Kindermund tut Wahrheit kund..... ?

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Wycombe1
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Kindermund tut Wahrheit kund..... ?

Beitrag von Wycombe1 »

Hallo,
meine jüngste Tochter ist 5 1/2 Jahre, geht noch in die Kita.
Ich habe seinerzeit unter einer schweren angst- und panikerkrankung mit leichter depression gelitten, seit gut 1,5 jahren bin ich panikfrei.
Meinen kindern habe ich nie etwas über meine erkrankung gesagt. Jetzt zu meinem Anliegen:

Wie gesagt, mein kind ist 5 1/2 und hatte letztens besuch von einer kindergartenfreundin. bei diesem mädchen weiss ich, das die mutter depressionen hat und das kind viel woanders ist zum spielen - was für mich kein prob ist, die beiden kinder verstehen sich gut.

ich habe nun letztens ein gespräch zwischen meinem kind und diesem mädchen mitbekommen.
das mädel erzählte meinem kind, das die mama depressionen hat; mein kind gefragt was das ist. das mädel sagte, mama gehts einfach nicht gut, aber ich sehe nichts, sie hat keine fleckn oder kopfweh oder oder oder (ich verkürz die aufzählung mal hier). mein kind konnte damit nicht viel anfangen. da sagte das mädel, mama liegt immer nur im bett, steht nicht auf, interessiert sich nicht mehr für mich. wenn ich mit ihr spielen will sagt sie nein. sie liest mir nicht vor, wenn ich ihr was male, guckt sie es kaum an, legts einfach nur weg. (hab jetzt mal aus der kindersprache in erwachsenen sprache "übersetzt"). mein kind war ganz erschrocken und fragte, ja, hat die mama dich überhaupt noch lieb? da sagte das mädel, ich weiss es nicht, papa sagt ja, aber ich weiss es nicht, denn mama interessiert sich ja nicht mehr für mich.....

mich hat das gehörte sehr erschrocken und auch traurig gemacht. als das mädel abends abgeholt wurde (vom papa) sagte sie beim weggehen, kann ich bald wiederkommen, bei euch ist es so schön....

ich weiss nun nicht ob ich den eltern davon erzählen soll oder nicht. da ich diese erfahrung selbst nicht hatte, da meine depri nur leicht war und es mich auch irgendwie wütend macht wie sehr das kind leidet.

daher meine frage: was tun, was sagen, wie sich verhalten? ich kenne den vater ganz gut (wie man kindergarten-eltern halt kennt), die mutter gar nicht, vielleicht 2 x gesehen.

VG, Wycombe1
Ich weiß freilich nicht, ob es besser wird, wenn es anders wird.

Aber soviel weiß ich sehr wohl, es muß anders werden,

wenn es besser werden soll.



(G. C. Lichtenberg)
rajo1
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Re: Kindermund tut Wahrheit kund..... ?

Beitrag von rajo1 »

Hallo Wycombe,

Ja.. Reden..

Mit dem Vater und dem Kind.
Und dem Kind geben, was du kannst .. Hoffnung.. Mut., Verständnis

Mit dem Kind ist schon gesprochen worden, so denke ich.
Beobachten, wie sich das weiterentwickelt. Dem Kind Aufmerksamkeit schenken.

Bestimmt ist es auch für den Vater wohltuend, wenn du dich sorgsam dazu äußerst und Verständnis aufbringst.

Reden.. ja..
Schwierig, die richtigen Worte zu finden.
Chiron
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Re: Kindermund tut Wahrheit kund..... ?

Beitrag von Chiron »

Liebe Wycombe,

es gibt ein Kinderbuch zum Thema.

http://www.balance-verlag.de/Buecher/de ... k/040.html

Vielleicht kann es Euch als Unterstützung dienen?

Liebe Grüße,

Chiron
"Was mich nicht umbringt, macht mich noch stärker."
Grenzgängerin
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Re: Kindermund tut Wahrheit kund..... ?

Beitrag von Grenzgängerin »

Hallo Wycombe,

das ist eine traurige Geschichte.

Ich glaube schon, dass ich vesuchen würde, den Vater darauf anzusprechen. Auch wenn das sicher nicht einfach ist.

Meiner Mutter ging es auch nicht gut, als ich klein war. Für mich war das schwer zu verstehen. Eine meiner ersten Erinnerungen ist meine weinende Mutter auf dem Badewannenrand. Ich fühlte mich hilflos und schuldig, fragte mich, ob sie wegen mir weint...
Ich kann mich nicht daran erinnern, dass meine Eltern versucht hätten mit mir darüber zu reden (ich war allerdings auch noch kleiner). Das Thema wurde jetzt fast 30 Jahre totgeschwiegen, erst vor ein paar Wochen machte meine Mutter Andeutungen und ich möchte sie demnächst gerne noch mal genauer nach der Zeit damals fragen.

Also ich denke, ich würde es dem Kind zuliebe versuchen. Vielleicht gibt es eine Möglichkeit, dem Kind besser zu erklären, was mit der Mama los ist und dass die Mama es wirklich noch lieb hat.
Es gibt da ja z.B. glaube ich ein ganz gutes Bilderbuch zu dem Thema und ein Gang zur Beratungsstelle für Kinder, Eltern und Jugendliche (durch die Eltern) z.B. wäre eventuell auch eine Mögichkeit, dem Kind Unterstützung zu geben.

Liebe Grüße
Wycombe1
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Re: Kindermund tut Wahrheit kund..... ?

Beitrag von Wycombe1 »

ich danke euch schon mal für die schnellen antworten.

ich habe mir überlegt erstmal mit den erziehern zu reden, zu denen hab ich einen guten draht und dann mal hören ob sie evtl. mit dem vater reden oder ich doch mit ihm allein....

für mich ist das echt schwer, denn meine eigene kindheit (war "dank" meiner mutter) extrem schei**e und ich habe jahre gebraucht um das zu verarbeiten und selbst eine gute mutter zu werden.... als ich das von dem mädel gehört habe, gingen bei mir "die messer in der tasche auf", ich weiss, das dürfte es nicht, denn meine geschichte ist meine, aber wenn ich mitbekomme das es kindern nicht gut geht kann ich nur mit mühe nur meinen verstand arbeiten lassen und meine eigenen gefühle draussen lassen.

ja, ich hol das mädel gern öfter mit zu uns, denn wie gesagt, die zwei verstehen sich echt gut und ich hab viel liebe "über".... aber trotzdem, es war so traurig....

das mit dem buch werd ich mir gleich mal anschauen und evtl. kaufen (aber greif ich da nicht über, könnte sich der vater damit nicht auf den schlips getreten fühlen?).

vg, wycombe1
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Grenzgängerin
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Re: Kindermund tut Wahrheit kund..... ?

Beitrag von Grenzgängerin »

Hallo Wycombe,

das mit dem Buch: ich dachte eher daran, wenn es zu dem Gespräch kommen sollte, das Buch zu empfehlen oder vorzuschlagen, da mal einen Blick hinein zu werfen, ob das für die Eltern was wäre.

Ich kann nachvollziehen, dass Dir "die Messer aufspringen" auf dem Hintergrund Deiner eigenen Betroffenheit.
Andererseits ist es für die Mutter/Eltern eine sehr schwierige Situation. Ich mag mir gar nicht vorstellen, ein Kind zu haben und so depressiv zu sein, wie die Kleine es von ihrer Mutter beschreibt. Ich stelle es mir furchtbar grausam auch für die Mutter vor. Da steht Dein Kind vor Dir und Du hast nicht die Kraft, Dich mit ihm zu beschäftigen und nicht die Gefühle, um ihm glaubhaft zu vermitteln, dass Du es liebst, vielleicht spürst Du es selber nicht mal mehr. Wie schrecklich muss das für eine Mutter sein?

Ich hoffe, dass ich nie in so eine Situation kommen werde.

Aber ich finde es wichtig, dass das Umfeld aufmerksam ist und vielleicht Wege aufzeigt, wie die Familie damit umgehen kann oder Anlaufstellen für Hilfe weitergibt. Wenn man selbst in der Situation ist, weiß man manchmal nicht, wo man suchen soll.

Es ist sehr nett von Dir, dass Du Dir vorstellen kannst, die Kleine häufiger mit zu Euch zu nehmen und ein Stück weit für sie da zu sein. Achte dabei nur auch auf Deine Grenzen.

Liebe Grüße
rajo1
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Re: Kindermund tut Wahrheit kund..... ?

Beitrag von rajo1 »

Und wenn sich der Vater auf dem Schlips getreten fühlt... ( was ich nicht glaube),

denn Angehörige sind doch mitunter sehr hilflos....es ist ihnen angenehm, wenn ihenen Beistand, Verständnis, Unterstützung, Hilfsangebote, Tipps angeboten werden...

Man kann es nicht wissen, aber da das Kind bestens Bescheid weiß, wird wohl zu Hause offen damit umgegangen, sonst könnte die Kleine nicht so reden..

Und liebevoll und verständnisvoll sorgt sich ja der Vater.... indem er der Kleinen die gute Zeit gönnt. Er ist wohl überlastet und überfordert.
Und wenn du erzählst, dass du selbst ähnliche Erfahrungen gemacht hast, dann...

Es muss ja kein langes Gespräch sein, aber er soll ruhig wissen, dass du informiert bist, dir Sorgen machst und es dich berührt.

Es ist stark anzunehmen, dass das auch im Kindergarten bekannt ist...


Aber wer kann und was kann helfen?

Alle und alles.. jeder und jedes ein bißchen..
Babi
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Re: Kindermund tut Wahrheit kund..... ?

Beitrag von Babi »

He wycombe,
du mußt auf jeden Fall reden, denn sonst trägt das Kind vielleicht einen psychischen Schaden davon.
Ich rede aus eigener Erfahrung.
Mein Vater hatte auch schon immer Depressionen und konnte sich nicht so um mich kümmern, wie ich es mir gewünscht hätte.
Meine Mutter war immer sehr dominant und mein Vater hat sich wegen seiner Depressionen immer ihr untergeordnet, nur um seine Ruhe zu haben, ich hätte mir oft mehr Unterstützung von ihm gewünscht, auch wenn ich weiß, daß er mich immer lieb hatte.
Jedenfalls war das dann so, daß ich mir als Kind die Schuld gegeben habe, daß alles so lief, wie es lief. Und das hat bis heute Spuren hinterlassen und ich bin selbst depressiv geworden durch die Situation in meinem Elternhaus.
Dem Mädchen geht es bestimmt wie mir damals, ihm fehlt Wärme und ich kann mir auch vorstellen, daß es sich fragt, was es falsch macht oder gemacht hat, daß es der mama so schlecht geht.
Du mußt da dringend reden, sonst denkt das Mädchen vielleicht noch, daß es an allem Schuld ist oder so.
Dein Weg, mit den Erziehern zu reden, ist genau der richtige. Du machst das ganz richtig.
Ich wünsch dir viel Glück.
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
Chiron
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Re: Kindermund tut Wahrheit kund..... ?

Beitrag von Chiron »

Guten Morgen Wycombe und @ all,

das Buch würde ich anbieten und denke der Vater wird dankbar dafür sein.

Selbst bin ich mit den teils schwersten Depressionen meines Vaters groß geworden.
Es war schrecklich sein Schluchzen hinter der verschlossenen Schlafzimmertür zu hören und nicht zu wissen was los ist.
Nur, dass ich ihn in Ruhe lassen soll. (Anweisung meiner Mutter)
Mir hätte es damals gut getan, kindgerechte Aufklärung zu erhalten.
Erst seit meiner eigenen Diagnose kann ich mehr Verständnis für meinen Vater aufbringen.

Meine behandelnde Psychiaterin hat immer ganz gutes Infomaterial über Depressionen im Wartezimmer. Leicht verständlich für Laien geschrieben. Inzwischen habe ich die ganze Familie damit versorgt und meine Mutter kann endlich leichter mit meinem Vater umgehen.

Diese Krankheit, da nicht sichtbar (...keine Flecken oder so...) ist nicht nur für nicht betroffenen Erwachsene schwer erklärbar.

Darum bin ich dankbar für die Infos, die es inzwischen darüber gibt.

Und zu der Sorge ob das kleine Mädchen einen psychischen Schaden davon bekommt:
Meine "Psychomacke" hat mit dem Umstand, dass ich die schweren Depressionen meines Vaters hilflos miterlebte nichts zu tun.
Ich habe lediglich die Veranlagung dazu geerbt.
Außerdem liebe ich meinen Vater über alles und konnte ihm hoffentlich seine Schuldgefühle bezüglich, er hat mir diese üble Krankheit vererbt, nehmen.
Es ist eben so wie es ist und andere Familien haben andere Krankheiten.

Liebe Grüße,

Chiron
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jolanda
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Re: Kindermund tut Wahrheit kund..... ?

Beitrag von jolanda »

Hi!

So einfach ist das nicht. Es gibt durchaus Kinder, die Schaden nehmen.
ich habe von meinem Vater nicht nur die Veranlagung geerbt, sondern auch durch seine psych. Konstitution und den sich daraus ergebenden Verhaltensweisen schaden genommen. Obwohl ich ihn mag.

Ich kenne auch in meinem Bekanntenkreis ein Kind, das offensichtlich Schaden nimmt an den psych. Erkrankungen der Eltern.

Je nach Konstitution des Kindes und dessen, was das gesunde Elternteil abfangen kann, kann das Kind durchaus Schaden nehmen.
Wobei ich natürlich immer für die Kinder hoffe, dass das nicht so ist. Aber aufmerksam sollte man doch sehr sein.

LG, jolanda


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Feedom's just another word for nothing left to lose (Janis Joplin)
Wycombe1
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Re: Kindermund tut Wahrheit kund..... ?

Beitrag von Wycombe1 »

Hallo,
also was den "Schaden" angeht: ich habe extremst unter meiner mutter gelitten und habe jahre, wenn nicht jahrzehnte gebraucht um damit irgendwie umzugehen.... deshalb hat es mich ja so berüht mit dem mädchen....

hab heute die erzieher angesprochen, wir haben donnerstag nen termin, weil so zwischen tür und angel wollte keiner von uns.

morgen kommt die kleine maus wieder mit zu uns, der vater (so schien es) hat sich gefreut, das wir sie gern mitnehmen und es keine "last" für uns ist.

VG, Wycombe1
Ich weiß freilich nicht, ob es besser wird, wenn es anders wird.

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(G. C. Lichtenberg)
kartoffelsalat
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Re: Kindermund tut Wahrheit kund..... ?

Beitrag von kartoffelsalat »

Hallo Wycombe1

ich kann mir gut vorstellen, dass dich das sehr berührt - es ginge mir genauso- weil ja alles so nah ist.

Ich finde auch, dass du darüber reden solltest, aber auf jeden Fall mit dem Vater und nicht mit den Erziehern. Er ist der direkte Kontakt zur Familie! Sicherlich ist es nicht sehr einfach, aber ich glaube, dass der Vater und auch die Mutter dir für die Anteilnahme dankbar sind.

Es zuerst mit den Erzieherinnen zu besprechen, würde mir als Betroffene sehr sauer aufstoßen. Ich hätte das Gefühl, dass jemand dem ich mein Kind "anvertraue" und sei es auch nur zum Spielen, mir auch vertrauen sollte.

So, dies meine persönliche Meinung
Nicht falsch verstehen
Kasa

P.S. Man kann nicht zwingend davon ausgehen, dass eine Erzieherin differenziert mit dem Krankheitsbild umgehen kann, daher sollte der anderen Familie die Chance gegeben werden das Gespräch selbst zu suchen.
Babi
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Re: Kindermund tut Wahrheit kund..... ?

Beitrag von Babi »

Alle Achtung wycombe...
ich finde toll, wie du dich engagierst....
Das würde sich sicher nicht jeder trauen...
Mach weiter so, du gehst den richtigen Weg!
Ich wünsch dir Glück und Kraft.
Babi
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
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