"Rückfall" durch Umzug?!

Antworten
Funksignal
Beiträge: 9
Registriert: 22. Jul 2010, 22:28

"Rückfall" durch Umzug?!

Beitrag von Funksignal »

Hallo alle zusammen!

Ich habe schon oft hier im Forum gelesen, meistens aber nie den Mut gehabt selbst etwas beizutragen..denn trotz der hier gegebenen Anonymität fällt es mir immer noch schwer über das Thema Depression zu reden.

Ich habe schon verschiedene Medikamente genommen (momentan nehme ich gar keine, habe sie schon vor längerem unter ärztlicher Aufsicht "ausschleichen" lassen) und eine Therapie gemacht. Natürlich bin ich immer mal wieder in meine alten Verhaltensmuster gefallen und hatte auch mal schlechte Phasen, aber im großen und ganzen ging es mir in der letzten Zeit nicht schlecht.
Doch jetzt ist alles anders.
Ich habe mich dazu entschlossen ein Studium aufzunehmen. Wobei..alle (Freunde, Familie und vor allem Arbeitgeber und Kollegen) haben mir dazu geraten. Also habe ich es mehr gemacht, weil man es von mir erwartet hat. Für das Studium musste ich nun letzte Woche ca. 200 km von meinem Wohnort wegziehen. Und seit ich hier bin will ich nur noch weg.
Bestimmt ist auch etwas Heimweh dabei, aber ich habe das Gefühl ich falle wieder richtig Tief in die Depression hinein.
Es fängt an mit Einschlafstörungen über einem Druck auf der Brust, ständige Übelkeit, ich habe einen Kloß im Hals und kann kaum Essen, ich bin total ängstlich und gehemmt und denke die ganze Zeit nur noch ans Fortlaufen. Unter Menschen versuche ich irgendwie noch ein normales Verhalten an den Tag zu legen, aber sobald ich in meiner Wohnung bin habe ich regelrechte Heulkrämpfe.
Ich kenne hier niemanden und schaffe es auch an der Uni irgendwie keinen Anschluss zu finden. Ich versuche ja mir Mühe zu geben, aber ich bekomme es einfach nicht hin ein fröhliches und lockeres Gespräch anzufangen.

Ich weiß nicht was ich noch tun soll: wie soll ich denn weiter leben? Jeder ist doch enttäuscht von mir wenn ich jetzt abbreche und zurück kommen will, im Lebenslauf sieht das alles schlecht aus, meine Kollegen werden mich für eine totale Versagerin halten, meine Familie und Freunde sowieso.. - also kann ich nicht zurück.
Aber hier komme ich auch nicht klar.
Ich weiß einfach nicht mehr weiter.

Vielleicht war einer von Euch schon in einer ähnlichen Situation und kann mir irgendeinen Rat geben?!

Wünsche Euch allen einen schönen Abend...
skf
Beiträge: 6
Registriert: 30. Sep 2010, 12:12

Re: "Rückfall" durch Umzug?!

Beitrag von skf »

Hallo Funksignal,

ich kann sehr gut verstehen wie Du Dich fühlst - mir geht es, mal wieder, ähnlich.

Kurz zu mir: Ich habe während meines Studiums zum ersten Mal meine Heimatstadt verlassen, um ein Praktikum in einer anderen Stadt zu machen. Ich war 6 Monate lang 500km von 'zu Hause' weg und obwohl ich immer wieder zu Wochenendbesuchen nach Hause gekommen bin und 6 Monate eine absehbare Zeit waren, fiel mir diese Zeit nicht sehr einfach.

Zurück in der Heimat bin ich ein tiefes Loch gefallen - ich habe den Weggang nicht richtig verkraftet, so dass bei mir eine Depression festgestellt wurde, ich ein dreiviertel Jahr in Therapie war und auch Medikamente genommen habe. Trotz dieser Diagnose habe ich ein Jahr später den Schritt gewagt für ein halbes Jahr ins Ausland zu gehen, wieder für ein Praktikum, nur diesmal 8000km weit entfernt. Um es dezent auszudrücken: Es ging mir besch... Die ersten Tage habe ich ständige Heulattacken gehabt und wäre lieber früher als später wieder in den Flieger zurück nach Hause gestiegen. Ich hatte schreckliches Heimweh, aber da war noch mehr als nur Heimweh: Da war wieder dieses Loch, nur diesmal war ich allein, ohne Partner, Familie, Freunde, Therpeut, die mich auffangen konnten. Ich habe Unmengen an Telefonaten geführt und nichts hat geholfen. Ich hatte dieselben Gedanken wie Du: Du kannst nicht aufgeben, was denken dann die anderen von Dir, Du würdest als Versager darstehen, usw. Diese Gedanken sind mir ständig durch den Kopf gegangen und es wurde eigentlich erst besser, als meine Eltern mir gesagt haben, dass ich jederzeit nach Hause kommen kann, wenn es mir nicht gut geht. Zur Not auch gleich morgen früh... Das hat mir so sehr geholfen, zu wissen, dass ich nicht versage, wenn ich diesen Auslandsaufenthalt nicht schaffe, sondern das es menschlich ist, etwas auch mal nicht zu 'schaffen' Als dann auch noch meine Schwester für ein paar Wochen später ihren Besuch ankündigte, hatte ich einen Hoffnungsschimmer am Horizont und habe mir vorgenommen durchzuhalten, bis sie wieder weg ist und dann zu schauen wie es mir geht. Ich habe die 6 Monate tatsächlich durchgehalten und muss im nachhinein sagen, dass es mit die beste Erfahrung in meinem Leben war und ich auf nichts hätte verzichten wollen.

Zurück in Deutschland bin ich mit meinem heutigen Mann in eine Stadt 200km entfernt von meiner Heimatstadt gezogen und habe mich dort in den 3 Jahren,die wir dort verbracht haben, sehr wohl gefühlt und dort ein neues zu Hause gefunden. Medikamente nehme ich auch nicht mehr, es hat sich wirklich alles zum Positiven entwickelt und es ging mir gut. Bis wir vor kurzem wieder umgezogen sind... Seit wir in der neuen Stadt weg sind, in einer neuen Stadt, einer neuen Wohnung, einem neuen Leben, geht es mir gar nicht mehr gut - ich bin wieder in ein ziemlich tiefes Loch gefallen. Dazu muss man sagen, dass sich abgesehen vom Umzug auch noch viele andere persönliche Dinge in meinem Leben verändert haben (Job, Familiensituation), mit denen ich erst mal klar kommen muss. Wobei ich das alles vielleicht besser verkraftet hätte, wäre ich in gewohnter und vertrauter Umgebung. Ich fühle mich in unserem neuen Leben so unwohl, dass ich am liebsten weglaufen würde - ich kann also Dein Gefühl sehr gut nachempfinden. Und ich denke, dass es völlig normal ist, wie Du (und ich) empfinden: Du hast Dein bisheriges Leben hinter Dir gelassen, etwas Neues begonnen und das erfordert viel Kraft und Mut. Ich habe immer eine echte Trauer verspütr, wenn sich etwas in meinem Leben grundlegend verändert hat, und das muss man zunächst mal verarbeiten und verkraften. Da ist es völlig verständlich, dass Dir die Kraft fehlt neue Kontakte aufzubauen. Ich denke, Du darfst Dir Traurigkeit zugestehen und auch Angst davor, was alles auf Dich zukommt, denn nichts macht so Angst wie Ungewissheit.

Dieses Studium, dieser neue Lebensabschnitt ist natürlich auch eine riesengroße Chance für Dich und vielleicht machst Du eine ähnliche Erfahrung wie ich im Ausland und sagst im Nachhinein, dass Du all diese Erfahrungen nicht missen möchtest. Da ich aber weiß, wie erdrückend dieses Gefühl ist, dass Du wahrscheinlich verspürst, möchte ich Dir auch sagen, dass es keine Schande ist, wenn Du es dort einfach nicht mehr aushälst. Ich denke, man hat nur ein Leben und sollte darin glücklich werden oder zumindest zufrieden sein. Wenn Du merkst, dass es einfach nicht mehr geht, dann tue die Dinge, bei denen Du Dich besser fühlst. Und wenn das bedeutet alles hinzuschmeissen und Dein 'altes' Leben wieder aufzunehmen, na dann ist es genau das was das Richtige für Dich ist. Du bist kein Versager, wenn Du etwas nicht schaffst und ich weiß zwar nicht, wie Dein Verhältnis zu Deiner Familie und Deinen Freunden ist, aber wenn Du ihnen erklärst, wie es Dir geht, wird Dir sicher keiner Vorwürfe machen oder Dich dafür verurteilen. Wie würdest Du reagieren, wenn es einem Familienmitglied oder Freund so gehen würde? Na siehst Du, wenn man jemandem wichtig ist, dann zählt nur, wie es dieser Person geht und nicht was sie tut. Vielleicht wird es Kollegen oder Bekannte, d.h. Personen die Dir nicht so nahestehen, geben, die Deine Entscheidung nicht verstehen werden, aber im Endeffekt zählen diese Meinungen nicht, denn es ist Dein Leben und es ist wichtig wie es Dir dabei geht. Vielleicht gibst Du Dir noch etwas zeit und schaust wie es Dir mit der Option, zurürckzukehren geht. Oder wie es Dir mit der Option geht etwas ganz anderes zu machen. Geh alle Optionen gedanklich durch und ich bin mir sicher, bei allen Optionen wird es eine geben, bei der Du merkst, wie Du innerlich entkrampfst, mit der es Dir gedanklich besser geht. Vielleicht brauchst Du auch nur diese Option, diese gedankliche Freiheit und Flexibilität, dass es eine Lösung gibt, als da zu bleiben, wo Du gerade bist. Und vielleicht wirst Du es dann schaffen Dich in Dein neues Leben einzugewöhnen. Und wenn nicht, dann ist es auch nicht schlimm...

Ich habe auch einige Wochen gebraucht um überhaupt herauszufinden, was mit mir los ist. Ja, natürlich, da ist Heimweh, nach meiner alten Wohnung, nach meinem alten Leben, ich habe aber auch herausgefunden, dass ich da, wo ich jetzt bin, nicht glücklich werdeb kann, dass es einfach nicht zu mir passt, hier zu leben. Zum Glück ist meine 'alte' Heimatstadt nur 40km entfernt, so dass mein Mann und ich uns trotz einer längeren Anfahrt zur Arbeit (die wir jetzt nicht haben) dazu entschieden haben, in meine alte Heimatstadt zu ziehen. Dort werde ich wieder in gewohntem Umfeld leben und gedanklich hoffentlich etwas zur Ruhe kommen, um auch die anderen Veränderungen in meinem Leben anzupacken und zu verarbeiten. Auch dieser Entschluss war nicht leicht, da wir erst ein paar Wochen in der neuen Wohnung wohnen , hier Zeit bei der Renovierung und Geld für den Umzug investiert haben. Aber schließlich zählt das alles nicht, wenn es mir und damit auch meinem Mann nicht gut geht. Ich möchte mich in meinem Leben nicht quälen müssen, sondern es soweit wie möglich genießen. Zum Glück habe ich die volle Unterstützung von meinem Mann und meiner Familie und auch meinen engsten Freunden. Ich hoffe, dass Du das auch hast.

Hoffentlich konnte ich Dir mit meinem Bericht, meinen Erfahrungen und ein paar Tipps etwas weiterhelfen. Vielleicht fühlst Du Dich ja auch schon ein wenig besser, weil Du weißt, es geht auch anderen so wie Dir. Wann immer Du magst, schreib zurück - wir können ja ein wenig in Kontakt bleiben, wenn Dir das hilft.

Viele aufbauende Grüße vom Heimwehtiger
elas
Beiträge: 2102
Registriert: 12. Mär 2009, 16:50

Re: "Rückfall" durch Umzug?!

Beitrag von elas »

Guten Morgen Funksignal,

da hast Du Dich also auf den Weg gemacht zum Studium, und in eine andere Stadt, sicherlich in eine größere,sonst gäbs ja keine Studienmöglichkeiten.

Jetzt weiß ich nicht, bist Du jünger, oder schon älter.

Aber auf jeden Fall bist Du jetzt das erste Mal aus Deiner bisher gewohnten Umgebung weg.

Ich denke, ganz allgemein, ist so ein Neustart nicht immer leicht.
Man hat Heimweh, man hat noch nicht die neuen guten Beziehungen. Man fühlt sich manchmal einsam.
Alles ist fremd und neu.

Wer nun zu Depris neigt, da kann sich eventuell wieder eine Symptomatik einschleichen.

Aber: Ich möchte auch Mut machen an dieser Stelle.
Ein Neuanfang birgt Probleme. Und es muss Einiges bewältigt werden.
Aber: ein Neuanfang ist auch eine riesige Chance, andere Menschen kennenzulernen, selber zu wachsen, wenn auch unter Schmerzen , über ein Studium den eigenen geistigen Horizont erweitern etc.

Übergangsphasen im Leben sind nie leicht.

Aber, sie tragen auch zur Entwicklung unserer Person bei.

Und: diese ganzen Probleme des Übergangs, die legen sich dann auch wieder, wenn man sich eingewöhnt hat in die neue Umgebung, und neue Freunde und Bekannte gefunden hat.

Ich möchte Dir Mut machen, diese schwierige Zeit durchzustehen. Und nicht gleich aufzugeben.

Z.B. braucht das Beziehungen_Knüpfen auch schlichtweg Zeit, einfach Zeit. Da ergibt sich schon Vieles dann wieder.


Dies alles erzählt Dir eine Frau, die schon etliche Veränderungen bewältigt hat in ihrem Leben, mal besser, mal schlechter.

Im MOMENT, bin ich ja auch wieder im Umbruch, und das mit den Depris ist minimal, weil ich einfach innerlich auch auf viele bewältigte Veränderungen zurückgreifen kann.
Und das ganz ohne Psychotherapie.

Leben ist nie Stillstand, Leben ist Entwicklung und will nach vorwärts gelebt werden.


Herzlich
elas
________________________________

Der Weg ist das Ziel



Lebensringe sind auch Themenringe
Funksignal
Beiträge: 9
Registriert: 22. Jul 2010, 22:28

Re: "Rückfall" durch Umzug?!

Beitrag von Funksignal »

.
Funksignal
Beiträge: 9
Registriert: 22. Jul 2010, 22:28

Re: "Rückfall" durch Umzug?!

Beitrag von Funksignal »

Guten Abend ihr Beiden,

vielen Dank für Eure netten und langen Antwort
Es tut gut zu lesen, dass ihr in ganz ähnlichen Situation wart - und sie gemeistert habt.

Ich denke ich werde mir eure Ratschläge zu Herzen nehmen und wirklich versuchen einmal über alle Optionen, die ich habe, nachzudenken. Leider weiß ich, dass meine Familie nicht hinter mir steht, wenn ich zurück kommen möchte...für sie ist das ganze eine Flucht, der einfachste Weg. Ich soll mich nicht so anstellen, mich zusammen reißen. Naja obwohl das "zusammen reißen" leichter gesagt ist als getan.
Aber ich werde versuchen nicht aufzugeben..mein Freund hat gesagt, ich kann jederzeit zurück kommen. Er würde hinter mir stehen. Vielleicht hast du Recht und ich sollte versuchen das im Hinterkopf zu behalten, dann meistert sich das ganze hier eventuell leichter.

@Heimwehtiger: Ich finde es toll dass dein Mann so hinter dir steht und mit dir den Schritt zurück geht! Denn genau das was du sagst (ihr habt viel Geld und Zeit in den Umzug/die Renovierung investiert) ist auch einer der Punkte wo ich dauernd denke "Deine Eltern und dein Freund haben dir so viel beim Umzug geholfen um dir hier ein gemütliches Reich zu schaffen, du kannst sie nicht enttäuschen das alles umsonst war.".
Naja, mal abwarten wie es jetzt weiter geht.
Ich denke einfach zu viel daran was andere denken, dass wurde mir auch dauernd in der Therapie vor Augen geführt, aber ich habe wohl nicht wirklich geschafft es abzulegen.

Viele Grüße an Euch.
anna54
Beiträge: 3713
Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: "Rückfall" durch Umzug?!

Beitrag von anna54 »

Eltern haben die Pflicht ihren Kindern alle Unterstützung und Rückhalt zu geben.Wenn sie das nicht können,ist das bitter für die Kinder.Schade. Ich bewundere dich. anna54
Funksignal
Beiträge: 9
Registriert: 22. Jul 2010, 22:28

Re: "Rückfall" durch Umzug?!

Beitrag von Funksignal »

Mein Freund hatte gestern Abend ein sehr langes Gespräch mit meinen Eltern. Danach haben sie mich angerufen, sie können das ganze jetzt wohl besser verstehen und haben genau das gleiche gesagt wie damals die Eltern von Dir, Heimwehtiger. Das ich jederzeit zurück kommen kann - und seit ich das weiß, geht es mir wirklich ein klein bisschen besser.
Ich fühle mich trotzdem noch sehr, sehr einsam und unglücklich hier. Aber jetzt, wo ich weiß, dass ich jederzeit zurück kann, ohne Vorwürfe zu hören, sind irgendwie diese Versagensängste nicht mehr ganz so groß..
Ich habe außerdem mit meiner Psychologin gesprochen, die mir die Angst genommen hat, zum psychologischen Dienst der Uni zu gehen. Dort wird man mir sicher auch weiter helfen.

Hier ist es gerade stark bewölkt, aber es schaut an einer Stelle ein kleiner Sonnenstrahl durch die Wolkendecke. Das passende Wetter zu meiner Gefühlslage
anna54
Beiträge: 3713
Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: "Rückfall" durch Umzug?!

Beitrag von anna54 »

Schick dir ganz viel Sonnenstrahlen!!!!
anna54
skf
Beiträge: 6
Registriert: 30. Sep 2010, 12:12

Re: "Rückfall" durch Umzug?!

Beitrag von skf »

Hallo Funksignal,

es freut mich wirklich für Dich, dass Du die Unterstützung Deines Freundes und nun auch Deiner Eltern hast - es tut gut zu wissen, man wird aufgefangen, wenn es gar nicht mehr geht und das es immer eine Lösung gibt.

Ich kann verstehen, dass Du Dich noch unglücklich und einsam fühlst - mir geht es gerade ähnlich und ich habe mal wieder einen der Tage, an denen es seeehr schwierig ist überhaupt aufzustehen. Ich raffe mich zwar immer wieder auf, gehe in die Arbeit, weil ich weiß, dass es nicht besser wird, wenn ich zu Hause bleibe und vor mich hin grübel, aber es ist alles so anstrengend und schwierig zur Zeit.

Sorry Funksignal, dass ich hier Deinen Beitrag benutze, um mich auch mal auszuheulen, aber es einfach gerade wichtig für mich, mir ein paar Zeilen von der Seele zu schreiben.

Ich bin gerade wahnsinnig ängstlich, dass wir in der 'alten' Heimatstadt, in die es zurück gehen soll, nicht schnell eine schöne Wohnung finden, in der ich mich auch endlich wieder zu Hause fühlen kann. Und ich habe Angst, dass mein Zustand sich durch den Umzug nicht wesentlich verbessert - was ist, wenn es mir weiterhin so schlecht geht, obwohl mein Mann den Umzug auf sich genommen hat, um mich zu unterstützen?

Ich habe ganz tief in mir das Gefühl, dass es richtig ist, den Schritt zurück zu wagen, aber sobald ich anfange darüber nachzudenken, kommen Zweifel, schlechtes Gewissen meinem Mann gegenüber, Angst...

Vielleicht sollte ich erwähnen, dass meine Situation komplizierter ist und das ich nicht nur Heimweh habe und mich hier nicht einfach nur unwohl fühle, sondern dass ich, weil ich schwanger bin und mich hier nicht wohl fühle, auch wirklich das tiefe Gefühle habe, es hier, in der fremden Stadt, der nicht vertrauten Umgebung nicht schaffe, das Kind groß zu ziehen. Mein Mann hat lange Arbeitszeiten und in meiner alten Heimatstadt, die vom jetzigen Wohnort 40km entfernt liegt, wäre ich in vertrauter Umgebung, hätte meine Eltern um mich, ein paar wenige aber enge Freunde sind auch noch da... Ich habe das Gefühl, dass mit dem Kind eine so große Veränderung auf mich und meinen Mann zukommt, dass mir die Kraft dafür fehlt, mich in der neuen und fremden Umgebung einzuleben. Das es einfacher ist auf vertautes Umfeld zurückzugreifen, um die Veränderung zu meistern, die mit dem Kind auf uns zukommt (und auf die wir uns auch sehr freuen)und auch die anderen Veränderungen zu verarbeiten, die ich und wir in letzter Zeit durchgemacht haben. Aber da ist immer wieder die Frage: Was ist, wenn es mir nicht besser geht, trotz vertrauter Umgebung??? Davor habe ich wirklich Angst...

Ich hoffe, ich habe nicht alles durcheinander gebracht und mich halbwegs verständlich ausdrücken können.

Ich hoffe für Dich, Funksignal, dass Du ganz viel Mut und Kraft hast für die nächsten Schritte, egal welche es sein mögen. Aber lass Dir auf jeden Fall sagen, dass die Studienzeit eine tolle Zeit ist, in der man sehr wachsen kann - und ich habe aus dieser Zeit viele echte Freundschaften mitnehmen können, die mir bis heute Halt und Unterstützung geben. Vielleicht wirst Du jemanden kennenlernen, mit dem Du die neue Umgebung entdecken, Spaß haben und gute Gespräche führen kannst und das daraus eine Freundschaft wächst, die Dir lange erhalten bleibt!

Viele Grüße vom Heimwehtiger, der heute sehr durcheinander ist
Funksignal
Beiträge: 9
Registriert: 22. Jul 2010, 22:28

Re: "Rückfall" durch Umzug?!

Beitrag von Funksignal »

Lieber Heimwehtiger,

du musst dich nicht entschuldigen. Du hast mir zugehört (...hm also mehr zugelesen? wie auch immer man es nennt) und mir mit deinen Worten versucht zu helfen. Und ich hoffe ich kann das selbe für dich tun!

Ich kann deine Ängste sehr gut verstehen! Dein Mann nimmt jetzt sehr viel auf sich um dich zu unterstützen. Und jetzt kommt die Ungewissheit: werden seine ganzen Mühen Früchte tragen? Oder geht es dir nach dem Umzug genauso schlecht wie vorher und er hat den ganzen Stress umsonst auf sich genommen?
Versuch dich nicht so unter Druck zu setzen. Du hast probiert dich in der neuen Umgebung einzuleben - aber es hat nicht funktioniert. Nun bist du mit deiner Schwangerschaft natürlich noch in einer besonderen Situation, neben deinen Depressionen spielen natürlich auch noch ein wenig die Hormone verrückt. Und umso wichtiger ist es doch, dass du dich gut fühlst! Dein Baby spürt doch wenn es dir nicht gut geht.
Bestimmt wird es nicht einfach eine schöne neue Wohnung zu finden. Und mit Sicherheit wirst du nicht dort einziehen und mit einem Schlag geht es dir wieder gut.
Aber mit der Zeit wird es dir bestimmt besser gehen. Du hast dich schließlich nicht von heut auf morgen entschieden alles hinzuschmeißen, sondern dir das lange und gut überlegt.

Ich glaube uns beiden und vielen Anderen steht die Angst oft im Weg. Und auch wenn sie mich selbst oft blockiert - lass dich nicht von deiner Angst verrückt machen. Denk nicht jetzt schon daran dass es nicht besser werden KÖNNTE, dass alles umsonst sein KÖNNTE, dass dein Mann enttäuscht sein KÖNNTE. Versuch dir lieber vor Augen zu halten, was du durch den Umzug alles gewinnst: die Nähe deiner Lieben, die vertraute Umgebung... In die Zukunft sehen kannst du doch sowieso nicht

Ich wünsche Dir, dass ihr eine schöne Wohnung findet! Und ich werde versuchen an deine Worte zu denken - an jedem Tag wenn ich alles hinschmeißen will.

Alles Liebe
Funksignal
kleene_sue
Beiträge: 418
Registriert: 28. Jan 2009, 19:27

Re: "Rückfall" durch Umzug?!

Beitrag von kleene_sue »

Hallo Funksignal,

da kann ich nur sagen: "Willkommen im Club!".

Ich wohne seit über 1 Monat 400km von meiner Traumstadt entfernt.
Aufgrund meiner großen Liebe bin ich in den Süden Deutschlands gezogen und habe meine Heimat verlassen. (ein großer Vorteil Dir gegenüber: ich bin nicht allein!).
Ich bereue es nicht, aber es ist schwer..

Ich bin ein sehr offener Mensch, aber ich habe Angst:
- Angst vor Abweisungen,
- Angst vor neue Herausforderungen (aber ich will es unbedingt: Kinder, Familie), das alles rückt näher.
- UND ich bin sehr ungeduldig.
Am Liebsten mit dem Finger schnipsen und ich fühle mich wohl, doch das wäre zu einfach.

Das ist das Leben und ich habe gemerkt, dass man bei einem Umzug bzw. Umbruch im Leben das zukünftige mehr sieht und reflektiert. Anders als im Alltag und das ist eben ungewohnt und somit macht es uns angst. Verstehst? ;o)

Das schlimme an Erfahrungen ist aber, dass man sie erst sammeln muss, sonst wäre es kein Leben.

Aber dieser Umzug gibt uns Beiden neue Chancen:
- neue Leute kennen lernen und somit sich neu definieren (sie kennen deine Vorgeschichte nicht, kann ein Pluspunkt sein!Wie eine Therapie.),
- du wirst an pos. Erfahrungen reicher,
- du verfolgst ein Ziel ... viell. doch DEIN Ziel und nicht das Ziel der Anderen??


Ich hoffe es hilft dir ein bisschen???

LG
~ Denken ist schwer und das besonders für den, der es kann. ~
skf
Beiträge: 6
Registriert: 30. Sep 2010, 12:12

Re: "Rückfall" durch Umzug?!

Beitrag von skf »

Hallo Funksignal,

ich wollte mal hören, wie es Dir in der Zwischenzeit ergangen ist und momentan geht? Hat sich das Heimweh etwas gelegt oder kämpfst Du immer noch? Hilft Dir die Unterstützung durch Deinen Freund und Deine Familie etwas, die neuen Dinge in Angriff nehmen zu können?

Bei mir gibt es abwechselnd gute, weniger gute und ziemlich schlechte Tage. Im Großen und Ganzen beiße ich mich aber jeden Tag durch, gehe trotz wenig Kraft in die Arbeit, weil ich weiß, das die Ablenkung mich wenigstens ein bisschen hochhält. Parallel dazu bin ich kräftig auf Wohnungssuche, was mir auch Kraft gibt. ich weiß jetzt, dass die Zeit hier endlich ist und ich mich auf einen Abschnitt in einer Umgebung, die mir gut tut freuen kann. Außerdem habe ich wieder Kontakt zu meinem Psychiater aufgenommen, bei dem ich jetzt eine neue Therapie mache. ich hoffe, dass ich dadurch die vielen Themen einfach besser verarbeiten kann und meine jetzige schwere Phase auch ohne Medikamente in den Griff bekomme.

Hoffe, das sich Deine Situation etwas gebessert hat und Du, egal in welcher Richtung, wieder ein wenig Licht am Horizont siehst...

Viele Grüße vom Heimwehtiger
Funksignal
Beiträge: 9
Registriert: 22. Jul 2010, 22:28

Re: "Rückfall" durch Umzug?!

Beitrag von Funksignal »

Lieber Heimwehtiger,

ich hoffe deine Wohnungssuche läuft gut?! Ich drücke Dir die Daumen, dass du bald etwas schönes für Euch findest.

Mir geht es mal mehr, mal weniger gut. An einigen Tagen denke ich, ich schaffe das hier alles schon. Am nächsten liege ich heulend auf dem Sofa und habe das Gefühl in einen Abgrund zu fallen.
Aber ich will nicht kampflos aufgeben. Deshalb habe ich mir Hilfe beim psychologischen Dienst gesucht. Dort kann mir keiner die Entscheidung abnehmen, ob ich weiter mache oder abbreche. Aber ich fühl mich dort irgendwie "aufgefangen" und unterstützt. Und dort hat man es irgendwie geschafft mir den Druck zu nehmen, ich müsse Erwartungen und Wünsche von anderen erfüllen.
Ich versuche jetzt einfach heraus zu finden, was ICH will - und dann werde ich meine Entscheidung treffen. Aber mit Sicherheit nicht jetzt, in der Anfangsphase, wo ich mich noch zu sehr von der Einsamkeit zum Abbruch bewegen lassen würde. Ich werde mir Zeit lassen.

Euch allen noch einen schönen Abend.
Funksignal
Beiträge: 9
Registriert: 22. Jul 2010, 22:28

...und weiter gehts...

Beitrag von Funksignal »

Mittlerweile habe ich das Gefühl ich stecke in einem richtigen Teufelskreis...
Mit der Uni ist es von Tag zu Tag schlimmer geworden. Ich habe richtige Angstzustände bekommen. Schlafen kann ich fast gar nicht mehr, dauernd sitzt dieses Angstgefühl in meiner Brust. Ich habe richtig Panik dort hinzugehen, wenn ich dann da bin verstehe ich nichts, der Stoff überfordert mich (und das gerade mal in der 4. Woche...). Wenn ich daheim versuche die Texte zu lesen verstehe ich nichts. Ich bin richtig blockiert.
Mit den Heulkrämpfen wird es auch immer schlimmer.

Heute habe ich die Notbremse gezogen und auf der Arbeit angerufen. In der Hoffnung, dass ich dort nochmal neu anfangen kann.
"Man muss sich mal informieren" war die Antwort. Vor morgen soll ich nicht mit einem Rückruf rechnen.
Jetzt sitz ich hier und bin kurz vorm Durchdrehen. Ich weiß nicht, wie ich es bis morgen aushalten soll. Und ich weiß erst recht nicht, was ich tun soll, wenn die Antwort negativ ausfällt...
Ich habe momentan das Gefühl mein ganzes Leben zerstört zu haben.

Es tut mir leid, aber ich musste mir das jetzt mal von der Seele schreiben.
skf
Beiträge: 6
Registriert: 30. Sep 2010, 12:12

Re: "Rückfall" durch Umzug?!

Beitrag von skf »

Hallo Funksignal,

es tut mir leid, dass es Dir immer schlecht geht - gestern schien es ja wirklich richtig schlimm gewesen zu sein. Ich hoffe, es ist jetzt vielleicht ein klein bisschen besser geworden, vielleicht hast Du auch schon eine Rückmeldung Deiner alten Arbeitsstelle bekommen?!

Und es ist total verständlich, dass Du mit der Uni überfordert bist - es ist wahrscheinlich gerade alles zu viel für Dich und Dein Kopf kann sich nicht auf den Lehrstoff konzentrieren, wenn er gerade mit sich und Deinem Gefühls- und Gedankenchaos kämpfen muss. Setzt Dich also am besten nicht zusätzlich unter Druck, dass Du jetzt etwas leisten MUSST. Auch Studenten, denen es körperlich und geistig gut geht, sind am Anfang mit der Uni und dem Stoff dort überfordert...

Ich kenne Dich und Dein Leben natürlich nicht sehr gut, aber ich glaube nicht, dass Du Dein Leben zerstört hast. Ganz im Gegenteil, Du hast einen mutigen Schritt gemacht und bist in eine andere Stadt gegangen und hast angefangen zu studieren. Das ist eine große Chance! Aber wenn Du merkst, es geht dort gar nicht mehr, dann kannst Du immer noch den Schritt zurück gehen. Auch das ist mutig - sich einzugestehen, dass man sich vielleicht übernommen hat oder vielleicht der Zeitpunkt nicht gestimmt hat. Oder das man eigentlich etwas ganz anderes möchte und das erst durch diesen Schritt gemerkt hat...

Ich will Dir einfach versuchen etwas Mut zu machen, denn Du hast gezeigt, dass Du mutig bist. Vielleicht könntest Du Dir vor Ort nochmal Hilfe holen? Beim psychologischen Dienst oder Dir einen Notfalltermin beim Psychiater/Psychotherapeuten geben lassen? Möglicherweise ist eine medikamentöse behandlung sinnvoll?! Und es ist ja auch nicht auszuschließen, dass Du mit Hilfe von Unterstützung, einer Therapie und/oder Medikamenten und einem vielleicht geringeren Pensum an der Uni den 'Einstieg' in Dein neues Leben schaffst!

Aber wenn es gar nicht mehr anders gehen sollte, stehen Dir sicher Möglichkeiten offen, den Schritt zurück zu machen. Es gibt wirklich immer eine Lösung - auch wenn es nicht der Job bei Deinem alten Arbeitgeber sein sollte. Vielleicht öffnen sich Dir beim Schritt zurück auch nochmal ganz neue Perspektiven?!

Auch wenn es Dir gerade schlecht geht und Du im Loch drin hängst, ich glaube daran, dass es auch wieder besser wird und Du den richtigen Weg für Dich finden wirst! Die Sonne kommt ja schließlich immer irgendwann wieder hinter den Wolken hervor!

Viele Grüße und eine große Portion Zuversicht vom Heimwehtiger

P.S.: Ich habe inzwischen in meiner alten Heimatstadt eine neue Wohnung gefunden und zuerst mal - wie kann es anders sein - auch wieder Zweifel und Ängste gehabt... Ist das jetzt der richtige Schritt? Treff ich vielleicht wieder die falsche Entscheidung? Seit ich die Wohnung zugesagt habe, geht es mir wieder besser. Ich weiß, dass das nicht heißt, das ich diese Phase schon wieder komplett überstanden habe, dazu braucht es noch sehr viel Zeit, Geduld, Arbeit an mir und sicher noch einige schlechte Tage. Wollte Dir aber damit sagen, dass es auch wieder aufwärts gehen kann, auch für Dich!
Antworten