Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

lt.cable
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Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von lt.cable »

Liebe Forengemeinde!

Einzelne User hier erinnern sich vielleicht noch an mich, den Studenten, der mit seinem Studium nicht so richtig etwas anfangen kann, stramm auf die 30 zugeht, keine nennenswerten Einnahmen erzielt und immer noch bei den Eltern wohnt. Wenn ich das so lese, macht mir das ehrlich gesagt kein besonders gutes Gefühl, aber ich muss mir diese Dinge endlich mal wieder vor Augen halten.
Schon während der Vorlesungszeit im laufenden Wintersemester habe ich häufig eine ausgeprägte Unlust im Hinblick auf das Studium verspürt, aber die Uni-Woche hat meine Woche immerhin strukturiert. Jetzt ist die vorlesungsfreie Zeit da und von einer Tagesstruktur kann kaum noch die Rede sein. Allenfalls die Mahlzeiten oder die Medikamenteneinnahme sind grobe Fixpunkte in meinem Tagesablauf. Ansonsten hänge ich viel vor dem Computer, auch das eine oder andere Videospiel wird eingelegt, manchmal sehe ich abends einen Film, wobei ich noch die eine oder andere Hausarbeit zu produzieren hätte. Hier kommt dann wieder eines meiner Kernprobleme zum Zuge: die Prokrastination. Statt mich auch nur gedanklich mit den ersten groben Zügen dieser Arbeiten zu beschäftigen, mache ich lieber alles andere. Das ist eigentlich ein höchst interessantes Phänomen. Eine meiner größten Horrorvorstellungen ist die Endlichkeit meines Lebens, die Begrenztheit meiner Lebenszeit, und doch verschwende ich unglaublich viel Zeit mit Dingen, die nicht besonders wichtig sind. Jedenfalls präsentieren sich die Tage mittlerweile wieder alarmierend beliebig und ich habe die Befürchtung, dass sich das wieder zu einer richtig tiefen Delle aufschaukeln könnte, falls ich nicht irgendwas unternehme. Gut, ich habe den Eindruck, dass die medikamentöse Rückfallverhütung bisher gut funktioniert, also halte ich einen völligen Absturz eigentlich nicht für möglich, aber dieses gelähmte Gefühl, eine Mischung aus Ziellosigkeit, fehlender Motivation, Beliebigkeit und emotionaler Blockade, ist nicht gut. Mein Studium geht mir immer noch auf den Sack, meine Wohnsituation und die Partnerlosigkeit auch, sonstige soziale Kontakte (Freunde fallen völlig flach) fehlen auch immer noch. So betrachtet ist es eigentlich nicht verwunderlich, dass ich aktuell wieder da bin, wo ich bin.
Ich mache hier erst mal einen Schnitt, es hat schon genug Überwindung gekostet, hier überhaupt wieder ein neues Thema anzufangen. Vielleicht könnt ihr ja schon irgendwo mit Antworten einhaken.

Es grüßt
lt.cable
Ein Nilpferd wollte zum Ballett
als schönster aller Schwäne.
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- Charles Lewinsky
Mezier
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von Mezier »

An Lt. Cable,

welcome back!
Hier tummeln sich so viele, das schadet erstmal nicht:-)
Im Ernst. Als ich Dein post so gelesen hab, konnte ich mich gut wiederfinden, zumindest vor einiger Zeit, phasenweise.
Was ich gern aufgreifen würde ist die Prokrastination. Du bezeichnest es als interessantes Phänomen. Was also, wenn Du darüber schreibst? (Vorausgestetzt, Du studierst etwas entsprechendes natürlich) Damit hättest Du zumindest etwas, womit Du Dich beschäftigen und worauf Du die Gedanken lenken könntest, einen Inhalt, den es dann "nur noch" zu strukturieren gilt.
Zerleg es Dir in kleine Stücke und arbeite jeden Tag ein kleines ab.
Mir haben Achtsamkeitsübungen geholfen, wenn die Konzentration nicht wollte wie ich.
Das hilft. Ich studiere auch, berufsbegleitend und schreib z.Zt. Diplomarbeit. Anfangs hab ich mich selber immer ausgebremst bei der Vorstellung, welche riesen Berge diffuser Arbeit da noch vor mir liegen würden. Das hat mich fast ein Jahr Zeit gekostet, in der schlichtweg nicht viel mehr passierte, als das es immer diffuser wurde. Damit wurde auch die Angst größer (logisch). Dann hab ich angefangen mir einen Plan zu machen, kleine Stückchen aneinander gereiht...wie ein Einkaufszettel, den man ganz pragmatisch abarbeitet. Mal abgesehen davon, das sowas der innewohnenden Überheblichkeit etwas zuwider lief, war es nützlich.
Lange Rede - kurzer Sinn: pack`Dir ein Thema (bei den Hörnern:-)), das Dich interessiert und zerupf es so lange, bis es klein genug ist, das Du etwas damit anfangen kannst, ohne Dich selbst zu überfordern UND bitte unbedingt hinterher belohnen!!! Diese Verknüpfung merkt sich das Gehirn und die Motivation kommt (zeitversetzt) langsam zurück.

Ach, hab ich ein Zeug geschrieben, aber ich denke, Du weißt, was ich sagen wollte.

Herzliche Grüße
Diplomand, den gerade die Augen zufallen:-)
Nabi
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von Nabi »

Hallo,

welcome back.

Du schreibst eine sehr interessante und sehr bekannte Sache auf:

<<Eine meiner größten Horrorvorstellungen ist die Endlichkeit meines Lebens, die Begrenztheit meiner Lebenszeit, und doch verschwende ich unglaublich viel Zeit mit Dingen, die nicht besonders wichtig sind.>>

Das habe ich noch nie ausformuliert aber auch diese Angst ist mir sehr bekannt. Meine Gedanken kreisen oft um dieses Thema, umn die Frage wie und wann ich einmal aus diesem Leben scheide und ob ich in der Lage sein werde dieses Leben selber zu beenden um nicht an Maschinen todsterbenskrank zu vegetieren. Auch was ich bis dahin erlebe, ob sich diese Einsamkeit und dieses zurückgezogene Leben lohnt und vor allem, warum ich es mit Traurigkeit verbringe und verschwende anstatt es zu geniessen. Warum soll ich Dinge tun die ich nicht tun will, warum arbeiten wir und warum spielt Geld so eine große Rolle? Werden wir wieder geboren? Sehen wir die Toten wieder? Ich kann das alles gar nicht in Worte fassen, es ist so viel in meinem Kopf. Ich kann das Leid nicht mehr ertragen was ich sehe, was Tieren angetan wird weil die stumm leiden. Ich zerbreche daran und will lieber vielen Tieren helfen als depressiv arbeiten zu gehen, dafür habe ich aber nicht die Mittel. Und dann kommt der Tag an dem wir dieses Leben verlassen, hat es sich bis dahin gelohnt? Bin ich im Alter genauso alleine wie jetzt?

Ich rede wieder nur von mir, vielleicht findest Du ja einige Fragen in meinem Durcheinander wieder die Dir bekannt sind. Es wird Dich nicht überraschen wenn ich sage, wir selbst sind unseres Glückes Schmied und der Satz: Zu Hause wird niemand anklingeln um mit Dir sein Leben zu teilen. wird Dir auch nicht fremd sein, oder? Wir müssen aus unserer Lethargie erwachen, wir haben so viele Möglickeiten die andere nicht haben, laß sie uns nutzen. Es muss doch irgendwie möglich sein, wieder ins normale Leben einzusteigen ohne all diese unnützen Sorgen.
ben1
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von ben1 »

Hallo

eine höchst unangenehme Kombination - die Endlichkeit des eigenen Lebens erkennen und daraus resultierend (oder flankierend) ein Sinnlosigkeitsgefühl. Alles, was wir machen, bringt uns an der Endlichkeitsproblematik nicht vorbei. Warum soll ich xy machen, wenn ich doch sterben werde? Diese Absurdität des Lebens zu erkennen, macht erst mal handlungsunfähig. Woher soll ich Motivation nehmen, wenn doch alles im Endeffekt umsonst ist? Dazu drei Gedanken

a) Muss zwangsläufig aus der "Erkenntnis", das das Leben keinen Sinn hat (Absurditätsproblematik) folgen, dass das Leben auch nicht lebenswert ist? Oder kann gerade aus eben dieser Erkenntnis ein Mut erwachsen, eine Gelassenheit oder Narrenfreiheit sozusagen, das eigene Leben in die Hand zu nehmen und die lebenswerten Anteile zu forcieren?

b) Stellt sich die "Sinnlosigkeitsproblematik" bei aktiven Tätigkeiten überhaupt? Oder ist das eine "Leerlaufbeschäftigung" unseres Verstandes? ACHTUNG: ich meine keinen Aktionismus um jeden Preis - viele Menschen stürzen von Event zu Event, um ja nicht zum Denken zu kommen - das ist nicht gemeint. Manchmal ist es aber sehr klug, "oberflächlich" zu werden (also im Wortsinn wieder an die Oberfläche zu kommen), um wieder Luft zu holen

c) Bin ich wirklich nur das "kleine ich", die Person, mit der ich mich identifiziere, oder ist da nicht was viel Größeres in mir und durch mich zu Gange, das ich nicht fassen, durchaus aber in gewissen Momenten erfahren kann?

3 Gedanken, die zum weiterarbeiten anregen können (ich arbeite selber immer wieder mit diesem System, stehe also mit der Ausgangsfrage auch immer mal wieder in Diskurs). Für mich bietet Gedanke c) den größten Trost - aber auch wer mit einer solchen "höheren Macht", mit Gott oder wie man das auch immer nennen mag, nichts anfangen kann, kann mit Gedanken a) und b) den Gedankenkreisel ein wenig unterbrechen und neue Blickwinkel etablieren.

Hofft zumindest

Ben
ben1
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von ben1 »

Hab heute beim Spazierengehen noch ein schönes Bild für die Vergänglichkeitsproblematik gesehen. Kinder, die mit großem Spaß einen Schneemann gebaut haben. Morgen kanns tauen - vielleicht steht er auch noch 2 Wochen, aber vergänglich ist er auf jeden Fall. Genau so können wir doch auch mit dem Schnee, der heute da ist, etwas gestalten oder bauen, ohne uns darum zu kümmern, dass auch das alles früher oder später "tauen" wird ...

Schönen Sonntag

Ben
lt.cable
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von lt.cable »

Hallo zusammen!

Ich melde mich hier mal wieder. Dass ich schon ein paar Tage keine Rückmeldung gegeben habe, ist einfach Ausdruck meiner aktuellen Situation. Daher auch der Hinweis an die Leute, die mir eine E-Mail geschrieben haben: Danke für eure Mühe! Ich bin nicht desinteressiert, ich habe nur deshalb noch nicht geantwortet, weil ich während meiner Durchhänger sehr schlecht darin bin, persönliche Kontakte zu pflegen. Selbst Bekannte oder Freunde hören dann unter Umständen nicht sofort was von mir.
Hinsichtlich des Lebens kann ich bezüglich meiner Wahrnehmung desselben nur auf meinen Wahlspruch verweisen: lebensmüde, aber ohne Todeswunsch. Ich bin mehr, als das, was ich an Leistung erbringe, und dieser Teil von mir ist wahrscheinlich der allerwichtigste. Das habe ich über die Jahre gelernt. Und ja: Es gibt in diesem Leben so viele Dinge, die es lebenswert machen. Musik, den Kontakt zu Menschen, die einem wichtig sind, gutes Essen - um nur einige zu nennen. Beruf und Arbeit gehören bei mir nicht zu dieser Positivliste, weil ich ehrlich gesagt keinerlei Vorstellung davon habe, wie ich diesen Teil meines Lebens mal selbst auf die Reihe bekommen soll. Diese Werteverschiebung ist für mich als Individuum zunächst ja gar nicht unbedingt negativ zu sehen, aber in der Divergenz zum Wertekanon der restlichen Normalgesellschaft gibt das natürlich Stress. Da kann irgendwann einfach niemand mehr verstehen, wieso ich beruflich immer noch nichts erreicht habe und weshalb ich im Grunde keinerlei bedeutende Zukunftspläne schmiede. Momentan lebe ich - mehr als noch innerhalb der Vorlesungszeit - in den Tag hinein. Den Kopf erfüllt diese altbekannte Leere, die mir nur signalisiert, dass wieder mal das letzte Körnchen Lebensorientierung flöten geht. So laufe ich dann - mehr oder weniger - wie ein Zombie durch den Tag und bin froh, wenn ich irgendwann mit mir überein komme, dass ich mir den Rest des Tages frei geben kann, weil ich ohnehin nichts mehr groß schaffen werde. Meist bin ich dann froh, wenn ich den Zeitpunkt für die Nachtmedikation erreicht habe, denn die Nacht ist nicht so anstrengend wie der Tag. Intellektuell ist mir klar, dass es das so nicht sein kann, aber ich bin nicht mal wütend, traurig, geschockt oder aufgebracht darüber. Ich fühle mich einfach leer.

Es grüßt
lt.cable
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Mezier
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von Mezier »

An Lt. Cable,

Du bist mehr, als das, was Du leistest...
Der Satz war es, der mich jetzt grad bis ins Mark getroffen hat. Mit dem werde ich mich mal gedanklich genauer beschäftigen. Der ist gut. Der ist richtig gut.
Vielleicht bist Du auf eine Art gesünder als die meisten...

Danke.
Mezier
ben1
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von ben1 »

Hallo Lt.

hab ja oben schon ein bißchen was geschrieben, was ich durchaus für überlegenswert halte.

Noch ein Gesichtspunkt zum Thema "Arbeitswahl"

Ich denke, man soll das zwar wichtig nehmen, aber nicht allzu ernst. Und zwar aus folgendem Grund

Sich für einen Job entscheiden, bedeutet halt auch "NEIN" zu allen anderen zu sagen. Und mit dieser Entscheidung wird man früher oder später scheitern. Früher oder später wird der Job zur Last oder verliert seine Faszination. Das macht aber nix! Nur, wenn man diesen Mechanismus kennt, kann man damit umgehen und nimmt dem ganzen die Dramatik. Wohl kann ich immer wieder gucken, wie ich den Job so für mich definieren kann, das er passt - aber die "richtige" Wahl werde ich nicht treffen können. Um mit Paul Watzlawick zu formulieren: "Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst".

Solange ich noch im Bereich des "Möglichen" lebe, mich also noch nicht festgelegt habe (egal ob Job, Frau, Zukunft oder oder oder) ist prinzipiell alles möglich und ich kann mir meine Idealbilder aufbauen - oder meine Horrorszenarien. Wenns aber vom Möglichen zum Konkreten kommt, ist die Auswahl automatisch begrenzt und endlich. Ich muss also eine Auswahl treffen und mich damit selbst extrem einschränken - aber nur so kann ich weitere Entwicklungsschritte machen. Und mit der Auswahl mache ich dann auch einen Teil von dem potentiell lebbaren für mich wichtig! Derzeit ist alles gleich-gültig - nur durch meine Wahl (die unter den o.g. Rahmenbedingungen klug getroffen werden will) mache ich den Unterschied - und zwar den für mich gültigen Unterschied (der muss mit der Gesellschaft nichts zu tun haben!)

Man kann also in dem Zwischenschritt steckenbleiben, weil man nicht weis, was man eigentlich will - oder man kann sich die Freiheit (oder Frechheit) nehmen, trotz aller (berechtigter!) Bedenken eine Auswahl zu treffen, von der man von Anfang an weis, das sie nicht überdauernd sein wird - und mit eben diesem Wissen kann ein neuer Schritt gemacht werden.

Der nächste Schritt ist dann, wie man mit der Wahl, die man getroffen hat, möglichst gut leben kann. Die Arbeit ist also mit der Wahl alleine nicht getan - macht aber auch nix - dann arbeite ich mit dem, was da ist, was ich gewählt habe - und wenns gar nicht mehr passt, kann ich das auch wieder verändern. So läuft das Leben.

Meint zumindest

Ben
kormoran
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von kormoran »

hallo kabelmann,

dank ben , der das so gut ausgedrückt hat, kann ich nun vielleicht rüberbringen, was ich empfunden habe, als ich dein posting gelesen habe:

hauptsache, du machst überhaupt irgendwas.

du schwebst in diesem zwischenzustand, eigentlich totalem stillstand, quasi totstellreflex. es ist depressions-typisch, sich nicht entscheiden zu können. man weiß nicht, was man will. ja, man kann eigentlich überhaupt nicht wollen. also wie soll man sich entscheiden. im übrigen traut man sich, käme man denn zu einer entscheidung, nicht zu, den weg dann auch zu schaffen. also dehnt man einen eigentlich leb-losen zustand ins unendliche aus, in der irrigen annahme, dass die zukunft einfach nicht stattfindet

ich kann das sehr gut nachempfinden von meiner eigenen geschichte her. das wesentliche ist nicht, ob du jetzt das studium abbrichst, jetzt oder später fortsetzt, ja, was du machst, wenn du endlich mal aufstehst und rausgehst, ob du am wochenmarkt blumen verkaufst oder in einem nachhilfeinstitut deine kenntnisse umsetzt.

hauptsache ist, du stehst auf und nimmst dein leben in die hand, sorgst dafür, dass du dich wieder spüren kannst. mit der zeit und therapeutisch begleiteter arbeit daran kommst du an deine ressourcen und das, was du wirklich willst, auch wieder heran.

der kern scheint mir in diesem topfpflanzen-dasein zu liegen, einer überzeugung, dass man nicht selbst leben darf. (zum beispiel, weil einem die eltern immer alles aus der hand genommen haben und vermittelt haben, dass man ihnen den lebenssinn wegnimmt, wenn man sein eigenes leben an sich nimmt ... nur so eine möglichkeit).

liebe grüße
kormoranin

p.s. this one's for you:
http://www.youtube.com/watch?v=E9TKBX-KBxY
glossar:
zwiefel=zwiebel
substral=topfflanzendüngemittelmarke
auße aus da harpfn = raus aus dem bett
 http://www.depressionsliga.de
*** zurück ins leben!
wennfrid
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von wennfrid »

Hi Lt. Cable
Ich bin seit ca. 10 Tagen in diesem Forum.
Ich denke, es ist egal, ob jemand 1 mal oder 10 mal hier war, entscheidend ist das Bedürfnis. Außerdem tut es gut, seine Gedanken, Ängste oder Sorgen anderen mitzuteilen. Man erkennt, alle anderen sind auch nur Menschen, mit den verschiedensten Problemen. Außerdem gibt es mir z. B. die Gelegenheit, einige Hilfen aufzuzeigen, Hilfen die ich selber positiv praktiziert habe.
Ein fester, strukturierter Tagesablauf, dadurch erkenne ich, was ich trotz Depri noch alles zu leisten vermag.
Selbshilfegruppen oder ähnliches, hier sind Menschen, die meine Sorgen sehr schnell nachempfinden und verstehen können.
Eine medikamentöse Unterstützung. Ob und welche Medis könner mir helfen. (Kann nur der Patient selber feststellen)
Außerdem löst die Vorstellung, daß jeder Mensch einmal sterben muß, für jeden Panik aus. Ich denke mal, das Sterben kann niemand verhindern, bis es aber soweit ist, kann ich das Beste aus meinem Leben machen. (Bestimmt leichter geschrieben als getan)
Viel Kraft und Energie

Fridolin
lt.cable
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von lt.cable »

Hallo zusammen!

Zunächst vielen Dank für die "Topfpflanzen", ich habe mich bestens amüsiert! Ansonsten jetzt mal wieder ein kurzer Lagebericht von mir. Ich hatte ja kürzlich meinen Ambulanz-Termin in der Klinik (die machen da die fachärztliche Betreuung) und es ist mal wieder so gelaufen, wie es bei Arztterminen halt bei vielen Menschen läuft. Das Durchhängen durch den Strukturverlust in der vorlesungsfreien Zeit wurde zwar thematisiert, aber ich hätte mir rückblickend da doch eine deutlichere Problematisierung dieses Komplexes gewünscht. Die Schwierigkeit dabei: Das momentane Hauptproblem ist meiner Empfindung nach nicht primär ein depressives. Richtige Dellen nach unten hat es seit der medikamentösen Neueinstellung nicht mehr gegeben, die Rückfallverhütung scheint also zu funktionieren. Aktuell bin ich lediglich in der Situation, dass das Aufschiebeverhalten mich schon wieder in eine derartige Drucksituation manövriert hat, dass der Dreiklang aus intellektueller Blockade (wie der Ochs vorm Berg), Ausweichverhalten / Übersprunghandlung und Angst vor dem mit jedem Tag näher rückenden Scheitern selbst mir mittlerweile deutlich vor Augen tritt. Ergo: Ich habe die Situation erkannt und zusammen mit der gefühlten Sinnlosigkeit meiner Tage im Hinblick auf eine berufliche bzw. Lebensperspektive bin ich froh darüber, dass die Medikamentenstütze mich vor dem totalen Einbruch schützt. Positiv werte ich, dass in mir selbst bereits der Wunsch nach offensiver Problemlösung erwacht ist. Ich möchte in naher Zukunft zu den Dozenten in die Sprechstunde gehen, meine Probleme offen ansprechen (immer so, wie ich es für vertretbar halte) und um Aufschub wie um Unterstützung bitten. Weiterhin will ich mir unbedingt wieder einen Termin bei der psychologischen Beratung besorgen, um da einige neue Dinge zu besprechen, die mir durch den Kopf gehen.
Auf lange Sicht gesehen hätte ich Lust dazu, mit der Unterstützungsstelle für behinderte und chronisch kranke Studierende an unserer Uni mal darüber zu sprechen, ob man nicht die eine oder andere Veranstaltung z. B. für depressive Studierende fahren kann, damit man endlich mal mit anderen Betroffenen in Kontakt kommt und dem ganzen Komplex vielleicht etwas an Schambesetztheit nimmt.
Jetzt gleich werde ich mich wieder in eine Ausweichhandlung flüchten, indem ich mich noch etwas vor meine Spielkonsole klemme. Ihr kennt das ja bestimmt: Einen ganzen Tag die eigene Erstarrung und Handlungsunfähigkeit ziemlich hilflos miterleben zu müssen, kann echt anstrengend sein. Momentan sehe ich - und das ist für Aufschieber ja quasi gemäß Lehrbuch - nur einen riesigen Berg an Arbeit vor mir und leider keinen Ansatzpunkt, an dem ich meine Arbeit sinnvoll beginnen könnte. Ich muss halt langsam mal bei irgendjemandem meine erste Hausarbeit schreiben, um diesen wohl besonders mit Furcht beladenen Erstling endlich von der Brust zu haben.

Sonnige Grüße!
lt.cable
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- Charles Lewinsky
ben1
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von ben1 »

Hallo Cable

Zunächst mal Danke für den Lagebericht. Und dann eine etwas provozierende Frage - liest Du das, was wir hier schreiben und möchtest Du Dich damit auseinandersetzen oder nicht? Denn falls Nein, ist das absolut ok, aber dann schreib ich in diesem Thread nix mehr. Mich würde interessieren, was Du von unseren Vorschlägen hältst - mehr nicht. Denn das sich was ändern muss, wenn sich was ändern soll, ist klar
Nix für ungut und Dir alles Gute

Ben
lt.cable
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von lt.cable »

Hallo Ben1!

Natürlich lese ich das, was ihr hier schreibt. Dass das, was sich aus mir heraus den Weg nach außen bricht, mitunter so intensiv und selbstzentriert sein kann, dass bei anderen ein leicht eigenartiger Eindruck entsteht, so als rede - oder schreibe - man aneinander vorbei, ist mir als eins meiner Probleme allerdings gut bekannt. Grundsätzlich halte ich es allerdings schon für fragwürdig, die Einstellung der eigenen Wortbeiträge anzudrohen, weil man selbst den Eindruck hat, dass sie nicht angemessen gewürdigt werden. Das hat so was von: "Wenn du nicht so bist, wie wir dich haben wollen, dann mögen wir dich nicht mehr." Danke, aber davon hatte ich als Kind und Jugendlicher nun wirklich mehr als genug.
Es macht mir momentan wirklich Mühe, meine Gedanken überhaupt mal für einen Beitrag in diesem Forum zu sortieren. Ja, vielleicht ist dies manchmal auch nur ein Ort, wo ich mir selbst Dinge von der Seele schreibe, um sie für mich endlich mal klarer zu bekommen und sinnvolle Gedankengänge für spätere Zeitpunkte festzuhalten.

Es grüßt
lt.cable
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von ben1 »

Hi Cable

ich hab nicht gedroht - tut mir Leid, wenn das so ankam. Du sollst meine Beiträge auch nicht würdigen und ich will Dich auch nicht ändern. Mich hätte einfach interessiert, was Du dazu denkst - nicht mehr und nicht weniger - denn so begreife ich das Forum - als Dialog, als Austausch.

Ben
flocke
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von flocke »

Hallo lt. Cable,

ist das eigentlich eine Figur in einem Spiel oder so?

Also, dein und mein Leben zeigt ja einige Parallelen. Du schreibst mir immer mal und "triffst" so einiges...

Dein Studium ist ja nicht so wirklich "dein Ding", du lässt immermal durchsickern dass du das nicht so wirklich willst was du da machst und auch mit dem Abschluss nicht so sehr viel anzufangen meinst. Oder erinnere ich das falsch?

Kannst du dir eigentlich vorstellen es zu beenden und später davon zu leben? Also einfach pragmatisch um Geld zu verdienen, nicht als Passion, oder sowas.

Oder steckst du eher fest, weil sich dagegen alles sträubt und du "nur" weitermachst, weil du in einem Alter bist in dem ein totales Umschwenken nur sehr schwer möglich ist?

Pragmatismus hilft ja manchmal.

Ansonsten, naja, es läuft dir ja eigentlich nicht weg. Es gibt so viele die in der Vorlesungsfreien Zeit einfach NICHTS machen. "Kurz vor knapp" klappt oft genug

Ich frage mich gerade ob die selbstgewählte Reizarmut Selbstschutz oder einfach nur destruktiv ist. Wünschst du es dir manchmal anders (ich meine mit allen Konsequenzen)?

Flocke
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lt.cable
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von lt.cable »

Hallo Flocke!

Lt. Cable entstammt einem der wenigen Bereiche in meinem Leben, mit dem mich eine wirklich tiefe Leidenschaft verbindet: dem des Musicals. Den Nickname habe ich dann hier gewählt, weil ich zu dem Zeitpunkt damals wahrscheinlich eine wirklich ausgezeichnete Einspielung von Rodgers und Hammersteins "South Pacific" auf DVD gesehen hatte, die mich bis heute immer wieder begeistern kann (siehe: http://www.youtube.com/watch?v=JQFOy_SMmpc). Die Liebe zur Musik ist wahrscheinlich eines der wenigen Gefühle, die ich so in der Regel erlebe und auch gut zulassen kann.
Was meinen Lebensweg angeht, sehe ich es mittlerweile einfach so, dass ich da irgendwie den Kompass verloren habe, der vielen anderen Menschen ihren Weg - mehr oder weniger deutlich - anzeigt. Unangenehm dabei ist vor allem, dass ich eigentlich kaum noch Dinge dahingehend einzuschätzen vermag, ob sie mir gefallen könnten oder nicht. Im Hintergrund schwingt - gerade auch im Bezug auf das Studium - immer die bange Angst mit, dafür doch sowieso nicht gut genug zu sein, das alles auch letztlich gar nicht mehr schaffen zu können. Meine Angst vor Prüfungssituationen hat sich seit der letzten richtig dicken Studienkrise eigentlich nur noch gesteigert, mittlerweile kann ich es mir fast gar nicht mehr vorstellen, mich zu wichtigen Prüfungen überhaupt noch jemals anzumelden. Insofern ist das schon seit mehreren Semestern so etwas wie ein Abgesang, aber letztlich habe ich nicht mal mehr ein Bauchgefühl, dass mir in Sachen Beruf - eigentlich in allen Bereichen, in denen es um Leistung geht - irgendwie bei den Entscheidungen helfen könnte. Das Radar ist da schlichtweg tot.
Wenn der Leistungsdruck, den ich mir - zugegeben - vielleicht auch nur selbst mache, in den Zwangspausen (durch Absturz) dann mal wegfällt, erlebe ich den Menschen, der ich sein könnte. Ich kann dann auf andere Menschen zugehen, habe Freude am Kontakt und am Miteinander, kann mir dann sogar engere Bindungen mit Frauen vorstellen, die mich interessieren können. Das ist der Mensch, als der ich gerne mehr Zeit verbringen würde. Bin ich aber zurück in der Tretmühle des Alltags, habe ich wieder mehr das Gefühl, eigentlich nur noch aufgrund meiner Leistung beurteilt und geschätzt zu werden, werde ich wieder schnell zu dem verschüchterten Einsiedler mit den üblichen Masken für das Alltagsgeschäft, der mir schon zu viel von meiner Zeit gestohlen hat. Klar, auch dann habe ich Freude an den Dingen, die mir immer bleiben (wie eben die Musik), aber das Lebensgefühl ist ein anderes, deutlich eingeengteres. Manchmal bin ich schon ziemlich enttäuscht, dass das eben mein Leben geworden ist. So hatte ich mir das mit bald 30 Jahren nicht vorgestellt und mit jedem Jahr wird es immer schwieriger, sich die Dinge zu schaffen, die in anderen Leben einfach mitgewachsen sind: Freunde, Partner, Freizeitaktivitäten, Vereinsleben und so weiter. Wie ich aktuell so lebe, ist mit Sicherheit zu einem guten Teil durch meine Erfahrungen als Kind und Jugendlicher bedingt. Erst langsam (und mühsam!) wird mir klar, dass ich für Mitschüler eigentlich oft nur der gemiedene Außenseiter war (allerdings hatte ich einen kleinen, verlässlichen Freundeskreis, zu dem ich auch heute noch Kontakt habe), meine Eltern haben ständig nur den Druck der Lehrer wegen meiner schwachen mündlichen Leistung an mich weitergereicht und mir den Eindruck vermittelt, als sei gut oder sehr gut eben immer noch nicht gut genug. Kaum jemand, der mit mir in Kontakt kommt, würde wahrscheinlich vermuten, dass ich in diesem Bereich Probleme habe. Das mag vielleicht auch daran liegen, dass ich im professionellen Umgang mit anderen Menschen durchaus ein Profi bin. Für die wirkliche emotionale Seite ist es allerdings pures Gift, wenn man auch diesen Bereich irgendwann nur noch ganz professionell "abwickelt".
Viel Text, darum ein Schnitt an dieser Stelle. Wünsche dir noch einen schönen Abend!

Es grüßt
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- Charles Lewinsky
Mulder
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von Mulder »

Hallo Lt. Cable,

zu deinem Vorhaben, mit den Dozenten zu sprechen, kann ich nur sagen: Tu es! Ich hatte voriges Jahr ein ganz ähnliches Problem, wie du es beschreibst. Ich war mitten in einer Belegarbeit und dann kam die Prokrastination. Ich war völlig überfordert mit der Aufgabe. Die Tage habe ich mit "wichtigen" Kleinigkeiten im Haushalt gefüllt, nach dem Motto: "Wenn du das jetzt gleich erledigst, hast du nachher den Kopf frei für die Belegarbeit." Nur leider war ich erst fertig mit meinen Haushaltskleinigkeiten, als der Tag quasi vorbei war. Und dann hat es sich eh nicht mehr gelohnt, noch anzufangen.... Also auf den nächsten Tag verschoben und da lief das gleiche Programm wieder ab wie am Vortag. Das schafft natürlich Frust und auch ein schlechtes Gewissen sich selbst gegenüber und das blockiert einen. Die bekannte Spirale beginnt sich zu drehen. Das ging monatelang so.

Irgendwann habe ich mich dann überwunden, meinem Betreuer meine Probleme zu schildern. Er hat verständnisvoll reagiert. Mir hat es geholfen, dass er mir einen relativ zeitnahen Abgabetermin für eine unverbindliche Durchsicht vorgeschlagen hat. Ein bisschen Druck von außen brauche ich wohl. Ich weiß nicht, wie lang du für deine Hausarbeiten Zeit hast. Aber wie gesagt, wenn ich einen Termin vor Augen habe, der nicht in ferner Zukunft liegt, funktioniere ich besser.
Vielleicht sollte man auch in regelmäßigen Abständen jeweils schon im Voraus einen Termin mit seinem Dozenten/Betreuer vereinbaren, in dem dann die Fortschritte und Probleme besprochen werden. So habe ich es mir für die nächste Belegarbeit vorgenommen. Auf diese Art fühle ich mich dem Betreuer gegenüber in gewisser Weise verpflichtet, etwas zu tun. Und ich würde mich auch schämen, dort aufzukreuzen und nichts getan zu haben. Auf diese Weise versuche ich, mich selbst zu überlisten.

Mir hat es auch geholfen, beim Belegschreiben mein Tagwerk dann zu beenden, wenn es gerade einigermaßen gut lief und ich nicht vor einer scheinbar unlösbaren Aufgabe stand. Dann habe ich mir ein paar Stichpunkte gemacht, um am nächsten Tag an dieser Stelle anknüpfen zu können. Somit ist die Hemmschwelle, sich hinzusetzen und etwas zu tun, geringer. Man muss versuchen, den Elan des Vortags in den nächsten mitzunehmen. Und wenn man dann erst den Anfang gemacht hat und wieder "drin" ist, kommt eins zum anderen und vieles geht fast von allein. Das funktioniert freilich nicht immer, aber mir hat es immer wieder geholfen.

Mir macht mein Studium auch keinen Spaß und ich habe mich dabei immer fremd gefühlt. Es gehört einfach nicht zu mir. Und auch mir macht die ewige Partnerlosigkeit zu schaffen. Dass ich noch bei meinen Eltern wohne und ihnen auf der Tasche liege, macht die Sache nicht gerade einfacher für mich. Ich fühle mich so eingeengt. Du siehst also, du bist nicht allein mit deiner Situation. Glaube mir, ich kann deine Gefühlswelt gut nachvollziehen.

Was tust du denn den ganzen Tag außer Videospielen? Ich meine dieses "alles andere", wie du es beschreibst. Vielleicht kannst du daraus ja Interessen ableiten, die dich in deine spätere berufliche Zukunft lenken (z.B. bei dir Musik). Ich bin auch gerade in dieser Phase und so langsam kristallisiert sich eine Richtung heraus. Denk mal darüber nach. Ich merke ja, dass du etwas tun willst, aber es soll etwas sein, mit dem du dich identifizieren kannst (so würde ich Flockes obige Fragestellung von außen beantworten). Denn am Ende des Lebens will man eine positive Bilanz ziehen können und nicht feststellen müssen, dass alles, was man getan hast, einem nichts bedeutet hat. Und das schließt natürlich auch das Berufliche ein. So geht es mir jedenfalls.


Ist jetzt ein bisschen lang geworden. Ich hoffe aber, einigermaßen verständlich ausgedrückt zu haben, was ich sagen wollte. Vielleicht kannst du ja da eine oder andere für dich übernehmen.


Viele Grüße
Mulder
Knuffel
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von Knuffel »

Hallo Lt. Cable!

Ich hab hier mal die ganze Korrespondenz verfolgt.
Ich kann Dich ganz gut verstehen.
Bin grad in einer ähnlichen Situation.
Auch Semesterferien nach einem Prüfungsmarathon und in ein tiefes Loch gefallen - trotz ADs. Der kleine Unterschied: ich muss keine Hausarbeit schreiben. Dafür peinigt mich auch täglich das schlechte Gewissen, weil ich nur noch schlafen könnte,nicht aus dem Bett komme und ich im Haushalt nix auf die Reihe bringe.

Wie lange hast Du denn noch Zeit für die Hausarbeit? Viele Menschen brauchen einfach Druck, um etwas zu schaffen, vllt. gehörst Du einfach auch dazu?
Wie wäre es, wenn Du einfach mal Deine Situation akzeptierst und Dich nicht jeden Tag selbst geißelst. Vielleicht hilft das ja fürs erste und die Motivation kommt dann von selbst zurück (zumindest ein wenig). Und da Du ja schon seit geraumer Zeit studierst, hast Du doch bis jetzt auch alles trotz Depris geschafft! Dann wirst Du es jetzt auch schaffen!

Zu Deinem Studium: sei beruhigt; ich hab mit 29 noch ein Studium angefangen und werde mit 33 fertig sein. Dazu bin ich noch ein Weibchen (von wegen Kinderwunsch, der zwar nicht da ist, aber die Arbeitgeber könnten das vermuten). Oft mach ich mir auch Gedanken um die Zukunft und was aus mir werden soll.

Vielleicht ist das Studi wirklich nicht das Richtige für Dich! Warum studierst Du? Weil DU es willst oder weil Deine Eltern es wollten? Kannst Du nicht was studieren, was Dir mehr Spaß macht?

Und ja, auch ich denke manchmal: wie schnell die Zeit vergeht, und irgendwann kommt der Moment, wo du abtrittst und in der Kiste liegst... gruslig, aber macht sich nicht jeder manchmal Gedanken darüber?


Alles Gute wünscht Dir
Feodora
lt.cable
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von lt.cable »

Hallo zusammen!

An dieser Stelle zunächst vielen Dank für alle bisherigen Beiträge! Der Input hier ist für mich sehr wichtig, da viele der Probleme, die ich hier anreiße, in meinem Alltag und Umfeld leider viel zu wenig thematisiert werden. Ich bin mit diesen sehr spezifischen Problemen, die natürlich kein "Normalo" nachvollziehen kann, selbst für meine engsten Verwandten, meine Familie, ein Exot geblieben, denke ich. Wobei ich natürlich auch diesen Menschen das zugestehen muss, was auch für mich ganz normal ist: Jeder muss erst mal sehen, dass er (oder sie) das eigene Leben auf die Reihe bekommt. Es ist ja nicht so, dass andere Leute nicht auch mal an der einen oder anderen Sache zu knacken hätten.
Das Wochenende war - vom Standpunkt Uni aus gesehen - wieder eine ziemliche Hängerei. Am Freitag und Samstag habe ich gewirbelt und mich um das Essen für eine Geburtstagsfeier in der Familie gekümmert, aber das Kochen macht mir auch Spaß. Dennoch habe ich gemerkt, wie anstrengend das samt den entsprechenden Einkäufen doch stellenweise gewesen ist. Manchmal war ich etwas fahrig und unangenehm unfokussiert, aber es hat alles geklappt und alle waren äußerst zufrieden.
Was mein Studium angeht, kann ich mittlerweile gar nicht mehr genau sagen, wer da aktuell die Richtung vorgibt. Das ist da ein wenig so, als würde man einen komplett Farbenblinden fragen, welche der gezeigten Farben ihm denn nun am besten gefällt. Die Unlust in bestimmten Veranstaltungen des letzten Semesters war bei mir schon ungekannt groß und ein wirkliches Interesse an den Inhalten des Studiums oder dem letztendlichen Berufsziel verspüre ich auch nur noch äußerst selten. Ich hätte allerdings auch keine Alternative parat, bei der ich auch nur die leiseste Ahnung einer Gefühlsregung verspüre, die dann in mir wachsen und mich antreiben könnte, dieses Ziel auch tatsächlich erreichen zu wollen. Momentan weiß ich nur, dass die Uhr für den Berufseinstieg tickt. Bald steht die 30 drohend vor der Tür und bisher sehe ich da weniger einen Anlass zu feiern und mehr den potenziellen Auslöser eines gepflegten Absturzes inklusive erneuter Hospitalisierung. Gut, und falls es doch nicht so schlimm kommt, werde ich auch diese Marke eben in altbekannter Manier, gefasst, ohne besondere Gefühlsregungen ertragen und die Tage einfach weiterhin abwickeln. Die Überzeugung von der Sinnlosigkeit des Tuns sitzt einfach so tief in mir drin und ich habe sie so verinnerlicht, dass ich einfach wieder zunehmend in der Erstarrung versinke und eine Art Realitätsverweigerung betreibe. Meine Droge sind aktuell die Videospiele, deren Welten ich gerne betrete, um über Stunden von der Realität abzuschalten. In diesem Punkt sind Flocke und ich uns dann zurzeit ziemlich ähnlich, denn wir beide würden uns wohl bereitwillig und ausgiebig in die virtuellen Welten begeben und gleichzeitig die Attitüde pflegen, dass uns die Welt da draußen gefälligst mal am Arsch lecken kann. Zielführend ist diese infantile Kopf-in-den-Sand-Taktik natürlich nicht, erwachsen auch nicht, aber bessere Strategien finde ich bei mir momentan nicht vor. Die Angst vor einer "Karriere" als Transferleistungsempfänger ist für mich durchaus real, denn ich habe keine Vorstellung davon, wie ich mein Leben mal selbst auf die Reihe bekommen soll. Eigentlich eine harte Erkenntnis für einen Erwachsenen, die Gleichgültigkeit, mit der ich solche Dinge in die Tasten kloppen kann, sollte mich eigentlich selbst erschrecken. Letztlich nur ein Beleg dafür, wie sehr sich Intellekt und Emotion in meinem Fall entfremdet haben. Das ist wohl auch ein Grund dafür, dass es mir nichts hilft, mich und mein Verhalten relativ gut analysieren zu können.
Schnitt für heute.

Es grüßt
lt.cable
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lt.cable
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von lt.cable »

Hallo zusammen!

Ich stelle heute nur mal eine ganz konkrete Frage, auf die ich selbst keine Antwort finde. Wer ist eigentlich der richtige Ansprechpartner dafür, mir bei der Neuordnung meines Lebens, beim Treffen wichtiger Entscheidungen hinsichtlich des Lebensweges zu helfen? Zuerst würde mir natürlich ein Therapeut bzw. Psychologe einfallen, aber meiner Erfahrung nach "schaffen die dann doch nicht besonders viel weg." Zumindest hatte ich bisher noch nie den Eindruck, dass die mit mir wirklich Weichen stellen, sodass ich irgendwie wieder in Bewegung komme. Vielleicht erwarte ich ja auch zu viel.

Freue mich auf eure Antworten!
lt.cable
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flocke
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von flocke »

Hey!
Danke für dein Post in meinem Thread, war ganz überrascht den wieder oben zu sehen...

Weißt du, so ganz konkret zu deiner Frage: so einfach zu beantworten ist das nicht.

Theoretisch ist für ein konkretes Herangehen an die Probleme des Alltags und der Strukturierung desselbigen der Sozialarbeiter zuständig. Schwierig halt, da man dazu erstmal einen haben muss...

Psychologen usw. sind eher für die inneren Grenzen zustädnig, weniger für konkretes. Sie gehen mit einem beispielsweise so gut wie nie ins "freie Feld". Mit denen sitzt man im Behandlungsraum und philosophiert über dies und das. Wirklich konkret wird es nicht, es bleibt beim darüber reden und vielleicht Pläne machen...

So wie du deine Situation beschreibst bist du in einer Art Grauzone. Du schaffst das nötigste, aber eben auch nur das. Im Allgemeinen dümpelst du vor dich hin (KEIN Vorwurf!!!)
Sozialarbeiter sind aber eher was für die "schwereren" Fälle. Nicht dass ich deine Situation triviallisieren will, ganz und garnicht. Aber solange es noch irgendwie läuft kann man bei Caritas und Co eben auch "nur" Beratungen bekommen (im Grunde genauso wenig "konkret" hilfreich wie Therapie)
Was du da aber eben angesprochen hast, geht in Richtung "Betreuung", das was ich mal hatte... Da gehts dann schon sehr konkret ans Werk.

Natürlich gibts auch die Möglichkeit dass einem Freunde die Hand reichen, oder einem in den Hintern treten... aber mal ehrlich wer hat schon solche Freunde und vor allem, wer würde sowas von Freunden annehmen???

Ach ja, es gibt dann ja auch immer noch das Forum. Hier kann man ja auch ganz gut mit Fragen den Alltag betreffend ankommen und je nachdem wie stressig das Gesamtklima im Forum ist, kann man auch ausführlicher und "privater" werden. Allerdings liegt die wirklich voll-krass-konkrete Umsetzung ( ) dann doch wieder bei einem selbst Wie immer, am Ende kommts nur auf einen selbst an.

Mhm, das hat jetzt nicht wirklich geholfen denke ich...

Flocke
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von lt.cable »

Hallo Flocke!

Grundsätzlich bin ich immer sehr froh, dass ich kein klarer Fall für den Sozialarbeiter, einen Betreuer oder einschlägige Hilfsangebote für schwere Fälle bin. Das führt - hier hast du richtig diagnostiziert - allerdings dazu, dass ich in einer Grauzone versumpfe, für die niemand so richtig zuständig zu sein scheint. Was soll ich mit meinem Leben anfangen? Wie entwickle ich welche tragfähige berufliche Perspektive für mich? Wie schaffe ich es, in naher Zukunft ein Leben zu führen, das meinem Alter angemessen ist, um nicht noch mit vierzig bei den Eltern zu wohnen? Das sind Fragen, auf die ich so für mich einfach keine Antworten finde. Ich kann auch niemandem in meinem Umfeld einen Vorwurf daraus machen, dass solche eigenartigen Fragestellungen da lediglich Verwirrung hervorrufen.
Momentan stelle ich nur wieder die Situation fest, dass das neue Semester vor der Tür steht, ich komplett keine Lust darauf habe und keinen Sinn darin sehe und ich wieder nicht eine Hausarbeit geschrieben habe. Wenn ich das so noch ein paar Jährchen weiterführe, habe ich bald die letzte Abfahrt Richtung Berufsleben verpasst.

Es grüßt
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von flocke »

Jap, diese Perpektive kenne ich leider auch...

Dummerweise gibts halt nur zwei Ratschläge: Aufören (was anderes machen) oder aber "Zähne zusammenbeißen" und weiter.

Kannst du dir denn überhaupt vorstellen in dem Berufsfeld zu arbeiten?

Mhm, also mit vierzig musst du nicht noch immer bei deinen Eltern wohnen, egal was kommt. Solange es in etwa bei den derzeitigen ALGII Regelungen bleibt, kannst du ausziehen und alleine "leben". Wenn man nicht allzugroße Ansprüche hat, reicht ALGII wirklich aus.

Mal was anderes, wie war es als du deine Hausarbeiten noch geschrieben hast? Was hat dir geholfen?

Flocke
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von lt.cable »

Hallo Flocke!

Ein Leben als Transferleistungsempfänger wäre für mich wahrscheinlich der ultimative Schlag in den Nacken. Schon ein kurzzeitiges Zwischenspiel in dieser Richtung bietet mir viel zu viel Potenzial für das weitere Versacken und den Totalabsturz mit der Entwicklung dieses Zustands zur Lebensperspektive. Wenn überhaupt möchte ich nur auf etwas umstellen, was mich vor einer solchen Karriere bewahren kann. Daher dann wahrscheinlich aktuell auch noch das Studium. Ohne die Vergünstigung bei der Krankenversicherung bliebe - ohne Job oder erneute Ausbildungsstelle - faktisch nur noch ALG II und das sehe ich als brandgefährlich für mich an. Ich weiß nicht, ob sich in dieser Situation die Lage nicht doch rasch bis zur handfesten Selbstgefährdung aufschaukeln könnte.
Als ich Hausarbeiten noch geschrieben habe? Das ist ja eins der Probleme: Meine allererste Hausarbeit schiebe ich immer noch vor mir her. Zusätzlich zur beizeiten verquasten Gemengelage gibt also also auch kein Instrumentarium, das ich bemühen könnte.

Es grüßt
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von flocke »

Wer weiß, wer weiß...

Es gibt da so eine nette Erfindung: "Fallmanager".... aber hast schon Recht, im allgemeinen macht ALGII usw. anfällig fürs "versacken".

Derzeit finanzierst du dich komplett selbst, oder über die Eltern?

Flocke
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