Depression und das Thema Essen

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ashleigh
Beiträge: 31
Registriert: 23. Sep 2009, 20:47

Depression und das Thema Essen

Beitrag von ashleigh »

Guten Abend an alle,

bin gerade so am Überlegen (und ehrlich auch am Kämpfen mit mir selbst)und dachte mir, ich schreib das einfach mal auf. Vielleicht gibt es ja jemand unter euch, dem es ähnlich geht wie mir. Ihr wisst ja von meiner langjährigen Depression. Nun war ich bis vor drei Jahren noch stark übergewichtig, habe abgenommen und bin vor ein paar Monaten in der Magersucht angekommen. Dann musste ich aber zunehmen, weil ich sonst beruflich starke Probleme bekommen hätte. Zum Glück ist mir das gelungfen. Ich hatte aber von Anfang Angst, dass sobald ich meine eiserne Disziplin durchbreche, ich die Kontrolle vollends verliere.

Natürlich habe ich mir die letzten Monate, als jeder sehr besorgt um mich war, Gedanken gemacht, was da mit mir los ist, dass ich das Essen so funktionalisiere.
Wie gesagt, ich war so stolz auf mich, dem "Essen abschwören zu können" bzw. mich unabhängig zu machen. Und ehrlich gesagt hat das auch die Depression abgedämpft.
Ich befinde mich derzeit ja in einer Zeit der größten Veränderungen meines Lebens (Umzug, neuer Job usw.)Ich kämpfe so sehr mit mir, nicht dauernd zu futtern. Ich habe den Respekt vor mir verloren, weil ich diese Disziplin nicht mehr aufrecht erhalten kann. Auf der anderen Seite kommt auch nicht viel an Trauer und Angst in mir hoch (obwohl ich schon spüre, dass beides im Grunde da ist).

Ich glaube, ich habe schon einmal von der tiefen Sehnsucht in mir nach mir selbst geschrieben. Irgendwie habe ich den Eindruck, ich möchte diese Leere und diesen fehlenden ´Kontakt zu mir mit Essen ausgleichen.
Wie beeinflusst eure Depression euer Essverhalten?
LG Ashleigh
no name
Beiträge: 425
Registriert: 29. Okt 2008, 11:09

Re: Depression und das Thema Essen

Beitrag von no name »

Hallo Ashleigh,

bei mir ist genau anders. Wenn ich in der Depression stecke, dann bleibt mir so zu sagen auch alles im Hals stecken, sprich die Depression schlägt sich bei mir zusätzlich auf den Magen. Ich esse dann nur mit Widerwilen (weil es ja sein muss) und ich vertrage vieles einfach nicht. Bei mir begann allerdings die Depression mit psychosomatischen Beschwerden am Magen.

Hast du denn schon mal versucht viele kleinere Mahlzeiten über den Tag verteilt zu dir zu nehmen?
Oder, wenn es gar nicht klappt einfach auf Obst umzusteigen?

Und du solltest dich vielleicht nicht durch die mangelnde Disziplin zu sehr unter Druck setzen. Ich denke durch deine persönlichen Veränderungen hast du bereits genug Stress.

Viele Grüße

no name
Babi
Beiträge: 1972
Registriert: 23. Jul 2009, 17:07

Re: Depression und das Thema Essen

Beitrag von Babi »

hi ashleigh,
du sagst da was, was mir sehr bekannt vorkommt....
bei mir ist es auch so wie bei dir ganz wechselhaft.. einmal ess ich alles in mich rein bei einer Depri-Phase, einmal ess ich gar nix in einer Depri-Phase, kommt beides bei mir vor....
je nachdem, in was für einer Depri-Phase ich bin....
Depri und Essverhalten für mich untrennbar miteinander verbunden....
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
momadome
Beiträge: 614
Registriert: 2. Aug 2009, 15:03

Re: Depression und das Thema Essen

Beitrag von momadome »

Hallo Ashleigh!

Oh ja, das kommt mir sehr bekannt vor!

Wenn es mir schlecht geht habe ich das Bedürfnis nach Essen, mehr Essen, noch mehr Essen. Erst wenn mir fast schlecht wird kann ich aufhören, denn dann bin ich "voll" und kann die Leere in mir nicht mehr wahrnehmen.

An guten Tagen esse ich, wenn ich Hunger habe und nur soviel bis ich normal satt bin. An solchen Tagen bin ich bei mir und mit mir im Einklang.

Vor 5 Jahren habe ich auch mit viel Disziplin sehr viel abgenommen (ich habe 8 Monate meinen Focus nur auf Diät und Sport gerichtet). Doch als ich gewichtsmäßig da war wo ich hinwollte, mußte ich feststellen, daß sich an meinem Leben absolut nichts geändert hatte. Es war noch genauso leer und tot wie vorher, ich fühlte mich noch genauso klein und mies und häßlich wie vorher. Diese Erkenntnis ist mir allerdings erst in der Therapie gekommen.

Jetzt bin ich wieder stark übergewichtig und versuche mich endlich so anzunehmen, wie ich bin. Zu lernen, daß ICH liebenswert bin, nicht mein Aussehen (alte, alte Baustelle!). Und mich irgendwann selbst zu lieben, auch wenn ich mir das noch nicht richtig vorstellen kann.

Ein schönes Wochenende
wünscht

jojoma
otterchen
Beiträge: 5118
Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: Depression und das Thema Essen

Beitrag von otterchen »

Guten Morgen!

Menschen reagieren in Punkto Essen wohl sehr unterschiedlich.
Manche bekommen nichts mehr runter, einfach weil sie "es satt haben";
andere kontrollieren wenigstens noch diesen Punkt in ihrem Leben;
wieder andere führen sich über Nahrung zu, was ihnen im Leben fehlt.

Essen schmeckt, liefert also eine genussvolle Befriedigung, ein Wohlgefühl. Die Völle hinterher macht einen ruhig; die Unruhe verschwindet, Ängste werden vielleicht weniger, die Nervosität legt sich, man wird träge; Essen kann aus Langeweile entstehen.
Aber man kann auch geschmacklich eine Befriedigung erlangen nach "Pepp" im Leben (scharfes Essen) oder nach Zartheit und Süße (Schokolade), nach was Knackigem im Leben (Chips & Co. ), nach Vertrautem, Tröstlichem (Essen wie bei Muttern) usw.

Das eigene Essverhalten zu analysieren, ist also schonmal ein guter Schritt.

Allerdings muss ich zugeben: auch wenn ich das womöglich erkenne, esse ich dennoch manchmal "aus den falschen Gründen"


Aber: derzeit habe ich andere Prioritäten
Ich glaube fest, dass sich das automatisch wieder etwas normaler einpendelt, wenn erst einmal die grundlegenden Sachen stimmen.
Eine Bewertung meiner Figur nehme ich bewusst nicht vor: es geht nicht darum, wie ich aussehe (und warum sollte ausgerechnet ICH mich abwerten??), es geht um das, was IN MIR stattfindet und wächst.


Und ja: wer abnimmt, weil er meint, dass er dann glücklich ist, wird oft enttäuscht.
Ging mir auch mal so...
Ich hab mich vorher wie eine leere wertlose Hülle gefühlt und hinterher auch.
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
ashleigh
Beiträge: 31
Registriert: 23. Sep 2009, 20:47

Re: Depression und das Thema Essen

Beitrag von ashleigh »

Hallo an alle,

ich bin überrascht, wie viele von euch letzten Endes diese Problematik kennen.
Was mir aber - wahrscheinlich in Verbindung mit der Anorexie - besonders bewusst gewordne ist, ist die Tatsache, wie sehr wir doch Essen funktionalisieren, um Gefühle zu unterdrücken.
Übergewicht und Untergewicht sind dabei zwei Seiten ein und derselben Medaille.
Im Grunde sollte man sich beim Essen (abgesehen von einem normalen Essverhalten) immer fragen: Was brauche ich jetzt eigentlich wirklich? Und da fällt mir eben bei mir schon auf, dass es meist um "emotionalen Hunger" geht.
Das Wennigessen in Verbindung mit der Magersucht hat im Übrigen auch zu einer Abnahme der emotionalen Erlebnisfähigkeit geführt. Man kann sich also - genau wie mit übermäßigem Essen - durch das Abmagern empfindungslos machen.
Ein hochspannendes Thema, finde ich.

Viele liebe Grüße an alle!!!
Xayide1
Beiträge: 228
Registriert: 3. Sep 2007, 12:51

Re: Depression und das Thema Essen

Beitrag von Xayide1 »

Hallo Ihr Lieben,

ich kenne das auch gut, mit Essen kompensieren, Gefühle unterdrücken und betäuben.
Die Leere voll stopfen.

Eben habe ich eine ganze Packung Kekse gegessen, völlig unbewußt, ohne mich zu fragen, ob ich jetzt wirklich Hunger habe.
Einfach nur weil ich Angst vor Überforderung habe, Angst zu Versagen, Angst zu viel Nachdenken zu müssen, Angst wieder in überholte Verhaltensmuster zu fallen und wieder tief in die Depressionen abzurutschen.
Das ist nach dem Lesen Eurer Beiträge erst richtig bewußt geworden.

Ich muß mühsam wieder Lernen achtsam mit mir umzugehen, auf mich zu achten und meine Bedürfnisse herauszufinden und wahrzunehmen.
Und das nicht nur beim Essen...

Grüße
Xayide
bine2
Beiträge: 141
Registriert: 21. Jul 2007, 21:37

Re: Depression und das Thema Essen

Beitrag von bine2 »

Hallo!

Mensch, bin ich froh, dass es auch anderen so geht! Ich kenne das alles sehr gut und schäme mich immer wieder. Gut, zu wissen, dass ich nicht alleine bin. Mehr kann ich grad nicht dazu schreiben.

Jedenfalls: Ein toller Thread! Ihr habt so vieles auf den Punkt gebracht.

VG, Curly
DYS-
Beiträge: 1838
Registriert: 19. Mär 2003, 17:28
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Re: Depression und das Thema Essen

Beitrag von DYS- »

Super Thema

Für mich fängt der Tag mit Kaffee an. Mordgens essen geht nur wenn es mir vorgesetzt wird oder evtl. mal am WE mit der Familie. Mittags gibt es Kaffee. (Etwas warmes braucht man ja im Magen ). So gegen Abend muss ich mir dann überlegen was ich meiner Familie zum Abendbrot kredenze.Also ist da kochen Pflicht. Mit meinen Leuten esse ich dann auch ausgiebig. Dann schmeckt mir auch als Nachspeise etwas Süßes. Und zu Schokolade zum Tatort sage ich auch nicht nein.

Dieses Süße ist echt mein Verderb. (Bin stark übergewichtig). Früher habe ich kaum mal etwas genascht.

Essen führt irgendwie zu einem Belohnungsgefühl. Man fühlt sich für einen Moment zufriedener. Manchmal denke ich auch es ist unbewusster Protest gegenüber meiner Mutter die mir so lange ich denken kann mir immer vorgehalten hat das ich zu dick sei und die jetzt noch meinem Mann, meinen Kindern und jetzt meinem Enkel vorgibt wie viel sie essen dürfen.

Moin
dys
°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°

Gerade weil wir alle in einem Boot sitzen,

sollten wir heilfroh darüber sein,

dass nicht alle auf unserer Seite stehen.
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