Leben ohne Selbstwert?

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LaraMaria
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Leben ohne Selbstwert?

Beitrag von LaraMaria »

Ich dachte wirklich, dass es mir besser geht. Und nun war heute Gruppentherapie und ich lag eben im Bett und mir kamen die Tränen beim "Nachdenken" und da bin ich dann wieder aufgestanden. Soll man ja so machen, wenn man grübelt.
Das Thema heute war "Selbstwert und Selbstakzeptanz".
Als ich um 18 Uhr dort ankam, ging es mir gut.
Es ging mir jetzt seit 10.8. jeden Tag gut und das war ein großer Hoffnungsschimmer. Ich war auch wieder belastbar, habe viel für den Geburtstag meines Mannes gemacht (Deko, Kuchen, Salatbufett, nicht zu vergessen liebevolle Auswahl der Geschenke, Kümmern um die Gäste, usw.) und war dabei die Ruhe selbst und danach nur körperlich etwas kaputt, aber nicht psychisch so erschöpft wie noch vor ein paar Wochen, wenn ich 2 Arzttermine an einem Tag unterbringen musste.
Ich dachte, es geht voran mit der Genesung und war kurz davor, dies auch meinem Arbeitgeber zu schreiben.
(Nee, nee, für einen Anruf reicht es bei mir immer noch nicht. Außerdem hat mein Thera Urlaub und wir wollten das vorbesprechen, wenn es soweit ist.)
Nun heute diese Sitzung.
2 Stunden über den Selbstwert nachdenken/diskutieren, sich das von allen anhören. Und dann durften wir die Faktoren aufschreiben, die unseren Selbstwert beeinflussen.
Da mein Selbstwert = 0 ist, habe ich die Gründe (die bereits in den Einzelgesprächen in der Klinik erarbeitet wurden) aus meiner Biografie dafür aufgeführt.

-Bevorzugung des Bruders seit der Kindheit bis heute
-Strenge im Elternhaus, Nichtbeachten als Strafe, keine Wärme, kein Beistand, es fehlte immer etwas wie "du bist ok so wie du bist",
-Ausschluss aus der Klassengemeinschaft im Alter von 14 Jahren bis hin zur Aufgabe des Amtes als Klassensprecherin
-wenn ich an meine Pubertät denke, sehe ich meinen Vater nur herumbrüllen und meine Eltern sich wegen mir streiten
-früher Auszug mit 16 auf Wunsch meiner Eltern
-daraus resultierend anschl. Magersucht und kaum Kontakt mit anderen während der Ausbildung, eben wegen der Essstörung
-nach Ende der Ausbildung ehrgeiziger Versuch, Selbstwert über die berufliche Schiene zu erlangen, dabei jahrelange Ausbeute aller meiner Kräfte bis zum Burnout/Endstadium
-Scheitern als Vorgesetzte nach drei Jahren Mobbing-Terror durch die Vorgesetzte des anderen Teams, die mich einfach nicht auf "gleicher Augenhöhe" ertragen konnte, womit dann meine (vor)letzte Säule des Selbstwerts wegbrach (Freunde hatten sich bis dato bereits alle verabschiedet, Familie ist nach wie vor dem Bruder zugewandt, nicht mir)
-was ich bis zum Schluss aufrechterhalten habe, ist eine Fassade und manch einer beschreibt mich wohl als "erfolgreiche, selbstbewusste, junge Frau, die genau weiß, was sie will und das auch bekommt" - so trete ich nämlich ganz gern mal auf, wenn mir die "Bühne" gefällt
-arbeitsunfähig seit Januar

So, und nun?

Die anderen in der Gruppe haben alle noch was gefunden, was ihren Selbstwert bestärkt/aufrechterhält, ich nicht.
Wenn ich es mir genauer ansehe, geht es anderen dabei darum, den Selbstwert durch wiederum andere Menschen zu bestärken/bestärken zu lassen. Ich glaube, dass das eine "Falle" ist. Das hab ich doch jahrelang probiert.
"Ich bin nur wertvoll, wenn ich was leiste."
Als ich nicht mehr die Leistung erbrachte, die "man" sich vorstellte, hat "man" (mein Chef) nur noch mit mir herumgeschrien, mit der Freundlichkeit war es dann vorbei, genauso wie damals im Elternhaus.
Mein Chef und ich haben uns mal gut verstanden, er hat mir sogar mal anonym Blumen ins Büro schicken lassen als Aufmunterung. Tja, diese Zeiten sind wohl für immer dahin, wir sind komplett entzweit.
Oh Mann, wohin ich sehe: verbrannte Erde!

Ich glaube, dass man den Selbstwert nicht im Zusammenhang mit den Menschen erlangen kann, die heute so durch die Landschaft trampeln, egoistisch, unzufrieden, neidisch, gehässig, lästernd, usw. - das kann doch nicht funktionieren.

Unabhängig davon leben, was andere sagen/denken/tun.
Irgenwas arbeiten, ohne sich einen Kopf zu machen, wie jemand anders (ein Chef) das beurteilt, Hauptsache gut bezahlt. Solange das Gehalt aufs Konto kommt...ist doch alles super.
Menschen kommen und gehen lassen, ob sie sich nun melden/anrufen oder nicht, es nicht mehr bewerten, sondern es hinnehmen ohne Klagen, auch wenn Menschen einfach verschwinden, mit Abschiedsbrief womöglich noch (ist mir auch schon passiert, hab ich lange drauf herumgetrauert).

Geht das?

Jedenfalls ist es so, dass ich meinen Selbstwert leider nicht darüber wieder ankurbeln kann, dass
-ich viele Fähigkeiten, auch kreative, habe, wie z.B. dass ich sehr gut koche und backe
-ich eine überdurchschnittlich attraktive Frau bin
-ich viele Interessen habe und zu sehr vielen Themen auch small talk halten kann
(mein Mann findet das unglaublich toll und erwähnenswert).

Warum ist das so?
(weil ich depressiv bin?)

Kommt Selbstwert von allein wieder?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass da noch mal etwas in mir aufkeimt durch meinen Job.
Den werd ich -wenn überhaupt- nur noch für die Kohle machen.

So what?

Was für ein Sch...Abend!

Kann man leben ohne Selbstwert?
Kommt das in der Therapie noch "dran", wie das geht? (bin erst am Anfang, ist erst die 1. Therapie)

Viele Fragen und noch eine lange Nacht...

Aber ein chinesisches Sprichwort sagt
"Jede dunkle Nacht hat ein helles Ende."

Aufgeben geht ja auch nicht.

In diesem Sinne allen, die bis hierhin tapfer mitgelesen haben, eine GUTE Nacht.

Liebe Grüße von einer traurigen
LaraMaria
Schlaflos4000
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Re: Leben ohne Selbstwert?

Beitrag von Schlaflos4000 »

Hallo Lara,

Kann Dich in allen Deinen Sorgen verstehen. Bin jetzt aber mal, was selten vorkommt, wirklich müde. Von daher nicht wirklich viele Tipps:

- Sei Dir bewusst, dass Du wirklich gute Eigenschaften und Fähigkeiten hast.
- Das, was Du schreibst, klingt trotzdem nach einer bodenständigen und selbstbewussten Frau. Du siehst es nur nicht oder nimmst es falsch war.
- Überwinde den Schweinehund - JETZT - und wenn`s nur für den Moment ist !!!

Alles Gute !!!
" Sei Teil der Lösung, nicht Teil des Problems !" JFK
wennfrid
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Registriert: 15. Feb 2010, 08:01

Re: Leben ohne Selbstwert?

Beitrag von wennfrid »

Hi LaraMaria
Ich glaube, daß der Selbstwert täglich erarbeitet werden muß. Spätestens, wenn sich eine Depressione einstellt, erkennt man, wie wichtig der Selbstwert ist. Bis zu diesem Zeitpunkt ist seine Denkstruktur so ausgerichtet gewesen, daß der Selbstwert mehr oder wenig verkümmert ist. Von selber wird sich daran nicht viel verbessern. Ich kann aber durch tägliches Training, (Ist im Sport nicht anders)den Selbstwert verstärken. Mir hat folgendes Buch geholfen: (Keine Werbung)
"So gewinnen sie mehr Selbstvertrauen" von Rolf Merkle
Viel Kraft und Energie

Fridolin
wennfrid
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Registriert: 15. Feb 2010, 08:01

Re: Leben ohne Selbstwert?

Beitrag von wennfrid »

Nochmal ich.
Habe Geduld mit dir. Meist hat es Jahrzente gedauert, bist der Selbstwert sich so gebildet hat, wie er jetzt ist. So passiert von heute auf morgen nicht allzuviel.
Ein paar Sätze aus dem obengenannten Buch:
Selbstvertrauen - wer von uns wünscht sich das nicht und wer von uns könnte davon nicht mehr gebrauchen? Vieles im Leben würde uns leichter fallen und so mancher Frust bliebe uns erspart. ...
Viel Kraft und Energie

Fridolin
jasomimin
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Re: Leben ohne Selbstwert?

Beitrag von jasomimin »

Selbstwert, was ist das? Versuche seit meiner Kindheit nur das zu sein, was andere von mir erwarten, die liebevolle Tochter, die verständnisvolle Ehefrau, die alles erledigende Mutter, die Kollegin, die immer kann. Und wenn ich dann mal ICH selber bin, dann nur verdutzte Gesichter: was ist denn mit der los? Es kostet soo viel Kraft, diese Fassade aufrecht zu erhalten. Bin ich egoistisch, wenn ich auch mal an mich denke? Und schon wieder diese Selbstzweifel, ob es richtig ist, krank zu sein. Oder bin ich nur faul? Nein ich bin stark, und ich will jetzt endlich MEIN Leben leben! Nur wie???? Sorry, statt aufzumuntern ziehe ich euch noch mit runter, aber das mußte mal raus.
Maximiliane
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Re: Leben ohne Selbstwert?

Beitrag von Maximiliane »

Hallo Lara Maria,

das mit dem Selbstwert ist momentan auch immer wieder mein Thema.

> Ich glaube, dass man den Selbstwert nicht im Zusammenhang mit den Menschen erlangen kann, die heute so durch die Landschaft trampeln, egoistisch, unzufrieden, neidisch, gehässig, lästernd, usw. - das kann doch nicht funktionieren.

Sicherlich braucht man Menschen als Resonanz, um sich selbst zu erkennen, zu sehen, wo stehe ich eigentlich momentan, wer bin ich überhaupt, um sich weiter entwickeln zu können.
Und das, was du hier sagts, ist auch mein Resumee. Es funktioniert nicht, sich im Außen eine Welt aufzubauen, die einem Selbstwert vermittelt. Denn wenn alles wegfällt, wegbricht, dann hat man ja keinen Selbstwert mehr.
Und um so schmerzlicher erkenne ich immer wieder, wie fest ich immer noch an der Anerkennung von außen hänge. Da ist das kleine Kind in mir, immer noch auf der Suche nach Anerkennung, die es so fast nie bekommen hat. Die anerzogenen Einstellungen, etwas WErt zu sein, wenn ich einen guten Schlulabschluss hinlege oder Heirate.
Vom Kopf her weiß ich mittlerweile, dass ich die Anerkennung, nach der ich mich so sehne, nicht kriegen werde, aber ich kann sie mir selbst geben. Umso schöner ist es dann, wenn auch mal von Außen Anerkennung kommt.
Und prinzipiell weiß ich auch, dass der Selbstwert aus einem selbst heraus kommt, den muss man nicht erwerben.
Doch wenn du es nie anders erlebt hast, dann ist es schwer, aus dieser anerzogenen Einstellung rauszugehen und einen neuen Weg zu gehen, nämlich unabhängig von den Urteilen über dich im Außen zu werden und dir deinem Selbstwert aus dir selbst heraus bewusst zu sein.

Auch ich habe viel Ablehnung im Leben erfahren, und habe es allen anderen sehr leicht gemacht, indem ich mir den Schwarzen Peter zugeschoben habe, ich mich selbst für alles verantwortlich gefühlt habe, ich der schlechteste und doofeste Mensch auf der Welt sei, der überhaupt keine Daseinberechtigung hat. Selbstwert gleich Null und darunter.
War das ein mühsamer Weg, bis ich erst mal die Erkenntnis hatte "Halt, jeder Mensch, auch ich, darf hier sein!"
Und dann der Prozess, mich selbst anzuerkennen, mich selbst zu mögen. Das hat Jahre gedauet und ist aus meiner Sicht nie zu Ende. Es gibt immer wieder Einbrüche, Erlebnisse im Außen zeigen mir dann, wo meine Schwachstellen liegen, wo noch Heilungsbedarf besteht.
Und oft genug stehe ich da und weiß keinen Rat, wie ich jetzt weiter gehen könnte.

Wenn im Außen die Fassadem die man jahrelang aufrechterhalten hat, zusammenbricht, erkennt man erst wirklich, was es mit dem Selbstwert auf sich hat.
Und da passiert häufig das, was du, pittimama, erlebst. Dass, wenn man aufbricht, einen neuen Weg zu gehen, nicht mehr diese Fassade weiter zunähren, die Menschen im Außen unagenehm werden, weil sie um sich selbst fürchten.

Sicherlich ist es gerade in depressiven Phasen sehr schwer, so etwas wie einen Selbstwert zu spüren. Und das finde ich das gemeine an dieser Krankheit, dass sie nicht nur die Oberfläche der Menschen, sondern auch innere Schichten befällt.

Was für mich mal sehr tröstlich war, war das, was mir mal ne Pastorin sagte. Das nämlich sogar Jesus unter Selbtzweifeln litt. Und der war sogar ein Heiliger und haderte trotzdem mit sich.
Da habe ich gesehen, das meine Ansprüche an mich, doch jetzt endlich mal ein unerschütterliches, gutes Selbstwertgefühl zu haben, völlig überzogen war.
Das ist ein Prozess, durch allen Höhen und Tiefen, die das Menschsein zu bieten hat.

Aber um es nach dieser langen Ausführung mal kurz auszudrücken:
Ich finde es selbst immer wieder Sch...., wie mein Leben gelaufen ist, und ich gehe Menschen häufig genug aus dem Weg, weil ich total Minderwertigkeitsgefühle habe. Jahrzehntelange Depression, da hab ich nicht viel erreichen können, zumindest nicht aus der Sicht gesehen, die mir anerzogen wurde. Und den Weg da raus, das braucht wie gesagt, wirklich seine Zeit und ist eine Lebensaufgabe.

Viel Kraft für dich, und viel Mut, weiter für dich zu kämpfen, für dich einzustehen. Wenn man etwas vom Kopf her verstanden hat, dann dauert es noch eine Weile, bis es auch in der Seele angekommen ist, denn die dreckigen, alten, überholten Schichten, durch die man durch muss, sind leider nicht von heute auf morgen aufzuweichen.

Vielleicht sollte ich mal Tapetenlöser trinken, dann lösen sich die Schichten vielleicht etwas schneller !

Alles Gute,

Häuptling
susan
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Leben ohne Selbstwert?

Beitrag von susan »

An dieser Stelle passt - so finde ich ganz gut - ein link, den FönX vor einigen Tagen ins Angehörigenforum gestellt hat.

http://www.podcast.de/episode/1447611/A ... rsteher%22

Dieses Interview hilft mir sehr, die Entstehung meiner Krankheit besser zu verstehen. Auch das hier im Forum oft empfohlene Buch von Josef Giger-Bütler "Sie haben es doch gut gemeint" hat mir sehr geholfen

Liebe Grüße
Susan


lt.cable
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Re: Leben ohne Selbstwert?

Beitrag von lt.cable »

Hallo zusammen!

Selbstwert heißt deshalb so, weil wir uns dafür selbst auch etwas wert sein müssen. Das ist ein Gefühl, ganz wichtig, und keine logische Folgerung, die wir flugs mit der richtigen mentalen Anfütterung ziehen können. Selbstwert heißt für mich, Frieden mit sich selbst zu machen und den eigenen Wert zuvorderst aus sich selbst und - wo immer möglich - zusammen mit anderen lieben Menschen speisen zu können. Der Weg dahin war für mich allerdings weit und steinig und dennoch erwische auch ich mich noch heute bei so mancher Schauspielerei.

Beim Blick in die Vergangenheit zu solchen Gelegenheiten bin ich übrigens ganz bei meiner Verhaltenstherapeutin aus der Tagesklinik: Er ist manchmal sicherlich nötig und angezeigt, aber er ist in vielen Fällen auch wenig hilfreich, wenn Veränderung in der Zukunft das Ziel sein soll. Das aber bitte nur als meine Meinung und nicht als irgendeine "reine Lehre" verstehen. Mischen soll man da meiner Ansicht nach immer nach dem eigenen Gefühl.

Es grüßt
lt.cable
Ein Nilpferd wollte zum Ballett
als schönster aller Schwäne.
Nur war es fürs Ballett zu fett.
So scheitern viele Pläne.
- Charles Lewinsky
LaraMaria
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Re: Leben ohne Selbstwert?

Beitrag von LaraMaria »

Ich danke euch für eure Antworten.
Nachdem ich gestern nacht alles niedergeschrieben und eine Weile geweint hatte, bin ich gegen 4 Uhr endlich eingeschlafen. Es tut wirklich gut, seine Gedanken hier lassen zu können. Und wenn dann noch freundliche Antworten kommen - man fühlt sich nicht mehr so allein und ausgeliefert.

Es ging mir leider nicht besonders heute mittag, wäre am liebsten nach dem Frühstück gleich wieder ins Bett gegangen. Vonwegen heller Tag nach dunkler Nacht...
Habe mich aber an die Planung der angenehmen Aktivitäten erinnert (einer der ersten Therapiepunkte), wohlwollend das durchwachsene Wetter zur Kenntnis genommen und dass seit heute wieder Schule ist und bin zum Schwimmen gefahren. Es war herrlich (leer). Und nun bin ich einfach mal zufrieden mit mir, weil ich mich aufraffen konnte und etwas gegen meine richtig schlechte Stimmung getan habe, was sogar ein wenig geholfen hat. Vielleicht ist das ja auch schon sowas wie Selbstwert, wenn man sich allein aufraffen kann, etwas nur für sich zu tun und wenn man dann hinterher auch noch zufrieden mit sich ist. Ich weiß es nicht. Vielleicht ein kleiner Schritt in die richtige Richtung?

Jedenfalls werde ich den Gedanken nicht aufgeben, dass ich gesund werden kann.

"was du heute denkst, wirst du morgen sein"
(Buddha)

Ich habe mir Baldrian gekauft und gehe jetzt zu Bett. Ich übernehme die Verantwortung für mich und meinen derzeit wieder miserablen Schlaf. Ich versuche, gut für mich zu sorgen. Vielleicht ein nächster kleiner Schritt?

"Ein Weg entsteht, wenn man ihn geht."

In diesem Sinne, euch allen einen guten Weg und den nächsten Schritt in die richtige Richtung,

das wünscht euch
LaraMaria
fgregori
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Registriert: 19. Aug 2010, 02:17

Re: Leben ohne Selbstwert?

Beitrag von fgregori »

Hallo an alle,

Ich muss mal gerade was themaabweichendes sagen (entschuldige dafür), aber danke Susan für diesen Link mit dem Interview. Ich habe mir das gerade angehört und es trifft den Nagel auf den Kopf.
Ich habe durch die letzten 2 Tage/Nächte lesen und schreiben hier in diesem Forum und durch Hören dieses Interviews mehr über mich und Depressionen gelernt, als in fast 6 Monaten Theraphie.
Ich glaube, ich kann das erste mal seit 2 Wochen gut einschlafen mit dem Wissen, dass ich endlich Menschen gefunden habe, die mich verstehen können. Es gibt sie!!! Danke
susan
Beiträge: 2551
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Leben ohne Selbstwert?

Beitrag von susan »

Guten Morgen, hulahula,

vielen Dank für die Rückmeldung Und wie gesagt, ohne FönX hätte ich dieses Inteview nie gehört.

Ich finde es wunderschön, weil mir die einfache Ausdrucksweise von Josef Giger-Bütler so gut gefällt. Ich hatte auch das Gefühl, dass er Worte ausspricht, die mir bis jetzt noch nicht möglich waren.

Dadurch hat sich vieles, was ich an Erkenntnissen habe sammeln können, zusammengefügt und ich kann meine Vergangenheit besser akzeptieren.

Alles Gute für Dich!

Liebe Grüße
Susan


otterchen
Beiträge: 5118
Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: Leben ohne Selbstwert?

Beitrag von otterchen »

Hallo LaraMaria,

was ist Dir etwas wert?
Und warum bist Du Dir nichts wert?

Ein Wert bestimmt sich dadurch, was es ist,
nicht, was es nicht-ist.

Der Eiffelturm ist ein tolles Bauwerk - er ist als Seniorenresidenz nicht geeignet.
Eine Eiche ist ein toller Baum, blüht aber nicht so toll wie eine Lilie.

Was ich damit sagen will: wenn man will, kann man an allem was aussetzen. Das Ding ist: wir müssen alles so nehmen, wie es ist, und damit ist es perfekt. Es gibt keine bessere Eiche als die Eiche selbst. Es gibt keinen besseren Eiffelturm als den Eiffelturm selbst. Lilie oder Seniorenresidenz sollte nie sein.

Aufhören zu vergleichen ist ganz wichtig.
Sich selbst annehmen.
Und... ja... den Selbstwert nicht von der Vergangenheit, nicht von anderen Menschen abhängig machen. Wenn Du liebevoll bist, bist Du liebevoll, egal ob das Deine Familie vor Jahren gemerkt hat oder nicht.
Und wenn Du ein Mädchen bist, bist Du ein Mädchen, da spielt es keine Rolle, ob die damals lieber einen Sohn gehabt hätten.

Weiter:
Du scheinst einen dominanten inneren Kritiker zu haben, der auch wirklich kaum ein gutes Haar an Dir lässt. Was ist mit Deinem Anteil, der auch Partei für Dich ergreift? Kannst Du den mehr mobilisieren?
Wenn der Kritiker wieder anfängt mit "ich wurde damals vernachlässigt", könnte der innere "beste Freund / Anwalt / Bodyguard" vielleicht sagen, dass Du es schwer hattest und dass heute einiges anders ist. Dass Du durchaus Deine Qualitäten hast.

Vielleicht schreibst Du mal alles auf, was Du Positives an Dir entdecken kannst. Ohne wenn und aber. Erinnerst Dich, was Menschen schon einmal Nettes zu Dir gesagt haben.
Und dann ergänzt Du das (von den Äußerlichkeiten weitergehend) um Deine Seele: Deine Suche nach Liebe, Anerkennung, Bestätigung usw.
(Denn die Dinge, die wir suchen, liegen bereits in uns - daran glaube ich zumindest)

Lerne, Dich in einem positiven Licht zu sehen. Lobe Dich selbst. Entdecke die Dankbarkeit.
(wenn ich eine Frau ohne Nase sehe, denke ich "egal, dass meine Nase einen Knubbel hat - ich HABE wenigstens eine Nase")
(jemand ohne Beine würde sich IRGENDWELCHE Beine wünschen und einfach froh sein, dass er gehen kann und würde nicht nach irgendwelchen Makeln auf den Beinen suchen) - Prinzip verstanden?

Mehr fällt mir im Moment nicht ein, aber es gibt weitere Möglichkeiten, wie Du Deinen eigenen Wert erkennen kannst. Bitte gib Dir etwas Zeit dafür - bis der Verstand es realisiert hat und es dann wirklich tief in uns drin gefühlt wird und zu einer inneren Gewissheit wird, braucht es seine Zeit.
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
FönX
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Registriert: 2. Jul 2008, 11:37

Re: Leben ohne Selbstwert?

Beitrag von FönX »

Susan:
> Und wie gesagt, ohne FönX hätte ich dieses Inteview nie gehört.
Oh, da habe ich wohl etwas Gutes gemacht. Danke für die Rückmeldung!

Lieben Gruß
FönX

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susan
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Leben ohne Selbstwert?

Beitrag von susan »

FönX,

ja, auf jeden Fall! Jedenfalls konnte ich ganz viel damit anfangen und für mich rausziehen.

Ich hatte Dich ja im Angehörigenforum angeschrieben, und Dich gebeten, es doch hier in "Umgang mit der Krankheit" reinzustellen, weil ich finde, dass es sehr zum Verstehen der eigenen Entwicklung/Krankheit beitragen kann. Aber das hast Du sicher überlesen.... Ist auch gar nicht schlimm, habe mich ja dann entschlossen, es selber reinzustellen.

Wie bist Du auf dieses Interview gekommen, würde mich mal interessieren?

Liebe Grüße
Susan


Clown
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Re: Leben ohne Selbstwert?

Beitrag von Clown »

Lieber FönX,

gleich noch eine Rückmeldung: deinen Giger-Bütler-Link habe ich am Sonntag einem Freund geschickt, der fühlte sich so 'erkannt', dass er sich 'Endlich frei' gekauft hat und schon auf S. 100 ist.

Auch für mich war der Aspekt der Überforderung in der Kindheit, den Giger-Bütler nennt, hilfreich.

Lieben Gruß an die Förde,

Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
DarkRaven
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Registriert: 14. Jul 2010, 16:27

Re: Leben ohne Selbstwert?

Beitrag von DarkRaven »

LaraMaria
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Re: Leben ohne Selbstwert?

Beitrag von LaraMaria »

Ich werde das Interview meinem Mann empfehlen, der doch immer noch Schwierigkeiten hat, mich zu verstehen.
Es kursiert z.B. immer wieder die Idee, ich solle mir doch einfach einen anderen Arbeitgeber suchen und da würde dann alles gut.
Tja, aber zu einem neuen Arbeitgeber bringe ich MICH mit und dann geht der Mist von vorne los.
Ich verstehe langsam, dass es viel Geduld braucht. Das, was ich mir seit dem 13. Lebensjahr zurecht gebastelt habe, wird nach 10 Einzelgesprächen nicht ins Gegenteil gedreht.
Und dass der Klinikaufenthalt gar nicht so ein prima Start war, dafür kann ich nicht wirklich viel.
Heute habe ich den Vergleich zwischen 2 Therapeuten.
Im April dachte ich noch, es sei meine "Schuld" (typisch), aber jetzt, wo ich eine andere therapeutische Vorgehensweise kenne, weiß ich, dass die Psychotherapie in der Klinik allenfalls eine Diagnose herausgearbeitet hat und das war dann auch schon alles. Das bedeutet, dass ich quasi erst seit Anfang Juni diesen Jahres in Therapie bin. Und wie war das mit den kleinen Schritten? Ich werde mich mal damit anfreunden, dass ich in so kurzer Zeit noch gar nicht sooooo weit gekommen sein kann. Und es doch bin, denn es hat sich schon etwas verändert. Eine klitze Kleinigkeit, aber immerhin.

Eigentlich müsste ich das Interview mal auf CD brennen und diese meinen Eltern schenken. au weia, jetzt gehen die Pferde mit mir durch.

Danke für den Hinweis auf dies Interview!

Liebe Grüße
LaraMaria
maggy
Beiträge: 1150
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Leben ohne Selbstwert?

Beitrag von maggy »

Hallo LaraMaria,

und hier noch die Geschichte (für die bildliche Vorstellung) zum Selbst-Wert:
___________________________________________
AKZEPTIERE DICH

Ein König ging in seinen Garten und fand dort verwelkte und sterbende Bäume, Sträucher und Blumen.
Die Eiche sagte, sie stürbe, weil sie nicht so groß sein könne wie die Tanne. Als der König sich der Tanne zuwandte, ließ diese die Schultern hängen, weil sie keine Trauben tragen konnte wie der Weinstock. Und der Weinstock lag in den letzten Zügen, weil er nicht blühen konnte wie die Rose.
Schließlich aber fand der König eine Pflanze, die blühte und frisch war wie immer: das wilde Stiefmütterchen. Auf seine Frage, warum es so wunderbar blühe, erhielt er folgende Antwort:
„Für mich war klar, dass du ein Stiefmütterchen haben wolltest, als du mich pflanztest. Hättest du eine Eiche, einen Weinstock oder eine Rose gewünscht, hättest du sie gepflanzt. Deshalb dachte ich, da ich ohnehin nichts anderes sein kann als das, was ich bin, will ich versuchen, dies nach besten Kräften zu sein.“
____________________________________________

Früher mochte ich Stiefmütterchen gar nicht, weil ich sie als Kind mit meinem Vater immer auf Verwandtschafts-Gräber pflanzen mußte.

Heute liebe ich sie, habe viele im Garten, habe sie gemalt und gestickt .

Alles Liebe
von Maggy


@Susan
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Depression ist die Fähigkeit mit tiefster Gefühlsbereitschaft auf Konflikte zu reagieren
FönX
Beiträge: 3370
Registriert: 2. Jul 2008, 11:37

Re: Leben ohne Selbstwert?

Beitrag von FönX »

Hallo Susan,

> Ich hatte Dich ja im Angehörigenforum angeschrieben, und Dich gebeten, es doch hier in "Umgang mit der Krankheit" reinzustellen
Danke für die Erinnerung. Das Versäumnis habe ich überkompensiert, indem ich es hier UND ins Angehörigenforum gepostet habe.

> Wie bist Du auf dieses Interview gekommen, würde mich mal interessieren?
So einfach wie immer: "Josef Giger-Bütler" in die Suchmaschine getippt und wech damit. Das Interview war auf Ergebnisseite eins. Mich hat der Autor als Mensch interessiert, weil ich da mit "Endlich frei!" angefangen war, und ich wollte mehr über ihn erfahren.

Liebe Grüße
FönX

Bei riesigen Nebenwirkungen essen Sie die Packungsbeilage oder schlagen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
susan
Beiträge: 2551
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Leben ohne Selbstwert?

Beitrag von susan »

Hallo FönX,

"Danke für die Erinnerung. Das Versäumnis habe ich überkompensiert, indem ich es hier UND ins Angehörigenforum gepostet habe. "

SUPER!

Maggy!

Liebe Grüße
Susan


Maximiliane
Beiträge: 159
Registriert: 6. Aug 2010, 19:45

Re: Leben ohne Selbstwert?

Beitrag von Maximiliane »

Hallo Maggy,

das ist so eine wunderschöne, alles treffende Geschichte. Die werde ich mir mal abschreiben und gut sichtbar in meine Wohnung hängen.
Vielleicht hilft mir das, wenn ich mal wieder an mir zweifel, weil ich vieles NICHT erreicht habe, statt das andere zu sehen,was ich erreicht habe, was halt anders ist, als das, was ich gerne wäre oder was ich glaube, das andere es gerne hätten, dass ich es wäre
ÄÄh, muss ich jetzt selbst hundert mal lesen, um den Satz zu verstehen
Bin froh, dass ich heute wieder lachen kann.

Nochmal danke für die Geschichte,

Grüße von
Häuptling
depriheld
Beiträge: 81
Registriert: 9. Apr 2010, 15:04

Re: Leben ohne Selbstwert?

Beitrag von depriheld »

@Maggy
Schöne Geschichte
@LaraMaria
[..Kann man leben ohne Selbstwert? ..]
Du lebst doch, sonst könntest du dieses Posting nicht geschrieben haben .
Das Buch "So gewinnen sie mehr Selbstvertrauen" von Rolf Merkle ist ganz nett, gab mir kurz „Chacka“. Beim nächsten Lebenssturm ist wieder alles zusammengefallen wie ein Kartenhaus.
Als ich schön runter war, konnte ich das alles nicht mehr glauben. „Du bist doch hübsch und noch jung“, „du kannst noch so viel erreichen“, „du kannst doch dies und das“, „was sollen da andere sagen“. Heute weiß ich warum. Weil es irrelevant, nicht wahr ist. Weil Eigenschaften, Fähigkeiten, Jobs, Beziehungen nichts mit dem wahren Wesen zu tun haben. All diese Dinge sind zerbrechlich, vergänglich. Attraktivität- der Körper altert wird krank und stirbt; guter, bestätigender Job - vielleicht geht die Firma insolvent oder Mobbing; Partnerschaft – der Partner haut ab oder stirbt, Bankkonto – morgen vielleicht schon leer; schönes Haus – kann abbrennen; Familie – zerstritten oder Mitglied stirbt. Und es kann jeden treffen, es gibt keine Sicherheit. Jeder sensible Mensch, der sich über diese Dinge ein Selbst zusammenzimmert, das sich als von Gott und der Welt getrenntes Individuum wahrnimmt, muss früher oder später an den Widrigkeiten des Lebens verzweifeln.
Was bleibt übrig, wenn alle äußeren Dinge, die mich „wert“ gemacht haben, mich definiert haben, gegen die Wand gelaufen sind? Bzw. was wärst du ohne die ganzen indoktrinierten Konzepte und Vorstellungen über dich, die anderen, die Welt?
Nichts. Absolutes, unschuldiges Nichts. Kein depressives Nichts. Das ist ja auch schon wieder Etwas. Reine, absolute, unbegrenzte, unberührte, unbedingte Liebe, jenseits aller Wertungen und Vorstellungen. Liebe, die sich vor sich selbst versteckt und dann in den Dingen sucht.
Wer seinen fassbaren Selbstwert auf 0 setzt, hat ja schon mal ein paar Versteckspiele enttarnt.
Aber dann sind weitere Versteckspiele im Anmarsch. Zum Beispiel Therapien. Denn jetzt muss verstanden werden, warum ich in den Dingen gescheitert und nicht glücklich geworden bin. Ja, wenn ich das Verhalten meiner Eltern oder Gefühl xy oder sonst was erst mal aufgearbeitet und verstanden habe und wenn ich an mir nur hart genug arbeite, ja dann, dann in ferner Zukunft kann ich vielleicht mal glücklich sein. Aber kaum glaube ich verstanden zu haben, wie es funktioniert, geht es bald wieder los. Und dann kommt neues Aufarbeiten, weitere Erkenntnisse. Vielleicht dämmert dann mal, dass das nie aufhört. Und wann bin ich glücklich?
All die Warum-Fragen, das Analysieren, das Ändern wollen. Für n Huf. Jetzt in diesem Moment bist du vollkommen und Liebe selbst. Das kannst du nie verstehen. Das kannst du nur tief in dir spüren und es sein, jetzt. Die Freude des einfachen Seins. Es gibt nichts zu erreichen, nirgends hinzukommen. Dabeisein ist alles.
[…bin erst am Anfang, ist erst die 1. Therapie…]
Und weitere werden sicher folgen. Um zu verstehen, wo nichts zu verstehen ist. Schlagt mich, aber is so.
FönX
Beiträge: 3370
Registriert: 2. Jul 2008, 11:37

Re: Leben ohne Selbstwert?

Beitrag von FönX »

> Das Buch "So gewinnen sie mehr Selbstvertrauen" von Rolf Merkle ist ganz nett, gab mir kurz „Chacka“. Beim nächsten Lebenssturm ist wieder alles zusammengefallen wie ein Kartenhaus.
Ich vermute, woher das kommt. Bei Rolf Merkle kommt das Thema "Veränderungen der depressiven Muster", die man sich angeeignet und jahre- bzw. jahrzehntelang gepflegt hat, fast gar nicht vor, bleibt eher im Hintergrund. Die Veränderung ist aber das Wichtigste!
FönX

Bei riesigen Nebenwirkungen essen Sie die Packungsbeilage oder schlagen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
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