Mein Weg aus depressiven Strukturen

tomroerich
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Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von tomroerich »

Liebes Forum,

anscheinend komme ich ja immer irgendwie zu theoretisch rüber. Man möchte lieber von mir hören, wie ich mit Depressionen umgegangen bin - ich persönlich. Ja, warum nicht. Vielleicht lohnt ja der Versuch, damit gleichzeitig auch transparenter zu machen, warum ich Sichtweisen vertrete, die für manche wie ein rotes Tuch sind. Ich schildere es aus einer ganz persönlichen Perspektive, dann muss niemand denken, es habe irgendwas mit ihm zu tun. Und es muss ein Überblick bleiben, der viele Fragen offen lässt.

Mein großes Problem, das ich sicherlich mit sehr vielen teile, die an Depressionen leiden, war eine übergroße Verletzlichkeit. Als ich die akute Krankheit hinter mir hatte, fragte ich mich, wie ich zukünftig damit umgehen wollte, bei jeder Gelegenheit Verletzung und Frustration zu fühlen. Mir war klar geworden, dass es das war, was mich entkräftet hatte und mich in einem Zustand andauernder Krisenanfälligkeit gehalten hatte.

Ich hatte überall Angriffe gesehen. Die ganze Welt schien nur dazu gemacht, mich zu frustrieren und anzugreifen. Ich fragte mich: Kann das sein? Wo liegt das Problem? Da draußen?

Ich entschied, dass es nicht da draußen liegen konnte. Es war mir nur lieber gewesen, dass es da draußen lag. Das war einfacher. Aber es befreite mich nie von der Verletzbarkeit, es so zu sehen sondern machte es nur unmöglich, die wirkliche Ursache zu erkennen.

Ich hatte mich verurteilt, weil ich schlecht behandelt wurde als Kind. Und ich hatte zu lieben begonnen, schlecht behandelt worden zu sein. Es war meine Geschichte, also musste ich meine Geschichte sein. Ich fand heraus, dass ich es liebte, mich als verletzter Mensch in Szene zu setzen, es brachte mir eine perverse Befriedigung.

Ich liebte es, verletzt zu werden und protestierte dennoch lautstark dagegen. Alles, wirklich alles, wurde zu meiner Spielweise, meine Verletztheit auszuagieren, immer neu zu inszenieren. Ich machte anderen Schuldgefühle, um mich selbst schuldig fühlen zu können. ich machte alles und jeden verantwortlich für Dinge, die Jahrzehnte zurücklagen und die ich lieb gewonnen hatte, obwohl sie schmerzvoll waren.

Die Depression hatte mir klar gezeigt, dass das Spiel gefährlich war, dass es tödlich war.

Ich beschloss, das Inszenieren für Gelegenheiten, schlechte Gefühle haben zu können, aufzugeben und ihre Ursache fortan nicht mehr in anderen zu sehen. Ich beschloss, sie als meine Gefühle anzunehmen, für die nur ich Ursache sein kann und sonst nichts und niemand.

Das zu lernen, war sehr schwierig. Der Drang, das nach außen abzugeben und mit Ärger und Verurteilung anderer zu reagieren, war immens groß. Aber ich machte auch die Erfahrung, dass ich schneller Erfolge im Kleinen hatte, als ich gedacht habe. Das zeigte mir, dass das Prinzip richtig war.

Mich verletzt zu fühlen durch etwas oder jemanden wurde für mich zu immer neuen Gelegenheiten, das Verletzte in mir zu sehen, das sich schnell davonstehlen wollte, indem es einer Situation oder einem Menschen ankreidetet, die Ursache dafür zu sein. Ich nahm die gesamte Verletztheit auf meine Schultern und betrachtete sie als meine.

Niemand kann mich verletzen, wenn da nicht Verletztheit in mir ist, das war das Prinzip. Ich nahm Stück um Stück wahr, was da alles ist und anstatt es nach außen abzugeben, nahm ich es zu mir und vergab mir dafür.

Ihr werdet es nicht glauben, aber man kann regelrecht dankbar dafür sein, dass wieder ein Stück negatives Gefühl an die Oberfläche kommt, damit es vergeben werden kann. Das war es, was das Gefühl schon immer wollte. Es wollte von mir gesehen werden als meins. Und dann verschwindet es. Es wollte nicht weggeworfen werden auf den anderen, den ich damit verurteilt habe.

Das ist alles. Aber es ist schwer, wenn auch nur zu Beginn. Es gibt tausend Gelgenheiten, sich auf diese Weise zu akzeptieren oder sich nicht zu akzeptieren, indem man den anderen beschuldigt. Jeden Tag gibt es neue Gelegenheiten dafür. Die besten sind vielleicht sogar hier im Forum.

Wenn ich es versuche, praktisch auszudrücken, fallen mir ein paar Stichwörter ein:

- Drücke negative Gefühle nicht aus, sondern nimm sie zu dir. Sie auszudrücken ist Abwehr und hat zum Ziel, sie aus dir rauszuwerfen.

- Verurteile niemanden für deine negativen Gefühle, es sind allein deine

- Glaube nicht, dass jemand dir negative Gefühle machen kann. Es ist nur dein Versuch, sie aus dir rauszuwerfen.

- Glaube nicht, dass negative Gefühle eine Funktion haben. Nichts wird besser oder anders, wenn Ärger oder Groll auftauchen.

- Du bist an nichts schuldig. Du konntest nie wirklich verletzt werden.

- Wenn du beschließt, nicht schuldig zu sein, kann dich nichts verletzen.

- Rechtfertige Ärger und Groll auf andere nie damit, dass sie einen Fehler gemacht haben. Das ist genau der Weg, eigene negative Gefühle vor sich selbst zu verbergen

Gute Nacht,

Thomas
Betroffene für Betroffene

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CoDa

Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von CoDa »

Thomas, ich bin dir zutiefst dankbar für dieses Posting.

CoDa
chimera

Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von chimera »

Bludel Thomas,

ich Dir ebenso...

Es ist ganz schwierig, in adäquater Form etwas dazu zu schreiben, zumal in später Nacht und unter chaotischen Umständen – aber es ist mir wichtig, daß Du weißt, daß es da ein paar Menschen gibt, die die Schilderung Deiner Erkenntnisse, Deines Weges verinnerlichten und für die sie eine große Bedeutung auf ihrem Lebensweg haben.
Guinevere
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von Guinevere »

*Zustimm* - Cooler Beitrag

Gute Nacht nochmals,
manu

CoDa
Guinevere
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von Guinevere »

Nachtrag...

Dazu hab ich nen kleinen Einwand:

- Drücke negative Gefühle nicht aus, sondern nimm sie zu dir. Sie auszudrücken ist Abwehr und hat zum Ziel, sie aus dir rauszuwerfen.

Bin aber leider heut schon zu müde, um dazu noch ne gscheite Antwort zu schreiben.

Wie meinst Du das denn genau, dass neg. Gefühle auszudrücken ne Abwehr darstellen würde?

(edit: Man kann doch neg. Gefühle nur zum Ausdruck bringen, indem man sie zu sich nimmt, sie anschaut, empfindet oder täusch ich mich da?

Ne Abwehr wäre für mich ein Verdrängen dieser...wie z.B. letztens wieder geschehn und mit "Magenschmerzen" "bezahlt"... )

---

Bei Dir Thomas war es wohl sehr viel an Schuldgefühlen, ist wohl dieses "Thema" eher zentral (?).

So von mir kann ich halt sagen, dass spätestens mit meinem endgültigen Kirchenaustritt, das Thema "Schuld", Bewertungen wie gut/böse (Thema mit meiner Mom gestern wieder -> Christentum und ihre heißgeliebte Märtyrer-/Opferrolle und derart "Visionen" dazu, zu was es u.a in naher Zukunft wieder kommen könnte -> Krieg - wenn man in so nem Denken verharrt) doch mehr in den Hintergrund getreten ist...

So, jetzt aber wirklich ne Gute Nacht mit schönen Träumen,
manu
niederländer

Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von niederländer »

Einen guten Morgen Thomas,

Ein gutes Posting von dir hab ich da gelesen. Nur ein Paar Stichwörter sehe ich etwas differenzierter.
Mir hat die Depression auch so manches gezeigt. Vor allem wie man es NICHT machen sollte.
Ich hab auch immer die Ursachen in der böse, ungerechte und nicht verstehende Aussenwelt gesehen. Ein Fehler, die ich erst seit 2 Jahren bei mir gefunden habe.
Erst dann konnte ich an mich arbeiten und mein Verhalten beeinflüssen. Aber auch nur mit Hilfe einer guter Therapeutin.
Schweiss und Blut hab ich geschwitzt .Es lohnt sich aber.

"Glaube nicht das negative Gefühle eine Funktion haben ", schreibst du.
Ich behaupte das Gegenteil: Sie zeigen dir wo es mangelt.
Schuldgefühle sind einer der vielen Pfeiler worauf die Depression ruht.
Falsche Illusionen auch.
Die objetive Beurteilung der Schuldgefühle ist Voraussetzung für den Weg nach Besserung.

Das hab ich in der Therapie gelernt und ich lerne mit jeder Sitzung noch dazu.
Ich habe seit 3 Jahre ein schlechtes Verhältnis mit meine 24 jährige Tochter.Ihr Stiefmutter(meine Frau) hat das noch mehr.
Das hat mich damals in der Negative Spirale gezogen und komplett fertig gemacht.
Jetzt weis ich das die grösster Ursache die Eifersucht ist.
Vor 4 Wochen hat es zwischen ihr und uns Beiden ordentlich gekracht.
Seitdem wil sie kein Kontakt mehr. Es sei so.

Machts gut,

Grus,

Dutchy
rajo1
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von rajo1 »

....nachdenklich sich zurückzieht, um das alles genüsslich zu verstehen...

rajo
rajo1
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von rajo1 »

..Jetzt bin ich aber erstaunt...

Hier stand gerade ein Beitrag von bohneberger
um 8 : 12.

Jetzt wird gelöscht, ohne das zu vermerken.
Ich habe den Beitrag als Mail erhalten.
flocke
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von flocke »

Das Forum spinnt glaube ich etwas... ist mir auch schon passiert in den letzten Tagen und von Thams war ein Post auch schon weg und zwar unmittelbar (wenn die Mods garnicht anwesend sind)
Pessimisten sind Optimisten mit Erfahrung
Clown
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von Clown »

Huch, wie unheimlich: Gerade eben stand hier noch ein Posting von Bohneberger, jetzt ist es komplett verschwunden. Zufällig war es nicht gerade positiv ...

Lieber Thomas,

du kannst dir denken, ich lese deinen Beitrag sehr offen und aufmerksam. Und wie du weißt hatte ich die letzten Tage wieder mal einige Arbeit mit mir selbst.

Nun stellte sich mir gerade folgendes Bild ein:

Ich stehe in in der Mitte eines runden Raumes, schaue auf die Wände ringsum und dort sehe ich all die Dinge, die mich (bisher immer wieder) quälen, verletzen, ärgern können. Auf einmal nahm ich war, dass sie mir ein bestimmtes Identitäts-Gefühl 'gaben', ich sah regelrecht die Wirkung dieser Bilder an den Wänden auf mich. Diese Bilder 'machten' mich, das was ich bin, was ich an/mit mir erlebe.

Gleichzeitig nahm ich aber wahr, dass ich diese Bilder auf die Wände projiziere, sie gehen von mir aus, es sind nur Bilder auf Wänden, mehr nicht!

Und damit gleichzeitig löste sich der Schmerz auf, den ich gerade noch gespürt hatte. Die Wände legen sich nach hinten und lösen sich auf, und um mich herum ist .... das sehe ich noch nicht genau! Muss noch genauer schauen.

Jetzt versuche ich, dieses Bild=Erkenntnis=Auflösung mir immer wieder herzuholen, das ist nicht ganz leicht, der Neocortex läuft dabei ganz schön heiß! Aber spannend ist es!

Liebe Grüße!

Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
Clown
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von Clown »

Flocke, im Forum gibt es schwarze Löcher!

Genau, Thomas ging es gestern so mit einem Beitrag und vor längerer Zeit auch Jojo.

Lioness, was sagt dein Experten-Schatz dazu, wie kommt das? Gestern war der Doc löschend unterwegs, hat er vergessen, irgendwo etwas abzustellen, den Tintenkiller-Hahn nicht abgedreht, sozusagen?



Clown

Rajo, zu deiner Sichtweise sag' ich mal nichts, vielleicht verschwindet dein Posting ja eh ...
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Eckhart Tolle
rajo1
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von rajo1 »

@Clown:

Warum soll mein Posting verschwinden?

rajo
Reve
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von Reve »

Lieber Thomas,

vielen Dank dafür, dass du dich zu so später Stunde noch daran gemacht hast, uns einen Einblick in dein Innerstes zu gewähren, vielleicht als Anfang einer guten Serie?

Erlebte, knisternde Gefühle im krassen Gegensatz zu Theorie aus dem Lehrbuch, die manchmal so nüchtern wirkt und leer. Und trotzdem muss man es schaffen, Gefühle und Verstand in Einklang zu bringen, da führt kein Weg dran vorbei. Ich werde dann alles in Ruhe auf mich wirken lassen und bitte entschuldige an dieser Stelle meinen mehr als überflüssigen und dummen Kommentar am Ende des unseligen Threads.

LG Carin
schatzi
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von schatzi »

........tatsächlich, mein erfrischender Beitrag wie von Geisterhand verschwunden. Vielleicht gibt es mittlerweile eine sog. Löschautomatik die sich ganz von selber einstellt, so bald bestimmte kontroverse Poster sich zu Wort melden damit es weiterhin schön "kuschelig" bleibt.

"most wanted!"

rajo1
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von rajo1 »

hallo bohneberger,

wie schon oft fand ich deinen beitrag interessant,
mit durchaus fachkompetenten ansätzen, gut für eine anregende diskussion, die aber hier nicht gefragt ist.

es gibt zu jeder meinung, auffassung auch in der forschung auch immer stichhaltige gegenteilige beweise und durchaus respektable Ergebnisse, die uns verwundern, erschüttern oder nur neugierig machen.
tomroerich
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von tomroerich »

Hallo Guin,

Wie meinst Du das denn genau, dass neg. Gefühle auszudrücken ne Abwehr darstellen würde?

ich meine damit ausschließlich, dass man seine neg. Gefühle nicht mit der Absicht ausdrücken soll, dem anderen die Verantwortung dafür aufzubürden. Das ist aber fast immer die Absicht dahinter, wenn ich sage:

Du hast gesagt....
Weil du dies oder das getan hast, fühle ich mich schlecht.

Das ist einfach eine Abwehr von dem, was in mir selbst vorgeht und indem ich die Ursache im anderen sehe, vertue ich die Chance, mein eigenes Gefühl zu sehen und es zu heilen. Wenn du die Ursache für neg.Gefühle im anderen siehst, dann glaubst du, dass du ihn ändern musst, damit dir nicht weh getan wird aber du glaubst nicht mehr, dass du dich selbst ändern musst.

Es ist wirklich einfach, das einzusehen, wenn man es will. Schwerer ist es, diese schlechte Gewohnheit zu ändern. Aber dass es sich so verhält, kann jeder in seinen Beziehungen feststellen und hier im Forum ebenfalls. Sowie eine Verletzung aufgetreten ist und der andere als deren Ursache festgestellt wird, beginnt ein Krieg, bei dem jeder verlieren muss.



Thomas
Betroffene für Betroffene

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himmelskörper
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von himmelskörper »

Hallo Thomas,

jetzt getraue ich mich doch, auf deinen Thread was zu schreiben.

Das was du schreibst irritiert mich ein wenig, macht mich unsicher. Vorallem geht es um diese Zeilen.


"Drücke negative Gefühle nicht aus, sondern nimm sie zu dir. Sie auszudrücken ist Abwehr und hat zum Ziel, sie aus dir rauszuwerfen."

Wie soll ich diese Äußerung verstehen, mein Leben lang hab ich alles für mich behalten, habe versucht das Leben alleine in den Griff zu bekommen, hab nicht groß geklagt und beschuldigt, hab die Ursache bei mir gesucht,war dadurch aber ständig dabei mich zu verändern, mich anzupassen und hab mich letzendlich aufgegeben.

Ich habe es als großen Fortschritt gedeutet, als ich endlich meine Gefühle die ich hatte, äußern konnte, als ich mich mitteilen konnte und jetzt irritieren mich deine Zeilen.

Vermutlich verstehe ich aber nicht was du damit rüberbringen möchtest würdest du mir das erklären, das wäre sehr nett von dir.

Ich hoffe ich mache mich jetzt nicht lächerlich, es war für mich schon schwer gestern meinen Thread zu öffnen, weil ich sehr große Angst hatte, vor all zu vielen Negativen Beiträgen, die ja zur Zeit massiv zugenommen haben, das ganze hat mich schon etwas zurückgeschmissen, in punkto Offenheit.
Weil der Umgang untereinander zurzeit, meine Selbstzweifel, unterstützen würden.

Aber dennoch ich habs gewagt.


Liebe Grüße sedna


rajo1
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von rajo1 »

Hallo Thomas,

....Weil du dies oder das getan hast, fühle ich mich schlecht.....

okay, das ist mir klar, nicht dem anderen die Schuld zu geben.

Aber eine Kritik/Meinung auszusprechen muss doch möglich sein? Nicht als Vorwurf, sondern als berechtigter Einwand und darum ging es mitunter in den letzten geschlossenen threads der vergangenen 8 Tage.

rajo
schatzi
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"Der tut nix, der will nur helfen!"

Beitrag von schatzi »

..........warum ist das eigentlich hier nicht mehr gefragt? Warum gelten hier plötzlich andere hilfreiche Ansätze als wie in einer guten Gruppen- oder allgemeinen Psychotherapie? Dort bekommt man doch auch vor den Kopf gesagt, daß nach einer absehbaren Zeit des Jammers letztendlich positive Verstärker einzusetzen haben um zu Veränderungen der depressiven Stimmungslagen beizutragen. Natürlich gibt es auch immer wieder diese Aspiranten die 5 Jahre und länger als reine Zuschauer des Leids anderer Menschen in Gruppen und Psychotherapie rennen müssen und niemals auf die Idee kämen sich verändern zu müssen. Aufgezeigt wird dieses vorsichtshalber recht zaghaft ausformuliert in dem Eingangsbeitrag des Users T.
Um dieses in seiner gesamten Fülle auskosten zu können, muß man wohl einige Exkursionen in den eigenen Störungskosmos dazu unternommen haben ohne in den Verdacht zu geraten über Metaebenen diskutiert zu haben.

Mira1953
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von Mira1953 »

Hallo Bo,

Schatzi, hast Du noch eine Kopie Deines erfrischenden Beitrags? Mein Profil ist offen und ich würde mich freuen heute eine fröhliche Botschaft zu lesen.

Leider bin ich depressionsbedingt zu spät aus den Federn gekommen und Dein Beitrag war schon futschikato.

LG, Mira
steppenwolf1

Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von steppenwolf1 »

Hallo Thomas,

mich irretiert dieser Satz auch.

Ich dachte immer, es ist gut, wenn man seine Gefühle wieder Ausdruck verleihen kann, denn sonst bleiben sie in einem stecken und können einem schaden.

Und in der Tiefenpsychologie heißt es, dass der Depressive Wut/Ärger gegen sich richtet, was für mich bedeutet, dass ein Weg gefunden werden muss, die Wut dort zu lassen, wo sie hingehört (in adäquatem Maße versteht sich).

Ist es nicht auch ein Fortschritt, wenn der Depressive wieder mehr die Schuld nicht nur bei sich sieht und auch wütend werden kann ?

Danke für Deine Beiträge !

Viele Grüße, wölfin
Tine
Beiträge: 214
Registriert: 11. Okt 2004, 19:57

Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von Tine »

Hallo Thomas,

die Themen, die du in deinem thread anreißt, beschäftigen mich gerade sehr, ich bin froh um die zusätzlichen Anregungen.
Ich verstehe, was damit gemeint ist, die Ursache der negativen Gefühle in mir zu suchen. Nachvollziehen kann ich das dort, wo es um die Intensität solcher Gefühle geht.
Aber ist es nicht normal und auch gesund auf das Verhalten anderer mit einer Emotion zu reagieren, auch negativ?
Es ist doch eine ‚normale’ Reaktion auf bestimmte Verhaltensweisen mit Traurigkeit, Entsetzen, Wut oder wer weiß was zu reagieren. Dass aus Traurigkeit tiefe Trauer wird, aus Entsetzen Fassungslosigkeit, aus Wut ohnmächtiger Zorn, das liegt in mir begründet. Es ist mein Anteil, wie tief solche Emotionen gehen. Aber ich kann mich doch nicht völlig frei von Reaktionen machen.
Vermutlich verstehe ich nicht wirklich, was damit gemeint ist.
Wenn ich alle Verantwortung zu mir nehme, bedeutet das dann nicht, dass ich jedem anderen die Verantwortung für die Folgen seines Handelns abnehme? Werde ich ihm dann als Mensch, der auch die Möglichkeit zur Veränderung hat, noch gerecht?
Kein Mensch ist eine Insel.
Ich wittere einen Widerspruch in dem Gedanken allein für meine Reaktionen verantwortlich zu sein, denn damit hebele ich die Kausalität aus, die dem Zwischenmenschlichen innewohnt.
Mir fällt dazu auch das Stichwort ‚Zurückweisung der Ohnmacht’ ein. Ein Gedanke, der mich gerade sehr beschäftigt.

Ganz nachdenkliche Grüße
Tine
Guinevere
Beiträge: 4779
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von Guinevere »

ich meine damit ausschließlich, dass man seine neg. Gefühle nicht mit der Absicht ausdrücken soll, dem anderen die Verantwortung dafür aufzubürden. Das ist aber fast immer die Absicht dahinter, wenn ich sage:

Du hast gesagt....
Weil du dies oder das getan hast, fühle ich mich schlecht.

Das ist einfach eine Abwehr von dem, was in mir selbst vorgeht und indem ich die Ursache im anderen sehe, vertue ich die Chance, mein eigenes Gefühl zu sehen und es zu heilen. Wenn du die Ursache für neg.Gefühle im anderen siehst, dann glaubst du, dass du ihn ändern musst, damit dir nicht weh getan wird aber du glaubst nicht mehr, dass du dich selbst ändern musst.

Es ist wirklich einfach, das einzusehen, wenn man es will. Schwerer ist es, diese schlechte Gewohnheit zu ändern. Aber dass es sich so verhält, kann jeder in seinen Beziehungen feststellen und hier im Forum ebenfalls. Sowie eine Verletzung aufgetreten ist und der andere als deren Ursache festgestellt wird, beginnt ein Krieg, bei dem jeder verlieren muss.

Lieber Thomas,

ganz liebes Danke für Deine Antwort, die ich gut finde !

Mich im Moment auch wieder stärker mal beschäftigt!


Gefühle nicht mit der Absicht ausdrücken soll, dem anderen die Verantwortung dafür aufzubürden.

Du hast gesagt....
Weil du dies oder das getan hast, fühle ich mich schlecht.

Hm, oder gar sowas wie "Schuld" , nicht wahr ?! . Wenns keine "Schuld" gäbe, bräuchten wir ja keine Vergebung. Kommt wieder drauf an, als was man "Schuld" betrachtet. Lediglich als Emotionen des Egos, oder eben (ver)urteilend (böse).

Zu dem "perversen" (aus Deinem ersten Beitrag in diesem Thread - ich empfand das ja mal ähnlich) :
Ich fand heraus, dass ich es liebte, mich als verletzter Mensch in Szene zu setzen, es brachte mir eine perverse Befriedigung.

Ich liebte es, verletzt zu werden und protestierte dennoch lautstark dagegen. Alles, wirklich alles, wurde zu meiner Spielweise, meine Verletztheit auszuagieren, immer neu zu inszenieren.

Ist halt schon was, wo ich mir denke - ich weiß, Du warst dem Christentum abgewandt, und trotzdem - dass das noch daher rühren könnte? Eben, so ne Art Märtyrerdasein als Pflicht?

K., ein Lebenswegbegleiter von mir hatte wohl in seinem Denken um seine "Katharerreinkarnation" (sich als solches zu sehen) seine "Krankheit" schwere Depris mit - nuja - ED (erekt. Dysf.) immer wieder aufs neue gefestigt, und eben, dass ihn nur der Gral retten könne.

Beim Christentum - meine Tochter ist ja Christin, ich bin diesbezüglich noch unschlüssig, was ich davon halten soll. Meine Proteste darüber haben sich mittlerweile gelegt, ich kann das jetzt akzeptieren, weil es ihr damit besser geht, und auch, weil es ihr Weg ist, den sie sich vor ihrer Geburt gewählt hat - , aber sie meint eben auch, "Vergebung" kann nur über Jesus Christus (Aufgestiegener Meister der Vergebung) erlangt werden, durch ein sich ihm zuwenden.

In meinen Augen ist das doch aber wieder ein "abhängig" sein... und ja, ich weiß nicht, ob ich das auch vielleicht unbewusst (?) noch mache, dass ich meine Gefühle von andern abhängig mache (wohl ja), oder ob das eben "normal" ist, weil ja alles miteinander verbunden ist.

"Du hast gesagt....
Weil du dies oder das getan hast, fühle ich mich schlecht."

Ich fühle mich sicherlich manchmal nicht so gut, mach derart Erfahrungen u.a. , um zu wissen, wie sich Trennung vom Selbst anfühlt... aber, das darf ruhig sein , meint, kann nicht immer nur schön sein, ansonsten würde man ja den Unterschied nicht kennen , wenns mir zu heftig wird, teile ich mein Bedürfnis mit, die Bitte das zu unterlassen (so ich es wieder mal schaffe, mich verletzt zeigen zu können). Soweit bin ich wohl noch nicht, mit allem so gut umgehn zu können, hab ja noch etwas Zeit in diesem Leben...

Und unser Doc. *gscheit * hatte in irgendeinem Thread, da wohl das wichtige Thema "sich emotional abgrenzen können" angesprochen.

Sehr lieben Gruß allen,
manu
Guinevere
Beiträge: 4779
Registriert: 8. Nov 2007, 22:08

Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von Guinevere »

Sowie eine Verletzung aufgetreten ist und der andere als deren Ursache festgestellt wird, beginnt ein Krieg, bei dem jeder verlieren muss.

Hmm, der andere als Ursache für die Verletzung gesehen wird. Vielleicht ists ja so, dass ich da bereits dem andern zuviel Raum gegeben hab, mich emotional nicht gut abgegrenzt hab - falls es sich um eine Übertragung von Egoenergien gehandelt hat *mir Lichterl aufgeht* - und nicht bei mir "selbst" geblieben bin *hinkommen könnte*

Jedenfalls, Danke nochmals für Deine mir "hilfreiche" Antwort!

Guin
Liber
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Re: Mein Weg aus depressiven Strukturen

Beitrag von Liber »

Hallo Thomas, hallo an alle!

>Drücke negative Gefühle nicht aus, sondern nimm sie zu dir. Sie auszudrücken ist Abwehr und hat zum Ziel, sie aus dir rauszuwerfen.

Wie schon öfter, regt dieser Satz erst mal zum Widerspruch an.

Gerade für uns Depris ist es nämlich sehr schwer, den Satz nicht so zu verstehen, dass die Gefühle unterdrückt, unten gehalten werden sollen, gerade eine Verhaltensweise, die uns ja u.a. krank gemacht hat.

Aber hier kommt es auf einen entscheidenden Zwischenschritt an. Und der ist: die Gefühle wahrnehmen.

Das Verhalten, das zur Depression führen kann, ist nämlich, die Gefühle NICHT wahrzunehmen. Die Verdrängung, die Unterdrückung, die Abspaltung setzt so früh ein, dass diese Gefühle nicht ins Bewusstsein treten können. Und es kostet nicht nur immens Energie, diese Gefühle unten zu halten, sondern die Gefühle "arbeiten" ja dort auch noch gegen uns. Ohne dass wir es bewusst merken.

Also ist der entscheidende Schritt, diese verdrängten Gefühle ohne Wertung wahrzunehmen und ihnen zu erlauben, in Erscheinung zu treten. Vor mir selbst.

Wenn ich mir erlaube, sie wahrzunehmen, sie anzunehmen (d.h. nicht abzulehnen, weil sie ja "schlecht" usw. seien), heißt das nicht automatisch, sie auch gegenüber anderen ausleben zu müssen.

Vielleicht sogar ganz im Gegenteil.

Was meint Ihr dazu?

Liebe Grüße
Brittka
Antworten