Depression und Unwirklichkeits-/Auflsungsgefhle

Antworten
Sandra Monn-Dorschner
Beiträge: 8
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Depression und Unwirklichkeits-/Auflsungsgefhle

Beitrag von Sandra Monn-Dorschner »

Ich leide seit der Geburt meines Sohnes im August 99 unter Depressionen und Angstzuständen. Habe viele verschiedene Antidepressiva ausprobiert, Trevilor hatte mir dann einigermaßen geholfen. Letztes Jahr habe ich die AD's reduziert, da ich noch ein Kind wollte. Hatte erfolgreich abgesetzt und wurde prompt schwanger. In der 9. Woche hatte ich dann eine Fehlgeburt und wurde natürlich sofort wieder rückfällig. Mein Psychiater verschrieb mir sofort wieder Trevior, auf das ich noch unruhiger wurde. Habe dann Zoloft bekommen, unter welchem zwar die Depressionen und die Ängste abnahmen, ich aber auf einmal seltsame -mir bislang unbekannte - Symptome bekam. Ich habe das Gefühl, als ob um mich herum alles so unreal ist, als ob ich nicht mir ich selber bin, fühle mich überhaupt nicht mehr, als ob immer ein Schatten hinter mir her ginge, einfach als ob es mich nicht mehr geben würde. Ich hatte schon Angst, ich würde an einer Psychose leiden, aber mein Psychiater und mein Therapeut sagen, eine Pyschose wäre ganz anders. Diese Depersonalisationsgefühle könnten eíne Nebenwirkung des Zoloft sein. Meine Frage ist nun: Kennt jemand diese Symptome, entweder als Teil einer Depression oder als Nebenwirkung von Medikamenten?? Ich habe nämlich langsam die Vermutung, daß ich gar nicht mehr an einer Depression leide, sondern an irgendeiner anderen Störung.
I.M.
Beiträge: 890
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Depression und Unwirklichkeits-/Auflsungsgefhle

Beitrag von I.M. »

liebe sandra- ich kenne diese gefühle auch. auch die angst, an einer psychose zu leiden. nein, sagt mein arzt. das sagen alle patienten sagt er...hhmm. und weiter? ich hatte auch das gefühl, dass dieses unwirklichkeitsempfinden erst mit beginn der einnahme von AD eintrat. ach das bilden sie sich ein, sagt der erste arzt. nein, sagt der zweite arzt, das sei eine erscheinungsform der depression. meine therapeutin sagt, das sei der psychische schockzustand in dem ich mich befinde. ob es wieder weg geht? hhmm..ja irgendwann, sagen beide. vielleicht. ich arbeite nun daran, "in der realität zu bleiben". sobald ich merke, dass es wieder schlimmer wird mit den auflösungserscheinungen sugeriere ich mir sicherheit und sage mir "bleib in der realität". das hilft ein bißchen. ich habe auch das gefühl, je mehr ich das geschehene akzeptiere und verarbeite, also nicht mehr leugne und verdränge, desto mehr verschwindet das gefühl. so mache ich mir selber hoffnung. inka
Thomas

Depression und Unwirklichkeits-/Auflsungsgefhle

Beitrag von Thomas »

Liebe Sandra, Das kenne ich ebenfalls. Dieser Zustand ist so seltsam, beängstigend und beunruhigend, dass auch ich nicht glauben wollte, dass das "nur" eine Depression sein kann. Erst einiges Nachlesen in der einschlägigen Literatur überzeugte mich schließlich, dass diese Gefühle von Selbstentfremdung zum Krankheitsbild gehören. So wie du fühlte ich mich nicht mehr und verlor auch den Gefühlsbezug zu meiner Umgebung. Gegenstände verloren ihren Sinn, mir fiel es sogar schwer noch zu begreifen, wozu sie da sind. Damals hatte ich große Angst, schwachsinnig zu werden aber diese Blockaden sind nur vorübergehend und lösen sich später wieder völlig auf. Der holländische Psychiater Piet Kuiper, der selbst eine schwere Depr. erlebte, war über Monate hinweg nicht von der Überzeugung abzubringen, dass er tot sei- einfach deshalb, weil er sich so fühlte (bzw. nicht fühlte). Ich nannte diesen Zustand später den "Zombie-Zustand" weil auch ich mich wie ein lebender Toter fühlte. Ich glaube eher nicht, dass AD an solchen Zuständen schuld sind aber es ist schwierig bis unmöglich, deren Nebenwirkung sauber gegen die Symptome der Depr. abzugrenzen, weil sich beides sehr ähneln kann. Scheue dich nicht, deinem Psych. alle diese Zustände zu schildern- er muss wissen, ob es am Medi liegen kann. Was er vermutlich nicht weiß ist, wie quälend so etwas sein kann. Da musst du hartnäckig deine Leiden schildern, damit er evtl. einen Wechsel des Medis erwägt um das abzuklären. Ich glaube nicht, dass du dich sorgen musst, eine andere Störung zu haben. Was du schreibst ist mir und vielen anderen hier sehr vertraut. Herzlicher Gruß von Thomas
Sandra Monn-Dorschner
Beiträge: 8
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Depression und Unwirklichkeits-/Auflsungsgefhle

Beitrag von Sandra Monn-Dorschner »

Lieber Thomas, vielen, vielen Dank für Deine Antwort. Das gibt mir etwas Hoffnung, da ich auch sehr sehr viel Literatur gelesen habe und niiee!!!! diese Symptome aufgeführt wurden. Immer nur das Typische: Niedergeschlagenheit, Konzentrationsschwierigkeiten, Schlaflosigkeit usw., aber nie dieses beängstigenden Gefühle, die einen wirklich an allem zweifeln lassen. Was hast Du denn bisher so unternommen an Medis, Therapien usw. Würde mich interessieren. Alles Gute, Sandra
jade

Depression und Unwirklichkeits-/Auflsungsgefhle

Beitrag von jade »

Liebe Sandra, outside depersonalisation zwei informative Seiten zum Thema mit Infos, Erfahrungsberichten, Foren etc. Um der Verwirrung und der zusätzlichen Angst, die man durch die Äußerungen mancher Ärzte bekommen kann, ein bißchen entgegen zu wirken... Liebe Grüße Jade
Thomas

Depression und Unwirklichkeits-/Auflsungsgefhle

Beitrag von Thomas »

Liebe Sandra, da hast du wohl nicht die richtigen Bücher gelesen, deine Symptome sind wirklich nicht ungewöhnlich oder extrem selten. Ein Zitat aus einer Broschüre über Depressionen: Entfremdungserlebnisse (»ich bin nicht mehr ich«, «alles unwirklich, fremd, abgerückt«, »die Zeit geht nicht voran«); Ich habe dir die Broschüre zugemailt, sie enthält eine Aufzählung der vielfältigen Symptome, die eine Depr. haben kann. Also, mach dir keine Sorgen, du hast doch schon genug. Meine erste Depr.liegt 8 jahre zurück und war sehr heftig, ich habe sie in der Klinik auskuriert, zunächst ohne Medis. Als aber ein Rückfall kam, nahm ich Fluctin. Da die Ursachen meiner Depr. in der Kindheit liegen, entschied ich mich für eine Analyse die ein großer Gewinn war für mich, auch wenn die Depr. in leichterer Form wiederkehrten. Jedenfalls habe ich bis heute keinen so heftigen Zusammenbruch mehr erlebt wie vor 8 Jahren. Ich habe manches in meinem Leben umgestellt- das war wohl der wichtigste Schritt- und nehme Medis, wenn ich merke, es wird wieder schlechter (z.Zt. Trevilor mit gutem Erfolg). Für mich ist das Leben durchaus lebenswert und die Depr. beherrschbar und rückblickend kann ich sogar sagen, dass die Veränderungen in meinem Leben, die durch die Depr. angestoßen wurden, ein Gewinn für mich sind. Dir auch alles Gute! Thomas
I.M.
Beiträge: 890
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Depression und Unwirklichkeits-/Auflsungsgefhle

Beitrag von I.M. »

habt ihr diese entfremdungsgefühle und distanzerfahrungen auch schon mal als etwas positives gesehen? ich komme darauf, weil ich nun schon des öfteren in fernsehinterviews mit interessanten menschen, meistens künstler, davon eghört habe, dass sie ganz selbstverständlich diesen zustand als gewinn betrachten. ich versuche das auch gerade. es ist ja auch eine fähigkeit, etwas aus der distanz zu betrachten, sich davon zu entfernen, quasi als zuschauer auf der welt zu sein. es gibt einen überblick über die dinge. wenn man es dann noch schaffen könnte, diesen zustand willentlich herbeizuführen oder zu beenden, das wäre schön.
Ingrid
Beiträge: 727
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Depression und Unwirklichkeits-/Auflsungsgefhle

Beitrag von Ingrid »

Hallo, ist zwar schon alt, veraltet aber dennoch nie, und ich kann es mir nicht verkneifen, meinen Lieblingsautoren seit meiner Jugendzeit zum Kontext zu zitieren: Stufen Wie jede Blüte welkt und jede Jugend Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe, Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern. Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe Bereit zum Abschied sein und Neubeginne, Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern in andre, neue Bindungen zu geben. Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, Der uns beschützt und der uns hilft zu leben. Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten, An keinem wie an einer Heimat hängen, Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen, Er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten. Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen; Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise, Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen. Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde Uns neuen Räumen jung entgegensenden, Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden.... Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde ! Hermann Hesse
anganima
Beiträge: 207
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Depression und Unwirklichkeits-/Auflsungsgefhle

Beitrag von anganima »

Liebe Inka, die positive Art der Distanzerfahrung wird in vielen Meditationen und auch anderen Formen der Selbsterfahrung angestrebt.Die Möglichkeit seine Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen einfach nur zu beobachten, ohne sich mit ihnen zu identifizieren schafft Raum um zu erkennen, daß das was man im Augenblick spürt nicht alles ist was die eigene Persönlichkeit ausmacht. Wichtig dabei ist, daß man gleichzeitig alles Urteilen und alle Vergleiche fallen läßt, sondern nur wahrnimmt, so ist das gerade, das findet in mir statt. Ein andermal kann es etwas völlig anderes sein und doch bin auch das Ich. Um hier eine Unterscheidung treffen zu können und es auch als positiv ansehen zu können, müssen wir uns aber erst einmal überhaupt gespürt und ernst genommen haben. Solange wir uns nur als fremdbestimmt erleben ist die Entfremdung und Distanz, die wir einerseits zu unserer Umgebung und andererseits auch zu uns selbst empfinden nur schmerzhaft. Für mich war das Schwierigste, mir erstmal die Erlaubnis zu geben, Empfindungen, Gedanken und Gefühle zu haben, die ich nicht als positives Selbstbild betrachtet habe und von denen ich annahm, daß andere das ebenso sehen und mich deshalb ablehnen. Also konnte ich auch nicht zulassen, daß diese Gefühle zu mir durchdrangen. Oft hat sich das dann in ständigen Gedankenkreisen verselbständigt, denn Gedanken sind nie so schmerzhaft wie die Gefühle, die eigentlich die Ursache dafür sind. Jedenfalls empfand ich das so. Es ist tatsächlich eine große Fähigkeit, diesen inneren Beobachter zu aktivieren. Er darf jedoch nur ein neutraler Beobachter sein, kein Kritiker, Richter oder sowas. Dann können wir uns ihm anvertrauen und auch wagen uns impulsiv neuen Dingen gegenüber zu öffnen und neue Verhaltensweisen auszuprobieren und uns so als jemand zu erfahren, der ein weit größeres Potential hat, als er je gedacht hat. Ob wir diesen Beobachter dann ein- oder abschalten können ist eine Übungssache. Ich habe für mich jedoch entschieden, daß er wenn er nicht wertet, ein sehr hilfreicher Geist ist, der ruhig ständig da sein darf. Lieben Gruß Anganima
anganima
Beiträge: 207
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Depression und Unwirklichkeits-/Auflsungsgefhle

Beitrag von anganima »

Liebe Ingrid, Hermann Hesse war auch für mich ein wichtiger Meilenstein auf meinem Weg. Lieben Gruß Anganima
Sandra Monn-Dorschner
Beiträge: 8
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Depression und Unwirklichkeits-/Auflsungsgefhle

Beitrag von Sandra Monn-Dorschner »

Lieber Thomas, vielen, vielen Dank. Aber die Mail habe ich leider nicht bekommen. Könntest Du vielleicht nochmal ... Noch 'ne Frage (sorry, wenn ich Dich andauernd belämmere, aber ich bin soooo glücklich, daß ich vieleicht doch nicht so ein Alien bin): Kennst Du vielleicht auch diese ganz kurzen, für den Bruchteil einer Sekunde andauernden "Halluzinationen". Ich liege z. B. im Bett und denke auf einmal, ich liege mit dem Kopf nach unten, oder daß das Bett auf einmal wackelt usw. Mein Arzt sagt, solange ich es nicht für wirklich halte, sondern es für eine Sinnestäuschung halte, wäre es nicht so bedenklich. Psychotiker z.B. glauben ja alles, was sie sehen, fühlen, riechen usw. Sagte man mir jedenfalls. Wäre super, wenn Du -oder vielleicht auch jemand anderes - mir noch darauf antworten könntest. Danke
Thomas

Depression und Unwirklichkeits-/Auflsungsgefhle

Beitrag von Thomas »

Liebe Sandra, komisch, dass die mail nicht ankam, sie ging hier raus an die Adresse, die du in deinem Profil angegeben hast (von deinem Partner, nehme ich an). Ich versuchs noch einmal. Thema Sinnestäuschungen: Ich kenne solche "Kurz-Hallus" wie plötzliche Schatten im Gesichtsfeld oder eine Art elektr. Schlag im Kopf. Die Sinnesorgane sind bei Depr. oft beeinträchtigt- das Sehen und Hören kann nachlassen, auch Riechen und Schmecken. Bettwackeln kenne ich auch. Außerdem helle Lichtblitze beim Einschlafen (Huch, wer fotografiert da?). Hat alles mit Psychose nichts zu tun. Wie dein Doc schon sagt, dazu würde ein Realitätsverlust gehören und die Überzeugung, dass diese Sinnestäuschungen real sind. Nee, kein Alien, ein Depri bist du! Und das ist schon schwer genug. Lieber Gruß Thomas
waltraut
Beiträge: 926
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Depression und Unwirklichkeits-/Auflsungsgefhle

Beitrag von waltraut »

Liebe Ingrid,liebe Anganima, Hesses "Stufen" haben auch mir immer wieder Mut gemacht. Ich hab sie auch schon mal unter Gedichte gesetzt. Also,steigen wir weiter... Einen schönen Tag euch Waltraut
Ingrid
Beiträge: 727
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Depression und Unwirklichkeits-/Auflsungsgefhle

Beitrag von Ingrid »

Hallo Anganima - Freut mich, dass Du Hesse auch magst. Mein erstes Buch, das ich von ihm las, war..... (na, klar! ) der Steppenwolf. Danach habe ich alles andere von ihm verschlungen wie in meiner Kinderzeit die Karl May Bücher. Schönen Tag Dir ! Ingrid P.S.: Bist Du wieder vollständig auf dem Damm ? Du hörst Dich unwiderstehlich gut an
Ingrid
Beiträge: 727
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Depression und Unwirklichkeits-/Auflsungsgefhle

Beitrag von Ingrid »

Hallo Waltraut - Huch, ja...... hatte schon manchmal Bedenken, dass ich unter Gedichte etwas 'reinsetze, das längst da war. Habe immer auf das schlechte Gedächtnis der Leser gehofft.... Jou, steigen wir weiter ! Auch Dir einen wunderschönen Tag ! Ingrid
waltraut
Beiträge: 926
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Depression und Unwirklichkeits-/Auflsungsgefhle

Beitrag von waltraut »

Ja,Ingrid, manches kann man gar nicht oft genug reinsetzen!!! Und es gibt immer wieder neue Leser... Lieben Gruß Waltraut
Namen sind Schall und Rauch!
Beiträge: 69
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Depression und Unwirklichkeits-/Auflsungsgefhle

Beitrag von Namen sind Schall und Rauch! »

Ich kenne das Entfremdungsgefühl aus dem Krankenhaus. Nach einer Narkose kam ich mir tagelang wie ein Zombie vor. Irgendwie nicht da, eher in einem Dämmerzustand, nichts war von Bedeutung. Ich kam mir sehr leer vor. Das Gefühl selbst lässt sich am Besten mit dem Zustand kurz vor dem Einschlafen beschreiben. Die Sinne sind noch aktiv, aber der Geist hat sich schon in die Traumwelt verabschiedet. Das Gute ist: Der Zustand verschwand wieder, hoffentlich bei dir auch!
Antworten