nicht mehr ganz neu; Therapiefrust

GE
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nicht mehr ganz neu; Therapiefrust

Beitrag von GE »

Hallo,

ich bin neu hier, ich schleiche seit ein paar Wochen durchs Forum, allerdings bisher nur lesend, weil zu feige. Heute hab ich endlich mal einen besseren Tag und riskiers jetzt einfach zu schreiben.
Ich leide, wie so ziemlich jeder hier unter Depressionen, seit 3 Jahren richtig schlimm und es wird nicht wirklich besser, trotz Antidepressiva (derzeit Fluoxetin und Valdoxan). Vielleicht bin ich auch zu ungeduldig. Vermutlich hatte ich schon als Kind Depressionen, auf jeden Fall wurde ich bereits in der Schule als verhaltensauffällig eingestuft, vielleicht auch nur, "weil ich nicht so sein konnte wie alle anderen". Ich bin jetzt 46 Jahre alt und hab einen Sohn, der sich seit 22 Jahren mit mir als Mutter herumplagen darf. Ich war lange Zeit allein erziehend, hatte dann einen
langjährigen Partner, mit dem ich die letzten 5 Jahre zusammen gewohnt hab. Letztes Jahr habe ich mich von ihm getrennt, weil ich diese öde Beziehung nicht mehr ertragen konnte. Ich merke immer mehr, dass es so nicht mehr weitergeht, blöderweise ist es ziemlich schwierig Menschen zu finden, die nachvollziehen können was für eine Quälerei dieses Dasein oft ist. Ich gehe selten unter Menschen, weil es mir zu anstrengend ist, ich will meine Ruhe.
Aber immerhin kann ich arbeiten und ich treibe Sport, fällt mir die letzte Zeit sehr schwer, aber wenns sein muß prügle ich mich da hin, es tut mir jedesmal gut.
Letztes Jahr im Frühjahr hab ich einen ziemlichen Blödsinn verzapft, als Folge davon bin ich ein paar Wochen in der Psychiatrie gelandet. Seither bin ich in ambulanter Behandlung. Ich habe meinem Sohn und meiner Familie mit dieser Aktion schwer zugesetzt. Ich habe gemerkt, dass ich wahnsinniges Glück mit meiner Familie habe, die stehen voll hinter mir.
Ich möchte nicht, dass sich so etwas wiederholt, ich habe mir keine Gedanken über die Folgen gemacht. Eigentlich verdammt egoistisch und niemals eine Lösung.

Ich hab keine Lust mehr mich dafür zu rechtfertigen, dass ich, wie ich mir jetzt zähneknirschend selbst eingestehen muss, krank bin.
Meine Depression lief bis vor 3 Jahren als so eine Art "Sekundärerkrankung" mit. Nachdem ich meine von der Gesellschaft "offiziell anerkannte und tolerierte Erkrankung", die mich mein halbes Leben lang treu begleitet hatte, ausgeheilt habe,
stelle ich jedoch fest, dass die Erschöpfungszustände, diese zermürbende Grüblerei und die ewigen Selbstzweifel immer noch da sind, (die miese Laune auch, aber die hab ich schon immer, na gut den Rest eigentlich auch. Es gibt sogar Leute, die sich an meinem "übertriebenen Pessimismus" belustigen, die finden mich tatsächlich lustig!).
Mir fällt es unheimlich schwer Entscheidungen zu treffen, wenn irgend jemand in meinem Umfeld schlechte Laune hat fühle ich mich dafür verantwortlich.
Wenn ich beim Arbeiten Fehler mache, setzt sich diese endlose Gedankenspirale in Gang, an deren Ende ich als absoluter Versager und Nichtskönner dastehe (ich rechne ständig mit Kündigung). Ich bin ohnehin davon überzeugt, dass ich ziemlich viel Ähnlichkeit mit
dem habe was sich normalerweise unter einem Fussabstreifer befindet. Ich kann mich selbst nicht leiden.
Ich weiss wirklich nicht was ich in meinem vorigen Leben falsch gemacht hab, aber ich muss eine richtig miese Type gewesen sein.

Das was ich bisher im Forum so gelesen habe kommt mir unheimlich bekannt vor und ich finde es gut, dass ihr versucht euch gegenseitig aufzubauen. Ich glaube dass es wirklich helfen könnte, wäre schön.

Gruß Höhlentier
ben1
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Re: ganz neu

Beitrag von ben1 »

Hallo und herzlich willkommen!

Um mit Deiner letzten Aussage anzufangen - ich denke nicht, das das ein Relikt aus einem anderen Leben sein muss (so Karma-mäßig), sondern das jedes Leben (egal, ob schon mal dagewesen oder nicht) gelebt und bewältigt werden will. Das bedeutet auch, sich mit dem auseinanderzusetzen, was gerade ist. Und das ist sehr oft sehr viel wirkungsvoller mit einem Begleiter möglich, als alleine (da denkt man die selben Gedanken immer und immer wieder). Machst Du eine Therapie? Hast Du einen solchen Begleiter? Das fände ich unheimlich wichtig. So ein Begleiter kann Dich ein wenig stützen, kann Hinweise geben - gehen musst Du selber.
Wovor schützt Dich Dein Pessimismus? Irgendeinen Sinn muss der haben, sonst hättest Du den nicht so kultiviert - möchtest Du da mal drüber nachdenken? Wie ist Dein Bild davon, wie Du sein solltest - und wie Dein Bild, wie Du wirklich bist (das, was unterm Fußabstreifer liegt ...)? Sind nicht vielleicht beide Sichten etwas unrealistisch? Liegt die Wahrheit nicht vielleicht in der Mitte? Du hast eine Familie, die hinter Dir steht, hast einen Job, treibst Sport - das ist eine ganze Menge! Gratuliere Dir dafür! Das Leben "an sich" ist weder schön, noch furchtbar, sondern bietet die Grundlage für unser Handeln - das ist wie die Tastatur vor mir - alle Buchstaben sind da - ob ich daraus einen sinnvollen Text forme, oder nur voneinander unabhängige Zeichen sehe, ist Definitionssache. Manchmal haken ein paar Tasten, manchmal findet man nicht die richtigen Worte und muss ein wenig umschreiben - aber machen kann man immer was.

Wieder mal ein komisches Bild von

Ben

Freue mich von Dir zu hören!
FönX
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Re: ganz neu

Beitrag von FönX »

Hallo Höhlentier,

nach allem, was du oben schreibst, kann ich nur eines sagen: "Willkommen im Club" und: Je mehr du hier liest, desto mehr findest du dich und deine Empfindungen hier bestätigt. Schön für dich, dass deine Familie hinter dir steht. Wenn das dazu führt, dass zu zumindest dort du selbst sein kannst und deine Maske, die wir oftmals "draußen" meinen tragen zu müssen, dann kann das eine Stütze sein.

Du schreibst von Antidepressiva. Kriegst du auch therapeutische Unterstützung? ADs sollen ja zur Unterstützung einer Therapie dienen. Allein bringen sie wenig.

Liebe Grüße
FönX

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GE
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Re: ganz neu

Beitrag von GE »

Hallo Ben,

Erstmal vielen Dank für Dein Interesse. Zu Deiner Frage nach einer Therapie, ja ich bin in therapeutischer Behandlung, allerdings noch nicht so lange.
Ich hab einen Neurologen, der mich vorrangig auf Medikamente einstellt und seit Kurzem noch einen Psychotherapeuten,
von dem ich glaube, dass er mir tatsächlich helfen könnte. Er ist unbequem und provokativ, je nachdem wie ich mich verhalte.
Ich hab schon früher immer wieder irgendwelche Therapien angefangen aber meist nach kurzer Zeit abgebrochen, weil ich
mit den Psychos nicht so richtig harmonierte. Oft hatte ich den Eindruck, dass die nicht so recht wussten, was sie mit mir anfangen sollen.
Ich habs ihnen aber auch nicht leicht gemacht. Damals war ich vielleicht auch gar nicht bereit etwas zu ändern.

Wovor schützt Dich Dein Pessimismus?

Interessante Frage, aber berechtigt. Vielleicht ist es Angst vor Veränderung. Veränderungen sind mit Arbeit verbunden und können anstrengend werden. Meine miese graue Wolke ist also nicht nur mies und grau, sie ist eine Vertraute, sie ist meine Zuflucht.
Man kann sich die Menschen vom Hals halten, wenn man wiederlich ist.
Das wiederum verhindert, dass sie einem zu nahe kommen und somit können sie einen nicht verletzen. Obwohl ich mit Verletzungen und negativen Gefühlen viel besser klar komme als mit Positivem.
Auf Freundlichkeit und Komplimente reagiere ich oft sehr aggressiv, damit kann ich nicht umgehen, das irritiert mich.
Wenn ich mit dem Schlechtesten rechne, bin ich nicht so enttäuscht wenns hinterher wirklich in die Hosen geht.
Ich weiss, dass ich furchtbar perfektionistisch bin und gerade deswegen gelingt mir auch nichts so richtig. Den Anderen gegenüber bin ich viel toleranter.
Ich halte mich selbst für einen Versager, obwohl es immer wieder Leute gibt, die mich ok finden.
Aber das kommt in meinem Hirn nicht an, auf jeden Fall nicht so, dass ich es für mich nutzen könnte, noch nicht.

Du hast mich ganz schön zum Nachdenken gebracht, damit bin ich heute abend noch beschäftigt (Nachdenken, nicht grübeln).
Das mit der Tastatur ist gut, das muß ich mir merken.
Übrigens, ich sehe kein komisches Bild.
Ich war ein paar Wochen in der Psychiatrie unterwegs. Die Leute die ich kennen gelernt habe erschienen mir anfangs furchtbar, unerträglich. Ich hab dann schnell gemerkt, dass sie gar nicht furchtbar sind, nur eben anders als gewohnt.
Ich habe angefangen mit ihnen zu reden, mit den Schizophrenen, die in faszinierenden, Science-Fiction-artigen Welten leben,
die hyperaktiven Manischen, die einem manchmal den letzten Nerv rauben, die durch die Gänge schleichenden Jungs und Mädels mit den Angststörungen und alle Anderen.
Alle haben sie ihre eigenen Welten, es wären mit Sicherheit ein paar super Vorlagen für Fantasiegeschichten dabei.
Alle leiden sie unter ihren Welten. Aber sie sind interessant, ich finde keinen Einzigen davon verrückt, sie funktionieren nur ein bisschen anders.
Sie haben mich schwer beeindruckt, sie sind viel toleranter und zugänglicher als unsere "perfekte" Gesellschaft. Ich hab mich dort wohl gefühlt, sie haben mich so akzeptiert wie ich bin.

Was ist mit Dir, wie kommst Du klar, wieso denkst Du, dass Du komisch bist? (Blöde Frage, warum solltest Du das auch nicht denken, ich halte mich selbst ja auch für das Zeug unterm Schuhabstreifer)
Der Anzahl Deiner Messages nach zu urteilen bist Du schon sehr lange im Forum unterwegs, hast bestimmt auch schon einiges an Therapieerfahrung.


Bis dann und Danke, Gruß aus der Höhle
ben1
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Re: ganz neu

Beitrag von ben1 »

Hallo Höhlentier

Danke fürs Posting. Das mit dem Therapeuen freut mich - der scheint für Dich zu passen. Auch was Du über Veränderung schreibst, find ich wichtig - die Beste Therapie nutzt nix, wenn die Bereitschaft zur Veränderung nicht da ist.

Das Pessimismusm mit Perfektionismus einhergeht, hast Du sehr richtig erkannt. Wenn ich vom schlimmsten ausgehe, kann mich kein Ereignis mehr "treffen" - das macht beinahe unverwundbar - allerdings zu einem hohen Preis! Das Vertrauen, das wir ins Leben haben dürfen (und oft müssen), kann nicht entwickelt werden. Auch die Zufriedenheit mit sich selbst (auch eine wichtige Sache) kann mit einer Sicht, die nur auf das, was nicht funktioniert, gerichtet ist, nicht wachsen.

Der Weg aus dem Perfektionismus ist nicht einfach, aber notwendig. Genau, wie Du anderen Fehler zugestehst, wirst Du lernen, das auch Du "nur" ein Mensch bist und Fehler machen darfst, ja welche machen musst, um zu wachsen und Dich zu entwickeln.

Ganz kurz zu Deinen Fragen zu mir - bin seit vielen Jahren immer mal wieder hier im Forum - anfangs, weil ich selbst betroffen war, mittlerweile eher als "alter Hase", der sich seit Jahren als Gesund bezeichnen würde und hier noch ab und an ein paar Tipps geben kann. Und ich halte nicht mich für komisch, sondern das Bild - solche Bilder fallen mir häufig beim Posten ein, wenn ich was sagen will, was schwer mit Worten transportiert werden kann. Da überrasche ich mich häufig selber - daher der Begriff "komisch".

Du hast eine sehr differenzierte und reflektierte Sichtweise Deiner selbst - das ist eine sehr gute Basis für die Arbeit an Dir selbst. Und die macht häufig auch Spaß, das ist nicht nur furchtbar mühsam und anstrengend, das ist auch spannend! Sich so kennen zu lernen, wie man wirklich ist, ein Lebenskonzept zu entwickeln, das "meins" ist, das Leben mit allen Sinnen spüren, ohne große Filter, ohne Netz und doppelten Boden, mit all seinen Erlebnismöglichkeiten (zu denen auch "negative" Gefühle gehören) ist ein lohnendes Ziel.

Ben

P.S. Hab nochmal nachgedacht - ein bißchen komisch bin ich schon Macht aber nix, bin schließlich ein Original (geworden)

P.P.S. Und außerdem find ich Dich nett und offen - also lass wieder was von Dir hören, wenn Du willst.
GE
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Re: ganz neu

Beitrag von GE »

Hallo FönX,

ich bin ja noch nicht lange hier im Forum unterwegs, aber ich habe jetzt schon das Gefühl, dass es mir gut tut. Es ist interessant, die Sichtweise der Anderen, bringt mich ganz schön zum Nachdenken, ist anstrengend aber da muss ich jetzt durch.
Nachdem ich jahrelang "Therapieflucht" begangen habe werde ich jetzt stehen bleiben und mich stellen.
Ich hatte letzte Woche die 5. Sitzung bei meinem Psychotherapeuten, bin also noch am Anfang. Ich werde lernen müssen mich in Geduld zu üben.

Ja mit meiner Familie hab ich wirklich Glück, das war allerdings nicht immer so. Ich musste hart um Toleranz kämpfen.
Ich hab in meinen Jugendzeiten viel Mist fabriziert und mein Umfeld überstrapaziert mit meinem chaotischen Lebenswandel.
Ich hatte jegliche Kontakte zu meiner Familie abgebrochen. Mein Vater ist sehr stark leistungsorientiert und akzeptiert keine Schwächen.
Unter einem erfolgreichen Studium geht gar nichts, das ist das absolute Minimum.
Blöd, ich hab nicht studiert, ich hab die Schule so gründlich versaut wie es nur irgendwie geht. Mein damaliger Lebenswandel lies sich nicht in sein Weltbild integrieren.
Dann auch noch alleinerziehend, immer irgendwie auf dem Existenzminimum herumrobbend.
Das längste Arbeitsverhältnis das ich bisher hatte dauerte ganze 4 Jahre.
Ich hab schon alles mögliche gemacht, ich hab 3 abgeschlossene Berufsausbildungen, aber leider keine Berufserfahrung, so etwas braucht man nicht. Früher war ich zu unflexibel weil alleinerziehend, heute bin ich zu alt und raus aus den Berufen, laut Arbeitsamt ist das ähnlich wie keine Qualifikation.
Überflüssigerweise bin ich auch noch depressiv, das ist natürlich ganz schlecht.
Urteil - "untauglich".

So, jetzt hab ich genug gejammert, vielen Dank für Deine Geduld.
Bei 740 Messages kann ich vermutlich davon ausgehen, dass Du zu den "Alteingesessenen" im Forum gehörst.
Wie gehst Du mit der Krankheit um, ist Depression wirklich "heilbar"?

Höhlengrüße vom darin wohnenden Tier
Tears
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Registriert: 9. Nov 2009, 00:25

Re: ganz neu

Beitrag von Tears »

Hallo Höhlentier,

auch von mir erst mal ein herzliches Willkommen hier.

Ein klein wenig habe ich gezögert, auf Dein Posting zu antworten. Denn Du drückst viele meiner geheimen Gedanken und Gefühle mir selbst gegenüber (natürlich meist negative) in einer derart ungeschminkten Art aus, die mich zunächst ein wenig, naja ich sag mal, wanken ließ. Auch ich schlage mich schon lange mit Depressionen herum, mal mehr, mal weniger, aber nie stabil, empfinde mich als Zumutung für andere und ziehe mich deshalb inzwischen sehr zurück, habe auch das Gefühl, dass Therapeuten nichts mit mir anfangen können, bin mit mir selbst sehr streng und habe sehr hohe Erwartungen an mich, ja und ich habe mir schon von klein auf eine recht pessimistische Haltung angeeignet, um Enttäuschungen vorzubeugen. In guten Zeiten habe ich zwar auch oftmals den Pessimismus über Bord geworfen und positiv in Gegenwart und Zukunft geblickt. Aber in der Rückschau wurde mein Pessimismus dann doch jedes Mal bestärkt.

Ein echt fatales Karussell, von dem ich nun seit ein paar Monaten wieder einmal versuche abzuspringen, weil es mir alles durcheinander schleudert - Kopf und Gliedmaßen.

Ich finde Deine Ansage, Dich nicht mehr für Deine Krankheit zu rechtfertigen, wirklich bemerkenswert. Ich glaube, damit tust Du den entscheidenden Schritt, es ist der Schritt aus einem beklemmend engen Korridor durch eine Tür, hinter der Du die Möglichkeit hast, verschiedene Wege einzuschlagen. (Man kann dort auch Bens Tastatur vorfinden.)

Puh, wenn ich das so schreibe, wird mir ganz bange, weil ich diesen Schritt einfach nicht in letzter Konsequenz wage. Ich verrate niemandem von meiner Depression und wenn, dann nur zwei, drei Freunden, bei denen mir irgendwann keine Ausrede mehr eingefallen ist, warum ich keinen Kontakt haben will. Von Inhalt und Ausprägung meiner Depression weiß nur die Therapeutin, zu der ich seit ein paar Monaten gehe. Ansonsten bin ich in meiner Höhle und, wenn ich raus muss, gut drauf. Aber genau das ist, glaube ich, das Verharren in dem engen Korridor. Ich versuche, ohne das Außen einzubeziehen, von diesem Karussell abzuspringen. Ich weiß aber nicht, ob es klappen wird. Ich weiß nicht, ob es unbedingt nötig ist, vor dem Umfeld zu seiner Depression zu stehen. Allerdings glaube ich schon, dass es die Situation erleichtert. Deshalb bist Du wahrscheinlich auf einem ziemlich guten Weg.

Deine Faszination von den Gedankenwelten der psychisch Kranken kann ich sehr gut nachvollziehen. In bestimmten Ausnahmesituationen wird das äußere Korsett von Regeln, Werten, Normen einfach gesprengt und Bildern Raum gegeben, die m.E. oftmals eine heilende Wirkung haben.

Lieber Ben,
schon lange habe ich mit dem Gedanken gespielt, aber nach Deinem letzten Posting komme ich nicht mehr umhin, mich als Dein Fan zu outen. Deine Bilder haben für mich tatsächlich immer eine heilende Wirkung, ich freue mich über jedes Posting von Dir. Nun hast Du endlich verraten, wo Deine Bilder entspringen. Das ist ganz gewiss der Quell Deiner Genesung und Gesundheit. Oder besser: Der Zugang zu diesem Quell bedeutet Genesung und Gesundheit.

Höhlentier,
also: ich habe den Eindruck, Deine Nasenspitze ist schon aus dem Bau hinaus und schnüffelt in alle Richtungen. Ich stelle mich dann gleich mal hinten an, wenn Du den Eingang freimachst und hoffe, dass ich nicht wieder einen der berühmten Rückzieher mache
Virtuella
ben1
Beiträge: 1379
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Re: ganz neu

Beitrag von ben1 »

Hallo Tears

vielen Dank für diese schönen Worte - ich erröte ein wenig.

Vielleicht hast Du da was ganz wichtiges für mich gesagt, das ich selber noch nie so gesehen habe - das eben die Fähigkeit, mal aus der Situation herauszutreten und das ganze Drama ein wenig differenzierter und mit Abstand zu sehen und mit einer Analogie zu beschreiben, was doch irgendwie unbeschreibbar ist - das könnte schon heilbringend sein. Da muss ich jetzt selber mal noch n bißchen nachdenken - Danke für den Anstoß.

So, zurück zum Thema

Ben
FönX
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Re: ganz neu

Beitrag von FönX »

Hallo Höhlentier,

> Es ist interessant, die Sichtweise der Anderen, bringt mich ganz schön zum Nachdenken, ist anstrengend aber da muss ich jetzt durch.
Stimmt, aber der Weg fällt dir leichter, wenn du weißt, dass es ein lohnender ist. Und das kann ich dir versichern.

> Ich werde lernen müssen mich in Geduld zu üben.
Sei vor allem mit dir selbst geduldig. Erwarte nicht zuviel!

> Mein Vater ist sehr stark leistungsorientiert und akzeptiert keine Schwächen.
Wenn seine Glaubenssätze dich geprägt haben, ist das, was ich darüber geschrieben habe, noch wichtiger und angebrachter.

> Blöd, ich hab nicht studiert, ich hab die Schule so gründlich versaut wie es nur irgendwie geht. Mein damaliger Lebenswandel lies sich nicht in sein Weltbild integrieren.
Wenn du das einsiehst, hat das hat mit dem Menschen, der du heute bist, nicht mehr viel zu tun.

> Dann auch noch alleinerziehend, immer irgendwie auf dem Existenzminimum herumrobbend.
Wer sich über sein Einkommen definiert, ist ne arme Sau. Auch wenn er Millionen pro Jahr macht.

> ... heute bin ich zu alt und raus aus den Berufen, laut Arbeitsamt ist das ähnlich wie keine Qualifikation.
Ich habe einen technischen Beruf erlernt und ihn nach 10 Jahren aufgegeben. Das war vor knapp dreißig Jahren. Die Technik hat inzwischen mehrere Quantensprünge hinter sich. Da komme ich nie wieder rein. Der letzte "Beruf" hat mich krank gemacht, mich in den Zusammenbruch geführt.

> Überflüssigerweise bin ich auch noch depressiv, das ist natürlich ganz schlecht.
Optimal ist das nicht.

> Urteil - "untauglich".
Falsch! Du bist tauglich. Fragt sich nur wozu. Sieh den Pinguin, den ich vor kurzem hier anführte. Der ist ein totaler Tolpatsch, der untaugliche Vogel kann nicht mal fliegen. Fehlkonstruktion würdest du sagen. Aber hast du mal gesehen, mit welcher Eleganz und Effizienz er sich im Wasser bewegt? Mit der Energie aus einem Liter Benzin kommt er 1000km weit.

Das heißt für dich: Du musst herausfinden, wo dein Medium ist. Wenn sich der feige Pingi nicht ins Wasser trauen würde, könnte er nie seine Stärken ausspielen. So musst du neben der Geduld irgendwann auch Mut aufbringen, neue Wege zu gehen.

> Wie gehst Du mit der Krankheit um, ist Depression wirklich "heilbar"?
Die zweite Frage nehme ich mal vorweg. Ich glaube, nein. Aber sie lässt sich eingrenzen. Mein heutiger Leistungslevel ist nur noch ein Bruchteil des alten. Und ich glaube, dass Depressionen in meinem künftigen Leben immer eine Rolle spielen. Aber ich habe erkannt, dass mein Wert als Mensch nicht geringer ist, als wenn ich keine Depressionen hätte. Das heißt nicht, dass ich ein tolles Selbstwertgefühl habe. Das Gefühl ist noch nicht da, aber der Kopf weiß es. Und irgendwann werden aus Gedanken Gefühle. Ist ne Binsenweisheit.

Wie ich mit der Depression umgehe?
Ich versuche, achtsam mit mir und meinen kleiner gewordenen Ressourcen umzugehen. Wenn ich meinen Ball flach halte, bin ich stabil. Ich versuche auch, anderen zu helfen, wie ich kann. Hier im Forum, in meiner Gemeinde, im Freundeskreis wenn jemand deprimiert oder depressiv ist. Dann kann ich zuhören und mitfühlen. Ich bin auch aktives Mitglied der Deutschen DepressionsLiga und helfe auch dort mit.

Lieben Gruß
FönX

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GE
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Re: ganz neu

Beitrag von GE »

Hallo Tears,

ich freue mich über Dein Posting. Das mit der Höhle ist so eine Sache, ich verlasse sie auch nur zögerlich, es ist noch nicht all zu lange her dass ich mir wieder einen massiven Dämpfer eingefangen habe.
Bin jetzt wieder ein bisschen tiefer hinein gekrochen, allerdings deutlich aggressiver als zuvor. Ja, ich bin auch wütend über
mich selbst weil ich ein fürchterlich gutmütiger Trottel bin, der sich lange Zeit viel zu viel gefallen lässt. Ich bin selbst schuld an dem Dilemma, ich habe es zugelassen, niemand anderer. Also sollte ich lernen rechtzeitig den Riegel vorzuschieben.
Nennen wir es Selbstverteidigung, interessant, genau die trainiere ich bereits mein halbes Leben lang und bin doch nicht fähig mich selbst zu schützen. Und, wer ist der wirkliche Gegner?
Mir ist es inzwischen ziemlich egal was die Anderen von mir denken (oder auch doch nicht?), vielleicht ist meine schroffe Art nicht immer angebracht und sicher auch nicht fair.
Ich habe schon oft Menschen (auch vorsätzlich) damit verletzt.
Es kommt dann immer ein trotziges "mir doch egal, ihr könnt mich mal, ich brauch euch nicht, dann bleib ich eben alleine, ...".
Dabei stimmt das auch nicht wirklich, ich bin schon ganz gerne alleine, aber eben nicht immer, ich bin sogar sehr gesellig.
Ich brauche nur mein Rückzugsgebiet.

Wenn man sich die Menschen vom Leib hält, können sie einen nicht verletzten.
Die Distanz bedeutet auch Macht, die Anderen können mir nichts tun weil sie mir egal sind.
Lasse ich aber Menschen näher an mich heran, gebe ich ihnen die Macht mich zu verletzen.

Es gibt da diesen netten Satz, "Du hast nichts zu verlieren außer Deiner Angst".
Die Theorie ist da, bei vielen hier, denke ich, aber wie setzt man es um.
Um Entscheidungen herumzuschleichen ist fürchterlich anstrengend.
Entscheidungen beinhalten immer ein Restrisiko und bedeuten Verlust, aber genau das kann sehr befreiend sein.
Ich glaube auch, dass Alles einen Sinn hat, man erkennt ihn nur nicht immer sofort.


Ich würde mich freuen wenn Du Dich wieder meldest

Höhlentier


Ps: Meine Alternative zur Höhle wäre eine einsame Insel, wenn möglich mit wöchentlichem Lebensmittelpaket-Abwurf und DSL-Anschluß, ich hab bisher nur noch keinen Sponsor gefunden.
Nico Niedermeier
Moderator
Beiträge: 2865
Registriert: 21. Mär 2003, 11:10

Re: ganz neu

Beitrag von Nico Niedermeier »

Ich schließe mich auh gleich Tears an (aber das habe ich ja schon öfter gemacht): Auch ich bin ein Ben Fan:-)
Best Grüße
Und DANKE für die klugen Postings
Nico Niedermeier
GE
Beiträge: 34
Registriert: 29. Jan 2010, 18:46

Re: ganz neu

Beitrag von GE »

Hallo Ben,

"Das Vertrauen, das wir ins Leben haben dürfen (und oft müssen), kann nicht entwickelt werden."

Das ist so eine Sache, wenn man zuviele negative Erfahrungen gesammelt hat fällt es unheimlich schwer genau das zu haben, Vertrauen.
Zu dem Wort fällt mir ein Bild ein.
Ich war vor vielen Jahren mit ein paar Freunden beim Bergsteigen (ich hab vom Bergsteigen keine Ahnung), meine Freunde schon.
Das Abseilen ist eine interessante Sache.
Da steht einer der Dich hält und Du lässt Dich fallen und bist in diesem Moment vollständig ausgeliefert, trotzdem ist es ein tolles Gefühl.
Also ab und zu doch Risiko?

Wie sehen Deine Bilder aus, wann und wie entstehen sie? Du hast hier offensichtlich einige Fans, ich bin jetzt wirklich neugierig.

Ich hab selbst eine blühende Fantasie und habe in vielen Situationen passende Bilder vor Augen, meist ziemlich "komische" (womit wir wieder beim Thema wären), die mich selbst zum Lachen bringen. Karikaturen und Comics sind treue Wegbegleiter und wenn ich über die Worte von Tears nachdenke, könnte es tatsächlich eine Methode werden das Leben ein bisschen zu erhellen, na ja, im Prinzip tut es das ja bereits. Ist mir nur noch nicht aufgefallen bisher. Ja, das ist gut.
Es passiert schon ab und zu, dass ich einfach so zu lachen anfange, ohne ersichtlichen Grund.
Mein Umfeld ist mit Sicherheit davon überzeugt, dass ich nicht mehr richtig ticke, aber das macht nichts, Hofnarren haben viel Freiheit.

Hat jetzt vielleicht nichts mit der Art von Bildern zu tun, die Du erwähnt hast aber dann wird das jetzt eben ein kleiner Einwurf von der Seite.
Ich habe ein ausgeprägtes künstlerisches Talent und nutze es nicht.
Früher konnte ich, dann musste ich mich zwingen und heute hasse ich es obwohl ich weiß, dass es für mich gut wäre. Irgendwie hab ich eine Malblockade, ich fange an und kann nicht mehr weiter, es geht einfach nicht.
Schlägt da wieder mein Perfektionismus zu?

"Der Weg aus dem Perfektionismus ist nicht einfach, aber notwendig."
Ich bin gewillt Dir zu glauben, aber wie bringt man sich selbst dazu loszulassen, wer hat das Seil in der Hand?
Bin ich jetzt wieder bei dem Wort von oben?
Vertrauen, in wen? In mich selbst?

Du bist ein "alter Hase" schreibst Du, ich hab auch ein paar Hasen, im Garten, sind kluge Tierchen.

Freue mich von Dir zu hören

Höhlentier
mystery60
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Registriert: 13. Nov 2009, 11:12

Re: ganz neu

Beitrag von mystery60 »

Gruß in die Höhle,

ich finde es entscheidend, was Ben gefragt hat
>wofor schützt dich dein Pessimismus?

oder umfassender gefragt: wozu dient dein Pessismismus? Du hast ja schon geantwortet, dass er das Gewohnte ist, etwas sicheres - so "der sichere Hafen" wenn auch nicht gerade ein Lieblingsaufenthaltsort.
Lieber das gewohnt Üble als das Risiko für Neues - wer kennt das nicht? Zur Frage des Gewohnten habe ich dir ja gerade im anderen thread - Gesellschaft, was kommt - gepostet.

Dass man sich hier auseinandersetzt und dass Du ja auch zum Arzt gegangen bist, bereit bist ADs zu probieren und eine Therapie, zeigt doch, dass Du unzufrieden bist mit deiner Lage. Es zeigt aber auch, dass Du nicht nur erkannt hast, dass deine Situation nicht die Beste ist, sondern auch, dass du bereit bist etwas für eine Veränderung zu tun - ein ganz wichtiger 2. Schritt.

Was wir erreichen können hängt nach meiner Ansicht entschieden davon ab, was wir uns zutrauen, wie viel Mut wir aufbringen und welche Ängste wir überwinden können. Und auch da stimme ich anderen zu, die sagen, es ist gut, wenn man für solche Schritte einen oder mehrere Begleiter hat. Oft ist die Depression ja die Kapitulation vor der eigenen Situation. Man bekommt selbst aufgezeigt, dass man am Ende ist, dass es so nicht mehr weiter gehen kann. Also fragt sich automatisch, wie soll es und kann es denn künftig weiter gehen? Das ist auf Veränderung ausgerichtet, auf sich verändern, ein anderes Leben führen, ein besseres am Ende sogar ein "gutes".

Nicht alles was anders als die Norm ist, oder von der Mehrheit(smeinung) abweicht, ist "komisch" oder "verrückt". Die Frage ist nicht dumm, ob die Mehrheit wirklich auf dem richtigen Weg ist und ob die sog. "Gesunden" ihr Leben richtig leben. Sie denken vielleicht weniger darüber nach und sagen sich, "Millionen von Menschen können sich nicht irren" (da gibt es ja einen schönen/blöden Witz über Millionen von Fliegen, die sich nicht irren können ....).

Also nur Mut zum "komisch" oder "anders" sein, dass man alt ist und krank und verrückt ist ja in der Gesellschaft auch nicht als Norm anerkannt und doch ist die Sichtweise von Kranken, Alten, Verrückten oft klarer und zentraler der eigentlichen Lebens-Sinn-Frage zugewandt, als die Millarden von Worte, die die normale Gesellschaft so täglich wechselt.

Ich trete mal einen Schritt zur Seite, damit wieder mehr Sonnenlicht durch den Höhleneingang fällt
TG
GE
Beiträge: 34
Registriert: 29. Jan 2010, 18:46

Re: ganz neu

Beitrag von GE »

Hallo FönX,

erstmal vielen Dank, bei dem Satz:
"Wer sich über sein Einkommen definiert, ist ne arme Sau. Auch wenn er Millionen pro Jahr macht.", konnte ich mich nicht mehr halten vor lachen.
Mit genau so einem Menschen hatte ich die letzten 2 Jahre zu tun, es hat mir so viel Energie abgezogen und mit Sicherheit ganz massiv dazu beigetragen, dass es mir die letzte Zeit so mies ging.
Er war so ziemlich die wichtigste Bezugsperson für mich. Ich hab kürzlich kapituliert. Ich fühle mich schon deutlich besser.
Solche Leute scheinen ein angeknacktes Selbstwertgefühl zu riechen. Vielleicht brauchen die einen Schwächeren, damit sie sich stark fühlen können. Aber ich habe es zugelassen. Wer ist dann letztendlich der Schwächere?
Also bin ich gar nicht schwach, aber wie nutze ich meine Stärke und worin liegt sie? Jetzt bin ich ungefähr hier:
"Falsch! Du bist tauglich. Fragt sich nur wozu."

Eure Postings bringen mein Hirn in Bewegung, ich wundere mich gerade über mich selbst, an dieser Stelle vielen Dank euch allen.

Vielleicht sollte ich tatsächlich eine Selbsthilfegruppe in Anspruch nehmen, ich trau mich nur nicht so recht. Ich hab erst kürzlich den Versuch unternommen, schlich 20 Minuten vor der Tür herum und bin wieder gegangen. Muss ichs eben nochmal versuchen.
Ich mache mir die letzte Zeit Gedanken darüber aus der Gegend hier zu verschwinden, aber bringt das etwas oder ist es nur Flucht?
Mich selbst hab ich nach wie vor dabei, damit also mein grösstes Problem. Im Moment hab ich auch das Gefühl, dass ich einen guten Therapeuten erwisch habe.
Also doch eher nicht? Keine Ahnung.

Eins ist klar ich will nicht mehr so weiter machen wie bisher, das hab ich einfach nicht verdient.
Vielleicht sollte ich ein Buch schreiben, Material hätte ich genug, hab ich mir schon oft überlegt, die Illustrationen mache ich selbst, muss nur vorher meine "Malblockade" in Griff kriegen, ha, ha.
Sorry, das war ein kurzer Ausrutscher in meine Traumwelten.

Es gab schon mal eine Nobelpreisverleihung für die Theorie, dass Gedanken in der Lage sind Materie zu beeinflussen, fand ich interessant. Also ist doch was dran an positivem Denken. Ich kann es eigentlich nicht mehr hören, aber irgendwie, hm, ... .
Die Synchronisation zwischen Hirn und Kadaver funktioniert nur leider nicht.

Also so viel wie möglich über die Depression in Erfahrung bringen, sich mit Anderen austauschen und über den Versuch die Anderen zu verstehen mich selbst verstehen?
Dann sollte ich lernen mich zu mögen, das wird nicht einfach.
Das heisst dann dass ich die Anderen mögen sollte, womöglich auch noch so wie sie sind, das wird richtig schwierig,
(na ja gut ein paar mag ich und das sogar so wie sie sind).

"Geduld" - dieses Wort hängt als Schild im Aufenthaltsraum unseres Dojangs (Trainingshalle auf Koreanisch), diese Schild erfreut sich allgemeiner Unbeliebtheit.
Aber ich seh schon, ohne gehts nicht, da muss ich wohl durch.


Ich kriech mal wieder ein bisschen in meine Höhle,

bis dann


Höhlentier
GE
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Registriert: 29. Jan 2010, 18:46

Re: ganz neu

Beitrag von GE »

Hallo zurück,

danke für das Kompliment, tut auch mal gut.
Ich habe mir die letzte Zeit eher das Gegenteil anhören dürfen, abgesehen davon bin ich ja selbst von meiner eigenen Unfähigkeit überzeugt, zumindest war ich es bisher. Aber wenn ich selbst nicht an mich glauben kann, wieso sollten es dann die Anderen tun?
Ich habe den Vorsatz das zu ändern, ich weiß noch nicht wie, aber ich bin überzeugt, dass das hier ein Ort ist an dem mir geholfen werden kann.
Und vielleicht bin ich ab und zu auch eine Hilfe für Andere.

Ich tauche wieder ein in die Vielzahl der Postings, es ist richtig interessant hier. Es gefällt mir.

Gruß Höhlentier
FönX
Beiträge: 3370
Registriert: 2. Jul 2008, 11:37

Re: ganz neu

Beitrag von FönX »

Moinsen Höhlentier,

> Also so viel wie möglich über die Depression in Erfahrung bringen, sich mit Anderen austauschen und über den Versuch die Anderen zu verstehen mich selbst verstehen?
Das Patentrezept wird es nicht sein. Aber auch das führt zum Ziel. Ich erinnere mich gern an meinen Aufenthalt in Bad Bramstedt 2008. Zum Wichtigsten zählt für mich die Teilnahme an der Indikationsgruppe (IG) Depression. Dort wurde eigentlich nur Wissen über unsere Krankheit vermittelt. Das hat mir sehr geholfen. Besonders das ABC-Schema, das ich hier auch mehrmals erwähnt habe (bemüh mal die Forensuche).
FönX

Bei riesigen Nebenwirkungen essen Sie die Packungsbeilage oder schlagen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
Mezier
Beiträge: 289
Registriert: 18. Jun 2009, 20:57

Re: ganz neu

Beitrag von Mezier »

An alle Höhlen-und Draußentiere,

...es drängt mich, ich MUSS es tun, ein kurzes feedback:
Hier spinnt sich ein Faden allererster Güte!
Schön so.

Gruß Mezier
ben1
Beiträge: 1379
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: ganz neu

Beitrag von ben1 »

Hallo Höhlentier

wie läßt man ihn los, den Perfektionismus? Zunächst mal geht es darum, selbst von einem Podest zu steigen, auf das man gehoben wurde oder sich selbst gehoben hat. Warum soll ich bei mir andere Massstäbe anlegen als bei anderen? Andere dürfen Fehler machen, ich nicht. Das hat was mit Größenwahn zu tun. Man sollte sich mal klar machen, welch arrogante (und lebensfeindliche) Einstellung das eigentlich ist.

Sich dem Leben überlassen tun wir alle jeden Tag ganz automatisch. Häufig ist es gar nicht nötig, das wir selbst immer alles im Griff haben. Natürlich bedeutet das auch, mal enttäuscht zu werden, negative Erfahrungen zu machen, aber eben nicht nur - es gibt genau so positive Erfahrungen - und es erfordert viel, viel weniger Energie.

Wenn Du künstlerisch begabt bist, dann versuch doch mal, wieder zu malen, aber nicht um des Endproduktes wegen (ob das Bild dann schön oder nicht schön ist) sondern um des Malens willen. Das könnte eine schöne "Perfektionsimusübung" sein - nicht ans Ziel zu denken, nicht zu bewerten, sondern einfach mal zu tun.



Ben

Und Danke an den Doc - freut mich sehr!
GE
Beiträge: 34
Registriert: 29. Jan 2010, 18:46

Re: ganz neu

Beitrag von GE »

Hallo zusammen,

ich hänge jetzt genau an diesem Punkt, "Perfektionismus". Bin gerade noch in einem anderen Thread unterwegs und genau am gleichen Punkt gelandet.
Ich bin am Überlegen ob es sich lohnen würde zu diesem Thema einen Thread aufzumachen.

Nach ABC-Schema hab ich gesucht, dazu fällt mir Paul Watzlawicks Buch "Anleitung zum Unglücklichsein" ein.
Ich fühle mich wie ein kleines Kind, das in einer riesigen Schüssel mit schönen bunten Informationen sitzt und doch nicht weiss was es damit anfangen soll.
Wo beginne ich und wie, ich fühle mich fast schon wieder überfordert mit der Gesamtsituation.
Ich habs hingekriegt, ich hab mir schon wieder ein Gebirge gebaut, das bereits mächtige Schatten wirft.
Das Ergebnis, ich bin todmüde, hab Kopfschmerzen und schaffe es nicht mehr ins Training (mein heiliges Training).
Ihr müsst wissen mein Training ist mein Lebenselixier, es ist ein fester Bestandteil meines Lebens, meine Zapfsäule und es gibt mir mächtig zu denken, dass es mir immer schwerer fällt meine alten Knochen dort hin zu schleppen.
Mein besten Freunde sind mein Sofa, meine Wolldecke und meine Wärmeflasche.

Ich wollte heute abend den zweiten Versuch unternehmen die Selbshilfegruppe aufzusuchen, obwohl ich im Moment nicht sicher bin ob ich das auf die Reihe kriege, ich fühle mich stark Sofalastig.

Ich werde meinen Therapeuten bei der nächsten Sitzung auf dieses ABC-Schema ansprechen.

Meinen Dank auch an Tiefgrund für den Sonnenstrahl, das macht die Höhle ein bisschen wärmer.


Gruß Höhlentier
FönX
Beiträge: 3370
Registriert: 2. Jul 2008, 11:37

Re: ganz neu

Beitrag von FönX »

ABC-Schema? Wenn du darüber etwas wissen willst, erzähle ich es dir sehr gern. Schick mir mal ne Mail, wenn du das möchtest. Ins ABC-Schema bin ich verliebt.
FönX

Bei riesigen Nebenwirkungen essen Sie die Packungsbeilage oder schlagen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
Tears
Beiträge: 127
Registriert: 9. Nov 2009, 00:25

Re: ganz neu

Beitrag von Tears »

Hallo Höhlentier,

bin gerade nicht in der Lage, etwas Brauchbares aus den Tasten zu holen, wollte Dir aber kurz sagen, dass es zu einem Deiner derzeitigen Themen, nämlich zum Perfektionismus, hier viel zu lesen gibt:

http://www.kompetenznetz-depression.de/ ... 1245604973

http://www.kompetenznetz-depression.de/ ... 1165084796

http://www.kompetenznetz-depression.de/ ... 1247834669

Viel Spaß und einen schönen Tag
Virtuella
GE
Beiträge: 34
Registriert: 29. Jan 2010, 18:46

Re: nicht mehr ganz neu

Beitrag von GE »

Hallo zusammen,

bin im Moment nicht so gut drauf, hab Probleme mit den Medikamenten - Wechselwirkungen. Melde mich später wieder.

Gruß Höhlentier
Mezier
Beiträge: 289
Registriert: 18. Jun 2009, 20:57

Re: nicht mehr ganz neu

Beitrag von Mezier »

Liebes Höhlentier,

ich wünsch Dir auf jeden Fall gute Besserung und die Kraft, die Du derzeit brauchst!!!!

Würde mich sehr freuen, hier weiter von Dir zu lesen.
Außerdem ist es ein Naturgesetz, das bald die ersten Schneeglöckchen vor dem Höhleneingang sprießen werden...geh mal gucken, so Du kannst:-)

Herzliche Grüße
Mezier
GE
Beiträge: 34
Registriert: 29. Jan 2010, 18:46

Re: nicht mehr ganz neu und gefrustet

Beitrag von GE »

Hallo zusammen,

war heute bei meinem Therapeuten und habe eine Hausaufgabe gekriegt. Ich soll mir Gedanken über den Sinn meines Daseins machen, als wenn ich das nicht schon mein ganzes Leben lang täte. Ich habe ihm gesagt, dass ich befürchte, in der üblichen Gedankenspirale hängen zu bleiben. Ehrlich gesagt weiss ich nicht genau, was er eigentlich von mir will. Wenn ich das Gefühl hätte, dass meine Gegenwart zu irgendetwas gut ist, wäre ich vermutlich besser drauf.

Klar weiss ich, dass ich einen Sohn habe, er ist 22 und hat sein eigenes Leben, ok ich weiss, ich bin seine Mutter.
Meine Tiere brauchen mich auch, es würde ihnen aber auch reichen wenn jemand anders das Futter vorbei bringt, die kleinen Verräter.
Ich hänge in diesem grauen Loch fest und bin unfähig irgendetwas daran zu ändern.

Überflüssigerweise komme ich mit den ADs nicht klar. Ich lasse seit ein paar Tagen die Finger davon, entweder die stellen die Medikamente um, oder ich nehme nichts mehr.
Es kann doch nicht sein, dass man mit Medikamenten noch schlechter drauf ist als ohne. Jeden Morgen total matschig und zittrig, ständig Kopfschmerzen und übelste Muskelverspannungen.
In der Zwischenzeit brauche ich eine Stunde und länger um aus dem Bett zu kommen. Das ist mit Sicherheit nicht nur die Depression, lasse ich z.B. die Medikamente weg, sind auch die Kopfschmerzen weg.
Arbeiten fällt mir unheimlich schwer und laugt mich so aus, dass es schwierig wird regelmässig ins Training zu kommen, (dieses Training ist der Mittelpunkt meines Lebens, ohne bin ich unerträglich).

Ansonsten grabe ich mich zu Hause ein, Verpflichtungen aller Art werden wenn irgend möglich ignoriert.

Mein Psycho hat mich erst kürzlich nach meinen Bezugspersonen gefragt, dabei ist mir aufgefallen, dass ich nur noch Kontakte per Telefon und @mail habe.

Meine Psychos (ich hab 2, was für ein Luxus) haben gesagt, dass ich damit rechnen muss, für sehr lange Zeit (vermutlich über viele Jahre) ADs nehmen zu müssen, aber mit diesen Nebenwirkungen kann ich mich nicht anfreunden.
Und es kann doch auch nicht sein, dass die Alternative darin bestehen soll sich täglich mit Tavor zu zu dröhnen, damit möglichst alles an "schädlichen" Gedanken unterdrückt wird.
Die wissen genau, dass ich früher Drogenprobleme hatte und jetzt werde ich dazu ermuntert mich mit Medikamenten ruhig zu stellen, von denen bekannt ist, dass sie über längere Zeit genommen, zu Abhängigkeit führen können.

Im Moment weiss ich nicht weiter, ich stagniere. Bin komplett planlos, soll mir Gedanken über den Sinn meines Daseins machen, klasse.
Wenn ich das so lese stelle ich fest, ich bin tatsächlich ein fürchterlicher Jammerlappen.


Ich krieche in meine Höhle zurück, Gruß von Innen
GE
Beiträge: 34
Registriert: 29. Jan 2010, 18:46

ABC Schema

Beitrag von GE »

Hallo FönX,
brauche zur Zeit leider immer ein bisschen länger, bin nicht so gut drauf. Interessiere mich immer noch für das ABC-Schema, vielleicht erweist es sich in irgendeiner Art und Weise hilfreich.
Bin für alle Tipps dankbar.

Gruß Höhlentier
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