Depression und Beziehung ?!

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leere_susi
Beiträge: 1
Registriert: 14. Apr 2009, 02:19

Depression und Beziehung ?!

Beitrag von leere_susi »

Hallo,
ich bin neu hier und brauche einmal die Erfahrungen von "Mitleidenden" weil mein Umfeld meine Probleme nicht versteht.
Ich bin mitte Zwanzig schon eine lange Zeit depressiv. Seit meiner ersten richtigen Beziehung, die jetzt 4 Jahre her ist, bin ich Single.
Ich hätte wahnsinnig gerne einen Freund der mich so liebt wie ich bin und meine Krankheit auch akzeptieren kann und mich ggf. auch emotional unterstützen kann.
Ich bin allerdings total panisch davor das sich die Person, wenn ich überhaupt eine kennen lerne -mehr dazu gleich-, "wieder" in eine Betreuungsposition versetzt fühlt. Das hat mein damaliger Freund einmal zu mir gesagt, das er ja weniger mein Freund sondern eher mein Betreuer wäre. Das hat mich damals tief verletzt und diesen Fehler möchte ich nicht noch einmal machen. Damals war ich jedoch auch noch recht jung und habe keine professionelle Hilfe gehabt.
Hat jemand von Euch mit sowas schon Erfahrung gemacht und wie seit Ihr dann damit umgegangen?

Wie eben schon angesprochen habe ich noch das Problem überhaupt jemanden kennen zu lernen. Ich habe dermaßen mein Selbstvertrauen verloren und empfinde mich nur noch als langweilig und rede kaum noch mit fremden Menschen. Auch wüsste ich nicht ob ich wenn ich jemanden kennen lerne überhaupt den Mut hätte zu erzählen das ich depressiv bin. Mein Umfeld weiß nichts davon, weil hier die üblichen Vorurteile der Krankheit gegenüber gepflegt werden. Natürlich wäre ein Mann der mich wegen der Krankheit als verrückt abstempelt nicht der Richtige aber demütigend wäre es dennoch.
Wie geht es Euch mit dem Thema, habt ihr jemanden kennen gelernt und es geschafft euch zu verlieben und wie hat euer gegenüber reagiert als ihr erzählt habt das ihr depressiv seit?
Oder habt ihr es während einer akuten Depri-Phase gar nicht hin bekommen sondern erst als es emotional wieder aufwärts ging?

Bitte erzählt mir doch von euren Erfahrungen, so dass ich hoffentlich etwas daraus lernen kann und die nächsten 4 Jahre nicht weiter allein und einsam durchs Leben gehen muss.

Danke vorab!
otterchen
Beiträge: 5118
Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: Depression und Beziehung ?!

Beitrag von otterchen »

Guten Morgen Susi,

und willkommen im Forum.

Ich hätte wahnsinnig gerne einen Freund der mich so liebt wie ich bin und meine Krankheit auch akzeptieren kann und mich ggf. auch emotional unterstützen kann.

Bist Du in Therapie? Hast Du dort schon gelernt, dass man die Depression im Prinzip ganz alleine für sich bearbeiten muss?

...in eine Betreuungsposition versetzt fühlt. Das hat mein damaliger Freund einmal zu mir gesagt, das er ja weniger mein Freund sondern eher mein Betreuer wäre.

Das mit der Betreuungsposition kann ich aber gut nachvollziehen. Das ist ein ganz schöner Ballast.
Aber dieses "liebe mich - trotz Depression" ist (so glaube ich) eher ein Wunsch, der von Dir an DICH SELBST gerichtet ist.
Du suchst Liebe, Unterstützung und Halt von außen; es ist aber wichtig, dass wir lernen, uns das selbst geben zu können.

Ich habe dermaßen mein Selbstvertrauen verloren und empfinde mich nur noch als langweilig und rede kaum noch mit fremden Menschen.

Du empfindest Dich als langweilig? Mit anderen Worten: Du langweilst Dich mit Dir selbst? Dann scheint da (wieder nur eine Vermutung meinerseits) noch einiges brach zu liegen: Deine Wünsche, Ziele, Träume. Dein Willen. Was willst Du? Kannst Du das benennen?
Wenn es Liebe ist: da gilt es, sich auf den Weg zu machen und sie in sich selbst zu suchen, zu entdecken und zum Wachsen zu bringen.

Mir scheint es, Du signalisierst ziemlich deutlich Deine Bedürftigkeit - und gerade das schreckt die Menschen ab. Leider! Es ist aber wie bei Hunden, denen man nachsagt, Angst riechen zu können.

Meine Bitte an Dich: hör auf, Dein Wohlergehen im außen zu suchen. Werde die, die Liebe in sich trägt und auch was zu geben hat. Dann wird sich das mit dem Partner irgendwann von selbst ergeben.
Mir schwant, dass Du einen Partner aus den falschen Gründen suchst: weil Du jemanden brauchst, weil Du Dich alleine fühlst, weil Du Unterstützung haben möchtest, weil jemand da sein soll, der Dich auffängt, weil die anderen auch einen Freund haben, weil... er eine Funktion für Dich haben soll.

Was aber ist damit, einfach jemanden lieben zu können?
Und das... das ist ein tiefes Problem in der Depression. Die Liebe in uns selbst, zu uns selbst.
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
1970
Beiträge: 375
Registriert: 11. Mär 2009, 15:08

Re: Depression und Beziehung ?!

Beitrag von 1970 »

Hallo Susi!
Ein herzliches willkommen auch von mir.

>....dass ich hoffentlich etwas daraus lernen kann und die nächsten 4 Jahre nicht weiter allein und einsam durchs Leben gehen muss.<

Selbst wenn du einen Partner findest, der dich versteht und unterstützt, heißt das noch lange nicht, dass du dann glückl. und weniger einsam bist.

Man kann sehr wohl auch mit Familie oder Partner einsam sein.

Und ein "Normalo" wird dich auch niemals so richtig verstehen können, wie auch, der "tickt" (nicht böse gemeint) doch ganz anders als wir.

Deine Bemühungen sollten sich nicht um die Partnersuche drehen, sondern darum, dass du lernst dich selbst anzunehmen und an dir zu arbeiten, damit du wieder glückl. durchs Leben gehen kannst.

Es grüßt dich Dori
laudine
Beiträge: 237
Registriert: 9. Mär 2009, 20:12

Re: Depression und Beziehung ?!

Beitrag von laudine »

Liebe Susi,

als ich etwas jünger war, als du jetzt bist, habe ich geglaubt, dass es mir besser gehen würde und alles im Leben einfach rundheraus schöner wäre, wenn ich einen Menschen finden würde, der mich vorbehaltlos liebt.

Ich war eine Zeitlang sehr verzweifelt, weil ich glaubte, mich im Kreis zu drehen. Wenn man depressiv ist, leidet das Selbstwertgefühl, man ist weniger bereit, neue Kontakte aufzubauen und alte Kontakte zu halten, also ging ich kaum raus (solche Phasen durchlebe ich auch heute noch teilweise), was dazu führte, dass ich weniger Möglichkeiten hatte, Menschen zu begegnen.

Und wenn ich dann doch mal zwangsläufig oder weil ich mich überwunden hatte, in Gesellschaft war, dann hatte ich das Gefühl, ich würde den Menschen um mich herum nicht gerecht werden. Ich hatte -ebenso wie du- Angst, man könne mich langweilig finden, fade, uninteressant. Was zur Folge hatte, dass ich völlig frustriert nach Hause schlich und mein Selbstwertgefühl noch mehr in den Keller sank.

Das ist eine Schraube ohne Ende. Und was bedeutet es, wenn man „den Menschen gerecht werden will“ (allein die Formulierung ist schlimm), aber den eigenen Wert nicht mehr schätzen kann?

Ich war sehr bestimmt von Sehnsucht und der Illusion verfallen, dass mich eine Liebe sozusagen aus all dem und wahrscheinlich auch aus der Depression „erlösen“ könnte. Alles inklusive sozusagen …

Das funktioniert nicht. Du drehst dich und drehst dich, bis gar nichts mehr geht.

Ich kann mir wirklich sehr gut vorstellen, wie du dich fühlst. Und je mehr man sich verspannt, desto schlimmer wird es. Und der Erwartungsdruck an sich selbst und andere wird immer größer. So hat es keinen Sinn.
Ich glaube, du wirst erst etwas für dich tun müssen.

Der Weg aus dieser Schraube heraus fängt bei dir selbst an. Indem du z.B. eine Therapie beginnst. Aber das machst du vielleicht auch schon. Oder auch indem du Dinge tust, die du gern tust, deren Tun dir selbst etwas gibt. Damit du ein positives Verhältnis zu dir selbst aufbauen kannst. Ohne Erwartungsdruck, ohne Illusion...

Die Erfahrung, die du mit deinem Freund gemacht hast, finde ich schlimm. Ich wäre bei einer solchen Bemerkung auch sehr verletzt gewesen. Ich persönlich finde diese Äußerung wenig wertschätzend und ziemlich unsensibel. Zudem finde ich, dass sie sekundär auf die Errichtung eines Gefälles in der Partnerschaft hinwirkt. Ich Betreuer-Du Depressiv.

Dennoch ist es sehr wichtig, wenn du dich ernsthaft verliebst, einen Partner zu finden, mit dem du dich über das Thema Depression austauschen kannst. Und zwar auf gleicher Augenhöhe.

Ich habe viele Jahre lang die Erfahrung gemacht, dass das sehr gut möglich war, dass ich auch mit der Depression wertgeschätzt wurde, aber ich musste auch lernen, dass mein Partner nicht unendlich belastbar war. Wir mussten also beide die Bereitschaft mitbringen, das Thema auf den Tisch zu packen.

Das sind nur einige Aspekte. Ich wünsche dir jedenfalls, dass du nicht so verzweifelt bist und es dir gelingt auf deinen Weg zu kommen, anzufangen und so langsam und so schnell voranzugehen, wie du es brauchst, um dich mit dir und in dir wohl und ganz zu fühlen.
Herzlich
laudine,
die übrigens selbst noch jeden Tag an diesen Baustellen arbeitet.Mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg.
Aber bloß nicht aufgeben.
kormoran
Beiträge: 3276
Registriert: 29. Mai 2007, 21:56

Re: Depression und Beziehung ?!

Beitrag von kormoran »

liebe susi,

ich kann mich den vor-posterinnen nur anschließen ...

es klingt so abgedroschen und so unmöglich, das mit dem sich-selbst-lieben, um andere lieben zu können, von anderen geliebt zu werden.

es ist legitim, sich einen partner zu wünschen, es ist einfach natürlich.

aber im kern, langfristig, nachhaltig, geht es wirklich um diesen schritt: die liebe in dir selbst zu finden, dich selbst anzunehmen, den blick nach außen zunächst einmal sein zu lassen.

es ist auch nichts, was man alleine und so von heute auf morgen einfach mal so tun kann (so nach dem motto: "du brauchst doch bloß dich selbst zu lieben ..."). ich wünsche dir kraft und geduld und gute begleitung auf diesem weg. wie schön, dass du so jung bist, und das leben vor dir liegt, wo du dich auf deinen weg machst! - aber das ist für dich wahrscheinlich schwer anzunehmen

liebe grüße
kormoranin
 http://www.depressionsliga.de
*** zurück ins leben!
winnie
Beiträge: 1683
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Depression und Beziehung ?!

Beitrag von winnie »

Hallo Susi,

ich hatte auch mal einen "Freund", der mich, als mich die Depression so richtig wegschwemmte (nicht zuletzt wegen seines distanzierten Verhaltens), kaltschnäuzig verließ mit der Aussage "Ich bin doch nicht dein Therapeut!".
Mich hat das monatelang fürchterlich niedergehämmert, ich fühlte mich wie der letzte Dreck - er hatte genau den Nerv getroffen, den ich von meinen Eltern immer eingeprügelt bekam.

Ja, und dann kapierte ich es irgendwann - es war nicht ER, es war genau dieses Gefühl, das meine Eltern mir eingeimpft hatten, und er nur (unwissentlich) in mir bestärkte.
Es dauerte lange.
Aber da kam ich dann allmählich wieder auf meinen alten Weg zurück, nämlich den, den meine Vorposterinnen auch meinten: Mein Recht zu leben, und mein Grund, stolz auf mich zu sein, hängt absolut nicht von irgendeiner anderen Person ab. Es geht nicht darum, daß mich ein anderer liebt, es geht darum, daß ich mich SELBST mag und achte.

Lieben kann ich mich bis heute nicht.
Aber ich akzeptiere mich, bin in mancher Hinsicht sogar stolz auf mich.
DAS ist entscheidend.

Und, ich habe vor einigen Jahren sogar wieder einen Freund gefunden, mit dem ich bis heute zusammen bin (Wahrscheinlich gerade deshalb, weil ich eigentlich gar keinen wollte, und genau das hat mich vermutlich interessant gemacht...). Trotz Depressionen - wobei er auch nicht immer unbedingt gut damit umgehen kann. Aber das ist NICHT entscheidend. DU bist es, die wichtig ist, und die mit ihren Depressionen klar kommen muß. Ob der Partner mitzieht, ist sekundär. Schön natürlich, wenn er es tut, aber das darf nicht der Grund für die Beziehung sein.

Alles Gute Dir und lieben Gruß,
Winnie
paradiddler
Beiträge: 237
Registriert: 19. Sep 2003, 08:21

Re: Depression und Beziehung ?!

Beitrag von paradiddler »

Wow, bin das erste Mal seit 4 Jahren hier im KND... Kennt mich noch wer?!

Meine Freundin hat mich nach drei Jahren Beziehung gerade für einen anderen verlassen. Wie lang das schon zwischen den beiden lief? Keine Ahnung. Will's gar nicht wissen. Ich glaube, dass meine Depression (bzw. narzisstische Selbstwertstörung; Eigendiagnose) daran Schuld ist. Wir konnten nie darüber reden, wir hatten nie eine Basis, meine Probleme anzusprechen. Sie hat - bevor ich sie in meine Probleme eingeweiht habe - mal gesagt, dass sie sofort Schluss machen würde, wenn sie erfahren würde, dass ihr Freund Medikamente nimmt... Naja, danach war mir nicht mehr danach, sie mit meinen Problemen zu konfrontieren. Über die Beziehung könnte ich sowieso ein Buch schreiben... Vielleicht sollte ich's tun. Ein emotionales Auf- und Ab ohne Gleichen.

Mein Fazit: Dein Partner muss genug Empathie und Verständnis/Geduld haben, sich mit einer solchen Problematik auseinanderzusetzen. Hat der Mensch dies nicht, kann sich eine destruktive Beziehungsform entwickeln, die niemandem hilft.

St.


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Der Kampf gegen den Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen. Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.
winnie
Beiträge: 1683
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Depression und Beziehung ?!

Beitrag von winnie »

Hallo Stefan,

klar, ich kenn Dich noch - willkommen zurück!

Tut mir sehr leid, daß es mit Deiner Freundin nicht geklappt hat.
Es tröstet Dich wahrscheinlich momentan wenig, aber ich persönlich finde es in manchen schweren Situationen sogar einfacher, allein damit klarkommen zu müssen, als sein Verhalten auch noch ständig jemandem anderen rechtfertigen zu müssen, der/die einfach nicht kapiert, wo Du derzeit die Prioritäten setzen MUSST, um nicht unterzugehen.

Alles Gute Dir und Grüße von
Winnie
Nadalien
Beiträge: 112
Registriert: 7. Okt 2008, 17:33

Re: Depression und Beziehung ?!

Beitrag von Nadalien »

Hallo leere Susi!

Ich lebe in einer Beziehung und es ist schwer. Anfangs habe ich nicht viel gesagt, wenn es mir schlecht ging, einfach nur, dass ich nah am Wasser gebaut bin und dass das Heulen ja wieder aufhört. Schwieriger war und ist, dieses dauernde Abwägen. Ja, nein, nichts Halbes, nichts Ganzes. Schon allein die Entscheidung, ob ich am Wochenende mit ihm wegfahren will - Drama! Und das liegt nicht an seiner Person, sondern an meiner Situation, an meiner Entscheidungsunfähigkeit und an meinen Ängsten. Das stresst die Beziehung gewaltig. Meine Gedanken sind nicht nachvollziehbar, meine Ängste auch nicht, etc. Und immer die Angst, er könnte mich verlassen. Furchtbar. Dabei will ich gar nicht klammern und tu's doch.
Ich glaube, was gut ist, ist in einer neuen Beziehung nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen. Vielleicht stellt sich nach zwei Monaten heraus, der Typ ist es nicht, und das ganz unabhängig von deinen Problemen. Und dann noch was: eine Beziehung hilft, aber sie ist nicht dazu da, Probleme zu lösen. Eine Beziehung lenkt ab von Problemen die man mit sich selbst hat und letztendlich mit sich ausmachen muss. Für das Selbstwertgefühl ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass man auch alleine zurecht kommen kann. Und dann kommt einer daher. Und dann ist man auf Augenhöhe. Das ist das Ideal, was ?! Ich wünsche Dir viel Kraft auch ohne festen Partner, und dass Du Dich auf Dich konzentrierst. Einen Partner zu vermissen, der nicht existiert und noch gebacken werden muss, das ist ein nicht existentes Problem. Genieße Deine Freiheit! Beste Grüße, Nadalien
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