Verschieberiitis

Denker
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von Denker »

Was mir hilft:
Ich sage mir, ich fange nur für 5 Minuten an. Danach kann ich tun, was ich will. Meistens will ich danach weiter machen.

Ein Problem können auch unklare Aufgaben bzw. Zielsetzungen sein. Otterchen schrieb oben, dass sie nur loslegen kann, wenn sie ein klares Ziel vor Augen hat.

Große Projekte können sich auch wie ein unüberwindbarer Berg vor einem auftürmen. Da hilft die Salamitaktik (das Zerlegen in kleine Schritte), die einem wieder das Gefühl der Überschaubarkeit zurückgibt.

Wenn ich allerdings sehe, welch ein geschickter Trickser mein innerer Schweinehund ist, dann muss ich leider eingestehen, dass das Austricksen des Schweinehundes nicht immer funktioniert.

Liebe Grüße
Denker
freebird
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von freebird »

Hallo Denke.

Salamitaktik wende ich auch an, nur in letzter Zeit war selbst die nicht möglich. Ich konnte anfangs, wegen meiner Entzündung im Steißbeingelenk (Rheuma) weder, sitzen, liegen, noch stehen. Musste hammermäßige Schmerzmittel nehmen, die mich total müde machen.

Als es mir besser ging, musste ich mich selbst zur Salamitaktik zwingen, der Schweinehund fletsche die Zähne und das Steißbein meldete auch immer wieder Protest an.

Heute aber habe ich endlich einfach wieder angefangen. Mal sehen wie weit ich komme.

Viele Grüße
Corinna
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flora80
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von flora80 »

Hallo Corinna,

deine "x ist besser als y" Taktik gefällt mir super!!! Danke für die Idee! Ich hänge gerade ab und merke, dass mir das gar nicht gut tut. Also versuche ich es damit: Mozzarella Tomaten machen ist besser, als Fernsehen. Noch einen Spaziergang machen ist besser, als hier am PC zu hängen...


Hallo Anke,

danke für deine lieben Wünsche. Mein Beruf ist in Ordnung für mich, aber ich hadere immer noch damit, dass ich eigentlich gern was anderes gemacht hätte. Aber bis mir das richtig klar war und ich mir das eingestehen konnte, war ich mit meinem Studium bereits fast fertig. Nun mache ich mein Referendariat erst mal zu Ende und dann sehe ich weiter, ob ich nicht doch noch eine Niesche finde, in die ich passe und mit der ich mich wohler fühle. Vielleicht bleibe ich auch bei dem, was ich jetzt mache. Who knows... Ich bin da innerlich noch nicht ganz klar mit. Gerade in der letzten Woche habe ich das ganze Gefühlsmäßig mit etwas Absatnd betrachtet, weil ich im Urlaub war und das Gefühl, irgendwie was anderes zu wollen, hat sich manifestiert. Aber WAS, das ist wirklich total unkonkret... So lange ich keine wirkliche Alternative habe, mache ich eben weiter. Bringt Geld und ich kann das, was ich mache, ganz gut... Eigentlich zwei gute Argumente. Und wer weiß wie es nach dem Ref aussieht. wahrscheinlich wird es dann eh leichter, weil der Dauerbeobachtungsfaktor wegfällt.

Liebe Grüße, Flora
otterchen
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von otterchen »

Hallo!

Eine meiner Taktiken ist auch, mit mir selbst zu handeln - und mich richtig toll aussehen zu lassen.

• Zum einen: etwas machen, dann eine Pause einlegen (PC-Spiel, Kaffee, surfen, lesen...)
• Dann: sich für das Erledigte loben! Nicht noch antreiben, sondern wirklich sagen "he, das machst du prima - klasse hast du das wieder hinbekommen - du hast den Bogen raus" usw.
• Und: nicht "das Bad putzen" sondern das Waschbecken, den Spiegelschrank, die Dusche, das WC, den Fußboden, das Fenster... dann sieht man hinterher auch wirklich, wieviel das ist. Und für jede einzelne Tätigkeit gibt's eine Belohnung.
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freebird
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von freebird »

flora,

meine Taktik hat gestern wieder funktioniert und mein innerer Schweinehund hat den Knochen aufgeschnappt und ist in seiner Hundehütte verschwunden.

Scheinbar komme ich wieder in Tritt.

Viele Grüße
Corinna
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flora80
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von flora80 »

Hallo Otterchen,

ja, diese Belohnungstaktik hat mir früher mein Vtherapeut auch immer empfohlen, genauso wie die "Salamitaktik"... Aber nichts von dem konnte ich umsetzen, ich weiß nicht genau warum. Irgendwie war das nichts für mich. So langsam kann ich mit der Salamitaktik ein bisschen was anfangen, aber mit den Belohungen, das klappt immer noch nicht.


Hallo Corinna,

super, dass es funktioniert hat! Also ich bin gerade im Aufwachmodus. Um acht kam es mir vor, wie mitten in der Nacht. Ich frage mich, wie ich den Schulbeginn überleben soll... Ich bin im Moment nicht schwer Depri oder so, aber ich merke, dass es einiges gibt, das mir nicht gut tut oder das im Moment schwierig ist. Ich versuche es heute wieder mit der "x ist besser als y" Taktik.

Bisher:

"Kaffee trinken ist besser, als sich im Bett rumwälzen".

"Im KND surfen ist besser, als gar nicht wach werden"

Gleich geht es weiter

"In die Schule fahren und Schlüssel bzw. Schulinterne Lehrpläne fürs nächste HJ besorgen ist besser, als hier weiter gelähmt abzuhängen"

Außerdem versuche ich es jetzt mal wieder mit Tagesplan. Das hilft auch nicht immer, aber heute hab eich ein gutes Gefühl dabei.

Vormittags: Schulkram erledigen.

Nachmittags: Bett im Schlafzimmer auf die andere Seite räumen und Schreibtisch an seinen neuen Platz stellen. Schreibtisch dann sortieren und aufräumen. Schrank aus der Küche ins Schlafzimmer räumen. Alte Ordner aus dem Studium aussortieren und wegschmeißen. Elektroschrott in den Keller verschieben.

Wenn ich DAS heute schaffe, dann werde ich schon mal zeimlich erleichtert sein.

Ich habe bei mir auch noch einen weiteren Auslöser für Prokrastination gefunden und mich würde interessieren, ob das sonst noch jemand kennt:

Ich habe Angst vor Erschöpfung. Ich denke, dass ich mich jetzt nicht verausgaben darf, damit ich nicht komplett fertig aus den Ferien komme. Da ich in der nächsten Woche eine sehr anstrengende Therapiesitzung vor mir habe, schwebt da auch etwas Panik mit, mich bei Arbeitsbeginn völlig überfordert zu fühlen. Das Gefühl von Erschöpfung triggert bei mir immer die Angst vor einer Depri Phase, weil ich da immer extrem erschöpft und gelähmt bin und nur auf dem Sofa liegen will. Ich kann das grad irgendwie nicht besser beschreiben. Kennt jemand die Angst vor Erschöpfung?

Liebe Grüße,

Flora
freebird
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von freebird »

Hallo Flora,

Zitat:
"Kennt jemand die Angst vor Erschöpfung?"

Ich kenne diese Angst nicht, ich finde das Gefühl von Erschöpfung gerade Angenehm, besonders, wenn ich gerade etwas anstrengendes hinter mich gebracht habe. Es gibt mir ein gutes Gefühl, etwas geschafft/geleistet zu haben.

Es stellt sich jedoch die Frage, warum du solche Panik vor Erschöpfung hast. Was verbirgt sich hinter deiner Angst?

Viele Grüße
Corinna
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flora80
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von flora80 »

Hallo Corinna,

die Frage, was sich hinter der Angst verbirgt, ist nicht kompliziert zu beantworten.

Ich weiß von mir, dass ich nach Erschöpfung sehr lange zur Regeneration brauche. Wenn ich also "zu viel" mache, dann wirkt sich das nicht nur für den Tag aus, ich gehe früh ins Bett und am nächsten Tag ist es wieder OK, sondern ich schleppe das lange mit mir rum. Das löst eine Kettenreaktion aus und irgendwann bin ich dann in einem Status, das ich permanent müde bin und mich ganz schwer konzentrieren kann. Mit viel Mühe kriege ich dann meine Arbeit mehr schlecht als recht erledigt und es kostet dann Kraft, den Schein zu wahren und mir in der Schule nichts anmerken zu lassen. Das bedeutet, das mein Leben ab so einem Zeitpunkt nur noch aus arbeiten gehen und irgendwie das Leben aufrecht erhalten besteht. Freizeit kann ich dann nicht mehr genießen, weil ich viel zu müde dazu bin. Und das führt auf sehr direktem Weg in die Depression. Ich würde da dann nur raus kommen, indem ich mich krank schreiben lasse, was ich aber weitestgehend verhindern will.

Das Wissen darum macht es aber nicht wirklich besser

Ich finde es verdammt schwer, die richtige Balance zu finden zwischen zu viel und zu wenig tun. Die Angst vor dem zu viel tun bewirkt dann eben, dass ich Dinge ewig vor mir her schiebe. Ich dachte, dass das Gefühl vielleicht noch mehrere haben... Vielleicht meldet sich ja noch jemand.



Grüße, Flora
Xayide1
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von Xayide1 »

Oh Flora,

ich kenne das so gut.
Einerseits das Schwanken zwischen der Angst mich selbst zu überfordern und wieder in die Depression zu rutschen,
andererseits die Schuldgefühle, das schlechte Gewissen, weil ich "dies oder das" wieder nicht geschafft habe.


Ich lese schon eine Weile in diesem Thread mit und bei Euren Worten hallen die Sprüche, die ich mir so oft von vielen Leuten anhören musste, in meinen Ohren wieder:

Du musst einfach nur anfangen!

Du bist einfach nur faul!
Stell Dich net so an.......

Xayide
Ilka
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von Ilka »

Liebe Flora,

>"Ich weiß von mir, dass ich nach Erschöpfung sehr lange zur Regeneration brauche. Wenn ich also "zu viel" mache, dann wirkt sich das nicht nur für den Tag aus, ich gehe früh ins Bett und am nächsten Tag ist es wieder OK, sondern ich schleppe das lange mit mir rum....."

"Ich finde es verdammt schwer, die richtige Balance zu finden zwischen zu viel und zu wenig tun. Die Angst vor dem zu viel tun bewirkt dann eben, dass ich Dinge ewig vor mir her schiebe. Ich dachte, dass das Gefühl vielleicht noch mehrere haben... Vielleicht meldet sich ja noch jemand. <

Jo, ich melde mich!!!

Du schreibst mir aus der Seele.
Besser hätte ich es überhaupt nicht ausdrücken können.
Kann gerade auch nicht mehr dazu schreiben..., wollte Dir jedoch mitteilen, dass Du mind. eine Leidensgenossin hast!!!

Lieber Gruß Ilka!
Babi
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von Babi »

Ich kenne das alles auch.
Das auf den nächsten Tag verschieben.
Und auch die Balance zu finden zwischen wenig und viel tun.
Manchmal mute ich mir zuviel zu und manchmal bin ich nicht in der Lage irgendwas zu tun und bin aber gleichzeitig unzufrieden darüber, wenn ich an einem Tag nichts getan habe. Das fördert dann wieder die Depression.

He Xayide.....
diese Sprüche kenne ich zu genüge vor allem von meiner Familie. Dabei will ich ja und es geht oft nicht.
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
otterchen
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von otterchen »

Hallo Flora,

ja, diese Angst vor Erschöpfung kenne ich! Bei mir ist sie aber anscheinend ein wenig anders:

Bloß nicht jeden Tag was vornehmen - und wenn's nur Stadtbummel und Treffen mit Freundinnen sind... weil... dann ist man hinterher total fertig.
Warum?

Ich glaube (!), weil ich dann, während ich dies mache, nicht bei mir bin. Irgendwas in mir schreit dann "genug!" und ich brauche Zeit für mich. Auszeit, Alleinesein, Ruhe. Ich brauche sehr lange und sehr ruhige Zeiten, um mich selbst wieder wahrnehmen zu können.

Ist vielleicht wieder die fehlende Achtsamkeit? Die Ablenkung von mir selbst, die Aufmerksamkeit aufs Außen?


Was ich dazu aber noch für mich festgestellt habe: ich gebe in der Arbeit 100%. Oh, wie mach ich's deutlich?

Ich hab mal schnell ein Bild gebastelt - siehe unten.

Also: man stelle sich einen Kreis vor, ein Tortendiagramm: er stellt die 24 Stunden des Tages dar. Ca. 8 Stunden davon sind Schlaf - und die sollten Energie geben.
Es bleiben 16 Stunden für Arbeit, Freizeit etc. - das entspricht der reinen Stundenzahl. Aber was ist mit meiner Energie?

Man sollte eigentlich seine Energie einteilen: 50% für die Arbeit, 50% für die restliche Zeit. Theoretisch. Nun braucht man oft für die Feierabendzeit nicht soviel Energie; besonders, wenn man nichts großartiges vorhat.
Mir scheint es so, als würde ich fast die kompletten 100% (die für 16 Stunden reichen müssten), in der Firma lassen. Da bleibt für die restliche Zeit kaum noch was über!

Ich kann dies aber ändern - wenn ich weiß, dass ich abends noch etwas Besonderes vorhabe (einkaufen, Haushalt etc.), dann versuche ich bewusst, in der Arbeit einen Gang runterzuschalten.

Gut wäre es auch, wenn man noch irgendwelche Energietankstellen hätte. Meine Energietankstelle ist derzeit wirklich die Ruhe auf der Couch vor dem Fernseher. Ich merke, dass ich spät abends wieder einiges anstellen könnte (und zum Teil auch mache).
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otterchen
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von otterchen »

2. Posting:
(gibt sonst ein Durcheinander wegen des Bildes):

Zur Belohnungstaktik: dahinter steht bei mir das Zweiergespann Erwachsene/Kind. Ich führe mir ganz klar vor Augen, dass das Kind bei Untätigkeit/Lustlosigkeit die Führung übernimmt. Und ich nehme Kontakt mit ihm (ihr) auf, ein richtiges Zwiegespräch (herrje, während ich dies schreibe, kommt direkt der Gedanke "wie blöd klingt das denn").
Jedenfalls: wir machen das dann zusammen!
Als Kind bin ich nie irgendwie zu Hausarbeit angeleitet worden. Es kam nur "aufräumen!", aber nie eine Erklärung, warum das sein muss, oder dass das auch Spaß machen kann, wenn man das zusammen macht, oder wofür das gut ist... es war immer nur die Pflicht zu spüren, ein "das macht man so" oder "was sollen die Leute denken"... und irgendwie fühlte ich mich immer allein und (vor allem) nicht gut angeleitet! Da war niemand liebevoll bei mir, hat mir geholfen, es mir geduldig erklärt, mich gelobt.

Das mache ich jetzt anders! Ich kann meine Kleine dazu überreden, mit mir zusammen etwas im Haushalt zu tun. Ich mache dass dann im Halbstunden-Takt: um 10.30 fange ich mit der Küchenarbeitsplatte an. Und je schneller wir das hinbekommen, desto mehr Zeit haben wir wieder, um irgendwas anderes zu tun... bis dann um 11 Uhr wieder was anderes fällig wird.
Ich teile mir diese Zeitpunkte bewusst nach Kleinstaufgaben ein, und ich habe schon oft gestaunt, dass man sowas in wenigen Minuten schaffen kann. Wie gesagt: nicht "Bad putzen", sondern Waschbecken, Wanne, WC etc. jeweils alleine.
Ich komme dann bei solchen Aktionen richtig in Schwung, dass ich mehr mache und schon eher was von meiner Liste streichen kann. Und die Kleine in mir hat ihren Spaß - wir machen was ZUSAMMEN, und ich lobe sie andauernd.
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lukas-mobil
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von lukas-mobil »

Guten Morgen Ihr Lieben,

die Richtige Balance in den Dingen zu finden, die ich erledigen will (oder muss) ist für mich auch sehr schwierig, ich nehme mir immer zuviel vor, und bin am Abend frustriert, wenn ich es nicht geschafft habe.

Daher habe ich mir angewöhnt, die Aufgaben nach meinen eigenen Prioritäten neu zu sortieren (die meisten kommen ja von außen, da sagen andere ich muss - und diese verbrauchen meistens ehr meine Energie). Also mache ich mir morgens, oder manchmal auch schon am Abend vorher, eine kurze Liste was heute ansteht, erst einmal ungefiltert.

Dann markiere ich alles davon, was wirklich nicht verschoben werden kann (also z.B. zur Arbeit gehen, die Aufgaben dort zeitgerecht erledigen ...)

Als nächstes kommen die Aufgaben, von denen ich meine, dass sie nicht verschoben werden können und hinterfrage es mit: Warum glaube ich es und was würde schlimmsten Fall passieren, wenn ich es heute nicht schaffe.
(Für mich ein riesen Filter und eine große Entscheidungshilfe). Wäsche waschen oder Bad putzen sind z.B. Aufgaben, bei der es darauf ankommt, wie dringend es wird.

Und dann kommen die Dinge, die ich richtig gerne mache, die aber oft untergehen würden. Dazu gehören auch Sport, Tanzen, mit Freundin telfonieren, einen Milchkaffe zwischendurch trinken und dabei im Roman lesen (insgesamt will dich davon mindestens 30Minuten jeden Tag)

Was dann noch übrig ist, ist nicht wirklich wichtig.

Alle bekommen eine eigene Farbe, so haben meine Lieblingsthemen z.B. die Farbe orange,
das was unbedingt sein muss (und wenn ich ehrlich bin meistens auch gut gelingt) die Farbe grün und die wichtigen Aufgaben bekommen blau.

So kann ich allein durch die Farben darauf achten, dass möglichst jeden Tag ORANGE in meinem Kalender vorkommt (für mich eine unglaublich energiebringende, fröhliche Farbe) und GRÜN als meine Herzfarbe freut mich, wenn ich ebenfalls bewältigt habe.

Zwischendurch plane ich mir immer wieder kleine Momente (manchmal nur eine 1/2 Minute) ein, bei der ich etwas für mich mache, wieder Energie auflade: Z.B. wenn ich viel am Rechner sitze schaue ich regelmäßig aktiv für einen kurzen Moment aus dem Fenster und schaue in die Ferne (Entspannt die Augen) und genieße es einfach nichts zu tun (wie Loriot). Dass musste ich allerdings lange üben, bis ich mir selbst erlauben konnte nichts zu tun.

Da ich einen Hund habe, habe ich das Glück regelmäßig in die Natur zu müssen - und dabei "Spiele" ich, was nehme ich heute wahr, was gibt es heute zu entdecken. Draußen im Grünen zu sein, ist für mich Akkuaufladen pur - und das beste, an Tagen, wo eigentlich nichts geht, gehe ich nur zur Lichtung, setze mich auf einen Stein und sitze einfach nur Gedankenverloren rum. Allerdings habe ich auch immer einen kleinen Wecker dabei, für den Fall, dass mein Hund mich nicht aus dieser Position wieder rausholt.

Also, meinen Tageskuchen habe ich ergänzt, mit vielen Kurzmomenten des Energieaufladens. Vor allem, weil ich mich nicht darauf verlassen kann, dass ich Nachts genügend Energie sammeln kann.

Trotzdem gibt es auch bei mir viele Tage, bei denen es nicht klappt - aber durch meinen bunten Tageskalender kann ich mich schnell daran erinnern, was ich alles schon geschafft habe, was bereits funktioniert.

Mir ist jetzt schon oft geraten worden, ein "Glücksmomente-Tagebuch" zu führen, also alles Aufzuschreiben, was mich freut, was mir gut gelungen ist, worauf ich stolz bin. Jeden Abend vor dem Schlafengehen kurz zu überlegen, was war heute gut, was hat mit gefreut bzw. über wen habe ich mich gefreut.
Konnte mich aber bisher nicht überwinden, ein Tagebuch anzufangen, doch der Gedanke abends nicht an all die Dinge zu denken, die nicht geklappt haben, sondern an die, die gut waren lässt mich tatsächlich besser schlafen.

Hat da jemand von Euch Erfahrung?

Sonnige Grüße
Anke

P.S. sorry, ist ein wenig lang geworden
lukas-mobil
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von lukas-mobil »

Hallo Flora,

hast Du mal probiert statt "zu viel" und "zu wenig" einfach nur "Viel" und "Wenig" zu denken?

Bei mir ändert sich dann etwas. Vielleicht magst Du es ja auch probieren.

Sonnige Grüße
Anke
flora80
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von flora80 »

Hallo zusammen!

Vielen Dank, dass ihr mir von euren Erfahrungen berichtet, das tut gut!

Ich habe gestern viel ( Anke) geschafft! Schule, Möbel kaufen, Schlafzimmer umräumen, wegschmeißen, aussortieren, putzen, Regal aufbauen...

Das kleine Teufelchen, das mir, als ich abends dann nach einem langen Telefonat mit einem Freund ins Bett gehen wollte, in mein Ohr flüsterte, dass ich ja aber den Schreibtisch noch hätte sortieren und umstellen müssen und dass ich deshalb ja mal wieder nichts hinbekommen hätte, versuche ich zu vertreiben. Der Schreibtisch ist dann dafür heute dran, genauso, wie die Küche und das Wohnzimmer. Ich warte noch auf Möbel, so dass es hier zeimlich chaotisch ist, weil der alte Kram teilweise ausgeräumt ist, aber eben noch rumsteht. Ganz fertig werde ich wohl erst am Montag, weil ich vorher neimanden habe, der mir beim Aufbauen helfen könnt bzw. dabei, noch eine Kommode aus dem Möbelhaus abzuholen, die ich allein nicht ins Auto bekomme. OH MANN. Ich hasse sowas auf der einen Seite absolut, auf der anderen Seite tut es aber auch gut, hier endlich mal wieder frischen Wind rein zu bekommen und sich von Altlasten zu trennen. Übers WE bin ich mit Freunden unterwegs und es schleicht sich schon die ganze Zeit das Gefühl ein, dass mir das eigentlich zu viel ist und ich lieber zu Hause bleiben würde (...wo es ja schließlich noch genug zu tun gibt ... ). Aber wenn ich erst mal da bin, ist es sicher schön... Nur mal wieder das berühmte Aufraffen....


@ Otterchen, was du zum "Zeit für sich selbst brauchen" schreibst, trifft auf mich wohl auch ähnlich zu...

Liebe Grüße, Flora
kormoran
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von kormoran »

hallo ihr,

angst vor erschöpfung, zeit (viiiiel zeit) für sich brauchen ... yepp, da bin ich

mit der aufschieberei, die auch ich in manchen dingen praktiziere ( corinna ) hab ich das aber noch nicht in verbindung gebracht.

also ich sehe es eher als gesunden fortschritt, gewisse dinge 1. nicht zu tun und 2. mich dafür dann nicht zu beschimpfen, weil ich eben in meinem zeitbudget die prioritäten so setze, dass es mir gut geht. und gut gehen heißt auch, erschöpfung zu vermeiden und genug zeit und stille allein haben.

bis vor einiger zeit hat mich nahende erschöpfung noch fast in panik versetzt, inzwischen kann ich ziemlich gut damit umgehen. ich nehme mir die zeit die ich brauche, wenn ich zu wenig zeit für mich habe, dann muss ich eben welche schaffen, weil ich sonst nicht bei mir bin, und dann geht's bergab ...

und so schaffe ich es auch immer besser, zum beispiel zu ausflügen am wochenende ganz da und bei mir und bei der sache zu sein - und dann ist der stress des zuhause-nicht-alles-schaffens schon weit geringer.

die aufschieberei ist bei mir noch am ehesten mit so einer verweigerung des braven funktionierens verbunden, meine ich

in diesem sinne - gute nacht, ist schon
allerhöchste eisenbahn fürs bettchen!
kormoranin
 http://www.depressionsliga.de
*** zurück ins leben!
Babi
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von Babi »

Ich habe auch noch eine Lösung gefunden, um der Aufschieberei entgegenzuwirken.
Ich belohne mich immer mit etwas, das ich gern mache oder gern esse usw. wenn ich etwas nicht verschiebe sondern gleich erledige. Ich nehme dann immer eine Belohnung, wo ich gerade total Lust drauf habe, das spornt mich dann an, etwas zu tun und es nicht zu verschieben und wenn ich es dann gemacht habe, bekomme ich die Belohnung. Das wirkt bei mir sehr oft.
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
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flora80
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von flora80 »

Klassisch: Wenns doch zu viel war, merke ich es meistens viel zu spät... heute war wohl zu viel, wie man an der Uhrzeit, um die ich, wenns mir gut geht längst schlafe, erkennen kann...

Ich hab da mal wieder was unterschätzt... Herrje. Versuch macht kluch. Irgendwann werd auch ich es wohl raus haben...

Flora
otterchen
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von otterchen »

Ich verschiebe gerade...
und ich merke: weil ich nicht weiß, WIE ich es machen soll (meinen Vermieter ansprechen mit einer unangenehmen Sache).
Ich glaube, wenn ich genau wüsste, WIE ich es machen soll - nämlich auf die Art und Weise, die MIR entspricht - würde es gehen.
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
flora80
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von flora80 »

Guten Morgen Otterchen!

Ja, es hilft oft schon enorm, wenn man eine Herangehensweise für sich findet, die das Unangenehme minimiert. Die zu finden, ist nicht immer ganz leicht... Aber wenn der "Plan" steht, dann wird es einfacher. EInfach mal alle Möglichkeiten (auch die auf den ersten Blick unmöglichen) auflisten und dann schauen, was am Besten wäre?

Lieber Gruß, Flora
lukas-mobil
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von lukas-mobil »

Guten Morgen in die Runde,
hallo Kormoranin,

Du schreibst mir aus der Seele, dass ist genau das, was ich gerade mache, mir aber nicht klar war.
Gestern war so ein Tag, den brauchte ich dringend für mich. Natürlich kam spätestens am Nachmittag die Stimmen, "du musst das und das noch machen". Ich hatte die Kraft (und auch die Möglichkeit) zu sagen, "Nein, diese Zeit gehört mir, alles andere kommt morgen". Das Beste, ich bin höchst zufrieden schlafen gegangen ohne Selbstvorwürfe.

Jetzt muss ich heute zwar etwas mehr erledigen (lässt sich nicht mehr schieben) aber ich bin viel energiereicher und fröhlicher, so dass ich sicher bin, dass ich auch schneller fertig werde.

Kennt Ihr solche Momente auch? Wie bewahrt Ihr diese Erinnerung, damit sie in schwierigen Zeiten abrufbar ist?

Sonnige Grüße
Anke
lukas-mobil
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von lukas-mobil »

Hallo Otterchen,

oh, dass klingt sehr vertraut. Ich übe mit einer Technik, die mir viel Spaß macht:

"Stell Dir vor, Dein Problem, Deine Sorgen haben Urlaub und sind mal eben auf den Malediven, also nicht da.
Wenn Du jetzt so ganz lässig und unbeschwert auf Deinen Vermieter triffst, was wäre dann anders.
An welcher Kleinigkeit könntest Du erkennen, dass das Problem im Urlaub ist."

Sonnige Grüße
Anke
lukas-mobil
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Registriert: 2. Aug 2009, 14:10

Re: Verschieberiitis

Beitrag von lukas-mobil »

Hallo Ihr Lieben,

Eure vielen guten Erfahrungsberichte haben in mir einen Gedanken gepflanzt, der sich nun so richtig ausbreitet:

Welchen Formen, Anlässe von Aufschieberitis gibt es eigentlich?
Was ist davon völlig Normal (auch die Normalos leiden ja bekanntlich darunter) und wann hat es mit Depression ein Verbindung.
Gibt es unterschiede im Umgang, je nachdem wann wir Aufschieben, und im gefühlten ICH?
Wann sind die Selbstvorwürfe stark, wann nicht? Wann nerven uns die Anderen, wann nicht?

Ich hoffe, Ihr könnt mit meinen Fragen etwas anfangen.
Sonnige Grüße
Anke
freebird
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von freebird »

Liebe Anke,

Bei mir hat alles mit Depressionen zu tun. Ich war früher kein Typ der Dinge lange vor sich her geschoben hat und ich war gern mit anderen Menschen zusammen.

Erst seit ich an Depressionen leide, merke ich wie schwer mir die Dinge oft fallen und dann schiebe ich sie vor mich her. Wenn ich die Mütze verbogen habe , dann kann ich auch kaum Menschen in meiner Nähe ertragen.

Viele Grüße
Corinna
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