Überforderung als Ursache von Depression

Antworten
niederländer

Überforderung als Ursache von Depression

Beitrag von niederländer »

Hallo zusammen,

Bei mir ist oft die Überforderung einer der Ursachen für das Abrutschen in ein Tief.
Wenn ich eine stabile Periode habe , werde ich oft übermutig und fange dann etwas an wovon ich denke :das bring ich zu Ende.
Die erste Zeit ist dann voller Begeisterung, aber wenn ein richtiges Problem auftaucht wird dasschon weniger.

Kennt ihr das ?

Gruß,

Dutchy
turbo
Beiträge: 21
Registriert: 13. Jan 2010, 21:07

Re: Überforderung als Ursache von Depression

Beitrag von turbo »

Hallo Dutchy,

das kenne ich gut! Wenn ich mich zu sehr überfordere, rutsche ich auch wieder ab. Mittlerweile erkenne ich aber meistens rechtzeitig die Warnzeichen und kann gegensteuern.

Bei mir resultiert die Überforderung nicht nur aus dem Tun an sich, sondern aus dem Anspruch, den ich an die Sache und an mich habe. Kurz: Perfektionismus. Ich muß nach meinem Anspruch immer alles perfekt, am Besten noch besser machen. Dinge nur durchschnittlich zu bewältigen kann ich schlecht ertragen. Ich muss noch lernen, die Dinge gelassener zu sehen

Viele Grüße Umab
momadome
Beiträge: 614
Registriert: 2. Aug 2009, 15:03

Re: Überforderung als Ursache von Depression

Beitrag von momadome »

Hallo Dutchy,

mir geht es oft ähnlich.

Wenn ich stabil bin und Kraft und Lebensmut habe, fange ich neue Dinge an, treffe viele Verabredungen mit Freunden, stürze mich auf meine Hobbys.
Und dann kommt ein Tief; ich stehe vor einem Berg von Terminen und angefangen Dingen (so scheint es mir)und kann nicht mehr, manchmal von einem Tag auf den anderen.
Dann muß ich Absagen verteilen und sehe die halbfertigen Dinge rumliegen und das zieht mich noch mehr runter, weil ich andere und mich wieder enttäüschen muß.

Diesen Kreislauf habe ich jetzt einige Male durchlaufen. Ich hoffe, daß ich dabei bin zu lernen. Meine Aktivitäten in stabilen Phasen habe ich drastisch runtergeschraubt (auch wenn ich oft denke "Du bist nur faul, du könntest doch viel mehr leisten"), ich laufe sozusagen auf kleiner Flamme, aber dafür halten die stabilen Phasen auch länger. Vielleicht kann ich mich langsam steigern, Schrittchen für Schrittchen, bis mal Schritte draus werden.

Aber es braucht doch tatsächlich Disziplin dafür mich zu bremsen in aktiven Phasen, in denen ich ja eigentlich froh bin wieder Kraft zu spüren. Das ist manchmal richtig verrückt, wenn man es genau betrachtet.

Liebe Grüße

jojoma
Ilka
Beiträge: 400
Registriert: 29. Nov 2005, 21:07

Re: Überforderung als Ursache von Depression

Beitrag von Ilka »

Hallo Dutchy,

auch ich kenne Überforderung sehr gut als Ursache von Depression.
Meine Thera pflegt immer zu sagen:"Sie sind kein Rennpferd (mehr), lernen Sie als Schnecke zu leben, dies ist gesünder und Sie kommen auch ans Ziel."
Nur wenn ich dann einmal in einer guten Phase in Schwung bin, weiß ich zwar, dass ich mit dem Feuer spiele, kann mich aber nicht bremsen und mache weiter bis es knallt. Ich hasse mich dann dafür selbst.

Schöner als Jojoma abschließend kann ich es nicht formulieren:
>Aber es braucht doch tatsächlich Disziplin dafür mich zu bremsen in aktiven Phasen, in denen ich ja eigentlich froh bin wieder Kraft zu spüren. Das ist manchmal richtig verrückt, wenn man es genau betrachtet.<

Liebe Grüßé
Ilka
FönX
Beiträge: 3370
Registriert: 2. Jul 2008, 11:37

Re: Überforderung als Ursache von Depression

Beitrag von FönX »

Moin Benny,

Überforderung ist mein zweiter Vorname. Nicht dass ich tatsächlich überfordert wäre. Aber das Gefühl kommt so schnell auf. Und das Schlimme ist, dass ich dann nicht mal die leichtesten Aufgaben lösen kann. Wie paralysiert.

Ob eine Überforderung Ursache von Depression sein kann, möchte ich mit ja beantworten. Mit Betonunt auf "kann". Allerdings glaube ich, dass sie bei einer stabilen Persönlichkeit nicht so schnell zur Depression führt, wie bei einer verletzlichen Person (Vulnerabilitäts-Stressmodell).
FönX

Bei riesigen Nebenwirkungen essen Sie die Packungsbeilage oder schlagen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
FönX
Beiträge: 3370
Registriert: 2. Jul 2008, 11:37

Re: Überforderung als Ursache von Depression

Beitrag von FönX »

@Ilka:

mir hat ein Spruch aus der Bibel geholfen: "Besser dran ist ein lebender Hund als ein toter Löwe". Anders gesagt, eine lebende Schnecke als ein totes Rennpferd. Ich selbst habe seit Beginn meiner Depressionen einige Schwächen dazugewonnen. Aber auch Stärken entwickelt. Ich konzentriere mich auf die Stärken, was mir mal gut und oft schlecht gelingt.

Gestern klickte ich auf den Link zu einem Hirschhausen-Video, in dem er den Pinguin als Beispiel zeigte. Der wirkt an Land total unbeholfen, überfordert. In der Luft sieht man ihn nicht, weil die doofen Flügel zu kurz sind. Springt er ins Wasser, spielt er in absoluter Perfektion seine Stärken aus. Für mich heißt es, mein Medium zu finden, in dem ich mich wohlfühle und meine Stärken leben kann.
FönX

Bei riesigen Nebenwirkungen essen Sie die Packungsbeilage oder schlagen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
elas
Beiträge: 2102
Registriert: 12. Mär 2009, 16:50

Re: Überforderung als Ursache von Depression

Beitrag von elas »

FönX'l

und Dein 3. Vorname ist Pinguin, oder wars der Nachname?

Ein köstliches Bild mit dem Pinguin, das mich bei aller Richtigkeit auch sehr zum Schmunzeln gebracht hat.

Vielleicht ist es einfach immer wieder wichtig im Leben, einen richtigen und guten Platz zu finden, privat und beruflich.
Mit all den Stärken und Schwächen, die eine jede Person hat.
Und manchmal verändert sich in einem langen Leben halt das, was unsereiner als "einen guten Platz" bezeichnet.

Herzlich in die Runde
elas
________________________________

Der Weg ist das Ziel



Lebensringe sind auch Themenringe
mystery60
Beiträge: 344
Registriert: 13. Nov 2009, 11:12

Re: Überforderung als Ursache von Depression

Beitrag von mystery60 »

Hallo FönX,

wie so oft ein schöner Beitrag von Dir.

Das Pinguin-Beispiel finde ich gut. Sein eigenes Medium finden, d.h. für mich, meine eigenen Stärken erkennen und dann auch leben. Mag es beim ersteren vielleicht noch einigermaßen klappen (wobei ich mir selbst mal traue und mal wieder nicht und hoffe, dass zumindest die Einschätzungen von außen als Verifizierung dienen) ist es beim wichtigen Schritt "seine Stärken leben" schon schwieriger.

Im Bilde gesprochen bin ich ein Pinguin, der sehr wohl weiß, dass er nicht fliegen kann und das akzeptiert, es ihm keinen "Stress" macht, der weiß, dass er an Land nicht der schnellste, geschickteste, etc. ist, der auch weiß, dass er im Wasser "echt was drauf hat", der aber noch am Rand der Klippe steht und sich sagt: "verdammt steile Klippe das, verdammt tief das Wasser hier und kalt wird es auch sein und ob ich denn wirklich so gut schwimmen kann, wie ich immer denke .....?"

Ja elas,
das eine ist erst mal zu "checken" welches der richtige Platz oder das richtige Element ist, also letztlich wer man selbst ist, was die Stärken und Schwächen sind und dann sollte man einen Platz im Leben finden, wo man mit seinen Schwächen klar kommt und die Stärken einsetzen kann.

Ich denke dann geht es einem nicht nur selbst sehr gut, sondern man ist "zur rechten Zeit am rechten Ort" und davon haben auch die anderen was.

Schon vor Ostern also: frohes Suchen und glückliches Finden!

Schöne Grüße
TG
Babi
Beiträge: 1972
Registriert: 23. Jul 2009, 17:07

Re: Überforderung als Ursache von Depression

Beitrag von Babi »

Hey dutchy,
ja das kenne ich nur zu gut.
In guten Phasen überfordere ich mich auch oft. Ich denke dann immer, ich muß viele Dinge schon mal vorbeugend erledigen, damit ich in der nächsten depressiven Phase nicht so ein schlechtes Gewissen habe und das meiste schon erledigt ist.
Lieber Gruß Babi
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
Jessi1980
Beiträge: 450
Registriert: 25. Jan 2010, 18:23

Re: Überforderung als Ursache von Depression

Beitrag von Jessi1980 »

Hallo,
genau das Problem kenne ich auch. In der Vergangenheit, als es mir noch gut ging, war ich oft voller Tatendrang und habe mich beispielsweise in die Arbeit voller Elan "gestürzt". Aber immer wenn es mir gut ging, passierte irgendetwas in der Familie, sodass ich das Gefühl hatte, mir sei nicht gegönnt mal positiv zu denken, zu fühlen und zu leben. Und nun hat mich meine Depression schon eine ganze Weile im Griff; auch hier habe ich mal einige wenige gute Momente, aber anscheinend lasse ich diese Gefühle irgendwie nicht mehr zu, wohl aus Angst wieder eins zwischen die Hörner zu bekommen?!

Meine Angst ist, dass ich mich zukünftig bei gutem gesundheitlichem Befinden wieder überfordern würde, weil ich das Maß nicht richtig einschätzen kann. Und da ich beruflich in derselben Firma einen Neuanfang wage, möchte ich nur ungern aufgrund einer Überforderung wieder in ein tiefes Loch fallen. Es ist immer diese verdammte Angst
Cinderella-OL
Beiträge: 113
Registriert: 8. Aug 2009, 22:57

Re: Überforderung als Ursache von Depression

Beitrag von Cinderella-OL »

Hm, bei mir ist das mit der Einschätzung der Überforderung so grenzwertig. Ich habe immer wieder - von Woche zu Woche und auch oft von Tag zu Tag - das Gefühl: Das ist zuviel für mich, das schaff ich nicht.

Aber ich gehe jedesmal wieder dadurch und versuche es zu bewältigen. Ich stehe immer wieder vor der Frage, meinen Dienstagsjob aufzugeben (dann wäre ich glaub ich viel entspannter, würde mir nicht so viele Gedanken machen,...) und den Selbstanspruch runterzufahren. Aber andererseits bin ich dann Dienstagsabends jedesmal so stolz und happy, dass ich es dann doch geschafft habe. Es ist so ambivalent. Lieber aufhören damit, Rückzug und Schonung und eventuell den nächsten großen Tiefschlag beiseite schieben oder dadurch gehen, sich stärker fühlen, Normalität erfahren...

Ich weiß es nicht...

P.S.: Lese grad ein spannendes Stephen King Buch / Under The Dome - Die Arena. Da schrieb er grad: Egal welche Arbeit (ob körperlich oder geistig) sie setzt Endorphine frei.
Wir sind auf dieser Welt Engel mit nur einem Flügel - um fliegen zu können müssen wir uns die Hände reichen!
gmargerite
Beiträge: 4
Registriert: 7. Feb 2010, 15:42

Re: Überforderung als Ursache von Depression

Beitrag von gmargerite »

Auch ich kenne das. Überforderung merke ich allerdings immer erst im Nachhinein, wenn ich erschöpft bin, in welcher Art und Weise auch immer, physisch oder psychisch. Und in der Erschöpfung läuft in mir immer der gleiche Prozess ab: ich werde körperlich angespannt, wie aufgeregt, Angst schleicht in mir hoch, Wärme und Traurigkeit ... und dann Gedanken, die alles "sinnlos" erscheinen lassen.

Ich traue mir immer alles zu. Die Stimme in mir, die sagen soll "Pass auf dich auf, das ist zu viel oder nicht gut für dich", die lernt erst sprechen.

Ich hoffe, sie lernt schnell, dann kann sie mir auch sagen, dass nichts sinnlos ist und das Leben schön.

Antworten