Depression auch durch Beziehung?

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Vonhinz
Beiträge: 15
Registriert: 11. Jan 2010, 11:16

Depression auch durch Beziehung?

Beitrag von Vonhinz »

Guten Tag zusammen,
ich möchte eine Frage in die Runde werfen, die mich schon seit im Grund fast 10 Jahren beschäftigt, meine Depression dauert jetzt 18 Monate. Welche Auswirkung oder Einfluss hat meine Beziehung darauf, dass ich in die Depression reingerutscht bin und jetzt nicht wieder herauskomme. Schilderung: Mit meiner Frau bin ich seit 13 Jahren zusammen, hatte mich von Ihr für ein paar Monate im Jahr 2001 getrennt, bin aber dann zu ihr zurückgekehrt weil ich auf Grund Ihrer Situation nur noch Mitleid empfunden habe. Allerdings war mir schon nach 2 Wochen wieder klar, dass es eine absolut falsche Entscheidung war. Habe mich aber nicht mehr getraut die Beziehung erneut zu beenden. Jetzt sind wir verheiratet und zwei Kinder sind da. Aber in den letzten Jahren habe mich fast jeden Tag damit beschäftigt, was nur wäre wenn ich eine andere Frau gefunden hätte. Ich war einfach nicht glücklich, habe aber aus "Vernunft und Mitleid" alle Gefühle immer wieder weggedrückt. War im Grunde ständig auf der Flucht. Und jetzt? Jetzt komme ich aus der Sache nicht mehr raus, da ich meine Kinder über alles Liebe und diese nicht im Stich lassen will. Auch meiner Frau kann ich das nicht antun, da Sie wahrscheinlich daran zerbrechen würde. Und das es mir danach besser geht, dafür gibt es auch keine Garantie. Aber ich suche halt verzweifelt nach einem Weg aus der Depression. Natürlich gibt es auch noch ein paar andere Ursachen, aber das ist halt der Gedanke der mich nicht mehr los lässt. Hat einer eine Meinung oder Erfahrungen hierzu?
anna54
Beiträge: 3713
Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: Depression auch durch Beziehung?

Beitrag von anna54 »

Hallo Walter

Die Fragen,die du dir da stellst,wären sicher gut bei einem fachlichen Therapeuten zu klären.
Wenn du noch keinen Therapeuten hast,kannst du auch bei Caritas-Diakonie-oder anderen Trägern eine Beratung bekommen.
Während der Krankheit Depression sollte man keine voreiligen Entscheidungen wie Trennung,Umzug oder Kündigung treffen.
Hol dir fachlichen Rat,aber letztlich wird dir nur Ehrlichkeit über deine Gefühle helfen.
Ich selbst habe während einer akuten Krise oft das Gefühl meine schwierige Ehe sei der Grund allen Übels,aber in guten Zeiten kann ich akzeptieren,dass in einer langen Ehe Veränderungen normal sind und ich will nicht
allein leben.
Wenn du sicher bist, aus Mitleid deine Frau geheiratet zu haben,dann kläre euer Verhältnis. Alle guten Wünsche anna54
otterchen
Beiträge: 5118
Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: Depression auch durch Beziehung?

Beitrag von otterchen »

Lieber Walter,

wie gut ich das nachvollziehen kann...

Aber:

Du selbst gehst vor die Hunde.
Und Du glaubst, nur durch das Ausharren in dieser Situation etwas "sichern" zu können, was sonst zerfällt: den Kontakt zu den Kindern, das Wohlbefinden Deiner Frau.

Was ICH diesbezüglich gelernt habe:
nur aus den richtigen Gründen eine Beziehung einzugehen
wer A sagt, muss nicht unbedingt auch B sagen
man darf seine Meinung ändern
man darf (muss sogar, für das eigene Wohlbefinden) sich von anderen Menschen trennen

Ich glaube aber nicht, dass Deine Frau der Depressionsauslöser ist, sondern ein Mangel an oben genannten Fähigkeiten.
Wie drücke ich das jetzt verständlich aus? Hm.
Dieses Dilemma könnte Dir mit einem anderen Menschen auch passiert sein... vielleicht nur etwas später.

Eine Beziehung zu einem Menschen "aus den falschen Gründen" einzugehen - das habe ich auch mal gemacht... und sehr bereut. Es bringt aber nicht viel, sich deswegen zu zerfleischen, sondern es geht darum, zu lernen, wie man es besser machen kann.

Aus Vernunft und Mitleid die Gefühle wegzudrücken... wie mag es jetzt in Dir aussehen? Gefühle müssen verarbeitet werden, wollen gefühlt werden - aber das weißt Du sicher.

Aber ich glaube, Du kommst aus dieser Sache heraus: wieso sollte es - im Falle einer Trennung, die ich jetzt einfach mal voraussetze - dazu kommen, dass Du Deine Kinder gar nicht mehr siehst? Väter haben Rechte.

Auch meiner Frau kann ich das nicht antun, da Sie wahrscheinlich daran zerbrechen würde.
Das sehe ich anders...
Ja, im ersten Moment scheint es so. Das ist kürzlich mit einer Freundin passiert. Sie hat lange gebraucht, bis sie das verarbeitet hat. ABER: ihr geht es jetzt besser als vorher in ihrer Ehe! Sie war lange Zeit nicht offen dafür, aber jetzt erkennt sie, was sie während ihrer Ehe alles NICHT bekommen hat, und das holt sie jetzt in kleinen Schritten in ihr Leben.

Da Du diese Grundeinstellung zu Deiner Frau hast, wird sie sicher auch nicht all das von Dir bekommen, was sie sich ersehnt - und sie hätte dann die Möglichkeit, sich dies zu holen.



Du suchst einen Ausweg aus der Depression - ich will doch holfen, dass Du eine Therapie machst?
Eine VT z.B. kann Dich unterstützen bei Deinen vor Dir liegenden Schritten und Dich begleiten in schwierigen Phasen.

Du trägst keine Verantwortung für Deine Frau, auch wenn Du das glaubst. Sie ist für ihr Glück selbst zuständig (und ich tippe mal blind darauf, dass sie ihr Streben nach Glück auf Deine Schultern gepackt hat und kaum schaut, dass sie auch außerhalb Eurer Ehe einen Rückhalt, Kraftquellen und emotionale Stabilität bekommt - aber das ist nur so ein Gedanke von mir, der nicht stimmen muss).

Was bleibt?
Hol Dir Unterstützung.
Ob Du dort lernst, Deine Frau zu lieben und eine tolle Ehe zu führen? Das will ich nicht ausschließen, glaube ich aber nicht.
Du könntest dort aber Unterstützung und Rückhalt bekommen, und mit etwas Mut, Kraft, Offenheit und Lernwillen kannst Du zu Dir selbst finden, lernen nein zu sagen und endlich das tun, was sich für Dich richtig anfühlt.

mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
wennfrid
Beiträge: 799
Registriert: 15. Feb 2010, 08:01

Re: Depression auch durch Beziehung?

Beitrag von wennfrid »

Hi Walter
Ich denke, daß deine Lebensumstände einen großen Einfluß auf deine seelische Stimmung hat. Die Ehe weiterführen, wegen Vernunft und Mitleid, nimmt beiden Partnern die Möglichkeit einer erfüllten Leben zu haben.
Ich denke weiter, niemand ist für das Wohlbefinden und Stimmung eines anderen Menschen zuständig. Dies liegt allein bei jedem Einzelnen selber. Allerdings bleibt bei einer Trennung ein verletzter Partner zurück, somit wäre dieser Schritt nicht ohne negativen Beigeschmack.
Meine Meinung
Viel Kraft und Energie

Fridolin
lowrider60sec

Re: Depression auch durch Beziehung?

Beitrag von lowrider60sec »

>>Aber in den letzten Jahren habe mich fast jeden Tag damit beschäftigt, was nur wäre wenn ich eine andere Frau gefunden hätte.>>

Hallo Walter,

Mit einer anderen Frau wäre es ebenso abgelaufen. Spätestens nach 3 Jahren wäre die Phase des Verliebtseins vorbei gewesen, und der Alltag hätte euch eingeholt.

Suche nach positiven Aspekten, die für eine Aufrechterhaltung der Beziehung sprechen (abgesehen von den Kindern) - findest du keine, bleibt immer noch die Möglichkeit der Paarberatung.


LG
lowrider

Ich gehöre zu den Menschen, die auch B sagen wenn sie A gesagt haben.
wennfrid
Beiträge: 799
Registriert: 15. Feb 2010, 08:01

Re: Depression auch durch Beziehung?

Beitrag von wennfrid »

Hi Walter
Ich nochmal
Eine neue Liebe wirkt auch nur begrenzt. Ich sehe es genauso, wie mein Vorschreiber. Nach ein paar Jahren beendet der Alltag die Euphorie. Das gibt es auf jedenfall zu bedenken.
Viel Kraft und Energie

Fridolin
Vonhinz
Beiträge: 15
Registriert: 11. Jan 2010, 11:16

Re: Depression auch durch Beziehung?

Beitrag von Vonhinz »

Vielen Dank für Eure Antworten! Vorne weg, ich bin seit März diesen Jahres in ambulanter Therapie. Vorher hatte ich noch 2 Klinikaufenthalte a 6 Wochen gebucht. Das Thema habe ich natürlich auch schon mit meiner Therapeutin besprochen. Sie sagt im Grunde das Gleiche was die verschiedenen Antworten auf meine Ausgangsfrage wiedergeben. Und mir ist auch völlig bewusst, dass auch eine neue Liebe nach spätestens 3 Jahre in einen Zustand des alltäglichen führt. Vielleicht aber wäre ein anderes Grundverständnis von dem Thema "Beziehung" dann gegeben. Meine Frau gibt mir mehr oder weniger zu verstehen, dass ich für ihr Glück im Leben zuständig bin. Aber das kann man nicht auf Dauer sein, da man sich sonst selber sehr oft verleugnen muss. Ich bin immer ein sehr aktiver, offener, umtriebiger und lebenslustiger Mensch gewesen. Hatte in der Beziehung aber immer das Gefühl gefangen zu sein. Und damit begann auch vor einigen Jahren der schleichende Prozess in die Depression, bis sie dann im Juli 2009 richtig ausbrach. Es gibt sicherlich auch noch weitere Gründe, extreme Sensibilität, Ängste um die Kinder, Ängste generell, bei den Geburten noch nicht Reif für das Thema Kinder zu sein. Aber ich das Alles mitgemacht (Hochzeit, Kinder, Einschränkung meiner Aktivitäten) um meiner Frau ihre Vorstellungen zu erfüllen. Das ist kein Vorwurf an meine Frau, denn nur ich hätte diese Dinge durch eine klare Position verhindern können. Letztendlich hat meine Therapeutin wohl recht, in dem Sie sagt:"Sie können morgen ausziehen, oder sie machen es sich so gemütlich wie möglich in ihrer akutellen Beziehung". Kurz gesagt: Entscheidung treffen und dann keine Wort mehr darüber, da auch hier wieder nur meine Entscheidung relevant ist. Es ist irgendwie ein Hamsterrad. Aber trotzdem ist die Sehnsucht groß mal endlich eine richtige Liebe zu erleben, und nicht nur einen Kompromiss. Allerdings ist die Sehnsucht nach einem Leben ohne Depression das Ziel für alle Handlungen die ich Unternehme. Man sucht halt händeringend nach der "Erlösung".
bradforhelp
Beiträge: 344
Registriert: 11. Nov 2009, 13:55

Re: Depression auch durch Beziehung?

Beitrag von bradforhelp »

Hallo,

ich glaube, dass es fast nicht möglich ist, in seiner Beziehung zu bleiben, wenn man ständig daran zweifelt. Eine Beziehung, die nicht erfüllend ist, kann sich doch nicht positiv auf einen Zustand auswirken. Damit meine ich nicht, den Zustand, der Eintritt, wenn man die rosarote Wolke verlässt. Dann zeigt sich m.E. erst, wie viel Bestand eine Beziehung hat. Nur wenn man sich in schweren Phasen aufeinander verlassen kann, hat eine Beziehung Bestand. Wie sollten man schwere Zeiten, die es bestimmt in jeder Beziehung gibt, durchstehen, wenn man nicht die guten Momente erlebt, die eine Beziehung tragen.
Ich glaube auch, dass du den Bedürfnissen deiner Frau nicht gerecht werden kannst. Mitleid ist keine Basis für ein gemeinsames Leben.
Deine Situation ist schwierig und ich glaube, deine Therapeutin hat Recht. Du stehst vor einer Entscheidung.
Diese erfordert Mut. Dass eine so gewichtige Entscheidung nicht von heute auf morgen getroffen werden kann macht es nicht gerade leichter.
Könntest du dir vorstellen, mit deiner Frau eine Paartherapie zu machen? Ich kann dir dazu raten.

brad
"In den Tiefen des Winters erfuhr ich schließlich, dass in mir ein unbesiegbarer Sommer liegt."

Albert Camus
lowrider60sec

Re: Depression auch durch Beziehung?

Beitrag von lowrider60sec »

>> Ich bin immer ein sehr aktiver, offener, umtriebiger und lebenslustiger Mensch gewesen.>>

Hallo Walter,

Falls dich deine Frau SO kennengelernt hat, dann kommt sie auch damit klar wenn du wieder zu dem wirst was du warst.

lg
lowrider
Susanne_Scherrer

Re: Depression auch durch Beziehung?

Beitrag von Susanne_Scherrer »

Hallo, lieber Walter

Du schriebst :

"Vielleicht aber wäre ein anderes Grundverständnis von dem Thema "Beziehung" dann gegeben. Meine Frau gibt mir mehr oder weniger zu verstehen, dass ich für ihr Glück im Leben zuständig bin. Aber das kann man nicht auf Dauer sein, da man sich sonst selber sehr oft verleugnen muss."

Ich denke nicht, dass ein anderes Grundverständnis zum Thema Beziehung durch eine neue Beziehung gegeben bzw erschaffen wird.
Ich bin auch nicht für das Glück eines Anderen zuständig und verleugnen tue ich mich immer selber, solange ich unehrlich bleibe....zu mir und zu anderen.
Wenn ich meine Bedürfnisse nicht wahrnehme, nicht befriedige, sie verleugne oder verdränge, dann bin ich unzufrieden.
Und das wirkt sich auf mein Umfeld aus...niemand wird davon verschont...nicht der Ehepartner, nicht die Kinder...es wirkt sich auf die Arbeitststelle aus, die Freunde, die Nachbarn und nicht zuletzt auf die Gesundheit.

Wie will ich dabei genesen???
LG
Sanne
khw
Beiträge: 4
Registriert: 17. Nov 2010, 14:23

Re: Depression auch durch Beziehung?

Beitrag von khw »

Lieber Walter,

ich habe in einer depressiven Episode vor zwei Jahren meine Frau verlassen, weil ich Sie für meine Krankheit mitverantwortlich machte und weiß jetzt, dass das ein riesengroßer Fhler war. Wir Depressive haben eine erhebliche Erwartungshaltung an unsere Partner, ohne eine entsprechende Gegenleistung geben zu können und so kommt es natürlich in Beziehungen zu erheblichen Spannungen. Hier gilt es Beratung zu suchen, an der beide teilnehmen und die beiden Partnern die Augen öffnen kann für ihre gegenseitigen Verstrickungen. Auch ich habe die Erfahrung gemacht, dass neben dem normalen therapeutischen Angebot für Depressive eine Paarbereitung z.B. bei der Caritas durchaus kurzfristig zu bekommen ist und eine erste Hilfe darstellen kann.

Alles Gute
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