vielleicht könnt ihr mir helfen?

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Aga
Beiträge: 18
Registriert: 25. Okt 2009, 10:26

vielleicht könnt ihr mir helfen?

Beitrag von Aga »

Hallo,
ich bin erst neu hier. Ich finde es erstaunlich wie manche trotzdem in die Arbeit gehen können, sich zusammenreißen können. Ich kann das nicht. Ich schaffe es kaum aus dem Bett und wenn doch dann gehe ich nur auf die Couch und bleib den ganzen Tag über dort sitzen und starre ins Leere.
Was treibt Euch dazu an, dass Ihr trotzdem zur Arbeit geht oder Euch um die Familie kümmert?
Ich versuche wirklich mich zusammen zu reißen aber meistens funktioniert es nicht.
Vielleicht könnt Ihr mir einen Tipp geben.
Aga
no name
Beiträge: 425
Registriert: 29. Okt 2008, 11:09

Re: vielleicht könnt ihr mir helfen?

Beitrag von no name »

Hallo Aga,

ich versuche den Tag so gut es geht zu strukturieren, um meinen Sohn und den Haushalt einigermaßen zu versorgen.
Dazu mache ich mir für jeden Tag einen Tagesplan mit den zu erledigenden Aufgaben.
Natürlich achte ich darauf, diesen nach Möglichkeit einzuhalten. Aber es darf auch mal etwas auf den nächsten Tag verschoben werden. Und ich versuche darauf zu achten, dass ich in den Tagesablauf eine Zeit einplane, in der ich mir etwas
Gutes tue oder eben einfach eine Zeit der Entspannung einzuplanen. Am Ende des Tages kann ich dann die Dinge, die ich geschafft habe, mit einem Häkchen versehen. Das macht mich stolz und motiviert mich für den nächsten Tag.
Ich muss allerdings gestehen, dass dadurch schon zum Teil viel Druck entsteht. Und ich weiß natürlich, dass das Ganze nicht einfach ist.

Übrigens noch ein herzliches Willkommen in diesem Forum!

Viele Grüße

no name
Aga
Beiträge: 18
Registriert: 25. Okt 2009, 10:26

Re: vielleicht könnt ihr mir helfen?

Beitrag von Aga »

Danke erstmal für die Antwort. Mein Problem ist nur, ich habe kein Kind und keine wirklichen Verpflichtungen. Alles was ich am Tag mache kann ich verschieben. Ich bin momentan auch arbeitslos, was es noch mehr erschwert. Einfache Dinge wie saugen, kochen etc. verschiebe ich bis ins Unendliche. Wenn ich einen Termin habe oder jemand zu Besuch kommt dann reiße ich mich zusammen und es funktioniert dann auch meistens. Aber wenn ich alleine bin, was ich fast ständig bin, dann setze ich mir zwar Ziele und Aufgaben aber ich verschiebe sie ja dann doch.

Oft bekomme ich dann zittrige Hände aus unerklärlichem Grund und wenn mir dann beim Abspülen etc. ständig was aus der Hand fällt dann brech ich immer in Tränen aus.
no name
Beiträge: 425
Registriert: 29. Okt 2008, 11:09

Re: vielleicht könnt ihr mir helfen?

Beitrag von no name »

Hallo Aga,

ja ich kann dich gut verstehen. Aber vielleicht wäre es ja einen Versuch wert mit einem kleinen Tagesplan. Und wie gesagt, durch das Abhaken am Ende des Tages kannst du mit Stolz auf den Tag zurückblicken und es motiviert dich unter Umständen für den nächsten Tag.

Das mit den zittrigen Händen ohne zu wissen warum, das kenne ich nur zu gut. Wobei ich das immer dann besonders merke, wenn es mir schlecht geht.
Gibt es denn eine Möglichkeit wie du entspannen kannst?

Viele Grüße

no name
Aga
Beiträge: 18
Registriert: 25. Okt 2009, 10:26

Re: vielleicht könnt ihr mir helfen?

Beitrag von Aga »

Hallo no name,

ich weiß nicht wie ich mich entspannen kann. Oft lese ich ein Buch und das manchmal über Stunden. Aber ich möchte nicht jeden Tag nur Bücher lesen. Ich entspanne mich oft beim Spazieren gehen oder Sport aber ich kann mich einfach nicht aufraffen. Ich bleibe doch auf der Couch sitzen und bin nur noch depressiver weil ich es mal wieder nicht geschafft habe. Außerdem bekomme ich Panikattaken wenn ich unter Leuten bin, deswegen verkrieche ich mich zuhause.

Ich versuche ja wirklich mir auf so einen Tagesplan zu erstellen mit Kleinigkeiten, die ich in der Wohnung erledigen möchte aber ich verschiebe sie am Ende ja doch. Ich habe heute gerade mal abgespült und mich angezogen. Mehr hab ich noch nicht geschafft. Ich habe einfach keine wichtigen Verpflichtungen wie Kinder, Job etc. Alles bei mir erfolgt in Zeitlupe. Ich setze mich dann selber unter Druck. Ich habe es auch schon geschafft, dass ich ein Vorstellungsgespräch einfach abgesagt habe, weil ich extrem gezittert habe und mich nicht aufraffen konnte, dahin zu fahren.

Das ist ein ewiger Kreis, ohne Job wird es mir nicht besser gehen, aber dazu müsste ich mich erst aufraffen und das geht so oft nicht.
no name
Beiträge: 425
Registriert: 29. Okt 2008, 11:09

Re: vielleicht könnt ihr mir helfen?

Beitrag von no name »

Hallo Aga,

bist du denn in ärztlicher und psychotherapeutischer Behandlung? Nimmst du denn Medikamente?

Das ist natürlich schlimm, wenn du wegen der Panikattaken Dinge nicht tun kannst, die dir gut täten. Und das du nicht den ganzen Tag Bücher lesen kannst, das verstehe ich gut. Wenns mir schlecht geht, kann ich überhaupt nicht lesen, da es mir an der nötigen Konzentration fehlt.

Aber du hast heute bereits abgespült und auch wenn das in deinen Augen nicht viel ist, so hast du es dennoch geschafft. Vielleicht geht es im Moment halt nur in kleinen Schritten.

Der fehlende Job ist natürlich sehr belastend für dich.
Da du ja bereits Termine für Vorstellungsgespräche hattest, nehme ich mal an, dass du dich auch entsprechend beworben hast. Und wenn du das schaffst, dann hast du doch schon sehr viel wieder geschafft. Wichtig ist, dass du diese Dinge auch siehst.

Viele Grüße

no name
Aga
Beiträge: 18
Registriert: 25. Okt 2009, 10:26

Re: vielleicht könnt ihr mir helfen?

Beitrag von Aga »

Hallo no name,

ich kann an manchen Tagen viele Dinge tun, aber wenn ich alleine bin. Natürlich bewerbe ich mich ständig aber auch nur, weil ich alleine zuhause bin und mich niemand sieht. Das ist ein ganz komisches Gefühl. Ich gehe spät abends zum Einkaufen oder lasse es für mich erledigen damit ich ja keine Leute treffe. Wie soll ich dann mit mehreren Menschen arbeiten wenn ich deren Anwesenheit nicht ertragen kann?

Ich nehme Antidepressiva (Maclobemid) und gehe auch regelmäßig zu meinem Therapeuten. Aber das schaffe ich auch nur, weil ein Freund mich regelmäßig raus jagt wenn er weiß dass ich einen Termin habe.

Ich kann lesen und mich zum konzentrieren zwingen weil ich dann davon abgelenkt werde, dass ich depressiv bin und endlich, und das geht mir nicht schnell genug, da raus will.

Ja Abspülen ist schon mal was aber ich bin so verzweifelt, weil ich das Gefühl habe, auf ein ganz komisches Niveau gekommen zu sein. Ich freue mich darüber, dass ich es geschafft habe irgendwas kleines zuhause gemacht zu haben. Aber früher war ich nicht so. Ich habe früher das an einem Abend nach der Arbeit erledigt, was ich jetzt manchmal nicht mal in zwei Wochen schaffe. Das deprimiert mich nur noch mehr. Es wird doch noch so lange dauern bis mein Therapeut und ich rausgefunden haben, warum ich depressiv bin und dann müssen wir Lösungen finden. Aber ich habe einfach nicht die Geduld so lange zu warten. Ich will raus gehen, wieder Spaß haben und nicht mich übers Abspülen freuen. Ich find das furchtbar.

Danke dir für deine Antworten, ich hab lang mit mir gerungen, aber irgendwie tut so ein Austausch echt gut. Danke.
niederländer

Re: vielleicht könnt ihr mir helfen?

Beitrag von niederländer »

Hallo Aga,

Ich kann gut nachvollziehen was du im Moment erlebst. Das meine ich nicht als Zeichen von Mitleid sondern als Tatsache.
Vor drei Jahren war ich in der gleiche Situation wie Du. Nur hab ich eine Frau, 3 eigene Kinder und 2 Stiefkinder.
Wie ich mich erinnere kam ich nicht aus dem Haus. Nur wenn meine Frau mich so ungefähr mitgezogen hat für einen Spatziergang. Danach ging es mir ein ganz wenig besser.

Aber am nächsten Morgen kam wieder diese bleierne Last die ich spürte. Wie konnte ich bloß den Tag schaffen ?
Als erst nach 8 Wochen die AD´s anfingen zu wirken konnte ich etwas mehr Aktivität produzieren.
Ganz langsam bin ich wieder angefangen zu Joggen ( War immer mein favorite Sport).
Zuerst kam ich mir ziemlich blöd vor : Ich hatte 15 kg. zugenommen.
Aber ich hab dürch gehalten und habe abgenommen. Ich fühlte mich immer besser werden. Mein selbstvertrauen kam wieder zurück und mein Glauben in eigenes Können.
Bis jetzt gehts mir gut.
Ich muss aber auf mich achten und alte Verhaltensmuster endgültig verabschieden.

Wünsche dir den Mut und Kraft einen Angfang zu machen !
Gruss,

Benny
Aga
Beiträge: 18
Registriert: 25. Okt 2009, 10:26

Re: vielleicht könnt ihr mir helfen?

Beitrag von Aga »

Hallo Benny,

danke für deine ermunternden Worte.

wie lange hat die Therapie gedauert? Mein Arzt sagte mir, das könnte 1-2 Jahre dauern. Ich hoffe ich habe die Kraft das durchzustehen.

Freut mich zu hören, dass du das hinter dir hast und die Leute ermutigst. Das tut gut. Die Hoffnung wächst. Ich hoffe ich bin bald auch so weit wie du.

Danke
niederländer

Re: vielleicht könnt ihr mir helfen?

Beitrag von niederländer »

Hall Aga,

Ich war in eine kombinierte Langzeittherapie weil ich auch ein Alkoholproblem hatte.
Diese Therapie hat ein Jahr gedauert. Jetzt hab ich noch jeder 2 Monaten ein Gespräch mit mein Neurologen und mein Suchtartzt. Diese Gespräche werden demnächst auf 4 Montaen jeweils verschoben.

Einen schönen Abend und machts gut !

Benny
uli2705
Beiträge: 179
Registriert: 12. Aug 2007, 19:20

Re: vielleicht könnt ihr mir helfen?

Beitrag von uli2705 »

Hallo Aga,

ich glaube eine Selbsthilfegruppe würde Dir gut helfen. Ich bin ebenfalls in einer, zu der ich heute (jede Woche regelmäßig) gehe.

Man kommt 'raus und kann dort einfach sagen wie es einem geht bzw. ergangen ist. Und das ohne sich zu rechtfertigen.
Durch die Erfahrungen von anderen betroffenen Menschen kann man auch viel für sich mitnehmen.

Auch ich kann Deine Problematik gut und aus eigener Erfahrung verstehen. Um eben heraus zu kommen habe ich diese Selbsthilfegruppe und Sportverein.

Lieber Gruß
Ikarus
kormoran
Beiträge: 3276
Registriert: 29. Mai 2007, 21:56

Re: vielleicht könnt ihr mir helfen?

Beitrag von kormoran »

hallo aga,
willkommen im forum!

was du beschreibst, erinnert mich sehr daran, wie es mir vor zwei jahren gegangen ist. ich war aus dem job geflüchtet, hatte erst noch versucht, eine weiterbildung zu machen, hab es dann aber aufgegeben. ich hatte zwar keine panikattacken, aber ich bin auch nur hinausgeschlichen und wollte schon gar niemand treffen, den ich kenne von früher. ich war einfach fehl am platz in mir und in der welt ...

was bei mir wichtig war, war vor allem, endlich zu kapieren (oje, das hat lange gedauert und ich hab immer wieder sinnlose aber offenbar notwendige anläufe in eine erzwungene normalität versucht), dass ich JETZT eben depressiv und ausgebrannt und eben zu sehr vielem unfähig bin. kein buch lesen, nicht unter menschen sein, nicht bewerben, nicht sinnvoll eine arbeit beginnen. nicht meine stärken und schwächen analysieren und meine berufliche zukunft planen - nein, stopp.

ich musste erst raus aus diesem hamsterrad, und erst als ich das angenommen habe, war die voraussetzung erreicht dafür, mich zu erholen und dann therapeutisch wieder nächste, konstruktive schritte zu tun.

das war zum beispiel - auch wenn dich das jetzt verständlicherweise wütend macht - das freuen über kleine dinge.
der auftrag war eben einfach nur das zu tun, was mir gut tut. weg mit all diesen wichtig-vernünftigen ansprüchen, forderungen, was aus mir zu werden hat, was ich zu leisten habe, was ich nach außen darstellen muss, was ich zu wollen habe?? etc...

die frage war nur: was tut mir JETZT gut. mich selbst und meine wirklichen bedürfnisse wahrnehmen (in der hoffnung, irgendwann später einmal wieder zu wissen, wer ich eigentlich bin, sein will, was ich eigentlich im leben will) und dem im kleinen nachgehen. nett zu mir zu sein. irgendwann kam ich dann dem näher, dass ich mich vielleicht selbst annehmen könnte ... und dann stimmte schön langsam die richtung ...

ganz konkret war es aber auch sehr hilfreich, in die selbsthilfegruppe zu gehen. das war der erste schritt wieder zurück unter menschen. dort konnte ich auch ganz erstarrt und belämmert drin sitzen, es war ok. alle haben ähnliche erfahrungen geteilt - die gruppe und der ort war dazu da. und nach und nach kamen auch positive soziale erfahrungen; und das ist sehr wichtig: wieder positive erfahrungen zu machen!

kannst du dich aufraffen, in deiner stadt eine selbsthilfegruppe (depression, angst, soziale angst) zu suchen und einfach mal ein paar mal hinzugehen? ein versuchsballon?

liebe grüße
kormoranin
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*** zurück ins leben!
Aga
Beiträge: 18
Registriert: 25. Okt 2009, 10:26

Re: vielleicht könnt ihr mir helfen?

Beitrag von Aga »

Hallo,

bestimmt sind Selbsthilfegruppen sehr hilfreich. Ich kann mich dazu aufraffen, mich in einer anzumelden oder wie auch immer das funktioniert. Aber wenn der Tag kommt, dann kann ich oft nicht raus. Als würde mich etwas auf der Couch festhalten. Außerdem hab ich so wenig Selbstbewusstsein, dass ich niemals vor mehreren Leuten sprechen und über meine Situation reden könnte. Ich wärde absolut übertrieben nervös. Ich kann das nicht abstellen und so tun als wär ich selbstsicher.

Wie viele Leute sind in so einer Gruppe und wieviel muss man erzählen? Kann man am Anfang vielleicht auch nur zuhören?

vg
Aga
kormoran
Beiträge: 3276
Registriert: 29. Mai 2007, 21:56

Re: vielleicht könnt ihr mir helfen?

Beitrag von kormoran »

hi aga,

du hast doch einen freund, der dir auch hilft, dass du die therapietermine wahrnimmst. vielleicht kann er dich die ersten male abholen, vielleicht sogar begleiten und wieder da sein, wenn du rauskommst. die chance lebt, dass du dann selbst hingehst

du musst gar nichts erzählen. wenn es einen moderator/eine moderatorin gibt, oder jemand, bei dem du dich anmeldest, kannst du das ja gleich sagen, dass du einfach mal teilnehmen willst und nicht so viel von dir preisgeben.

dann siehst du, wer die anderen sind, und ob es anderen vielleicht ähnlich geht. vielleicht ist zumindest spürbar für dich, dass du dort so sein darfst, wie du gerade bist und in der gruppe willkommen bist.

liebe grüße
kormoranin
 http://www.depressionsliga.de
*** zurück ins leben!
Aga
Beiträge: 18
Registriert: 25. Okt 2009, 10:26

Re: vielleicht könnt ihr mir helfen?

Beitrag von Aga »

Wie findet man denn gute Selbsthilfegruppen? Soll ich googeln oder gibt es gute Anlaufstellen?

Kosten diese Treffen was?
Biesti
Beiträge: 10
Registriert: 26. Sep 2009, 20:23

Re: vielleicht könnt ihr mir helfen?

Beitrag von Biesti »

Hallo Aga...

Gruppen kannst Du in Deiner Nähe sicher gut ergoogeln. Über Google habe ich sogar mal eine Selbsthilfegruppe in meinem Stadtteil gefunden, die für erwachsene Kinder von Alkoholikern war (womit ich niemals gerechnet hätte).

Ich kann mich jedoch auch schlecht mit dem Gedanken an Selbsthilfegruppen anfreunden. Es geht gar nicht darum, dass ich dann zu nervös oder schüchtern wäre um was zu erzählen, sondern eher das Gefühl, dass ich "fehl am Platz" bin. Und dieses Gefühl bekomme ich eigentlich fast überall, wo ich mit Menschen zusammen bin. Egal ob privat oder beruflich.

Selbst wenn die Gruppe auf mich "maßgeschneidert" wäre. Ich bekomme schnell das Gefühl Außenseiter zu sein und nicht dazuzugehören, was sicher Einbildung ist. Aber es ist halt so. Und es ist echt nicht schön...

Aber eigentlich wollte ich Dir was zu einer Deiner Fragen sagen, die Du in Deinem ersten Beitrag hier gestellt hast. Wie man es schafft sicht "aufzuraffen" und trotzdem zu arbeiten... Ich kann da nur von mir erzählen.

Vorweg muss ich sagen, dass ich ein Jahr Therapie gemacht habe und Anfang des Jahres 8 Wochen zur Reha war. Aber ich finde persönlich, dass es nicht wirklich viel gebracht hat.

Meine Chefin hat mir jedenfalls diese Frage auch mal gestellt. Wie ich es schaffe trotzdem arbeiten zu gehen. Bei mir hat es nichtmal unbedingt was mit meinen Kindern oder meiner Familie an sich zu tun. Sondern, dass für mich auf der Arbeit einfach ein anderes "Umfeld" vorhanden war. Es hat mich einfach nur "abgelenkt", zumindest für ein paar Stunden konnte ich halbwegs klar denken, wenn ich arbeiten war. Auch wenn ich mich morgens oft genug aufraffen musste trotzdem arbeiten zu gehen.

Ohne meine Arbeit wäre ich wohl vollends durchgedreht. Vor etwa 8 Jahren war ich ein viertel Jahr arbeitslos und fiel dadurch in ein noch tieferes Loch. Es war schrecklich! Ich brachte nur noch meine Tochter morgens in den Kiga, ging wieder nach Hause, legte mich oft wieder nur auf die Couch und starrte die Decke an. Alles war so trist und farblos in meinen Augen, sinnlos. Nichts machte mir mehr spaß. Und dabei hatte ich soviel Zeit, wo ich meinen Hobbys hätte nachgehen können, aber selbst die kotzten mich nur noch an.

Erst als ich wieder langsam ins Arbeitsleben zurückfand (obwohl ich auch eher ein Mensch bin, der Angst vor "neuen" Menschen hatte), ging es mir wieder langsam besser und ich fand auch wieder immer mehr Freude an meinem Leben.

Einen Großteil meiner Angst vor Menschen konnte ich jedoch überwinden, als ich als Hauswirtschaftshilfe arbeiten musste. Da weißt du vorher nie, was dich für jemand hinter der Haustür erwartet. Klar muss man ein gewisses Maß an Einfühlsamkeit haben, um sich auf andere Menschen einstellen zu können. Aber es ging irgendwie, auch wenn ich Nachmittags immer froh war, wenn es vorbei war .

Später, in dem Job wo ich jetzt arbeite, wurde ich nach knapp 9 Monaten einfach an einer Kasse angelernt, weil Personalmangel war. Bumms. Da war nichts mehr mit Ausreden und davonstehlen! Da musste ich dann durch. Doch dort habe ich noch mehr dieser Angst verloren und ich zucke nicht mehr jedesmal zusammen, wenn mich ein Fremder anspricht. Ich bin sogar recht schlagfertig geworden und unterhalte mich mal ganz gerne mit Gästen an der Kasse.

ABER meine Angst vor "privaten" Begegnungen ist quasi ungebrochen. Ständig überlege ich, wie ich mich aus Verabredungen lösen kann, und wenn ich mich doch aufraffe einer Einladung zu folgen mache ich mir schon Tage vorher einen Kopf. Wie ich mich bei demjenigen "benehmen" muss, um authemtisch zu wirken und bloß nicht durchblicken zu lassen, dass ich Angst habe!

Wenn es ganz schlimm ist bekomme ich regelrecht Herzrasen und Atemnot, richtige Panikattaken, bevor ich das Haus verlasse (was ich früher für übertriebene Aufregung hielt). Ist echt nicht schön. Aber viele von meinen Kollegen wissen, dass ich psychische Probleme habe und nehmen mich trotzdem ernst und grenzen mich nicht aus. Sie wissen zwar nicht genau "was" ich habe, aber ich muss echt zugeben dass ich dankbar bin in so einem verständnisvollem Umfeld geladet zu sein. Ich denke, dass macht viel aus...

Oft ist es eben doch nur die eigene Kraft, auf die man sich stützen muss. Und die ist oft stärker als man vermutet, selbst wenn man Jahrelang der Überzeugung war schwach zu sein. SIE IST DA! Man muss sie nur aus der Reserve locken und sich selbst überwinden. Hört sich vielleicht blöd an, und leicht dahergesagt. Aber anders kann ich es nicht beschreiben...

Wichtig ist, dass man einen kleinen Schritt nach dem anderen macht und auch mal Rückschläge verarbeiten muss. Man darf nicht zu viel auf einmal wollen. Das ist das Schwierigste dabei finde ich, da ich ein leider sehr ungeduldiger Mensch bin ...
Vielleicht hilft Dir mein Bericht die Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu sehen.

Ganz lieben Gruß, Biesti
1234$mbar
Beiträge: 6
Registriert: 22. Okt 2009, 19:10

Re: vielleicht könnt ihr mir helfen?

Beitrag von 1234$mbar »

Hallo Aga,

bin auch neu im Forum - erst zum zweiten Mal drin. Bei mir hilft, den Tag gut zu strukturieren und ich gehe gern zur Arbeit, sie macht mir Spaß. Wenn es geht mach doch viele Dinge, die dir Freude machen. Das tut einfach gut. Ansonsten - wenn es nicht mehr geht - suche dir professionelle Hilfe. Und meine Erfahrung war - die schlechte Zeit geht auch wieder vorbei - nur eben nicht von heute auf Morgen.

Wünsche dir alles Gute

Martin

PS: was mir viel geholfen hat, das Buch von Luise Reedemann "Eine Reise von tausend Meilen beginnt mit dem ersten Schritt". Vielleicht wäre das ja was für dich.
Aga
Beiträge: 18
Registriert: 25. Okt 2009, 10:26

Re: vielleicht könnt ihr mir helfen?

Beitrag von Aga »

Hallo Biesti,

danke für deine aufmunternde Worte. Sie helfen mir wirklich sehr.

Ich hab auch immer die Probleme mit Kontakten. Dann muss ich einfach schauspielern. So tun als ob. Alles verdrängen und eine Maske aufsetzen. Es ist nicht einfach, aber so kommt man irgendwie durch den Tag, grad wenn man jemanden bekannten getroffen hat, vor allem der sich dann auch noch verabreden will. Wie soll ich eine Verabredung einhalten wenn ich nicht mal weiß wie es mir an diesem Tag gehen wird? In der Arbeit konnte ich mich verstellen. Vor der Arbeit einfach tief durchatmen und dann die Schauspiel-Maske aufsetzen und irgendwie ging der Tag um. Aber als ich dann immer zuhause war fiel die Last des Tages ab und ich war wieder ich selbst - depressiv.....

Mein bester Freund, dem ich einiges zu verdanken hab, hat gesagt mach zwei Schritte vor und einen zurück, aber du kommst dennoch an dein Ziel. Ich glaube daran und ich weiß irgendwann wird die Zeit kommen, da werd ich über meine Krankheit schmunzeln und sagen: hey du machst mich nicht mehr fertig....... aber bis dahin ist es noch ein langer, sehr langer Weg.

Trotzdem danke.
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