Schwer wie Blei

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Papillon
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Registriert: 21. Nov 2008, 16:45

Schwer wie Blei

Beitrag von Papillon »

Ich fühle mich gar nicht gut... mein ganzer Körper fühlt sich schwer an, meine Beine und meine Hände, mir ist schwindelig, mein Kopf fühlt sich benebelt an und ich denke mir: "ich kann nicht mehr".

Ich habe mich vor Wochen für einen VHS-Kurs angemeldet der mir auch Spaß macht, einmal in der Woche... aber seit letzter Woche suche ich schon nach Ausreden nicht mehr dorthin zu gehen. Dabei weiß ich ganz genau, dass es mir gut tun würde und mir auch gut tut wenn ich dort bin.
Ich hab nur das Gefühll, es wird mir zuviel.
1x die Woche ausser Haus zu sein wird mir zuviel?!

Ich habe mich auch voller Elan und Ehrgeiz für das Telekolleg angemeldet. Es bedeutet ich muss jeden Tag lernen, ich muss etwas dafür tun... ich muss auch 1x die Woche zur Schule, zum Unterricht.
Und ich habe Angst, dass mir meine Depression einen Strich durch die Rechnung macht... dass dann wieder dieses Vermeidungsverhalten kommt... "ich kann nicht weil..."
Dabei kann ich. Ich weiß genau das ich es schaffen kann, ich weiß genau, ich könnte in zwei Jahren durchaus mein Abi schaffen wenn ich es durchziehe...
Aber etwas "durchziehen" ist bei einer Depression gar nicht so einfach.

Ich hatte in einer guten Phase mit meinen Tabletten aufgehört, von heute auf morgen. Bitte nicht nachmachen! Und schon gar nicht ohne ärztlichen Rat, so wie ich.
Jetzt bin ich reumütig zurück gekrochen zu meinem Remergil... weil es anders einfach nicht geht...

Heute in der Zeitung einen Artikel gelesen über Depression im Kindesalter und mich an meine eigene erinnert... auch vermutlich schon als Kind... und da stand: diese Krankheit ist nicht heilbar, aber man kann lernen damit umzugehen.

Obwohl ich es weiß, seit 11 Jahren ganz sicher weiß, will ich es nicht wahrhaben...
ein Kampf gegen Windmühlen.

Am Samstag ist der erste Schultag und ich hab so Angst davor... ich hab Angst davor, dass es mir zuviel wird und Angst davor, dass ich dumm bin, dass ich es nicht schaffe, dass ich versage, dass ich mich lächerlich mache, dass mir die Kraft ausgeht, dass das Gehirn wieder Ausreden erfindet... darin ist es gut.

Wie schafft ihr es, dieses bleiernen Schwere zu entkommen, euch zu motivieren? Wie schafft ihr es durchzuhalten?

Schafft man es überhaupt jemals?

Bin leider etwas schwarzseherisch im Moment.

In der Arbeit merkt man es mir schon an, dass es mir nicht gut geht...
viel zu viel zu tun und es belastet mich mehr als ich zugeben will.

Eine Insel wäre jetzt nicht schlecht... ganz für mich allein.
Ohne Zurück.

So fühle ich mich gerade
quarktasche
Beiträge: 299
Registriert: 9. Nov 2009, 12:18

Re: Schwer wie Blei

Beitrag von quarktasche »

Hallo Papillion,

oh je, du hörst dich verzweifelt an.
Das ist doch klasse und sehr mutig von dir, dass du dein Abi nachholen willst! Die anderen Schüler haben sicher auch Angst, wie es wird, ob es klappt etc. Hatte ich bei meinem Studium im "fortgeschrittenen" Alter auch und habe es supergut hinbekommen.

Dieses Ausreden-Finden kenne ich sehr gut.
Manchmal schaffe ich es trotzdem. Manchmal eben nicht.
Einen wirklichen Rat kann ich dir also leider nicht geben.
Ich versuche seit über einem Jahr trotzdem mein Referendariat fertig zu machen, bleibe aber immer wieder an einer bestimmten Stelle stecken... Ein Therapeut aus der Klinik hat mich mal gefragt, was mich eigentlich daran hindert, erfolgreich zu sein. Ja klar, die Depression, aber dahinter ist noch was anderes... Was habe ich leider noch nicht rausgefunden.



Ich wünsch dir viel Kraft .
LG bohne
PurpleRain
Beiträge: 213
Registriert: 29. Mär 2010, 22:02

Re: Schwer wie Blei

Beitrag von PurpleRain »

"Wozu ist das?" "Das ist blaues Licht." "Und was macht es?" "Es leuchtet blau."
lolali
Beiträge: 216
Registriert: 29. Jun 2009, 21:06

Re: Schwer wie Blei

Beitrag von lolali »

hey hey,

ich fühl mich auch so belastet, schwer wie blei eben, das dachte ich mir vorhin.

da dachte ich mir, das teile ich dir/euch auch mit. einfach so, dafür ist so ein Forum ja da.

ich hab außerdem gerade die erste lithium-tablette genommen. mein gott macht mir die packungsbeilage sorgen. noch mehr gewichtszunahme, Schilddrüsenprobleme, einfach alles, was mich noch mehr belastet.

auch meine hasen, die geräusche machen, nur weil sie versuchen aus dem gehege zu hoppsen, überfordert mich. das ist nur ein vorläufiges, bis mein freund das andere gebaut hat...

irgendwie liegt alles wie blei auf mir.

ich wünschte mir, ich könnte meine ausbildung erfolgreich abschließen, aber ich kann und will auch nicht mehr.

deshalb ganz viel glück!

alles liebe
Papillon
Beiträge: 117
Registriert: 21. Nov 2008, 16:45

Re: Schwer wie Blei

Beitrag von Papillon »

Es stimmt schon... die Grübeleien drum herum kosten mehr Kraft als die Sache ansich. Die Angst davor raubt mir die Kraft.

Ich vergleiche mich viel mit anderen, das ist auch so ein Thema. Und in meinem Beruf hab ich ziemlich viele Möglichkeiten mich mit anderen zu vergleichen und ich frage mich, wo sie alle die Kraft hernehmen... ehrenamtliche Tätigkeiten, Sportvereine, Reisen, Sprachen... und ich? Ich schaffe es gerade mal jeden Tag zur Arbeit. Und das drum herum?

Ich war gestern bei einer neuen Ärztin. Ich hatte bis dato noch nicht mal einen Hausarzt weil ich so gut wie nie krank war oder es mir nie eingestand krank zu sein. Sie hat sich auch auf Psychotherapie spezialisiert und ich dachte, dieses Kombi kommt mir zugute, da sie alles ganzheitlich sehen und abdecken kann.
Und da gestern brach es aus mir heraus: Ich kann nicht mehr... und ich glaube ich saß da wie ein Häuflein Elend. Und sie fragte auch, warum ich mir in meiner jetzigen Verfassung diese Schule antun will. Sie hält es nicht für klug... Sie meinte, man kann sich auch in Arbeit stürzen (wohl um anderes zu verdrängen).

Sie meinte, ich soll ein paar Tage zuhause bleiben... aber selbst das widerstrebt mir. In der Arbeit ist es zur Zeit für mich nicht einfach... es gibt viel zu viel zu tun, zu viele Probleme die zu lösen sind... und niemand ist in meinen Aufgabenbereich wirklich eingearbeitet... ja, ich habe Angst, dass der Laden zusammenbricht wenn ich eine zeitlang nicht da bin. Berechtigterweise vielleicht sogar. Und meine Kollegin hat selbst so viele private Probleme und Sorgen... ich kann eigentlich nicht zuhause bleiben.
Schon kommt das schlechte Gewissen... den anderen gegenüber. Der Arbeit gegenüber...
und wieder das Gefühl nicht leistungsfähig zu sein.

Mein Freund hatte gestern seinen Umzug. Er rief mich Abends an und sagte wie Sch... es dort wäre, die Häuser alle alt und grau und er wäre nicht glücklich.
Ich habe nicht gesagt: ich habe es dir ja vorher gesagt...
Nein, ich sagte: das ist am ersten Tag immer eine komische und schwierige Situation, warte erst mal ab.
Ich mache mir Sorgen um ihn... und da kann ich ja auch Rücksicht nehmen und mich um ihn kümmern.

Warum kann ich auf mich selbst keine Rücksicht nehmen und mich mal um mich kümmern?

Wegen der Schule habe ich mir einen Kompromiss überlegt... dieser Vorkurs der da am Samstag beginnt ist nicht verpflichtend, das heißt, ich muss da nicht hin. Erst ab November, wenn es richtig los geht...
Ich werde mir das Wissen des Vorkurses zuhause selbst aneignen, so setze ich mich auch anderen gegenüber nicht unter Druck. Und bis November habe ich noch eine Zeit um mich gesundheitlich darauf vorzubereiten um es dann richtig angehen zu können und stark genug dafür zu sein.

Es gefällt mir nicht so ganz, weil es den Beigeschmack "ich drücke mich davor" hat... aber andererseits muss ich Prioritäten setzen... auf mich kommt eine Fernbeziehung zu... und da jeden Samstag in der Schule zu sein macht die Sache auch nicht leichter.

Turbulentes Leben zur Zeit.

Darklady
Beiträge: 48
Registriert: 11. Jun 2010, 13:14

Re: Schwer wie Blei

Beitrag von Darklady »

Ich denke mit dem lernen zu hause hast du doch einen guten Kompromiss gefunden und hast jetzt erstmal noch Zeit bis November.

Ich finde mich sehr in dem wieder was du schreibst. nach meiner mutter-kind-kur...ach ja wo hab ich mich überall angemeldet...sportstudio, aquafitness....und wie viele weiterbildungen hab ich früher angefangen und dann nicht beendet....

Mittlerweile verabrede ich mich auch mit keinem mehr, weil ich weiß, ich hab dann eh keine Lust zur Zeit und muss dann nicht überlegen wie ich um die Sache drumherum komme.

Andere schaffen mehr, ja. Wenn ich zurückblicke, wow was hab ich noch vor zwei jahren geschafft....heute bin ich überfordert mit meinen eigenen kindern ne stunde zu hause zu sein oder einkaufen zu gehen alleine. Mein hausarzt hat mich da auf den boden der tatsachen gebracht, ich sei labil und würde es auch weitesgehend bleiben und so soll ich mein leben halt organisieren. fällt mir auch schwer, lade mir immer noch viel zu viel auf. mein arbeitgeber macht jetzt auch druck (nach 3 monaten wohlgemerkt...), bzw. mein chef ist es. er wollte ein gespräch mit mir führen, um die situation für ihn einzuschätzen, hab ich freundlich verneint...wüsste nicht wozu. es wird niemand erfahren was ich habe vorläufig.

es ist doch nicht schlimm wenn andere mehr schaffen. macht sie sicher auch nicht glücklicher. vergleiche dich nicht;-)

ja die arbeit, das ist dir wohl sehr wichtig. ich hab mal ein gutes zitat gelesen, kriegs jetzt nicht mehr so auf die reihe. sinngemäß "am sterbebett ist es nicht der arbeitgeber, der deine hand hält".

pass gut auf dich auf.
PurpleRain
Beiträge: 213
Registriert: 29. Mär 2010, 22:02

Re: Schwer wie Blei

Beitrag von PurpleRain »

"Wozu ist das?" "Das ist blaues Licht." "Und was macht es?" "Es leuchtet blau."
Papillon
Beiträge: 117
Registriert: 21. Nov 2008, 16:45

Re: Schwer wie Blei

Beitrag von Papillon »

Ausgesucht habe ich mir nicht... haben will ich es aber auch nicht. Ich muss das akzeptieren lernen.

Die Arbeit ist mir sehr wichtig, weil ich das Gefühl habe, durch sie am Leben zu bleiben... das klingt vielleicht etwas hart, ich meine es so, dass ich diesen geregelten Ablauf brauche, Morgens aufstehen, zur Arbeit gehen, etwas leisten, Abends nach Hause kommen... drum herum schaffe ich noch etwas Haushalt, das war´s aber auch. Hin- und wieder treffe ich Freunde, aber eigentlich auch nicht so oft wie es sein sollte, auch weil ich dann meistens "überfordert" bin und absage, obwohl ich ganz genau weiß, dass es mir gut tut, dass ich dann auch wieder lachen könnte, über andere Dinge reden, auf andere Gedanken kommen könnte...

Die Ärztin sagte, ich soll morgen vorbei kommen wegen der Krankmeldung... sie hat ja wohl Recht - aus ihrer Sicht.
Aus meiner Sicht gesehen denke ich, wenn ich das "einreissen" lasse und mich plötzlich geschlagen gebe, das was mich eigentlich am Laufen hält aufgebe, wenn auch nur für ein paar Tage... ich hab Angst, dass da was größeres draus wird. Ich merke aber auch, dass ich innerlich ausgelaugt bin und mich alles nur noch annervt... ich weiß es einfach nicht.
BD
Beiträge: 1136
Registriert: 24. Feb 2007, 10:55

Re: Schwer wie Blei

Beitrag von BD »

Hallo Papillion,

wie gut kann ich all deine Gedanken nachvollziehen! Ich habe auch immer Angst von der Arbeit zu Hause zu bleiben, aus Angst, dann gar nicht mehr hoch zu kommen.

Gestern im therapiegespräch sagte meine Terapeutin, dass sie denkt, dass ich die Kraft habe, dass aber die Ängste die ich habe mich Kraft kosten und ich vor lauter Angst gar nichts mehr mache. Ich solle nur immer bis zum nächsten Abend denken.

Leichter gesagt als getan, aber letztlich hat sie recht. Wir quälen uns mit derAngst vor Dingen, die evtl. nie eintreten (wird es so sein, dass wir tatsächlich nicht mehrhochkommen?). Aus einer Krankschreibung von 1 paar Tagen müssen ncht Wochen werden.

Heute habe ich versucht in der Geegenwart zu leben und etwas mehr zu machen (ich gehe halbtags arbeiten und hab schon viel Freizeit (Zeit zumGrübeln...)) ohne an morgen zu denken. Es war gut.

Ich wünsche Dir, dass du herausfindest wann etwas wirklich zu viel ist und wann Du vermeidest (denn das ist ja die große Spannung - oder). Und versuch dir auch immer wieder vorzustellen , dass es dir morgen auch besser gehen kann, dass es noch andre Mäglichkeiten außer der befürchtetn Katastrophe gibt.

Liebe Grüße
Waldsee
Papillon
Beiträge: 117
Registriert: 21. Nov 2008, 16:45

Re: Schwer wie Blei

Beitrag von Papillon »

Für mich als Weit-in-die-Zukunft-Denkerin ist das mit dem nur bis zum nächsten Abend denken gar nicht so einfach... aber es stimmt eigentlich. Man weiß ja nie was kommt und sich unnötig Sorgen machen kostet so viel Energie!

Ich habe heute die Krankmeldung abgeholt... es ist mir nicht so leicht gefallen, aber ich merke das ich jetzt auf meinen Körper hören muss und der sagte mir vor ein paar Tagen ganz deutlich, dass es mir die Füße wegzieht wenn ich nicht bald etwas unternehme...
Ruhe... auch wenn das gefährlich ist, weil man evtl. wieder ins Grübeln gerät. Ich lenke mich ab mit Hausarbeit... und das fällt mir schwer. Normalerweise kann ich das in einem Stück durchziehen... heute habe ich es geschafft das Geschirr von fünf Tagen abzuspülen und die Wäsche in den Keller zu tragen zum Waschen. Mehr geht nicht... ich hoffe auf morgen.
BD
Beiträge: 1136
Registriert: 24. Feb 2007, 10:55

Re: Schwer wie Blei

Beitrag von BD »

Hallo Papillon,

wünsche dir weiter alles gute.

tut es dir gut raus zu gehen, bei dem schönen Wetter Sonne zu tanken oder zu spazieren?

Grüße
Waldsee
Papillon
Beiträge: 117
Registriert: 21. Nov 2008, 16:45

Re: Schwer wie Blei

Beitrag von Papillon »

Hallo Waldsee,

eigentlich sollte ich raus... aber alleine mit mir selbst ist das immer etwas schwierig. Ich vermute dass draußen die Sonne scheint, ich schaffe es kaum die Rolläden hochzuziehen... manchmal kann ich die Helligkeit nicht ertragen, gerade an einem so schönen Tag wie heute. Ich werde mich nachher etwas auf den Balkon setzen und Sonne tanken...

Liebe Grüße!
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