Schlechte Erfahrungen mit Ärzten

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av
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Schlechte Erfahrungen mit Ärzten

Beitrag von av »

Hallo,
ich weiß nicht ob das in dieses Forum gehört, bin ganz neu hier aber ich versuche es trotzdem.
Ich bin 25 und leide seit etwa meinem 13. Labensjahr an Depressionen. Zuerst dachte ich es würde sich um sogenannte Winterdepressionen handeln, da die schlimmen Phasen immer pünktlich mit dem November und Schulstress kamen, aber mittlerweile kommen die Depressionen immer öfter, also unabhängig von der Jahreszeit und von der momentanen Stressintensität und dauern immer länger an, teilweise mehrere Monate (wie gerade jetzt), ich bin in deiser Zeit kaum fähig soziale Kontakte einzugehen oder mein Studium zu bewältigen, was das alles nur noch verschlimmert.
Ich habe mich vor wenigen Jahren, als mir die Suizidgedanken sehr real und gefährlich vorkamen, dazu durchgerungen meinen Hausarzt darauf anzusprechen. Er war sehr peinlich berührt, hat versucht mir einzureden, dass ich momentan wohl ein bisschen emotional bin und hat mir eine Probepackung Antidepressiva (Sertalin Sandoz) in die Hand gedrückt. Außer dass ich völlig verzweifelt aus der Sprechstunde 'rausgegangen bin und die ganze Busreise nach Hause geheult habe, verursachen die Tabletten bei mir schlimme Nebenwirkungen (ist ja klar, er hatte mi einfach irgendetwas gegeben, was er gerade zur Hand hatte).
Ich habe es auch schon bei psychologischer Studienberatung versucht, aber nach jeder Sitzung habe ich mich nur noch mehr gehasst, weil die Gespräche einfach so belanglos waren und die Antworten des Psychologen total vorhersehbar.
Da meine neue Hausärztin (ich brauche wohl nicht zu sagen dass ich zu dem Hausarzt, der mir die Tabletten gegeben hat nie wieder hingegangen bin) schon oft versucht hat diverse Beschwerden als psychosomatisch abzutun (als ich einen Magengeschwür hatte musste ich sie zwingen mich zu einem Internisten zu überweisen, weil sie es mir nicht glauben wollte), traue ich mich gar nicht mit ihr darüber zu reden, weil ich den Eindruck habe, sie nehme mich gar nicht ernst.
Ich weiß nicht was ich falsch mache, ob ich zu unsicher auftrete oder ob man blonden jungen Frauen nicht zutraut Depressionen zu haben.
Gibt es denn Anlaufstellen, die mir gute Ärtze in meiner Umgebung empfehlen können? Ich hab ein bisschen im Internet recherchiert, aber das Beratungsangebot in Essen scheint eher dürftig zu sein.
Ich kann auf gar keinen Fall in eine Selbsthilfegruppe oder zum Therapeuten, denn gerade solche Situationen in denen man über das Problem reden muss, verschlimmern alles, ich hasse mich danach am meisten.
Ich kann's auch nicht bei irgendeinem Arzt versuchen, weil ich das einfach nicht aushalte noch einmal nicht ernst genommen zu werden.
Wie kommt ich da weiter? Es wird von mal zu mal schwieriger aus dem Tiefpunkt wieder rauszukommen.
sinus
Beiträge: 65
Registriert: 29. Okt 2009, 10:55
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Re: Schlechte Erfahrungen mit Ärzten

Beitrag von sinus »

Liebe humorlos,

als erstes wünsche ich Dir viel Humor. Aber Spass beiseite.

Ein Versuch ist es z.B. Wert einfach in die Notaufnahme eines Krankenhauses und zu gehen und dort Deine Suizidgedanken zu schildern.
Vielleicht hast Du Glück und kommst an einen vernünftigen Arzt.

Zu meinen Erfahrungen mit Ärzten kopiere ich Dir einen Beitrag hierher, den ich heute Vormittag in einen anderen Zusammenhang geschrieben habe:

Dass ich keine Psychotherapie gemacht habe, liegt auch daran, dass ich damals bei meiner Partnerin erlebt habe, auf was für einem eingefahrenen Gleis eine Behandlung stattfinden kann.
Die erste Diagnose hieß eben Depression und die zugehörige Therapie waren die Gespräche beim Psychologen.
Wir hatten dann vom Hörensagen erfahren, dass es in Berlin einen Spezialisten gab, der festgestellt hatte, dass auch Störungen im Mineralstoffwechsel zu Depressionen führen können. Leider konnten wir den Namen dieses Spezialisten nicht herausfinden.
Wir haben dann dem Arzt und dem Psychologen davon erzählt. Unsere laienhafte Meinung wurde aber total ignoriert und überhaupt nicht in die Richtung recherchiert. Meiner Partnerin hat das 3 Jahre Ungewissheit und sinnlose Therapie bedeutet. Die Lösung war ein Magnesium Präparat, dass sie noch heute nimmt. Gefunden wurde die Lösung nur, weil ein guter Bekannter, der Laborleiter in einem Medizinischen Labor war, auf eigene Initiative umfangreiche Untersuchungen durchführte.
Damit war mein Vorurteil gegen Psychologen fertig.
Ich hatte bei meiner Erkrankung Dank der Empfehlung meiner Hausärztin das große Glück, von einem Arzt behandelt zu werden, der sowohl Facharzt für Psychiatrie als auch Facharzt für Neurologie ist. Weiterhin eine Professur hatte und umfangreich als Gutachter tätig war. (leider geht er Ende diesen Jahres in den Ruhestand)
Dieser Arzt hat mit mir als Patient als Partner auf gleicher Augenhöhe (wie man heute so schön sagt) gearbeitet und mir damit sehr sehr geholfen. Er hat auch erkannt, dass für mich Arbeit mit Psycholgen nicht sinnvoll ist, da bei mir zu Hause optimale Bedingungen herrschen. In der akuten Phase hat er dann in Abstimmung mit mir und meiner Partnerin auch auf eine stationäre Einweisung verzichtet. Ich konnte ihn aber jederzeit anrufen und wurde sofort zu ihm durch gestellt. Auch eine von der Rentenversicherung geforderte Rehamassnahme haben wir zusammen als nicht zielfüherend eingeschätzt und ich habe die Rehaklinik zusammen mit meiner Partnerin nur einmal betreten und nach 4 Stunden wieder verlassen, da wir auch dort wieder schon bei der Aufnahme auf Oberflächlichkeit und Ignoranz gestoßen sind.

Meine Erfahrung sagt mir erstens:
Ein solcher Arzt wie mein Professor ist die Ausnahme.
Die meisten Ärzte akzeptieren Diagnosevermutungen, die von ihren Patienten und deren Angehörigen kommen nicht!!!
Mir kommt es so vor, als ob sie sich in ihrer Berufsehre verletzt fühlen und dann genau dass was der Patient/Angehörige vermutet nicht akzeptieren.

Mein Ratschlag:
Sei ganz vorsichtig damit, bei Medizinern Deine eigenen Diagnosevermutungen zu äußern. Schildere nur die Symptome.

Zweitens kommt es mir so vor, als ob es bei der Behandlung von Depressionen zwei Fraktionen bei den "Nervenspezialisten" gibt !?

Für die eine Fraktion ist der psychische Aspekt bei der Depression der vorrangige und der physische Aspekt wird als untergeordnet angesehen. Dass heißt, die Medikamente werden nur als Hilfsmittel angesehen. So kann es sein, dass eine fundierte medikamentöse Einstellung, die ja sehr lange dauern kann, eventuell unterbleibt.

Für die andere Fraktion ist der physische Aspekt der vorrangige. Daher wird sehr intensiv an der medikamenttösen Einstellung gearbeitet. Mit dem Ziel dem Organismus zu helfen, sein Gleichgewicht, wo auch immer es gestört ist, wieder zu finden. Der psychische Aspekt, die Gespräche beim Psychologen sind eine begleitende Hilfsmassnahme, um die Verhaltensweisen, die die Störung der physischen Gleichgewichte fördern, abzubauen.

Mein Ratschlag:
Interdisziplinäre Diagnoseerstellung und Behandlung.
Also wenn man nicht das Glück hat wie ich, dies in einer Person - meinen Professor - zu finden: Eine zweite oder auch dritte Meinung einholen.

Liebe Grüsse und Erfolg beim finden einen kompetenten Arztes wünscht Dir

uni-liebe http://balance-cs.de
otterchen
Beiträge: 5118
Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: Schlechte Erfahrungen mit Ärzten

Beitrag von otterchen »

Hallo Humorlos,

zunächst: willkommen im Forum! Schön, dass Du hergefunden hast.

Einige Punkte aus Deinem Posting möchte ich aufgreifen:

Psychosomatisch heißt nicht eingebildet!
Psychosomatisch heißt:
"Geh du vor" sagte die Seele zum Körper, "auf dich hört sie wenigstens".

Psychosomatische Beschwerden zu haben, bedeutet also nicht, ein Hypochonder zu sein oder abgewertet zu werden, sondern dass die Seele "hinkt".


Dann: ein Hausarzt, der Sertralin "mal eben" mitgibt, handelt nicht verantwortungsvoll.
Gut, dass Du den Arzt gewechselt hast.

Aber:
Wovon möchtest Du denn gesund werden? Wir hier im Forum haben größtenteils die Erfahrung gemacht, dass ein zweigleisiges Angehen der Depression am besten ist.
Soll heißen: ADs UND Therapie.

ADs alleine verändern noch nichts. Es sind keine Glücklichmacher.

Ich glaube, viele scheuen sich vor einer Therapie, weil da viele alte, schmerzhafte Gefühle wieder hochkommen und weil man keine Lust oder keine Kraft hat, dies wieder hervorzukramen. Aber es kann nur besser werden, wenn man sich den alten Wunden wieder zuwendet. Das ist wie ein Dampfkochtopf: da muss der Druck raus...

Gute Therapeuten stabilisieren übrigens, bevor sie "ans Eingemachte" gehen.

Ich kann Dich nur ermutigen, den Weg zum Psychiater (für ADs) und zum Psychologen (für eine entsprechende Therapie) einzuschlagen, wenn die Diagnose Depression für Dich gestellt wurde.
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
dolittle909
Beiträge: 296
Registriert: 14. Sep 2008, 18:00

Re: Schlechte Erfahrungen mit Ärzten

Beitrag von dolittle909 »

Hallo,

konkret kann ich Dir jetzt nicht helfen, aber ich habe zwei Gedanken:

1. Die Depression ist eine komplizierte Krankheit und sie hat so viele Gesichter, wie es Depressive gibt. Gerade deshalb ist es nicht selten, dass Ärzte oder Psychologen mit Diagnosen und Prognosen - v.a. beim ersten Mal - daneben liegen. Meine derzeitige Ärztin (und die ist gut!) lag vor zwei Jahren total daneben, als es mir so schlecht ging, dass ich in der Klinik landete. Klinik hatte sie abgelehnt und ich fühlte mich nicht mehr aufgehoben bei ihr, dachte, sie kapiert nicht, wie dreckig es mir geht. Heute weiß ich, was dahinter steckte. Deshalb vertraue ich ihr weiter.

2. Vielleicht hast Du Dich auch immer zu schnell entmutigen lassen? Hast Dich - typisch depressiv - wie ein geprügelter Hund von dannen gemacht, enttäuscht von einer Abweisung. Aber die Ärzte und Kliniken haben die verdammte Pflicht (weil es deren Job ist) Dir zu helfen. Und wenn Du mit etwas Hartnäckigkeit ein zweites Mal vorstellig wirst, dann nimmt man Deine Symptome schon viel ernster.

Das Vertrauen zwischen Dir und Deinem Arzt muss auch etwas wachsen. Lasse Dir und ihm etwas Zeit!

Alles Gute,

d.
av
Beiträge: 5
Registriert: 15. Dez 2009, 23:46

Re: Schlechte Erfahrungen mit Ärzten

Beitrag von av »

Erst mal, vielen Dank für die Antworten.
@otterchen: das ist richtig, ich tippe auch dass viele meiner körperlichen Beschwerden eine psychosomatische Grundlage haben, aber bei einem Magengeschwür hilft nun mal kein Psychotherapeut. Meine Ärztin bestand aber darauf dass es gar keine körperliche Ursache gäbe für meine Beschwerden. Das gehört zwar nicht in dieses Forum, aber das ist ein typisches Beispiel für die Einstellung vieler Ärzte: nicht zuhören wollen, nicht glauben wollen, nicht einmal ausreden lassen.
Ich schließe es nicht aus, dass eine Therapie in meinem Fall auch vernünftig sein könnte, aber bei meinen bisherigen Erfahrungen mit Ärzten sehe ich einfach keine Grundlage dafür über persönliche (und schwierige) Dinge zu reden.
Zumal wenn es mir gerade schlecht geht, dann ist ein erster Termin (nach dem es mir sicherlich nicht sofort besser gehen würde) in 3 bis 4 Wochen keine gute Lösung. Da wäre eine AD-Behandlung glaube ich ein besserer Ausgangspunkt und dann kann man nach weiteren Möglichkeiten schauen.
dolittle909
Beiträge: 296
Registriert: 14. Sep 2008, 18:00

Re: Schlechte Erfahrungen mit Ärzten

Beitrag von dolittle909 »

Doch, auch bei einem Magengeschwür kann ein Psychotherapeut helfen!!! Auch dies kann psychosomatisch sein.

Das darfst Du nicht mit "Einbildung" verwechseln. Physisch ist da tatsächlich was im Argen. Da mag auch ein Medikament oder eine OP helfen. Aber es geht um die Ursachen einer organischen Krankheit. Und das kann oft eine seelische Störung sein.

Die Schulmedizin kapiert das so langsam, wie wichtig das Zusammenspiel zwischen Körper, Geist und Seele ist. Ein Phänomen ist aber oft, dass die Patienten dies nicht wahrhaben wollen - weil sie nicht an ihre seelischen Probleme ran wollen...

Gute Besserung,

d.
Andreas01

Re: Schlechte Erfahrungen mit Ärzten

Beitrag von Andreas01 »

Hallo uni-liebe, 58, m,
mein Vertrauen in die medizinischen Behandler haben die der Psycho-Fakultäten nachhaltig ruiniert, sei es meine damalige Psychiaterin, sowie drei Psychotherapeuten/innen und auch mit wenigen Ausnahmen die der Kliniken, es verlief so ähnlich wie bei Dir. Man ging nicht darauf ein, als ich mehrmals mitgeteilt habe dass die mir verabreichten Medikamente mir nichts ausser NWs bringen bzw. ich sie nicht mehr benötige, weiterschlucken basta, sie wissen ja dass sie sonst einen Rückfall bekommen.
Ob sie sich in der Berufsehre verletzt fühlen, ist es einfach nur Ignoranz oder sind es andere Interessen ist schwer zu sagen, es wird wohl von allen etwas dabei sein.
Dein Zitat: >>>Dass ich keine Psychotherapie gemacht habe, liegt auch daran, dass ich damals bei meiner Partnerin erlebt habe, auf was für einem eingefahrenen Gleis eine Behandlung stattfinden kann<<<
Das Gleis bei mir könnte man so bezeichnen:
"Friss mir aus der Hand lieber Patient, sonst ist dein Problem nicht der Rede wert, tun aber trotzdem so das die Therapie wichtig ist".
Möchte jedoch klar stellen dass auch ich noch uneingeschränktes Vertrauen zu meinen Internist / Diabetalogen habe, schließlich war er der einzige der sich der Folgen meiner damaligen Medikamente annahm und bis dato halbwegs in den Griff bekam und hat. Übrigens, er hält die Sache mit der Schweinegrippe nur für eine unnötige Panikmache.
Ausserdem geniesst der Ortopäde und der Neurochirurg meiner Frau höchstes Ansehen meinerseits.

Gruß
Andreas
sinus
Beiträge: 65
Registriert: 29. Okt 2009, 10:55
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Re: Schlechte Erfahrungen mit Ärzten

Beitrag von sinus »

Lieber Andreas01,

danke für Deine Mitteilung.
Sie bestärkt mich in meinem Plan das Thema als Hilfestellung für Betroffene aufzuarbeiten.
Unsere Ärzte,Psychiater und Psychologen sind halt auch Menschen wie Du und ich und keine Götter in Weiß.
Wenn man aber Hilfe braucht und sich kaum um sich selbst kümmern kann, fällt es schwer sich durchzusetzen, falls man das Gefühl hat, dass bei der Behandlung etwas falsch läuft.
Ich hätte es nie geschafft in Behandlung bei meinen Professor zu kommen.
Da hatte ich zum Glück meine Partnerin, die das nötige Stehvermögen hatte, sich gegen die Vorzimmerschwestern durchzusetzen.
Viele von uns haben solche Hilfe aber nicht.
Also ich grüble weiter, wie ich das Thema aufbereite.

Liebe Grüsse von

uni-liebe
Andreas01

Re: Schlechte Erfahrungen mit Ärzten

Beitrag von Andreas01 »

Liebe uni-liebe,
du sagst es ein/e Partner/in die ohne wenn und aber hinter uns steht ist durch nichts zu ersetzen, wenn es darum geht sich gewissen Leuten gegenüber durchzusetzen.
Wenn ich meine Frau nicht gehabt hätte und habe, würde ich sehr warscheinlich mich vielleicht tiefer denn je im Sumpf der Depri + Folgen befinden.

Frohe Feiertage und alles Gute
wünscht Andreas
thekla
Beiträge: 72
Registriert: 18. Mär 2006, 00:39

Re: Schlechte Erfahrungen mit Ärzten

Beitrag von thekla »

Hi,

schalte mal eine e-Mailadresse frei, wollte dir eine Ärztin mailen.
av
Beiträge: 5
Registriert: 15. Dez 2009, 23:46

Re: Schlechte Erfahrungen mit Ärzten

Beitrag von av »

ich habe mir jetzt fest vorgenommen in den nächsten wochen direkt zu einem psychiater zu gehen. oder mehreren wenn's sein muss. ich denke es kann nicht schaden, sich erst einmal die praxis (und die sprechstundenaushilfen, die sind meist auch schon die erste große hürde) genauer anzuschauen bevor man einen termin macht. so geht's jedenfalls nicht weiter. hab schon wieder ein semester verkackt, weil ich es seit wochen nicht mehr schaffe zur uni zu fahren. geschweige denn mich vor die leute zu stellen und referate zu halten.
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