Ist das Leben?

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ladybird
Beiträge: 11
Registriert: 21. Nov 2010, 10:28

Ist das Leben?

Beitrag von ladybird »

Hallo!

Ich bin neu hier. Zu meiner Geschichte muss ich sagen, dass mir mittlerweile auffällt, das ich nicht erst seit der Diagnose an Depressionen leide, sondern anscheinend schon seit 2003.

Ich habe enorme Stimmungsschwankungen, negative Gedanken (im Sinne von: Job kündigen, Beziehung beenden), außerdem fühle ich mich komplett lustlos und denke einfach nur noch, das ich funktioniere. Teilweise stehe ich früh morgens auf und mir wird total schlecht und verkrampfe gleichzeitig meinen Kiefer. Ich quäle mich dann in die Arbeit, in der Hoffnung Ablenkund zu meiner Stimmung und meinen Gedanken zu finden. Was dann auch meistens so ist.
Mein Vater leidet an Schizophrenie und sozialem Defizit. Er ist nicht fähig auf normalem Niveau mit Menschen zu sprechen. Er rastet immer gleich aus, denn seine Welt ist ja richtig und unsere ist falsch. Meine Mutter hat komplett abgeschalten - ich schätze sie hat über die Jahre hinweg, die Situation akzeptiert.

Ich habe in 2003 mich komplett von allem isoliert - bin nicht mehr weggegangen, habe innerhalb von 12 Monaten 25 Kilo zugenommen, denn Essen war/ist mein bester Freund und hat mir zeitweise ein gutes Gefühl vermittelt. Ich habe mich in die Arbeit gestürzt und immer auf den letzten Drücker eine Ausrede dafür gefunden, um nicht weggehen zu müssen. Vor 2 Jahren habe ich dann meinen jetztigen Freund übers Internet kennengelernt. Ich habe fast 25 kilo wieder abgenommen. Jedoch seit April habe ich wieder stark zugenommen und fühle mich genauso beschissen, wie ab 2003.

Kann ich denn einfach nicht glücklich sein, mit dem was ich habe?! Denn eigentlich müsste ich glücklich sein. Super Job, super Freund. Was will ich mehr?

Wann hören diese negativen Gedanken auf? Ich möchte wieder lachen können!!!

Im April habe ich eine Therapie wegen Anpassungsstörung (laut meiner Hausärztin) begonnen, bin jedoch seit Juli nicht mehr dort gewesen. 1. Habe ich nicht 100%ig mit ihr harmoniert und 2. ging sie 6 Wochen in Urlaub... so hat sich das eine mit dem anderen ergeben...
kormoran
Beiträge: 3276
Registriert: 29. Mai 2007, 21:56

Re: Ist das Leben?

Beitrag von kormoran »

hallo ladybird,

willkommen im forum!

das ist doch vertrackt, wenn es sich im leben nach viel schwierigem dann doch zu fügen scheint, man meint, jetzt könne man doch auch mal einfach glücklich sein ... und dann: wieder diese anhaltenden negativen gedanken, alles zu schwer

mit einer psychotherapie hat dich deine hausärztin wohl schon mal auf eine gute fährte gesetzt. die solltest du wieder aufgreifen! wenn es mit der bisherigen therapeutin nicht geklappt hat, dann versuche doch, eine neue zu finden. kläre erst mal ab, wie das mit abbruch einer therapie und neubeginn funktioniert.

sprich mit deiner hausärztin drüber. auf jeden fall brauchst du unterstützung. ob es mit der therapie allein klappt oder evtl. auch ein medikament hilfreich wäre, könnte vielleicht auch noch ein besuch beim facharzt klären.

bloß nicht weiter so dahintreiben! mit dem anmelden hier im forum hast du schon einen guten schritt gemacht.

ich wünsche dir einen guten austausch hier.

liebe grüße
kormoranin
 http://www.depressionsliga.de
*** zurück ins leben!
lowrider60sec

Re: Ist das Leben?

Beitrag von lowrider60sec »

>> negative Gedanken (im Sinne von: Job kündigen, Beziehung beenden>>
>> Super Job, super Freund.>>

Hallo ladybird,

Verstehe ich es richtig, eigentlich ist beides Super, dennoch kommen dir diese negativen Gedanken ?

LG
lowrider
Muliana
Beiträge: 6
Registriert: 20. Nov 2010, 08:14

Re: Ist das Leben?

Beitrag von Muliana »

Hallo Ladybird!

Ich als neue sage auch einfach mal willkommen hier im Forum.

Ich kann Dir soooooo nachfühlen. Es ist, als sprächest Du mir aus der Seele!

Liebe Grüße!
Kodiak
Beiträge: 428
Registriert: 3. Okt 2010, 16:55

Re: Ist das Leben?

Beitrag von Kodiak »

Hallo ladybird,

diese Wiedersprüchlichkeit in Deinem Leben hat wohl einen Grund. Den herauszufinden würde ich nicht allein dem Hausarzt und einer scheinbar quälenden Therapie überlassen. Vielleicht kann der Arzt Dich zu einem guten Psychiater überweisen. Eine gründliche Diagnostik ist die Grundlage für eine zielgerichtete Therapie. Natürlich kann auch der Psychologe versuchen, Deinem Problem auf den Grund zu gehen, aber wenn die Chemie zwischen euch nicht stimmt hast Du vermutlich Schwierigkeiten mit der Offenheit ihm gegenüber. Aus meiner Sicht und Erfahrung ist die aber sehr wichtig, denn nur daraus ergeben sich dann die Ansatzpunkte für eventuelle Strategien oder Veränderungen im Verhalten.
Funktionieren ist heute im Alltag und im Beruf manchmal einfach notwendig. Nur nicht ausschließlich. Wo bleiben dabei Deine Bedürfnisse? Vielleicht kann man neue entdecken oder verschüttete wieder neu beleben. Es sind dann nicht immer nur große Dinge, manchmal ganz kleine und einfache. Doch einwenig Farbe und Licht in den Tag zu legen, tut schon mal gut.
Wenn man depressiv ist, liegt das nicht immer daran, dass man etwas vermißt. Man kann schon alles haben und fühlt sich trotzdem schlecht. Irgend etwas in uns sucht nach einem Grund. Vielleicht im Umfeld, privat oder beruflich. Doch bevor man anfängt da etwas zu verändern, sollte man zuerst an sich arbeiten. Wenn Du Dir etwas nimmst und es bringt nichts, das ist dann manchmal mehr als schade.
Ich wünsche Dir alles Gute auf Deinem Weg.

Liebe Grüße

Dietmar
ladybird
Beiträge: 11
Registriert: 21. Nov 2010, 10:28

Re: Ist das Leben?

Beitrag von ladybird »

Vielen lieben Dank für eure Antworten!

Eine Freundin von mir, hat mir einen guten Psychologen vorgeschlagen. Der nimmt keine neuen Patienten mehr auf. Wahnsinn!! Nun habe ich einen Termin im Klinikum (Psychologische Institusambulanz) - Termin 27.01.
Ich bin ja schon froh, das es nur 2 Monate Wartezeit sind! Anfang des Jahres habe ich mich bei diversen Psychologen auf die Warteliste schreiben lassen. Von denen habe ich bis heute noch keine Rückmeldung.

Ich habe nach wie vor starke Schwankungen. Mal geht es mir "normal", dann möchte ich einfach wieder ausbrechen und alles hinter mich lassen.

Ich habe mir ein Buch gekauft, das heißt "Liebe dich selbst und es ist egal wen du heiratest" Der Titel hört sich natürlich super bescheuert an. Nun habe ich die Hälfte des Buches bereits hinter mir und ich muss sagen, diese Autorin hat mit vielem Recht! Für unser Glück sind wir selbst verantwortlich und niemand um uns herum. Man muss an sich uns seinen Verhaltensstrukturen arbeiten. Was natürlich leichter gesagt ist, als getan...

Mittlerweile frage ich mich auch, ob Citalopram wirklich das richtige Mittel für mich ist.

Ach ich frage mich sovieles. Und eigentlich will ich nur meinen Kopf ausschalten.
ladybird
Beiträge: 11
Registriert: 21. Nov 2010, 10:28

Re: Ist das Leben?

Beitrag von ladybird »

Hallo ladybird,

Verstehe ich es richtig, eigentlich ist beides Super, dennoch kommen dir diese negativen Gedanken ?

LG
lowrider


Hallo Lowrider,

beides ist okay! Ich habe einen guten Job und verdiene gut sowie die Verantwortung über Kollegen/Mitarbeiter. Das treibt mich natürlich manchmal in den Wahnsinn, weil manche Mitarbeiter einfach ihren Kopf beim Arbeiten nicht einschalten, ABER das ist widerrum normal. Im Großen und Ganzen habe ich eigentlich meine Ruhe, die Geschäfte laufen gut.
In meiner Beziehung kann ich auch nicht viel motzen. Natürlich hat auch hier jeder seine Macken, ABER das empfinde ich widerrum als normal. Wir engen uns nicht ein, sind jedoch trotzdem füreinander da. Oftmals stelle ich mir die Frage, was in 10 Jahren ist. Was mache ich, wenn wir uns scheiden lassen? Was passiert dann mit den Kindern? Gedanken, die ich mir eigentlich nicht machen muss, denn weder sind wir verheiratet noch haben wir Kinder. Vielleicht kreisen auch einfach diese Gedanken, weil meine Eltern seit 45 Jahren die beschissenste Ehe führe die ich kenne. Null Kommunikation, keine Liebe, nur Hass...

Vielleicht liegt es auch einfach daran, dass ich lange Zeit eine Beziehungspause hatte (5 oder 6 Jahre). Angst vor zuviel Nähe, denn wenn man alleine ist, muss/kann man sich nur um sich selbst sorgen. Ich weiss es nicht...alles nur spekulation...
Susanne_Scherrer

Re: Ist das Leben?

Beitrag von Susanne_Scherrer »

Liebe Ladybird

willkommen auch von mir.
Schön, dass Du hier bist.

Du schriebst : "Vielleicht kreisen auch einfach diese Gedanken, weil meine Eltern seit 45 Jahren die beschissenste Ehe führe die ich kenne. Null Kommunikation, keine Liebe, nur Hass..."

...und meine Augenbrauen wanderten nach oben, weil es meinen Eltern genauso erging.
Alkohol, Wut, Hass, Kampf und Prügel..Intrigen...usw.

Und ich fragte mich ernsthaft, ob das eine Rolle spielen könnte in , vor und während meiner Depression.
meine Antwort für mich : ABER KLAR !!!

Das Buch dass Du liest von E-M Zurhorster ist sehr gut.
Ich fand mich dort auch wieder und dieses Buch öffnete in mir die Bereitschaft nach meiner Eigenliebe zu "fahnden".

Die ersten Jahre eines Kindes nennt man Grundsozialisierungsjahre.
Erlebt ein Kind in dieser Zeit extreme "Störungen" in der Familie, führt dies in den allermeisten Fällen zu psychischen Störungen !!

Also fing ich paralell dazu auch die "Arbeit" mit meinem innerern Kind an.
Das Buch " das Kind in uns " von John Bradshaw, hat mich wirklich überzeugt und mich tiefer in das Verstehen der frühkindlichen Prägungsprozesse geführt.

Ich kann Dir nur empfehlen bleib auf diesem Pfad....erkunde Dich, Deine Kindheit, Deine Verletzungen...überprüfe Deine alten Glaubenssätze und das was Dich prägte....

....aber bitte immer mit professioneller Hilfe.
Allein kann das schwierig werden.

Eine Depression kann man übrigens NICHT kriegen, wenn man schon "ALLES" hat...das ist ein grosser Irrtum!

Ich hatte ALLES : Geld, Haus Mann, Kind, Hund, Auto, Freunde,tolle Figur, finde mich hübsch und attraktiv, Selbstbewusstsein, Mut, Hoffnung,viele Reisen, Klamotten zum abwinken,einen tollen Job usw........aber im Aussen....mir fehlte ( und tut es noch heute bedingt ) eine Art Liebe ( oder DIE Liebe ), die mir sonst niemand geben konnte.
Selbstliebe,...und das hat nichts mit Narzissmus zu tun auch nicht mit Egoismus...sondern schlicht um ein urmenschliches Bedürfnis .

ich hoffe, Du wirst fündig !
LG
Sanne
Susanne_Scherrer

Re: Ist das Leben?

Beitrag von Susanne_Scherrer »

sorry..sollte heissen : eine Depression kann man SEHR wohl kriegen, wenn man schon "ALLES" hat.....

LG
Sanne
lowrider60sec

Re: Ist das Leben?

Beitrag von lowrider60sec »

>>Oftmals stelle ich mir die Frage, was in 10 Jahren ist. Was mache ich, wenn wir uns scheiden lassen? Was passiert dann mit den Kindern? Gedanken, die ich mir eigentlich nicht machen muss, denn weder sind wir verheiratet noch haben wir Kinder.>>

Hallo ladybird,

Genau ! Diese Gedanken musst du dir JETZT gar nicht machen, also versuche es zu lassen. Denn, auch wenn es sich NUR um Gedanken handelt - sie haben mehr Macht als wir wahrhaben.

Auch das GESTERN ist nicht mehr änderbar, die Beziehung deiner Eltern .... sieh das als abschreckendes Beispiel, lerne aus deren Fehler.

LG
lowrider
Susanne_Scherrer

Re: Ist das Leben?

Beitrag von Susanne_Scherrer »

JA, das Gestern ist vorbei!
das, was zählt ist das Heute !

Morgen weiss ich nicht, was genau passiert.

Eines aber weiss ich : Gefühle aus dem Gestern kann ich sehr wohl über Jahrzehnte mit mir herumschleppen.

Sie wüten im Innern weiter oder schlummern vor sich hin, bis ein Trigger sie wieder aktiviert...im schlimmsten Fall bis zur Psychiose...( kann, muss aber nicht)

Meine Depression brach aus, als ich nach einer Trennung mit dem Allein-sein und der Übernahme von meiner eigenen Lebensverantwortung konfrontiert war. ( das wusste ich mit "grünen" 21 natürlich noch lange nicht)und ich so an mein dauerndes Verlassen werden und nicht geliebt werdens durch meine Eltern ( ich hab ihnen heute verziehen) erinnert, getriggert wurde.

Meine Sicherheit ging wie damals verloren...ich fühlte mich verlassen und einsam..wie damals..
Ich konnte viele dieser verschütteten Gefühle entdecken und endlich zulassen, was ALLE Gefühle schlussendlich wollen : gefühlt werden.

Wozu sind sie sonst da ??

LG
Sanne
wennfrid
Beiträge: 799
Registriert: 15. Feb 2010, 08:01

Re: Ist das Leben?

Beitrag von wennfrid »

Hi Ladybird
Durch materielle Werte ist man weder abgesichert, noch führen sie zu einem gelassenen, erfüllten Leben. Sie gehören in die Kathygorie "Habensmentalität." Das Gegenteil, die "Seinsmentalität" macht zufrieden. Dazu gehören spirituelle Ansichten, der Glaube an eine höhere Macht, (nicht mit der Kirche verwechseln)Durch Respekt, Achtung und Anerkennung der eigenen Persönlichkeit und auch der Anderen Persönlichkeiten kommt Zufriedenheit. Alles nicht so einfach.
Viel Kraft und Energie

Fridolin
ladybird
Beiträge: 11
Registriert: 21. Nov 2010, 10:28

Re: Ist das Leben?

Beitrag von ladybird »

Vielen Dank für all eure lieben Antworten! Mit soviel "Fürsorge" habe ich hier gar nicht gerechnet!

Ich merke, wie ich mich mehr und mehr verkrieche. Habe es dieses Wochenende geschafft, gerademal 2 Stunden aus dem Haus zu gehen. Ansonsten lag ich wirklich nur auf dem Sofa rum. Mein Freund ist drei Wochen nicht zu Hause. Gestern habe ich ihn wirklich sehr vermisst! Aber ich bin in all meine alten Essgewohnheiten verfallen. Essen bis mir schlecht wird (allerdings ohne Übergeben). Habe das Buch "Liebe dich selbst...." fast du Ende gelesen und mir nun direkt die andere Buchempfehlung bestellt!

Ich weiß, das ich mich unglücklich und einsam fühle. Aber das nur ich selbst aus dieser Misere rauskomme. Der Anfang ist jedoch so schwer. Und was ist richtig? Was ist überhaupt richtig? Soll ich mit Sport anfangen?
Ich merke außerdem nach und nach, wie ich Kommunikation zurückschraube. Kommunikation zu meiner Außenwelt. Am liebsten würde ich den ganzen Tag zu Hause bleiben und nichts tun. Aber das kann nicht der Sinn des Leben sein! Ich brauche einen riesengroßen Tritt in den Hintern - aber wahrscheinlich von mir selbst. ICH weiss, ICH muss etwas ändern. Das Leben lieben lernen, mich lieben lerne. Aber wo fange ich da an?
lowrider60sec

Re: Ist das Leben?

Beitrag von lowrider60sec »

Hallo ladybird,

>> Ich brauche einen riesengroßen Tritt in den Hintern - aber wahrscheinlich von mir selbst>>

Genau DAS hat bei mir geholfen, aber leider funktionniert das auch nicht auf Knopfdruck.
Du darfst dir auch nicht zuviel auf einmal vornehmen - 2 Stunden draussen finde ich persönlich schon sehr sehr gut !!

LG
lowrider
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