Wie Suizidgedanken ansprechen?

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mbm22
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Wie Suizidgedanken ansprechen?

Beitrag von mbm22 »

Hallo,
ich quäle mich seit einiger Zeit damit, dass ich hin- und wieder auftretende Suizidgedanken, in meiner Psychotherapie ansprechen möchte, um besser damit umgehen zu können. Meinen Therapeuten, bei dem ich seit einem Jahr in Behandlung bin, schätze ich sehr, doch es fällt mir furchtbar schwer, dieses Thema von mir aus in einer Sitzung anzusprechen. Werde ich etwas zu befürchten haben, wenn ich mich ihm gegenüber offenbare? Wie wird er reagieren?
Ich halte mich zur Zeit sicher nicht für akut gefährdet, doch ich merke, dass diese Gedanken bei mir immer wieder eine Rolle spielen. So würde ich gerne mit ihm einen Notfallplan besprechen, falls ich total den Boden unter den Füßen verliere.
Ich habe sehr viel Zeit gebraucht, um ihm wirklich zu vertrauen und mich nur sehr langsam öffnen können und weiß einfach nicht, wie ich dieses Thema ansprechen kann.
Vielleicht wisst Ihr einen Rat für mich oder könnt mir etwas Mut machen.

Liebe Grüße

lernfee
Babi
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Re: Wie Suizidgedanken ansprechen?

Beitrag von Babi »

Hallo lernfee,

ich finde gut, daß du die Suizidgedanken ansprechen willst, das ist auch ganz wichtig.
Du brauchst da auch keine Angst davor zu haben, Therapeuten haben ja eine fundierte Ausbildung und sind auch auf so etwas vorbereitet.
Vielleicht tust du dir leichter, wenn du das Wort suizid nicht aussprichst bei Therapeuten sondern alles ein bißchen umschreibst. Du kannst zum Beispiel einfach sagen, daß du zwischendurch ganz schlimme Gedanken hast und sie dann sagen.
Ich habe für mich gemerkt, wenn ich das Wort Suizid nicht direkt an- oder ausspreche, sondern das Wort einfach ausspare, fällt es mir leichter, darüber zu reden, vielleicht ist es bei dir ja auch so.

Ich wünsch dir alles Gute!

Babi
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
Whitesharky
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Re: Wie Suizidgedanken ansprechen?

Beitrag von Whitesharky »

Hallo lernfee

Als ich damals meinem Hausarzt gesagt habe sagte ich ich hätte manchmal finstere Gedanken.
Sie fragte dann wie diese sich äußern und ich hab dann mit Selbstmord geantwortet.
So fiel mir das schon etwas leichter.

Aber anstatt das Wort Selbstmord oder Suizid in den Mund zu nehmen kannst du es wie gesagt auch umschreiben.
- Den letzten Schritt gehen
- Dein Leben vorzeitig beeenden

Oder du schreibst es einfach vor der Stunde auf ein Blatt Papier und gibst es ihm dann.

Hoffe konnte dir helfen.

Keep Laughing
White
Sittich
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Re: Wie Suizidgedanken ansprechen?

Beitrag von Sittich »

Also bei mir hat meine Therapeutin nachgefragt, nachdem ich einige umschreibende oder andeutende Formulierungen verwendet habe. Sowas wie

"Ich kann einfach nicht mehr."

"Ich halte das so nicht mehr aus."

"Ich brauche einen Schlussstrich."

Das gilt ja unter Therapeuten auch als bekanntes Warnsignal.

Mittlerweile kann ich ganz offen darüber sprechen, das Wort "Selbstmord" ist kein Problem mehr.

Das mit dem Zettel finde ich auch gut. Das ist vielleicht konkreter und du musst dich nicht mit der Frage quälen ob die Nachricht ankommt, so wie bei den Sätzen die ich oben genannt habe.
mbm22
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Re: Wie Suizidgedanken ansprechen?

Beitrag von mbm22 »

Ich habe für mich noch einmal überlegt, warum es mir so schwer fällt, es in der Therapie anzusprechen. Zum einen ist dieses ein Thema, was ich niemals in meiner Familie oder unter Freunden ansprechen würde. Ich möchte niemand Angst damit machen oder ihn damit überfordern. Bei meinem Therapeut weiß ich natürlich, dass er dafür ausgebildet ist, auch mit solchen Situationen umzugehen. Er hat schließlich auch lange in der Psychiatrie in einer Klinik gearbeitet. Doch es fällt mir trotzdem schwer, diese Gedanken ihm gegenüber zuzugeben, da ich immer denke nach einem Jahr Therapie eigentlich weiter sein zu müssen und es mir besser gehen sollte. Das dieses nicht so ist, nehme ich wie sonst auch alles voll auf meine Kappe und schäme und verurteile mich dafür. Dabei hat er mir schon sehr geholfen und ist wirklich sehr bemüht um mich. Versteht ihr wohl, was ich meine? Ich möchte nicht, dass er wegen mir an sich zweifelt. Vielleicht sind diese Gedanken auch total blödsinnig, aber im Moment sehe ich es halt so.
Zum anderen habe ich auch Angst mich zu outen, weil er mich dann vielleicht doch in eine Klinik schicken möchte. Aber das möchte ich bis zuletzt eigentlich vermeiden, da ich mit meinen 3 Kindern alleine lebe und auch beruflich gerade versucht habe wieder Fuß zu fassen. Ich habe hart dafür gearbeit und habe echt Angst durch die Depressionen wieder alles zu verlieren.

Lieben Gruß

lernfee
Sittich
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Re: Wie Suizidgedanken ansprechen?

Beitrag von Sittich »

Vielleicht mildern meine Erfahrungen deine Ängste ein wenig, auch wenn ich natürlich deinen Fall nicht genau beurteilen kann:

Meine Selbstmordgedanken kamen erst in einer zweiten Hochphase der Depressionen auf. Ich dachte, ich hätte die Depressionen überwunden, könnte ins Leben durchstarten... Aber dem war nicht so. Ich bin ziemlich schnell durch eine Mischung aus äußeren Umständen und verbliebenen inneren Konflikten zurückgerutscht in die Depression. Das war für mich ein heftiger Schock, der sich bis zu den Selbstmordgedanken steigerte. Meiner Therapeutin war es schon vorher klar, dass ich wahrscheinlich nochmal zurückkommen würde, aber sie hat mich diese Erfahrung machen lassen, ohne mich zu warnen, um mir einen eigenständigen Lernprozess zu ermöglichen.

Wie du siehst sind Depressionen ein Prozess, der schwanken kann. Man muss nicht mit Selbstmord beginnen und gesund aufhören, es kann schwerere und leichtere Phasen geben - also hat dein Therapeut auch keinen Anlass, sich Vorwürfe zu machen.

Etwas das mir im Bezug auf "Ich belaste meinen Therapeuten" sehr geholfen hat war, dies bei meiner Therapie anzusprechen. Ergebnis war: Diese Art zu denken ist (zumindest bei mir) eine Projektion. Man geht davon aus, die eigene Last wäre durch die Therapie auch für den Therapeuten vorhanden. Das ist Quatsch. Es ist sowieso ihr Job, für den sie sich bewusst entschieden haben. Man weiß vorher was die Arbeit mit Depressiven bedeutet! Für manche Therapeuten sind Depressive die Patienten, die sie als diejenigen erleben, bei denen die Arbeit am erfüllendsten ist. Wahrscheinlich weil die Auflösung der Depression immer ein unglaublich dankbarer, von Erleichterung geprägter Moment ist, egal wie zäh die Zeit davor sein mag.
kormoran
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Re: Wie Suizidgedanken ansprechen?

Beitrag von kormoran »

hallo lernfee,

gerade deshalb ...

  Zum anderen habe ich auch Angst mich zu outen, weil er mich dann vielleicht doch in eine Klinik schicken möchte. Aber das möchte ich bis zuletzt eigentlich vermeiden, da ich mit meinen 3 Kindern alleine lebe und auch beruflich gerade versucht habe wieder Fuß zu fassen. Ich habe hart dafür gearbeit und habe echt Angst durch die Depressionen wieder alles zu verlieren.

... solltest du das thema ansprechen!
der therapeut kann dich nicht von heute auf morgen in die klinik schicken - wenn es aber nötig sein sollte, dann ... naja, dann muss es ja ohnehin sein.

doch jetzt hast du die chance, mit deinem therapeuten das, was dich quält, zu bearbeiten. dafür ist er da, und du als verantwortungsvoller mensch - gegenüber deinen kindern und dir selbst - tust, meine ich, den richtigen schritt, wenn du mit diesem thema, das nun mal da ist, nicht alleine bleibst!

liebe grüße
kormoranin
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mbm22
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Re: Wie Suizidgedanken ansprechen?

Beitrag von mbm22 »

Babi, danke für Deine mutmachenden Worte. Ich werde für meinen Termin in der kommenden Woche noch einmal in Ruhe an für mich passenden Formulierungen feilen. Im Moment bin ich etwas zuversichtlicher, dass ich es schaffen könnte, dieses Thema anzusprechen. Mein Therapeut wird auch schon ahnen, dass ich etwas auf den Tisch bringe, da ich ihn diese Woche um einen Extratermin gebeten habe.

Whitesharky, auch Dir danke ich sehr für Deine Worte. Ich werde mir wohl zur Sicherheit einen Zettel schreiben, den ich meinem Therapeuten geben werde, falls ich es nicht schaffe, mich mit Worten zu outen.

Liebe Grüße

lernfee
mbm22
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Re: Wie Suizidgedanken ansprechen?

Beitrag von mbm22 »

Hallo Sittich,
bei mir ist es so, dass ich an rezidivierenden Depressionen leide, was eigentlich schon in der Pubertät begonnen hat. Seither gab es zahlreiche depressive Phasen in meinem Leben. Seit der Trennung von meinem Mann vor 7 Jahren boxe ich mich mit den Kindern alleine durch. Ich habe alles daran gesetzt, mich nicht kleinkriegen zu lassen, mir etwas Neues aufzubauen, habe mich aber dabei verloren. Die Hoffnung, nun endlich mal Licht am Ende des Tunnels zu sehen war so groß und wurde doch wieder enttäuscht.
Ich habe in meinem Leben immer versucht, meine Probleme alleine zu lösen, andere nicht zu belasten oder zu überfordern. Das sind so erlernte Verhaltensmuster, aus denen ich kaum herauskomme.
Seit zwei Jahren ging es mir dann aber so schlecht, dass ich mir vor einem Jahr dann doch professionelle Hilfe gesucht habe (Verhaltenstherapie). Es fällt mir immer wieder schwer, mich zu öffnen und die Probleme auf den Tisch zu bringen. Die Therapiestunden gehen irgendwie so schnell dahin und ich muss ewig bangen, ob von der Krankenkasse eine Verlängerung genehmigt wird. Das setzt mich dann zusätzlich unter Druck, weil ich ständig in der Angst lebe, wieder ganz alleine klarkommen zu müssen.
Dabei ist mein Therapeut inzwischen sehr wichtig für mich geworden und ich habe noch so viel, was ich mit ihm bearbeiten muss und möchte.

Liebe Grüße

lernfee
mbm22
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Re: Wie Suizidgedanken ansprechen?

Beitrag von mbm22 »

Liebe Komoranin,
Du hast mir ein wenig die Angst genommen, dass mein Therapeut mich in eine Klinik schicken wird. Ich weiß selbst, dass dieses nötig wird, wenn sich die düsteren Gedanken vermehren. Doch ich hoffe immer noch inständig, dass ich meine Probleme und mein Leben in den Griff kriege. Ich will und muss doch für meine Kinder dasein, jedenfalls noch für ein paar Jahre. Deswegen werde ich jetzt auch all meinen Mut zusammennehmen und versuchen, mich wenigstens ihm anzuvertrauen.
Ich merke immer wieder, dass ich Probleme habe die Depression für mich anzunehmen und auch nach außen zu meiner Erkrankung zu stehen, auch wenn meine Maske, die ich für mein Umfeld nutze, immer dünner wird. Es beschämt mich immer wieder, mein wahres Ich und meine Gefühle zu zeigen. Warum ist das bloß so schwer?

Lieben Gruß

lernfee
no name
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Re: Wie Suizidgedanken ansprechen?

Beitrag von no name »

Hallo lernfee,

das mit der Maske kenne ich nur zu gut und auch wenn sich der Personenkreis inzwischen erweitert hat, die von meiner Erkrankung wissen, setze ich doch immer wieder eine Maske auf (obwohl das natürlich sehr anstrengend ist).
Ich gestehe mir selbst nicht zu schwach sein zu dürfen.

Auch das mit den Suizidgedanken nicht ansprechen zu können ist mir nicht fremd und ich bin wirklich froh, dass mich mein Psychiater jetzt so gut kennt, das er selbst bei den geringsten Andeutungen sofort weiß was los ist, bzw. das er es mir schon buchstäblich ansieht, da ich auch zusätzlich bei diesem Thema immer sehr wortkarg werde. Und gut ist auch, dass er genau beurteilen kann wann es wichtig und richtig ist, in eine Klinik zu gehen oder ob ich es noch ohne schaffe.

Was ich dir aber noch sagen wollte, vielleicht hilft es dir, wenn du dir zusätzlich Unterstützung für den Alltag holst. Ich denke da z. B. an den sozialpsychiatrischen Dienst, die können dir doch bei dem einen oder anderen helfen.
So schwer es mir auch fiel mir diese Hilfe zuzugestehen und überhaupt erstmal zu holen, weiß ich heute, dass es absolut richtig war.
Ich kann dich in diesem Punkt wirklich nur bestärken.
Die Situation als alleinerziehende Mutter kenne ich sehr gut, allerdings sind meine drei inzwischen alle erwachsen.

Liebe Grüße

no name
mbm22
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Re: Wie Suizidgedanken ansprechen?

Beitrag von mbm22 »

Hallo no name,
ich habe gerade keine Idee wofür der Sozialpsychiatrische Dienst hilfreich sein könnte. Es fällt mir wirklich sehr schwer, andere um Hilfe bitten zu müssen, so dass ich es bisher immer alles alleine versucht habe. Sich bedürftig zu zeigen, erfordert sich selber als schwach zu akzeptieren und trotzdem anzuerkennen. Nach außen wirke ich immer stark und gelassen, was ich für meinen Beruf als Therapeutin ja auch brauche. Doch ich merke wie meine Maske immer dünner wird, jeder Arbeitstag zur großen Belastung wird. Ich muss es einfach noch diese 3 Wochen bis zu den Ferien schaffen. Dann werde ich auf jeden Fall auf ein Antidepressivum übergehen und habe 6 Wochen Zeit mich mit den Nebenwirkungen zu arrangieren. Ich hoffe so sehr, dass es mir damit besser gehen wird.

Liebe Grüße

lernfee
Dendrit
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Re: Wie Suizidgedanken ansprechen?

Beitrag von Dendrit »

Hallo Lernfee,

ich habe gerade keine Idee wofür der Sozialpsychiatrische Dienst hilfreich sein könnte.

ich hab mal was rauskopiert, denn überall steht im Prinzip dasselbe drin:

"Angebot:

- Beratungsgespräche (auch in Form von Haus- und Klinikbesuchen)
- Hilfe und Begleitung in Krisensituationen
- fachärztliche Beratung und Gutachten
- Beratung zu Sozialgesetzen, Betreuungsrecht und Vermittlung weiterführender Hilfen
- Kontakte zu Selbsthilfegruppen und Vereinen
- Unterstützung bei der Entwicklung von Wiedereingliederungskonzepten
- Zusammenarbeit mit dem Amtsgericht, dem Universitätsklinikum und freien Trägern

Sie können den Sozialpsychatrischen Dienst kostenlos und anonym in Anspruch nehmen. Unsere Mitarbeiter sind an die Schweigepflicht gebunden."

Je nach Größe des SPDi kann es sein, dass es keine Therapeuten gibt, dann würde es keine fachärztliche Beratung und Gutachten und keine Hilfe und Begleitung in Krisensituationen geben (- aber zu jemanden vermitteln/empfehlen.) Den Irrtum machte eine Klinik, die mich darauf verwies, weil ein Psychologe, der mir vor der Aufnahme eine Therapie danach zusagte und während des Aufenthaltes absagte. Schön brav ging ich dorthin und es stellte sich dann raus, dass sie keine Therapeuten haben. Dafür hat die Frau mir in anderen oben angeführten Sachen weiter helfen können, wo mich erst die Klinik reindrängte und sie mir klar machte, dass ich dies und jenes im Moment gar nicht kann.

Also wenn Du zum SPDi an Deinem Wohnort bzw. in der Nähe gehst, nicht darauf versteifen, dass Du dort eine therapeutische Hilfe bekommst, sondern erst abklären. Aber womöglich haben sie Hilfen und Tipps, die Dir ein Stück(chen) weiter bringen. Ach ja: ich bin tatsächlich gefragt worden, ob ich meinen Namen nennen möchte.

LG, Manuela
mbm22
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Re: Wie Suizidgedanken ansprechen?

Beitrag von mbm22 »

Hallo Manuela,
ich danke Dir für Deine ausführlichen Erklärungen, auch wenn ich denke, dass ich dieses wohl eher nicht in Anspruch nehmen möchte. Durch meine eigene berufliche Tätigkeit habe ich öfter mitbekommen, wie ähnliche Einrichtungen funktionieren und muss sagen, dass mir deren Vorgehensweise auch manchmal Angst macht. Ich bin ein Mensch, der immer alle Entscheidungen für sich alleine getroffen hat, habe mir nie etwas überstülpen lassen oder so. Bei solchen Institutionen hätte ich immer das Gefühl, man will mich, vielleicht auch gegen meinen Willen, irgendwo hineindrängen, so dass ich fremdgesteuert werde. Ich habe zwar kaum noch Kraft, aber ich möchte doch alles definitiv noch selber steuern können. Sollte ich mich irgendwann selbst nicht mehr unter Kontrolle haben, dann gehöre ich wirklich in eine Klinik.
Außerdem habe ich ja auch meinen Therapeuten, zu dem ich ja nun langsam ein Vertrauensverhältnis aufgebaut habe, der mich ein Stück weit kennengelernt hat und der mich mit meinen Ängsten nun hoffentlich auch gut beraten kann.
Ich habe nachher meinen Termin und werde heute hoffentlich den Mut haben, ihm von meinen Ängsten zu erzählen.

Liebe Grüße

lernfee
mbm22
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Re: Wie Suizidgedanken ansprechen?

Beitrag von mbm22 »

Hallo,
mühsam habe ich mich durchgerungen, dieses Thema heute anzusprechen, doch irgendwie habe ich das Gefühl, ich hätte es ebensogut auch lassen können. Meine Enttäuschung ist riesengroß. Ich hatte so sehr gehofft, mich hinterher entlasteter zu fühlen, weil nun jemand weiß, womit ich mich quäle. Wenn es mir schlechter ginge, möge ich mich doch bitte an die örtliche Psychiatrie wenden. Das sollte ich ihm versprechen. Gespürt habe ich nach meinen Worten nur eine große Distanz, worüber ich sehr traurig bin. Das nächste Mal werde ich mir eher die Zunge abbeißen, als nochmal so viel von mir preiszugeben, es interessiert doch sowieso keinen. Am besten man wahrt nach außen hin immer schön seine Fassade, dann bringt man auch niemand in Bedrängnis oder Verlegenheit.

lernfee
kormoran
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Re: Wie Suizidgedanken ansprechen?

Beitrag von kormoran »

liebe lernfee,

das ist eine herbe enttäuschung, da ginge es mir gleich wie dir: du hast etwas für dich sehr bedeutsames angesprochen, das dich außerdem viel überwindung gekostet hat - und für den therapeuten wurde es abgehakt wie irgendein organisatorisches detail.

hast du es denn - ob deiner enttäuschung auf die erste reaktion - geschafft, auch mitzuteilen, dass dich das beschäftigt, dass du seine hilfe dazu willst, wie du damit umgehen kannst?

so aus der ferne betrachtet ... es kann natürlich sein, dass es beim therapeuten ganz anders angekommen ist, dass er einfach die botschaft "bitte ich möchte darüber sprechen und ihre unterstützung zu dem thema" nicht angekommen ist;
aber ehrlich gesagt denke ich persönlich jetzt spontan dazu: er hätte doch eigentlich nachfragen müssen

bevor du nun aber deswegen dichtmachst: so schwer dir das auch sicherlich fällt, bring das thema (also das thema selbst und wie es dir mit seiner reaktion geht) unbedingt nächstes mal zur sprache.

liebe grüße
kormoranin
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flora80
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Re: Wie Suizidgedanken ansprechen?

Beitrag von flora80 »

Liebe Lernfee,

oha, das kann ich gut verstehen, dass du da jetzt sehr enttäuscht bist. Dennoch würde ich Kormaranins Rat unterstützen, das beim nächsten Mal anzusprechen.

Ich kenne das auch, dass man sich wochenlang durchringt, ein für einen selbst extrem schwieriges Thema anzusprechen und der Therapeut dann (in der eigenen Wahrnehmung) lapidar darüber hinweg geht. Es hilft wirklich nur eine Klärung, denn nur dann weißt du, ob er das wirklich nicht ernst nimmt (was natürlich sein kann, mir aber schwer fällt zu glauben) oder ob bei ihm vielleicht die dringlichkeit nicht rübergekommen ist oder oder oder. Manchmal passiert es auch, dass ein Therapeut nicht spürt, was du gerade brauchst und anders reagiert, als erhofft. Was hast du dir denn genau erhofft? Wie hätte er reagieren sollen? Mir fällt auf, dass er dich da ja schon ernst nimmt, denn der Ratschlag, auf jeden Fall in die nächste Klinik zu fahren, wenn es ganz akut ist, der ist absolut richtig.

Inwieweit er intensiv auf das Thema hätte eingehen müssen oder welche gründe er vielleicht dafür hatte, das nicht zu tun, das belibt alles Spekulation. Dein gefühl ist, er hat dich nicht unterstützt. Aber Therapeuten müssen ihre Patienten auch erst mal genau kennenlernen und jeder braucht auch manchmal was anderes. Vielleicht hat er dich da auch einfach anders eingeschätzt. Auch hier hilft nur: Sprich es an! Zurückziehen wäre sicherlich der falsche Weg, da er so ja gar nicht die Chance bekommt, dich zu verstehen und einzuschätzen, falls er das bisher noch nicht hat. Ich hatte auch schon oft das Gefühl, doch etwas sehr eindeutig rüber gebracht zu haben und musste später feststellen, dass das beim anderen gar nicht so gewirkt hat, wie ich dachte, dass es wirkt. Kommunikation ist eben ein weites Feld....

Liebe Grüße und viel Mut bei drüber sprechen!

Flora
DepriXX
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Registriert: 5. Feb 2004, 10:57

Re: Wie Suizidgedanken ansprechen?

Beitrag von DepriXX »

ich würde mir einen anderen psychiater/therapeuten suchen.
--

liebe grüße

.::. DepriXX .::.



flora80
Beiträge: 3620
Registriert: 24. Mär 2003, 18:48

Re: Wie Suizidgedanken ansprechen?

Beitrag von flora80 »

... ich vielleicht auch. Aber nicht, ohne vorher noch mal darüber gesprochen zu haben und zu schauen, ob da nicht wirklich einfach etwas anders angekommen ist, als geplant. Kann ja auch sein, dass sich da noch was klären lässt, oder? Wenn nicht, dann bleibt ja immer noch die Option, zu wechseln.

Flora
mbm22
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Re: Wie Suizidgedanken ansprechen?

Beitrag von mbm22 »

Danke erstmal für Eure tröstenden Antworten.
Ihr habt sicher recht, ich sollte in der nächsten Stunde mit ihm darüber reden, wie und was bei mir angekommen ist.
Was hätte / habe ich mir von ihm gewünscht ?
- nicht mehr alleine mit meinen Gedanken zu sein
- Annahme dessen, was ist
- Aufzeigen von möglichen Perspektiven
- Entwicklung eines Notfallplanes für ganz schlechte Tage
Man hat ja mit seinen Depressionen zum Teil eine schräge Wahrnehmung, doch bei mir ist nahzu nichts davon angekommen. Ich habe auf einmal nur ganz viel Distanz gespürt. Er als der Therapeut, der sein Leben im Griff hat und ich als die kleine, doofe, bedürftige Patientin, die mit ihren vielen Baustellen ihr Leben nicht bebacken kriegt.Doch das führt eigentlich nur dazu, dass ich mich noch mehr für meine Probleme und meinen Umgang mit ihnen, schäme und mich dafür verachte.
Langsam denke ich, das die Verletzungen aus meiner Kindheit, das Gefühl von meinen Eltern nicht geliebt und erwünscht gewesen zu sein, mich mein Leben lang begleiten wird.
Die Narben sind eingebrannt in meine Seele und Verhaltensmuster, mit denen ich mir schade, fest etabliert.
Als ich mir meinen Therapeuten gesucht habe, habe ich nach Hilfe gesucht, mit diesen Problemen beser klarzukommen, gehofft in meiner Hoffnungslosigkeit einen Menschen zu finden, der mir wieder mehr Zuversicht gibt, dass ich es schaffen kann. Das spüre ich im Moment eben überhaupt nicht. Ich fühle mich wieder total allein gelassen mit dem ganzen Mist. Es heißt in der Therapie immer so schön, ich soll lernen Gefühle zuzulassen und auch an andere herantreten, aber wenn ich mich dann traue, möchte man am liebsten nichts damit zu tun haben. Das bestätigt mich dann nur wieder, auch weiterhin schön die Fassade zu zeigen und den ganzen Frust in sich rein zu fressen und bloß nichts von meinen Gefühlen zu zeigen.
Ist es zuviel erwartert, wenn man sich wünscht, dass sein Therapeut in schlimmen Krisenzeiten für einen da ist? Ich würde es mir sicher hundert Mal überlegen, ob ich ihn anrufe, wenn es mir ganz schlecht geht, aber ich wäre halt froh zu wissen, dass ich es könnte. Es würde mir etwas Druck von meiner Last nehmen, alles allein tragen zu müssen.
Meinen nächsten Termin bei ihm habe ich erst in zwei Wochen, also noch viel Zeit über alles nachzudenken. Bin im MOment einfach nur sehr enttäuscht vom Therapeut, von meinem Leben und vor allem von mir.

lernfee
mbm22
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Re: Wie Suizidgedanken ansprechen?

Beitrag von mbm22 »

DepriXX / Flora
Auch wenn das vielleicht gerade richtig wäre,
einen neuen Therapeuten zu suchen, kommt für mich im Moment nicht in Frage. Wenn es mit diesem nicht klappt, werde ich mich wieder alleine durchwurschteln. Ich habe einfach keine Kraft wieder zu suchen, zu hoffen und enttäuscht zu werden. Mehr als mein halbes Leben bin ich alleine irgendwie zurechtgekommen. Dann wird der Rest wohl auch noch gehen.

lernfee
mbm22
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Re: Wie Suizidgedanken ansprechen?

Beitrag von mbm22 »

Hallo,
heute habe ich meine nächste Therapiesitzung gehabt. Dabei habe ich unter anderem auch die letzte Sitzung und mein Befinden danach angesprochen. Es fiel mir sehr schwer über meine Enttäuschung und über die empfundene Distanz zu sprechen. Ich möchte ja niemand, auch nicht meinen Therapeuten angreifen oder für sein Verhalten verurteilen. Lieber gestehe ich mir eine falsche Wahrnehmung zu.
Er habe bei meinen Depressionen mit dem Auftreten von Selbstmordgedanken gerechnet. Dieses von mir zu hören habe ihn nicht besonders beeindruckt. Wenn ich sage , dass ich gehofft habe, mich entlasteter zu fühlen, wenn ich mit einem Menschen darüber rede, spricht er davon, dass ich mir ja dringend einen Partner wünsche. Dabei hat dieses für mich überhaupt nichts damit zu tun. Ich würde nur gerne mir einem Menschen darüber reden wollen, der professionell genug ist, mit dem Thema Suizid umzugehen. Ich möchte weder Freunde, noch Angehörige mit diesem Thema belasten und überfordern.
Leider habe ich auch heute das Gefühl, mal wieder nicht die richtigen Worte gefunden zu haben, was mich wirklich traurig macht und womit es mir nicht gut geht.

Liebe Grüße

lernfee
kormoran
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Re: Wie Suizidgedanken ansprechen?

Beitrag von kormoran »

hallo lernfee,

es tut mir leid, dass du in diesem so sensiblen thema mit deinem therapeuten nicht auf einen grünen zweig kommst.

es ist doch wohl ein unterschied ob er aus seiner fachlichen erfahrung damit rechnet, dass du suizidgedanken hast, oder ob mit dem thema ankommst und es bearbeiten willst!

t'schuldige, wenn ein therapeut damit rechnet, dass eine klientin, sagen wir, ein trauma mit sich herumschleppt, und eines tages tritt dieses zutage, dann ist es doch nicht sein job zu sagen "damit habe ich gerechnet". der job ist doch, mit der klientin gemeinsam das belastende thema zu bearbeiten.

suizidgedanken sind auch nicht etwa ein thema, wo er dich zu recht auf dein privates umfeld verweisen könnte. und wenn er vermeiden will, dass du dich da zu sehr damit identifizierst, dann kann das doch auch gelingen, wenn er dir im gespräch aufzeigt, wo du stehst und du spüren kannst, dass dich diese gedanken nicht bedrohen müssen, weil du bereits am weg heraus bist.

ich finde die reaktion deines therapeuten also auch diesmal irgendwie wenig passend . aber ich bin auch keine expertin ...

liebe grüße
kormoranin
EDIT: html einschalten
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mbm22
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Re: Wie Suizidgedanken ansprechen?

Beitrag von mbm22 »

Liebe Kormoranin,

nun ist seit meinem letzten Therapietermin eine Woche vergangen und ich habe wieder ein bischen mehr Distanz dazu gewonnen.
Erst einmal danke ich Dir für Dein verständnisvolles Posting. Es hilft schon zu sehen, dass man mit seinen Gedanken nicht allein bleibt.

Auch mit etwas Abstand merke ich, dass ich mich von meinem Therapeuten oft allein gelassen fühle. Nähe zu anderen Menschen herzustellen und zuzulassen, fällt mir immer wieder sehr schwer. Jetzt habe ich in der Therapiesituation hart daran gearbeitet, mich zu offenbaren und wenigstens ihn als Therapeuten hinter meine Fassade sehen zu lassen. Für ihn mag das selbstverständlich sein, für mich sind es Riesenschritte, die ich bewältigt habe. Dabei fällt es mir schwer mit seiner Gleichgültigkeit (jedenfalls wirkt es so auf mich) umzugehen. Ich fühle mich zu einen nicht richtig ernst genommen, zum anderen wenig motiviert weiter etwas von mir preiszugeben.

Unser Verhältnis ist dadurch aus meiner Sicht wirklich belastet, da ich bei mir merke, dass ich schon wieder bestrebt bin, die Mauern um mich hoch zu halten und mich zurückzuziehen.

Liebe Grüße

lernfee
mbm22
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Re: Wie Suizidgedanken ansprechen?

Beitrag von mbm22 »

Hallo,
nach meiner heutigen Therapiesitzung fühle ich mich deutlich leichter und auch sogar ein Stück weit zufrieden mit mir. Ich habe mich heute erstaunlicherweise mal gut öffnen können und sogar auch über ganz intime, sehr belastende Dinge sprechen können.

Ich kann garnicht sagen, warum es mir heute möglich war, aber es tat mir einfach gut. Mein Therapeut war mitfühlend und verständnisvoll,wie lange nicht mehr.

Ob die AD's, die ich seit 10 Tagen nehme schon erste Wirkung zeigen, oder ich im Urlaub einfach befreiter bin, weiß ich nicht. Aber ich habe heute nach ganz langer Zeit mal wieder etwas wie ein bisschen Wärme gespürt und ich hoffe sehr, dass dieses Gefühl noch etwas anhält.

Liebe Grüße

lernfee
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