Mein Weg aus depressiven Strukturen

HelH3
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von HelH3 »

N'Abend allerseits

@Virginia

Nichts ist daran falsch, die eigenen Erfahrungen und Wahrnehmungen mit Krankheit und Bewältigung weiterzugeben. Die Grenze zum induktiven Schluss ist und bleibt natürlich auch für ausdrucksstarke Menschen schwierig zu formulieren.

Nachdem ich Meister Rörichs Eingangsposting in diesem Thread nochmals gelesen hatte, schwand mein in den letzten Tagen aufgebautes Unbehagen wieder etwas - weil ich es klar als Erfahrungsbericht ohne Allgemeingültigkeitsanspruch verstand. Es fiel mir leichter, die Glaubenssätze als solche zu erkennen, als dies in den bekannten letzten Threads der Fall war.

Thomas hat halt beschrieben, wie ER seine Einstellung zu sich und der Umwelt änderte und wie IHN dieses Menschen-/ Weltbild emotional stabilisiert(e) - vermutlich auch ein jahrelanger Prozess...?

Unabhängig davon existiert natürlich vielfältiges zwischenmenschlich verursachtes Leid. Äußere, in dem Fall menschliche Auslöser können psychische Resonanzreaktionen bewirken und nicht erst seit der Entdeckung der Spiegelneuronen weiß man, wie schnell, tief und nachhaltig sich das Ausleben negativer Impulse auf die umgebenden Menschen bzw deren neuronale Netzwerke auswirken kann.

Ein solcher neuropsychologischer Prozess ist zum Glück nicht immer und grundsätzlich irreversibel. Manche gelangen durch Psychotherapie und/ oder Medikation zu einer gesünderen Eigenwahrnehmung, andere hingegen werden nie gesunden, wenn sie sich nicht auch von den ihnen schädlichen, äußeren Einflußfaktoren befreien können. Extrem belastende Lebensumstände - dazu können auch andere Menschen zählen *g* - können nicht für jeden nur durch eine veränderte Sicht auf sich selbst erträglicher werden. In ihnen zu verharren oder an ihnen zu klammern, verhindert von vorne herein eine gesündere Eigenwahrnehmung.

Gute Nacht wünscht Helena
Mira1953
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von Mira1953 »

Liebe Helena,

ich hätte es nie vermocht, es so auszudrücken, Du sprichst mir aus der Seele.

Wenn ich dazu noch die Aspekte von Delta berücksichtige, dann bin ich mir sicher, das Depressionen kein Tagesausflug sind.

Selbst wenn ich als Depri bei mir bleibe, solange ich unerträgliche äussere Bedingungen erlebe, die ich nicht ändern kann (z.B. als Kind oder Arbeitnehmer) ist der Weg zur Gesundung versperrt. Je länger jemand unter solchen Bedingungen leidet, desto länger wird es auch dauern, bis er einigermaßen gesund ist. Wenn überhaupt.

Einfach alles aus dem Gedächtnis löschen können, das wäre zu schön.

Vielleicht sollten so manche Ärzte einfach mal erkennen, dass die Heilung bei Depressionen nicht das Ziel sein kann. Die kleinen Schritte und Fortschritte, die machen das Leben wieder lebenswert. Wer mehr erwartet, muss wahrscheinlich mit der Enttäuschung leben, nie jemanden zu heilen.

Wieso soll eigentlich der Patient für die Erfolgserlebnisse des Arztes sorgen? Frage ich mich gerade.

Wenn einem Psychiater das Gejammere zu viel wird, dann kann er doch den Beruf wechseln. Das müssen andere Berufstätige u.U. auch, wenn sie sich in ihrem Beruf überfordert fühlen oder unerfüllbare Erwartungen an ihn haben.

Ist es nicht so, dass depressive Menschen schon lange leiden, bevor sie anfangen zu jammern? Ist Jammern nicht schon als Fortschritt zu bezeichnen? Natürlich werde ich nicht glücklich, wenn ich immer nur jammere.

Zum anderen verstehe ich es gar nicht, weshalb sich darüber aufgeregt wird, wenn Menschen jammern. Überall sind wir Druck und Erwartungen ausgesetzt. Sogar in einem Depri Forum.

Druck erzeugt Gegendruck und damit erneute, unnötige Qualen.

Gute Nacht, schlaft gut und träumt was schönes, Mira
schatzi
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von schatzi »

Zitat von T.:

Drücke negative Gefühle nicht aus, sondern nimm sie zu dir. Sie auszudrücken ist Abwehr und hat zum Ziel, sie aus dir rauszuwerfen.

- Verurteile niemanden für deine negativen Gefühle, es sind allein deine

- Glaube nicht, dass jemand dir negative Gefühle machen kann. Es ist nur dein Versuch, sie aus dir rauszuwerfen.

- Glaube nicht, dass negative Gefühle eine Funktion haben. Nichts wird besser oder anders, wenn Ärger oder Groll auftauchen.

- Du bist an nichts schuldig. Du konntest nie wirklich verletzt werden.

- Wenn du beschließt, nicht schuldig zu sein, kann dich nichts verletzen.

- Rechtfertige Ärger und Groll auf andere nie damit, dass sie einen Fehler gemacht haben. Das ist genau der Weg, eigene negative Gefühle vor sich selbst zu verbergen

und/oder

http://www.kompetenznetz-depression.de/ ... 1243971877



..........speziell für Menschen und Männer die erkennen können, dass die Fortführung und Entstehung ihrer erworbenen Vulnerabilität Gründe haben wird. Werde ich mit dieser Verletzbarkeit vielleicht schon geboren oder wird sie uns nur anerzogen?

Welche Rolle spielen Neurotizismus, fehlende Resilienzen und Copingverhalten in Bezug auf die Veranlagung hierdurch eher anfälliger für traumatische Stresserlebnisse und psychische Erkrankungen zu werden und wie kann ich mich da herauslösen, wenn überhaupt?

Natürlich möchte man diese unermessliche Grundwut und den Hass auf bestimmte Personen gerne wieder loswerden und die steckengebliebenen Introjekte einfach wieder ausspeien. Freud spricht in diesem Zusammenhang nicht umsonst von Vernichtungswunsch und "Mordlust" und das Kinder diese beiden Konfliktpole von Liebe zu Todeswunsch selten günstig verarbeiten und kompensieren werden können.

Da wird dann später auf Boxsäcke und Kissen eingeschlagen um sich vielleicht den "inneren schwarzen Teufel" selber auszutreiben. In meinem Falle schwang ich früher diese Riesenaxt in den Holzklotz oder malträtierte mich schon recht früh mit habitualisiertem Training als Leistungssportler. Es schafft kurzzeitig Erleichterung, aber Heilung entsteht hierdurch leider nicht. Den vielen eigenen Erfahrungen und Äußerungen trauriger Erlebnisse und Erkankungssymptome anderer Menschen in Gruppentherapie und Selbsthilfegruppen folgend, loswerden und loslassen geschieht nur durch innere Annahme und Assimilierung der Aggression u.a. durch Achtsamkeit bezüglich der schädlichen Auswirkungen für die eigene Gesundheit. In diesem Zusammenhang ist u.a. die häufig anzutreffende psychosomatische Erkrankung des Bluthochdrucks zu nennen.

"Du bist Schuld" bedeutet "Du hast Macht über mich und das darf nicht sein". Dieser Regelkreislauf der Schuldzuweisung findet bei manchen Menschen leider bis zum Ende ihres kurzen Lebens statt. Schuldzuweisung bedeutet Abwehrverhalten der dahinter steckenden Grundgefühle verletzt und hilflos zu sein. Nur wenn ich bei mir bleiben kann, den anderen nicht für meine Gefühlsdefizite verantwortlich machen muß kann ich von diesen ablassen. Doch was mich in diesem Fall viel eher ratlos macht ist die Tatsache, was tritt an die Stelle dieser bisher besetzten und verschwendeten Kraftpotentiale bestimmter Abwehrmechanismen? Man stelle sich nur einmal vor, es gibt da niemanden mehr den man für seine Seelenpein verantwortlich machen kann? Vater, Mutter oder andere Personen ihre Hauptrolle im eigenen Lebensdrama verlieren. Niemand ist mehr hierfür da ausser ich selber.

bo.
Guinevere
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von Guinevere »

Nen wunderschönen guten Morgen allen.

Hallo Bo,

>Werde ich mit dieser Verletzbarkeit vielleicht schon geboren oder wird sie uns nur anerzogen?

wie meinst Du das denn mit anerzogen? Ich bin mit dem Hochsensiblen geboren, und u.a. eben deshalb in der Kindheit eben leichter traumatisierbar gewesen. Brauch mir da nur so manches altes Foto angucken...

Hmm, ich denk mir, so wohl schon im Nachhinein betrachtet *ablach*... für mein nächstes Leben dann, such ich mir vor meiner Geburt dann hoffentlich ein ruhigeres aus:))). Hatte zwar irre viel an Wachstumsmöglichkeiten (wohl ne Katze, wie oft benannt, wegen der 9 Leben), aber, bin froh, dass ich da hoffentlich durch bin, und es mich noch gibt. Es kann dann ab und an richtig heftig schön sein hier...

Lieben Gruß allen,
manu
tomroerich
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von tomroerich »

Guten Morgen!

ich wollte einfach noch mal versuchen, das inzwischen sehr komplex erscheinende Problem auf einen möglichst einfachen Nenner zu bringen.

Es ist emotionaler Stress, der Depressionen verursacht - wenigstens ist das in sehr vielen Fällen wohl so. So wie ich das verstehe, ist emotionaler Stress bedingt durch fortgesetztes Sorgen, Grübeln, Verletztsein, Ärger, Trauer... all das, was ich zusammenfassend als neg. Gefühle bezeichne.

Wenn ich keine Depressionen mehr will, werde ich nicht umhin können daran zu arbeiten, diese Gefühlsschleifen zu unterbrechen und zu verlassen. Da sie gut eingeübt wurden und das gehirn offensichtlich gerne immer wieder darauf zurückgreift, haben diese Empfindungen die Tendenz, quasi von selbst aufzutreten. Oder schon durch einen geringen Stimulus. Die Bestätigung für diesen Zusammenhang lässt sich durch einfache Beobachtung z.B. hier im Forum finden.

Denkpositionen wie: neg. Gefühle sind berechtigt, werden benötigt, zeigen Qualitäten an etc. gehören dabei einfach zum Gesamtsystem der heimlichen Befürwortung neg. Gefühle dazu. Was nicht verwundern darf, denn wer kann fortgesetzt neg. Gefühle empfinden, ohne dabei seine Überzeugungen so anzupassen, dass diese nötig und berechtigt sind? Es nicht zu tun würde bedeuten, in einem Dauerkonflikt mit sich selbst zu sein.

Was ich oben ausdrücken wollte ist lediglich die simple Umsetzung einer Gegenstrategie, die nur darauf abzielt, krank machenden Gefühlen eine Absage zu erteilen. Man kann nicht beides tun. Krank machende Gefühle haben wollen und gesund sein.

Ein immer wieder In-Szene-Setzen von schmerzhaften Situationen kann kaum dazu beitragen, diese Schleifen machtlos zu machen. Natürlich kann man alle möglichen Einwände haben. Z.B. ob man krank machende Gefühle ausdrücken soll oder nicht. Man kann auch eine philosophische Diskussion daraus machen oder behaupten, das sei Gefühlskontrolle. Ich fand es für mich immer erleichternder, darauf zu verzichten. Ich habe sie nicht unterdrückt sondern ich habe mich lediglich auf meine Entscheidung berufen, dass ich sie nicht mehr möchte.

Es ist nicht mehr notwendig als das und eine gewisse Wachheit gegenüber sich selbst, wann die alten Muster sich melden. Ich kann dann zweierlei tun. Ich kann eine Rechtfertigung für sie erfinden (der hat mich angegriffen also ist es gerechtfertigt) oder ich entscheide mich, meinem Entschluss treu zu bleiben.

Erst durch die Erfahrung, was das für Ergebnisse bringt, wird klar werden, dass rechtfertigende Denkweisen für neg. Gefühle nichts weiter sind als ihre direkten Folgen. Die alten Theorien darüber, wie wichtig neg. Gefühle sind, werden dann einfach durch andere ersetzt, die etwas anderes befürworten.

Gott sei Dank vefügen wir über das Mittel, selbst lange gelernte Muster zu revidieren, indem wir "uns" dazwischen schalten und neu wählen. Die Leiden der Depression sollten genug Ambition sein, das auch zu tun.

Ausschließlich auf dem geschilderten Hintergrung stehe ich "Jammern", dem ungehemmten Ausleben von "Du hast mich verletzt" etc. kritisch gegenüber und aus keinem anderen Grund. Darin steckt keinerlei persönliche Kritik sondern nur die Frage, ob das nützt oder schadet.



Thomas
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912318798
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von 912318798 »

Thomas !


Du hast etwas an DIR verändert,
um negative Gefühle in Dir zu besiegen,...
sie nicht mehr auf andere zu projizieren.

Was hättest Du gemacht, wenn Deine Verletzlichkeit aus dem Außen (und die folgenden Depressionen)
auf Unabänderlichkeiten an Dir begründet gewesen wären,
auf Konstanten, die DICH ausmachen, angeborenen Gebrechen?

Du hast Deinen Start-Beitrag nachträglich editiert,
welchen Teil hast Du infolge späterer Erkenntnis als unpassend erkannt,
den Deine ursprüngliche Intuition jedoch als anzumerkend erachtet hatte?

Irgendwie untergräbt dieses nachträgliche Ausbessern den Anspruch auf Seriosität.
(WENN man schon unterwegs zu neuen Erkenntnissen gelangt, sollte man die alten stehen lassen und begründete Korrekturen anbringen!
Ich bin, und wie ich meine, die meisten Teilnehmer hier sind es ebenso,
für Einsicht sehr emfänglich!! )


Vielem von dem, was Du schreibst, kann ich bepflichten,
aber ehrlich gesagt, finde ich Deine Botschaft ein wenig lehrsatz-haft,
auch wenn Du - schlauer Weise - gleich im ersten Absatz darauf hinweist, daß Du "eigentlich von Dir selber redest".


Übrigens glaube ich Dir nicht, daß Du den Weg aus den depressiven Strukturen bereits gefunden hast,
Du hast nur einen Weg gefunden, die Hindernisse zu umschiffen.

...reine Interpretationssache.


Ich kann mich nur Sednas und delta's Eindrücken und Argumenten anschließen,
und noch obendrauf setzen,
daß es offensichtlich tatsächlich Depressionen unterschiedlicher Qualität gibt.
(Wobei ich betone, daß ich nicht die der schlimmsten Art für mich beanspruche!!!)

Darüber hinaus würde es mich schon grundsätzlich interessieren, wie man das macht,
"ein negatives Gefühl zu mir nehmen",
ich kann mir darunter gar nichts vorstellen, als die Sache mit mir selber auszumachen,
sozusagen eine Re-Projektion ,
Hilfe!!!
(Offensichtlich ist DIR noch kein bescheuerter Autofahrer irgendwo reingefahren und hat dann beteuert, DU wärst Schuld an dem Unfall!
ICH hab' mir wieder angewöhnt, zu schimpfen, wenn mir jemand bei 140 Sachen auf der Heckstoßstange sitzt, oder auf der Autobahn umdreht, weil er die Ausfahrt versäumt hat,
ich kann bei alledem patout kein Verschulden bei MIR finden,
auch keinerlei Befreiung,
und wenn ich nicht nach außen reagiere, wird mir eines Tages hinten drauf gefahren, oder ich einem Geisterfahrer begegnen!
Dies nur zum etwas periphäreren Exempel)

Sedna und delta haben es schon gesagt:
Es ist eigentlich genau das Gegenteil von dem, was mich in Wirklichkeit befreit,
befreien soll, laut Aggressionsabbau-Theorie.
Die wird schließlich auch von weiten Gebieten der Psychologie recht vehement vertreten,... ( ! )
..."Aug' um Aug' " hin oder her...

Ich kann nicht - und ich meine, niemand kann es, auch DU nicht - aller Übels Ursprung und Lösung bei mir selber suchen.
Jemand, der keinen Weg findet, mit dieser Suche zurande zu kommen,
würde eines Tages kläglich an Selbstverurteilung scheitern,
und versuchen, ein Ende zu machen.


Einfach zum Nachdenken...

Jojo


Werde ich eigentlich je eine Antwort hierauf http://www.kompetenznetz-depression.de/ ... 1248000039 bekommen?
DIESER Thread ist nämlich keine.
912318798
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von 912318798 »

Schmarr'n!
Jetzt hab' ich Deinen letzten Beitrag erst jetzt gesehen,
muß aber weg!

Liebengrußerstmal!

Jojo
Emily
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von Emily »

Hallo alle, hallo Jojo.

>>> Übrigens glaube ich Dir nicht, daß Du den Weg aus den depressiven Strukturen bereits gefunden hast,
>>> Du hast nur einen Weg gefunden, die Hindernisse zu umschiffen.

Was ich an diesem Forum nie verstehen werde: Warum glaubt man einem Menschen nicht, der sagt, er hat seine Depression überwunden? Weil nicht sein kann, was gar nicht sein "darf"? Weil bei einem anderen etwas gar nicht sein kann, was bei einem selbst leider noch nicht soweit ist? Weil nicht sein kann, wovon man lediglich "glaubt", dass es nicht sein kann???
Würde denn ein Weg, der die Hindernisse nur "umschifft" hat, nicht zwangsläufig wieder in einer neuen Depression enden? Warum sollte jemand wie Thomas, der den Leidensdruck einer Depression nun wahrhaftig zur Genüge kennengelernt hat, davon sprechen, dass er dieses tiefe Tal überwunden hat, wenn es gar nicht so wäre? Das macht doch beim besten Willen überhaupt keinen Sinn ...

Lieber Thomas,

danke erneut für deine vielen guten Gedanken und Denkanstöße. Durch dich habe ich vieles im Zusammenhang mit meiner eigenen Depression und mit der Depression anderer Betroffener um vieles besser verstehen können.
Sicherlich kann man deinen Weg nicht eins zu eins auf andere übertragen. (Diesen Anspruch hast du ja auch ganz bewusst niemals erhoben, auch wenn der eine oder andere das wohl gerne so sehen würde.) Aber das heißt ja nicht, dass man durch deinen Weg nicht auch einmal ein paar neue Impulse erhalten und ausprobieren kann.

Selbst heute, etliche Jahre nach meiner eigenen Erkrankung, lese ich deine Beiträge immer noch sehr gerne und mit großem Interesse, und ich sitze oft vor dem PC und denke: "Aha! Stimmt genau! Endlich habe ich diese/n Aspekt/Frage/Ereignis/Unklarheit etc. verstanden!"

Gruß von
Emily
Clown
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von Clown »

Moin Jojo,

irre ich mich oder klingst du sauer in deinen beiden Postings eben?

Zwei Dinge an Thomas' Weg (den ich auch versuche, mit allmählichem Erfolg aber nicht frei von Rückschritten!) finde ich entscheidend:

1. Man muss ihn ausprobieren, um zu merken, was er bringt.

2. Dies hier...

«das Mittel, selbst lange gelernte Muster zu revidieren, indem wir "uns" dazwischen schalten und neu wählen.»

... ist nach meinem Empfinden der schwierigste Teil. (Deswegen der Traubenzucker für den Neocortex )
Das kriegt man/frau nicht von heute auf morgen hin, ich glaube dazu gehören tatsächlich solche Geist-Trainings wie Meditieren, Body-Scan-Übungen, Beobachtungsübungen etc. . Und es gehören Erkenntnisse und Entdeckungen über die Muster, die in einem wirken dazu - also vorzugsweise professionelle Arbeit in einer Psychotherapie. (Wenn du einen Pfarrer/Freunde hast, der/die in Gesprächen dir auch dazu verhelfen können, Glückwunsch!) Und es braucht ein 'Vorbild': Wenn mich jemand annimmt mit meinen Sch...-Mustern, dann könnte ich es ja auch mal probieren ...

Jojo, wenn du das von dir denkst -

«...Unabänderlichkeiten an Dir begründet gewesen wären,
auf Konstanten, die DICH ausmachen, angeborenen Gebrechen?»

- dann kannst du das für eine unumstößliche Wahrheit halten und dich für ewig verdammt fühlen, oder du kannst ausprobieren, ob es sich verändern lässt - siehe oben.

Liebe Grüße,

Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
tomroerich
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von tomroerich »

Liebe Jojo,

du unterstellst alles in allem etwas Unlauteres. Dagegen kann ich nichts tun. Die Frage bleibt, warum und wozu das dienen soll. Aufklären kann ich nur das Edit. Es ist nachvollziehbarerweise wenige Minuten nach Erstellung des ursprünglichen Beitrags gemacht worden - ich hatte ihn da noch einmal gelesen und ich habe den letzten Satz hinzugefügt.

Da du ja insgesamt aber eher von Mogelei, Unseriosität und Unglaubwürdigkeit auszugehen scheinst, wird auch diese Erklärung nichts daran ändern können.

Du, es mag durchaus so sein, dass Depressionen so etwas wie einen angeborenen Defekt darstellen können. Vielleicht gibt es das. Vielleicht ist es auch so, dass schon der Glaube des Angeborenseins dazu führt, dass man sie akzeptiert. Die Forschung legt jedenfalls gerade nicht nahe, dass es Knock-Out-Gene gibt. Lies mal da das Buch von J.Bauer - Das Gedächtnis des Körpers. Dort wirst du erfahren, dass die Funktion von Genen eine andere ist, als früher einmal gedacht. Sie lassen sich durch Denken und Einstellungen und Lebensweisen Ein- und Ausschalten.

Ich will dir aber deine Überzeugungen der absoluten Schicksalshaftigkeit nicht nehmen und auch keine Garantie übernehmen, dass das, was ich zu bedenken gebe, jede Form von Depression hinwegfegen wird. Die erlernte Depression allerdings wird man logischerweise nicht in den Griff bekommen, wenn man das wiederholt, was sie ausgelöst hat. Mehr will ich garnicht sagen und wem diese Logik nicht einleuchtet, der hat wohl eine andere Vorstellung davon, was Depressionen sind und muss andere Wege versuchen.

Wozu nun aber gut sein soll zu behaupten, ich habe ja doch Depressionen, habe sie aber umschifft... das ist schon seltsam. Was ist denn dann Umschiffen? Ich habe eigentlich Kopfschmerzen, habe sie aber mit ner Aspirin umschifft? So?

Und es ist eben gerade nicht lehrbuchhaft, was ich sagen möchte, weil es so wohl nicht in vielen Lehrbüchern drinsteht und ich habe es auch nicht aus Lehrbüchern. Das ist nicht notwendig, weil es auf einer sehr einfachen Einsicht beruht, die ganz ohne Lehrbuch gemacht werden kann. Dennoch ist die Umsetzung nicht einfach für mich gewesen aber auch nicht so schwer, wie es erscheinen mag. Es ist eine Frage der Konsequenz und - wie Clown sehr richtig sagt - des Ausprobierens.

Du kannst vor mir aus Tobsuchtsanfälle kriegen, wenn dir jemand auf die Stoßstange aufrückt, aber du wirst nicht erklären können, was das an der Situation ändert und inwiefern das eine positive Veränderung deiner Lebenssituation darstelllt.


Es ist ganz einfach, Jojo. Wenn du glaubst, dass Ärger, Stress etc. gut sind, dann hab sie halt, pflege sie, mach, was du denkst. Ich habe sie für mich als Krankmacher identifiziert, ich habe Mittel dagegen gefunden und es geht mir einfach um Klassen besser. Meine Beziehungen sind harmonischer geworden, in mir breitet sich Frieden aus und Wohlgefühl mit mir selbst.

Dass du anscheinend noch nie davon gehört hast, dass Ärger und Stress krank machen, wundert mich allerdings. Soo exotisch ist nun wirklich nicht, was ich sage.

Und nun berichte ich hier davon und jeder darf sich etwas daraus ziehen oder aber es ablehnen. Ganz nach gusto.



Thomas
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von 912318798 »

Liebe Emily!

Wollen wir Thomas' Antwort abwarten?

Abgesehen davon, ist es tatsächlich und absolut MEIN Nicht-Glauben, mein Eindruck, den ich aus dem ziehe, was ich von Thomas kenne, da ist nichts aggressiv,
ich respektiere ihn genau wie Du und lese ebenso gerne seine Beiträge!

Ich freue mich für Dich, daß Du gute Fortschritte machst und Dir Thomas dabei helfen konnte!


Lieben Gruß

Jojo
Tine
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von Tine »

@ Thomas and all,

ich denke es ist nicht zu leugnen, dass man nicht alles was in der Welt geschieht, neutral sehen kann. Ich will hier auch nicht das Fass öffnen und über den Satz des Protagoras diskutieren. Allerdings haben sich in der Interaktion zwischen Menschen bestimmte Verhaltensweisen herauskristallisiert, die im Allgemeinen als negativ empfunden werden, das kann zum Teil aus kulturellen Gründen variieren.

Nehmen wir ein einfaches Beispiel:
Ein Mensch beschimpft mich auf übelste Weise und wählt dabei Worte, die bewusst unter die Gürtellinie gehen. Ich kann auf verschiedene Weisen damit umgehen.
Ich kann sehen, dass das Verhalten dieses Menschen, die Worte, die er wählt, ganz viel, wenn nicht sogar ausschließlich, etwas mit ihm zu tun haben. Mag sein, dass er selbst eine verletzte Seele hat und er zur Zeit keine andere Reaktionsweise zur Verfügung hatte. Mag sein, dass er nie gelernt hat, sich anders zu artikulieren, vielleicht auch deshalb, weil er nie eine Rückmeldung erhielt. Ungeachtet dessen, empfinde ich es als völlig gesund, wenn ich auf ein solches Verhalten zunächst einmal mit negativen Emotionen reagiere.

Die meines Erachtens entscheidende Frage ist die, was ich in der Folge mit meinen Emotionen mache. Ich kann sie als quasi natürliche Reaktion annehmen; wenn ich mag, kann ich sie gegenüber dem Verursacher auch artikulieren. An dem Punkt angekommen, wo ich sie mir zugestehe, habe ich weitere Wahlmöglichkeiten.
Ich kann in meinem Gegenüber den Menschen sehen, der ebenfalls inneren Nöten ausgesetzt ist, der ebenso in die Welt geworfen ist wie ich und zuweilen seine Schwierigkeiten hat, sich in ihr zurechtzufinden. Ich kann quasi in ihm den Bruder erkennen, den Bruder den man annimmt, dem man vergibt, ohne dabei großzügig zu sein, sondern weil man ihn erkennt. Vor diesem Hintergrund verlieren meine Emotionen in Bezug auf sein Handeln ihre Schärfe, sie richten sich weder gegen mich, noch gegen ihn. Sie sind Bestandteil der Welt.
Ich habe aber auch eine andere Wahl, und wahrscheinlich wählen die meisten depressiv erlebenden Menschen (mich eingeschlossen) genau diesen Weg: Ich wurde beschimpft, das verletzt mich. Ich sehe die Ursache nicht im Menschsein des anderen, sondern in mir. Etwas an mir stimmt nicht, deshalb wurde ich beschimpft. Es ist eine Strafe für mein SoSein. Die Menschen mögen mich nicht, die Welt mag mich nicht, ich bin zu unwichtig, als dass etwas so sein könnte, dass es mir nicht schadet. Aus einer Beschimpfung, die mir widerfahren ist, mache ich eine Weltsicht, die sich immer wieder bestätigen wird.

Ein Problem an dem ich persönlich extrem knabbere ist dieses, dass ich sehr gut in der Lage bin, anderen Menschen zu vergeben. (Auch hier wieder der Zusatz, dass es sich hierbei nicht um gönnerhaftes Vergeben handelt, sondern um verstehen) Allerdings gelingt es mir nicht in Bezug auf meine eigene Person. Vermutlich bin ich der einzige Mensch auf dieser Welt, dem gegenüber ich nicht nachsichtig, großzügig, gnädig sein kann.

LG in die Runde
Tine
rajo1
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von rajo1 »

ach ja, wenn das alles so einfach wäre und auf eine formel gebracht werden könnte.. und die leute das endlich einsehen könnten, dann wäre alles ganz anders und keiner mehr depressiv..

na ja, bissel vorlaut..
rajo1
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von rajo1 »

ein mensch beschimpft mich.
Okay, ich erkenne, warum er das tut und dass es nicht an mir liegt.
ich verstehe ihn und vergebe ihn innerlich und versuche das auch real.


dieser Mensch verbreitet weiter üble nachrichten über mich und versucht sein image damit aufzubessern.

das ist mobbing.
gut erkannt.

was tun?

wenn dadurch das gesamte Umfeld in aufregung gerät?

alle schuld innerlich von sich weisen und die dinge geschehen lassen?
oder schuld und auslösungsfaktoren bei sich suchen?

ich bin nicht schuld und die beschuldigung der anderen ertrage ich verständnisvoll, weil es nur auf die vergebung ankommt?

die vergebung nützt mir nichts, ich kann vergeben, muss mich aber wehren.

der andere, ist der zur vergebung, zur klärung, zur einsicht bereit?

na, wir lesen es mitunter hier, es ist dem menschen so eigen, weil es ja nicht nur gute menschen gibt.
Wir lesen im forum sinngemäß:
meinen frust( es ist unbekannt wovon der frust rührt) bekommt jemand ab, den ich im forum nicht leiden mag und ich äußre mich krass, unfair, ungerecht und verletztend, aber meistens passt es.

zur erläuterung:
ich fühle mich von keiner person hier im forum angegriffen.
ich greife nur die äußerungen und verhaltensmuster von bestimmten usern hier auf und beziehe mich auf das praktische leben. in der theorie, die durchaus ihre berechtigung hat und so überzeugend klingt, beweist sich in der praxis nicht durchführbar.
ich kann noch so gut kommunizieren, mich verhalten, ich kann vergeben, ich kann meine denkmuster verändern, meine strategien anpassen, gegen machtvolle strukturen und menschen und vorurteile bin ich verloren.
ich kann mich in mein schicksal fügen?
ich kann lernen damit umzugehen?
was auch immer?
es geht nicht um autofahren oder geplänkel zwischen freunden, nicht um eine paarbeziehung. es geht um ein ganz normales grundbedürfnis, was jedem menschen zusteht, mir aber bewusst wegen frust bzw. vorurteilen genommen wurde.
ich kann erkennen, wenn es mir gelingt, die zusammenhänge zu erkennen, meinen stress niedrig zu halten, das bestmöglichste für mich zu tun, fühle mich aber der macht unterlegen und mich in meinem bedürfnissen eingeschränkt.

rajo
steppenwolf1

Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von steppenwolf1 »

Hallo Thomas,


Das Gedächtnis des Körpers. Dort wirst du erfahren, dass die Funktion von Genen eine andere ist, als früher einmal gedacht. Sie lassen sich durch Denken und Einstellungen und Lebensweisen Ein- und Ausschalten.

Das habe ich auch schon gehört. Und du schreibst, dass Du deinen Weg aus der Depression gefunden hast. Ich glaube ihn auch zu verstehen.

Allerdings habe ich doch noch ein paar Fragen. Wenn die Gene, die zur Depression führen (eigentlich ist es ja "nur" eine Veranlagung), durch Denkweisen ausgeschaltet werden können, ist es dann nicht auch so, dass rein theoretisch ein depressiver Mensch, der jetzt andere Denkweisen verinnerlicht hat, ohne Medikamente auskommen könnte ? Jetzt hast Du aber im Januar glaube ich, geschrieben, dass es bei Dir nicht so ist ?

Und neutralisiert Deine neue Denkweise, nicht die Gefühle, die zu jedem Menschen dazu gehören ?
Ich selbst habe in meiner letzten Episode sehr mit Ängsten zu kämpfen gehabt und kämpfe noch, aber ich glaube zu spüren, dass ein Punkt, warum sie auftreten eine Aggressionshemmung ist. Wolfgang Kleespies schreibt das in seinem Buch über Ängste so: Menschen mit einer Neigung zu Ängsten befürchten ja ohnehin immer den Verlust, die Trennung. Und so lernen sie früh ihre Aggressionen zu unterdrücken und abzuwehren, da sie befürchten, den anderen Menschen zu verlieren. Aber wenn man seine wichtige Waffe, die Aggressionsfähigkeit, niederlegt, befördert man sich in die Situation eines Menschen, der mit gebundenen Händen mit dem Rücken zur Wand steht.

Betrifft jetzt vllt. mehr die Ängste, obwohl ich zur Depression gewisse Parallelen sehe.

Danke und Gruß, die wölfin
elas
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von elas »

@rajo1

Liebe rajo,

ich lass mal dieses Profil elas@gmx.com für ne kürzere Zeit offen, sodenn Du Interesse hättest, mir zu mailen.

Herzlich elas
________________________________

Der Weg ist das Ziel



Lebensringe sind auch Themenringe
rajo1
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von rajo1 »

Liebe elas,

danke.

rajo
912318798
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von 912318798 »

Thomas!

Gut, wenn Du Deine Probleme gemeistert hast, bin ich einem falschen Eindruck erlegen.

Dennoch bleibt in mir immer wieder nach einer solchen Diskussion wie der hier der bittere Geschmack im Mund,
daß ich auf ein Neues zur Kenntnis gelangen muß,
einfach zu allem unfähig zu sein.

Du beschreibst recht differenziert, was zu tun ist, um zu Deinem Gewinn zu gelangen,
oder besser: Was DU dazu getan hast.

Ich versuche schon lange, lange bevor ich dieses Forum entdeckt habe,
die Grundlagen meiner Positionen beim Aussen zu finden,
nachdem ich da nichts gefunden habe, bei mir selber die Suche fort zu setzen,
dann ist mir gesagt worden: "Wenn du weiter für alles die Ursache und die Fehler bei Dir selber suchst,
wirst Du über kurz oder lang vor die Hunde gehen!"

Ich habe versucht, meinen Gegenübern (von denen ich weiß, daß mir ausschließlich Negatives entgegenströmt) so zu begegnen,
daß sie Raum haben, Respekt oder Wohlwollen zu entwickeln,

der Erfolg war lediglich, daß sie diesen Raum genützt haben, um Mobbing, Unfreundlichkeit, Geringschätzung,... nur noch mehr auszudehnen.
Es fallen Dinge vor, die offensichtlich in Deiner Vorstellung nicht vertreten sind.


Glaub' mir, ich habe tatsächlich viel mehr Platz, wenn ich Paroli biete,
und den Geringschatz erwidere,
als wenn ich in Demut darstellendem Verhalten Selbstfindung übe und keine oder nur gelassene Reaktion zeige.

auch @ rajo: mir geht es auch nicht um Autofahrten und andere Kleinkrämereien,
allerdings beginnen die gegenständlichen Probleme schon dort.

(Wie ich sehe, verstehst Du, was ich sagen will.)


Stress und Ärger werden von mir nicht gepflogen, sondern erlebt.
Dafür kann ich nichts,
und, wenn Du ein Rezept hast, werde ich gerne versuchen, es zu befolgen,
wenn ich damit erreiche,
NICHT, daß mir der Grund nichts mehr ausmacht, sondern daß ich ihn bekämpfe,
ja, nicht wie ein Aspirin, sondern vielleicht mit einer Anzeige oder was weiß ich was Handfestem.

Ich habe wirklich schon vieles versucht, meine Situation zu verbessern, wie oben schon geschildert,
und deshalb komme ich mir belehrt vor,
und zu dumm, zu verstehen, wie man "ein negatives Gefühl zu sich nimmt",
dafür lese ich nirgendwo eine Anleitung.

Dieses kategorische "man kann" macht ein/e/n ständig sich erfolglos Mühende/n/s mürbe,
weil es ihm/ihr ständig vor Augen führt:

"Du bist unfähig!
Unfähig zu verstehen,
unfähig, Dich zu ändern."


Lieben Gruß und

Jojo


Muß unbedingt klarstellen, daß ich hier nicht attackieren möchte!
Ich habe lediglich meinen Tonfall bei diesem Thema nicht so in der Hand, wie es eigentlich angebracht wäre.
Sorry dafür!
Guinevere
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Registriert: 8. Nov 2007, 22:08

Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von Guinevere »

Lieber Bo,

hmm, das mit der Axt ab und an (bei mir wars Garten umgraben ) kenn ich noch ganz gut, zuletzt als meine Tochter Konfirmation hatte, und meine Mom ihr durch ihr rumzicken den Rest gab, sie sich Nachmittag in ihr Zimmer einschloß und einfach nur noch losheulte.
Jetzt, die Tage hatte meine Mom mal darüber geredet, und, sie meinte ganz kalt, es ginge ihr (meiner Tochter) wohl an dem Tag nicht so gut *sie ja seeehr bald drauf kommt *, was mich wiederum zu der endgültigen Überzeugung brachte, es würde wohl alles reden unsererseits, das sich damit auseinander setzen nix bringen. Sie kann den andern in seiner Gefühlslage nicht wahrnehmen, checkts einfach nicht, oder besser, will es nicht checken.

Und, ich mein halt, wenn jemand so ist, dann kann man dem z.B. dann schon klar, und ohne umschweife, ohne Rücksicht auf eventuelle Verletzung der Gefühle desjenigen - wie z.B. ich Sonntag dann - auf den Kopf zu sagen: "Ich möchte, dass Du nach Hause fährst, weil ich heute Abend dringend meine Ruhe brauche, und Dich keinen Tag länger aushalte."

Sie hat zwar etwas "geschluckt", aber, es dann angenommen, und der Rest ist dann nicht mehr mein Prob, sondern mal ihres, wenns schon vielleicht, hoffentlich etwas "gesickert" ist, wo sie ansonsten ja nur immer über "böse, böse Welt" klagt, jeder so fies und gemein zu ihr ist...

Wölfin schrieb weiter oben was von Agressionshemmung, und, das ist ja auch noch irgendwie meine "Baustelle", und da frag ich mich natürlich, ob mein Wunsch nach Harmonie nicht wieder mal ein Ausweichen ist, diese nicht "anschaun" zu müssen.

>Werde ich mit dieser Verletzbarkeit vielleicht schon geboren oder wird sie uns nur anerzogen?

*Ein bisserl scherzhaft gemeint * vielleicht ja von Kindesbeinen an nen Isolationsstahlhelm aufsetzen, damit nicht jeder Gedanke von unserm Hirn aufgenommen werden kann, ne Resonanz findet.
http://1.bp.blogspot.com/_VDntoX22LO8/R ... +20017.jpg

Nen sonnigen Tag allen ,
manu
912318798
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von 912318798 »

manu !



"...., checkts einfach nicht, oder besser, will es nicht checken....",

nein, "CHECKT'S nicht", meiner Erfahrung nach!
Ich glaube nicht, daß sie weiß, wie anstrengend sie wirkt,
und ich glaube auch nicht, daß sie sich "bessern" könnte.
Und der Heimschick hat ihr womöglich weh getan,
aber ich hätt's auch gemacht!



Lieben Gruß

Jojo


cooles pic,
chimera

Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von chimera »

Haaallooo!

Im Spiegel-Wissen-Sonderheft "Mein Ich" gibt's ein imho recht interessantes Interview mit dem Hirnforscher Gerald Hüther (den ich sehr schätze) – wenn's jemanden interessiert, kann ich es gegen abend gerne einscannen und hier einstellen oder mailen. Wesentliche Kernaussagen unter anderem: "Das Gehirn wird so, wie man es benutzt" und "Frühe Traumata (auch solche des ungeborenen Kindes) prägen das Gehirn so enorm, daß man quasi schon von einer angeborenen 'Behinderung' sprechen kann" (aus dem Gedächtnis zitiert). Es gibt zum Thema auch ein paar interessante Streams von Wolfgang Spitzer auf BR-alpha:
http://www.br-online.de/br-alpha/geist- ... /index.xml

Anhand eigener Erfahrungen möchte ich bestätigen, daß der Weg des Thomas recht gut funktioniert. Wenngleich ich doch regelmäßig wieder zusammenklappe, so ist es mir doch gelungen, vom verbrieft 'Rehabilitationsunfähigen' und 'Unheilbaren', wieder in ein einigermaßen normales Leben (inklusive Berufstätigkeit) zurückzufinden (und das ohne Klinik, Medikamente oder Therapie) – trotz extremster externer Lasten, die ich mit mir rumschleppen mußte. Und behaupte somit: es ist definitiv möglich, seine Gedanken, Gefühle und Muster nachhaltig zu verändern (und damit natürlich auch sein Leben). Aber: gegen die Rezidivien scheint kaum ein Kraut gewachen zu sein. Je früher die Prägung des Gehirns durch Traumata einsetzte, desto substantieller ist es geprägt. Mein 'Hirnschaden' zum Beispiel entstand wohl maßgeblich durch 'ne lebensbedrohliche Erkrankung meiner Mutter während der Schwangerschaft (Gestose oder so, meint meine Psychoärztin, zu der ich seit kurzem gelegentlich hüpfe).


Lieber Gruß,
Chimera
tomroerich
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von tomroerich »

Hallo Tine,

Die meines Erachtens entscheidende Frage ist die, was ich in der Folge mit meinen Emotionen mache.

genau das ist die entscheidende Frage. Aber zunächst muss man erkennen, was diese Emotionen mit dir machen, bevor sie beantwortet werden kann. Und wichtig ist auch zu erkennen, dass diese Emotionen automatisch auftreten. Sie beruhen nicht auf einer bewussten Entscheidung. Ihre Problematik besteht darin, dass sie ungefragt auftreten und daher erst im Nachhinein eingeordnet werden können.

An dem Punkt angekommen, wo ich sie mir zugestehe, habe ich weitere Wahlmöglichkeiten.

Sie nicht zu verdammen oder zu verdrängen ist eine erste Voraussetzung. Aber das alleine versetzt dich noch nicht in die Lage, eine Wahl zu haben.

Das erste Bewusstsein besteht darin, diese Gefühle als vorhanden zu akzeptieren, ihre Existenz nicht zu leugnen und sich nicht dafür zu beschuldigen, sie zu haben ( @ Brittka )

Im zweiten Schritt entscheide ich, dass ich die Schnauze voll davon habe, andauernd Verletzungen hinzunehmen. Ich beobachte, dass vieles mich verletzen kann, oft Kleinigkeiten und ich erkenne dadurch, dass es einen Hang von mir gibt, verletzt zu reagieren. Jetzt entscheide ich mich, die jeweiligen Situationen dazu zu nutzen, den Botschaften der Stimuli nicht mehr zu glauben. Sie sind falsch, denn ich verdiene nicht verletzt zu werden.

Wenn ich diese Entscheidung, dass ich es nicht verdiene, verletzt zu werden, nicht treffen kann, dann entscheide ich mich auch nicht für mich selbst.

Das ist der ganze Knackpunkt dabei.

Ich kann in meinem Gegenüber den Menschen sehen, der ebenfalls inneren Nöten ausgesetzt ist, der ebenso in die Welt geworfen ist wie ich und zuweilen seine Schwierigkeiten hat, sich in ihr zurechtzufinden. Ich kann quasi in ihm den Bruder erkennen, den Bruder den man annimmt, dem man vergibt, ohne dabei großzügig zu sein, sondern weil man ihn erkennt. Vor diesem Hintergrund verlieren meine Emotionen in Bezug auf sein Handeln ihre Schärfe, sie richten sich weder gegen mich, noch gegen ihn. Sie sind Bestandteil der Welt.

Großartig. Du siehst, dass dein Nächster in keiner anderen Situation ist wie du selbst. Auch er ist verletzt und reagiert mit neg. Emotionen. Reagierst du auf seine mit den deinen, habt ihr zusammen wieder ein Stück Schmerz in die Welt gebracht. Neg. Emotionen sind extrem ansteckend. Ihm zu vergeben ist der Weg, dich selbst und ihm gleichzeitig etwas Heilendes zu geben. Wenn seine neg. Emotionen sich nicht durch die deinen bestätigen, schaust du auf ihn als der Mensch, der er eigentlich ist - jenseits seines Unglücks.

Du zeigst ihm nicht, wenn du mit neg. Emotionen reagierst, was er falsch macht. Sondern du machst mit ihm zusammen seine Negativität wahr und beide werden verletzt. Wann hat schon jemals ein handfester Krach etwas anderes gebracht als Schmerzen?

Es sei denn man glaubt, dass die Furcht vor dem Verletztwerden etwas Positives sei.


Ich wurde beschimpft, das verletzt mich. Ich sehe die Ursache nicht im Menschsein des anderen, sondern in mir. Etwas an mir stimmt nicht, deshalb wurde ich beschimpft. Es ist eine Strafe für mein SoSein. Die Menschen mögen mich nicht, die Welt mag mich nicht, ich bin zu unwichtig, als dass etwas so sein könnte, dass es mir nicht schadet. Aus einer Beschimpfung, die mir widerfahren ist, mache ich eine Weltsicht, die sich immer wieder bestätigen wird.

*Lauter Applaus* Du hast für dich akzeptiert, dass das verletzende Verhalten, was man dir gezeigt hat, gerechtfertigt ist. Du hast der Botschaft der Stimuli geglaubt. Und dadurch hast du dich selbst verlassen. Jedes Mal, wenn du etwas Verletzendes nicht zurückweist als nicht gerechtfertigt, verlässt du dich erneut.



Thomas
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tomroerich
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von tomroerich »

Es gibt zum Thema auch ein paar interessante Streams von Wolfgang Spitzer auf BR-alpha:

Cool, Bludel Chimera!

Obercool ist Film 1 aus Staffel 1. Einem Mädchen musste mit 3 Jahren eine Gehirnhälfte komplett entfernt werden. Es ist jetzt 7, spricht 2 Sprachen und hat fast keine Defizite.

Gehirn ist also extremstens flexibel.



Thomas
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Clown
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von Clown »

@ Chimera:

«Im Spiegel-Wissen-Sonderheft "Mein Ich" gibt's ein imho recht interessantes Interview mit dem Hirnforscher Gerald Hüther (den ich sehr schätze) – wenn's jemanden interessiert, kann ich es gegen abend gerne einscannen und hier einstellen... »

Ich hätte Interesse!

Danke im voraus,

Clown
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Guinevere
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von Guinevere »

Hey lieb Jojo,

Danke! Doch, der Herr war sehr angenehm zum ein wenig mit ihm über Gott und die Welt labern.

Ist doch aber traugig, wenn sie nix verstehen will, oder kann, wie Du auch meinst?! Meine Schwester hat jahrelang zwei Tage bevor sie zu ihr kam ein bis zwei Flaschen Schnapps gebraucht, um ihre Anwesenheit irgendwie ertragen zu können , was natürlich komplett verkehrt war, es mit Alkohol wegspülen wollen...sie hat auch am längsten von uns versucht, ihr nen Anschluß an die Umwelt zu finden, indem sie sie immer wieder motiviert hat, sie ja vielleicht zu nem Malkurs zu überreden zu können, aber, das endet dann immer wieder gleich . Die Welt ist böse, und sie ist der einzig normale Mensch in dieser.
Kollegin meinte letztens auch wieder, ihre wäre schon schlimm, aber meine würde alles schlagen. Naja, zu ihr darf man gar nix sagen, weil sies immer wieder hinbringt, sogar in den nettesten Worten etwas ihr feindlich zugewandetes zu finden, und dementsprechend reagiert. Wo sich dann jeder lieber schnell verkrümelt, und sich lieber seinen Teil dazu denkt , oder eben mich drauf anspricht, was denn mit ihr los wäre...aber na ja *schulterzuck* zum Stichwort "Vergebung" darf man sie ja nicht mal ansprechen, weils dann "explodiert"...mir machts halt etwas "Angst" für die Zukunft, weils oft so Aktionen fährt, mit denen ich lieber gar nix mehr zu tun haben möchte, weil ich einfach nur mehr geschockt bin, wie man werden kann, wenn man "älter" wird? und nicht bereit ist, an sich zu arbeiten.

Chimera, danke für den link!

Schönen Abend allen,
manu
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