Depression und Suizid

Antworten
Susanne Carola Ziegler

Depression und Suizid

Beitrag von Susanne Carola Ziegler »

Hallo! Ich habe vor 2 Jahren meine Mutter, die unter starken Depression litt, durch Suizid verloren. Das Gefühlschaos und die offenen Fragen sind nach wie vor zermürbend. Dazu kommt die Angst, in gleiche Muster zu verfallen - trotz der Therapie, in der ich versuche, Strukturen meiner Familie zu durchschauen und mit Herz und Kopf zu vereinen. Gibt es vielleicht Menschen, die ähnliches erlebt haben? Bin für jeden neuen Gedanken dankbar, denn ich drehe mich laufend im Kreis...
Achim
Beiträge: 37
Registriert: 25. Apr 2006, 11:48
Kontaktdaten:

Depression und Suizid

Beitrag von Achim »

Hallo Susanne? Rebecca? Ich habe es zwar nicht so erlebt wie Du, aber von den Eltern über die Geschwister zu mir haben wir alle mit der gleichen Geschichte zu kämpfen. Alle haben wir mal mit mehr oder weniger starken Depressionen zu kämpfen. Der Schock kam, als ausgerechnet der "stärkste" von ihnen einen fast erfolgreichen Suizitversuch unternahm (das war ich). Dass ich damit jemanden verloren gehen könnte, habe ich damals nicht gesehen. Ja, die letzten Jahre war auch ich damit beschäftigt, die von Dir angesprochenen Strukturen zu durchbrechen. Leider fühlen sich meine Geschwister und Mutter nicht dazu in der Lage, obwohl zwei von ihnen selbst Therapie gemacht haben (ich habe sehr viele Geschwister). Es ist sehr schwer, sich eine eigene Identität anzueignen, die auf der anderen Seite doch so nachhaltig mit der der anderen verschmolzen ist. Ich habe mich weitestgehend von meiner Familie zurückgezogen. Wenn ich sie mal treffe oder mit ihnen telefonieren, holen mich die alten Strukturen zurück. Es scheint sich nichts verbessert zu haben. Sie meinen es ja nicht bös. Geben mir auch den Abstand, den ich brauche, aber trotzdem. Sie hängen noch drinnen, und ich kralle mich am Rand oben fest. Manchmal frage ich mich, ob ich mich einfach fallen lassen sollte. Die anderen würden sich freuen. Kralle ich weiter, oder versuche, ganz weg zu kommen, bleibt immer noch das Gefühl von Flucht oder des "in Stich lassens". Herz und Kopf - ja, das kann ich sehr gut nachfühlen. Mein Kopf sagt, dass ich mich trotz aller Zweifel weiter weg bewegen soll. Und das ist auch richtig, sonst findet man nie andere "Muster". Ich glaube, nichts ist schmerzlicher, als einen geliebten Menschen durch Suizit zu verlieren, besondern, wenn es sich um ein Elternteil handelt (die wesentlichsten Menschen überhaupt, sein sie nun "gut" oder "schlecht"). Manchmal gehen Depressionen so weit, dass man Liebe nicht mehr empfinden kann. Man "sieht" diese Gefühle zu anderen nicht mehr, und kann sie auch nicht mehr von anderen wahrnehmen, so sehr Du zum Beispiel vielleicht auch versucht hast, es ihr zu zeigen. Um die Frage des "Warum" beantworten zu können, müsstest Du Deine Mutter besser kennen (auch, was in ihr vorging), als Dich selbst. Wenn Deine Mutter Dich jetzt sehen könnte, würde sie sicherlich einen anderen Weg gegangen sein (ich weiss, wovon ich spreche!), und daran sollest Du immer denken, wenn Dich die Wut packt, oder die Trauer über den Verlust. In ihrer Verzweiflung hat sie einen Weg gewählt, der Dich tief verletzt hat, und Dich fragend und zermürbt zurücklässt. Das hat sie ganz sicher nicht gewollt. Sie fand damals nur diesen einen Weg. Hätte sie nochmal die Chance ... Versuch Du für sie und vor allem für Dich einen der anderen Wege zu gehen. Auf einem der Wege befinde ich mich zur Zeit. Gerade jetzt ist es zwar recht dunkel, aber selbst in Skaninavien folgt irgendwann auf Nacht wieder der Tag ... (oder man wählt ein "Land", in dem die Tage länger sind oder häufiger vorkommen) Gruß, Joachim Gruß, Joachim
Maike Zander
Beiträge: 48
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Depression und Suizid

Beitrag von Maike Zander »

Sehr geehrte Frau Ziegler, ich hoffe, dass Sie weitere Rückmeldungen aus diesem Forum bekommen. Als ich Ihr Posting gelesen habe, sind mir zwei Dinge eingefallen: Haben Sie schon etwas von den Selbsthilfegruppen AGUS (Angehörige um Suizid) gehört? Hier treffen sich die Angehörigen von Suizidopfern. Informationen über lokale Selbsthilfegruppen in Ihrer Nähe kann man unter folgender Adresse erfragen: AGUS, Wichernstraße 1, 95447 Bayreuth, Tel. 0921-66110 Ein - wie ich finde - sehr gutes Buch - beschäftigt sich auch mit dieser Thematik: Manfred Otzelberger "Suizid. Das Trauma der Hinterbliebenen" Ch. Links Verlag Berlin 1999. Alles Gute für Sie, Maike Zander Kompetenznetz Depression
Sonja
Beiträge: 6
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Depression und Suizid

Beitrag von Sonja »

Hallo Susanne, ich kann es zwar nicht genau nachempfinden aber im Gewissen Sinne doch. Meine Mutter hat auch einen Suizidversuch gestartet. Das ist ein Erlebniss das ich nie vergessen werde. Sie ist nicht gestorben. Mein Vater ist rechtzeitig heimgekommen und hat den Notarzt gerufen. Es ist schon eine ganze Weile her aber ich erinnere mich als wäre es gestern gewesen, an alle Einzelheiten. Es wird mich denke ich nie loslassen. Ich bin aber ein Mensch der sich sagt meine Vergangenheit und was ich erlebt habe gehören zu jedem menschen und macht ihn einzigartig. Meine Mutter bat mich sogar noch Papier und Stift zu bringe (für den Abschiedsbrief) das sind Momente die sich in mein Gehirn und in meine Seele eingebrannt haben. Genauso wie ich am nächsten Tag ihr Schlafzimmer betretten habe, wo es geschehen ist, und den Brief fand....ich möchte hier nicht ins detail gehen, interessiert ja auch nicht.. Was mir besondere Last macht ist, das ich quasi beteiligt war daran und als ich zu ihr wollte weil ich dieses schlimme Gefühl hatte, stand ich in der Tür und drufte nicht zu ihr... es war furchtbar.. ich fühlte mich ohnmächtiger den je. Das ist erst das 2. mal in meinem Leben das ich darüber spreche, ich habe mich immer geschämt für meine Mutter, weil ich dachte sie wollte uns Kinder im Stich lassen (ich war ca. 14)und das Aussenstehende das auch denken würden ich habe es deshalb immer für mich behalten. Ich wollte und WILL nicht das Leute schlecht über meine Mutter denken. Es ist geschehen und ich lebe damit und ich kann auch gut damit leben - Aber natürlich lebt man auch mit Erinnerungen. Welcher immer wieder an den Tag kommen. Meine Mutter leidet seit vielen Jahren an Depressionen... Hoffe ich konnte Dir ein bisschen von meiner Sicht schenken.
Sonja
Beiträge: 6
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Depression und Suizid

Beitrag von Sonja »

noch ein kleiner Nachtrag: Meine Mutter rettet sich in ihre Depressionen und in den Alkohl, ihre Ehe ist ein Haufen.... Das ist für mich fast noch schwerer zu handeln als der Versuch selber. Ich leide auch an Depressionen und wenn ich selber am Ende bin, dann ertrage ich das nicht und halte es nicht aus, ihr immer die Schulter hinzuhalten. Das geht immer wieder aber es gibt eben Momente in denen ich auch nicht mehr kann! Sie merkt das oft nicht und reagiert dann eher mit ablehnung oder unverständiss. Ich bin aber immer für sie da auch wenn ich es nicht ertrage. Das schlimme ist, dass ich denke das ich für sie sorgen muß und verantwortlich bin für sie, weil ich die einzigste bin die sie hat. (obwohl das wahrscheinlich nicht stimmt) Liebe Grüße BL
Antworten