Das richtige Maß finden

Maximiliane
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Das richtige Maß finden

Beitrag von Maximiliane »

Hallo im Forum,

heute ist so ein Tag. Einer, wo jeder Schritt mit dem Gefühl der absoluten Sinnlosigkeit verbunden ist.
Ich habs gestern schon gemerkt, das was nicht stimmt, es fing an mit einem ständigen Gefühl der Überforderung. Und das ich wieder übermäßige Angst hatte, meine Wohnung zu verlassen. Und abends bin ich so erschöpft ins Bett gefallen, dass ich dachte, ich kann nie wieder aufstehen. Wo ich mir auch Gedanken gemacht habe, ob mich das Forum hier nicht überfordert. Irgendwie habe ich da mein richtiges Maß noch nicht gefunden. Lesen ist anstrengend, schreiben und antworten ist anstrengend und dauert oft so übermäßig lang. Und da geht dann so viel Zeit und Energie drauf, dass ich nur noch wenig anderes mache.
Aber ich empfinde das Forum auch als eine Bereicherung, anderen etwas geben zu können, das finde ich in meinem eingeschränkten Alltag nicht oft.
Im Juni bin ich aus der KLinik entlassen worden mit der Option, jederzeit zurückkehren zu können, wenn es zu Hause nicht klappt. Sozusagen eine Entlassung auf Probe war das. Weil allen, den Ärzten, meiner Therapeutin und mir klar war und ist, dass ich nicht superklasse drauf bin, aber immerhin schon mal auf einem guten Weg. Das hat mir eine Menge Druck weggenommen, diese Lösung. Wenn alles gut geht, habe ich damals gesagt, dann komme ich erst im Herbst wieder. Und bis jetzt sah auch alles gut aus. Und ich war zuversichtlich.
Heute mache ich alles ganz langsam, weil ich das Gefühl habe, wenn ich zuviel, zu schnell agiere, ich in Tränen ausbreche, weil ich mich überfordert fühle. Wobei das vielleicht gar nicht mal so schlecht wäre, das Weinen meine ich. Das schwemmt ne Menge nach draußen, wenn man es denn kann.
Am schlimmsten finde ich aber dieses Gefühl der Sinnlosigkeit. Selbst die Idee, vielleicht zu den Pferden hoch zu fahren, habe ich verworfen. Wozu, ist doch eh sinnlos .... ach ist das anstrengend, gerade darüber nachzudenken.
Ich mache ja schon lange Zeit damit rum, mit der Depression. Und immer wieder erscheint sie mir neu, wenn denn mal wieder solche Phasen kommen.
Ich habe nach wie vor vor, erst im Herbst in die Klinik zu gehen, und bis dahin durchzuhalten und hier zu Hause meine Schritte zu machen, auch wenn ich mich heute total klinikreif fühle. Falscher Ehrgeiz? Keine Ahnung. Was meint ihr?
Therapie habe ich leider erst wieder in 2 Wochen, Urlaubszeit. Aber zumindest ist nächste Woche der Termin beim Psychiater.
Und vielleicht ist es das beste, den Tag heute so zu nehmen wie er ist, und nicht zu bewerten. Klingt toll, was?
Was macht ihr denn an solchen Tagen? Abwarten? Gar nichts? Habt ihr ein Notfallprogramm?
Ich weiß, dass ich hier im Forum schon so manches geschrieben habe, aber momentan ist mein Kopf leer, so als hätte ich nie Therapie gemacht, wo ist nur mein Notfallprogramm verblieben? Hatte ich das überhaupt? Vielleicht sollte ich mal meinen Therapieordner zur Hand nehmen, aber selbst das ist mir heute zu viel.
Vielleicht habt ihr noch ein paar Anregungen, ich fühl mich heute einfach nur noch leer.

Bis dann,

Häuptling
depriheld
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Registriert: 9. Apr 2010, 15:04

Re: Das richtige Maß finden

Beitrag von depriheld »

Alle Viere von sich strecken. Sich die Hilflosigkeit und Sinnlosigkeit eingestehen und hingeben. All den Gedanken (Warum schon wieder? Gestern ging es doch so gut. Ich sollte, ich müsste usw) gegenüber ganz still sein. Du bist nicht diese Gedanken. Du bist auch nicht dieses bleiernde Trägheitsgefühl. Da ist etwas in dir, was von all dem vollkommen unberührt ist, der Raum, in dem all das geschieht und beobachtet wird. Sei am besten ganz still. Auch diese Erfahrung zieht vorüber.

Alles Liebe und Gute, nach Regen kommt auch wieder Sonnenschein
Ich liebe auch Pferde, besonders die schnuffigen Isländer. Die sind soooo niedlich.
LaLeLu

Re: Das richtige Maß finden

Beitrag von LaLeLu »

Liebe Häuptling

so sehr gut kann ich Dich verstehen - einen solchen Tag hatte ich gestern.

Ja, bewerte es nicht, nimm den heutigen Tag so wie er ist. Tue nichts, was Du nicht tun möchtest. Schaue genau auf Deine Bedürfnisse.

Ich habe mich gestern eingekuschelt und "einfach nur" geweint. Später war es so schlimm, dass ich dachte, ich schaffe diesen Tag nicht mehr und ich mag auch einfach nicht mehr.

In meiner ganzen Verzweiflung versuchte ich dann meine allerbeste Freundin anzurufen. Leider war sie nicht da. Aber - ich habe mich überhaupt getraut anzurufen. Ein riesiger Erfolg in dieser Lähmung und dem Gefühl der kompletten Sinnlosigkeit.

Was könnte Dir heute und jetzt helfen? Wäre es eine Möglichkeit zum Reiten zu gehen, hinaus in die Natur, Dir den Wind um die Nase wehen lassen und einige Sonnenstrahlen einzufangen?!

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es mir ganz oft hilft in diesen schweren Phasen "einfach" rauszugehen/ mich zu bewegen, meine Wohnung zu verlassen und ein wenig durch die Natur zu streifen.

Es hört sich sinnlos an, doch erstaunlicherweise geht es mir anschließend meist ein wenig besser. Denn so kommst Du ein bissel aus dem Gefühl der Lähmung heraus.

Könntest Du lesen oder malen? Oder eine liebe Freundin/ einen lieben Freund anrufen?

Wenn Du gar nichts machen möchtest ist es auch richtig, denn vielleicht brauchst Du einfach einmal eine Erholung und Pause von der schweren inneren Arbeit!?

Ich denke ganz wichtig ist es, dass Du Deine Stimmung nicht bewertest. Es ist wie es ist - schaue auf Dich und Deine Bedürfnisse. Sei ganz bei Dir selbst.

Ich wünschte, ich könnte Dir ein bisschen helfen

Jetzt schicke ich Dir viele Sonnenstrahlen, die hier heute vom Himmel lachen und viele liebe Gedanken mit Mut und Zuversicht!

Alles Liebe
lens
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Registriert: 27. Okt 2009, 18:43

Re: Das richtige Maß finden

Beitrag von lens »

Hallo Häuptling,

dieses mit letzter Kraft nach draußen gehen bringt mir immer sehr viel. Vielleicht schaffst du das mindestens einmal am Tag?

Ich habe eine Frage, die du aber nicht beantworten musst: was ist in der Klinik anders/besser?

Alles Gute dir
Ibis
bebe58
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Re: Das richtige Maß finden

Beitrag von bebe58 »

Maximiliane
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Re: Das richtige Maß finden

Beitrag von Maximiliane »

Ein vorsichtiges "Hallo"!

@Herr Rossi
Vielen Dank für deine Grüße, dass ist doch mehr als genug. Außerdem hat mich dein "Name" an schöne zeiten früher erinnert, als ich als Kind immer "Herr Rossi sucht sein Glück" im TV geschaut habe. Wenn dann sein Hund Gaston mit der Trillerpfeife wieder alles durcheinandergebracht hat und sie in irgendeiner Zeitepoche gelandet sind, wo sie eigentlich gar nicht hinwollten. Diese Erinnerung hat mich heute zum Schmunzeln gebracht, das ist doch was schönes, was du da erreicht hast, auch wenn es nicht beabsichtigt war.

@ibis
keine Angst, ich bin nicht Klinikgeil, falls du das meintest. Im Gegenteil. Wir haben das mit der Intervalltherapie im Herbst deswegen festgelegt, weil ich bisher immer viel zu lange gewartet habe, mich in eine Klinik zu begeben und dieses lange Hinauszögern es noch schlimmer gemacht hat als es hätte sein müssen. Aber bis zum Herbst möchte ich wie gesagt es schon schaffen, wobei man "Herbst" ja bis Mitte Dezember sehen kann
Aber jetzt heißt es erst mal, den heutigen Tag abschließen.

@LaLeLu
Oh, hätte ich gewusst, dass es dir gestern nicht gut ging, hätte ich dir auch ein wenig Sonnenschein rüber geschickt
Deine Nachricht hat mir sehr gut getan, du bist mir irgendwie schon richtig vertraut und ans Herz gewachsen, weil wir uns hier immer mal wieder "über den Weg laufen", seit ich hier angefangen habe. Schon verrückt, und das in einem Forum. Ganz neue Erfahrung, ich war bisher noch nie in einem Forum.
Habe es heute auch einmal raus geschafft für eine halbe Stunde. Zwar ganz langsamen Schrittes und mit den seit langem nicht mehr dagewesenen "Entfremdungsgefühlen", wo ich nicht mehr weiß, ob alles um mich rum real ist oder nicht, aber ich konnte immerhin den Wind spüren und am Fluß unten das Wasser riechen. Da dachte ich spontan: "Gott sei Dank, ich lebe!" Sonnenschein habe ich dann auch getankt dabei.
Jetzt gehts gleich wieder aufs Sofa bzw. ins Bett. Bis zum nächsten Mal!!!!!!!!

@depriheld
Ich reite fast nur auf Isländern und habe anscheinend ein gutes Gefühl dafür, sie in den Tölt zu bringen. Bei mir hat es fast von Anfang an immer geklappt.
Reitstunde habe ich erst am Freitag wieder, was auch gut ist, denn in so einer Verfassung wie heute fahre ich kein Auto.
Ja, sich hingeben, das ist mir heute ganz gut geglückt, kein einziges Mal habe ich mir Vorwürfe gemacht oder gehadert, es ist wie es heute ist,und darüber nachdenken, was ich falsch gemacht oder anders hätte machen können, das bringt nicht viel bis überhaupt
nix. Stattdessen habe ich mich der Erschöpfung hingegeben und heute Mitag ausgiebig geschlafen, und gleich werde ich mich auch wieder hinlegen. Gute Nacht

Für heute isses genug, ich mache jetzt die Kiste (Computer) wieder aus und hoffe auf eine gute Nacht und dass es mir morgen ein Stück besser geht. AUßerdem ist mir eingefallen, wenn es gar nicht besser geht, dann MUSS ich ja nicht bis nächste Woche auf den Psychiatertermin warten, in Notfällen schiebt er einen durchaus dazwischen. Ich muss mich nur trauen.

Bis bald,

Häuptling
lens
Beiträge: 132
Registriert: 27. Okt 2009, 18:43

Re: Das richtige Maß finden

Beitrag von lens »

Liebe Häuptling,

das meinte ich auf gar keinen Fall. Du machst das ganz sicher richtig.
Bei meinem Klinikaufenthalt war es nur so, dass sie auf der Einnahme von bestimmten Medikamenten bestanden. Das hat mir gar nicht gepasst.

Keine Missverständnise mehr und
lieben Gruss
Ibis
Maximiliane
Beiträge: 159
Registriert: 6. Aug 2010, 19:45

Re: Das richtige Maß finden

Beitrag von Maximiliane »

Hallo ibis,

das ist ja ätzend, dass einem bestimmte Medikamente aufgezwungen werden, so hab ich's verstanden. Geht doch gar nicht, stell dir vor, du verträgst die gar nicht, und dann???? Ich habe ja an unterschiedlichsten KLiniken schon viel Sch... erlebt, aber das zum Glück noch nicht.
Wäre ein Thema für sich, was?
Tut mir leid, dass ich dich erst missverstanden habe , bin da manchmal zu überempfindlich beim Thema "Klinik".
Heute abend gehts mir ein Stück besser,das berühmte Abendhoch bei Depressiven, was ? Eine gute Freundin hat mich überredet, für eine Stunde mit Brombeeren pflücken zu gehen, das hat mich ein bisschen geerdet.
Morgen früh Reiten, dass tut vermutlich auch gut, hab meiner Reitlehrerin auch schon meinen ganz speziellen Pferdewunsch rüber gemailt. Aber ansonsten tut jeder Schritt einfach nur "weh".

Gerade fängt es an hier zu gewittern, ich glaube, ich geh mal lieber aus der Leitung.

Ein lieber Gruß,
bis dann,

Häuptling
LaLeLu

Re: Das richtige Maß finden

Beitrag von LaLeLu »

Liebe Häuptling

"@LaLeLu
Oh, hätte ich gewusst, dass es dir gestern nicht gut ging, hätte ich dir auch ein wenig Sonnenschein rüber geschickt
Deine Nachricht hat mir sehr gut getan, du bist mir irgendwie schon richtig vertraut und ans Herz gewachsen, weil wir uns hier immer mal wieder "über den Weg laufen", seit ich hier angefangen habe. Schon verrückt, und das in einem Forum. Ganz neue Erfahrung, ich war bisher noch nie in einem Forum.
Habe es heute auch einmal raus geschafft für eine halbe Stunde. Zwar ganz langsamen Schrittes und mit den seit langem nicht mehr dagewesenen "Entfremdungsgefühlen", wo ich nicht mehr weiß, ob alles um mich rum real ist oder nicht, aber ich konnte immerhin den Wind spüren und am Fluß unten das Wasser riechen. Da dachte ich spontan: "Gott sei Dank, ich lebe!" Sonnenschein habe ich dann auch getankt dabei.
Jetzt gehts gleich wieder aufs Sofa bzw. ins Bett. Bis zum nächsten Mal!!!!!!!!"

Danke schön für Deine lieben Worte - es freut mich, dass sie Dir ein wenig gut getan haben. Auch Du bist mir schon ein wenig vertraut und ich lese Dich sehr gerne.

Wie geht es Dir heute? Ist der heutige Tag ein wenig besser?

Es ist schön und freut mich sehr, dass Du es gestern noch geschafft hast ein wenig rauszugehen. Es ist doch gar nicht wichtig schnell zu laufen.

Es ist auch - in meinen Augen - sehr erfreulich, dass Du trotz der Entfremdungsgefühle sowohl den Wind spüren als auch das Wasser riechen konntest!

Wenn es mir so schlecht geht, kann ich nicht powern (während ich es sonst sehr gerne mache, weil ich mich dann spüre!), dann ist es einfach schon unglaublich viel, wenn ich überhaupt den Schritt aus der Wohnung schaffe.

Diese Entfremdungsgefühle kenne ich auch, sie begleiten mich seit Jahrzehnten, doch seit wir auch in der Therapie viel daran arbeiten ist es viel, viel besser geworden. Diese Entfremdung/ Ferne/ Taubheit war bei mir ein Dauerzustand. Jetzt ist es das nicht mehr.

Hast Du diese Problematik schon einmal in der Therapie oder bei Deinem Arzt/ Ärztin erwähnt? Machst Du Therapie?

Ich finde es wirklich einen großen Schritt, dass Du gestern offensichtlich auf Dich geachtet und nach Deinen Bedürfnissen geschaut hast. Ich denke, dass es ein ganz wichtiger Schritt ist!

So, liebe Häuptling, jetzt wünsche ich Dir einen ruhigen Abend mit schönen Augenblicken und schicke Dir herzliche Grüße
Maximiliane
Beiträge: 159
Registriert: 6. Aug 2010, 19:45

Re: Das richtige Maß finden

Beitrag von Maximiliane »

Hallo liebe LaLeLu!

Heute Nacht habe ich gut geschlafen und konnte heute morgen leichter aufstehen als sonst. Das Autofahren ging gut und bei den Pferden gehts mir ja sowieso immer ein Stück besser. Ich wollte, man könnte diese Pferdeenergie mal in ein Päckchen packen, das mit nach Hause nehmen und immer wieder mal, wenn es nötig ist, daraus ein wenig Kraft nehmen bis zum nächsten Mal.
Zwar habe ich zwei Hufeisen zu Hause nebst etlichen Strähnen aus den Mähnen ( oh, reimt sich sogar ) und einige kleinere Heubüschel, auf Pferdeäpfel habe ich aber wohlweißlich verzichtet(die hängen vermutlich heute sowieso unter den Reitstiefeln) , aber der direkte Kontakt ist doch durch nichts zu ersetzen.
Das, was du sagts, das habe ich auch so erlebt. Es kommt nicht oft vor, dass ich solche Mega-Tiefphasen wie die letzten zwei Tage so gelassen nehmen kann und mich nicht zusätzlich hochpusche und mich unter Druck setze, sondern mir die Ruhe und die Langsamkeit dann auch gönne, OHNE auf mir selbst rumzuhacken "Du musst doch, du kannst doch nicht, ...". Eine ganz neue Erfahrung, den innerne Antreiber gar nicht erst zu Wort kommen zu lassen, sondern das tun, was eigentlich ansteht: RUHE und LANGSAMKEIT.
Hoffe, dass mir das weiterhin so gelingt, da gehts nämlich lang. Überfordert habe ich mich schon viel zu oft in meinem Leben.
Da es mir heute, nach dem Reiten, um einiges besser geht, heißt es nun: Schadensbegrenzung. So nenne ich es immer, wenn nach dieser drückenden Dunkelheit plötzlich das Licht wieder auftaucht und ich aus dem depresiven Loch komme. Das heißt, Geschirr spülen, aufräumen, lüften, Ordnung schaffen. All das, was die letzten Tage nicht ging. Hier siehts aus wie ...., Chaos pur, so wie in meinem Inneren, so siehts dann auch draußen aus.
Das mit dem Entfremdungsgefühl habe ich schon lange. Da ich unter einer komplexen Traumafolgestörung leide, ist die Depression nur eine von vielen unangenehmen Begleiterscheinungen (als ob Depression für sich nicht schon genug wäre ). Und solche dissoziativen Zustände sind für mich immer wieder kaum zum Aushalten, weil ich dann immer wieder glaube, gleich verrückt zu werden. Beim Reiten hatte ich gelgentlich auch solche "Aussetzer", was mein Pferd auch promp wiedergespiegelt hat, weil er plötzlich selbst wirkte, als würde er gleich einschlafen und wegdriften, mitten im Laufen. Pferde sind wirklich sehr sensible "Spiegel" deiner Selbst, das ist gut so. Dann merke ich dadurch selbst oft, was gerade nicht stimmt oder wie es mir geht, wenn ich es selbst nicht spüren kann.
Ich habe beim meinem letzten Klinikaufenthalt im Frühjahr eine sehr gute und kompetenten Therapeutin gehabt, die mit mir eine gesunde Mischung fand von Alltagstraining, Stabilisierung und Traumaarbeit.
Hier in der Ambulanten Therapie machen wir nur Stabilisierung und Alltagstraining, an Traumaarbeit werde ich mich nach wie vor nur im klinischen Setting wagen.
Alles in allem mache ich jetzt seit 10 Jahren Therapie. Ein mühsamer Weg durch viele, viele Misserfolge hindurch, da es leider immer noch zu viele Therapeuten und KLiniken gibt, die sich bezüglich Traumata zu wenig auskennen, die Situation fehleinschätzen und sich selbst überfordern, und dabei viel falsch gemacht haben. Retraumatisierungen sind mir sehr vertraut. Doch mittlerweile bin ich selbst so firm auf diesem Gebiet, dass ich mir da so schnell von Therapeuten nichts mehr vormachen lasse. Da ich an dieser KLinik eine kompetente Therapeutin habe, werde ich da auch niemand anderes mehr "an mich ranlassen". Gott sei Dank bin ich da nicht mehr so naiv und unbedarft wie noch vor Jahren.
Und wie gesagt, es war ein ganz, ganz schwerer Weg da durch. Schrittchen für Schrittchen .... ach, ich glaube, du weißt selbst, um was es da geht und wie langsam man da vorwärtskommen kann.
Naja, kommen wir lieber wieder zu schöneren Themen. Die Pferde !!!!!
Meine Beine sind heute wieder Pudding, weil ich unbedingt mit Sattel reiten und das Leichttraben üben wollte. War sehr anstrengend, aber auch sehr schön, denn wir konnten mal Wege reiten, die wir sonst nicht nehmen konnten, weil es im Schritt zu lange gedauert hätte. Wettermäßig sind wir gut durch die Wolken gekommen, ohne nass zu werden. Der Regen fing erst wieder an, gerade als wir am Hof ankamen. Tja, da habe ich wohl gute Verbindungen nach oben
Ansonsten ist auch heute für den Rest des Tages Ruhe angesagt. Was mir auch gut tut, ist stricken. Dieses gleichmäßige Tun wirkt sich sehr beruhigend auf mich. Aber nur, wenn es ganz einfache Muster sind, alles andere ist dann schon wieder Stress.
Mit der Zeit findet man schon heraus, was einem wann gut tut, und es ist ein stetiges Ausprobieren.
Was hast du denn noch so für dich heraus gefunden, was dir gut tut? Machst du auch was mit Pferden?

So, das nächste Gewitter ist hier schon wieder am grollen, gut, dass wir nicht mehr auf der Höhe sind mit den Pferden.

Bis zum nächsten Mal,

Häuptling
LaLeLu

Re: Das richtige Maß finden

Beitrag von LaLeLu »

Liebe Häuptling

jetzt nur eine sehr kurze Rückmeldung von mir - ich hatte heute Therapie (Doppelstunde/ Traumatherapie) und bin sehr erschöpft. Mein Kopf scheint zerspringen zu wollen

Wir haben so ähnliche Erfahrungen gemacht, dass ich gerade sehr berührt bin!

"Ein mühsamer Weg durch viele, viele Misserfolge hindurch, da es leider immer noch zu viele Therapeuten und KLiniken gibt, die sich bezüglich Traumata zu wenig auskennen, die Situation fehleinschätzen und sich selbst überfordern, und dabei viel falsch gemacht haben. Retraumatisierungen sind mir sehr vertraut. Doch mittlerweile bin ich selbst so firm auf diesem Gebiet, dass ich mir da so schnell von Therapeuten nichts mehr vormachen lasse."

Ganz genau die gleiche Erfahrung habe auch ich gemacht - nach 14 Jahren falscher Behandlung, da mein Krankheitsbild nicht richtig erkannt wurde - bin ich seit 2003 nun bei einer Traumatherapeutin (auch ich leide unter anderem unter einer komplexen Posttraumatischen Belastungsstörung und vielen anderen Erkrankungen, die ich aber hier so öffentlich nicht schreiben mag), seitdem beginne ich mich zu entwickeln. Es ist so unbeschreiblich. Ich hatte nicht mehr daran geglaubt, dass mir jemals jemand helfen könnte. Ich könnte Dir jetzt so viel schreiben, weil ich merke, dass wir wahrscheinlich einige Gemeinsamkeiten haben...

"Und wie gesagt, es war ein ganz, ganz schwerer Weg da durch. Schrittchen für Schrittchen .... ach, ich glaube, du weißt selbst, um was es da geht und wie langsam man da vorwärtskommen kann."

Oh ja - und Deinen Worten kann ich nur, nur zustimmen!

Weisst Du, wir müssen ein klein wenig aufpassen mit dem, was wir schreiben: da es ein reines Depressionsforum ist wird der Austausch in anderen Bereichen (auch wenn sie zur Depression gehören) nicht so gern gesehen.

Jetzt muss ich mich erst mal einkuscheln und ein wenig schlafen. Kopfschmerzen sind so arg, ich habe heute viel geweint und muss ein wenig verarbeiten.

Ich schicke Dir ganz ganz liebe Grüße und ruhe Dich gut aus - es freut mich übrigens sehr, dass Du heute eine so schöne Zeit bei Deinen Pferden hattest!

Bis bald alles Liebe

P. S.: Liest Du eigentlich gern?
Maximiliane
Beiträge: 159
Registriert: 6. Aug 2010, 19:45

Re: Das richtige Maß finden

Beitrag von Maximiliane »

Hallo LaLeLu und Guten Abend an alle anderen, die hier vielleicht mitlesen,

gerade gewittert es hier mal nicht, die Zeit nutze ich dann mal weiter zu schreiben.

Ja, das ist gut, das mit dem Ausruhen. RUHE, RUHE, RUHE, das erlebe ich oft als das Allheilmittel in schwierigen Phasen.
Und nach so schwierigen Therapiesitzungen wie heute machst du das genau richtig. Die Seele sagt uns über den Körper schon eine ganze Menge, was gerade ansteht. Und das verarbeiten braucht ne Menge Kraft
Gut, dass du das weißt, was du brauchst, das muss man sich stellenweise auch erst wieder erarbeiten in mühevoller Kleinarbeit.
Dieses seine Bedürfnisse spüren, dieser Prozess war und ist manches Male die reinste Detektivarbeit frei nach dem Motto "Trial and Error".
Ja, das richtige Maß finde, egal in welche Richtung, ist manchmal nicht so einfach. Kann aber durchaus auch etwas spannendes an sich haben.
Ich bin heute doch nicht zum Aufräumen gekommen, zu müde. Vielleicht morgen. Und normalerweise geht es mir bei Unordnung bzw. Chaos in der Wohnung, anders kann man das hier bei mir momentan nicht nennen, noch schlechter, aber erstaunlicher Weise macht mir das nur wenig aus. Ob das die Medikamente sind, die jetzt anschlagen? Oder eine Nebenwirkung?
Im Beipackzettel steht aber nix von "Kann manchmal Unordnung ertragen"

Lesen tue ich schon ganz gerne, aber meistens ist mir das zu anstrengend oder mir fehlt die Konzentration. Da muss ich schon einen superguten Tag haben, um mich drauf einlassen zu können.
Meine "Therapiebücher" habe ich fast alle auf den Speicher getan, weil es mir nicht gut getan hat, die zu lesen.
Alle anderen Bücher, die noch hier unten sind, besonders die über Traumatherapie, hole ich erst wieder hervor, wenn ich im Herbst in die Klinik fahre.
Ich lese gerne Bücher über Natur und natürlich über Pferde, wo auch viele Bilder dabei sind. Mehr geht momentan noch nicht.

Da haben wir tatsächlich ne Menge Gemeinsamkeiten. Gut, dass Luise Reddemann da mal in Deutschland die Therapiewelt aufgeweckt hat. In den USA war das schon lange bekannt, bevor sie das hier in Deutschland anleierte und sich jetzt Stück für Stück weiterentwickelt. Und ich habe auch wie du eine ganze zeitlang gedacht, es gäbe nichts und niemanden, der mir helfen kann und es gibt keine Heilung und nie wieder gute Tage. Hoffnungsloser Fall.
Pah, von wegen!!!!!!! Unwissende, inkompetente Therapeuten, die mir das einreden wollten, um sich ihr Unvermögen nicht eingestehen zu müssen
Heute weiß ich es zum Glück besser, und wie gesagt, da lasse ich mir so schnell nix mehr einreden oder vormachen von Therapeuten. Und meine beiden Therapeutinnen, hier und in der Klinik, die sind sehr kompetent!!!!!! Und ich danke dem Lieben Gott da oben ganz oft, dass ich dann doch noch einen heilbringenden Weg gefunden habe. Ein echtes Geschenk!
Aber die verlorene Zeit, falls sie denn verloren ist, kann mir keiner zurückgeben. Und das tut sehr, sehr weh, da zu sehen, was ich alles im Leben verpasst zu haben scheine und es immer noch so schwierig ist im Alltag.
Wenn denn wenigstens die Depression sich mal beruhigen würde. Aber was jahrzehntelang angedauert hat, wird wohl nicht von heute auf morgen vorbei gehen? Dauert dann noch mal Jahrzehnte, was?

Aber eines habe ich mir zurückerobert: DIE PFERDE!!!!!!!!!!! Das war und ist für mich so ein Stück Triumph, das ich das geschafft habe!!!!!

So, das reicht für heute, auch im Forum schaue ich, da ein gutes Maß zu finden, ohne mich zu überfordern.

Alles liebe, eine Gute Nacht, und ein schönes Wochenende, trotz Sintflut,

Häuptling
Maximiliane
Beiträge: 159
Registriert: 6. Aug 2010, 19:45

Re: Das richtige Maß finden

Beitrag von Maximiliane »

Hallo,

das richtige Maß gefunden, dass scheine ich gestern beim Reiten wohl doch nicht. Mir tun heute so die Schultern weh, das Traben war wohl doch zu viel. Und der Kopf dazu, typischer Migräneanfall, aber wenigsten "nur" von der harmloseren Sorte, wo Aspirin und Schlafen und Dunkelheit ausreichen, um den Schmerz erträglicher zu machen.
Aber trotzdem, ich verstehe das auch nach so vielen Jahren immer noch nicht. Da hocke ich im depressiven Loch, schaffe es dann, wieder heraus zu kommen, freue mich meines Lebens so wie gestern beim Reiten,schmiede Pläne, wie es jetzt weiter geht, und wumm, schon liege ich wieder hernieder.
Manchmal kommt mir das so vor, als würde ich mir selbst nicht gönnen, dass es mir besser geht. Neben meinem inneren Antreiber noch ein Boykotteur?
Zumindest habe ich es heute morgen noch geschafft, die Hälfte von dem Geschirrstapel, der sich seit Sonntag anhäufte, wegzuspülen und mein Wohnzimmer zu staubsaugen.
Vermutlich sagt ihr jetzt, oh, da hast du aber viel geschafft. Mm, ich glaube, bei mir ist es nie genug, egal wieviel ich mache. Eines meiner Grundthemen in der Therapie. Ich war heute morgen noch so voller Elan und Pläne und hatte mich richtig gefreut, hier mal wieder klar Schiff zu machen, was ich hier alles tun wollte, die ganze Woche nachholen vermutlich, und liege jetzt hier wie ausgebremst.
Da habe ich wohl, sowohl gestern als auch heute, das richtige Maß nicht geachtet. Was sagte ich gestern noch so schön: "Trial and Error". Tja, voll ins Schwarze getroffen, das war dann wohl diesmal "Error"
Oh, ich habe sooo die Nase voll, mir immer wieder überlegen zu müssen, was mute ich mir zu, was ist vielleicht zu viel, blablabla ...
Und wenn ich mich dann mal frei Schnauze in eine schöne Sache stürze so wie in das Reiten gestern, dann zahle ich bald drauf die Quittung.
Und mich dann immer wieder motivieren, ermutigen und sonstiges, um weiter zu gehen, das hängt mir soooo aus dem Hals raus.
In einem Beitrag an anderer Stelle geht es um das "Nicht mehr Wollen", "Seinen Willen verlieren", das kann ich so nachvollziehen. Irgendwann verliert man dann auch die Lust, noch was zu wollen.
Also heißt es für heute nur noch ruhig daliegen, Tee trinken, vielleicht noch heiß duschen, der Schultern wegen, und auf den morgigen Tag hoffen. Freude schöner Götterfunken, blablabla

Manch einer würde sich freuen, so einen ruhigen Samstag mittag verbringen zu können. Aber nicht, wenn man das andauernd so machen MUSS. Schade, das es hier kein Kotz-Smiley gibt, der wäre jetzt genau das richtige für mich.
Vielleicht sollte ich mal ein paar Kissen an die Wand werfen und meinen Ärger nach außen bringen
Meine Nachbarin ist schwerhörig, die würde das bestimmt nicht stören.
Na, mal gespannt, was mir noch so einfällt für heute, sind doch recht kreative Ideen, was ?
Ach, ich glaube, hier sind genügend Menschen, die das kenne. Das mit der Nase voll haben, meine ich, nicht mit der Schwerhörigkeit .
Das sind dann so Momente, wo ich mich echt total bestraft fühle.
Also weiterhin auf morgen hoffen und den heutigen Tag so gut es geht zu Ende bringen, blablabla, ich bin ja so schlau

Wünsche euch, dass ihr wenigstens heute einen eurer guten Tage erlebt, die sind wie echte Geschenke, oder?

Ein lieber Gruß,

Häuptling
remi
Beiträge: 386
Registriert: 23. Jun 2006, 14:08

Re: Das richtige Maß finden

Beitrag von remi »

guten abend, häuptling !

zu deinem thread " DAS RICHTIGE MASS FINDEN " würde ich gerne auch etwas beitragen.
denn, das richtige maß zu finden ist auch das, was ich seit ewigkeiten versuche, aber selten hinbekomme.
ich werde seit ca 8 jahren wegen depri behandelt, nehme medikamente und mache therapien. ich habe schon sehr viel gelernt
und versuche, damit etwas ruhiger zu leben.

jedoch neige ich nach wie vor zu stimmungen von himmelhochjauchzend bis todesbetrübt,
aber auch meine tätigkeiten sind entweder
schuften über die grenze hinaus, bis das kreuz bricht - oder aber selbst aufräumen geht gar nicht.....
es ist so ätzend. ich sage immer : ich habe es echt schwer mit mir, ich weiß nicht, wer ich heute bin......
und dabei das ewig schlechte gewissen, der druck, du weißt es doch, nun tu es auch !!!

ich fühle mich so zerrissen. und ich spüre, dass mein leben einzig nur ein schauspiel ist. nach außen hin wirke ich souverän, ruhig, gelassen, ja manchmal überheblich....... im inneren hasse ich mich und finde, alles, was ich tue, falsch.

und so habe ich in keinem ein gesundes mittelmaß, schlage aus nach oben oder nach unten,

entweder schwarz oder weiß.....
ach, es ist so schwer,,

lg, kreati
Maximiliane
Beiträge: 159
Registriert: 6. Aug 2010, 19:45

Re: Das richtige Maß finden

Beitrag von Maximiliane »

Guten Morgen ,

nach einer recht guten Nacht heute ein neuer Tag .
Die "Restausläufer" meines gestrigen Tiefs verziehen sich so langsam und ich bin zuversichtlich, dass es heute besser läuft. Schade, dass die "starken Regenfälle" bei mir ganz ausblieben, ich konnte leider nicht weinen, obwohl mir danach war, das fehlt mir oft sehr.
Heute morgen habe ich ganz langsam gemacht und aus der Erfahrung von gestern meine Pläne für heute eher niedrig gesteckt. Es geht besser, dann mehr als geplant zu machen, wenn ich merke, es geht gut, als anders rum, weniger machen zu müssen, weil ich mir zu viel vorgenommen habe und ich dann überfordert aufgeben muss. Das frustriert mich dann sehr, so wie gestern eben.
Mein erstes "Im Bett frühstücken" seit langem heute, das war soooo schön. Und statt mich anzutreiben und aufzustehen ( "Es geht doch nicht, daß man um 11 Uhr noch im Bett liegt!" Spinn, spinn, wer sagt das denn, natürlich geht das !!!) bin ich liegengeblieben und habe ein paar Reihen gestrickt. Das Aufstehen war dann richtig positiv besetzt.

@kreati
Schwarz-Weiß ist mir auch sehr bekannt. Eine Aufgabe meiner Therapeutin ist, mir immer wieder zu zeigen, dass es dazwischen auch noch Grau-Nuancen gibt, die ich leider viel zu wenig beachte oder wahrnehme. Aber ich habe dennoch schon viel dazugelernt. So fallen mir mittlerweile bei meinen Gefühlen viele Unterschiede auf, die bis vor einiger Zeit scheinbar noch gar nicht existierten. Das ist wie ein sich selbst neu Kennenlernen.
Himmelhochjauchzen-zu-Tode-betrübt-Tage kosten ganz viel Kraft. Und ich habe auch oft vor meinem Spiegelbild gestanden und mich angeschaut, als würde ich mich selbst nicht kennen und konnte nur noch den Kopf über mich selbst schütteln und fand mich, harmlos ausgedrückt, einfach nur noch doof.
Was mir immer mal wieder gelingt ist z.B., ganz bewusst Tätigkeiten an einem Punkt zu beenden, bevor ich überhaupt einen Anflug der Erschöpfung spüre. Denn oft ist es so, wenn ich dann Erschöpfung spüre, ist es oft schon zu viel gewesen. Und es fühlt sich ganz komisch und ungewohnt an, früher aufzuhören. Um so schöner ist es dann, wenn ich dann die Erfahrung mache, dass ich dadurch viel mehr Kraft für mehrere unterschiedliche Tätigkeiten habe. Oder zu sehen, dass es gut war, früher als gewohnt aufzuhören, um nicht immer wieder nur in dieser Extreme zu enden. Echt ne ganz eigenartige Erfahrung, da die Graunuancen zu entdecken. Das ist mein momentanes "Trainigslager" in der ambulanten Therapie. Und ich bin so manches Male erschrocken darüber zu erkennen, wie sehr ich mich als Kind schon überfordert habe und immer mehr das Gespür für das richtige Maß, oder für meine Grenze, verloren habe.


@Hallo LaLeLu,
Ich wünsche dir sehr einen schönen Sonntag und dass du gut durch die Tage kommst nach dieser schweren Therapiesitzung. Ich glaube, du hast da auch schon ein gutes Gefühl entwickelt, was zu tun oder zu lassen ist, damit es dir gut geht, und du dich nicht überforderst, oder?
Einkuscheln ist bei mir auch oft DAS Allheilmittel, wenn sonst nix mehr hilft. Und die "Krönung" ist dann noch meine geliebte Wärmflasche . Danach geht es mir oft um einiges besser.

Bis bald,
Häuptling
LaLeLu

Re: Das richtige Maß finden

Beitrag von LaLeLu »

Liebe Häuptling

es ist gerade ein bissel arg viel bei mir, drum nur mein kurzes - dafür aber besonders liebes Hallo - mit vielen guten Wünschen und der Kraft, nach Dir selbst zu schauen.

Alles Liebe für Dich
Maximiliane
Beiträge: 159
Registriert: 6. Aug 2010, 19:45

Re: Das richtige Maß finden

Beitrag von Maximiliane »

Hallo,

diese Woche erscheint mir eher wie eine schwierige Woche. Wenn ich den Kalender anschaue, außer Donnerstag immer ein Termin pro Tag.
Wenn ich das sehe, dann kriege ich jetzt schon Angst vor der Anstrengung.
Ich kann auch keinen dieser Termine verschieben, um mir die Woche leichter zu machen.
In Bezug auf das richtige Maß eine Herausforderung, auf die ich gerne verzichtet hätte.
Heute hatte ich lauter "Rumlauftermine", lauter Kleinigkeiten, die sich angesammelt hatten, die zu erledigen waren. Als ich dann noch eine Freundin traf, die mir anbot, mein altes Lattenrost heute bei ihr zum Sperrmüll zu stellen, wollte ich das auch noch machen. Als ich zu Hause war, merkte ich, wie ich durch diese Rumrennerei kaum noch Boden unter den Füßen hatte, zitterte und mich total überfordert fühlte.
Leider habe ich es nicht geschafft, gleich "Stop" zu rufen. Das hat sozusagen dann das Lattenrost für mich gemacht, indem es nicht in mein Auto passte und ich die ganze Sache erst mal abblasen musste.
Dann bin ich in meine Wohnung und wenn ich gekonnt hätte, dann hätte ich am liebsten geweint.
Wieso bin ich immer so schnell überfordert und so wenig belastbar?
Meine Latte für Belastbarkeit hängt ganz, ganz niedrig. Nicht umsonst bin ich seit 2 Jahren im amtsärztlich verordneten Ruhestand, doch so langsam müsste es doch mal besser gehen.
Wenn ich das jemand erzählen würde, der nichts mit Depression und so zu tun hätte, der würde vermutlich den Kopf schütteln und wäre froh, nur so ein paar mickrige Termine wie ich zu haben. Peanuts.
Ja, ja, ich weiß, bloß keine Vergleiche mit anderen ...

Und meine Träume von einer eigenen Familie und so, wie denn? Ich kriege es ja mit mir kaum auf die Reihe und oft genug nur unter ziemlichen Anstrengungen.
Wenn ich im Angehörigenforum lese, wie schwierig das mit Partner und Erkrankung ist, da verliere ich noch mehr den Mut, mich überhaupt auf so was einzulassen. Ich bin viel zu schwierig, denke ich da, wer will schon so ne Frau?
Vor einem Jahr habe ich mich auf AD's eingelassen, und dachte, das ist es jetzt. Wir haben sehr lange suchen und ausprobieren müssen, bis ich eines hatte, das ich annähernd vertragen habe. Aber der große Durchbruch, den ich mir erhofft hatte, der ist ausgeblieben.
Am Mittwoch ist mein Psychiatertermin, da ich da immer dermaßen aufgeregt bin, muss ich vorher alles aufschreiben wie ein Aufsatz, weil ich kein Wort rauskriege vor Aufregung. Zum Glück kennt er mich schon.

Und alleine die Autofahrt, das ist eigentlich schon mein Tagespensum.
Es ist doch echt so traurig, wie wenig ich mir pro Tag zumuten kann.
Ist das normal, wenn man überhaupt von normal sprechen kann?
Ich weiß mir auch keinen Rat mehr, so viel und so lange habe ich schon ausprobiert und experimentiert, dass mir jetzt so langsam die Lust und Überzeugung verloren geht, dass ich eines Tages mit mehr Leichtigkeit leben kann.
Wie findet ihr denn immer wieder Motivation und Mut, weiter zu gehen? Seid ihr da auch so schnell erschöpft und so eingeschränkt in den Unternehmungen?
Ich kapier das alles nicht mehr. Und da dachte ich, schon so viel geschafft zu haben, und trotzdem scheint sich nichts zum besseren zu wenden.
Ich bin mittlerweile schon jenseits der 40, und so langsam kommen dann zur Depression noch die altersgemäßen Probleme dazu. Wie soll das nur so weitergehen? Dann kann ich ja eines Tages gar nichts mehr machen??????
Wenn mir jemand vor 20 Jahren gesagt hätte, wie lange ich mit dieser Erkrankung zu tun haben werde, also, ich weiß nicht, ob ich das so lange gepackt hätte. Meine Motivation war bisher immer: Bald hast du es geschafft, dann geht alles leichter und besser.
Vermutlich der falsche Satz



LaLeLu

Re: Das richtige Maß finden

Beitrag von LaLeLu »

Liebe Häuptling

"Dann bin ich in meine Wohnung und wenn ich gekonnt hätte, dann hätte ich am liebsten geweint.
Wieso bin ich immer so schnell überfordert und so wenig belastbar?
Meine Latte für Belastbarkeit hängt ganz, ganz niedrig. Nicht umsonst bin ich seit 2 Jahren im amtsärztlich verordneten Ruhestand, doch so langsam müsste es doch mal besser gehen.
Wenn ich das jemand erzählen würde, der nichts mit Depression und so zu tun hätte, der würde vermutlich den Kopf schütteln und wäre froh, nur so ein paar mickrige Termine wie ich zu haben. Peanuts.
Ja, ja, ich weiß, bloß keine Vergleiche mit anderen ..."

Dir geht es genau so wie mir - auch für mich sind Termine ein Horror. Letzte Woche war eine solche Mammutwoche. Ja, für andere Menschen sind es vermutlich wirklich Peanuts. Ich denke so oft, ich darf niemandem berichten, was mich in Angst und Panik versetzt und wie schnell ich restlos überfordert bin und mich in mein Schneckenhäuschen verkrieche um mich in Sicherheit zu bringen.

"Und meine Träume von einer eigenen Familie und so, wie denn? Ich kriege es ja mit mir kaum auf die Reihe und oft genug nur unter ziemlichen Anstrengungen.
Wenn ich im Angehörigenforum lese, wie schwierig das mit Partner und Erkrankung ist, da verliere ich noch mehr den Mut, mich überhaupt auf so was einzulassen. Ich bin viel zu schwierig, denke ich da, wer will schon so ne Frau?"

Auch mein größter Wunsch war immer eine Familie und vor allen Dingen Kinder. Als ich so krank wurde habe ich mich von meinem Partner getrennt, weil ich es einfach nicht wollte, dass sein Leben mit zerstört wird. Er war todunglücklich und konnte nicht loslassen, sagte mr, dass wir es zusammen schaffen werden und er mich nicht verlässt. Es war eine schreckliche Zeit...

Heute bin ich Mitte 40 und weiss, dass ich es nicht schaffen würde. Ich komme mit mir selbst kaum klar, bin in kürzester Zeit restlos überfordert.

Es wäre purer Egoismus, wenn ich trotzdem meine gewünschten vier Kinder bekommen hätte. Freilich schmerzt es ganz, ganz arg und zur Zeit ist es auch wieder öfter Thema in der Therapie.

"Und alleine die Autofahrt, das ist eigentlich schon mein Tagespensum. "

Du sprichst mir aus tiefster Seele. Ich habe einen weiteren Weg zu meiner Therapeutin (einfacher Weg 40 Minuten über die Autobahn). So sind meine Therapietermine jedesmal eine irrsinnige Herausforderung. 40 Minuten Autofahrt hin, dann eine Doppelstunde Therapie, 40 Minuten Autofahrt zurück - aber auch nur, wenn auf der A3 kein Stau ist (und das ist so gut wie nie der Fall!).

"Es ist doch echt so traurig, wie wenig ich mir pro Tag zumuten kann.
Ist das normal, wenn man überhaupt von normal sprechen kann?
Ich weiß mir auch keinen Rat mehr, so viel und so lange habe ich schon ausprobiert und experimentiert, dass mir jetzt so langsam die Lust und Überzeugung verloren geht, dass ich eines Tages mit mehr Leichtigkeit leben kann.
Wie findet ihr denn immer wieder Motivation und Mut, weiter zu gehen? Seid ihr da auch so schnell erschöpft und so eingeschränkt in den Unternehmungen?
Ich kapier das alles nicht mehr. Und da dachte ich, schon so viel geschafft zu haben, und trotzdem scheint sich nichts zum besseren zu wenden. "

Und auch diese Worte könnten ganz und gar von mir sein. Ich kann es gerade kaum glauben, dass es noch einen Menschen gibt, der vieles so wie ich erlebt und empfindet...

Liebe Häuptling, was könnten wir uns überlegen zur gegenseitigen Ermutigung und Unterstützung?

Weisst Du, ich denke auch, dass unsere massive Erschöpfung nicht von ungefähr kommt: Jahrzehntelanger Raubbau und Ignoranz unseres um Hilfe und Stopp rufenden Körpers und der Seele.

Es macht mich gerade ganz arg traurig.

So oft frage ich mich: " Was "lebe" ich nur für ein "Leben". Kein Mensch ist so merkwürdig wie ich. Warum schaffe ich es nicht wie alle anderen Menschen zu leben..."

Ach, liebe Häuptling, einen Rat weiss ich irgendwie auch nicht.

Bitte gib nicht auf, ich tue es auch nicht.

Von ganzem Herzen alles Liebe - ich verstehe Dich so sehr!
Maximiliane
Beiträge: 159
Registriert: 6. Aug 2010, 19:45

Re: Das richtige Maß finden

Beitrag von Maximiliane »

Liebe LaLeLu,

Vielen Dank!
Auch wenn du es nicht beabsichtigst hattest, sind mir beim Lesen deiner Antwort die Tränen gekommen. Das vermisse ich so sehr, mal alles betrauern und beweinen zu können. Dann wäre bestimmt wieder mehr Platz für anderes gechaffen in mir. Danke!

Zitat:
Weisst Du, ich denke auch, dass unsere massive Erschöpfung nicht von ungefähr kommt: Jahrzehntelanger Raubbau und Ignoranz unseres um Hilfe und Stopp rufenden Körpers und der Seele.

Es macht mich gerade ganz arg traurig.


Oh ja, es hat bei mir trotz Therapie und Klinikaufenthalt, die ich 1999 begann, noch mal 8 Jahre gedauert, bis überhaupt erst mal die richtige Diagnose stand. Und selbst dann hat es noch mal 3 endlose Jahre gedauert, bis ich eine Therapeutin und eine Klinik fand, die mich mal NICHT retraumatisiert hat, sondern mir WIRKLICH ein Stück weiterhelfen konnte.
Ich bin dieses Jahr zum ersten Mal WIRKLICH ein Stück stabilisierter nach Hause entlassen worden. Alle anderen Therapien und KLinikaufenthalte waren sowas von für die Katz und dass es mir besser ging, das stand nur in grottenschlechten Abschlussberichten qualitiätszertifizierter Kliniken, die ihr Versagen nicht zugeben wollten.
Ich merke gerade, wie ich sowas von ärgerlich werde (das ist gut, das hat was von lebendig sein) .
Weißt du, wie oft ich mir anhören musste, ich wolle wohl keine Verantwortung übernehmen, nur weil es mir nicht besser ging? Unglaublich, was sich Therapeuten ausdenken, um ihre eigene Schwäche nicht zugeben zu müssen. Und ich Blödfrau habe das auch noch genommen und auf mir selbst rumgehackt.
Erst in diesem Jahr hat mir diese superkompetente Therapeutin an der neuen KLinik mal die Augen geöffnet und mir gezeigt, wie verantwortungsbewusst ich bin und dass alles andere die falschen Therapien für mich waren. Ich habe danach geweint, bitterlich geweint um die vielen verlorenen Jahre.
Und es hat soooo viel Kraft gekostet, den Karren immer und immer wieder aus dem Dreck ziehen zu müssen, den ich mit Hilfe inkompetenter Therapeuten hineingesteuert hatte.
Ich glaube auch da, liebe LaLeLu, weißt du selbst, von was ich spreche.

Zitat:
So oft frage ich mich: " Was "lebe" ich nur für ein "Leben". Kein Mensch ist so merkwürdig wie ich. Warum schaffe ich es nicht wie alle anderen Menschen zu leben..."

Hier musste ich ein wenig schmunzeln, denn anscheinend habe ich in dir und du in mir noch jemanden gefunden, der bzw. die genauso "merkwürdig" ist.

Wie oft habe ich mir selbst so was in ähnlicher Weise gesagt.
Angeblich soll sich die Seele vor ihrer Geburt ihr zukünftiges Leben anschauen können und sich dann dafür oder dagegen entscheiden dürfen. Also ich weiß nicht, was ich von dieser Ansicht halten soll. Da muss meine Seele nicht so genau hingeschaut haben, oder? Anderst kann ich mir das nicht erklären, dass ich da so ein sonderbares Leben lebe.
Natürlich bietet mein Leben eine Menge Erfahrungswerte für des Seele Wachstum, aber diese Sichtweise tröstet mich nur wenig bis gar nicht, wenn ich mich mit dieser Erkrankung als Außenseiter erlebe.
Was möchte ich denn außergewöhnliches? Ich möchte doch nur ein ganz, normales Leben führen können.

Vorhin hat sich meine Erschöpfung in Ärger gewandelt. Ich wurde so ärgerlich, dass sich seit über einer Woche in meiner Küche das Geschirr stapelt und schon komisch roch. Dank dieser Ärgerenergie habe ich dann alles endlich mal abgespült. Warum müssen selbst solche banalen Arbeiten so eine riesige Anstrengung sein?

Ja, ich bin auch ganz arg traurig über das alles.
Sich da in Dankbarkeit üben, das gelingt vermutlich nur eingefleischten Gurus.
Dazu bin ich dann wiederum zu "Normal" Also doch nicht so merkwürdig und sonderbar .

Danke dir nochmals für deine Worte, ja, es tut gut, nicht die einzige "Merkwürdige" auf dieser Welt zu sein. Da sind wir also schon mal zu zweit


Eine Gute Nacht wünscht dir

Häuptling
Maximiliane
Beiträge: 159
Registriert: 6. Aug 2010, 19:45

Re: Das richtige Maß finden

Beitrag von Maximiliane »

P.S.:

Und es macht mich auch so traurig, dass du auf Kinder und Partnerschaft verzichtet hast. Ich kann dahinter die Verzweiflung spüren, die hinter so einer "Entscheidung" steckt. So ein bewusster Verzicht, das tut sehr, sehr weh.

Als dieses Jahr eine viel jüngere Cousine geheiratet hat, hat mich das sehr, sehr mitgenommen. Warum sie, und nicht ich. Was hat sie, was ich nicht habe, was habe ich falsch gemacht, ... warum? Halt die Fragen, die dann so kommen in einem.
Von daher habe ich nun auch immer wieder das Thema "Partnerschaft" und "Kinder" als Inhalt in der Therapie. Ich bin nun Anfang vierzig, und fühle mich manchmal wie am Ende meines Lebens. Soll das noch mal 40 Jahre so gehen? ...

Danke für deine Offenheit!

Ich drücke dich mal ganz vorsichtig und wünsche dir nochmals eine GUTE NACHT und bis bald,

Häuptling
Maximiliane
Beiträge: 159
Registriert: 6. Aug 2010, 19:45

Re: Das richtige Maß finden

Beitrag von Maximiliane »

Guten Morgen, auch wenn es schon Mittag ist!

Heute musste ich sehr früh aufstehen, weil ein Spediteur meinen neuen Lattenrost gebracht hat. "Dank" der Medis war das recht schwierig, wach zu werden. Naja, zumindest habe ich ihn nicht im Bademantel empfangen müssen , das hat dann noch geklappt, mir was Gescheites überzuziehen.
Das Positive am frühen Aufstehen: ich habe bis jetzt alles erledigen können, womit ich normalerweise erst abends fertig geworden wäre. Das heißt, jetzt habe ich den Rest des Tages Zeit nur für mich.
Meine Therapeutin ermuntert mich immer wieder, mich mit etwas zu belohnen. Aber da fällt mir außer "Kaba kochen" nichts ein.
Hat da jemand Anregungen und Erfahrung in Bezug auf "Belohnung"?

@LaLeLu
Zitat:
Liebe Häuptling, was könnten wir uns überlegen zur gegenseitigen Ermutigung und Unterstützung?

Auch da fällt mir momentan nichts ein. Vielleicht einfach immer wieder füreinander da sein, zuhören, "in den Arm nehmen", von eigenen Erfahrungen sprechen, ...
Da wir so viel Ähnliches zu haben scheinen, müssen wir uns auch nicht mehr so viel erklären. Das macht es auch etwas leichter.
Hast du noch ne Idee? Vielleicht kommen uns die auch noch mit der Zeit. Ich bin ja noch ziemlich frisch hier im Forum. Seit wann bist du denn dabei?

Ansonsten ist mir heute nur zum Weinen zumute , und das wäre schön, wenn mal so ein paar Tränchen, so wie gestern, fließen könnten. Gut, dass ich heute mal meine Gefühle in mir wahrnehme und sie benennen kann, allemal besser als dieses depressive "Einheitsgrau"
Heute Mittag werde ich mich noch auf meinen Termin beim Psychiater morgen vorbereiten. Da ich immer wieder mit rechnen muss, vor lauter Angst vor ihm zu sitzen und nichts von mir geben zu können, schreibe ich ihm das Wichtigste vorsorglich auf einen Zettel.
Übrigens, das liegt nicht am Psychiater , denn der ist schon meine Wellenlänge und der beste, den ich bisher getroffen habe.

Soweit für jetzt erst mal,
ein lieber Gruß von
Häuptling
LaLeLu

Re: Das richtige Maß finden

Beitrag von LaLeLu »

Liebe Häuptling

Auch mir ist es heute nur zum Weinen zumute, außerdem scheint mein Kopf mal wieder zerspringen zu wollen

Ich melde mich später in Ruhe bei Dir. Ich habe schon einiges erledigt, bin geradelt und habe noch nicht einmal gefrühstückt. Leider frühstücke ich nie vor 13.00 Uhr, eher noch später, so wie heute.

Entweder schreibe ich Dir heute Nachmittag oder aber am Abend. Ich werde mich nachher hinlegen müssen, vermutlich auch leider wieder ein Schmerzmittel nehmen müssen

Übrigens bin auch ich so ein Mensch, der am liebsten bei Regen draußen im Wald und in der Natur ist, weil dann nämlich nur wenige Menschen unterwegs sind und sie ähnlich "hart im Nehmen" sind wie ich. Wenn Sonnenschein ist und solche Menschenmassen unterwegs sind, am "besten" noch solche Sonntagsausflügler, Familien mit "Kind und Kegel" gerade ich vollkommen in Panik, zudem wirkt es sich sehr negativ auf die Depression aus.

Ja, es sind so viele Ähnlichkeiten. Nur eines kann ich leider gar nicht: mir gelingt es niemals meine Arbeit liegenzulassen. Alles muss ich sofort erledigen, auch dann wenn ich mich kaum auf den Beinen halten kann. Ich bin so perfektionistisch, ordentlich, ja, zwanghaft. Wenn ich nur ein wenig schludern könnte. Doch das ist die "tolle" Erziehung...

So, nun erst mal duschen gehen, frühstücken und dann schaue ich, ob ich noch schreiben kann oder mich erst hinlege und Dir heute Abend antworte.

Geniesse Deinen freien Tag (aber Du hast doch heute noch Deinen Termin mit dem Psychiater, oder!?).

Ich schicke Dir einige Sonnenstrahlen und kühle frische Luft mit ganz lieben Grüßen
LaLeLu

Re: Das richtige Maß finden

Beitrag von LaLeLu »

Liebe Häuptling,

es tut mir leid, dass ich gestern nicht mehr schreiben konnte - ich hatte so arge Kopfschmerzen, die auch mit "Novalgin" nicht vergingen.

Leider habe ich so heftige Kopfschmerzen recht oft, sie halten auch bis zu vier Tage an. Einmal sogar 8 Tage!

"Auch wenn du es nicht beabsichtigst hattest, sind mir beim Lesen deiner Antwort die Tränen gekommen. Das vermisse ich so sehr, mal alles betrauern und beweinen zu können. Dann wäre bestimmt wieder mehr Platz für anderes gechaffen in mir. Danke!"

Nein, das wollte ich wirklich nicht. Warum kamen Dir die Tränen? Habe ich getriggert? Es tut mir so leid!

Manchmal kann ich auch nicht weinen, und dann wieder weine ich so arg, dass ich nicht mehr in der Lage bin zu sprechen.

"Oh ja, es hat bei mir trotz Therapie und Klinikaufenthalt, die ich 1999 begann, noch mal 8 Jahre gedauert, bis überhaupt erst mal die richtige Diagnose stand. Und selbst dann hat es noch mal 3 endlose Jahre gedauert, bis ich eine Therapeutin und eine Klinik fand, die mich mal NICHT retraumatisiert hat, sondern mir WIRKLICH ein Stück weiterhelfen konnte."

Fast vermute ich, dass wir die gleiche Diagnose (neben der Depression) haben. Ich habe ja ein ganzes "Sammelsurium" an Diagnosen. Doch ich mag es überhaupt nicht, wenn Menschen mich auf Diagnosen/ Krankheiten reduzieren - in erster Linie bin ich ein Mensch mit ganz vielen Erfahrungen, die ich in meinem Leben machen musste.

Ich habe noch nie gefragt: "Warum ich, warum nicht XY?" Ich denke immer: "Warum nicht ich?"

Ja, es ist so unendlich wichtig und wertvoll einen wirklich kompetenten Therapeuten zu finden. Auch ich habe sehr viele ungute Erfahrungen machen müssen. Therapeuten, die offenbar "blind" waren und durch die ich unzählige Jahre verlor - ich versuche das Beste daraus zu machen.

Freilich, meine sehnlichster Wunsch: eine Familie und vier Kinder etc. ist nicht mehr realisierbar. Ich möchte keinem Kind eine Kindheit und ein Leben in Leid und Qual eröffnen. Ich bin einfach nicht stabil genug und mittlerweile ja auch nicht mehr jung.

Es hilft mir aber sehr, dass ich von Zeit zu Zeit auch immer wieder in der Therapie über meine tiefe Trauer sprechen kann. Und zum Glück habe ich zwei so sehr süsse kleine Nichten, die ich über alles liebe!

"Ich merke gerade, wie ich sowas von ärgerlich werde (das ist gut, das hat was von lebendig sein) .
Weißt du, wie oft ich mir anhören musste, ich wolle wohl keine Verantwortung übernehmen, nur weil es mir nicht besser ging? Unglaublich, was sich Therapeuten ausdenken, um ihre eigene Schwäche nicht zugeben zu müssen. Und ich Blödfrau habe das auch noch genommen und auf mir selbst rumgehackt. "

Ja, ich denke, wir haben durch unsere negativen Therapierfahrungen sehr viel lernen müssen. Auch ich fühlte mich damals völlig unfähig und "zu dumm Therapie zu machen". Das Problem war aber ein anderes: meine damalige Therapeutin konnte keinerlei Kritik annehmen und schon gar keine Fehler zugeben.

Als ich vor 2 Wochen meiner jetzigen Therapeutin zwei Situationen aus der damaligen Therapie berichtete, war sie sprachlos und stellte erst mal richtig, dass es grobe Fahrlässigkeit von Seiten der Therapeutin war und keinesfalls zutrifft, was sie mir "an den Kopf warf".

Es ist einfach nicht leicht!

Therapeuten sind freilich auch nur Menschen, doch sollten sie auch offen für Kritik sein und darüber nachdenken können und zu evtl. Fehlern auch stehen. So ist es bei meiner jetzigen Therapeutin. Wir hatten auch schon Konflikte, doch haben wir uns immer wieder zusammengerauft.

"Hier musste ich ein wenig schmunzeln, denn anscheinend habe ich in dir und du in mir noch jemanden gefunden, der bzw. die genauso "merkwürdig" ist."

Oh ja, allmählich habe ich auch immer wieder das Gefühl, dass es ja noch einen Menschen gibt, der so "merkwürdig" ist wie ich. Es ist auch tröstlich zu wissen, dass ich nicht mehr alleine bin - wir sind schon zu zweit

"Angeblich soll sich die Seele vor ihrer Geburt ihr zukünftiges Leben anschauen können und sich dann dafür oder dagegen entscheiden dürfen. Also ich weiß nicht, was ich von dieser Ansicht halten soll. Da muss meine Seele nicht so genau hingeschaut haben, oder?"

So etwas ist für mich mittlerweile nicht mehr relevant, weil es kein Mensch wirklich weiß und/ oder beweisen kann. Auch mir wurde einmal gesagt, daß ich mir meine "Eltern" ausgesucht habe...

"Und es macht mich auch so traurig, dass du auf Kinder und Partnerschaft verzichtet hast. Ich kann dahinter die Verzweiflung spüren, die hinter so einer "Entscheidung" steckt. So ein bewusster Verzicht, das tut sehr, sehr weh."

Ja, es ist wirklich eine unsagbare Trauer und ein kaum auszuhaltender Schmerz, noch zumal mein Freund eine Seele von Mensch war und mir "die Sterne vom Himmel holte". Ohne diese schweren Erkrankungen hätte ich mich niemals von ihm getrennt. Doch ich wollte nicht sein Leben mit zerstören. Er war so lieb und wollte mich durch all dies begleiten, an meiner Seite sein. Mehr mag ich hier so öffentlich nicht schreiben.

"Ich drücke dich mal ganz vorsichtig und wünsche dir nochmals eine GUTE NACHT und bis bald,"

Danke schön, das ist lieb von Dir!

Auch ich nehme Dich jetzt ganz vorsichtig in den Arm und wünsche Dir eine gute und ruhige Nacht

Alles Liebe für Dich, liebe Häuptling

P.S.: Wie war Dein Termin heute bei Deinem Psychiater? Konntest Du sprechen? Hat es Dir gutgetan? Wie war Dein heutiger Tag?
otterchen
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Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: Das richtige Maß finden

Beitrag von otterchen »

Guten Morgen!

Ich muss gestehen: ich habe hier nur quergelesen.
Diesen Punkt hier möchte ich aber aufgreifen:

Manchmal kommt mir das so vor, als würde ich mir selbst nicht gönnen, dass es mir besser geht. Neben meinem inneren Antreiber noch ein Boykotteur?

Ja, den gibt es!

Das ist der, der einem zuflüstert: das ist doch sinnlos.
Und der kann verdammt viel Macht haben, wenn er weit vorne steht und ihm niemand widerspricht.

Wie wäre es, ihm eine Gegenstimme zu geben?
Etwa einen inneren Beschützer oder Freund oder Anwalt oder Bodyguard - wie immer man diese innere Stimme anlegen möchte.
Sobald man dann die Stimme des Boykotteurs hört, kann man die andere Stimme fragen: und, was hast du dazu zu sagen?
Und wenn das noch nicht reicht: weitere Stimmen an die Seite des Boykotteurs stellen, wie z.B. die positive Erinnerung, die Hoffnung, die, die niemals aufgibt usw.
Wenn man also dieses permanente Flüstern hört "das macht doch alles keinen Sinn" kann man aktiv seine anderen Stimmen ansprechen und sie argumentieren lassen... solange, bis der Boykotteur ruhiger wird.
Er wird gewiss noch oft vorbeikommen, aber das wird kürzer und leiser und nicht mehr so nachhaltig werden.

Falls dieses Thema fremd ist: das hat nix mit "Stimmen-hören" zu tun bzw. mit Schizophrenie. Es geht um unsere inneren Anteile und darum, dass wir gewisse Anteile in uns nicht genug ausgebildet haben und das antrainieren können.




Mehr dazu:
http://www.zeitzuleben.de/artikel/perso ... ialog.html
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
Maximiliane
Beiträge: 159
Registriert: 6. Aug 2010, 19:45

Re: Das richtige Maß finden

Beitrag von Maximiliane »

Guten Morgen,

ein neuer Tag, neues Glück, eine neue Chance.
Gestern das Programm "Psychiater" hat mir doch viel abverlangt. Und ich habe es doch gut gemeistert. Und die Idee mit dem Zettel, auf dem alles wichtige draufsteht für den Psychiater, für den Fall, dass ich vor lauter Aufregung kein Wort rauskriege, was schon mal der Fall war, kommt auch gut an (oh, einer meiner "berühmten" Schachtelsätze )
Da muss ich mich mal selbst loben
( für den bestandenen Psychiaterbesuch, nicht für die Schachtelsätze )

@otterchen
Ja, Eigenlob stinkt NICHT, sondern ist verdammt wichtig, sehe ich jetzt auch. Vor allem, wenn man eh zu wenig Anerkennung erfahren hat im Leben. Und wer, wenn nicht ich, sollte mich loben? Natürlich schön, wenn das auch mal von außen kommt, aber in erster Linie sollte die Anerkennung von mir mir selbst gegenüber kommen. Zu mir selbst stehen heißt die Devise. Sonst nützt mir ein Lob von außen ja nichts und ich mache mich nur wieder abhängig von anderen.

@LaLeLu

Oh ja, die Kopfschmerzen. Ein eindeutiges Zeichen der Seele.
Ich habe mir gestern ein Migränemittel verschreiben lassen, weil ich diese Schmerzen nur noch schwer mittragen kann. Kopfschmerzen erlebe ich bei mir als Ausdruck der Gefühle, die ich nicht nach außen bringen kann, momentan vor allem Trauer und Schmerz.
Und wenn ich mich richtig erinnere, hast du eine schwere Therapiesitzung gehabt letzte Woche, das braucht dann Zeit und Ruhe, aber so lange ohne Unterbrechung Kopfschmerzen zu haben, kostet dich bestimmt viel,viel Kraft.


Die würde ich dir gerne mal schicken, und weg mit den Schmerzen!!!!!

Zitat:
"Auch wenn du es nicht beabsichtigst hattest, sind mir beim Lesen deiner Antwort die Tränen gekommen. Das vermisse ich so sehr, mal alles betrauern und beweinen zu können. Dann wäre bestimmt wieder mehr Platz für anderes gechaffen in mir. Danke!" Zitatende

Du, das war wirklich im positiven Sinne gemeint!!!!!! Mir fehlt das Weinen wirklich sehr, und das hat so gut getan, da mal ein paar Tränen vergießen zu können. Da hast du wirklich den richtigen Schüssel für die Tür gehabt. Und ich nehme das nächste Woche mit in die Therapie.
Da brauchst du dir wirklich keine Vorwürfe zu machen, da hast du mir ein Stückchen helfen können, ehrlich!!!!!

Zitat:
"Ja, es ist so unendlich wichtig und wertvoll einen wirklich kompetenten Therapeuten zu finden. Auch ich habe sehr viele ungute Erfahrungen machen müssen. Therapeuten, die offenbar "blind" waren und durch die ich unzählige Jahre verlor - ich versuche das Beste daraus zu machen.
Ja, ich denke, wir haben durch unsere negativen Therapierfahrungen sehr viel lernen müssen. Auch ich fühlte mich damals völlig unfähig und "zu dumm Therapie zu machen". Das Problem war aber ein anderes: meine damalige Therapeutin konnte keinerlei Kritik annehmen und schon gar keine Fehler zugeben.
Als ich vor 2 Wochen meiner jetzigen Therapeutin zwei Situationen aus der damaligen Therapie berichtete, war sie sprachlos und stellte erst mal richtig, dass es grobe Fahrlässigkeit von Seiten der Therapeutin war und keinesfalls zutrifft, was sie mir "an den Kopf warf". " Zitatende

Liebe LaLeLu, das hätte alles auch von mir kommen können. Auch ich habe durch meine jetzige Therapeutin die Augen geöffnet bekommen, was damals alles falsch lief und warum es mir nicht besser, sondern immer schlechter ging. Und dass das nicht an mir gelegen hat, im Gegenteil, ich war so kompetent als Klientin, das ich quasi den Therapeuten noch sagen musste, was sie zu tun hatten. Habe also deren Verantwortung auch noch mitübernommen.
Man, hat das wehgetan, als sie mir das mal aufgezeigt hat, wie anmaßend und unverantwortlich und sich selbst überschätzend damals diese Therapeuten gearbeitet haben. Und ich habe da auch ein typisches Muster aus meiner Kindheit wiedergefunden und ein Stück loslassen können.

Ja, die Kompetenz eines Therapeuten ist aus meiner Sicht auch, dass er bereit ist, über seine Erfahrungen hinaus vom Klienten mitzulernen und sich seine Schwäche eingestehen kann. Denn der Klient ist und bleibt nun mal sein eigener Fachmann/ Fachfrau. Das sollte ja das Ziel einer Therapie sein, irgendwann entbehrlich zu sein.

Mittlerweile bin ich auf die Verhaltenstherapeutische Ebene übergewechselt, weil ich mit der Tiefenpsychologie immer wieder die Erfahrung gemacht habe, dass sehr viel aufgewühlt wurde, aber wie ich damit umgehe und es in mein Leben und meinen Alltag JETZT integrieren kann, diese Antwort blieb mir die Tiefenpsychychologie immer schuldig und ich war oftmals mehr als überfordert. Lösungsansätze oder Übungen konnte mir da keiner der Therapeuten damals anbieten.
Die Hier-Und-Jetzt-Ebene tut mir viel besser, und seitdem fühle ich mich auch ein gutes Stück mehr "Da" und nicht mehr so überfordert, ich habe an Zuversicht gewonnen, dass es doch noch mal was wird in meinem Leben, auch wenn das immer wieder schwankt. Und das zeigt mir, dass meine Entscheidung zu dem Kurswechsel goldrichtig war. Und alte Themen bearbeiten, das machen wir auch in der Verhaltenstherapie, aber anders eben.

Zitat:

"Angeblich soll sich die Seele vor ihrer Geburt ihr zukünftiges Leben anschauen können und sich dann dafür oder dagegen entscheiden dürfen. Also ich weiß nicht, was ich von dieser Ansicht halten soll. Da muss meine Seele nicht so genau hingeschaut haben, oder?"
So etwas ist für mich mittlerweile nicht mehr relevant, weil es kein Mensch wirklich weiß und/ oder beweisen kann. Auch mir wurde einmal gesagt, daß ich mir meine "Eltern" ausgesucht habe... " Zitatende

Danke LaLeLu, deine Klarheit dazu hat mir jetzt geholfen, mich von solchen Dingen noch mehr zu distanzieren, weil sie mich sehr verunsichern und mir nicht weiterhelfen, sondern meine Not und Unsicherheit und Selbstanklage noch vergrößern.

So, jetzt ist es doch ein sehr langer Beitrag geworden , aber ich habe mich bemüht, mal einige Absätze mehr zu setzten, damit das ganze etwas übersichtlicher wird, hoffe, es erschlägt nicht.

Einen schönen, guten, hoffnungsvollen Tag wünscht
Häuptling
Antworten