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Dr. Karl-Heinz Rudolph
Beiträge: 5
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

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Beitrag von Dr. Karl-Heinz Rudolph »

Hallo, nach langer Zeit möchte ich mich mal wieder melden. Ich bekam wegen beruflicher Probleme eine Depression (dachte ich zumindest) und war von Oktober bis Anfang Dezember in der Klinik. Dort lernte ich eine liebe Frau kennen, mit ihr habe ich mich sehr gut verstanden. Nun bin ich aber (bisher glücklich) verheiratet. Nach der Entlassung haben wir wieder Kontakt aufgenommen und es wurde Liebe daraus (ohne Sex). Ich habe wegen meiner Familie meiner Freundin zu verstehen gegeben, dass ich nicht frei bin. Da sie nicht alleine sein wollte suchte sie sich einen neuen Partner, der sehr lieb zu Ihr ist. Schließlich zog sie zu ihm. Wir haben trotzdem aber immer Kontakt zueinander gehabt, sie hat mir sehr geholfen, im (beruflichen) Leben wieder Stabilität zufinden und es erfolgten intensive Gedankenaustausche über unsere Gefühle (wieder ohne Sex). Unsere Gefühle zueinander wurden immer stärker und seit Juni überlegen wir sehr,dass wir zusammenleben wollen. Das hat die Konsequenz, dass meine Freundin sich von ihrem bisherigen Partner, den sie auch sehr liebt, trennen muss und bei mir wird sogar eine Scheidung nach langer bisher glücklicher Ehe die Konsequenz sein. Wir sind uns unserer Liebe ganz sicher und wollen gemeinsam eine neue Zukunft aufbauen. Nun werden wir von beiden Seiten bedrängt, dieses zu unterlassen, wir könnten doch wohl nicht unsere Liebe durch die Zerstörung von zwei Partnerschaften aufbauen. Für uns beide ist die Trennung von unseren bisherigen Partnern sehr schmerzhaft- für unsere Partner auch. In dieser schweren Situation bekommen wir beide von unseren bisherigen geliebten Menschen schwere Vorwürfe, wie "Euch verbindet doch nichts, außer Eure Krankheit", "Ihr seid egoistisch und denkt nicht an Eure Familien", "Ihr seid undankbar, denn wir haben Euch geholfen als ihr krank ward, Ihr seid gar nicht überlebensfähig, denn ihr seid beide depressiv" "Du bist krank, du gehörst wieder ins Krankenhaus". Es ist sehr schwer für uns beide mit diesen Vorwürfen fertig zu werden, denn wir haben und lieben auch jetzt noch unsere bisherigen Partner. Wir lieben uns, so sehr, dass wir zusammenziehen wollen und müssen deshalb die anderen verlassen. Hat jemand solche Erfahrung, um uns eine Prognose geben zu können, ob wir es schaffen?
susan
Beiträge: 2551
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

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Beitrag von susan »

Lieber Karl-Heinz es ist etwas sehr Schönes, was Besonderes, einem Menschen zu begegnen, der einen sehr gut versteht, vor allem, der einen so nimmt wie man ist - mit Depri, mit Fehlern und Schwächen. Ich kann das nur zu gut verstehen, wie sehr du dich zu dieser Frau hingezogen fühlst. Diese Beziehung läßt sich mit einer langjährigen Ehe überhaupt nicht vergleichen. Dort spielt anderes eine Rolle, man ist gemeinsam durch Höhen und Tiefen gegangen, hat es lange Zeit miteinander ausgehalten. Du bist nun in an einem Punkt angelangt, etwas zu ändern, die Depression hat dich gezwungen, anzuhalten und zu schauen, was für dich wichtig ist und was dir nicht gut getan hat, was dazu geführt hat, das du krank geworden bist. Du bist dieser Frau begegnet und hast dich "verbunden" mit ihr gefühlt, denn auch sie war an so einem Punkt. Es ist unheimlich schwer, dir zu raten, und das es für nichts eine Garantie gibt, weißt du selbst. Ich war mehrmals in einer Klinik und ich habe jedes Mal Menschen getroffen, die mir gut getan haben, ja, auch mehr - und auch OHNE Sex - und ich habe mich wie du gefragt, ob die Beziehung, die ich führe, ich bin seit 18 Jahren verheiratet, mir das gibt, was ich vom Leben erwarte. Ich war eine "Andere" geworden, ich habe mich geändert, meine Einstellung zum Leben war anders, die Prioritäten haben sich verschoben. Und ich kam SO aus der Klinik wieder und irgendwie hatte ich das Gefühl, es passt nicht mehr, meine Familie verstand mich nicht mehr, sie fanden mich komisch und meinten, das wird schon wieder. Und ich wollte dies auf keinen Fall, denn es ging mir ja so viel besser. Ich habe mich oft nach den Menschen in der Klinik gesehnt, nach den Gesprächen, wo man mich doch so gut verstand. Und ich habe auch ernsthaft gedacht, das, was ich hatte, aufzugeben. Ich habe es nicht getan, denn ich habe herausgefunden, das ich an meiner Familie sehr hänge, das ich nichts missen möchte und diese Erkenntnis war es wert, zu kämpfen. ja, es war ein Kampf, es hat sehr angestrengt, mit den neuen Erkenntnissen aus der KLinik in der "alten" Welt zu leben. Und heute kann ich sagen, das ich viel geschafft habe, ich habe das Verständnis, was ich mir so sehr wünschte auch innerhalb meiner Familie - nicht 100%ig!! und ich bin noch lange nicht fertig, aber ich habe wieder ein Ziel und ich weiß, wo ich hingehöre. Du solltest dir Zeit lassen. Auch, wenn andere sagen, euch verbindet "nur" die Krankheit, weiß ich, das dies sehr viel ist. Aber....reicht es aus, um darauf ein gemeinsames Leben aufzubauen? Gibt es evtl. auch für dich die Möglichkeit, dich mit dem, was du aus der Klinik mitgebracht hast, in deiner Familie wohlzufühlen? Oder ist es so, das du genau weißt, es PASST nicht mehr und auch ein Kämpfen würde nichts bringen? Ich würde mich freuen, wenn ich dir helfen konnte Lieber Gruß Alles Gute! Susan


waltraut
Beiträge: 926
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

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Beitrag von waltraut »

Lieber Karl-Heinz, erstmal freu ich mich dir wieder zu begegnen und daß es dir psychisch so gut geht!! Ich habe einige Freunde aus der Klinikzeit und habe eine ganz ähnliche Geschichte wie deine hautnah miterlebt. Das ist jetzt zwei Jahre her. Die Frau mit zwei Kindern hat sich inzwischen von ihrem Mann getrennt,der Mann,der auch zwei Kinder hat,zögert. Er hat es bisher nicht geschafft,den entscheidenden Schritt zu tun. Beide Ehepartner haben eine lange Leidenszeit miterlebt und unverbrüchlich zu ihren kranken Partnern gestanden. Ich kenne alle Beteiligten und weiß,daß alle vier leiden. Trotzdem halten die beiden an ihrem Ziel,zusammenzuleben,fest. Ich weiß ehrlich gesagt nicht,ob es gut gehen wird. Und ich möchte mich Susans Worten voll und ganz anschließen. Laßt euch viel Zeit und prüft vor allem die Frage,was euch außer der Krankheit verbindet und ob es mehr ist,als das,was euch an eure Ehepartner bindet. Ich wünsche dir Glück für diese schwere Entscheidung!! Lieben Gruß Waltraut
Thomas Roland

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Beitrag von Thomas Roland »

Hallo Karl-Heinz, einerseits scheint Du Dich schon entschieden zu haben, andererseits zeigt ja die Tatsache, daß Du hier um Rat fragst, daß Du noch unsicher bist. Einen Rat kannst Du von mir nicht bekommen, aber ich kann Dir von mir erzählen: ich habe nicht geschätzt, was ich hatte. Und nun da ich es verloren habe, bereue ich es bitter. Herzliche Grüße Thomas
caroline

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Beitrag von caroline »

Hallo Karl-Heinz Ich denke mal, dass einige Menschen solche Gefühle während einem Klinikaufenthalt erleben. Man kommt mit Menschen zusammen, die halt auf derselben Wellenlinie sind. Die Depressionen verbinden fürs erste. Und das tut einfach sehr sehr gut.. Ob sich aus solchen Sympathien noch tiefere Bindungen wie Freundschaft, oder gar eine Liebesbeziehung entwickelt, das hängt in meinen Augen vor allem davon ab, welche Defizite auf diesem Gebiet man in seinem "Originalleben" hat. Sind diese ziemlich gross, ist die Versuchung, sich auf diese Gefühle und Gedanklen einzulassen, natürlich umso grösser. Einen generellen Rat kann da niemand geben, und einen persönlichen eh auch nicht. Es wird eine Entscheidung zwischen euch bleiben. Was verbindet dich mit deiner Frau in deiner Ehe? Versuch mal, das genau zu hinterfragen. Was erwartest du dir von einem Zusammenleben mit deiner Freundin? Was wirst du da bekommen, was du zB in deiner Ehe nicht hast? Es ist irgendwie auch eine Altersfrage in dem Sinn, dass man als junger Mensch ganz andere Erwartungen vom Leben hat als ein etwas älterer. Sind Kinder mitbetroffen? Was ich dir allerdings sagen möchte, ist folgendes: deine Freundin und du seid weder egoistisch (ihr macht euch ja viel Gedanken darum, was eure eventuelle Entscheidung bei andern anrichtet), noch krank (solche Gefühle für einen andern Menschen zu empfinden ist bestimmt kein Zeichen von Krankheit, eher vom Gegenteil), noch undankbar. Für was sollt ihr euch bedanken? Dass ihr krank geworden seid, wofür ihr schliesslich nichts könnt, und dass der Partner deswegen nicht abgehauen ist? Müsst ihr euch dafür bedanken? Natürlich ist die Lage auch sehr sehr schmerzlich für eure jeweiligen Partner, darüber bestehen ja gar keine Zweifel. Und die Frage, was euch verbindet ausser der Krankheit, ja die müsst ihr euch schon selber beantworten. Ich glaube aber, dass es noch viel wichtiger ist, genau zu erkennen, was euch in eurer "alten" Beziehung hält. Das wird auch ohne Schmerz nicht herauszufinden sein, aber ein lohnendes Unterfangen ist es allemal. Und es braucht wirklich Zeit. Was drängt euch denn, so schnell zusammenziehen zu wollen? Beantwortet euch diese Fragen in aller Ehrlichkeit. Und dann werdet ihr auch irgendwann zur Antwort kommen, die für euch die passende ist. Alles Gute Caroline
Dr. Karl-Heinz Rudolph
Beiträge: 5
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

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Beitrag von Dr. Karl-Heinz Rudolph »

Danke für Eure Hinweise, die alle mit einer Portion Skepsis und Vorsicht herangehen. Mir geht so vieles im letzten Jahr schon oft durch den Kopf. Aber jeder Versuch, die neue Beziehung zu beenden führte zurück zu Depression. Ich fühle mich von meinem bisherigen Leben eingesperrt. Laufe ich nun vor den Problemen davon? Nun haben wir uns gemeinsam entschieden ein neues Leben zu beginnen (auch mit S.) und daraus schöpfe ich Kraft und Freude. Das Leben ist so richtig lebenswert. Der Kummer, den wir unseren bisherigen Partnern dabei bereiten bedrückt uns allerdings sehr, aber es erscheint mir augenblicklich unvermeidbar. Ich berichte Euch dann weiter, wenn ich dann wieder Zugriff auf das Intenet habe, wie es uns mit unserem neuen Leben ergangen ist und ob wir die Probleme mit den jetzigen Partnern lösen konnten. Ich bin davon überzeugt, dass ich jetzt diesen Schritt so tun muss.
susan
Beiträge: 2551
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Beitrag von susan »

Lieber Karl-Heinz ...letztenendes liegt die Entscheidung bei dir. Schön, das du dich hier noch mal gemeldet hast. Würde mich freuen, wieder von dir zu hören Wünsche dir alles Gute!!! Lieber Gruß Susan


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