Auslöser der Depression - was war eurer?

Carrion
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Auslöser der Depression - was war eurer?

Beitrag von Carrion »

Hey ihr!

Ich denke – auch auf Grund einiger Posts – viel über den „Auslöser“ der Depression nach. Bei den meisten ist es ja eine schwierige Lebenssituation durch die man letztendlich in die Depression „rutscht“ (oder?). Ich kenn das so von meinem Freund, der nach über einem Jahr Arbeitslosigkeit langsam „depressive Züge“ annahm (ohne allerdings ernsthaft depressiv zu werden, jetzt – mit Job – geht es wieder besser).

Grund könnte natürlich auch ein „einfaches“ chemisches Ungleichgewicht sein. Meine Frage ist: wer hat Erfahrungen mit Depressionen nach einem Trauma (auch wenn das evtl schon länger zurückliegt) oder mit etwas wie posttraumatischen Belastungsstörungen (das ist depri-verwandt und erlaubt, oder?)?

Mein Therapeut hat in der letzten Sitzung einen Satz gesagt der immer noch in meinem Kopf festhängt: „In ihrer Familie groß zu werden, ist wie wenn ein Kind im Krieg aufwächst und Kinder unterscheiden das nicht.“ Ob alles immer an der Kindheit hängt? Das kommt mir so erbärmlich vor, denn immerhin bin ich mittlerweile auch schon 30… Auf der anderen Seite lässt mich dieser Satz nicht los.

Ich denke immer wenn ich es verstehen könnte, warum ich „so“ bin, vielleicht ließe es sich dann leichter lösen….?

Mag jemand erzählen?

Sophia
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ghm
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Re: Auslöser der Depression - was war eurer?

Beitrag von ghm »

Hallo Carrion,
meine Therapeutin schuf das Bild, dass sich in verschiedenen Lebenslagen verschiedene Teile des Ichs aufbauen.

Von Geburt bis 3 z.B. das Vertrauen, bis 6 das Selbst, dann der Selbstwert usw.
Wenn da irgendetwas instabil ist, baust Du auf dem Instabielen weiter.

Viele haben Glück und leben mit instabielen "Kellern" aber es kommt keine Erschütterung die das Haus zum Wanken bringt.

Wir haben die Chance, das wir unser Defiziet spüren und daran arbeiten dürfen(auch wenn wir es machnchmal wohl lieber anders hätten).
Mein Vater ist in Oberschlesien aufgewachsen und vertrieben worden, meine Mutter hat den Vater im Krieg verloren. Auch sie waren verwundet. Dann kam noch einiges im Leben meiner Eltern dazu und so habe ich eben auch instabile Keller.

Ich werde sicher kein "Normaler", das war ich auch nie, aber ich werde, wenn ich meine Keller besser kenne, besser bei mir sein als viele die noch nicht einmal wissen, dass sie Keller haben die ihr Leben beeinflussen.
~~ Göttin, lass es Hirn vom Himmel regnen (und nimm den Menschen die Regenschirme weg) ~~
ecureuille

Re: Auslöser der Depression - was war eurer?

Beitrag von ecureuille »

Liebe Sophia,

mein Therapeut sagte in etwas das Gleiche zu mir! Interessant.
Meiner Meinung nach werden in der Kindheit die Grundlagen für die Depression gelegt. Es liegt sicherlich sehr viel an dem, was ich in der Kindheit erlebt habe und wie ich erzogen wurde, welche Rolle ich in der Familienkonstellation zugewiesen bekam. Bei mir war das die, die für alles verantwortlich und schuld ist. Parentifizierung nennt man das.

Ich kann für mich klar sagen, dass die Depression durch meine Arbeit im Rettungsdienst ausgelöst wurde. Das war sicherlich nicht die (alleinige) Ursache, sondern die Ursache liegt vielmehr wie gesagt in der Kindheit, aber durch meine Erlebnisse m RD kam es zum Ausbruch und später belasteten mich Prüfungssituationen bis zu Suizidalen Gedanken. Die fallen nun erstmal weg. Puh.

Liebe Grüße
ecureuille
Denker
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Re: Auslöser der Depression - was war eurer?

Beitrag von Denker »

Hallo Sophia,
ich unterscheide für mich nach Ursachen und Auslöser der Depression.

Die Ursache meiner Depris sehe ich in der Kindheit. Körperlicher und emotionaler Missbrauch haben dazu geführt, dass aus mir ein überangepasstes Kind wurde, was super Antennen für die Bedürfnisse seiner Umgebung entwickelt hat (um nicht wieder anzuecken), aber die eigenen Bedürfnisse mit der Zeit überhaupt nicht mehr wahrgenommen hat.

Auslöser im hier und jetzt ist bei mir eigentlich immer irgendeine Form von Überforderung und Stress, beruflich oder privat. Kritisch wird es, wenn Stress von mehreren Seiten gleichzeitig kommt. Mit dem was ich in meiner Kindheit als Überlebensstrategie gelernt hatte, war ich dieser Überforderung hilflos ausgeliefert. Heute kann ich mich abgrenzen, kann wieder auf meine eigenen Bedürfnisse hören und rechtzeitig die Reißleine ziehen.

Es gibt ein tolles Buch, was mir die Augen dafür geöffnet hat, wie bestimmte Familienkonstellationen Depressionen hervorrufen können:
Josef Giger-Bütler: Sie haben es doch gut gemeint.

Liebe Grüße
Denker
Susanne_Scherrer

Re: Auslöser der Depression - was war eurer?

Beitrag von Susanne_Scherrer »

Liebe Sophia

auch für meine Depression wurden die "Grundsteine" in meiner Kindheit gelegt.
Alkoholmissbrauch, Gewalt, Armut, und weggeben in versch. Kinderheime haben mein Urvertrauen schwer beschädigt.

Die sog. Grundsozialisation des Menschen liegt glaube ich in den ersten 1-3 und 3-6 Lebensjahren.

Emotionaler Missbrauch wurde an mir verübt...so die Worte meines Psychologen.

Der Auslöser meiner Depression war in meiner Jugend, ich gerade knapp über 20, als meine Bez. zu meiner grossen Liebe scheiterte. Weit weg von Zu Hause, völlig allein auf mich gestellt (ich wusste nicht, wie man das Leben als Erwachsener meistert)bin ich völlig überfordert zusammengebrochen. Ohne vorherige Anzeichen, dass ich eventuell krank sein könnte....leider.

Alles was ich als Kind nicht lernte und wichtig gewesen wäre, darf ich heute nachholen...auch wenn ich´s oft nicht will.

LG
Sanne
Susanne_Scherrer

Re: Auslöser der Depression - was war eurer?

Beitrag von Susanne_Scherrer »

da hätte ich auch eine Buchempfehlung, die zum besseren Verstehen beitragen kann:

"Das Kind in uns"

von John Bradshaw
Secret
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Registriert: 16. Dez 2010, 16:15

Re: Auslöser der Depression - was war eurer?

Beitrag von Secret »

Hallo Carrion,

ich schließe mich dem an, was Denker geschrieben hat über Ursache und Auslöser.
Ursache war bei mir die Kindheit, als Nachzüglerin von der Kriegsgeneration war ich als 3. Kind nicht mehr geplant, das ich meine Eltern, die durch den Krieg eigenen Kindsheitserfahrungen traumatisiert waren, oft mit der Erziehung überfordert waren. In der Schulzeit habe ich mich schon immer als Aussenseiterin und unverstanden gefühlt.
Der aktuelle Auslöser meiner Depression sind Kränkungen am Arbeitsplatz, ich habe seit über 20 Jahren im kaufmännischen Bereich gearbeitet, mich fortgebildet und bin frustriert, dass ich meist nie länger als 1 Jahr auf einen Arbeitsplatz gewesen bin. Seit diesen Sommer wurde ich vom Chef gemobbt, die Kollegen waren ganz nett. Als mein Chef mich degradieren wollte und auch das Gehalt kürzen und eine Kollegin, die viele Jahre dort schon beschäftigt ist trotz weniger Fleiß und Qualifikation immer nur bevorzugte, bin ich dann zusammengebrochen. Ich habe vor 3 Monaten an diesen Tag sofort meine Siebensachen mitgenommen und bin seitdem krankgeschrieben.
Was die Trauer um den Arbeitsplatz noch verstärkt hat war dann Anfang November der plötzliche Tod meiner Mutter, die schon seit 5 Jahren nach einem Schlaganfall in einem Seniorenheim lebte.
Laut meinen Therapeuten bin ich aufgrund von vielen kleineren Kindheitserlebnissen traumatisiert, also nicht Konkret ein prägnantes wie z.Bsp. Unfall oder Überfall/Gewalt, sondern das ganze Umfeld.
Ich habe es bis vor 2 Jahren gut ohne Therapeut geschafft, da ich seit über 20 Jahren den selben Partner habe, glücklich verheiratet bin. Mein Mann war zuletzt beim Therapeuten, weil er sich Sorgen wegen der Partnerschaft mit Depressiven machte, aber er sagte uns, dass wir gut zusammenpassen, das ist mal ein positives Ereignis für mich.
Denn beruflich und anderen Menschen gegenüber bin ich zur Zeit hoffnungslos, auch fehlt mir der Antrieb für Fortbildungen.
Vor allem fällt mir morgens das Aufstehen schwer, ich ärgere mich dann über mich selber und werfe mir vor, dass ich doch mal geniessen müsste dass Schulferien sind und ich nicht früh aufstehen muss und dass ich doch froh über soviel Freizeit sein müsste sagt mir meine innere Stimme.
Wenn ich Stellenagebote in meinen Beruf sehe habe ich kein Vertrauen mehr in meine Mitmenschen und denke mir, es hat keinen Zweck mich zu bewerben, ich werde nur verletzt und verschlimmere meinen Zustand.
Noch bin ich ja Arbeitsunfähig geschrieben, aber was soll sich schon in mir ändern, wenn ich mich arbeitslos melden muss? Ich denke, ich werde ca. mindesten ein halbes Jahr krankgeschrieben.
Wie geht es Dir zur Zeit? Bei mir wird es abends wenn es dunkel wird besser, da kann ich es geniessen vor dem Ofen zu sitzen.

Liebe Grüße
M.
LG

Secret
Carrion
Beiträge: 317
Registriert: 13. Dez 2010, 08:13

Re: Auslöser der Depression - was war eurer?

Beitrag von Carrion »

*** Wem das zu lang ist, gibt auch "Einzelantworten"... ****

Hallo ihr!

Erst mal was an alle und dann die „Einzelsitzungen“ =)
Ich finde es interessant, dass man immer wieder hört wie prägend die frühe Phase ist, an die sich wohl kaum noch jemand wirklich bewusst erinnern kann. Aber ja, das denke ich auch. Meine Mutter ist emotional sehr instabil, behütend bis an die Grenze zu hysterisch, sehr cholerisch. Wenn ihr früher irgendetwas nicht passte, dann hat sie mit einem Griff alle Töpfe aus dem Schrank gezogen und auf den Boden geworfen. Schon der Heidenlärm hat mich immer erschreckt, von dem Gewaltpotential und der Aggression (und wahrscheinlich auch der Hoffnungslosigkeit) die ich darin sah ganz zu schweigen. „Frühkindliche Traumatisierung“ war auch die Diagnose meines alten Arztes in meiner ersten Therapiephase. Danach habe ich wohl unbewusst immer wieder Situationen und Beziehungen gesucht in denen ich mein Weltbild „bestätigt“ bekommen habe. Ich habe anderen immer mehr Recht über mich (und in Beziehungen auch über meinen Körper) eingeräumt als mir selbst.Ich habe nur manchmal wirklich Angst da – also in die Kindheit - „zu genau“ zu schauen, jedesmal wenn ich das tue ist es als liefe ich über ein Minenfeld. Es findet sich immer etwas über das ich zuerst lache, bis ich dann merke dass meinem Gegenüber das Lachen aus dem Gesicht rutscht und dann mir und dann - Schweigen. Leider schweigen meine Träume nie…

@gregor: Danke erst mal für deine hilfreichen und durchdachten Beiträge. Ich kann da immer sehr viel für mich herausholen. Das Bild von den Kellern gefällt mir sehr gut. Ich finde es schön, dass du es auch als „Chance“ siehst und du hast sehr recht: Wenigstens WISSEN wir, wir haben die Chance zu verstehen. Das macht uns nicht besser, aber wir sehen vielleicht manchmal weiter und sind einfühlsamer (Eigenlob…  ). Zumindest ist das meine Erfahrung mit Betroffenen aber es entspricht auch meiner eigenen Wahrnehmung.

Auch die Sache mit der „Verwundung“ finde ich treffend. Auch meine Mutter war und ist verwundet, nur will sie es leider nicht sehen und nicht daran arbeiten… (und mein Opa kommt übrigens aus Oberschlesien… *G*)

@ecureuille:
Parentifiierung heisst es wenn man die Verantwortung zugewiesen bekommt? Also im Prinzip so, dass das Kidn die Erwachsenenrolle übernimmt? Interessant… Es ist so oft so, dass die Kinder „erwachsener“ sein müssen als es die Eltern sind. Erbä#rmlich eigentlich, als hätten sie nicht gewusst was sie tun.

Im Rettungsdienst zu arbeiten bringt natürlich enorme Belastungen mit sich. Aber du hörst dich an als hättest du es (einigermaßen) im Griff? Das macht Hoffnung… Ich habe das Glück als Lehrerin zu arbeiten (mit erwachsenen Migranten), was mir unglaublich viel Spaß macht (wir lachen sehr viel zusammen und ich bekomme unglaubliche Einblicke in fremde Kulturen) und viel positives Feedback gibt. Daraus kann ich – gottseidank – viel Kraft schöpfen.

@denker:
Die Unterscheidung die du machst finde ich richtig und interessant. Zu den Ursachen: Vor allem den Teil kenne ich:
„Körperlicher und emotionaler Missbrauch haben dazu geführt, dass aus mir ein überangepasstes Kind wurde, was super Antennen für die Bedürfnisse seiner Umgebung entwickelt hat (um nicht wieder anzuecken), aber die eigenen Bedürfnisse mit der Zeit überhaupt nicht mehr wahrgenommen hat.“
Allerdings in meinem Fall ohne körperlichen Missbrauch.

Ich schätze dass bei mir auch der Stress die Phase „anscheibt“ allerdings wird es immer erst richtig kritisch wenn der Druck nachlässt. Wie ein Rentner der einen Herzinfarkt kriegt, schätze ich (sorry, wenn ich jemanden damit beleidige ist nur ein Bild…). Und deswegen merke ich es auch immer erst wenn der Stress schon vorbei ist, also das Kind im Brunnen liegt. Was sagte mein Thera neulich: „Sie müssen lernen zu ENTSPANNEN, Frau L.!“

Das Buch hat sich so gut angehört, dass ich es mir gleich mal bestellt habe…

@Sanne (die fleißigste aller Schreiberinnen…)
„Emotionaler Missbrauch wurde an mir verübt...so die Worte meines Psychologen.“
Ditto.
Es ist gemein, dass so etwas mit Kindern gemacht wird und deine Kindheit hört sich sehr ruppig an. Vertrauen ist ein Dauerthema. Die Menschen die mich irgendwann besser kennen lernen sind immer erschreckt davon wie wenig Vertrauen ich habe, denn ich schätze das strahle ich so, im „normalen Leben“ nicht aus. Ich gehe immer vom schlimmsten aus, finde mich damit ab und freue mich wenn es besser kommt. (Strategie übernommen aus meiner Flugangst…)

Du sagst „heute nachholen“ – darf ich fragen wie alt du bist?

@M./Secret:
Den Stress auf der Arbeit kenne ich nicht, ich bin Lehrerin, wie ich oben bei ecureuille geschrieben habe und ich habe immer viele schöne Erlebnisse mit den Schülern und auch ein tolle Arbeitsumfeld. Da die Arbeit aber sehr schlecht bezahlt ist (und ich bin noch dazu selbständig) suche ich derzeit auch nach einem Job und ich finde es auch immer sehr schwer mich aufzuraffen. Ich kenne das Gefühl also…

Es ist schön dass du Kraft aus deiner Beziehung schöpfen kannst, leider ist das bei mir zur Zeit ein aktueller Krisenherd, was mich sehr belastet, v.a. weil ich nur schwer trennen kann welche Probleme in der Beziehung „nur“ an der Depression liegen und welche in der Beziehung selbst begründet sind. Nicht einfach…

Abends finde ich es auch besser, da werde ich ruhiger. Und sitze am Rechner und schreibe mit euch… Keine schlechte Beschäftigung für einen Abend.

Schön dass ihr alle da seid!

Sophia
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FönX
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Re: Auslöser der Depression - was war eurer?

Beitrag von FönX »

Hallo Carrion,

für mich gab es mehrere Auslöser. Einer ist der chronische Stress, mit dem ich mich über 10 Jahre vergewaltigt habe. Falscher Mann im falschen Beruf. Der zweite waren die geänderten Umstände durch die Hartz-Gesetze, die vor ziemlich genau sechs Jahren einem Selbstständigen erlaubten, Hilfe in Anspruch zu nehmen, ohne vorher kopf- und sinnlos sein Gewerbe abzumelden. Erst da konnte ich mich in die Depression fallen lassen und sagen: "Ich kann, will und mag nicht mehr!". Ohne diesen Ausweg wäre ich heute nicht mehr am Leben.

Liebe Grüße
FönX

Bei riesigen Nebenwirkungen essen Sie die Packungsbeilage oder schlagen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
Susanne_Scherrer

Re: Auslöser der Depression - was war eurer?

Beitrag von Susanne_Scherrer »

>(die fleißigste aller Schreiberinnen…)

das wird in Zukunft jemand anderes werden

(die emotionalen Kosten waren mir zu hoch)

klar darfst Du fragen wie alt ich bin.

Ich werde nächstes Jahr im Sommer 48 Jahre alt.

...und bin manchmal in meiner Spätpubertären Phase....und darf nun "nachholen, oder nachreifen...wie auch immer.

Wie ich das mache?
In dem ich lerne, was ich früher nicht vorgelebt bekam.
Ich darf lernen was Wertschätzung bedeutet, was Selbstbewusstsein sein kann und wie es sich anfühlt, ich kann mich selber fördern und unterstützen in allem, was mir wichtig ist...das haben meine Eltern ja nicht gekonnt.
Ich darf lernen in Beziehungen zu leben, nicht nur mit dem Partner sondern auch mit Freunden...

Es gibt soooo viel, was ich nachholen kann, wo ich nachreifen darf und möchte.

Das sind alles Prozesse, die können dauern, brauchen Geduld, einen liebevollen Umgang mit mir selber, Motivation und Führung, Neugierde...und und und...

nun ja...seit über 20 Jahren bin ich nun auf diesem (meinem) Weg.

soviel von mir.
LG
Sanne
mystery60
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Re: Auslöser der Depression - was war eurer?

Beitrag von mystery60 »

Hallo Sophia,
hallo alle,

interessante Fragestellung.

Ursache für Depressionen? Vererbung? Bio-chemisch-physikalische Prozesse (im Gerhirn)? Schlechte Kindheit(serfahrungen)? Traumata?
Oder eine Kombination aus allem?

Zum einen liegt mir daran zu sagen, dass wir nicht Depressive von Normalen abgrenzen sollen, denn irgendwie - so meine Lebenserfahrung - gibt es keine Normalen. Man kann in bestimmten Aspekten einer Norm entsprechen aber sicher nicht in allen. Man mag zwar durchschnittlich reich/arm sein, aber ggf. überdurchschnittlich gesund und am Ende doch nur unterdurchschnittlich alt werden. Was ist schon normal?

Jeder hat sein Päckchen zu tragen ..... Jeder hat einen Rucksack auf mit seiner Vergangenheit .... bei jedem sind interne Schaltungen verfestigt (Gehirnforschung) ..... aber was für Schlüsse kann man daraus ziehen?
Vielleicht, dass man seine Vergangenheit nicht ändern kann, dass einen das Leben, wie es bis heute war, prägt, dass man insoweit "nicht aus seiner Haut" kann? Andererseits ist es mir auch zu einfach, wenn ein Therapeut sagt, sie haben diese und jene Kindheitserfahrungen und da ist es kein Wunder, dass ....

Auf der anderen Seite ist es dann oft wieder ein Wunder, wie der/die eine oder andere mit seiner Vergangenheit, mit seinen Lebenserfahrungen doch so manches schafft, was ihm keiner zutrauen würde, wenn er die ganze (Lebens-)Geschichte kennen würde. Das kann gut sein oder auch nicht. Nicht, wenn man aus Vergangenem überkompensiert und sich übernimmt und dann in Situationen, die nicht gut für einen sind, länger aushält, als einem gut tut. Dann kommt man in Überlastungssituationen, es kann zu Burnout oder Traumatisierungen und damit zu Depression kommen.

Aber ist es nicht wiederum typisch für uns Menschen, dass man durch seine Erlebnisse geprägt ist. Mir selbst haben meine Eltern nicht viel zugetraut, mich wenig beachtet, nicht gefördert und ist es nicht wie ein roter Faden in meinem Leben, dass ich mich beweisen will, dass ich etwas leisten kann? Ist das nicht auch eine Art Antrieb für mein Leben, das mir zum einen auch Erfolge verschafft hat, vielleicht am Ende aber auch eine Überlastung beschwert hat?

Es ist sicher schwer zu sagen, wie alles mit allem zusammenhängt oder aber auch wieder nicht. Ich gebe den anderen wie Gregor und Denker recht, man hat seine Lebenserfahrungen (immer bei sich) und es kommen immer neue dazu, auch belastende und traumatisierende (wenn man "Pech" hat).

Da man aber seinen Rucksack nicht so einfach ablegen kann, ist es auch nicht "schlimm", wenn man auch als Erwachsener noch von seinen Kindheitserlebnissen "gesteuert" wird bzw. zumindest diese immer mit eine Rolle spielen. An den Überlebenden der +++-KZ´s hat sich wohl gezeigt, dass gerade im Alter, wenn die Schaffensperiode (Ablenkung) im Leben vorbei ist, die alten Dinge wieder "auftauchen". Man wird die Dinge wohl irgendwie nicht mehr los, die man von Kleinkind an "gesammelt" hat und in seinem Rucksack mit sich trägt.

Aber es hilft sicher, zu erkennen, dass es so ist und was man so alles mit sich schleppt. Viele wissen nicht, was in ihrem Rucksack drin ist, manche wissen nicht mal dass sie einen haben und andere wieder wissen es eigentlich schon, wollen aber nicht daran denken.
Was man erlebt hat kann man nicht mehr löschen. ABER: man kann es verarbeiten, man kann es annehmen oder ablehnen, man kann versuchen zu beeinflussen, wie einen diese Dinge steuern - oder anders gesagt, man kann auch gegensteuern. Wenn ich weiß, was meine Antriebe sind, weiß warum bestimmte Dinge etwas bei mir auslösen, kann ich bewusster reagieren und mich ggf. auch besser schützen.

Die zentralen Fragen für mich sind dabei schon:
- wer bin ich?
- was will ich?

Man ist in jedem Alter das, was bis dahin mit einem geschehen ist, inclusive der Veranlagung (Gene), der "Erziehung", der Beeinflussung durch die Gesellschaft, etc. Traumatisierungen können dabei zu allen Zeiten dabei sein, als Kleinkind, selbst vorgeburtlich, als Jugendlicher oder auch als Erwachsener - das Leben hält da viele Überraschungen parat.
Ich denke, in seinem ganzen Leben von allen Traumatisierungen verschont geblieben zu sein mag zwar dazu führen, dass sich dieser Mensch als "ganz normal" definiert, rein statistisch würde ich ihn aber eher als positiven Ausreißer sehen. Normal sind die anderen!
Vielleicht behandeln wir deshalb die Falschen

In diesem Sinne
schönen Gruß
TG
e621
Beiträge: 260
Registriert: 5. Nov 2009, 17:19

Re: Auslöser der Depression - was war eurer?

Beitrag von e621 »

Moin zusammen,

bei mir waren die Auslöser:

seelischer sowie körperlicher Missbrauch im Kleinkind-bzw. Schulkindalter.
Daraus entstand eine Posttraumatische Belastungsstörung, sowie Persönlichkeitsstörungen.
Meine ganze Kindheit sowie Jugendzeit waren geprägt von Angst.
Das Ganze geleugnet bis zum 1. Zusammenbruch.

Gruß
Honk
Andreas01

Re: Auslöser der Depression - was war eurer?

Beitrag von Andreas01 »

@Tiefgrund,
>>>Andererseits ist es mir auch zu einfach, wenn ein Therapeut sagt, sie haben diese und jene Kindheitserfahrungen und da ist es kein Wunder, dass ....<<<

ja viel zu einfach, die Vergangenheit besteht nicht nur aus Kindheit und es
ist nicht nur so das die Vergangenheit am Dilemma schuld hat, auch die
aktuelle Gegenwart spielt da mächtig mit.

Andreas
FönX
Beiträge: 3370
Registriert: 2. Jul 2008, 11:37

Re: Auslöser der Depression - was war eurer?

Beitrag von FönX »

Wenn ich die Ursprungsfrage richtig verstanden habe, geht es um Auslöser.
FönX

Bei riesigen Nebenwirkungen essen Sie die Packungsbeilage oder schlagen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
emilia1
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Registriert: 27. Dez 2010, 18:29

Re: Auslöser der Depression - was war eurer?

Beitrag von emilia1 »

Hallo Sophia,
ich denke, der Auslöser ist meistens einfach der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat und im Grunde austauschbar. Die tieferen Ursachen zu verstehen, finde ich dagegen auch sehr wichtig. Es hilft, sich selbst nicht mehr so abzuwerten. Aber ich sehe auch die Gefahr, dass man im Anklagen (z.B. der Mutter)und damit in der Ohnmacht und der Hilflosigkeit (und genau das ist Depression ja irgendwie) steckenbleibt. Ich war lange depressiv und sehe die Ursachen dafür ganz klar in meiner Kindheit. Deshalb war ich jahrelang böse darüber, dass ich keine bessere oder andere Kindheit hatte. Als ich eine analytische Therapie anfing,hatte irgendwie gehofft, dass durch das Verstehen der Schmerz darüber verschwinden würde. Aber das funktionierte nicht. Trotzdem hat es sehr geholfen, nur ganz anders als ich dachte. Es geht mir besser, seitdem ich mir nicht mehr böse bin, dass ich so oft traurig und müde bin, sondern diese Gefühle akzeptiere und nicht mehr bekämpfe. Dabei hat mir übrigens auch ein Buch von Josef Giger-Bütler "Endlich frei - Schritte aus der Depression" sehr geholfen.
Liebe Grüße!
LST
Beiträge: 35
Registriert: 22. Okt 2010, 10:06

Re: Auslöser der Depression - was war eurer?

Beitrag von LST »

Hallo,
Ein Auslöser sind bei mir unterdrückte Gefühle.
Ganz aktuell ging bei mir vorgestern folgendes ab:
ich fühlte mich gut und beschwingt, als ich von einem Seminar kam. Es brauchte nur einige abwertende Bemerkungen meines derzeitigen Lebensgefährten zu dem was mir wichtig ist.
Dann kamen Gefühle wie Trauer und Wut hoch. Sofort habe ich sie weggedrückt, ein lebenslang angelernter, als Kind lebensnotwendiger Reflex. Und schon bildete sich der altbekannte Knoten im Magen-Bauchraum, Atemnot u.s.w.
Alte, kindliche Gefühle von Abgelehntwerden, Trauer, Wertlosigkeit und auch das Verbot, Wut auszudrücken stecken dahinter, die so stark sind, das sie nicht zugelassen werden dürfen (empfindet mein Körper-Geist so).

soenam
Mögen alle fühlenden Wesen sich des Glücks und der Wurzel des Glücks erfreuen
ghm
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Re: Auslöser der Depression - was war eurer?

Beitrag von ghm »

hallo soenam,

> Alte, kindliche Gefühle von Abgelehntwerden, Trauer, Wertlosigkeit und auch das Verbot, Wut auszudrücken stecken dahinter, die so stark sind, das sie nicht zugelassen werden dürfen <

Das kenne ich zu gut. Ich war das 3. Kind und ich brachte meine Wut gut raus. Nur meine Eltern kamen damit nicht zurecht. Sie lehrten mich, dass es "berechtigte" und "unberechtigte" Gefühle gäbe (und ich habe es ihnen geglaubt).
Seit vielen Jahren habe ich einen "Wächter", der entscheidet welches Gefühl berechtigt ist.
Das kostet Kraft und Spontanität. Und manche Gefühl finden irgendeinen Weg am Wächter vorbei und erscheinen dann als Trauer.
In den letzten Jahren durfte ich lernen diese Trauer dann auch ausweinen zu können.
Wenn ich mich zu Alleine fühle, habe ich mein Kuscheltier.

Ich wünsche Dir die Kraft Deine Trauer beweinen zu können, ohne Dich wertlos zu fühlen. Weinen ist eine Kunst und weinen ist das Vollbad für die Seele.
Mögest Du lernen, Dich selbst in den Arm zu nehmen und Dich zu beschützen.
~~ Göttin, lass es Hirn vom Himmel regnen (und nimm den Menschen die Regenschirme weg) ~~
Carrion
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Re: Auslöser der Depression - was war eurer?

Beitrag von Carrion »

Hey!

Auslöser/Ursache - ich hatte gar nicht darüber nachgedacht. Aber man kann ja an den Antworten erkennen, was der/die jeweilige gemeint hat. Beides ist interessant...

Sophia
P.S.: Ich habe das Buch "Sie haben es doch nur gut gemeint" neben mir liegen und werde heute noch das Schmökern anfangen....
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LST
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Re: Auslöser der Depression - was war eurer?

Beitrag von LST »

@ gregor
lieben dank für deine Worte. Ich weine häufig, habe aber für das neue Jahr den Wunsch gefaßt, meine Wut zulassen zu können. Ich glaube das kostet mich unheimlich viel Kraft, immer "lieb" zu sein und meine eigenen Wünsche zurückzustellen...

ein gutes neues jahr
soenam
Mögen alle fühlenden Wesen sich des Glücks und der Wurzel des Glücks erfreuen
ghm
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Re: Auslöser der Depression - was war eurer?

Beitrag von ghm »

Hallo soenam,

bitte pass auf Dich auf, es gibt mehrere Arten des Weinens.
Das eine ist wie ein Zwang, es rüttelt und schüttelt Dich, Du willst nur noch das es aufhört und nachher fühlst Du Dich wie ausgekotzt.
Diese Form des Weinens meine ich nicht.

die Andere ist ein Regen aus Tränen der aus Deinen Augen strömt und den Schmerz der Seele abwäscht.
Und danach atmest Du tief durch und fühlst Dich freier, dieses Weinen meine ich.
~~ Göttin, lass es Hirn vom Himmel regnen (und nimm den Menschen die Regenschirme weg) ~~
Carrion
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Re: Auslöser der Depression - was war eurer?

Beitrag von Carrion »

Hallo!

@Wut und unterdrückte Gefühle.

Dazu ist mir noch etwas eingefallen: Ich hatte als Kind mal einen Streit mit meinem Vater (ich glaube sogar nur den einen. Eigentlich kamen wir immer gut miteinander aus…). Aus irgendeinem Grund fand ich ihn unfair (ich war noch ziemlich klein, neun oder zehn) und stand beleidigt in meinem Zimmer. Meine Mutter kam herein und sagte:“ Komm geh dich entschuldigen, tritt dem Teufel auf den Kopf.“

„Tritt dem Teufel auf den Kopf“ heißt in etwas so etwas (bei uns) wie eine bittere Pille zu schlucken, obwohl man weiß das man eigentlich im Recht ist.

Das hat mir zwei Sachen gezeigt:
(1) Es ist egal ob man Recht hat, einer sitzt am längeren Hebel und kann fordern, dass man zurücksteckt auch wenn man im Recht ist.
(2) Alles für den Familienfrieden.

@weinen: es ist für mich immer die Frage WIE man weinen kann. Ich finde das schwer, wenn ich weinen wollen würde greife ich leider zu oft zu SVV. Wie weint man?

Sophia
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ghm
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Re: Auslöser der Depression - was war eurer?

Beitrag von ghm »

Oh weh Carrion,

das ist eine der schwereren Fragen.

Es ist so ähnlich wie einschlafen. Das kannst du nicht (er)wollen, das kannst Du nur zulassen.

Irgendwann (noch vor der Pubertät) hatte ich das Weinen verlernt. Es kam nur noch über mich, wenn ich nicht mehr Kontrolle über mich hatte.
Bei einem Kreislaufzusammenbruch im Training zum Beispiel. Aber das ist das falsche Weinen. So wie ein Krampf, und hinterher fühlst Du Dich ausgelutscht und leer.

2001, in der Nacht vor meiner Tumor OP, ich hatte meine Frau zur U-Bahn gebracht und war auf dem Weg zurück in die Klinik, stiegen mir wieder Tränen in die Augen.
Ich liess es zu, gegen den Reflex das Weinen "wegzudrücken", suchte mir einen Platz im Park der Klinik und liess es laufen. Seit dem kommt das Weinen wieder oft zu mir (auch jetzt wo ich es schreibe).
Ich lasse es zu, den Weinen muss nicht immer Trauer sein. Es kann auch Mitgefühl, Dankbarkeit, Freude, Liebe und vieles mehr sein.

Viele glauben Weinen wäre etwas Schlimmes, wenn Du es Dir erlauben kannst, nimmt es aber viel von dem "Druck auf die Seele" (leider habe ich keine schöneren Worte dafür)

Ich wünsche Dir, dass auch Du es bald wieder zulassen kannst.
~~ Göttin, lass es Hirn vom Himmel regnen (und nimm den Menschen die Regenschirme weg) ~~
Sieglinde1964
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Re: Auslöser der Depression - was war eurer?

Beitrag von Sieglinde1964 »

Kann ich gar nicht mehr sagen, was der Auslöser meiner Depression bei mir war. Ich glaube es fing schon im Juli 2006 damit an, wo ich an einem Tag wo fürcherliche Kopfschmerzen bekam, später kam der Tod meiner lieben Nachbarin dazu. Die Krebserkrankung meiner Eltern, dass es mich dann am 2. September 2006 dann richtig zu Boden warf.
Carrion
Beiträge: 317
Registriert: 13. Dez 2010, 08:13

Re: Auslöser der Depression - was war eurer?

Beitrag von Carrion »

Hey....

@ Sanne: Ah, ich vermutete schon eine gewisse Erfahrung. Deswegen findest du auch immer so gute Worte für alle hier. Ich hoffe ich werde noch viel von dir lesen und lernen…

@Tiefgrund: Ich finde schon, dass es einen Unterschied macht ob man „nur“ ein Päckchen zu tragen hat, oder depressiv ist. Ich mag es auch nicht alle gleich zu machen. Du hast natürlich recht, niemand ist „richtig“ normal und ich will mich auch nicht mit Gewalt (mich und alle anderen hier) als Schneeflocke betrachten. Aber es wäre auch verleugnen zu sagen, dass wir die ganz normalen Muster anwenden und wie alle anderen ticken. Verleugnung bringt mich nicht näher dahin mich zu verstehen, sondern nur immer wieder dazu zu fragen: „Wenn alle das können, warum kann ich es nicht?“

„Andererseits ist es mir auch zu einfach, wenn ein Therapeut sagt, sie haben diese und jene Kindheitserfahrungen und da ist es kein Wunder, dass ....“

Das scheint mir auch oft zu einfach und zu kurz gedacht, aber da ist man wieder bei der Schneeflocke. Wenn man sich mit dem Hammer auf den Finger schlägt, dann ist der Daumen geprellt. Dann kann ich zwar behaupten „nein, nein, ich bin ganz anders, bei mir ist das nicht so“, aber was hilft mir das? Wenn man traumatisiert wird, dann löst das bestimmte Prozesse aus, die bei verschiedenen Menschen – egal wie unterschiedlich sie sind – gleiche Reaktionen, Verhaltensweise usw. generieren. Depression ist auch „nur“ eine Krankheit. Alle die Windpocken haben, haben rote Flecke am Körper. Nur weil es eine psychische Erkrankung ist, ist es noch nicht einzigartig. Ich finde in diesem Gedanken auch Trost… (etwas ähnliches sagst du ja später auch noch…)

„Auf der anderen Seite ist es dann oft wieder ein Wunder, wie der/die eine oder andere mit seiner Vergangenheit, mit seinen Lebenserfahrungen doch so manches schafft, was ihm keiner zutrauen würde, wenn er die ganze (Lebens-)Geschichte kennen würde. Das kann gut sein oder auch nicht. Nicht, wenn man aus Vergangenem überkompensiert und sich übernimmt und dann in Situationen, die nicht gut für einen sind, länger aushält, als einem gut tut. Dann kommt man in Überlastungssituationen, es kann zu Burnout oder Traumatisierungen und damit zu Depression kommen.“

Ja, dem stimme ich vorbehaltlos zu (wie auch dem Rest. Klingt natürlich etwas kritisch dass ich zuerst nur „nein, nein, nein“ sage, aber es war nicht als Offensive gemeint, es war nur lautes Nachdenken. Ich hoffe so verstehst du es). Und ja, das ist bestimmt typisch. Ich denke das ist das Muster dass es aufzubrechen gilt.
Deine zwei Leitfragen sind tiefe Fragen, aber das weißt du ja. Es sind wahrscheinlich die essenziellen Fragen überhaupt. Und vielleicht ist es typisch für „uns“ dass wir uns solche Fragen stellen, das Gefühl haben sie stellen zu „müssen“, weil wir die Antwort so viel mehr brauchen als viele andere (und ich denke viele „normale“ könnten dir diese Frage nicht beantworten, nicht mit den „wahren“ Antworten)
Dass wir lernen müssen mit unseren Erlebnisse zu leben, sie zu verarbeiten und vielleicht sogar daran zu wachsen, ja, so ist das. Andere können es eben und wir müssen es. Vll ist es ja doch wie Gregor meinte eher eine Chance als eine Last. Und ich denke deswegen sind wir ja auch hier, oder? Reden, verstehen, Muster erkennen und sie dann aufbrechen und Erfahrungen weitergeben und Schmerzen teilen und Mut machen…
Danke für dein langes und interessantes Posting!

@emilia: Bin gerade am Lesen… Aber du hast recht. Nur zu erkennen ist nicht genug, man muss auch weitergehen….

Sophia
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Just before our love got lost you said “I am as constant as a northern star.” And I said, “Constantly in the darkness, where’s that?"
Kodiak
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Registriert: 3. Okt 2010, 16:55

Re: Auslöser der Depression - was war eurer?

Beitrag von Kodiak »

Hallo Sophia, hallo Mitleser,

es klingt oder liest sich vielleicht komisch, aber seit meiner Kindheit sind auch Sonntage bei mir regelmäßig Auslöser von Depressionen.

Es mag mit der Angst von damals zusammenhängen, mich wieder dem Schulalltag aussetzen zu müssen. Den Demütigungen und Misshandlungen, dem unter ihnen sein zu müssen, dem ausgeliefert sein, dem Schmerz und der Ohnmacht und der Hilflosigkeit.

Ich kann es nicht ablegen. Da ist der Gedanke an Flucht, der Wunsch nach Einsamkeit und nach Betäubung. Ich möchte den Schmerz nicht spüren.
Aber er ist da. Der Nachhall? Nach so vielen Jahren?

Mein Kopf sagt mir, dass es heute nicht mehr so ist. Mein Bauch und der Stein in meiner Brust sind stärker, als die Vernunft. Der Schmerz weist zurück und verdrängt mit der Angst die Rationalität, vermischt mit der Depression.

Jetzt sollte ich tun, was ich anderen raten könnte. Es ist wie eine Blockierung, die mich daran hindert. Um mich herum wird mir alles zuviel. Will nichts mehr hören und sehen. Ich ziehe mich in den schwachen Lichtkreis meiner Tischlampe zurück und versuche, denken zu vermeiden. Es soll nur vorbeigehen.

Und es wird vorbeigehen wie immer, vielleicht ist es heute auch so krass, weil ich so lange nicht arbeiten war und morgen wieder lange funktionieren muss. Notfalls kann ich abbrechen, aber die Angst vor den Konsequenzen ist auch recht groß.

Ich mache viel falsch im Moment. Nicht das, was mir gut tut. Und ich weiss auch nicht, was das sein könnte.
Zumindest konnte ich meine Gedanken hier aufschreiben. Schreiben ist gut.

Liebe Grüße

Dietmar
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