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geena
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Beitrag von geena »

hallo, einige von euch wissen vielleicht schon, dass ich einen partner habe, der augenblicklich in einer abgrundtiefen depri. steckt. um genauer zu verstehen, was da seit einiger zeit in ihm abläuft, habe ich eine grosse bitte um mithilfe an euch. seit etwa zwei jahren (da begann auch seine veränderung) ist "der selbstdenker" von baudelaire sein erklärtes lieblingsgedicht.er zitiert gerade die stelle "ich bin von meinem Herzen der Vampir" immer und immer wieder. ich stelle euch jetzt das gedicht vor und bitte um eure assoziationen und gedanken dazu. "Der Selbstdenker" ich werde dich schlagen ohne wut, und ohne hass, wie ein metzger, wie moses den felsen! und ich werde aus deinem augenlid, um meine sahara zu tränken, hervorsprudeln lassen die wasser des leidens. mein mit hoffnung erfülltes verlangen wird auf deinen salzigen tränen schwimmen. wie ein boot, das das weite sucht, und in meinem herzen, das sie trunken machen werden, wird dein liebes schluchzen widerhallen. wie eine trommel, die zum angriff ruft. bin ich nicht ein falscher akkord in der göttlichen symphonie, infolge der gierigen ironie, die mich schüttelt und die mich beisst? sie ist die stimme, die schreierin1 das ist all mein blut, dieses schwarze gift! ich bin der unheilvolle spiegel, in dem die megäre sich betrachet, ich bin die wunde und das messer! ich bin die ohrfeige und die wange! ich bin die gliedmaßen und das rad, und das opfer und der henker! ich bin der vampir meines eigenen herzens, einer dieser grossen verlassenen zum ewigen lachen verdammten, und die nicht mehr lächeln können. freue mich auf eure ideen, vorschläge und denkanstösse! herzliche grüsse geena
dorothea
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Beitrag von dorothea »

Liebe Geena, es ist schwer für mich, Deinen Wunsch zu erfüllen, weil alles, was ich interpretieren würde, nur MEINE Sicht wäre (und meine augenblickliche). Damit wäre Dir nicht geholfen. Ich kenne weder Dich noch Deinen Freund. Mmmm - Vampir des eigenen Herzens - da versteht sich jemand nicht und leidet. Aber das weißt Du ja schon. Kann Dir nicht helfen, auch wenn ich möchte. LG Doro
geena
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Beitrag von geena »

liebe doro, herzlichen dank für deine mühe. weiss das sehr zu schätzen. @ alle, lasst einfach euren ideen, euren ureigendsten sichtweisen freien lauf! liebe grüsse geena
monika
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Beitrag von monika »

Hallo Geena, dieses Gedicht ist wirklich nicht sehr einfach zu verstehen. Aber es gibt so ein paar Passagen, mit denen ich was anfangen kann. Der erste Satz zum Beispiel. Jemand handelt ohne Gefühle. Die eigenen Gefühle nicht mehr zulassen, um etwas tun zu können. Ohne Wut oder Hass schlagen. Das ist etwas, das man eigentlich nicht kennt. Wenn jemand jemanden schlägt, dann ist da in der Regel immer Wut und/oder Hass dabei. Warum sonst sollte man im "Normalfall" schlagen wollen. Es sei denn, man fühlt wie wir. Dann schlägt man, um aus Hilflosigkeit. Man schreit um Hilfe, will vielleicht auf sich aufmerksam machen. Satz 2 und 3 klingt mir fast wie ein wenig Rache. Ist deinem Freund mal weh getan worden? Wenn er diese Menschen zum leiden bringt, geht es ihm gut. Oder empfindet er vielleicht so, das er genauso behandelt wurde? Wurde er vielleicht gedemütigt?Danach wird deutlich, das man keine Hilfe zu erwarten hat. Und wenn es einem noch so schlecht geht. Bekommt dein Freund Hilfe? Wenn ja, bekommt er Hilfe, die er auch wahrnehmen kann??? Der gesamt letzte Absatz - ich will dir jetzt keine Angst machen - klingt sehr stark danach, das er sich selbst zerstört. Der Vampir seines eigenen Herzens: Er nimmt sich selber das, was er - körperlich - am dringensten zum Leben braucht: Das Herz. Er ist zu ewigem Lachen verdammt, aber kann es nicht. Er würde sicher wieder gerne lachen, aber hat keine Kraft mehr. Diese Interpretation muss natürlich nicht richtig sein. So würde ich dieses Gedicht verstehen. Wobei - Rande gesagt - ich dieses Gedicht ziemlich heftig finde. Viele liebe Grüsse und alles Gute für dich und deinen Freund! Monika
Achim
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Beitrag von Achim »

Hallo Geena, îch könnte einiges dazu schreiben, aber beim versuch, es zu schreiben oder darüber nachzudenken, bekommen ich Kopfschmerzen. Da führt jemand einen dramatischen Kampf mit sich selbst. Eine schonungslose Abrechnung mit sich selbst. Liebe, Wut, Hass, Verzweiflung, ... alles dabei. Er möchte weinen, schreien, treten, ja, explodieren, aber darf es nicht. Also lacht er. Auf Dauer ausweglos. Selbstzerstörung. Wen soll er auch sonst anschreien, treten oder gar zerstören? Monika hat nicht unrecht. Da muss schon ein "gutes Stück" an Verletzungen und Demütigungen in seinem Leben vorgekommen sein. Das Gedicht, und Deine Schilderung von "abgrundtief Depri" zeigt, dass Dein Freund schnell Hilfe braucht (wenn er sie nicht schon bekommt?). Du allein wärest damit überfordert, zumal er Dir auch nicht seine vielleicht bösen Gedankenbilder antun möchte. Du kannst ihm am besten mit klaren, lauten Worten sagen, wie Du zu ihm stehst, und was Du fühlst. So klar und laut, dass es zu ihm durchdringen kann. Jedenfalls muss da wohl etwas aufgearbeitet werden, mit dem sowohl Du, als auch er selbst überfordert seid. Wie Dorothea schon gesagt hat, ist mein "Schnellschuss" als rein persönliche Interpretation zu sehen. Gruß, Joachim
geena
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Beitrag von geena »

hallo monika, hallo joachim, bin durch eure ausagen sehr zum nachdenken angeregt worden, deshalb jetzt nur eine kleine nachricht und ein riesiges dankeschön an euch beide. nur ganz kurz: ja, verletzungen und zurückweisungen scheint es bei ihm von klein auf gegeben zu haben, doch kann ich jetzt auch mit ihm erleben, dass es für ihn auch eine konstruierte wirklichkeit von verletzungen gibt. er beschäftigt sich derzeit mit der idee, sich in fachärztliche behandlung zu geben, meint aber der zeitpunkt hierfür sei noch nicht gekommen. er ist im moment von der idee besessen, ich hätte ihn verlassen. den kontakt zu mir kann er im moment nicht mehr ertragen, hat ihn deswegen völlig abgebrochen. ich respektiere das, lasse ihn aber regelmässig schriftlich ( so muss er sich zu nichts gezwungen fühlen) wissen, was ich für ihn empfinde. viele grüsse eure geena
deafmouse
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Beitrag von deafmouse »

Ich wage mich jetzt hier auch mal zu Wort obwohl ich ebenfalls nur Angehörige bin. Den Worten von Monika und Joachim kann ich mich eigentlich nur anschließen. Besonders den letzten Absatz würde ich ähnlich interpretieren wie Monika. Vampir des eigenen Herzes: Ich denke, dein Freund merkt sehr genau, dass er selbst durch die Depression sein eigenes Herz zerstört, er kann aber nichts dagegen tun, weil die Depression ein Teil von ihm ist. Und eben weil er das weiß ist er quasi zum ewigen Lachen verdammt (das könnte man vielleicht ironisch sehen, also als höhnisches Lachen über die miese Situation) obwohl er nicht einmal mehr wirklich lächeln kann... Ich finde auch, dass es ein sehr gewagtes Gedicht ist... wie ist dein Freund überhaupt auf so etwas gekommen? Beschäftigt er sich generell viel mit Gedichten? Ich find es auch ziemlich anspruchsvoll, man muss es mehrmals lesen bis man es mal halb erfasst hat...
geena
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Beitrag von geena »

hallo nina, nur ganz kurz zu deinen fragen: er ist literaturwissenschaftler, hat, als er jung war, mal gedichte geschrieben und auch veröffentlicht. lyrik scheint ihm bis zu beginn seiner wesensveränderung aber nicht mehr wichtig gewesen zu sein. seine vorliebe für baudelaires dunkel-böse gedichte setzte mit dem zeitpunkt des krankwerdens ein. bin immer noch am nachdenken, melde mich morgen wieder. eine geruhsame nacht und erholsamen schlaf wünscht geena
Simon

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Beitrag von Simon »

Hallo Geena, Ich weiß nicht,aber ich glaube, dass der erste Abschnitt, beschreibt, das er jemandem Leid antun will,kann oder muss, weil er selber so leidet? "und ich werde aus deinem augenlid, um meine sahara zu tränken, hervorsprudeln lassen die wasser des leidens. mein mit hoffnung erfülltes verlangen wird auf deinen salzigen tränen schwimmen." Vieleicht denkt er, er braucht jemanden, der genauso leidet wie er selbst..ich denke, damit sagt er, dass er jemanden auf seine Emotionale Ebene "runter"-hohlen will..vieleicht dich..weil er nur so, wenn du auch so fühlst wie er, eine Chance auf eine Beziehung mit dir sieht!??? Ja und mit dem 2te Abschnitt, teilt er dann geschickt mit, was er fühlt..das macht er mit so einer Tragick...ich schreibe selber Gedichte...und ich denke, er ist voll und ganz im klaren darüber, das er und warum er so fühlt... Simon
Achim
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Beitrag von Achim »

Hallo Simon, sehr gut beschrieben! Ich fühle mich fast schuldig. Ob ich etwas auch das eine oder andere Mal so "gehandelt" ... Gruß, Joachim
Marina
Beiträge: 134
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Beitrag von Marina »

Der pragmatische Aspekt dieses Gedichtes ist der Hass auf sich selbst, die Unfähigkeit zur Liebe und die Gewißheit, Leid zu schaffen für Menschen, die ihn lieben. Dieses Leid schürt neuen Hass, und er fühlt sich dadurch einsam. Sein wahres Ich versteckt er vor der Welt und sehnt sich danach, seinen Gefühlen zu entkommen, durch die er zum Opfer und auch Täter geworden ist. Kaum jemand beschreibt die Abgründe der menschl. Seele so intensiv wie Baudelair, manchen macht das Angst, es sind aber oft nur einzelne Passagen, worin man sich selbst wiederfindet, eine kranke Seele ist allerdings anfälliger.
deafmouse
Beiträge: 31
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Beitrag von deafmouse »

Wow Marina... das trifft es irgendwie genau... @Geena: nun als Literaturwissenschaftler hat er da sicher nochmal ein ganz anderes Verständnis für und es ist vielleicht daher nicht abwegig, dass er sich in Gedichten auszudrücken/wiederzufinden versucht...
Namen sind Schall und Rauch!
Beiträge: 69
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Beitrag von Namen sind Schall und Rauch! »

Ein Glück lassen Interpretationen viel Spielraum, auch wenn meine Deutschlehrerin das nie akzeptieren wollte. Ich denke, dass Opfer und Täter, ein und die selbe Person sind. Jedes Leid tut er sich selbst an. Der Täter ist für mich die Depression oder der depressive Teil im lyrischen Ich. Und sie gehört zu ihm wie, seit seiner Schöpfung und dennoch leidet der andere Teil in ihm darunter. Er wird in diesen Teil auch nicht los, den es ist bis in alle Ewigkeit verdammt. Für diese Erkenntnis hasst es sich (ich versteh den Satz "bin ich ein schlechter Akkord als rhetorische Frage). Andere Idee: Das Gedicht drückt den Hass auf die Gesellschaft("das SIE trunken machen werden") aus, was auch der Titel andeuten könnte, denn das lyrische Ich denkt selbst und bekommt nicht alles vorgedacht. Das lyrische Ich will gegen Normen rebellieren, indem es um sich schlägt, obwohl es gar keinen Grund hat, eben nur den des Schlagens willen. Scheinbar ist für das lyrische Ich der Schmerz, eine Art Lebensbeweis. Er sehnt sich nach Flucht und sieht sein eigenes Denken als Fluch oder Missbildung, obwohl es sich mit großen Persönlichkeiten vergleicht, z.B. Moses. Die Beziehungen am Ende, drücken seine Erkenntnis aus, dass alle seine Taten am Ende ihn selbst verletzten werden, weil es darüber nachdenkt und nicht wie die anderen gewissenslos handelt. Krank oder? Vielleicht war ich grad deswegen nicht der Beste beim Interpretieren. Das lyrische Ich ist natürlich nicht dein Mann, aber vielleicht empfindet er auch so.
Sonja
Beiträge: 6
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Beitrag von Sonja »

Hallo, das erste Große Stichwort das mir einfällt, ganz spontan nach dem ersten lesen: Ohnmacht Finde die Anregungen der anderen interessant - ist doch verwunderlich wie jeder ein und den gleichen Satz interpretiert!! Wir sind doch alle ein großer bunter Teppich der Wahrnehmung. BL
monika
Beiträge: 60
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Beitrag von monika »

Hi Sonja, das wir alle so unterschiedliche Interpretationen liefern, hat sicher auch damit zu tun, das wir unsere eigenen Gefühle mit einbringen. Ich wette, in diesem Gedicht ist für jeden eine Passage, in der er sich selber irgendwie wiederfindet. Sobald ich in einem Vers meine Gefühle wieder finde, interpretiere ich das schon wieder ganz anders wie du vielleicht, weil genau diese Gefühle bei dir nicht so wirklich zutreffen. Bei so einem Gedicht (welches ja schon geradezu Weltuntergangstimmung verbreitet), ist es schwer objektiv zu bleiben, wenn es einem selber vielleicht ähnlich geht. Im Prinzip ist Geena doch das beste Beispiel. Sie ist "nur" Angehörige, und kann bei weitem nicht so viel mit diesem Gedicht anfangen. Aber was wir als Betroffene da schon alles raus geholt haben, ist doch ziemlich beachtlich. Auch wenn vielleicht jetzt so mancher Deutschlehrer die Hände über dem Kopf zusammen schlagen würde :-) Viele Grüsse Monika
I.M.
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Beitrag von I.M. »

ich will hier keine weiteren inhaltlichen interpretationen liefern, sondern auf einer anderen ebene argumentieren. dass der inhalt des gedichtes ziemlich depressiv ist ist ja wohl allen klar. dass er dieses gedicht ständig zitiert ist meiner meinung nach symbolischer ausdruck seines leidens auf zwei ebenen. nach innen und nach außen gerichtet. einerseits ein sich aufgehobenfühlen in dem sprachlich in form gebrachten leiden eines anderen mit dem er sich identifizieren kann. scheinbares verständnis eines anderen für sein leiden. nicht mehr allein. ... zum anderen ein apell an die außenwelt, ein hilferuf. weil ihm keine eigenen worte zur verfügung stehen bedient er sich dieser symbolischen form. so sehe ich das. ich finde es sehr gut von dir, dass du uns betroffene hier quasi als übersetzter befragst. das zeugt von großer anteilnahme und dem wunsch nach einfühlung und daruas resultierender hilfe. respekt. inka
geena
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Beitrag von geena »

meine lieben, euch allen von herzen meinen innigsten dank für eure gedanken und interpretationsversuche: jeder einzelne von euch hat mich zum nachdenken angeregt!! aus beruflichen gründen kann ich mich erst heute abend intensiver zurückmelden. seid alle bis dahin recht herzlich gegrüsst und noch mal ein dickes danke!! eure geena
Simon

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Beitrag von Simon »

OK Geena, mach ma! sowieso kann keiner, als der Dichter selber das von ihm gemeinte exackt wiedergeben...! Jeder dichtet es für sich sowieso um, wie er´s haben möchte :-) Und wir klammern uns hier an ein Gedicht, um den Kranken verstehen zu können..das ist etwas weit hergeholt, was dann die liebe Inka da sagt..also seit vorsichtig mit euren Interpetationen der Persönlichkeit, nur auf Grund eines Gedichtes...niemand vermag zu sagen, wie ernst er das Gedicht wirklich nimmt...
alki

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Beitrag von alki »

"Der Selbstdenker" ich werde dich schlagen ohne wut, und ohne hass, wie ein metzger, wie moses den felsen! - das heisst: ich werde dir wehtun und nichts dabei fühlen und ich werde aus deinem augenlid, um meine sahara zu tränken, hervorsprudeln lassen die wasser des leidens. -das heisst: ich werde dich zum weinen bringen, damit ich die bestätigung bekomme, dass ich nicht wert bin weiter zu leben. mein mit hoffnung erfülltes verlangen wird auf deinen salzigen tränen schwimmen. wie ein boot, das das weite sucht, und in meinem herzen, das sie trunken machen werden, wird dein liebes schluchzen widerhallen. ---Mit jeder deiner träne werde ich mich immer weiter von dir entfernen in richtung meiner sehnsucht, in richtung.... aus wie eine trommel, die zum angriff ruft. bin ich nicht ein falscher akkord in der göttlichen symphonie, infolge der gierigen ironie, die mich schüttelt und die mich beisst? sie ist die stimme, die schreierin1 -das heisst: bin ich nicht ein falsches Glied im Spiel des lebens, wo es um leben geht und nicht um das sterben wollen?? das ist all mein blut, dieses schwarze gift! -das schwarze blut, das ist die schwarze galle, die man früher für die ursache der melancholie hielt usw... ich bin der unheilvolle spiegel, -das heisst: alles was ich dir antue fällt auf mich gnadenlos zurück in dem die megäre sich betrachet, megäre= eine böse frau(kann auch ein mann sein, ist ja egal) ich bin die wunde und das messer! ich bin die ohrfeige und die wange! ich bin die gliedmaßen und das rad, und das opfer und der henker! -sehe oben, meine spiegeltheorie ich bin der vampir meines eigenen herzens, einer dieser grossen verlassenen zum ewigen lachen verdammten, und die nicht mehr lächeln können. Das heisst: ich lache sogar, wenn mir im inneren nach schreien und weinen ist. Damit zerstöre ich meine echten gefühle (Der sitz der gefühle wird im herzen vermutet, egal was die wissenschaft sagt, deshalb vampir des herzens)). so, das war meine interpretation Tschüssi Bolek
I.M.
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Beitrag von I.M. »

wollen wir nicht mal ein lexikon rausbringen ? depresion - gesund ich glaube das wäre der kassenrenner. inka
Michaela
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Beitrag von Michaela »

Lieber Simon, natürlich kennt nur der Dichter wie er es selbst gemeint hat...übrigens, wenn der nicht depressiv war, war ich es auch noch nie. Aber wenn wir Menschen ein extremes Tief durchleben, fehlen uns selbst die richtigen Worte und auch Gefühle, uns mitzuteilen. Deshalb sprechen oder / und handeln wir dann für die außenstehenden oft in Rätseln. Ich selbst habe oft verbittert nur Andeutungen gemacht ... dies und jenes sei ja so wahr... habe mehr oder weniger versteckt meiner Umgebung Vorwürfe gemacht, daß sie mich nicht verstehen und mich mit meinem Leiden so alleine lassen, obwohl diese gar nicht wußten, daß ich ihre Hilfe so nötig bräuchte. Deshalb kann ich mich Inka´s Worte nur anschließen. Geena, ich wünsche Dir und Deinen Mann alles Gute. Hoffentlich kannst Du auch genug für Dich sorgen, damit Dich diese schwierige Zeit nicht mit runter zieht. Bolek, danke für Deine Interpretation, habe lange nachgedacht, aber nicht geschafft, es für mich so deutlich darzustellen. Ciau, Michaela
Simon

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Beitrag von Simon »

Hiállöchen Michaela, Mh...ich kann relativ offen mit meinen Sorgen umgehen...aber vieleicht hat man Angst, dass einen die anderen als Quängelkopp sehen...und das ist für einen Mann bzw. Jungen wie mich besonders schwer zu verkraften, wenn dich jemand als "Weichei" siehtdenkt...! Sich zu verstellen kostet unglaublich viel Kraft, deswegen kämpf ich dagegen an es nicht zu tun..is aber genauso anstrengend :-)! Tja...und es gibt dennoch Leute, die, wenn man sich öffnet..oder bessergesagt es an der Mimik ect. deutlich macht, sich einen Dreck um dich kümmern...wie mein gesamtes Umfeld.. Geeeenaaaaa...schreib mal wieder! Wie siehts bei direuch aus????? Simon
geena
Beiträge: 11
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Beitrag von geena »

liebe baudelairedeutergemeinde, mensch, seid ihr hilfreich! ich komme ja mit dem lesen nicht mehr nach. weil ich mir vorgenommen habe, auf jeden von euch einzugehen - das gehört sich nämlich so, dauerts noch ein bisschen. komme eben von einer wahlkampfveranstaltung heim, die ich mir angehört hatte. typische bierzeltstimmung: verraucht, laut und angeheizt. und mir brummt jetzt der schädel. was ich trotz mangelnder konzentration noch loswerden möchte: er nimmt das gedicht sehr ernst. er hat, und das gab es noch nie, zettel mit den frz. schlüsselpassagen überm schreibtisch hängen und hat sich sogar für sein auto extra einen aufkleber mit der passage "ich bin der vampir des eigenen..." in französisch anfertigen lassen. hatte das gefühl, dass er damit bezwecken wollte, dass er nach der bedeutung seines stickers gefragt wird. es ging ihm da schon allein ums aussprechen dieses in meinen augen so schrecklichen, angstmachenden und letztendlich verzweifelten satz. in seiner gesunden zeit hat er sich mit symbolen, mit formeln oder anderen chiffren, sei es in form von gedichten, prosatexten, liedern etc. im sinne von sich wiedererkennen nicht beschäftigt. nein im gegenteil, er fand solche katalysatoren unnötig, überflüssig bis kitschig sentimental, hatte er doch genug eigene wortgewalt, um sich auszudrücken. die beschäftigung mit baudelaires "blumen des bösen" stand auf einmal zusammenhanglos mit seiner beruflichen tätigkeit im raum. von anfang an hat er sich gleich auf zwei gedichte kapriziert, den "selbstdenker" und den "vampir". so viel für eben. herzlichsten dank an euch alle. bis morgen, dann ganz ausgeruht eure geena
irmgard
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Beitrag von irmgard »

Hallo an alle, ich habe mich bisher noch nie mit Baudelaire befaßt. Das Gedicht habe ich beim ersten Lesen gar nicht verstanden, beim zweiten Lesen war ich entsetzt. Beim dritten Durchgang stellte ich fest - und das ist meine ganz persönliche Meinung - daß durchaus nicht nur Negatives darin enthalten ist. Moses klopft an den Felsen, um Wasser zu finden. Die Tränenströme tränken die Wüste Sahara. Sie dienen auch als Strom für das Boot Hoffnung. Dies sind alles sehr positive Bilder. Warum "kippt" das Gedicht dann? In dem Moment, in dem der Schreiber sich fragt, ob er "nicht ein falscher Akkord in der Sinfonie des Schöpfers ist". Ist das nicht genau das Problem, mit dem wir Depris zu kämpfen haben? Wir betrachten uns als falschen Akkord, wir passen nicht in die Gesellschaft, nicht in die Schubladen, die für jeden von uns bereitgehalten werden. Wir sind eben anders, leben anders, fühlen intensiver, sind vielleicht oft zerrissener als andere. Haben wir nicht oft das Gefühl, daß uns keiner versteht? Genau da liegt meiner Meinung nach der Knackpunkt. Warum sollten wir nicht in die Symphonie des Schöpfers passen? Um das Bild mal weiter zu spinnen: Er (nennt ihn Schöpfer, Höhere Macht, was auch immer!) bestimmt seine Akkorde und es sind nicht unsere Mitmenschen, die entscheiden, ob diese Akkorde richtig oder falsch sind! Ich hoffe, das alles war jetzt nicht zu pathetisch. Wünsche Euch allen eine gute Nacht. Liebe Grüße Irmgard
geena
Beiträge: 11
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

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Beitrag von geena »

hallo, melde mich jetzt erst zurück. bin momentan kurzfristig mit arbeit eingedeckt worden, die terminlich gebunden, fertigzustellen ist. und da habe ich nach einem berufsbedingten tag am pc, auch angesichts der lauen sommerabende wenig lust verspürt, noch mal in meiner freizeit an die kiste zurückzukehren. in den vergangenen tagen habe ich sehr aufmerksam eure definitionen und zustandsbeschreibungen von/der depression gelesen. zusammen mit den gedichtinterpretationen hat mir das einen tiefen, bisweilen auch erschrecken machenden eindruck von dem vermittelt, was alles in euch vorgehen kann/vorgeht, welche wirklichkeiten für/in euch existieren können. als angehörige konnte ich ja bislang immer nur facetten der depressiven innenwelt erahnen, bisweilen die richtung der depr. vorstellungen in etwa erspüren. das teilhaben an euren gedanken, auslassungen, gesprächen, sorgen und freunden bringt mich in meiner angehörigenposition ein ganzes stück weiter. dafür an euch alle danke! ganz kurz zur aktuellen situation: bin nicht untätig geblieben und habe mich informiert. kam über die landesapk bayern zum sozialpsychiatr. dienst hier vor ort - lebe in der tiefsten bayerischen provinz. wurde dort von der die angehörigengruppe leitenden psychologin gleich sehr unterstützt. könnte da nach bedarf jederzeit auch mal eine einzelgesprächsstunde einlegen. euch allen recht herzliche grüsse eure geena
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