Angehörige

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Nadalien
Beiträge: 112
Registriert: 7. Okt 2008, 17:33

Angehörige

Beitrag von Nadalien »

Ich stecke in einer tiefen Depression.
Berechtigterweise habe ich starke Existenzängste.
Meine Therapeutin sagt, ich soll in die Klinik.

Angehörige:
Ich habe einen Freund, der wegen mir mit den Nerven am Ende ist.
Ich bekomme meinen Alltag nicht geregelt.
Von mir kann er sich logischerweise nicht trösten lassen. Ich gehe davon aus, dass das für mich jemand anders tut. Ich kann ihn nunmehr entlasten, indem ich mich von ihm trenne - auch wenn ich ihn liebe.

Habt ihr auch Erfahrungen gemacht, dass eure Krankheit eure Familie, Angehörige, Freunde, Liebsten, etc. kaputt macht, so dass die einzige Lösung im Abschied von diesen Personen liegt, um sie zu schützen?
Babi
Beiträge: 1972
Registriert: 23. Jul 2009, 17:07

Re: Angehörige

Beitrag von Babi »

HI Nadalien,
ich habe eine Freundin, deren Lebengefährte sich von ihr getrennt hat, weil er nicht mehr mit ihren Depressionen klar gekommen ist. Sie waren sich allerdings beide einig, daß es möglicherweise eine Trennung auf Zeit ist, damit jeder mal zu sich kommt und wieder Kraft für sich sammeln kann.
Vielleicht geht das bei dir ja auch.
Gruß Babi
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
Nadalien
Beiträge: 112
Registriert: 7. Okt 2008, 17:33

Re: Angehörige

Beitrag von Nadalien »

Hallo!
Unser Problem war, dass mein Freund seit zwei Jahren gemerkt hat, dass ich mein Leben nicht auf die Reihe kriege. Wahrscheinlich hat er sich anfangs gedacht: typisch Studentin. es kam jetzt im Spätsommer zum Eklat, als ich ihm eine Eifersuchtsszene machte und immer wieder darauf rumhackte, weil ich nur von ihm hören wollte, dass ich sein ein und alles bin. Daraufhin hat er Klartext mit mir geredet und gesagt, er weiß nicht, wie lange unsere Beziehung noch halten soll. Das ist natürlich ein Todesurteil. Nun bin ich seine Kranke, er ist liebevoll, sagt aber gleichzeitig, wir werden dich aufpäppeln und im selben Atemzug sagt er über sich: ich muss jetzt mehr an mich denken, im neuen Jahr wird alles anders. Ich stehe vor den Trümmern meines Lebens und weiß nicht wohin. Er ist erfolgreich im Beruf und will sich neu orientieren. Das kann nicht gut gehen. Ich zähle jede gemeinsame Sekunde die noch bleibt. Genaugenommen ersticke ich ihn mit meiner Anhänglichkeit, weil ich keinen eigenen Auftrag mehr im Leben habe: es droht Arbeitslosigkeit aus Unvermögen bei mir.
LaM
Beiträge: 2
Registriert: 29. Okt 2009, 11:46

Re: Angehörige

Beitrag von LaM »

Hallo, bin heute das erste Mal hier.
Habe auch ganz große Probleme mit meinem Lebensgefährten wegen meiner Krankheit. Er kann damit überhaupt nicht umgehen. Kann sich nicht vorstellen, dass es sowas überhaupt gibt. Er versucht dann, mich irgendwie aufzumuntern. Will mit mir schön essen gehen oder zu Freunden. Er versteht nicht, dass das in diesem Moment überhaupt nicht möglich ist und genau das falsche. Habe ich schon gedacht, ich überfordere ihn damit aber irgendwie kriegen wir das immer wieder hin. Weiß aber nicht, wie lange das noch geht......Es ist schwer, wenn die liebsten Menschen kein Verständnis haben. Ich glaube, das macht alles noch viel schlimmer...
Nadalien schrieb:
> Ich stecke in einer tiefen Depression.
> Berechtigterweise habe ich starke Existenzängste.
> Meine Therapeutin sagt, ich soll in die Klinik.
>
> Angehörige:
> Ich habe einen Freund, der wegen mir mit den Nerven am Ende ist.
> Ich bekomme meinen Alltag nicht geregelt.
> Von mir kann er sich logischerweise nicht trösten lassen. Ich gehe davon aus, dass das für mich jemand anders tut. Ich kann ihn nunmehr entlasten, indem ich mich von ihm trenne - auch wenn ich ihn liebe.
>
> Habt ihr auch Erfahrungen gemacht, dass eure Krankheit eure Familie, Angehörige, Freunde, Liebsten, etc. kaputt macht, so dass die einzige Lösung im Abschied von diesen Personen liegt, um sie zu schützen?
Pocahontas

Re: Angehörige

Beitrag von Pocahontas »

Ich habe mal in einem Buch gelesen, dass kein Mensch dafür wirklich Verständnis aufbringen kann, wei es uns geht, wenn er nicht selbst mal eine "ordentliche Major" erlebt hat...Auch kein Therapeut. Vermutlich stimmt das. Vielleicht ist das ein Teil, den wir akzenptieren müssen. Vielleicht auch nicht.
Mein Mann gibt sich alle Mühe und mir alle Liebe, die ihm möglich ist. Er zehrt an sienen Kräften. Das sehe ich wohl. deswegen versuche ich es ihm nicht übel zu nehmen, wenn er manchmal nciht so da sein kann, wie ich es mir wünschen würde. Er geht arbeiten - erfolgreich. Ich bin zu hause: krank. Das ist kein besodenrs erfreulicher Zustand.
Wir Depris lernen doch alle, wir sollen mehr an uns selbst denken. Das heißt auch, wir müssen lernen, uns um uns selbst zu kümmern. Unsere Partner, Angehörige, Freunde können mal zuhören, mal trösten, mal Kraft spenden. Aber sie sind wohl nicht der einzige Motor unserer Welt, der uns noch am laufen halten kann. Wir sind damit ein Stück weit allein gelassen. Und das tut weh (mir jedenfalls). Aber es ermöglichst auch ein Stück mehr Selbständigkeit. Udn wenn dann etwas funktioniert...haben wir ein Erfolgserlebnis...und das kann das Selbstwertgefühl stärken...und uns damit helfen.
Uns hat geholfen (und wir haben auch manchesmal gedacht: wie lange kann das ncoh halten?), dass jeder weiß, der andere tut sein bestest zu der Situation. Und wenn einer sagt: stop, halt, ich kann nicht mehr, dann ist das auch so. Es sind eben alle nur Menschen. Die Kranken wie auch die Gesunden.
Ich weiß, es ist schwer, aber wichtig, miteinander Geduld zu haben und die schlimmsten Dinge nachsehen zu können, weil einfach vieles nicht so gemeint ist, wie es ankommt.

Wer sieht das ncoh so? Oder anders? oder...???
LaM
Beiträge: 2
Registriert: 29. Okt 2009, 11:46

Re: Angehörige

Beitrag von LaM »

Hallo Pocahontas, stimme dir in vielen Dingen zu. Wir tun eigentlich alles mögliche. Aber ich finde, dabei sind wir auch immer sehr vorsichtig. Ich meine, man überlegt ganz genau, was man sagen kann und was nicht. Das macht jedenfalls mein Lebensgefährte. Er sagt dann auch oft, dass ich so empfindlich bin und er lieber still ist. Das tut mir einfach weh. Bei mir ist es auch so, dass ich mich oft sehr alleine fühle. Weil er nicht weiß, wie er mit mir umgehen soll, lässt er mich dann lieber allein. Und ich ziehe mich dann zurück und weine mich in den Schlaf. Obwohl ich mir nichts mehr wünsche, dass er mich in den Arm nimmt. Habe das Gefühl, dass es ihm einfach zu viel ist mein ständiges Rumgeheule.....Das macht mich dann noch trauriger und unsicherer. Das ist wie ein Teufelskreis. Habt ihr einen Tipp?

Liebe Grüße
Sternchen24
Beiträge: 46
Registriert: 11. Nov 2009, 20:41

Re: Angehörige

Beitrag von Sternchen24 »

Hm...
Ich glaube, dass die Depressionen, die ich habe, erblich bedingt sind. Umso mehr schockt es mich persönlich immer wieder, dass ich von meiner Familie so wenig Verständnis entgegengebracht bekomme.

Meine Großmutter ist auch depressiv, zumindest war sie es einmal, kurz nach dem Tod meiner Mutter. Für sie stellte dieser Verlust mehr dar, als der Tod einer Schwiegertochter; meine Mutter war für sie wie eine Tochter, die sie sich immer gewünscht hat.
Mein Vater kann mit meinen Depressionen gar nicht umgehen. Er hat für "so etwas" , wie er es immer wieder nennt, kein Verständnis. Auch, wenn wie jetzt z.B. im TV über die Krankheit geredet und diskutiert wird, schaltet er um oder gibt "dumme" Kommentare ab. Ich weiß nicht, ob das alles nur ein Selbstschutzmechanismus ist.
Meine ganze Familie hat, zumindest in meinen Augen, kaum Verständnis für Menschen mit Depressionen, auch nicht, nachdem bekannt geworden ist, dass meine Oma und ich nicht die einzigen Fälle sind. Dementsprechend fühle ich mich oft allein gelassen. Auf der anderen Seite denke ich, dass der Umgang mit einem depressiven Menschen wahrscheinlich auch nicht unbedingt einfach ist.
Dennoch ist eine Trennung von seinem Partner, auch wenn es zum Schutze des Anderen ist, in meinen Augen die letzte Lösung. Vielleicht hilft reden.
Ja, okay, das lässt sich immer einfacher sagen/ schreiben, als letztlich umsetzen. Aber ein guter Anfang ist bei vielen ja schon gegeben: der Partner weiß von der Erkrankung!
Dementsprechend sollte man sich gegenseitig vielleicht "Freiräume" einrichten, eine Zeit zum Reden, in der der Eine dem Anderen berichten kann, was gerade stört, warum es einem eventuell schlecht geht, was einen gedanklich beschäftigt. So kann besser mit der Krankheit umgegangen werden. Natürlich ist das nicht DIE Lösung.
Mir hat es z.B. auch nichts gebracht, mein Partner hat sich vor 2 Monaten von mir getrennt und ich glaube, dass ein Grund seiner Trennung meine Unberechenbarkeit in meinen Launen war, die, soweit ich mich selbst einschätze, auch von meiner Krankheit herrühren.
Aber ich war nie so genau in der Lage, über meine Gefühle zu reden. Und wenn, dann nur so, dass ich mich auf extremste Art und Weise sozusagen "ausgekotzt" habe... Was natürlich auch blöd war.
Ich kann nur empfehlen, ehrlich zu sein. Zu seinem Partner, seinen Angehörigen, Freunden, etc. Vor allem aber zu sich selbst. Aber ich weiß auch, dass genau das eine der schwierigsten Angelegenheiten im Zusammenhang mit einer Depression ist...
Hagebutte
Beiträge: 198
Registriert: 11. Jun 2009, 15:44

Re: Angehörige

Beitrag von Hagebutte »

Hallo,

mein Mann gruselt sich, so sieht es jedenfalls aus, wenn ich von meiner Depri anfange. Dabei bin ich schon super vorsichtig und "tue ganz vernünftig". Mir geht es nur darum, dass er über meine Arztbesuche und meinem AD Bescheid weiß. Ich will da nichts verheimlichen.

Es macht mich auch traurig...und wütend, weil ich mich allein gelassen fühle. Aber ich denke auch, ich würde da zu viel erwarten, weil sein Naturell so gar nichts damit anfangen kann. Da kann ich erklären und erklären

Letztendlich erhoffe ich mir wohl jedesmal Hilfe von ihm, die er mir garantiert nicht geben kann - selbst, wenn er wollte. Aber er hat irgendwann angefangen, sehr viel Rücksicht zu nehmen. Ist doch auch was, oder?

LG
Hagebutte
Stone
Beiträge: 10
Registriert: 22. Jan 2009, 18:18

Re: Angehörige

Beitrag von Stone »

Hallo Nadalien

„Unser Problem war, dass mein Freund seit zwei Jahren gemerkt hat …..“

aber er ist trotzdem noch da !!!!!!!

„…es kam jetzt im Spätsommer zum Eklat ….“

aber er ist trotzdem noch da !!!!!!!

Überschätzt Angehörige bitte nicht – unterschätzt sie aber auch bitte nicht !!!
Es ist richtig, das wir unsere Probleme mit dem „Verstehen“ und dem „richtigen Handeln“ haben. Aber das sind unsere Probleme. Ihr könnt uns bei ihnen helfen, aber ihr könnt sie aber nicht für uns lösen.

Versuche einfach mit Dir klar zu kommen – und zeige ihm damit das Du es willst.
Er erwartet keine großen schnellen Erfolge – sonst wäre er schon weg.

Zwei jahre sind eine lange Zeit – und er ist trotzdem noch da.
Du mußt nicht um ihn kämpfen, sondern um Dich.
Am Schlimmsten war für mich die Erfahrung hören zu müssen
„.. ich danke Dir für Deine Bemühungen… aber es geht nicht“, weil ich in diesem Moment wußte, das da jemand aufgegeben hat.
Wie schon gesagt – macht euch bitte nicht zu viele Gedanken um uns - wir sind nicht der Schlüssel - und unsere Aufgabe ist es, wie auch die Eure, uns um uns selbst zu kümmern. Nichts anderes erwarten wir auch von Euch


Gruß
Stone

P.S.: Das ist nur meine „persönliche“ Meinung und absolut nicht allgemeingültig.
Babi
Beiträge: 1972
Registriert: 23. Jul 2009, 17:07

Re: Angehörige

Beitrag von Babi »

HI Nadalien,
die Situation kenn ich von meiner Freundin sehr genau. Der Lebensgefährte hat ihr dasselbe vorgeworfen und hat auch gesagt, er braucht jetzt Zeit für sich, er hat keine Kraft mehr.
Allerdings ist das bei den beiden so schlimm geworden, seit meine Freundin den Job verloren hat und es schwierig für sie ist, was neues zu finden.
Der Lebensgefährte hat ihr vorgeworfen, sie tue nicht genug dafür, sie lasse sich hängen.
Gib die Hoffnung nicht auf, laß ihm erst mal Freiraum zum Verschnaufen, dadurch daß er gesagt hat "Wir werden dich aufpäppeln" signalisiert er deutlich, daß er dich nicht im Stich lassen wird.
Versuch einfach jetzt mal selbst, zur Ruhe zu kommen und nicht so viel nachzudenken.
Fühl dich gedrückt!
Babi
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
Nadalien
Beiträge: 112
Registriert: 7. Okt 2008, 17:33

Re: Angehörige

Beitrag von Nadalien »

Hallo an alle und danke für die Antworten, insbesondere die des/der Gesunden
Nachdem meine Therapeutin mir eröffnet hat ich sei eine sehr ängstliche und vor allem abhängige Person ist es nun Zeit für mich, Verantwortung zu übernehmen: ich ewrde Donnerstag in eine Klinik gehen, voraus. bis Weihnachten. Damit ist mein Freund allein in der WG mit drei Frauen. Die Eifersucht ist grenzenlos, doch überwindbar. Ich bin dann erstmal raus aus allem, mein Freund hat wohlverdiente Ruhe, und ich kann mir überlegen, wie das neue Jahr aussieht - ohne ständig zu erwarten, dass mein Freund mir seine Pläne erzählt, auf die ich krankheitsbedingt eingehen muss (davon will ich in der Klinik loskommen, dieses muss das von mir selbst ausgeht).
Das heißt also 4 Wochen in der Klinik. Hoffe ich bekomme einen klaren Kopf und kümmere mich endlich um mich selbst.
Grüße, Nadalien
Depri1955
Beiträge: 21
Registriert: 10. Nov 2009, 17:43

Re: Angehörige

Beitrag von Depri1955 »

Hallo Nadalien,
deine letzte mail klang ja doch in meinen Augen sehr gesund.
Die letzten Jahre haben euch beiden sicherlich viel Kraft gekostet.
Ich bin 27 Jahre verheiratet und habe seit 16 Jahren mit Depri zu tun. Wenn du ganz unten bist und dein Partner fragt dich "Hast du mir die letzten Jahre was vorgemacht?", das ist, als ob du am Abgrund stehst und dir dein Partner noch einen Schubs gibt. Wir sind immer noch zusammen. Ich gebe ihr immer ein Rückmeldung, wie ich welche Situation (Feier,Urlaub)erlebt bzw. überlebt habe. Sie kann dadurch lernen - verstehen wird sie mich (die Depri) wahrscheinlich nie.
Gib nicht auf. Es ist verdammt hart jemanden zu verstehen, oder überhaupt miteinander zu sprechen - aber wenn du ganz unten bist must du es versuchen.
Ich wünsche, dass du wieder Zuversicht und Kraft findest und dann schau was machbar ist.
Gruß
Klaus
kormoran
Beiträge: 3276
Registriert: 29. Mai 2007, 21:56

Re: Angehörige

Beitrag von kormoran »

hallo nadalien,

hatte dir zuletzt im anderen thread geantwortet - das freut mich, dass du dich nun für die klinik entschieden hast.

alles gute für die zeit!
kormoranin
 http://www.depressionsliga.de
*** zurück ins leben!
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