Co-Abhängig

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wennfrid
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Co-Abhängig

Beitrag von wennfrid »

Hi an @alle
Ich möchte mal den Begriff der Co-Abhängigkeit ins Spiel bringen. Wer kennt den Begriff Co-Abhängigkeit, wer hat selber mit Co-Abhängigkeit zu tun oder hat wegen Co-Abhängigkeit Therapie-Erfahrung.
Ich habe mich vor ca. 10 Jahren mit diesem Thema beschäftigt. Vorher kannte ich diesen Begriff überhaupt nicht. Co-Abhängigkeit ist ein Begriff von den AA und bewirkt eine krankhafte Lebenseinstellung zu sich selber, seinem Partner und zu der kompletten Umwelt. Anfangs dachte ich, CODA ist eine Art Krankheit, bis ich von Woche zu Woche erkannte, diese Dinge treffen ja zu 100 Prozent auf dich selber zu. Vielleicht gibt es ja Menschen, die damit Erfahrung haben.
Viel Kraft und Energie

Fridolin
wennfrid
Beiträge: 799
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Re: Co-Abhängig

Beitrag von wennfrid »

Ich versuchs mal mit einem Fragebogen: "Muster für die Anpassung Co-Abhängiger"
Co-Abhängige
haben Schwierigkeiten, sich zu entscheiden.
Lächelst du, wenn du in Wirklichkeit sauer bist?
Schämst du dich für deinen Partner?
Wirst du ärgerlich, wenn dein Partner deine Vorstellung und Pläne nicht teilt?
werten ihre Gefühle ab, bagatellisieren oder verleugnen sie.
sind extrem loyal, bleiben zu lange in Situationen, die ihnen schaden.
sind sehr sensibel für die Gefühle anderer und machen sich deren Gefühle zu eigen.
sind abhängig von der Stimmung des anderen.
vernachlässigen ihre eigenen Interessen und Hobbys, um das zu tun, was andere wollen."

Ein paar Fragen und Muster-Auswirkungen zu CODA.
Viel Kraft und Energie

Fridolin
twinkie73
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Registriert: 16. Dez 2010, 12:28

Re: Co-Abhängig

Beitrag von twinkie73 »

oje oje,

da finde ich ja das ein oder andere an mir selber auch. Was wir nicht alles haben grins
Chiron
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Registriert: 14. Feb 2005, 15:45

Re: Co-Abhängig

Beitrag von Chiron »

Hallo Fridolin,

der Begriff ist mir leider nur zu gut bekannt.
Aber dank Therapie komme ich langsam aber sicher raus aus diesem Teufelskreis.
Auch weil es endlich mal jemanden gibt, der wenn es mal wieder heftig durchkommt fragt:"Was brauche ich nicht?"
Antwort von mir:"Eine Mutter." "Richtig" und darum:"Ich kann selbst für mich sorgen, weil ich schon erwachsen bin."
Zu viel kümmern bis zur Selbstaufgabe ist der sicherste Weg in die Erschöpfungsdepression.

Der erste Schritt, wie bei Vielem im Leben, ist das Erkennen dieses ungesunden Verhaltensmusters und dann der Wille es ändern zu wollen.
Dann klappt das auch.

Was möchtest Du noch wissen?

Liebe Grüße,

Chiron
"Was mich nicht umbringt, macht mich noch stärker."
wennfrid
Beiträge: 799
Registriert: 15. Feb 2010, 08:01

Re: Co-Abhängig

Beitrag von wennfrid »

Hi Chiron
Ich möchte es mal mit den Worten der AA sagen.
Co-Abhängig, aber seit 10 Jahren trocken. Ich habe über diesen Begriff geschrieben, weil Co-Abhägigkeit und ihre Auswirkungen eine relativ neue Erkenntnis ist und viele Therapeuten mit diesem Begriff überfordert sind. Dabei spielt eine Co-Abhängigkeit eine große Rolle, wenn es um depressives Verhalten geht. Außerdem ist die Erkenntnis, bin ich Co-abhängig oder bin ich nur hilfsbereit, nicht so einfach auseinanderzuhalten. Ich war schon in vielen CODA-Selbsthilfegruppen und alle Beteiligten hatten damit ihre größten Schwierigkeiten. CODA spielt beim Selbstbewußtsein, der Persönlichkeit und dem eigenen "ich" eine große Rolle.
Viel Kraft und Energie

Fridolin
Ellinor1
Beiträge: 7
Registriert: 4. Dez 2010, 07:13

Re: Co-Abhängig

Beitrag von Ellinor1 »

Das kenne ich. mache mein ganzen Leben schon alles, damit alle anderen glücklich sind. Bin ein problemloses schulisch leistungsstarkes Kind, damit meine Eltern, die schon genug Probleme haben, sich nicht um mich kümmern müssen. Erziehe mein Kind perfekt, mach alles für sein Glücklichsein,richte die besten Kindergeburtstage aus, bin in jeder Freiwilligenkuchenbackmannschft in der schule, im Elternrat, hab meinen Partner durch seine Selbstständigkeit seelisch und praktisch unterstützt. Habe alles für andere getan und mich nie gefragt, was eigentlich meine Bedürfnisse sind. Wenn mir die Therapeutin jetzt sagt, ich soll was für mich tun, was mir Spaß macht, hab ich keine Ahnung was das sein soll. Was sind meine Bedürfnisse. Bisher war es mein Bedürfnis, alle anderen glücklich zu sehen. Und ich?
Chiron
Beiträge: 2006
Registriert: 14. Feb 2005, 15:45

Re: Co-Abhängig

Beitrag von Chiron »

Guten Morgen Ellinor,

<<Und ich?>>

Du ziehts Dein Glück aus dem Glücklichsein der anderen.
Und wenn Deine Hilfe und Unterstützung dann nicht so gewürdigt wird, wie Du es Dir wünscht, bist Du tief traurig und ackerst noch mehr?

Liebe Grüße,

Chiron
"Was mich nicht umbringt, macht mich noch stärker."
mbm22
Beiträge: 381
Registriert: 25. Mai 2010, 22:48

Re: Co-Abhängig

Beitrag von mbm22 »

Hallo zusammen,

leider befürchte ich, mir den Schuh der Co-Abhängkeit auch anziehen zu müssen.

In Ellinors Beitrag finde ich mich ebenfalls sehr gut wiedergegeben.

Mein Leben lang, habe ich alle Kräfte genutzt, um für andere Menschen da zu sein, ihren Bedürfnissen, ihren Erwartungen an mich gerecht zu werden. Und trotzdem erhält man nie das zurück, was man sich insgeheim wünscht, von ihnen so angenommen und geliebt zu werden, wie man eben ist.

Also versucht man sich noch mehr zu bemühen, es war bisher einfach nicht gut genug, hat nicht gereicht.

Die eigenen Wünsche und Bedürfnisse stehen hintenan, sind nicht wichtig. Sie erlangen höchstens eine Bedeutung, wenn man die nächste Enttäuschung erfährt.

Ist dieses ein Persönlichkeitszug, den man sich abgewöhnen, abtrainieren kann?

Ich weiß, dass ich stets achtsam mit anderen Menschen, ihren Gefühlen und Bedürfnissen umgehen möchte, doch diese Achtsamkeit sollte ich wohl auch für mich aufbringen, aber das erscheint mir nicht wichtig, warum bloß?

Meinen Beitrag zu diesem Thema habe ich lange hinausgezögert, hatte irgendwie doch gehofft, es möge nicht noch eine zusätzliche Baustelle in meinem Leben sein.

Herzliche Grüße

lernfee
Liber
Beiträge: 1491
Registriert: 4. Jun 2006, 18:09

Re: Co-Abhängig

Beitrag von Liber »

Hallo Fridolin und hallo an alle,

ein Thema, das auch mich betrifft.

Den Begriff der Co-Abhängigkeit kannte ich zwar schon eine Zeitlang, brachte ihn aber lange nur mit Angehörigen von Suchtkranken in Verbindung.

Später wurde mir klar, dass Co-Abhängigkeit im Grunde die Abhängigkeit von oder in Beziehungen grundsätzlich bedeutet und es gab während meiner PA einen Zeitpunkt, an dem mir wie Schuppen von den Augen fiel, dass viele meiner Symptome die der Co-Abhängigkeit sind.

Das war erst mal heftig, zu verdauen. Andererseits aber auch eine Erleichterung, denn nun konnte ich endlich einordnen, was mit mir los war und ist. Viele meiner Empfindungen und auch Entscheidungen waren für mich vorher unverständlich gewesen. Warum blieb ich in Beziehungen, die mir nicht guttaten? Warum ist es meine größte Angst, verlassen zu werden? Warum reagierte ich bei Trennungen immer mit Depressionen? Wie kam es nur, dass ich mich anderen Menschen "zuliebe" völlig aufgeben konnte?

Es hat einen Namen bekommen: Co-Abhängigkeit.

Und es ist wie bei allen "Süchten" - denn dazu kann man Co-Abhängigkeit durchaus zählen - : der erste Schritt ist die Erkenntnis.
Puh, ja. Das trifft auf mich zu.

Und dann folgt das Suchen nach Wegen.

Selbsthilfegruppen sind eine gute Möglichkeit.

Mir selbst hilft sehr das Buch von Melody Beattie "Kraft zum Loslassen", in dem tägliche Meditationen zu finden sind. Sie helfen dabei, mich immer wieder auf mich selbst zurückzubesinnen. Und zu lernen, dass ich niemanden anderen, sondern nur mich selbst ändern kann. Das aber kann ich!

Als Co-Abhängige glaubte ich ja jahrzehntelang, dass ich für das Glück anderer zu sorgen hätte, dass dafür aber auch die anderen für mein Glück verantwortlich seien und dafür zu sorgen hätten, dass es mir gut ginge. Und ich konnte maßlos enttäuscht sein und mich als Opfer fühlen, wenn sie das nicht taten.

So allmählich durfte ich erkennen, dass ich die Vorzeichen in der Co-Abhängigkeit komplett umgedreht hatte. Denn es ist genau umgekehrt! Ich bin nicht für das Glück der anderen verantwortlich, das sind sie selbst. Und auch sie sind nicht für mein Glück verantwortlich, das bin ... na klar: ich.

Ich falle noch immer oft in die alten Denkmuster- und Verhaltensmuster zurück. Aber auch ins "andere Extrem" bin ich schon verfallen, indem ich die Abgrenzung übertrieben habe in der Art: "was das, was ich mache, bei dir auslöst, ist dein Problem und interessiert mich nicht".

Auch dies Extrem ist natürlich nicht das Wahre.

Ich möchte den Weg der Mitte finden: "mich interessiert, wie es Dir geht, aber ich mache mich nicht davon abhängig."

Liebe Grüße
Brittka
Chiron
Beiträge: 2006
Registriert: 14. Feb 2005, 15:45

Re: Co-Abhängig

Beitrag von Chiron »

Guten Morgen Brittka,

den Weg der Mitte finden.

Das hast Du gut beschrieben. Diesen Weg möchte ich auch gerne finden.
Es ist verdammt schwer, sich aus dieser Sucht zu lösen.

Liebe Grüße,

Chiron
"Was mich nicht umbringt, macht mich noch stärker."
mbm22
Beiträge: 381
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Re: Co-Abhängig

Beitrag von mbm22 »

Liebe Brittka,

mit großem Interesse habe ich Deinen Beitrag gelesen, aber ich hätte da noch einige Fragen an Dich:

Wie arbeitest Du jetzt an Deiner Co-Abhängigkeit?

Helfen Dir die Meditationen aus dem Buch, dass Du empfiehlst in der Form weiter, dass Du das Gefühl hast, Dich ihr entziehen zu können?

Arbeitest Du in Deiner Therapie auch an ihr?

Gerade der Umgang mit dem Therapeuten ist für mich auch oft nicht einfach, wenn man sich so abhängig von Beziehungen macht und stets bemüht um Anerkennung ist.

Das Gefühl, möglicherweise von meinem Therapeuten abgelehnt zu werden, wäre für mich sehr schlimm. Blöderweise hat dieses Einfluss auf mein Verhalten ihm gegenüber, macht mich in meinem Denken und Fühlen wohl auch abhängig von ihm, was ich einfach schlimm finde. Wenn ich an das Therapieende denke, kommen sofort große Verlassensängste auf.

Wo siehst Du die Ursachen, die eine Entstehung der Co-Abhängigkeit von anderen Menschen begünstigen?
Warum trifft es uns, andere Menschen aber nicht?

Manchmal denke ich, dass die Co-Abhängigkeit mich auch beziehungsunfähig macht. Ich brauche Beziehungen in meinem Leben und kann doch nicht sinnvoll mit ihnen umgehen. Es ist für mich schwer, Nähe zuzulassen weil damit sofort eine große Angst vor Ablehnung einhergeht. Gleichzeitig wieder zu spüren, dass man sich in Abhängigkeiten begibt, empfänglich in erster Linie für Kritik ist, Zuwendung kaum annehmen kann, ohne sich sofort verpflichtet zu fühlen, dem anderen etwas wieder zurückgeben zu müssen. Wenn ich mir nicht sicher sein kann, etwas zurückgeben zu können, darf ich nichts annehmen. Eine bedingslose Annahme kann und darf ich mir nicht erlauben, obwohl andere es meiner Meinung nach dürfen.

Jetzt habe ich leider viel mehr geschrieben, als ich eigentlich wollte, sorry.Meine Gedanken sind leider sehr durcheinander.

Herzliche Grüße

lernfee
elas
Beiträge: 2102
Registriert: 12. Mär 2009, 16:50

Re: Co-Abhängig

Beitrag von elas »

Guten Morgen Fridolin,
Hi in die Diskussionsrunde,


tagelang bin ich jetzt um diesen Thread herumgeschlichen, wollte antworten...aber...ich wollte auch kein neues Fass aufmachen, in dem Sinne, mein seelisches Gleichgewicht nicht gefährden, vorallem so kurz vor Weihnachten.

Aber, jetzt hat mich brittkas Beitrag doch herausgelockt.

Ich gehöre auch, diagnostiziert, zu den Co_Abhängigen, will heißen, dass ich besser für Andere sorgen kann, oft, als für mich selber.
Was Andere fühlen, denken, brauchen, das erspüre ich in Windeseile.
Meiner Tätigkeit als Hauptschullehrerin hat das viel Erfolg beschehrt.
Aber- mit dem Erspüren meiner eigenen Bedürfnisse, da tu ich mich ab und an auch noch recht schwer.
Und, so wie brittka es schreibt, steht mir manchmal eine enorme Verlustangst im Wege bei der Durchsetzung meiner Wünsche.

In meinen Therapien konnte ich viel lernen, auch viel verstehen über mich, meine Kindheit, meinen Werdegang.

Ich möchte noch einmal an das Interview mit Josef Giger_Bütler, das FönX am 20.8. hier ins Forum gesetzt hat, erinnern.
Da wird so schön beschrieben, wie es dazu kommt, dass ein Mensch so gute und feine Antennen für die Anderen entwickelt.

Hmm, gegen feine Antennen auch für das Gegenüber iss ja in der Regel nix einzuwenden, wenn die Selbstfürsorge nicht auf der Strecke bleibt.
Also, in dem Sinne, meine Bedürfnisse sind genauso wichtig wie die des Anderen.

Da bin ich auch immer noch am Lernen, z.B. erst wieder erlebt mit einer meiner Freundinnen, bei der ich viel zu spät merkte, dass ich ihr einen bestimmten Gefallen nicht tun wollte.
Und das dann auch abgesagt, auch auf die Gefahr hin, dass sie nun ein wenig beleidigt ist mit mir.

Was ich auch über mich denke, ist: die Grundstrukturen meines Charakters, die bleiben. Das macht meinen Charakter im Positiven wie im Negativen aus.
Und in gewisser Weise darf und möchte ich auch so bleiben, wie ich bin.
Aber___ich möchte auch noch selbstverständlicher mich für mich selber einsetzen, mir selber trauen etc. etc.

@brittka, ja diese Bücher von Melody Beatie, Kraft zum Loslassen, Mehr Kraft zum Loslassen...die sind fantastisch.
Seit 13 Jahren sind sie fast täglich mein Begleiter abends im Bett.
Und diese täglichen Meditationen, die helfen mir in der Tat meistens, ruhiger, besonnener zu werden, an meine innere Heilung und Fortentwicklung zu glauben etc. etc.

Ich finde hier in manchen Threads den Austausch immer wieder ausgenommen bereichernd.

Es grüßt
elas
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Liber
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Registriert: 4. Jun 2006, 18:09

Re: Co-Abhängig

Beitrag von Liber »

Liebe Lernfee,


>Wie arbeitest Du jetzt an Deiner Co-Abhängigkeit?

Der erste sehr wichtige Schritt war wie gesagt die Erkenntnis meiner Co-Abhängigkeit. Dann habe ich begonnen, darüber zu lesen (vor allem Anne Wilson Schaef und Melody Beattie). Aber das Lesen allein reicht ja nicht. Ich habe mich einer CoDa-Gruppe (online) angeschlossen, in der nach den 12 Schritten gearbeitet wird. Das wichtigste da ist, dass jeder bei den Beiträgen bei sich selbst bleibt - keine Ratschläge, Deine Du-Zuschreibungen. Das vermeidet, von sich weg zu gehen und in den bekannten Helfer-Modus zu verfallen (das alte Muster). Es ist ganz schön schwer, das zu üben: Was gehört wirklich zu mir, was gehört aber zum anderen??? Das 12-Schritte-Programm ist auch ein spirituelles Programm, das nicht jedem entspricht, das möchte ich bloß gleich dazu sagen.


>Helfen Dir die Meditationen aus dem Buch, dass Du empfiehlst in der Form weiter, dass Du das Gefühl hast, Dich ihr entziehen zu können?

Nein, entziehen kann ich mich der Co-Abhängigkeit nicht. Für mich ist entscheidend, sie erst mal anzunmehmen. Und dann kann ich Wege finden, damit umzugehen, z.B. mich selbst zu beobachten und erkennen, wenn ich wieder in die alten Muster verfalle und mich immer wieder neu ausrichten und orientieren. Das muss bei mir täglich der Fall sein, sonst geht es ungeheuer schnell, in die alten Muster zurückzurutschen. Und das kommt bei mir leider noch immer oft vor.


>Arbeitest Du in Deiner Therapie auch an ihr?

Ich habe ja während meiner PA erkannt, dass ich co-abhängig bin - aber ich habe in der PA nicht daran gearbetet, weil meine Analytikerin in dieser Hinsicht nicht aufgeschlossen war und eine andere Einstellung zu Süchten hat. Sie glaubte mir nicht, dass ich süchtig sei, sondern war der Meinung, wenn ich meine tiefgehenden Konflikte psychoanalytisch bearbeitet hätte, würden die Symptome sozusagen "von selbst" verschwinden. Ich selbst bin dieser Ansicht nicht.

Es war der erste Schritt, mich aus der Co-Abhängigkeit von meiner Analytikerin zu lösen, indem ich mich von der Erkenntnis meiner eigenen Co-Abhängigkeit von ihr nicht habe abbringen lassen.

Seltsam, genau die Erkenntnis der Abhängigkeit führte zu einem Schritt in die Unabhängigkeit. Ich erkannte zum ersten Mal, dass ICH für mich besser Bescheid weiß als sie. Und ich konnte dabei bleiben und bin nicht, um ihre Zuwendung nicht zu riskieren, wieder davon abgewichen. Für mich ein immenser Schritt.

>Gerade der Umgang mit dem Therapeuten ist für mich auch oft nicht einfach, wenn man sich so abhängig von Beziehungen macht und stets bemüht um Anerkennung ist.

Ich stimme dir uneingeschränkt zu, das ist genau auch meine Erfahrung!

>Das Gefühl, möglicherweise von meinem Therapeuten abgelehnt zu werden, wäre für mich sehr schlimm. Blöderweise hat dieses Einfluss auf mein Verhalten ihm gegenüber, macht mich in meinem Denken und Fühlen wohl auch abhängig von ihm, was ich einfach schlimm finde. Wenn ich an das Therapieende denke, kommen sofort große Verlassensängste auf.

Das alles erlebte ich haargenauso auch. Und solange ich ihr alles Recht machen wollte, um ihre Anerkennung zu bekommen, solange kam ich mir selbst nicht näher. Es war dann o.g. Erkenntnis, die den ersten Schritt der Ablösung möglich machte. Aber es dauerte noch sehr lang, bis ich mich ganz von ihr lösen konnte. Mittlerweile ist meine PA abgeschlossen.


>Wo siehst Du die Ursachen, die eine Entstehung der Co-Abhängigkeit von anderen Menschen begünstigen?

Bei mir liegen die maßgeblichen Ursachen in der Kindheit begründet. Ich bin in einer sogenannten dysfunktionalen Familie aufgewachsen. Aber genaueres würde ich dir - wenn du magst - lieber mal per Mail erzählen, das wird hier zu ausführlich.

>Warum trifft es uns, andere Menschen aber nicht?

Wenn ich das wüsste, liebe Lernfee! Vielleicht ist auch noch eine Art Veranlagung da, so auf äußere Bedingungen zu reagieren? Ich weiß es nicht.


>Manchmal denke ich, dass die Co-Abhängigkeit mich auch beziehungsunfähig macht. Ich brauche Beziehungen in meinem Leben und kann doch nicht sinnvoll mit ihnen umgehen. Es ist für mich schwer, Nähe zuzulassen weil damit sofort eine große Angst vor Ablehnung einhergeht. >Gleichzeitig wieder zu spüren, dass man sich in Abhängigkeiten begibt, empfänglich in erster Linie für Kritik ist, Zuwendung kaum annehmen kann, ohne sich sofort verpflichtet zu fühlen, dem anderen etwas wieder zurückgeben zu müssen. Wenn ich mir nicht sicher sein kann, etwas zurückgeben zu können, darf ich nichts annehmen. Eine bedingslose Annahme kann und darf ich mir nicht erlauben, obwohl andere es meiner Meinung nach dürfen.

Ja, das sind aus meiner Erfahrung alles Symptome der Co-Abhängigkeit, die ich aus eigener Erfahrung nur zu gut kenne.

Vielleicht wäre es in deiner Therapie möglich, dies anzusprechen? Es könnte DIE Chance sein, gerade auch an der Beziehung zu deinem Therapeuten hinsichtlich der Co-Abhängigkeit zu arbeiten.

Und ansonsten ist auch das Üben eine Möglichkeit. In manchen Situationen "Nein" sagen - und lernen, mit den Reaktionen der anderen umzugehen und zu lernen, sie auszuhalten. In anderen Situationen "Ja" sagen - und etwas von anderen einfach mal gerne annehmen, ohne Druck, gleich etwas zurückzugeben. Lernen, wie sich das anfühlt. usw usw

Das Neue muss sehr sehr oft geübt werden, weil die alten Muster ganz tief eingeschliffen sind.

Soweit mal (und wie gesagt, wenn du magst, können wir uns auch gern per Mail noch ausführlicher darüber schreiben).

Lieben Gruß
Brittka
Ellinor1
Beiträge: 7
Registriert: 4. Dez 2010, 07:13

Re: Co-Abhängig

Beitrag von Ellinor1 »

Liebe Lernfee!
Du sprichst mir aus der Seele!Habe auch Angst vor einer neuen Beziehung, weil ich mich sonst wieder total aufgebe, um dann total enttäuscht zu sein, weil niemand soviel Loyalität, Freundschaft, bedingungslose Liebe zurückgeben kann, wie ich gebe und erwarte zurückzukriegen...
Fühl mich aber andererseits so allein, brauche einfach jemanden an meiner Seite, um dessen Glück ich mich kümmern kann.
Ich weiß auch absolut nicht, wie ich dieses Verhaltensmuster durchbrechen kann.
Ich bin einfach so.
Was ist so falsch daran, nett, lieb, loyal, treu, hilfsbereit zu sein?
Scheinbar alles, wenn ich mir die Welt angucke. Warum kann ich das nicht zurückkriegen? Die Welt braucht Egoisten, das wird mir immer klarer. Wo kann ich einen Kurs machen "Wie werd ich ein egoistisches Arschloch, dass nur an sich selbst denkt!"
Bitte um Zuschriften!
elas
Beiträge: 2102
Registriert: 12. Mär 2009, 16:50

Re: Co-Abhängig

Beitrag von elas »

>"Wie werd ich ein egoistisches Arschloch, dass nur an sich selbst denkt!"<

Hi Ellinor,

ich bin zwar nicht Lernfee, aber ich mag trotzdem antworten.
und zitiere aus meinem eigenen Beitrag von vorhin.

>...meine Bedürfnisse sind genauso wichtig wie die des Anderen.<

Ich glaube nicht, dass es für mich ein Ziel sein könnte, zum Egoisten, zur Egozentrikerin zu mutieren.

Aber, es muss für mich selber auch klar sein, ich bin genauso wichtig wie die Anderen.

Und nicht, mein Partner ist wichtiger, meine Freundin ist wichtiger....

... aus dysfunktionalen Familien kommend, liegt oft hinter einer dicken Schicht von Verlustängsten ein ganz tiefes Bedürfnis, endlich einmal so geliebt zu werden, angenommen zu werden, wie man ist.

Das speist sich z.T. aus alten kindlichen Gefühlen.
Und, man wird es nie so ganz erfüllt bekommen.
Obwohl es schon Menschen gibt, bei denen man/frau sich wesentlich besser aufgehoben und verstanden fühlt, als bei Anderen.

Tja, auch das kann man lernen, sich aus unguten Situationen mit Menschen zu verabschieden. Auch wenn das erst einmal hart ist, und man sich vielleicht einsam oder alleine fühlt.

Bitte, das ist nicht vom hohen Ross runter gesagt...ich bin hier selber Lernende.

Deswegen find ich den Austausch ja so spannend.

elas
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mbm22
Beiträge: 381
Registriert: 25. Mai 2010, 22:48

Re: Co-Abhängig

Beitrag von mbm22 »

Hallo zusammen!

@brittka: Gern würde ich mich weiter mir Dir über dieses Thema und vielleicht auch weitere austauschen. Ich werde DIr mal eine Mail schicken.
Danke Dir für dieses Angebot.

@ellinor: Trotz allem würde ich nicht zu einem egoistischen, egozentrischen A.... mutieren wollen.
Empathie, Freundlichkeit, Treue, Fürsorge, Hilfsbereitschaft sind für mich wichtige Werte die einfach zu meinem Leben gehören. Werfe ich auch sie über Bord, wäre ich nicht mehr ich, würde keinen Sinn in meinem Leben sehen.

@elas: Danke für Deine Ausführung. Deine Gedanken zur Ausgewogenheit finde ich sehr wichtig. Ich kann und darf nicht immer nur für andere da sein, mich um sie kümmern. Damit gerät einfach alles aus der Balance. Doch ein besserer, würdevoller Umgang mit uns selbst so unendlich schwer.
Bemühe Dich so um Dich selbst, wie Du andere auch behandelst. Nicht mehr,aber auch nicht weniger.
Aber das ist so verdammt schwer.
Es ist so, als hätte man sich selber nichts zu geben, auch wenn man merkt, dass es einem so nicht gut geht und man bedürftig ist nach Anerkennung und Annahme.

Manchmal frage ich mich, ob andere das bei mir bemerken und ich deshalb nicht die ersehnte Anerkennung und Zuwendung erfahre. Nach dem Motto, wenn sie sich selbst schon so verachtet, kann sie auch nichts wert sein.

Herzliche Grüße

lernfee
Chiron
Beiträge: 2006
Registriert: 14. Feb 2005, 15:45

Re: Co-Abhängig

Beitrag von Chiron »

Es ist schön zu lesen, welche wertvollen Gedanken Ihr alle zum Thema habt.

Hier ein Link von mir zum Thema:

http://www.gwx.de/cgi-bin/forum/yabb/Ya ... 1107772202

Ich versuche danach zu leben, auch wenn es so verdammt schwer ist und ich mich oft zurücknehme aus Angst vor Verlust.

Liebe Grüße,

Chiron
"Was mich nicht umbringt, macht mich noch stärker."
elas
Beiträge: 2102
Registriert: 12. Mär 2009, 16:50

Re: Co-Abhängig

Beitrag von elas »

Guten Morgen Chiron,

danke für den Link.
Werd mir den Text ausdrucken.

Meine letzte Therapie ist so lange her, dass wirklich Vieles auch wieder in Vergessenheit geraten ist und durchaus eine Auffrischung Sinn macht.

Herzlich
elas
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Speranza
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Registriert: 9. Apr 2005, 13:58

Re: Co-Abhängig

Beitrag von Speranza »

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