, dass das nicht mehr geht habe ich ja zum Glück den Schritt gewagt, mir Hilfe zu holen. Dass du ein solches Pech mit den Psychiatern hattest ist ja wirklich schlimm! Ich habe meinen jetzt erst ein Mal gesehen, aber ich haber das Gefühl, dass er sehr gut ist und mir wirklich helfen kann. Vielleicht magst du dich ja noch Mal melden! Alles liebe, Cera
meike
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Beitrag von meike »

liebe CERA damals, als ich zur thera ging, hatte ich noch keinen PC und ich pflegte ganz normale briefe zu schreiben und so kam es, daß erst mein brief beim thera eintrudelte und dann ich. oft kam es auch vor, daß ich noch einen weiteren brief mitbrachte zur stunde. irgendwann habe ich mich gut und sicherer gefühlt, sodaß ich DARAUF nicht mehr zurückgreifen mußte. und weißt du, du könntest HIER schon mal üben und mehr von dir erzählen, wenn du magst. sieh mal, wieviel reaktion du bereits erhalten hast. die anderen beiden hier würden dich auch gerne begleiten dabei und scheinen dich sehr gut zu verstehen. na, wenn DAS nichts ist...... würde mich freuen, von dir zu hören dir liebe grüße von meike
meike
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Beitrag von meike »

hallo CERA muß nochmal kommen, weil mein obiger brief die ganze zeit hier in meinem PC stand und inzwischen soviel gelaufen ist (rosa usw.), sodaß meine zeilen überholt sind. inzwischen hast du von dir ein bißchen mehr erzählt, du mutige und es tut mir sehr leid für dich, daß du auch körperlich so angeschlagen bist. ich kann dich da gut verstehen, denn auch ich bin nicht fit und meine tochter (24) ist körperlich auch krank. uns blieb aber hänseleien erspart, sodaß wir deinen zusätzlichen, sehr schlimmen teil nie durchleben mußten. da gibt es ja dann noch zusätzliche wunden, die du ertragen mußt und die darauf warten bearbeitet, beweint, betrauert zu werden. ich finde es wunderschön, daß soviele hier teilnehmen an deinem geschehen und du dadurch so schnell hast auftauen können, indem du uns ein bißchen in dein herz hast schauen lassen. schlaf gut meike
ME
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Beitrag von ME »

Hallo Rosa, ich habe gerade auch mal nachgelesen was du geschrieben hast. Es tut mir leid, dass du so schlechte Erfahrungen gemacht hast mit Ärzten. Kannst du nicht mit deinen Eltern reden und ihnen sagen wie du dich fühlst (auch wenns schwierig ist, vielleicht verstehen sie dich doch)? Deine finanzielle Seite ist auch eine tierische Belastung (kann ich sehr gut nachvollziehen, selbst erlebt!)Bleib auch du bitte am Ball und versuch einen neuen Therapeut/in zu finden, die die schwierige Zeit mit dir gemeinsam geht. Ich wünsche dir dafür viel Glück. Ich wünsche Euch allen eine gute Nacht in der Hoffnung, dass der morgige Tag besser und schöner wird. Manu
cera
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Beitrag von cera »

Hallo noch Mal! Ich wollte eigentlich schon längst schlafen, aber ich kann einfach nicht und bevor ich jetzt noch Stunden lang wach liege und über mein Leben einsam nachdenke, kann ich euch besser meinen Lebensroman erzählen. Ich stelle nämlich mehr und mehr fest, dass mir schreiben sehr viel leichter fällt, als reden und deshalb hoffe ich, auf diesem Wege etwas aufzutauen. Ich habe mich schon immer von anderen ausgegrenzt gefühlt, eben weil ich nicht so ausgesehen habe, wie sie. Es ist als Kind wirklich ein schlimmes Gefühl, dauernd gefragt zu weden, warum man eine so krumme Nase und Narben mitten im Gesicht hat. Meistens sind solche Fragen ja gar nicht böse gemeint, aber sie zeigen einem trotzdem immer, dass man nicht "normal" ist. Ich habe mich immer gerne zurückgezogen und mich in meiner Musik verkrochen. Heute studiere ich unter anderem Musik, aber mich plagen im Augenblick eigentlich nur noch Versagensängste, weil ich letztes Jahr in einem Konzert einen ziemlichen Black-out hatte und mich echt blamiert habe. Seit dem konnte ich keine Konzerte mehr spielen. Eigentlich müsste ich ein wirklich glücklicher Mensch sein, denn ich kann studieren, was schon immer mein Traum war und habe ein tolles Instrument gerade neu bekommen. Aber ich kann mich nicht mehr richtig darüber freuen, weil es mich immer daran erinnert, zu versagen. Früher hat mir nie jemand etwas zugetraut, frei nach dem Motto: Wer doof aussieht muss auch doof sein! Aber ich habe mich immer irgendwie durchgeschlagen, sei es in der Schule, oder in der Musik und als ich die Aufnahmeprüfung im ersten Versuch geschafft habe, habe ich gedacht, dass jetzt alles besser wird. Aber leider ist das ja nicht der Fall. Ich habe jetzt an der Uni ganz liebe und tolle Freundinnen gefunden, von denen ich sicher weiß, dass sie mich lieb haben, Aber ich kann ihnen einfach nicht erzählen, dass es mir eigentlich sehr, sehr schlecht geht, denn ich habe Angst, dass sie das nicht richtig verstehen können. In ihren Augen bin ich nämlich eine sehr erfolgreiche Person. Meine Eltern dürfen auch auf keinen Fall wissen, wie krank ich bin, denn meine Mutter würde mich dann absolut wahnsinnig machen. Für sie wäre nicht das Hauptproblem, dass es mir schlecht geht, sondern dass sie, die arme kranke Frau jetzt auch noch eine kranke Tochter hat. Sie würde mir andauernd erzählen, wie sehr sie unter der Situation leidet und mir nur Schuldgefühle einreden. Ich habe das Gefühl, nicht mehr zu können, nicht mehr zu wollen, ich will einfach schlafen können und nicht aufwachen müssen. Aber irgendwie muss ich ja mein Leben noch auf die Reihe kriegen und das mit dem Schlafen funktioniert im Moment ja eh nicht... Aber es macht mir Angst, dass ich nicht einmal mehr in dem, was immer mein Strohhalm war, noch Trost finde. Wenn ich zehn Minuten geübt habe, dann kommt es mir vor, wie Stunden und ich kann dann nicht mehr. Ich habe in mir ein Chaos, das ich alleine einfach nicht mehr bewältigen kann und ich hoffe so sehr, dass sich jetzt etwas ändert. Wenn nicht, dann weiß ich nicht mehr, wie es weitergehen soll. So, wie bisher kann ich jedenfalls nicht mehr sehr lange durchhalten. Seit ich so viel über mich und mein Leben nachdenke, kommen plötzlich so viele Bilder von früher wieder hoch und mir wird zum ersten Mal richtig bewusst, was damals alles passiert ist. Ich habe einen Bruder, der sehr viel älter ist, als ich und als ich so vier oder fünf war, da war er gerade mitten in der Pubertät. Was da dann passiert ist könnt ihr euch vielleicht denken. Schreiben kann ich es immer noch nicht, auch wenn ich eigentlich so gerne möchte. Aber ich bin so verwirrt, weil ich noch nie darüber nachgedacht habe, dass das vielleicht nicht gut oder unnormal war und eigentlich hat er mir auch körperlich nie wehgetan, soweit ich mich erinnere. Aber trotzdem kann ich zum Beispiel Berührungen von Menschen, die mir nicht sehr vertraut sind, heute nur schwer ertragen. Seit mir diese Sachen bewusst geworden sind, muss ich andauernd darüber nachdenken und ich weiß wirklich nicht, was ich tun soll. Mein Bruder ist eigentlich der einzige in meiner Familie, mit dem ich mich gut verstehe und das macht die Sache für mich so paradox. Nun gut, ich glaube, das war erst einmal genug von mir. Ich hoffe, es war nicht allzu verwirrt und vielleicht hat es ja jemand tatsächlich alles gelesen, auch wenn es ziemlich viel auf einmal war. Irgendwie sprudelt das jetzt so aus mir heraus und es tut so gut, einfach mal etwas loswerden zu können. Ich Danke euch allen! Liebe Grüße, Cera
meike
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Beitrag von meike »

liebe CERA ich freue mich she für dich, daß so alles rauspurzelt aus deiner seele und alles endlich gesagt werden bzw. geschrieben werden möchte. DAS ist ein ganz toller anfang und du merkst ja selbst, wie du dadurch lernst, all deinen erlebnissen einen namen zu geben. ich kann mir gut vorstellen, wie sehr verwirrend es für dich ist, daß es ausgerechnet der mensch ist, dem du sehr vertraust und den du besonders magst und daß genau DIESER mensch es ist, der dich mißbraucht hat. ich kann gut verstehen, daß sich diese realität solange im verborgenen hielt. ich vermute, daß du auch DAS in der thera ansprichst, sobald du dort fuß gefaßt hast und spürst, daß du mit all deinen problemen angenommen bist. cera, ich kann mir vorstellen, daß es für dich DIE katastrophe darstellte, als du im konzert einen aussetzer hattest und ich verstehe, daß dich dies sehr unsicher für die zukunft machte. jeder plagt sich ja mit lampenfieber, aber dieses dürfte um ein vielfaches verstärkt auftreten bei dir, nachdem du DIESES erlebnis hattest. dennoch glaube ich ganz fest daran, daß die vielen zukünftigen erfolge dir darüber auf dauer hinweghelfen werden und somit dieses ereignis in den hintergrund rücken wird. jetzt, wo du mut bekommen hast, hier von dir zu erzählen und du spürst, daß es einige hier gibt, die dich "hören" bist du natürlich sehr aufgewühlt. ganz oft habe ich hier erlebt, daß grade junge menschen froh sind, endlich berichten zu können, endlich verstanden zu werden, weil sie das gefühl haben, von ihrem unmittelbaren umfeld nicht verstanden zu werden. ich habe dich sehr gut verstanden, als du davon erzähltest, daß du dich ausgegrenzt fühlst. auch ich habe das, aus anderen gründen, SO erlebt und es hängt mir bis heute (innerlich) nach. und zwar war ich eine uneheliche und lebte in einem beamtenviertel und dies alles spielte sich vor einem halben jahrhundert ab..... als kind habe ich so gar nicht verstehen können, was ich denn bloß schlimmes angestellt habe. viel später erst begriff ich, daß "unehelich" was ganz schlimmes war, aber all die gefühle, unsicherheiten waren bereits angelegt......... schön, daß du hergefunden hast und dir einen positiven start in einen neuen tag wünscht dir meike
rosa
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Beitrag von rosa »

Hallo zusammen, liebe Cera, liebe Manu Ich muß eigentlich ganz dringend los, wollte mich nur ganz kurz melden. Cera, ich kann mich dem, was Meike Dir geschrieben hat nur anschließen... Ich schaue heute abend nochmal vorbei, Euch allen einen guten Start in den Tag liebe grüße Rosa
cera
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Beitrag von cera »

Hallo Meike, Hallo Rosa! vielen Dank, dass ihr mir so Mut macht. Heute morgen bin ich kaum aus dem Bett gekommen, weil ich letzte Nacht erst so gegen 3.30h einschlafen konnte. In der Uni war ich unglaublich müde und bin zu einem Seminar, dass ich eigentlich dieses Semester brauche, gar nicht mehr hin gegangen. Ironie des Schicksals: Es wäre ein Psychologie Seminar gewesen. Aber nächste Woche kann ich auch noch hin und das nehme ich mir fest vor! Morgen habe ich meine erste Therapie Sitzung nach dem Erstgespräch und ehrlich gesagt habe ich jetzt wieder ziemlich Angst. Ich versuche mir schon die ganze Zeit einzureden, dass ganz bestimmt alles gut wird, aber ich glaub da nicht dran. Wie geht es denn euch heute? Ich freu' mich, von euch zu hören! Alles Liebe, Cera
ME
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Beitrag von ME »

Hallo Cara, kannst du eigentlich beschreiben was dir eine solche Angst macht? Angst das du nicht reden kannst oder du nicht verstanden wirst? Ich hatte ja auch ziemliche Ängste und Zweifel, doch erst jetzt nach meinem Therapieabbruch weiß ich, dass sich vieles geändert hat und besser geworden ist, doch das dauert Zeit und die musst du dir erst geben. Wenn du nicht reden kannst, schreib dir mal alles auf, was du gerne sagen möchtest oder druck etwas von dem hier geschriebenen aus, vielleicht hilft dir das weiter. Ich drück dir ganz kräftig die Daumen und denk immer daran, dass die Therapeutin dir helfen möchte. Liebe Grüsse Manu
cera
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Beitrag von cera »

Liebe Manu! Das Problem ist, dass ich eigentlich selbst nicht so genau weiß, was mir Angst macht. Ich fühle mich einfach ständig beobachtet und beurteilt und deshalb habe ich Angst, irgend etwas falsches zu tun, mich zu blamieren und auf ganzer Linie zu versagen. Mein Kopf sagt mir, dass das Quatsch ist, aber mein Herz ist da anderer Meinung und ich kann mich nicht dagegen wehren! Versuchst du eigentlich gerade, wieder mit deiner Therapie weiter zu machen? Wenn ja, dann wünsche ich dir viel Erfolg! Vielleicht war es auch ganz gut, dass du abgebrochen hast, denn, wie du schreibst, ist dir ja erst danach vieles klar geworden. Vielleicht wird dir jetzt eine Therapie viel besser helfen. Liebe Grüße, Cera
ME
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Angst vor Therapie

Beitrag von ME »

Hallo Cera, das was du beschreibst, sind genau die Dinge, die mich auch bewegt haben. Ich wusste nicht was mir Angst macht. Die Angst beurteilt zu werden und sich zu blamieren oder was falsches zu sagen waren auch meine Probleme. Mir tut es leid, dass ich meine Therapie abgebrochen habe, es war wohl einer meiner größten Fehler.Ich habe zwar versucht meinen Therapeuten noch Mal zu erreichen, um ihn zu bitten den Abbruch rückgängig zu machen doch leider kam keine Rückmeldung. Eigentlich wollte er mich heute anrufen, doch er hat es nicht getan. Ich bin sehr traurig darüber, kann ihn aber andererseits auch verstehen, ich hätte vorher überlegen sollen, was ich tue. Er war so nett und ich bin einfach nur blöd ...
cera
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Hallo Manu! Ich finde nicht, dass du blöd warst. In der Situation hast du eine Entscheidung getroffen, die sich hinterher als falsch herausgestellt hat. Das konntest du aber vorher nicht wissen und deshalb war die Entscheidung in dem Moment auch richtig für dich. Ich finde, dass dein Therapeut das verstehen müsste und deshalb ist es ziemlich blöd von ihm , sich jetzt nicht bei dir zu melden! Das Problem wird aber wahrscheinlich nicht sein, dass er die Therapie nicht wieder aufnehmen möchte, sondern, dass er den Platz schon mit jemand neuem besetzt hat. Wie wir ja alle wissen, sind Therapieplätze ziemlich begehrt. Trotzdem könnte er sich aber meiner Meinung nach bei dir melden und dir vielleicht einen Vorschlag machen, was du nun tun kannst. Wenn du dich noch mal bei ihm meldest, dann bestell ihm schöne Grüße von mir und richte ihm das aus! Alles Liebe, Cera
ME
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Angst vor Therapie

Beitrag von ME »

Liebe Cera, du bist so süss, ích war echt den Tränen nahe doch deinen letzten Satz fand ich so lieb (mit den Grüßen ausrichten) und der hat mich zum Lachen gebracht. Was ich dich noch fragen wollte, welches Instrument spielst du und was fühlst du, wenn du musizierst? Musik ist für mich sehr wichtig in meinem Leben, da kann man seinen Gefühlen freien Lauf geben. Was empfindest du? Alles Liebe Manu
cera
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Angst vor Therapie

Beitrag von cera »

Liebe Manu! Ja, das mit der Musik ist so eine Sache... Ich studiere Klavier und Gesang und beides bedeutet mir sehr, sehr viel. Im Augenblick fühle ich mich allerdings beim Singen sehr viel wohler, denn das ist eigentlich das Einzige für mich, wo ich mich ohne jegliche Nervosität ausdrücken kann. Das hört sich jetzt vielleicht etwas paradox an, weil die meisten Menschen gerade vor dem Singen sehr viel Angst haben. Aber für mich ist Singen die reineste Musik, die man machen kann. Man benötigt dazu nämlich nur sich selbst und vor mir habe ich schließlich keine Angst! Singen ist die schönste und direkteste Form, sich musikalisch mitzuteilen, und was mich daran fasziniert, ist, dass die Stimme immer auch ein ganz direkter Zugang zur Seele ist. Nur deshalb ist es mir viele, viele jahre gelungen, ohne Therapie auszukommen. Wenn du Musik magst, dann empfehle ich dir sehr, anzufangen zu singen, falls du das nicht schon machst. Auch wenn du denken solltest, das du keine schöne Stimme hast (jede Stimme ist im übrigen auf ihre Weise schön!) oder nicht sonderlich musikalisch talentiert bist, solltest du entweder eine nette Gesangslehrerin suchen, oder in einen Chor eintreten. Ein sehr positiver Nebeneffekt beim Chor ist erstens, dass einem der Einstieg leichter fällt und zweitens, dass man da in 99% der Fälle nur sehr, sehr nette Menschen trifft. Glaub mir, damit habbe ich seit 16 Jahren Erfahrung... Klavier spielen ist da etwas anders, aber auf seine Weise natürlich auch schön. Beim Klavierspielen treibt mich sehr der musikalische Perfektionismus und es ist mir wichtig, nicht nur technisch halbwegs gut zu spielen, sondern auch im Ausdruck eine überzeugende Interpretation zu finden. Das ist allerdings für mich sehr viel schwieriger, als beim Singen, denn es macht einen Unterschied, ob die Töne aus einem heraus kommen oder von außen. Außerdem habe ich beim Klavierspielen schon mehrere "Disaster" erlebt (s.o.), so dass ich nicht mehr so frei spielen kann, wie ich es gerne möchte. Die dritte Ebene von Musik ist für mich natürlich auch das MusikHÖREN. Ich mag aber am liebsten live Musik, weil die nicht im Studio perfektioniert wurde und den Eindruck vermittelt, man müsste immer absolut fehlerfrei spielen. Bei live Konzerten machen nämlich die weltbesten Musiker Fehler. Die Liebe zu Konzerten und zur Oper gerät leider oft mit meiner Angst vor vielen fremden Menschen in Konflikt, so dass ich mich meistens doch nicht dazu überwinden kann, irgenwo hin zu gehen. Schade eigentlich... So, dass war jetzt ziemlich ausführlich, aber vielleicht kannst du jetzt ein wenig verstehen, was Musik für mich ist. Liebe Grüße, Cera
Anna24

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Beitrag von Anna24 »

hi cera, willkommen im club der depressiven musikstudenten. bei mir war das mit dem singen ziemlich hoffnungslos, hat nur für eine punkband gereicht. jetzt studiere ich cello, und da ist es in so vielem ähnlich wie mit gesang. das cello rettet mich immer wieder, und hat auch immer wieder den therapeuten ersetzt. lieben gruß, anna.
cera
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Beitrag von cera »

Hallo Anna! ich beneide dich um dein Cello, denn das ist wirklich noch ein absolutes Trauminstrument für mich. Leider wollten meine Eltern früher (verständlicher Weise) nicht auch noch Cello Unterricht bezahlen, so dass ich mich mit Klavier zufrieden geben musste. Aber es ist schön, jemanden zu treffen, der ähnliche Erfahrungen mit Musik gemacht hat, wie ich. Alles liebe, Cera
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