wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Grenzgängerin
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Registriert: 25. Mär 2005, 23:44

Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von Grenzgängerin »

Hm, die sämtlichen Gedanken jolanda, die Du hier so äußerst habe ich auch schon mehrfach durch.

Von mir haben jahrelang alle Ärzte verlangt, ich solle die Depression als Krankheit bei mir akzeptieren. Ich wusste nie, wie das gehen soll und alleine dieser Ausspruch hat sich für mich irgendwie unendlich bedrohlich angefühlt. So als würde ich aufgeben müssen.

Ein Arzt hat dann aber mal zu mir gesagt, dass das Annehmen der Depression als Krankheit auch schlecht von mir verlangt werden kann, wenn ich gerade in einer tiefen Depression stecke.

Auch wenn ich inzwischen denke, ich habe die Depression als Krankheit, als meine Krankheit, angenommen, so empfange ich sie nicht mit offenen Armen. Sie ist trotzdem noch bedrohlich für mich. Sie macht mir Angst, weil sie mir viel Leben und Chancen genommen hat und ich Angst habe, dass sie das immer wieder tun wird.

Dennoch kann ich in den halbwegs stabilen Phasen ganz gut damit leben und weiß die kleinen Dinge des Lebens tatsächlich mehr zu schätzen.

Mir geht es allerdings auch so, dass ich es oft wie Hohn empfinde, wenn ich wieder irgendwo höre oder lese, dass Depressionen heilbar oder "gut behandelbar" sind.

Nein, sind sie nicht.

Ganz einfach. Medikamente sind ein Roulette-Spiel und es gibt keine Garantie, dass man etwas findet, das einem hilft und nur erträgliche Nebenwirkungen hat. Auch Psychotherapie ist keine Erfolgsgarantie. Ich denke, man kann eine Menge versuchen und tun, aber es bleibt die Möglichkeit, dass man zu den Kandidaten gehört, die immer wieder im Leben depressiv werden. Ich gehöre dazu und ich kann mittlerweile annehmen, dass das nicht meine Schuld ist, sondern eine Krankheit. Ich kann versuchen, mich zu schützen, aber ich habe keine hundertprozentige Einflussmöglichkeit auf die Depressionen.

Ich habe zur Zeit das Glück, dass ich ein gutes Medikament für mich gefunden habe. Es ist relativ neu auf dem Markt gewesen, als ich es bekam. Alle vorhergehenden Versuche mit anderen Medikamenten hatten nicht funktioniert, so dass auch aus Ratlosigkeit meiner Ärztinnen erst mal eine komplette Medikamentenpause stattfand.

Ich nehme Elontril, welches ja einen neuen Wirkmechanismus hat und bei mir genau das passende zu sein scheint.

Deshalb möchte ich auch allen, die noch auf der Suche nach dem richtigen Medikament sind Mut machen, dass es sein kann, dass etwas auf den Markt kommt, dass Euch helfen wird.

Grüße,

unknown
atetobi
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Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von atetobi »

@ Jolanda

>Irgendwie ertrage ich nichtmal die Vorstellung davon, die Depressionen als Teil meines Lebens zu akzeptieren. Ich bewundere jene, die das können.<

Wie Du spätestens hier beim Lesen gemerkt haben müsstest, geht es so gut wie allen Depressiven so wie Dir. Niemandem gelingt das von einer Minute zur anderen, es ist ein langer Prozess.

Die meisten Depressiven merken irgendwann, dass die Depressionen schlimmer werden, je mehr man sich gegen sie auflehnt. Und mit diesem Merken und dem sich bewusst machen, kann ein solcher Prozess in Gang gesetzt werden.

Wir Menschen fühlen uns vielen Ereignissen gegenüber oft ohnmächtig und hilflos. Das ist auch bei Depressionen so.

>Es ist so unerträglich. Außerdem sind die Depressionen nicht Teil meines Lebens, sondern sie rauben mir einen teil davon. Depressive Zeiten sind nicht gelebte Zeiten.Man lebt nur noch vegetativ, innerlich ist man tot. Da erscheint es einem manchmal als logische Konsequenz, das Leben zu beenden.<

Ja, es ist oft unerträglich und trotz Deiner Ablehnung dieser Tatsache sind die Depressionen zu einem Teil Deines Lebens geworden. Sie sind da, ob Du es möchtest oder nicht.

Richtig ist auch, dass sie Dir gefühlt Teile Deines Lebens rauben. Nicht gelebte Zeiten sind sie allerdings nicht. Auch wenn es Dir vielleicht nicht einleuchten wird: Die Depressionen haben Gründe, egal welcher Art, und wie so viele schlimme Erlebnisse eines Lebens können sie auch dazu beitragen, dass sich das eigene Leben und die Lebenseinstellung insgesamt positiv verändert.

Du wütest meiner Meinung nach nicht nur gegen die Depressionen, sondern gegen Dich selbst, weil Du nicht in der Lage bist, sie zu überwinden bzw. meinst, sie überwinden zu müssen.

>Ja, es ist richtig, dass andere Menschen mit anderen Behinderungen auch hadern und trotzdem damit leben. Auf der anderen Seite gibt es viele schwer (unheilbar?) Kranke denen man es in gewisser Weise zugesteht, oder doch nachvollziehen kann, dass sie ihr Leben beenden wollen.
Wie ist das dann, wenn man unheilbar an Depressionen erkrankt ist...?<

Die Frage erübrigt sich. Millionen von Menschen sind unheilbar an Depressionen erkrankt, viele beenden ihr Leben, aber die meisten schaffen es, weiter zu leben, weil sie erkannt haben, dass das Leben auch mit dieser Krankheit lebenswert ist und nicht nur Depressionen, sondern auch viele schöne Dinge beinhaltet.

Dir wird bekannt sein, dass offiziell ca. 5 % der deutschen Bevölkerung an Depressionen leiden. Es ist davon auszugehen, dass die Dunkelziffer wesentlich höher liegt. Du bist also keinesfalls allein mit diesem Problem.

>Vielleicht bin ich auch genervt, weil hier so oft davon geschrieben wird, Depressionen seien heilbar. Das sind sie wohl auch, aber nicht bei allen. Und da fühle ich mich dann, als hätte ich etwas falsch gemacht, weil es bei mir nicht heilbar zu sein scheint.
Der ewige Verweis: hohlen Sie sich Hilfe, Depressionen sind heilbar, Medikamente können helfen und und und fühlt sich dann für mich so an, als würde mein Leid nicht an erkannt.

Gilt es denn nicht auch zu sagen, dass Depressionen eben nicht immer heilbar sind? Weil man dann nämlich sonst unter Umständen falsche Hoffnungen macht. Ich bin jahrelang dieser Hoffnung hinter her gerannt. Dachte, ich gehe in Behandlung und irgendwann geht es mir (wieder) gut. Nun, ich bin schwer enttäuscht worden. Nicht weil meine Behandlung schlecht wäre, sondern weil es kaum fruchtet.<

Das ist eine Aussage, die ich besonders nach allem, was in diesem Thread, aber auch in anderen geschrieben wurde und wird und nach dem, was Du selbst schreibst, nicht verstehen kann. Mir scheint, Du schwelgst in Selbstmitleid, ohne zu merken, dass alle, die hier schreiben, in der gleichen Situation sind wie Du, und versuchen, Dir das zu zeigen und Dich zu unterstützen.

Ich stelle mal eine Gegenfrage: Wenn Du weißt, dass Depressionen oft nicht heilbar sind, warum bist Du dann so selbstverständlich davon ausgegangen, dass es ausgerechnet bei Dir heilbar sein sollte?

Wie ich oben schrieb, wütest Du gegen Dich selbst, weil du es nicht geschafft hast, Dich von dieser Last zu befreien, ohne dabei die Erkenntnis zu gewinnen, dass es außerhalb Deiner Macht liegt.

Hoffnung auf Heilung hat jeder, jeder glaubt, zu denen zu gehören, die befreit werden. Die Ent-Täuschung ist bitter. Für jeden, nicht nur für Dich.

Von mir kann ich sagen, dass ich, obwohl ich es immer mehr schaffe, die Krankheit als solche anzunehmen, trotzdem in jeder guten Phase immer noch die Hoffnung habe, kein erneutes Tief ertragen zu müssen. Nach 50 Jahren leben mit Depressionen lebt die Hoffnung weiter, obwohl mein Hirn weiß, dass es utopisch ist.

Noch ein paar persönliche Anmerkungen:

Meine Tochter erkrankte noch während ihrer Schulzeit kurz vorm Abitur ebenfalls an Depressionen. Nach einem durchgehend depressiven Jahr ein S-Versuch. Bei mir Todesangst um mein Kind und unbeschreibliche Schuldgefühle, dass ich es nicht vor dieser schrecklichen Krankheit bewahren konnte.

Irreale Schuldgefühle, denn ich bin ein Mensch und es liegt nicht in meiner Macht, das zu verhindern. Trotzdem waren (und sind) sie da.

Meine Tochter weigerte sich lange, einen Arzt aufzusuchen oder in Therapie zu gehen. Irgendwann nach dem S-Versuch kam die Einsicht, dass es keine andere Möglichkeit mehr gab. Sie bekam Medikamente und ging in Therapie.

Seit 10 Jahren ist sie gänzlich frei von Depressionen. Ob sie geheilt ist, weiß niemand. Ich habe panische Angst davor, dass neue Schübe kommen könnten, und ich weiß, dass sie Ähnliches befürchtet. Sie hat vor 2 Monaten ihr Baby bekommen und am Anfang der Schwangerschaft deutete Vieles auf erneute Depressionen hin. Alles ging gut, nicht einmal die berüchtigten Wochenbettdepressionen hat sie bekommen. Und nach der Geburt sagte sie mir, dass sie davor während der gesamten Dauer der Schwangerschaft Angst hatte.

Das schreibe ich, um Dir an einem konkreten Beispiel zu zeigen, dass Heilung oder zumindest eine lange Zeit ohne Depressionen möglich ist, wobei man aber eben nie weiß, ob das wirklich Bestand hat.

Ich bin davon überzeugt, dass die Chance auf Heilung gut ist, je eher Depressionen erkannt und behandelt werden.

Was mich selbst betrifft, so hänge ich zurzeit in einem so extremen Tief, wie ich es lange nicht hatte, obwohl ich seit etlichen Jahren immer nur sehr wenig Zeit zwischen den Schüben habe, in der es mir relativ gut geht. Voriges Jahr war ich selig, dass ich tatsächlich zwei ganze Monate ohne Depressionen leben durfte.

Seit 1989 bin ich in Behandlung und habe seitdem etliche Therapien gemacht. Die Medikamente, die ich ausprobiert habe, sind kaum zu zählen. Nichts half, die Nebenwirkungen waren teilweise genauso schlimm wie die Depressionen selbst. Seit zwei Jahren habe ich endlich ein Medikament, dass mir wenigstens ein bisschen Erleichterung verschafft bzw. die Schübe normalerweise nicht mehr ganz so stark werden lässt.

Zusätzlich zu dem sehr hoch dosierten AD, das ich nehme, nutze ich Benzodiazepine. Seit nun fast 21 Jahren. Die dämpfen die schlimmsten Qualen, wenn ich verzweifle und aufgeben möchte.

Vor ca. 3 Jahren nahm ich monatelang auf Anraten meines Arztes Benzodiazepine in klinischer Dosierung und konnte kaum noch gerade gehen. Abhängigkeit war die Folge. Auf dringendes Anraten von Ärzten in einer sechswöchigen Reha-Maßnahme stieg ich gegen den ausdrücklichen Willen meines behandelnden Arztes aus der Einnahme aus und schaffte es aus eigener Kraft, mich von der Abhängigkeit zu befreien. In Notfällen nehme ich sie aber weiterhin.

Vor zwei Jahren habe ich das Gleiche mit Schlaftabletten geschafft, die ich sieben Jahre lang täglich einnahm. Sie halfen zuletzt nicht mehr.

Wie Du Dir vielleicht vorstellen kannst, war mein Weg genau wie der unserer Leidensgenossen ganz sicher nicht leichter als Deiner und ist es auch jetzt nicht. Aber ich merke, dass ich tatsächlich wesentlich besser mit den Schüben umgehen kann, wenn ich sie als gegeben hinnehme und mich nicht wütend oder verzweifelt dagegen auflehne, auch wenn es nicht immer wirklich gelingt. Ich arbeite daran.

Verzweifelt bin ich, keine Frage, aber mir ist auch dann, wenn es mir so schlecht geht wie jetzt, bewusst, dass ein depressiver Schub kein Dauerzustand ist, wobei mein längster mehr als zwei Jahre ununterbrochen anhielt und einige andere auch an diese Zeitdauer heranreichten. Da denkt man dann doch, es geht nicht mehr vorbei ...

Wie gesagt, ich bin zurzeit so tief unten, wie es schlimmer kaum sein kann. Und übermorgen geht mein Mann, der ebenfalls unter schweren Depressionen leidet, auf unbestimmte Zeit in eine Psychiatrische Klinik.

Die vergangenen Wochen waren die Hölle. Neben dem seit Monaten durch die Depressionen extrem veränderten Verhalten meines Mannes hatte ich täglich Todesangst um ihn - genau wie damals um meine Tochter.

Trotzdem mache ich weiter, obwohl ich eigentlich das Gefühl habe, am Ende zu sein. Das Gefühl, dass hier alles den Bach runter geht.

Die Krankheit ist eine Tatsache, an der nichts zu ändern ist. Klar kann man den Weg gehen, nach dem man sich so oft sehnt, weil man glaubt, er bringe die ersehnte Ruhe. Andererseits weiß ich aber durch die lange Lebenszeit, die bereits hinter mir liegt und von sehr viel Leid geprägt war, dass das Leben auch immer wieder so viele schöne Momente bereit hält, dass es sich lohnt, dafür weiterzuleben.

Tut mir leid, dass es so lang geworden ist.

Beate
Und wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her.
atetobi
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Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von atetobi »

@ Thomas

Auch ich kann von meiner Rente nicht leben und weiß, wie Dir zumute sein wird. Keine wirklich gute Perspektive für das bei mir noch eher als bei Dir bevorstehende Alter.

Ich bin seit 11 Jahren in zweiter Ehe verheiratet, insofern geht es mir trotzdem in finanzieller Hinsicht (noch) einigermaßen gut, aber ich habe aufgrund schmerzlicher Erfahrungen aus meiner ersten Ehe, die nach 23 1/2 Jahren traumatisch für mich endete, großen Wert darauf gelegt, mich selbst erhalten zu können. Bei der Akzeptanz der Verrentung hat mir tatsächlich neben der langsamen Annahme meiner Depressionen als Krankheit nur der Aspekt der Ruhe für mich geholfen, mich damit abzufinden. Ca. 2 Jahre hat dieser Prozess gedauert, aber so ganz abgeschlossen ist er auch nach 3 Jahren noch nicht.

Wenn Du mir direkt schreiben möchtest: Mein Profil ist freigeschaltet.

Herzliche Grüße
Beate
Und wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her.
Harry_Haller
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Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von Harry_Haller »

Hey Beate,

das sage ich selten, und seltener noch meine ich es auch wörtlich: Ich ziehe meinen Hut vor Dir!

Dir geht es selbst s...-dreckig, aber Du schreibst hier einen aufmunternden Text, den ich mir ausdrucken und an die Wand hängen möchte.

Danke Dir von Herzen - wenn DU noch Kraft hast, habe ich sie auch!

Liebe Grüße und viel, viel Glück
Der Steppenwolf
atetobi
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Registriert: 12. Feb 2004, 14:02

Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von atetobi »

Danke, lieber Steppenwolf. Durch Deine Worte ist meine Seele ein bisschen heller geworden.

Meine guten Wünsche sind bei Dir.

Beate
Und wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her.
jolanda
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Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von jolanda »

Hallo!

Ich schwelge nicht in Selbstmitleid, ich bin wahrscheinlich momentan einfach nur verzweifelt.

Als ich der Hoffnung hinterher lief, Depressionen seien heilbar, da wusste ich ja noch nicht, dass es nicht bei allen so ist. Das habe ich ja erst erfahren, als sich das bei mir so heraus stellte. Dann erst begannen die Behandler allmählich nicht mehr von Heilung zu sprechen sondern davon "damit umgehen zu lernen".

Das ist wohl das schwierigste. damit leben zu lernen.

Ich weiß, dass es vielen genauso geht. Und ich kenne auch den Spruch "Suizid ist eine endgültige Lösung für ein temporäres Problem" oder "die Energie, die man verbraucht, um den perfekten Selbstmord zu planen, sollte man besser darein investieren, seine Situation zu verbessern"
solche Sprüche sind es auch tatsächlich, die mich manchmal davon ab halten. Denn in diesen dunklen Momenten ist nichts mehr davon spürbar, dass das Leben auch schön sein kann. Ich weiß dass es wieder besser wird, ich weiß, dass ich schon fröhliche und glückliche Momente hatte. Aber dieses wissen kommt emotional nicht an. es hilft mir einfach in der Depression nicht. Das finde ich selber befremdlich, denn alle sagen immer, man solle diese Gedanken festhalten, sie sich immer wieder sagen. Nur bei mir bringt das nichts,ehrlich ich habe es immer so stark probiert und es hilft nicht. Das ist auch etwas, was mich verzweifeln lässt, ich probiere so vieles, was eigentlich helfen sollte und es schlägt nicht an. Und dann denke ich, ich habe mich nicht genug bemüht. Ich scheine immun gegen solche Ansätze zu sein, obwohl sie mir doch so einleuchten.

Und momentan kämpfe ich nicht mal mehr gegen die Depression an, nur dadurch wird es eher schlimmer, aber ich habe keine Kraft mehr.

ICh glaube nicht, dass alle, die sich NICHT das Leben nehmen es deshalb nicht tun, weil sie trotzdem noch lebenswertes in ihrem Leben sehen. Bei vielen mag das so sein, aber es gibt bestimmt auch welche, die das nicht sehen, die es aber einfach nicht schaffen. Weil der Körper einen ganz eigenen Überlebensinstinkt hat. Vielleicht sollte man da ansetzen. Viel niedriger. dass es einen Grund haben muss, warum man eigentlich noch nicht sterben kann, auch wenn man keinen LEbenswert mehr sieht. dann gilt es jenen zu finden.
Aber das ist schwer und langwierig und vielleicht ist es der erste Schritt, dass ich mir zugestehe, dass ich da unterwegs auch mal den Mut verliere, bevor ich wieder weiter gehen kann.
Eigentlich ist es ja so, dass es lebenswerte Dinge gibt. Vielleicht ist es ein Fehler Bilanz zu ziehen. Das lebenswerte und die Depression auf Wagschalen zu legen. Zumindest in der Depression wird diese viel schwerer wiegen. Aebr auch außerhalb, wenn ich so zurück schaue, ist so viel Depression dabei und ich weiß wirklich nicht, wie ich mit diesem Ausmaß an Depressioen weiter leben kann.
Es gibt ganz selten (so alle zwei Jahre mal) Momente in meinem Leben die von vollständiger innerer Ruhe gefüllt sind. Eigentlich soltle man sowas genießen, es als etwas ganz wertvolles gut in der Erinnerung verstauen. Bei mir aber schießt dann (ohne dass ich es will) der Gedanke hoch "so möchte ich sterben, mit dieser inneren Ruhe".
Vielleicht stirbt man ja in hohem Alter nach einem erfüllten Leben so.
Aber ich schweife echt ab oder?

LG, jolanda


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Feedom's just another word for nothing left to lose (Janis Joplin)
Reve
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Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von Reve »

Liebe Jolanda,

ich schau ja selbst auf vier Jahre sehr intensive Depression zurück aus mehreren Gründen, die doch alle wieder auf’s selbe hinauslaufen – auf Verlust.

Erst der Verlust meiner Gesundheit, was sich als überflüssig erwiesen hat, dann der Verlust meiner Rolle als Mutter, was sich als voreilig gezeigt hat, der Verlust von bestimmten Personen, die meinen Weg gekreuzt haben. Mit einem Verlust musste ich mich abfinden, den zweiten hab ich auf eher ungewöhnliche Weise abgewendet.

Findest du denn nicht auch, dass man die Neigung in sich hat, in Verlustsituationen depressiv zu reagieren? Inwieweit eine „endogene“ Komponente hinzukommt, hab ich bislang noch nicht herausgefunden. Es könnte ja wirklich sein, dass man aufgrund der häufigen Episoden, die viele hier erlebt haben und erleben, immer leichter dazu neigt, in kritischen Momenten stimmungsmäßig zu reagieren und vielleicht auch manchmal ohne ersichtlichen Grund. Oftmals reicht ja schon ein befremdender Blick, eine Kritik, ein Misserfolg, eine leere Stunde, dass man in die Melancholie zurückfällt.

Jetzt ist es ja in deinem Fall so, soweit ich es herausgelesen hab und soweit ich es noch aus früheren Postings von dir weiß, dass du deinen Job zumindest momentan verloren hast aufgrund der Misslage. Du möchtest aber unbedingt arbeiten, wie viele, und doch ist eben auch für viele der Druck eines langen Arbeitstages zu groß. Da gibt’s ja viele unterschiedliche Komponenten.

Jetzt kenn ich mich mit solchen Dingen nicht aus und weiß nur von einzelnen Fällen hier aus dem Forum, aber wär es denn nicht eine Art Lösung in weiterer Zukunft für dich, wenn du irgendeine Rente beantragen würdest und zusiehst, nebenbei zu arbeiten, soweit das gesetzlich erlaubt ist und soweit du gesundheitlich dazu in der Lage bist.

Du bist doch Schreinerin (oder Ähnliches), könntest du denn nicht stundenweise deinem Chef unter die Arme greifen, also immer dann, wenn die Auftragslage bei ihm wieder besser läuft. Und wenn dies bei ihm nicht geht, dann vielleicht in einem anderen Betrieb oder notfalls ein Gewerbe anmelden?

Ich hab mich auch selbstständig gemacht, ein kleines Gewerbe angemeldet und bekomme mein Taschengeld,je nachdem wie viel ich zeitlich investiere, was natürlich in meinem Fall nur geht, weil ich durch meinen Mann abgesichert bin. Aber es ist ein obertolles Gefühl, etwas auf die Beine zu stellen und einen Sinn für die nächsten Jahre zu sehen.

Vielleicht ist ein Gedankengang für dich dabei, mit dem du etwas anfangen kannst, ich wäre dir auf jeden Fall dankbar, wenn du es einfach mal so ohne Kommentar stehen lässt.

lG Carin
jolanda
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Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von jolanda »

Hallo carin!

Wieso sollte ich es unkommentiert lassen. Das wäre doch so, als hätte ich es nicht gelesen.
Mache ich hier den Eindruck, als würde ich alle guten Ratschläge nur in der Luft zerreißen wollen? Dieses Ja-Aber ist ein Ausdruck meiner Zerrissenheit und es bedeutet nicht, dass ich Eure Antworten nicht lese oder missbillige. Im Gegenteil, ich bin dankbar, so viel Rückmeldung zu bekommen. Es ist nur sehr schwiereig gerade für mich, das alles an zu nehmen und zu verarbeiten.

Ja, das mit der Rente habe ich schon überlegt, habe aber im Moment noch überhaupt keine Ansprüche.
Allerdings könnte ich mich mit dem Gedanken auch noch nicht anfreunden. Das ist richtig.

Es wird auch so sein, dass ich hin und wieder für meinen Chef was machen werde. ICh hoffe zumindest, dass er sich meldet, hatten wir eigentlich so gesagt.
Auch bei meinem früheren Chef werde ich mich nochmal melden, falls er mal Arbeit hat.

Mit dem Gewerbe müsste ich mich mal erkundigen. Ab welcher Höhe Umsatz muss ich das anmelden, wie ist das dann mit der KV etc.

Nur momentan ist mir das zu viel.

Ich habe genau wie du das glück, über meinem Mann abgesichert zu sein. Trotzdem ist es ein gutes Gefühl auch selber etwas beisteuern zu können, das schreibst du ja auch.

LG, jolanda


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Reve
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Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von Reve »

>Mache ich hier den Eindruck, als würde ich alle guten Ratschläge nur in der Luft zerreißen wollen?

Aber nein, da meinte ich ganz andere, aber auch nur visionär gesehen.

Ist ja schon mal gut, dass du Perspektiven hast in Bezug auf die Arbeit ähnlich wie ich es meinte und vielleicht schaffst du doch noch mal den Sprung in die Selbständigkeit - nach reiflicher Überlegung. Ich musste nicht lang überlegen, natürlich ein ganz anderer Fall, ich hatte aber auch gar keine große Wahl. Und dann haben sich daraus wiederum andere Kontakte und Möglichkeiten ergegeben, alles Dinge, die Farbe, Stoff zum Träumen, aber auch gleichzeitig Unruhe in mein Leben gebracht haben. Somit wiederum Stimmungsschwankungen, aber irgendwie gewinnbringender.

Dir einen lieben Gruß
Carin
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