Dauer von Depressionen??

Vonhinz
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Dauer von Depressionen??

Beitrag von Vonhinz »

Hallo zusammen, überall liest man verschiedene Statements zu einer durchschnittlichen Dauer von Depressionen. Ich habe jetzt 6 Monate mit 2 Klinikaufenthalten hinter mir, aber leider geht es mir immer noch sehr schlecht. Irgendwie muss man sich ja immer wieder Mut machen. Mal liest man von 6 Monaten, mal 1 Jahr, mal 1,5 Jahre und auch noch länger. Was ist eure Meinung bzw. eure Kenntnis dazu?
Bellasus
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Re: Dauer von Depressionen??

Beitrag von Bellasus »

Hallo Retterling,

willkommen in Forum!

Alle Antworten stimmen - und für jeden trifft etwas anderes zu, man weiß vorher nie, wie es bei einem selbst sein wird. Von wenigen wochen bis zu vielen Jahren mit oder ohne depressionsfreie Zeiten dazwischen ist alles möglich.

Das nicht als demotivierend, sondern als Chance aufzufassen ist nicht leicht. Aber letztlich geht es darum, für dich selbst einen Weg zu finden, die Depression zu überwinden und/ oder in dein Leben zu integrieren - mit professioneller Hilfe, allein geht es kaum.

Depressionen fordern und beanspruchen einen in jeder Beziehung und mit Haut und Haar. abkürzen und abschächen lassen sie sich nur, wenn du sie ansiehst und mitnimmst auf deinem weiteren Weg. Und hinhörst, was sie dir sagen will. Es ist schwer, kostet tierisch viel Kraft, und erfordert die Fähigkeit, auch kleinste Verbesserungen wahrzunehmen.

Ich mach das jetzt seit 6 Jahren so - und hatte gestern gerade wieder einen Anfall von Verzweiflung, ob und wann ich jemals aus diesem Sumpf herauskomme. Dabei befinde ich mich heute aber in einem tausend mal besseren Zustand als in den letzten Jahren - das Gefühl täuscht mir nur vor, dass es immer noch so schlecht ist.

Horche doch mal in dich hinein, ob du vielleicht ein paar Dinge schon besser hinbekommst oder es dir an manchen Stellen durch die Klinikaufenthalte besser geht.

Alles Gute wünsch ich dir und eine gute Zeit und guten Austauch hier im Forum!
Annette




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lolali
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Re: Dauer von Depressionen??

Beitrag von lolali »

hallo,

ich habe meine phase jetzt seit 2006. klar, mal weniger, mal mehr chaotisch.
mir kommt es so vor als würde es eine lange phase geben die nie endet, da ich sie ja schon mit 15 bekam, anfang 16... aber ich denke einfach, dass das alles daran liegt, weil in der kindheit so viel schief gelaufen ist...

ich fühl mich gut bei euch, weil ich bei euch sowas wie eine große familie hab, mit der ich reden kann. hab/hatte ich daheim nie...
FönX
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Re: Dauer von Depressionen??

Beitrag von FönX »

Das ist eine schwierige Frage und hängt ganz stark davon ab, wie alt die zu korrigierenden Verhaltensweisen und eigentliche Ursachen sind.

Der große Knall war bei mir vor ziemlich genau 5 Jahren. Nachdem ich nach dem in der Klinik verbrachten Sommer 2005 in die ambulante Therapie ging, sagte die Thera, bei mir wären die Ursachen so alt, dass ich zehn Jahre dran arbeiten könne. Demnach stecke ich jetzt mittendrin. Und leider fühlt es sich auch so an. Aber ich bin nicht mehr am Anfang. Und darüber freue ich mich. Und es geht weiter...
FönX

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Nico Niedermeier
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Re: Dauer von Depressionen??

Beitrag von Nico Niedermeier »

Die große Mehrheit der Betroffenen hat eine Phasendauer von 6-8 Monaten
Beste Grüße
N. Niedermeier
Vonhinz
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Re: Dauer von Depressionen??

Beitrag von Vonhinz »

Gibt es einen typischen Verlauf für eine Depression die dem Ende zu geht. Man liest ja von sehr seltenen Fällen die quasi über Nacht gehen wie sie auch gekommen sind. Bei mir ist der Verlauf wohl etwas komplizierter. Bei mir schlich sich nach einer extremen allergischen Reaktion über Nacht die Kraft und die Lebensfreude aus dem Körper. Zunächst wahr dies aber zu ertragen. Allerdings hat die Angst an etwas körperlich schlimmen erkrankt zu sein die Depressionen verstärkt. Extreme Unruhe und depressive Gefühle. Eine körperliche Erkrankung ist mittlerweile allerdings ausgeschlossen Im Moment wäre ich schon damit zufrieden, wenn die Depressionen wieder zu ihren Anfängen zurückkehren würde. Auch spüre ich leider noch nichts von einem Ausschleichen. Kann es trotzdem sein, dass sich eine plötzliche Kehrtwendung zum Besseren eintritt?? Die Dame die Ihre Depressionen im Kompetenznetz schildert (Elfriede) spricht ja auch davon, dass sie entweder depressiv oder ganz gesund war. Ein Mittelding gab es bei ihr wohl nicht.
FönX
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Re: Dauer von Depressionen??

Beitrag von FönX »

Moin Herr Dr.!

Zu Ihrem Beitrag von gestern wollte ich gern Stellung nehmen. Woher kommt diese Zeitangabe? Basiert sie auf der Behandlungsdauer durch den Arzt/Facharzt? Ich glaube, die meisten Patienten hören mit der Behandlung auf, bevor die Depressionen geheilt sind. Ich persönlich glaube nicht, dass ich sie jemals vollständig loswerde. Deshalb versuche ich "einfach" damit umzugehen, sie in mein Leben einzubauen.
FönX

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Andreas01

Re: Dauer von Depressionen??

Beitrag von Andreas01 »

@Fönx,
>>>Ich glaube, die meisten Patienten hören mit der Behandlung auf, bevor die Depressionen geheilt sind. Ich persönlich glaube nicht, dass ich sie jemals vollständig loswerde. Deshalb versuche ich "einfach" damit umzugehen<<<

kann eine Depri überhaupt geheilt werden ?
wohl eher selten, weshalb Dein Motto: "versuche ich "einfach" damit umzugehen" eine realistische Heilungschance bietet.

Gruß
Andreas
Vonhinz
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Re: Dauer von Depressionen??

Beitrag von Vonhinz »

Die Frage ist, was bedeutet Heilung??? Heilung bedeutet wahrscheinlich das die einzelnen Phasen vorübergehen und man dazwischen auch längere gesunde Phasen hat. Denn sonst hielte ich den Satz der überall zu lesen ist "jede Depression geht vorbei" für fahrlässig. Gerne ergänzt wird dieser Satz auch noch mit dem Zusatz "...und man erlebt die Welt wieder vollen Zügen...". Und davon träume ich mittlerweile schon!
FönX
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Re: Dauer von Depressionen??

Beitrag von FönX »

Moin Andreas,

> kann eine Depri überhaupt geheilt werden ?

Ich vermute mal nein. Wohl aber kann die Arbeitsfähigkeit zum Teil wiederhergestellt werden. Ich merke bei mir, dass ich noch weit davon entfernt bin, kontinuierlich zu arbeiten. Und ich habe auch wieder gelernt, Gefühle zu haben, mich zu freuen, wenn draußen eine herrliche Winterlandschaft ist. Überhaupt habe ich mich in den Therapien besser kennen gelernt. Gelernt, Gefühle einzuordnen, dysfunktionale Gedanken zu beenden, gar nicht erst aufkommen zu lassen. Das geht auch nicht immer gleich gut..... Am Anfang bin ich lange nicht mehr. Wie Sebastian Deisler sagte: "Auf dem Weg zurück ins Leben. Aber noch lange nicht am Ziel."
FönX

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FönX
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Re: Dauer von Depressionen??

Beitrag von FönX »

> man erlebt die Welt wieder vollen Zügen
Um das zu erleben brauchst du nur einmal am Wochenende mit der Bahn zu fahren.
FönX

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Vonhinz
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Re: Dauer von Depressionen??

Beitrag von Vonhinz »

.....aber wieso schildert Elfriede I. im Kompetenznetz ihre Depressionen so, das sie zwischen den Phasen wieder voll dabei war? Bei dir hört es sich so an, als ob höchstenfalls eine geringe Verbesserung eintreten könnte.
FönX
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Re: Dauer von Depressionen??

Beitrag von FönX »

Hallo Retterling,

meinst du mich, wenn du dies schreibst?
> Bei dir hört es sich so an, als ob höchstenfalls eine geringe Verbesserung eintreten könnte.
Vielleicht kommt das so bei dir an. Ich kann nur über mich sprechen. Und bei mir ist es bisher so. Ich wünschte mir, dass ich weiter wäre und die gewünschten ruhenden Aktivitäten wieder aufnehmen könnte. Aber im Moment ist das noch nicht möglich. Das Überforderungsgefühl ist zu schnell wieder da.
FönX

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CJ43
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Re: Dauer von Depressionen??

Beitrag von CJ43 »

Hallo Retterling!

...das Leben in vollen Zügen erlebe ich täglich in der Berliner S-Bahn...

Meine letzte depressive Phase dauerte etwa 4 Monate, ich hatte von September 09 an einen starken depressiven Abwärtstrend, ab November 09 habe ich wieder ADs genommen, dann ging es mir noch vier Wochen sehr schlecht und jetzt ist es wieder ziemlich gut.
Also "gut" gemessen an der Phase vorher, in der ich dachte, es wird nie wieder besser!
Ich gehe arbeiten, bin kaum noch verzweifelt und kann mich sogar wieder ein bisschen freuen. Das hätte ich im November nie für möglich gehalten! Dass ich überhaupt noch einmal Tage ohne Angst und Verzweiflung erleben könnte!

Unbehandelt wäre es sicher anders, so dass ich die Frage nach der Phasendauer nicht wirklich beantworten kann.

In den vergangenen knapp zwanzig Jahren bin ich insgesamt geschätzte drei Jahre depressiv gewesen, verteilt auf mehrere Episoden.
Mir fällt es sehr schwer die Phasen völlig voneinander abzugrenzen, es gibt ja fließende Übergänge.
Und ich habe das Glück, dass meine Phasen wohl nur mittelschwer sind, jedenfalls war ich noch nie in der Klinik damit. Obwohl es mir auch so gereicht hat, ich bin ziemlich lebensmüde gewesen und habe nur darauf gewartet, dass mich eine Krankheit dahinrafft.

Insgesamt habe ich viermal ADs genommen (Imap und Fluoxetin), habe eine Kurzzeittherapie gemacht, eine sechswöchige Reha, eine Therapie abgebrochen und beginne jetzt gerade eine Psychoanalyse.

Ich hoffe auch auf möglichst lange gute Phasen dazwischen und glaube nicht mehr an Heilung, jedenfalls nicht an meine.
Man wird ja bescheiden!
Obwohl es das sicher gibt, eine einmalig auftretende Depression, die dann im Schnitt 6-8 Monate dauert...

Eine Freundin aus der Reha hat seitdem keine Depriphase mehr gehabt und auf mich wirkt sie auch geheilt. Darum habe ich sie sehr beneidet, als es mir im Winter so schlecht ging.

Also, kurz gesagt, meine Deprssionen sind bisher IMMER wieder verschwunden, was mir allerdings nicht weiterhilft wenn ich in einem Stimmungstief stecke, dann glaube ich das nämlich nicht.

Liebe Grüße, Constanze!
Vonhinz
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Re: Dauer von Depressionen??

Beitrag von Vonhinz »

Hallo Constanze, vielen Dank für deine Antwort. Wie du schon sagst, wenn man mitten drin hängt, kann man es sich kaum vorstellen wieder rauszukommen. Bei dir helfen wenigstens die AD's. Ich habe jetzt zwei Klinikaufenthalte und 6,5 Monate hinter mir, es will einfach nicht werden. Das macht einem schon riesig Angst. Bei mir ist es über Nacht gekommen, da hofft man schon, dass es vielleicht auch wieder über Nacht geht. Aber von solchen Fällen habe ich ehrlich gesagt noch nicht viel gelesen. Bist du denn zwischen den Phasen wieder "ganz auf dem Damm" oder bleibt immer noch ein Rest hängen?
FönX
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Re: Dauer von Depressionen??

Beitrag von FönX »

Entschuldige bitte, Retterling, wenn ich mich einmische. Ich bin etwas angenervt.

Wieso drängelst du so penetrant auf eine Aussage, dass nichts mehr hängenbleibt oder doch? Das ist bei tausend Depressiven 990mal anders. Fest steht, dass nach der Therapie nichts mehr so ist, wie vorher. Und das ist gut so, weil man vorher so agiert und reagiert hat, dass man in der Depri gelandet ist. Um das nicht zu wiederholen, musst du dich ändern. Insofern bleibt immer etwas hängen.

Bei mir ist das so: Ich merke jeden Tag, dass die Luft viel früher raus ist als vorher. Als es anfing, war ich 50, jetzt bin ich fast 55. An den 5 Jahren kann es schwerlich liegen. Da sind meine Ressourcen eher durch die Krankheit merklich angeknabbert worden. Und das macht auch nichts. Meinen Selbstwert definiere ich nicht über meine Leistung, oder ob nun alles ist wie vorher. Mein Leben war vorher Scheiße, weil ich mich in einem völlig verhassten Beruf jahrelang vergewaltigt habe. Das war Masochismus pur. Da will ich um keinen Preis wieder hin. Und das bleibt hängen. Ist das was schlechtes?

Wenn ich dem Leben wieder Freude und andere positive Eindrücke abgewinnen kann, ist das für mich ein Riesengewinn. Und wenn ich kein Ferrari mehr bin, sondern nur noch ein Fahrrad, das aber fährt ist das super! Jedenfalls besser als ein Schrottferrari.

Schönen Gruß
FönX

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Vonhinz
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Re: Dauer von Depressionen??

Beitrag von Vonhinz »

Hallo FönX, kein Problem. Du hast recht, auch ich könnte als Fahrrad zurecht kommen. Aber im Moment ist man noch recht verzweifelt, da ich nach 6,5 Monaten immer noch ein Schrottferrari bin. Das macht mich fertig. Das man einfach kein Licht am Ende des Tunnels sieht.
FönX
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Re: Dauer von Depressionen??

Beitrag von FönX »

Hallo Retterling,

ich kann dich gut verstehen. 6,5 Monate krank sein ist verd***t hart. Aber bedenke, dass die Ursachen noch viel älter sind. Und jahrelang gepflegte Denk- und Verhaltensmuster sind nicht in wenigen Wochen ausgebügelt. Vor allem nicht, wenn es erstmal zum Zusammenbruch gekommen ist.

Schau deinen Schrottferrari mal genau an. Blinkt da nicht eine kleine Lampe, die vorher noch dunkel war? Brummt nicht ein E-Motor, der gestern noch geschweigt hat?

Achtsamkeit ist ein immer wieder beschworener Aspekt. Achte auf kleine Veränderungen. Versuche, sie wahrzunehmen, dich darüber zu freuen. Nimm neue Schritte in Angriff........ Und vergiss deine kleinlichen Vorstellungen darüber, dass eine ernsthafte Krankheit durch Einwerfen von ein paar Pillen geheilt und alles wie vorher ist. Das ist einfach unrealistisch. Insbesondere bei Depressionen.

Von Herzen wünsche ich dir alles Gute!
FönX

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Vonhinz
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Re: Dauer von Depressionen??

Beitrag von Vonhinz »

Hallo FönX, du hast ja recht. Die Politik der kleinen Schritte ist gefragt. Was mich interessiert, du hast von puren Masochismus in Bezug auf deine völlig verhasste Arbeit gesprochen. Ist das deiner Meinung nach der zentrale Punkt für deine Depression? Ich erlebe auch eine Art Masochismus seit einigen Jahren, allerdings auf einer anderen Ebene. Allerdings erscheint mir diese Situation in der Depression jetzt völlig anders, ich möchte sie eigentlich nicht verändern.
CJ43
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Re: Dauer von Depressionen??

Beitrag von CJ43 »

Hallo Retterling!

Sicher ist bei jedem der Verlauf anders, da hat FönX völlig recht!

Bei mir haben sich die Depressionen zu 100% wieder verabschiedet. Ich hatte ja schon mehrere Phasen.
Zwischendurch konnte ich mich kaum noch erinnern wie es sich anfühlt depressiv zu sein! (Klingt komisch - ist aber so!)
Mir ging es über lange Phasen (und die sind wesentlich länger als die Depriphasen)so gut, dass ich fast schon dachte manisch zu sein.
Ich bin nach der Depri wieder derselbe Mensch wie vorher, zumindest was die Lebensfreude und den Tatendrang angeht.
Natürlich bin ich auch verändert, aber nicht im Sinne von Defiziten.

Meine Depressionen kamen allerdings nie aus dem Nichts, rückblickend betrachtet hat es immer deutliche Auslöser gegeben.
Leider habe ich die nie rechtzeitig erkannt, ich merke es erst ziemlich spät, wie schlecht es mir geht. Das ist so ein komisches Gefühl von: ok. ich bin voller Ängste, Panik, Verzweiflung, fürchte mich vor jedem neuen Tag - aber sonst ist doch alles ok.?

Und im Bild von FönX zu bleiben:
Ich bin sozusagen ein schnelles Auto, bleibe ab und zu mit Pannen liegen, schaffe es nicht selbst alles zurechtzuschrauben und sehe mit zunehmender Geduld zu, wie die Profis mir helfen.
Nach jeder Panne sieht das Auto etwas anders aus, ich finde: schöner!
Und ich fahre nur noch selten 180, eher 120, weil ich mich dann nicht nur auf das Fahren konzentrieren muss, sondern auch was von der Landschaft habe!

Übrigens kann ich deine Ungeduld gut verstehen! Mich hat der Gedanke auch sehr gequält während der Depri: was, wenn ich nicht mehr arbeiten kann? Wie die Kinder ernähren, wie das Haus abzahlen usw., da habe ich mir schrecklichste Sachen ausgemalt, die nie eingetreten sind.

Liebe Grüße, Constanze!
FönX
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Re: Dauer von Depressionen??

Beitrag von FönX »

> du hast von puren Masochismus in Bezug auf deine völlig verhasste Arbeit gesprochen. Ist das deiner Meinung nach der zentrale Punkt für deine Depression?
Mein Problem liegt viel tiefer. Hinzu kam die Unfähigkeit Loszulassen, weil es eine Form von Kapitulation gewesen wäre. Mein in derselben Branche arbeitende Vater spielt da eine Rolle, der wie eine Maschine funktioniert hat und im Gegensatz zu mir erfolgreich war, meine Mutter, die ihre Ängste in mich projiziert hat, u.v.m.. Ich könnte Romane erzählen. Passt aber nicht hier rein.
FönX

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Vonhinz
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Re: Dauer von Depressionen??

Beitrag von Vonhinz »

Hallo Constanze, das ist schön zu hören was du da schilderst. Hattest du denn auch schon mal eine depressive Phase die zwischen 6 und 12 Monaten gedauert hat? War es während dieser Zeit so, dass es dir dann Tag für Tag wieder ein bischen besser ging? Bei mir scheint es auf jeden Fall eine nicht so häufig vorkommende Form von Depression zu sein. Ich bin ständig getrieben, Unruhe und habe ein starkes Brennen in Höhe des sodarplexus. Dieses Brennen bezeichnen alle Fachleute als sehr ungewöhnlich. Und genau das macht mir Sorgen, weil es sich so völlig von den anderen hier beschriebenen Depressionsarten unterscheidet. Ich bin zwar in der Lage einen absolut normalen Tagesablauf darzustellen, aber immer mit diesem Sch.... Gefühl was einen nicht los lässt.
CJ43
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Re: Dauer von Depressionen??

Beitrag von CJ43 »

Hallo Retterling!
Nee, also richtig tiefe Tiefs dauern bei mir nicht so lange, vielleicht 2-3 Monate?
Allerdings habe ich dann ADs genommen, unbehandelt wäre die Depression sicher länger so heftig geblieben.

Die Besserung kommt eher nicht linear aufwärtsführend, sondern in kleinen Stufen, (zwei Stufen rauf, eine runter).

Liebe Grüße, Constanze!
Vonhinz
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Re: Dauer von Depressionen??

Beitrag von Vonhinz »

Sehr geehrter Herr Dr. Niedermeier,
kann dies auch für Personen gelten die in den letzten 6.5 Monaten schon 2 Klinikaufenthalte und viele Medikamente ausporbiert haben? Ist die Zeit nicht auch ein sehr entscheidender Faktor?
quarktasche
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Re: Dauer von Depressionen??

Beitrag von quarktasche »

Hallo Retterling,

manchmal demke ich ähnlich wie du - das hört nie auf. Wenn ich dann genauer hingucke, oder eher ruhiger, sehe ich winzige Verbesserungen. Es ist schwer, sich mit dieser Salamietaktik anzufreunden, mir dauert das auch zu lange. Die Puste geht zwischenzeitlich aus, aber wahrscheinlich haben die andern recht. Man muss seinen Blickwinkel vielleicht ein bisschen ändern.
Und dass du deinen Alltag so gut meisterst, trotz Sch---gefühl, ist doch klasse!

Ich ünsch dir viel Kraft und Geduld
LG Bohne
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