wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

jolanda
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Registriert: 16. Okt 2003, 10:29

wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von jolanda »

Hallo!

Eine sehr kompetente Ärztin, der ich 100% vertraue und die eigentlich immer versucht einem Mut zu machen habe ich mal gefragt, ob sie meine, dass die Depressionen immer wieder kommen würden.
sie hat mir sinngemäß folgendes geantwortet:

Manche haben eine schwere Depression im Leben und dann nie wieder, manche mehrere und plötzlich nicht mehr, andere immer wieder. Es ist schwer, eine Prognose ab zu geben, man könne da beinahe die Patienten genauso gut würfeln lassen. Aber wovon man eigentlich ausgeht ist, dass nach ca 15 schweren Episoden auch immer wieder welche kämen.

Wenn ich nun so auf mein Leben zurück schaue, dann habe ich das bestimmt erreicht. In den letzten Jahren wurden die Depressionen immer schwerer und waren auch häufiger. Mittlerweile bin ich 4-6 Monate im Jahr schwer depressiv. Momentan auch. Und ich bin extrem frustriert, weil ich nichts finde, was hilft. Ich bin dem ausgeliefert. Therapie hilft mir zwar, verhindert aber die Depressionen nicht. Medikamente ähnlich. Ich habe keine Kraft mehr zu kämpfen.
Ist das wirklich lebenswert, wenn man weiß, es kommt immer wieder? Wozu überhaupt wieder aufstehen?

Hier liest man immer wieder, Depressionen seinen heilbar. Was sagt man Leuten wie mir, bei denen es offensichtlich nicht so ist, um ihnen noch Lebensmut zu machen?

Muß ich das wirklich noch jahrelang so ertragen?

LG, jolanda

PS.: ja ich bin suizidal, aber kontrolliert genug, es nicht zu tun, ich bin in engmaschiger Behandlung und verspreche, sollte ich Angst haben, mich nicht mehr ausreichend von diesen Gedanken distanzieren zu können, mich in die Klinik zu begeben (was bisher immer geklapt hat)


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Feedom's just another word for nothing left to lose (Janis Joplin)
rm
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Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von rm »

Hallo Jolanda,

Dein Bericht erinnert mich irgendwie auch an meinen Weg und an aufkommende Hoffnungslosigkeit, da auch ich schon sehr lange mit zunehmenden Depressionen zu kämpfen habe. Jedes Jahr mit fast schon erwarteter Regelmäßigkeit stellen sich bei mir Depressionen ein...fast kann man die Uhr danach stellen..

Diesen Sommer/Herbst war es so gravierend, daß ich nahe daran war, das Handtuch zu schmeißen...

Jetzt erst scheint sich einer der Gründe bei mir zu zeigen, warum ich immer wieder in diese Phasen falle: Sehr unerwartet für mich, da auch nie von den Ärzten in Erwägung gezogen, scheint großen Anteil an den immer wiederkehrenden schweren Depressionen der Zustand meiner Wirbelsäule zu sein, die mich ständig unter latenten Schmerzstress setzt und mich nie in erholsamen Tiefschlaf kommen läßt... das hat Auswirkungen auf das Nervenkostüm...

Was ich Dir damit als Botschaft senden will: Auch wenn es Dir momentan recht schwer erscheint, an ein zukünftig erträgliches, vielleicht auch an schönen Erlebnissen noch reiches Leben zu glauben, so kommen doch unerwartete positive Wendungen, gerade dann, wenn man es nicht mehr erwartet.

Verlier nicht den Mut und glaub an das unerwartet Schöne in Deinem Leben... Das wünsch ich Dir sehr!

Herzliche Grüße,
Reinhart
dolittle909
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Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von dolittle909 »

Liebe Jolanda,

es kann sein, dass Du Dein Leben lang Depressionen ertragen musst, dass Du immer wieder Phasen hast, in denen Dein Leben kaum noch erträglich ist. So sehe ich das jedenfalls bei mir.

Aber: Dein Leben wird nicht immer so unerträglich sein! In der Klinik, in der ich endlos lange und oft völlig verzweifelt war, hieß es immer: "Jede Depression endet einmal." Das war wie Hohn in meinen Ohren, aber es gab mir auch Hoffnung. Die Profis mussten es ja wissen. Und irgendwann endete sie auch, die Phase, zumindest ging es mir so gut, dass ich die Klinik verlassen, wieder arbeiten und meinen Alltag wieder bewältigen konnte.

Und später gab auch tatsächlich wieder solch schöne Tage, an denen ich mir dachte: "Lieber Gott, danke dass ich nie in die Verlegenheit gekommen bin, das zu tun, wonach mir manchmal in dieser Depression war!"

Aber es gab bis heute auch Stunden und Tage, wo ich dachte: "Es wird nie besser, ich komme da nie raus!"

So ist das.

Ob Depressionen heilbar sind? Manchmal ja, manchmal nein. Aber sie können gelindert werden. Und sie sind überwindbar, überstehbar, überlebbar. Auch wenn Du vielleicht Dein Leben lang immer wieder damit zu kämpfen hast. Die Phasen können leichter sein, Du kannst bessere Überlebensstrategien haben, die Therapie kann dazu beitragen, Deine Lebenstraumata besser zu bewältigen. D.h. Du erreichst vielleicht nie die Abwesenheit von Depressionen in Deinem Leben. Aber zwischen Depression und Depression kann ein himmelweiter Unterschied sein. Die eine ist lebensbedrohlich, die andere ein Hindernis oder Ärgernis.

Und wenn Du Dich mit diesem Gedanken lebenslanger wiederholter Depressionen auseinandersetzt, dann merkst Du vielleicht: Du hast nichts mehr zu verlieren. Außer Deinem Leben. Aber ohne Dein Leben kannst Du nicht die Freiheit erleben, die Du Dir in Deiner Signatur erwünscht und die Du sicher irgendwann einmal wieder spüren wirst.

Alles Gute,

dolittle
Jodie42
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Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von Jodie42 »

hallo jolanda,

du hast da was angesprochen was mich im moment auch sehr beschäftigt. auch bei mir kommt die depression zurück, immer wieder, immer länger dauernd und manchmal habe ich das gefühl so ganz geht sie auch nicht mehr weg.
und dieses tief was du ansprichst, aus dem man denkt man kommt nicht mehr raus und das in solchen momenten blöden gedanken kommen, wenn wunderts!?
was mir persönlich so zu schaffen macht ist die kraft die eine solche episode kostet, diese unendliche kraft die man jeden tag braucht um überhaupt was auf die reihe zu kriegen......die einen alles abverlangt und total auslaugt....es gibt tage da mache ich eigentlich fast gar nichts und trotz allem bin ich abends so ausgepowert als ob ich den ganzen tag steine geschleppt hätte.
und vor allem keiner der dies so recht nachvollziehen kann, mich inbegriffen.
ein bißchen stress auf der arbeit oder im privaten bereich und ich bin wieder in ein loch gefallen, bin dann krankgeschrieben, was mich dann auch wieder auslaugt und stresst, weil ich dann angst habe irgendwann gar nichts mehr auf die reige zu kriegen.
medikamente und therapie, bin froh das ich beides habe, habe aber auch das gefühl, das alles nicht mehr so wirklich hilft, ständig in kliniken oder reha möchte ich auch nicht mehr, schon wegen meines hundes, ach ich kann dich so verstehen und es zermürbt einen und macht einen total kraftlos und mutlos:-(
aber du bist nicht die einzige der es so geht, vielleicht hilft das ein bißchen, mit hilft zumindest immer ein klein wenig wenn ich hier im forum lese anderen geht es auch so, und wie auch schon oft geschrieben es kommen wieder hellere zeiten....irgendwann...

ich sende dir ganz liebe grüße

Martina
maggy
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Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von maggy »

Hallo Jolanda,

meine Depressionen begleiten mich jetzt seit 3 Jahrzehnten.
Der erste Arzt dem ich mich anvertraute sagte 1980:
jetzt reißen sie sich mal zusammen, sie haben so einen netten Mann
und so ein liebes Kind.
Tja, folgsam wie ich damals war, habe ich mich noch ein
paar Monate zusammengerissen (und Tavor geschluckt), bis zum Zusammenbruch.
Erst Jahre später sagte mir ein Arzt: Sie brauchen keine Tabletten,
sie brauchen Gespräche. Mehr als 2 Jahrzehnte praktizierte ich die
unterschiedlichsten Therapien (brav wie ich immer noch war ).

Irgendwann habe ich meine Depressionen nicht mehr als ein Makel erlebt,
das es zu bekämpfen gilt, sondern als eine Fähigkeit:

Die Fähigkeit, mit tiefster Gefühlsbereitschaft auf Konflikte zu reagieren.

Seit der Zeit lebe ich ganz gut mit meinen Depressionen.

Liebe Grüße
von
Maggy
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Depression ist die Fähigkeit mit tiefster Gefühlsbereitschaft auf Konflikte zu reagieren
DYS-
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Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von DYS- »

Liebe Jolanda

Wie gut ich dich verstehe!

Mir geht es gerade ähnlich.

Gestern bekam ich eine Mail von einer früheren Ärztin von mir. Die Frau ist genial aber leider kann sie mich wegen eines Stellenwechsels nicht mehr behandeln.
Wir tauschen uns eigentlich nie über mein Befinden aus. Wenn sie dann mal nachfragte, schrieb ich ihr immer: „Am liebsten gut“.
In der gestrigen Mail fragte sie wieder mal nach. Ich habe ihr dann meine verzweifelte Lage vorsichtig mitgeteilt.

Sie antwortete mir recht schnell: „ ….stimmt, ich bin selbst schuld, wenn ich frage, wie es Ihnen geht und es mag angesichts Ihrer Antwort komisch klingen, aber ich freue mich, dass Sie eine ehrliche Antwort verfasst haben. Nichtsdestotrotz tut es mir leid, dass Sie in einer so verzweifelten Lage sind. Dass es keinen Ausweg daraus gibt, ist verständlicherweise Ihr Erleben, das ich aber einfach nicht teilen möchte. Nicht, weil es vielleicht zu meinem Job gehören könnte, sondern weil ich das insbesondere für Sie auch nicht glaube. Ich würde Ihnen von Herzen wünschen, dass Sie für sich selbst auch wieder etwas an Lebensqualität gewinnen können und nicht nur Ihr Dasein fristen. Dass das möglich ist, glaube ich ganz sicher..... „

Sie machte mir auch ein Behandlungsangebot, welches ich leider nicht annehmen kann, da es eine zu große Entfernung wäre.

Auch wenn ich ihre Zuversicht nicht teile, habe ich Vertrauen in ihrer Aussage. Ich habe sehr großes Vertrauen in dieser Dame. Es ist ein ganz kleiner Funke, an dem ich mich momentan klammer. Vielleicht wird aus diesem Funken ja wieder erst eine kleine Flamme und dann ein Feuer? Oder ist der Funke morgen wieder gelöscht? Ich weiß es nicht.

Keiner kann uns sagen wie die Zukunft aussieht.

Du vertaust deiner Ärztin 100%. Das ist doch schon mal eine sehr gute Voraussetzung. Gib ihr weiterhin die Chance dir zu helfen und Rückschläge abzumildern.

Ich finde dolittle`s Beitrag sehr gut. Vielleicht ist da was dran?

Ich wünsche dir auch einen Funken Hoffnung liebe Jolanda

dys
°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°

Gerade weil wir alle in einem Boot sitzen,

sollten wir heilfroh darüber sein,

dass nicht alle auf unserer Seite stehen.
maki

Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von maki »

Hallo Jolanda,

Ich muss mich leider der Maggy anschliessen. Als ich mich Anfang diesen Jahres hier angemeldet habe, war ich auch der Meinung meine Depressionen müssten verschwinden. Ich war nie in einer Klinik, nur Therapiegespräche bei verschiedenen Psychiatern und Psychologen, habe AD's genommen, trotzdem war es immer noch bei mir. Durch das Lesen hier, auch wenn es mir Anfangs Angst gemacht hat, habe ich für mich akzeptiert, dass die Depression mein ständiger Begleiter sein wird. Mann kann es auch Melancholie nennen, der Begriff klingt abgeschwächter.

Nach dieser Erkenntnis habe ich angefangen damit umzugehen, sehr bewusst, mit AD's (ohne geht's bei mir nicht), und man wird einfach aufmerksamer mit sich selber, verdrängt nichts mehr, lässt einfach alles zu und versucht das Beste aus jedem Tag zu machen. Das ist ein langwieriger Prozess, aber meiner Meinung nach unumgänglich!

An Tagen ist sie präsenter, an anderen weit entfernt. Also ist jeder Tag anders, das Leben auch irgendwie spannender und nicht so langweilig.

Egal welchen Namen du ihr gibst, versuch sie anzunehmen.

Viel Glück dabei

Milly
maggy
Beiträge: 1150
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von maggy »

Hallo Milly,

Du schreibst:

>Ich muss mich leider der Maggy anschliessen<.

Warum leider?

Ich führe ein tief-bewegtes, fröhliches, trauriges und mich erbauendes Leben.
Und da Leben ja Bewegung ist und nicht Stillstand nehme ich alles
so wie es kommt.
Wenn meine Gefühle mich mal wieder in tiefste Verzweiflung stürzen
wollen, hol ich erstmal tief Luft und sage mir:
Interessant!
Und schau was draus wird.
Manchmal entscheide ich sie in diesem Moment auszuleben und manchmal
ist das nicht angebracht; dann verlege ich das Ausleben meiner Gefühle z.B. auf
den Abend und ob ich das dann noch brauch entscheide ich am Abend .

Alles Liebe
von
Maggy
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Depression ist die Fähigkeit mit tiefster Gefühlsbereitschaft auf Konflikte zu reagieren
maki

Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von maki »

Hallo Maggy,

Naja, weil du mit JA geantwortet hast, und der Jolanda diese Antwort wahrscheinlich nicht gefallen wird. Gehe mal davon aus, dass sie es lieber sähe, klare NEIN's als Antwort hier zu bekommen.

Alles Liebe

Milly
desertrose

Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von desertrose »

Liebe Jolanda,

ich denke, dass man zumindest ein Leben lang eine Anfälligkeit für eine Depression behält. Ich selber habe seit 16 Jahren Depressionen. Die Anfangszeit war hart. Es gab fast zwei Jahre, wo ich gar nicht mehr herausgekommen bin, das war meine Hard-Core-Zeit mit Klinkaufenthalt und Tagesklinik. Danach habe ich mir Stück für Stück meine Lebensqualität zurückgeholt. Ich hatte jetzt zwischendurch auch immer Phasen, wo es mir wirklich jahrelang gut geht. Jetzt hatte ich wieder einen Tiefpunkt und habe diesen auch noch nicht so ganz überwunden.

Ich denke, es ist ein Auf und Ab! Die schlechten Phasen sind jedes Mal von Neuem eine Qual, aber die guten Phasen, die genieße ich um so mehr. Ich lebe bewußte, genieße mehr, freue mich dann einfach über so Kleinigkeiten wie ein schönes Gespräch mit Freunden, eine liebevolle Umarmung von meinem Freund, eine Nacht durchtanzen und am nächsten Morgen verschwitzt nach Hause kommen und noch sooooo vieles mehr. Dinge, die früher vor meinen Depressionen normal waren, sind für mich heute Besonderheiten. Und daran halte ich mich fest. Ich weiß, dass das Leben auch irgendwann wieder schöne Zeiten für mich haben wird und deswegen lasse ich Gedanken an: Ich will nicht mehr!!! gar nicht erst zu. Es scheint immer wieder eines Tages die Sonne. Auch für Dich und für jeden von uns hier.

Lieben Gruß
desertrose
maggy
Beiträge: 1150
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von maggy »

Hallo Milly,

seitdem ich JA zu meiner Depression sage geht's mir gut mit ihr .

Bin bis Sonntag weg, aber dann gerne mehr.


Liebe Grüße
von
Maggy
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Depression ist die Fähigkeit mit tiefster Gefühlsbereitschaft auf Konflikte zu reagieren
Zorra
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Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von Zorra »

Hallo Jolanda,

immer wiederkehrende Depressionen habe ich auch und die Frage nach dem heilen bleibt für mich auch offen.

Wofür lohnt es sich? In der Depression selber komme ich immer wieder an meine Grenzen und habe auch das Gefühl, dass sie immer schlimmer werden, dass ich immer länger brauche, um rauszukommen. Mag auch damit zu tun haben, dass ich älter werde, dass also sich alles nicht mehr so schnell regeneriert, wie in jüngeren Jahren.

Wenn ich dann aber wieder einen Sonnenstrahl sehen kann, eine Blume am Wegesrand, wenn Musik mich wieder berührt und wenn ich vor allem auch andere Menschen wieder gern sehe, wenn ich wieder Partnerin werde - dann geht es langsam wieder aufwärts - und für diese Momente lohnt es sich.

Dazwischen brauche ich dringend den Zuspruch von anderen (aber von Leuten die mich kennen): du hast das immer wieder geschafft. Das allgemeine "wird schon wieder" macht mich nur verzweifelter und auch mal wütend. Also wenn die Psychiaterin zu mir sagt: Frau X, Sie haben das schon geschafft, das wird wieder - dann ist das für mich ein Strohalm, an den ich mich klammere. Wenn mein Partner mich einfach nur in den Arm nimmt und sagt: "du hast doch gesagt, es wird wieder besser" dann kann ich mich eben einfach nur anlehnen.

Es wird wieder, ja, aber es ist ein Sch...weg und ich könnte auf die Depression auch verzichten, also ich gewinne ihr in diesem Sinne nichts Positives ab. Das Einzige ist wirklich, dass man in Therapien sich auseinandersetzt mit sich und dem Umfeld und viel lernen kann. Dadurch habe ich durchaus schon Gewinn in meinem Leben gehabt und es schon auch verändern können. Ich sag trotzdem mal provokativ: das könnte ich auch ohne die Krankheit Depression.

Liebe Grüße von der Maskentänzerin

die heute wieder einen Termin bei der Psychiaterin hatte (Medi bleibt hoch dosiert) und einen Termin im Januar neu bei der "alten" Psychotherapeutin ergattert hat
- also aktuell ganz positiv gestimmt ist, das Ruder wieder einmal herumreißen zu können

Nur Mut?!


Wir sind nicht die Masken, die wir tragen ... doch wenn wir sie zu lange aufhaben, werden wir dann nicht wie sie?

© Aya Yven

BD
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Registriert: 24. Feb 2007, 10:55

Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von BD »

Liebe Jolanda und alle andren,

ich kann mich eigentlich nur anschließen. Ich habe seit Jahrzehnten Depressionen und mir stellt sich auch immer wieder die Frage, muss ich "einfach" damit leben (lernen) oder kann es ganz geheilt werden.

Wenn ich in einer depressiven Phase bin (richtig gute Tage habe ich seit einiger Zeit nur wenige) kostet alles so unendlich viel Kraft. Das dauert jetzt schon so lange, dass ich ganz lange zum Regenerieren brauche und letztlich irgendwann nicht mehr arbeiten kann. So auch jetzt. Ich versuche gerade ein Maß zu finden, wo ich auch mit Depression arbeiten kann.- Ich habe halt auch Angst irgendwann mienen Job zu verlieren. Und es geht -grade im Moment- auch so, dass ich das Gefühl habe nicchts hilft wirklich. Weder Therapie noch Medikamente. Aber ich will daran glauben, dass es auch diesmal wieder besser wird.

Grüße
WAldsee
retseim5
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Registriert: 10. Dez 2009, 07:03

Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von retseim5 »

Hallo jolanda,

ich kenne das zu genüge. Ich war 1 Jahr in Kliniken und wurde danach entlassen.
Erst letzte Woche ging es mir wieder sehr sehr schlecht.
Suizidale Gedanken hatte ich auch. Weiss aber auch das ich für meine Familie da sein muss und werde.

Ich habe mir jetzt einen Tagesablaufplan mit Excel gemacht, wo ich alle Aktivitäten eintrage die ich erledigen möchte und muss.
Das fängt beim aufstehen an geht über Frühstück bis hin zum Sport.

Heute habe ich alle Punkte abgearbeitet und kann feststellen---es geht mir recht gut !!

Ich werde kämpfen und mein Ziel gesund zu werden nicht aus den Augen verlieren.

Vielleicht schaffe ich es ja auch bald mal wieder soziale kontakte zu knüpfen.


Wir schaffen das !!
atetobi
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Registriert: 12. Feb 2004, 14:02

Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von atetobi »

Liebe Jolanda,

dolittle909 und Maggy haben das, was ich Dir gern sagen möchte, bereits geschrieben.

Meine Erinnerung an die ersten Depressionen liegen dieses Jahr genau 50 Jahre zurück. Die Depressionen haben mich zuverlässig mein Leben lang begleitet, mal mehr, mal weniger. Hilfe fand ich nach langer Suche mit teilweise sehr schlimmen Erfahrungen erst 1989, Medikamente, die wenigstens ein bisschen helfen, erst vor zwei Jahren. Seit drei Jahren bin ich wegen der Depressionen in Erwerbsunfähigkeitsrente.

Letzteres rechnete ich mir lange Zeit als persönliches Versagen an. Ich schaffte es nicht, Depressionen als das zu akzeptieren, was sie sind: Eine Krankheit.

Meine Depressionen sind eindeutig chronifiziert. Wie Du habe ich lange damit gehadert anzunehmen, dass ich mein Leben lang nie davon frei sein werde.

Aber endlich, endlich wandelt sich diese Einstellung. Ich kann akzeptieren, dass ich krank bin. Genau wie andere Menschen körperliche Leiden haben und damit leben müssen, ob sie möchten oder nicht, haben wir diese psychische Krankheit, und wenn wir das als Solches sehen und akzeptieren können, haben wir auch die Möglichkeit, unser Leben darauf einzustellen und uns damit einzurichten. Wir müssen uns nicht mehr unter Druck setzen, um jeden Preis funktionieren zu müssen, und können dazu kommen, die sich wiederholenden Schübe hinzunehmen in dem Bewusstsein, dass sie auch wieder enden, mal schneller, mal langsamer.

Sicherlich geschieht das nicht von Heute auf Morgen, es ist ein langer Prozess. Aber auch mit dieser Krankheit kann man ein gutes und erfülltes Leben leben. Das wird mir täglich bewusster.

Dazu kommt dann noch das, was Maggy so eindrucksvoll sagte: Wir sind gefühlvolle, sensible und sensitive Menschen und das ist mir persönlich allemal lieber als die heute so weit verbreitete Kaltschnäuzigkeit und Gleichgültigkeit.

Insofern ist es für mich durchaus realistisch, auch positive Aspekte bei dieser schrecklichen Krankheit zu erkennen und anzuerkennen.

Ich wünsche Dir von Herzen alles Gute.

Beate
Und wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her.
jolanda
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Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von jolanda »

Hallo!

Danke für die vielen Antworten. Ich bin scheints gar nicht in der LAge da differenziert zu antworten. Aber ich habe alles aufmerksam gelesen. Ich versuch es mal:

Ich möchte weder ein Ja oder ein Nein hören. Vielleicht ist die Fragestellung ungenau. bzw. aus meiner Verzweiflung heraus gestellt.

Besser wäre wohl zu fragen, wie jene mit der Depression leben, bei denen sie lebenslang auftreten.

Ich bin wohl noch nicht in der Lage, die Depressionen zu akzeptieren. In den vergangenen sechs Jahren war ich weit über 10 mal in der Klinik, davon etliche Aufenthalte über 2 Wochen. Einmal 5 Monate, einmal 2 Monate, letztes Jahr fast 4 Monate und dazwischen eben kürzere Kriseninterventionen um die Talsohle der Depression zu überwinden.
Dieses Jahr war ich "nur" zweimal für eine Woche drin.

Die Depressionen stellen auch meine Erwerbsfähigkeit in Frage, was ich schlichtweg ablehne zu akzeptieren, obwohl ich oft mit diesen Gedanken umgehe. Ich mag aber nicht schon mit unter 40 in Rente gehen.

Jetzt bin ich erstmal ab Januar arbeitslos.Allerdings wurde ich nicht wegen der Depression gekündigt, sondern wegen mangelnder Auftragslage. Die letzen Wochen waren die Hölle. Meine Therapeutin und meine Ärztin wollten mich schon seit Wochen in die Klinik shcicken.
aber ich habe mich durchgekämpft, weil mein Chef in Aussicht stellt, mich wieder ein zu stellen, wenn es wieder besser wird. Ich frage mich aber, ob ich das wirklich durchhalten würde.

Die Ärztin, von der ich oben spreche ist nicht meine behandelnde Ärztin. Sie war Oberärztin in der Klinik auf "meiner" Station. Ich stand auch auf der Warteliste bei ihr für eine ambulante therapie (von der ich mir viel erhofft habe und für die ich bereit war 2-4 Jahre zu warten) Jetzt hat sie eine Abteilungsleitung übernommen und keine Zeit mehr für ambulante Therapie. Aber ich habe immer noch Kontakt und kann anrufen, wenn ich Rat brauche.

Momentan möchte ich in der Therapie klären, warum ich so schlecht für mich sorgen kann. Wobei ja nicht gesagt ist, dass wenn ich mit mir selber alles richtig machen würde,ich keine Depressionen mehr hätte. Aber zumindest besteht ich Chance. Dieses Thema ist unerwartet schwierig für mich. Ich saß gestern da und war so verkrampft, dass ich es heute noch spüre.Meine Therapeutin meinte, das sei klar, weil es den wundesten Punkt in mir trifft.
Jetzt merke ich, dass ich Angst habe vor der Veränderung.
Dabei habe ich schon viel erreicht.Ich gehe mit kurzen Krisen anders um,im zwischenmenschlichen bin ich viel sicherer... aber eben mit den Depression werde ich nicht fertig.

Ich habe mir schon soo viel Mühe gegeben in den diversen Therapien. Und komme mir vor wie ein Sitzenbleiber, der zu wenig getan hat und das Klassenziel nicht erreicht hat.

Da wird es schwer, sich neu zu motivieren. Und seit wir gestern mit diesem Thema angefangen habn, habe ich nur noch Fluchtgedanken und sogar Wut auf meine Therapeutin, dass sie mir das an tut (und sogar gutes über mich sagt oh Graus) obwohl ich das Thema doch selber angehen wollte.

Ich schweife ab...

Die Frage ist doch, wie lang sollte ein Leben sein, dass von depressionen geprägt ist, oder wie lange kann man das ertragen.

Was passiert eigentlich wenn man den seelischen Schmerz nicht mehr aushält? Bei körperlichen Schmerzen wird man irgendwann ohnmächtig, wie ist das bei seelischem Schmerz?

LG, jolanda


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Feedom's just another word for nothing left to lose (Janis Joplin)
Reve
Beiträge: 754
Registriert: 4. Jun 2008, 17:35

Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von Reve »

Hi,

>Was passiert eigentlich wenn man den seelischen Schmerz nicht mehr aushält? Bei körperlichen Schmerzen wird man irgendwann ohnmächtig, wie ist das bei seelischem Schmerz?

Nur so als Annahme, könnte es nicht sein, dass man mit der Zeit abstumpfter, resistenter wird ähnlich wie bei einer Desensibilisierung gegen Allergie-auslösende Stoffe.

Durch entsprechende Therapie, durch konsequentes Verhalten, indem man Situationen, Menschen, Belastungen aus dem Weg geht, von denen man weiß, dass sie wieder eine Überreaktion hervorrufen?

Ganz lassen sich die Beschwerden natürlich nicht abmildern, weil man ja nicht in einem luftleeren Raum lebt ohne jegliche Pollen, aber bis zu einem gewissen Grad???

LG Carin
bine1953
Beiträge: 7
Registriert: 24. Nov 2009, 21:32

Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von bine1953 »

..........ich leide auch schon seit fast 8 Jahren an Depressionen und Panik-und Angstattacken , mit den Jahren ist es weniger geworden , aber auch intensiver .................das Loch , wenn wieder mal eine Attacke mich heimsucht , wird immer tiefer.......ich mobilisiere all meine Kräfte , um den Alltag zu bewältigen .....meine Erschöpfung hält länger an ...
Meine Familie merkt fast nie, dass ich wieder "" Hänger "" habe..........ich versuche sie auch zu verheimlichen ........

Bine
atetobi
Beiträge: 274
Registriert: 12. Feb 2004, 14:02

Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von atetobi »

Liebe Jolanda,

>Die Frage ist doch, wie lang sollte ein Leben sein, dass von depressionen geprägt ist, oder wie lange kann man das ertragen.<

Nein, das ist absolut nicht die Frage, denn diese stellt man nie bei einer Krankheit. Wer ohne Arme oder Beine auf die Welt kommt, hadert sicher genauso mit seinem Schicksal und hat auch Phasen, in denen er nicht mehr leben möchte oder denkt, er erträgt das Leiden nicht mehr. Aber grundsätzlich stellt sich diese Frage nicht oder sollte sich nicht stellen.

>Was passiert eigentlich wenn man den seelischen Schmerz nicht mehr aushält? Bei körperlichen Schmerzen wird man irgendwann ohnmächtig, wie ist das bei seelischem Schmerz?<

Was tausendfach jedes Jahr passiert, wenn jemand den seelischen Schmerz nicht mehr aushält, wissen wir alle. Und eine gewisse Art der Ohnmacht stellt sich auch bei uns ein, wenn wir den seelischen Schmerz nicht mehr ertragen. Wir schalten ab, wir ziehen uns zurück, wir "funktionieren" nicht mehr.

Alle Menschen sind grundsätzlich in der Lage, unendlich viel Leid und Schmerz zu überstehen. Entgegen der landläufigen Meinung einer unwissenden Mehrheit gehören für mich Menschen mit Depressionen zu den besonders starken Menschen, denn diese Krankheit auch nur kurze Zeit zu überstehen erfordert so viel Kraft, dass viele, die sich als "normal" bezeichnen, sie gar nicht aufbringen könnten.

Ich schrieb bereits oben, dass ich seit 50 Jahren mit Depressionen lebe bzw. meine ersten Erinnerungen daran 50 Jahre zurückliegen. Damals war ich 7 und in der 1. Klasse, heute bin ich 57. Ich wusste damals natürlich nicht, was mit mir "los" war, nannte es Heimweh.

In den drei Jahren zwischen der Geburt meines ersten und zweiten Kindes ging es mir fast durchgehend gut - die längste "gute" Zeit in meinem Leben überhaupt.

Trotz der Depressionen habe ich viel geschafft in meinem Leben, hatte aber fast durchweg ähnliche Gedanken wie Du und fühlte mich fast ständig als Versager und "nicht genügend".

Nicht nur in meiner Jugend, sondern auch später hatte ich Zeiten, in denen ich aufgeben wollte bzw. aufgegeben habe. Heute bin ich froh, dass es nicht so endete, wie ich es mir damals wünschte.

Im Lauf der Zeit habe ich mir einen Gedanken antrainiert, der mir oft half weiterzuleben: "Das darfst Du Deinen Kindern nicht mit auf den Weg geben." Dieser Gedanke hat mich oft gerettet.

Vor wenigen Jahren griff dieser Gedanke nicht mehr und ich habe etwa ein Jahr damit verbracht, mir einen guten "Abschied" zu überlegen, um meine Familie nicht zu sehr zu verletzen, weil ich die Qualen nicht mehr aushielt. Ich sah mich zu der Zeit noch mehr als Belastung für meine Familie, auch weil ich nicht mehr arbeitsfähig war, als ohnehin fast mein ganzes Leben lang.

So sprach ich mit meinem Mann und meinen längst erwachsenen Kindern von diesem Abschied. Und Abschied meine ich wirklich so, wie ich es jetzt sage: Verabschieden und gehen. Und endlich Ruhe haben.

Heute kann ich nicht verstehen, dass ich es tat, denn ich habe damit meiner Familie sehr viel Leid zugefügt. Aber etwas Gutes ist dadurch auch entstanden: Gespräche, ernste, liebevolle und sehr hilfreiche Gespräche. Der Gedanke an Abschied verabschiedete sich durch diese Gespräche und ich war endlich in der Lage, damit zu beginnen, die Depressionen als Krankheit - wie bereits in meinem anderen Post beschrieben - zu akzeptieren. "Fertig" bin ich damit noch nicht und weiß nicht, ob ich es je werde, aber es macht es mir leichter, mit der Krankheit umzugehen, mein Leben danach auszurichten und zu akzeptieren, dass sie da ist und bleiben wird.

Ich habe jetzt lange ausgeholt, weil dieses Thema insgesamt sehr kompliziert ist. Was ich aber sagen möchte mit diesen Schilderungen:

Jeder an Depressionen Erkrankte hat heute viele Möglichkeiten, sich Hilfe zu suchen, sie vor allen Dingen auch anzunehmen und sich selbst weiter zu entwickeln.

Ein Mensch, der gebrochene Beine hat, wird sich selbst nicht zumuten, den großen Hausputz zu machen oder ins Büro zu gehen, sondern er wird sich so verhalten, wie es für ihn gut ist. Genauso wird niemand anderes von ihm das alles erwarten. Kann auch sein, dass er nie wieder in seinem Leben großen Hausputz machen kann, weil die Wunden nicht verheilen und er sein Leben lang an Krücken gehen muss.

Nichts anderes ist es, wenn man Depressionen hat. Es ist möglich, geheilt zu werden, aber wenn es nicht klappt, muss man sich so einrichten, dass man sich mit "Krücken" Linderung verschafft.

Die Krücken können Medikamente sein, aber auch Therapien. Ich weiß z. B., dass ich immer Medikamente nehmen muss, und heute bin ich dankbar dafür, dass ich nach jahrzehntelanger Suche endlich welche gefunden habe, die mir wenigstens etwas Erleichterung in meiner Qual bringen, denn sie schaffen meine Depressionen ja nicht aus der Welt.

Für genauso wichtig halte ich eine vernünftige Therapie, die dazu beitragen kann, die Grundeinstellung zu der Krankheit zu ändern. Es ist mühsam, gewiss, man möchte oft alles hinwerfen,ist mutlos, aber unterm Strich kann man mit diesen Krücken ein durchaus lebenswertes und erfülltes Leben führen.

Das Wichtigste dabei ist, dass man selbst so viel wie möglich dafür tut, nicht abblockt, versucht, sich selbst weiter zu entwickeln und sich nach den Gegebenheiten der eigenen Möglichkeiten richtet und nicht nach dem, was von einem Teil der Gesellschaft vorgegeben wird.

Alles Liebe für Dich.
Und wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her.
DYS-
Beiträge: 1838
Registriert: 19. Mär 2003, 17:28
Kontaktdaten:

Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von DYS- »

Beate

SUPER POSTING!!

Danke
°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°

Gerade weil wir alle in einem Boot sitzen,

sollten wir heilfroh darüber sein,

dass nicht alle auf unserer Seite stehen.
tom8687
Beiträge: 10
Registriert: 15. Jul 2009, 13:42

Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von tom8687 »

@Beate:

Auch ich habe seit 1995 immer wieder Depressionen. Dieses Jahr hat es mich wieder schlimm erwischt. Bis auf 2 Monate ging es mir schlecht dieses Jahr.

Es äußert sich bei mir mit Kopfdruck, Schwindel und (neu) Grübelzwang, wegen einer Frau, die mich anfang des Jahres enttäuscht hatte. Zusätzlich habe ich düstere Gedanken, Zukunftsangst usw.

Meine Neurologin hat mir geraten befristete Rente zu beantragen. Ein schlimmer Gedanke für mich, da ich erst 45 bin. Meine Psychologin hat gesagt daß mir so etwas immer wieder passieren würde (habe meinen Job durch Depressionen verloren).

Jetzt habe ich noch eine letzte Hoffnung:
Ich lasse meine Schilddrüse auf Unterfunktion untersuchen.
Wenn's das nicht ist muß ich mich so wie Du damit abfinden.

Gruß tom
atetobi
Beiträge: 274
Registriert: 12. Feb 2004, 14:02

Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von atetobi »

Lieber Tom,

ich weiß nicht, was ich Dir sagen kann, denn einen Trost gibt es wohl nicht in Deiner Situation. Ich wünsche Dir einfach, dass Du sie gut überstehst und sich alles so richtet, wie es gut für Dich ist.

Erwerbsunfähigkeitsrente wird ohnehin anfangs nur befristet gewährt. Meistens für zwei Jahre, danach kann ein Antrag auf Verlängerung gestellt werden.

Es ist ein schwerer Schritt, ja, aber andererseits bietet sich dadurch evtl. eine Zeit der Ruhe, in der man wesentlich besser mit der Krankheit umgehen kann, weil der äußere Druck nicht mehr so stark bzw. ganz weg ist.

Ob Deine Depressionen tatsächlich immer wiederkehren werden, kann sicherlich niemand wirklich voraussagen, auch eine Ärztin nicht. Andererseits scheinst Du ja heftig drinzustecken, wenn Du bereits Deinen Job dadurch verloren hast.

Versuche, die Möglichkeit der EU-Rente als Chance für Dich zu betrachten, als Chance, zur Ruhe zu kommen und vielleicht sogar mit der Krankheit Frieden zu schließen.

Ich wünsche Dir von Herzen alles Gute dafür.

Beate
Und wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her.
jolanda
Beiträge: 1147
Registriert: 16. Okt 2003, 10:29

Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von jolanda »

Hi!

Irgendwie ertrage ich nichtmal die Vorstellung davon, die Depressionen als Teil meines Lebens zu akzeptieren. Ich bewundere jene, die das können.
Es ist so unerträglich. Außerdem sind die Depressionen nicht Teil meines Lebens, sondern sie rauben mir einen teil davon. Depressive Zeiten sind nicht gelebte Zeiten.Man lebt nur noch vegetativ, innerlich ist man tot. Da erscheint es einem manchmal als logische Konsequenz, das Leben zu beenden.

Ja, es ist richtig, dass andere Menschen mit anderen Behinderungen auch hadern und trotzdem damit leben. Auf der anderen Seite gibt es viele schwer (unheilbar?) Kranke denen man es in gewisser Weise zugesteht, oder doch nachvollziehen kann, dass sie ihr Leben beenden wollen.
Wie ist das dann, wenn man unheilbar an Depressionen erkrankt ist...?

Hm, ich glaube ich sollte das hier unterbrechen, das wird grenzwertig. Obwohl das ein Thema ist, das mich sehr beschäftigt und das ich sehr gerne diskutieren wurde.

Vielleicht bin ich auch genervt, weil hier so oft davon geschrieben wird, Depressionen seien heilbar. Das sind sie wohl auch, aber nicht bei allen. Und da fühle ich mich dann, als hätte ich etwas falsch gemacht, weil es bei mir nicht heilbar zu sein scheint.
Der ewige Verweis: hohlen Sie sich Hilfe, Depressionen sind heilbar, Medikamente können helfen und und und fühlt sich dann für mich so an, als würde mein Leid nicht an erkannt.
Gilt es denn nicht auch zu sagen, dass Depressionen eben nicht immer heilbar sind? Weil man dann nämlich sonst unter Umständen falsche Hoffnungen macht. Ich bin jahrelang dieser Hoffnung hinter her gerannt. Dachte, ich gehe in Behandlung und irgendwann geht es mir (wieder) gut. Nun, ich bin schwer enttäuscht worden. Nicht weil meine Behandlung schlecht wäre, sondern weil es kaum fruchtet.

Schade dass mit der Behandlung meiner Schilddrüsenunterfunktion die Depressionen nicht weg gingen. Wäre ja wohl auch zu einfach gewesen.

LG, jolanda


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Feedom's just another word for nothing left to lose (Janis Joplin)
tom8687
Beiträge: 10
Registriert: 15. Jul 2009, 13:42

Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von tom8687 »

@jolanda:

Ich kann Deine Verbitterung voll nachvollziehen. Auch bei mir sieht es so aus, daß sich meine Depression chronifiziert hat. Wenn ich zu einem neuen Arzt gehe, habe ich immer die Beipackzettel dabei von Medikamenten, die ich schon erfolglos probiert habe und das sind einige. Die Glückspille gibt es wohl nicht, wenn es unheilbar ist. Demnächst versuche ich es noch mit dem neuen Valdoxan, aber ich ahne schon was dabei herauskommt: Nichts außer Nebenwirkungen.

Ich will in meinem Posting hier niemandem die Hoffnung nehmen, daß Medis nicht wirken können, leider ist es bei mir aber so...

Nochwas: Von der SD-Untersuchung verspreche ich mir ehrlicherweise auch nichts. Es wird wohl nichts dabei herauskommen.

Welches Thema möchtest Du unterbrechen? Geht es um s-gedanken? PS: Selbst bei tiefer Depression kann man noch einiges machen, spazieren etc. also Kopf hoch.

@Beate:
Ich lese Deine Postings seit ein paar Tagen und kann alles was Du sagst sehr gut nachvollziehen.

Rente und Abstand: Ich habe lange studiert und wenig gearbeitet. Von dieser Rente kann ich leider nicht leben x-/
Bin Diplom Informatiker ohne jegliche Perspektive.

Gruß Thomas
maggy
Beiträge: 1150
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: wirklich immer wieder lebenslang Depressionen?

Beitrag von maggy »

Liebe Jolanda,

Du schreibst:

>Irgendwie ertrage ich nichtmal die Vorstellung davon, die Depressionen als Teil meines Lebens zu akzeptieren.<

Das kenne ich gut. Konnte ich mir über Jahrzehnte nicht vorstellen,
allein die Vorstellung davon ließ mich in die nächste Depression fallen.

Erst als ich das wie ein Alkoholiker oder Suchtraucher sehen konnte:
immer nur für diesen Moment und jeder "Rückfall" ist o.k., ging es bergauf.

Erst als ich die Depression als "Meine Depression" angenommen hatte,
konnte ich sie loslassen;
denn ich kann nur etwas loslassen, das mir mal gehört hat, oder ein Teil
von mir war.

Wenn ich mich jetzt (und dazu noch vor Weihnachten) in den Gedanken
reinsteigern würde (und es ist wirklich nur ein Gedanke), dass ich meine Depressionen nie loswerde, dann wären
sie sofort wieder da.
Wenn sie sich einstellen und ich bemerke das rechtzeitig, begrüße ich sie
wie alte Bekannte.
Bekannte, die zufällig mal vorbeikommen müssen damit leben, dass ich
gerade in dem Moment keine Zeit für sie habe .
Für Freunde, die zufällig vorbeikommen, lasse ich hingegen auch gerne
mal alles fallen und widme mich ihnen .

Du schreibst weiter:

>Da erscheint es einem manchmal als logische Konsequenz, das Leben zu beenden.<

Das Leben zu beenden hat so etwas endgültiges.
Ich glaube wir wollen nicht unser Leben beenden, sondern wir wollen uns das Leben nehmen,
und es eintauschen für das Leben, mit dem wir nicht mehr klarkommen.

Seitdem mir das bewußt geworden ist, nehme ich mir mein Leben - täglich neu;
denn wer außer mir sollte das für mich tun?

Alles Liebe
von
Maggy
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Depression ist die Fähigkeit mit tiefster Gefühlsbereitschaft auf Konflikte zu reagieren
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