Erlebnisse, die Mut machen

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ghana
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Erlebnisse, die Mut machen

Beitrag von ghana »

Hallo,

das Schlimmste und Quälendste an Depressionen ist für mich das Gefühl der Hoffnungslosigkeit und die Angst, dass es einem nie wieder besser / gut gehen wird.
Ich denke, dass es vielen von euch ähnlich geht.

Deshalb möchte ich hiermit einen thread aufmachen, in dem wir Erlebnisse sammeln können, die Mut machen. Die Mut machen, weil sie zeigen, dass man doch wieder aus der Depression auftauchen kann und - wie in meiner Geschichte (s. nächstes posting) - richtig Wertvolles und Freudiges erleben kann.

LG,
ghana
"Am dunkelsten ist es immer vor der Dämmerung." (Eoin Colfer)
Harry_Haller
Beiträge: 143
Registriert: 13. Nov 2009, 14:09

Re: Erlebnisse, die Mut machen

Beitrag von Harry_Haller »

Hallo ghana,

eine gute Idee - und gerade passend, seit ein paar Stunden hat die schwarze Lady nämlich wieder bei mir Quartier bezogen und es geht mir ziemlich dreckig. Gut, rein rational weiss ich, dass das vorbei geht - nur nützt mir das zurzeit gar nichts!

Liebe Grüße vom den Mond anheulenden
Steppenwolf
ghana
Beiträge: 686
Registriert: 6. Feb 2006, 20:22

Re: Erlebnisse, die Mut machen

Beitrag von ghana »

Vor sechs, vier und zwei Jahren hatte ich bereits mittelschwere depressive Episoden.
Ein besonders quälender Gedanke in allen Episoden war, dass ich für den von mir gewählten Beruf - Lehrerin - ungeeignet sei und dass diese fehlende Eignung zur Berufsunfähigkeit und schließlich zur allgemeinen Erwerbsunfähigkeit und Lebensunfähigkeit führen würde.

(So eine Gedankenspirale dürfte vielen hier nicht ganz unbekannt sein ... ).

Im Mai diesen Jahres fing ich wieder stark an meiner Eignung zu zweifeln. Ich fühlte mich von allem überfordert. In den Sommerferien konnte ich mich zwar wieder etwas fangen, gegen Ende der Ferien wuchs aber meine Angst vor der Arbeit und vor meiner "Unfähigkeit".

Um es abzukürzen: Vor ca. vier Wochen ging gar nichts mehr. Nach einem Zusammenbruch wurde ich für zweieinhalb Wochen krank geschrieben, Diagnose diesmal: schwere depressive Episode.

Ich werde nun wieder mit Paroxetin behandelt, das mir schon aus den früheren depressiven Episoden heraus geholfen hat. Obwohl ich diesmal felsenfest davon überzeugt war, dass es diesmal nicht (ausreichend) helfen würde und ich auf keinen Fall weiter als Lehrerin arbeiten könnte und wollte, begannn das Medikament nach einer Woche zu wirken.
Ich konnte meine Krankschreibung akzeptieren und die Entlastung tat mir so gut, dass ich wieder positive Gefühle wahrnehmen konnte.

Als dann aber das Ende der Krankschreibung nahte, fiel ich wieder zurück. Ich hatte Panik davor, wieder mit der Arbeit zu beginnen.
Genauso entsetzlich war für mich der Gedanke, die Krankschreibung zu verlängern, da es mir ja zwischendurch wieder besser gegangen war ... ich fürchtete, schlicht faul zu sein und mir deshalb einzureden, es ginge mir zu schlecht zum Arbeiten ...

Mit einem großen Klumpen Angst im Bauch trat ich also am Montag meine Arbeit wieder an.
Aber was ich in den letzten vier Tagen dort erlebt habe, ist einfach WUNDERSCHÖN:

Die Schüler haben mich vermisst ("Endlich bist du wieder da." / "Ohne dich war alles komisch.").

Meine Klasse benimmt sich so gut wie noch nie, selbst das Kind, mit dem ich vor der Krankschreibung die größten Probleme hatte.
Sie arbeiten recht fleißig und machen Fortschritte. Im Schwimmunterricht hatten mein Kollege und ich z. B. mit den Kindern in den letzten Wochen ohne Erfolg etwas immer und immer wieder geübt. Jetzt am Mittwoch war es so, als hätte man einen Schalter umgelegt. Plötzlich konnten ALLE Schüler die Übung ausführen!

Ich kann diese positiven Veränderungen wahrnehmen und mich darüber freuen. Vorgestern nach der letzten Stunde sagte ich spontan zu einem Schüler: "Es war schön heute mit euch." Worauf er antwortete: "Mit dir auch!"

Und heute durfte ich gleich zwei WOW-Situationen erleben:
Ein Schüler meiner Klasse hat mir eine Tafel Schokolade geschenkt ("Weil du so lieb bist zu uns und für uns ja auch einen Adventskalender gemacht hast.").
Und ein Schüler der Parallelklasse, in der ich Englisch unterrichte, hat sich bei mir für die Englischstunde BEDANKT! Als ich völlig verblüfft fragte, wieso er sich dafür bedankt, meinte er "Weil du eine tolle Lehrerin bist!"

Ich kann es kaum fassen. Es ist, als hätte irgendjemand den Kindern gesagt: Frau XY war jetzt so lange nicht da, weil sie eine Krankheit hat, die macht, dass sie glaubt, eine schelchte Lehrerin zu sein. Deshalb ist sie sehr traurig. Bitte zeigt ihr doch, dass ihr sie gerne als Lehrerin habt und in ihrem Unterricht etwas lernt."

---

Natürlich ist noch nicht alles wieder "in Butter". Nach wie vor schlafe ich schlecht, max. 5 Stunden pro Nacht, wodurch ich nachmittags sehr müde bin und Probleme habe, mein Arbeitspensum zu erledigen.
Vor beruflichen Herausforderungen und den großen Veränderungen, die auf mich zukommen, habe ich nach wie vor Angst.
Längerfristig gesehen muss ich dringend an mir arbeiten, damit ich in Zukunft nicht wieder alle zwei Jahre abstürze.

ABER:
Es ist einfach wunderbar zu erleben, wie gut und (schnell!) ich aus diesm tiefen Loch wieder herausgefunden habe!

Ich hoffe, ich kannn einigen von euch mit meiner Geschichte Mut machen,

ghana
"Am dunkelsten ist es immer vor der Dämmerung." (Eoin Colfer)
himmelskörper
Beiträge: 778
Registriert: 10. Jul 2009, 14:13

Re: Erlebnisse, die Mut machen

Beitrag von himmelskörper »

Hallo ghana,

das hört sich echt toll an, ich freue mich riesig für dich.
Ich wünsche dir noch mehr, von diesen wertvollen Tagen, es tut so gut, wenn andere uns liebenswert behandeln.

liebe grüße sedna


Bubu
Beiträge: 9
Registriert: 25. Nov 2009, 17:27

Re: Erlebnisse, die Mut machen

Beitrag von Bubu »

Super ghana, dass du das geschafft hast und deine Glücksmomente hast.
Deine Versagensängste kann ich verstehen, die habe ich selber. Vieles was du an Ängsten fühlst; befällt mich auch.
Du schaffst das, ich wünsche dir alles Gute.
petra3741
Beiträge: 2172
Registriert: 17. Jun 2009, 20:05

Re: Erlebnisse, die Mut machen

Beitrag von petra3741 »

Hallo,

heute bin ich sehr träge und gar nicht gut drauf.

Aber ich möchte mich an gestern erinnern, da bin ich mit Elan und Freude zu Auto gelaufen,
weil ich es eilig hatte. Ich dachte noch, dass hast du schon lange nicht mehr gemacht, schwungvoll zum Auto gerannt.
Als mittags mein zweiter Sohn kam, der ist nicht immer bei mir, habe ich mit ihm richtig Unsinn gemacht und rum gealbert.
Habe ich auch schon ewig nicht mehr gemacht.
Das macht Mut.

LG Gina
Thomas-Michael
Beiträge: 47
Registriert: 8. Okt 2009, 20:41

Re: Erlebnisse, die Mut machen

Beitrag von Thomas-Michael »

Hallo Zusammen,

ich habe die Beiträge hier mit großem Interesse gelesen.

Sie haben mich schon sehr bewegt.

Was mir eben dazu auffällt (auch in meinem Sein)...es sind oftmals die kleinen, unscheinbaren Dinge die passieren - und die uns dann ganz unvermittelt gut tun und kraft geben.

Dinge, die ich z.B. im Laufe der Zeit gar nicht mehr wahrgenommen habe, weil meine ganze Ausrichtung nur noch dem Funktionieren galt.

Diese kleinen Dinge, die mir auch seit einiger Zeit wieder neu bewußt werden, sind wie ein Segen.

Ob es eine sehr liebe eMail ist, die ich bekomme. Oder spontan zu einem Kaffee eingelasen werde, und "ja" sagen kann. Oder ob ich bei meinen Spaziergängen Tiere beobachte...Menschen begegne - nur für einen kurzen Moment ein nettes Wort wechslen....oder ein Lächeln austauschen...das ist einfach schön.

Danke für diese Anregung hier im Forum.

Liebe Grüße an alle

Thomas-Michael
Bubu
Beiträge: 9
Registriert: 25. Nov 2009, 17:27

Re: Erlebnisse, die Mut machen

Beitrag von Bubu »

Gerade heute habe ich mir was gegönnt. Ich habe mir eine Engelsfigur mit der Aufschrift "Hoffnung" gekauft und irgendwie gibt sie mir Kraft. Dazu fällt mir folgendes Zitat ein:

"Die Schutzengel unseres Lebens fliegen manchmal so hoch, dass wir sie nicht mehr sehen können, doch sie verlieren uns niemals aus den Augen."
Jean Paul Richter, 1756-1825
ghana
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Re: Erlebnisse, die Mut machen

Beitrag von ghana »

Und auch heute hatte ich ein schönes Erlebnis.

Zur Vorgeschichte:
Als Kind und Jugendliche war ich sehr schüchtern. Dadurch hatte ich nur wenige Freunde und einen kleinen Bekanntenkreis (bzw. war ich mir nur bei wenigen Leuten sicher, dass sie mich gerne mochten).

In den letzten Jahren musste ich berufsbedingt häufig umziehen, so dass ich meine "alten Freunde" nur noch selten sehen konnte und oft schon an einem neuen Wohnort wusste, dass ich dort nur einige wenige Jahre wohnen bleiben würde.
Ich habe zwar jedesmal Versuche unternommen, neue Leute kennen zu lernen, fühl(t?)e mich aber doch immer ziemlich "mangelhaft", was das Knüpfen von neuen Freund- und Bekanntschaften betraf.

Durch ein Hobby von meinem Mann und mir habe ich aber in einem Internetforum in meiner jetzigen Umgebung immerhin drei Menschen kennen gelernt, die wir nun ca. alle 2 Monate im Rahmen eines Stammtischs treffen. Zwischen diesen Treffen kommunizieren wir gelegentlich im Forum. Beim letzten Stammtisch habe ich meinen Mut zusammengenommen und vorgeschlagen, dass der nächste Stammtisch nicht wie üblich in einem Restaurant stattfindet, sondern bei meinem Mann und mir zu Hause.

Heute waren diese Leute also da, was an sich schon sehr schön wr.
Was aber das richtig tolle Erlebnis für mich war, ist, dass eine davon auf ihrem Handy angerufen wurde und zum Anrufer sagte, sie sei im Moment bei "Freunden".

Ich hätte mich nicht getraut, mich als ihre "Freundin" zu bezeichnen, aber finde es schön, dass sie uns offenbar als solche ansieht.

Vielleicht habe ich einfach zu hohe Erwartungen daran, was ich "leisten" muss und wie eng eine Beziehung sein muss, damit ich für jemanden als Freundin gelten kann.
Das ist für mich ein neuer, wichtiger und auch ein bisschen ermutigender Gedanke.

LG,
ghana
"Am dunkelsten ist es immer vor der Dämmerung." (Eoin Colfer)
petra3741
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Re: Erlebnisse, die Mut machen

Beitrag von petra3741 »

hallo,

heute beginnt der welt weite Umweltgipfel in kopenhagen und die Delegierten sind so offen wie noch nie...
Ich will auch noch überlegen was ich beitragen kann.
Ich finde das macht Mut.

LGGina
danni64
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Re: Erlebnisse, die Mut machen

Beitrag von danni64 »

Hallo,

ich kenne das auch mit dem "nicht zutrauen".Ich glaube,ich traue mir inzwischen auch nichts mehr zu und falle dadurch oft tief.Oft sehe ich Termine vor mir und dann habe ich grosse Angst,dass ich das alles nicht mehr schaffe.Inzwischen merke ich aber immer mehr,dass ich es sehr wohl schaffe,wenn ich es mir gut einteile.

Ich habe zwei kleine Kinder und gönne es mir trotzdem,mich nach dem Mittag aufs Sofa zu legen und mir Ruhe zu gönnen.
Oft sieht alles so aussichtslos aus und wenn man richtig schaut,dann ist es aber garnicht so.
Ich habe in letzter Zeit mehr geschafft,als ich dachte.Ich fahre am Mittwoch mit meiner Kleinen und ihrer Kindergartengruppe ins Theater.Da es eine längere Fahrt ist,werde ich und meine Kleine von einer Mama mitgenommen und das auch nur,weil ich offen war.

Die Erzieherin weiss,was mit mir los ist und hat sich richtig gefreut,dass ich mitkomme.Ich sah es an ihren Augen,dass sie sich ehrlich freute.

Ich glaube,uns verstehen oft mehr Menschen aus unserer Umgebung,als wir wahrhaben wollen und das macht mir Mut,offen mit meiner Erkrankung umzugehen.

Schönen und ruhigen Abend wünscht Danni !!


Nimm dir jeden Tag eine Stunde,in der du nur für einen Menschen da bist: FÜR DICH !!
niederländer

Re: Erlebnisse, die Mut machen

Beitrag von niederländer »

Hallo zusammen,

Ich habe heute ein Lichttherapie-Gerät bestellt ins Internet.
Ich freue mich wenn es demnächst mit der Post kommt !

Gruß,

Dutchy
danni64
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Re: Erlebnisse, die Mut machen

Beitrag von danni64 »

Hallo,

möchte noch einen Beitrag dazu leisten.
Ich war heute mit meinen beiden Zwergen beim Zahnarzt und ich sage euch,Zahnärzte und ich,das geht eigentlich garnicht .

Meine Kleine,wird bald 6,hatte richtig doll Angst.Ich habe mich daneben gestellt und ihr die ganze Zeit die Hand gehalten.Ausserdem habe ich dabei gleich zu geschaut,wie die Zahnärztin an ihren kleinen Zähnchen Füllungen machte.

Irgendwie bin ich richtig stolz auf mich,wenn ich im nachhinein so nachdenke,was ich da gemacht habe.

Aber wenn es um meine Kinder geht,dann kann ich immer fast alles,weil ich sie nicht alleine lassen möchte.Sie sollen später mal sagen,dass sie eine schöne Kindheit hatten.

Das macht mir Mut,dass ich auch noch mehr schaffe,wenn ich so eine,für mich,schwere Aufgabe gut bewältigen kann !!

LG Danni !!


Nimm dir jeden Tag eine Stunde,in der du nur für einen Menschen da bist: FÜR DICH !!
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