Ich hab es nicht mehr ausgehalten...

[Dazzled]

....und bin heute morgen erst zur Arbeit und nach zehn Minuten -nachdem ich eine Panikattacke bekam- zu meinem Hausarzt gefahren. Ich konnte kaum Auto fahren, da mir ständig die Tränen in die Augen stiegen. Glücklicherweise hatte mein Hausarzt Zeit und mich erst mal für zwei Wochen krangeschrieben. Darüber hinaus muss ich morgen früh zu einem Neurologen der mir dann wohl entsprechende AD verschreibt.

Bin danach zurück zur Arbeit, habe den gelben Schein abgegeben und meinen Chef über mich aufgeklärt.

Ich habe mich im Leben noch nie so geschämt!!!

Da stand ich, mit Tränen in den Augen und musste beichten, was mit mir los ist. Er war zwar erst sauer (was meinen schlechten Gewissen nicht gerade gut getan hat) bat mich noch ein paar Dinge zu erledigen und zeigte aber kurz bevor ich ging, dann doch Verständnis. Er kennt mich auch schon seit 16 Jahren und ich hatte ja auch schon einige Episoden. Letztes Jahr im Frühjahr hatte ich eine Gürtelrose (die kam auch nicht von ungefähr).


Im Moment bin ich voll innerer Unruhe und dieser unbestimmten Trauer. Darüber hinaus habe ich ein schlechtes Gewissen, alle hängenzulassen. Gleichzeitig scheint draussen die Sonne aber ich bin ja krankgeschrieben und darf da ja nicht einfach draussen rumrennen oder mir was Gutes tun. Das habe ich nicht verdient, weil ich ja nichts leiste. Scheiss Gedanken, ich weiss aber ich muss die hier mal aufschreiben, weil sie so irrational sind, oder?

Gruß aus dem Loch
Daz

[Lebenskünstler]

Das kann ich dir nur zu gut nachfühlen. Anfang des Jahres hat mich die Depression wie aus dem Nichts erwischt. Hab mich noch 3 Wochen zur Arbeit geschleppt in der hoffnung dass Citalopram mich auch diesmal rettet. Dann hab ich unter dem Vorwand des Geburtstags meiner Tochter 2 Wochen Urlaub gemacht. Es wurde nichts besser und nach 2 Tagen Arbeit (stand mehr neben mir als bisher in meinem Leben = Depersonalisierung) die Erkenntnis dass nichts mehr funktioniert. Nun sind schon 8 Wochen ins Land gegangen und keine Besserung in Sicht. Es tut so weh so machtlos zu sein und vor seinen Kindern zu stehen ohne jede Gefühlsregung.

Halte durch

[horcars]

Hallo Daz,
natürlich kannst Du in die Sonne gehen, natürlich Sollst Du Dir etwas Gutes tun. Gerade, wenn diese Schei... depress. Episoden beginnen, musst Du alles Register ziehen, um besser damit klarzukommen. Ich weiss von diesen blöden Gefühlen und kenne sie in und auswendig. Doch nach einigen Episoden und entsprechender prof. Hilfe habe ich gelernt, dagegen anzugehen. Gerade heute ist so ein Tag. Am Vormittag war alles gut, ich nehme seit dem 18.2.Citralopram 30 mg. Nach dem Mittag zog es mich nach unten und ich brach, das was ich am Morgen angefangen hatte, ab. Dann habe ich mir überlegt, was besser für mich ist, habe dies und jenes erledigt, hole jetzt gleicvh meine Enkelin vom Hort und las zum Schluß Deinen Bericht. Denke immer daran, dass Du aus der Höhe kamst, als Du in die Tiefe abrutschtest und dass die jetzt wieder hochklettern musst. Hoch und ein wenig abrtuschen und wieder hoch und ein wenig abrutschen ... und dazu gehören die warmen Sonnenstrahlen. Benützer sie und umgebe Dich mit Menschen, die Dir von ihrem Optimoismus etwas abgeben können.
Emotio muss nun in den Hort.

[lt.cable]

Hallo Daz!

Natürlich darfst Du raus und Dir was Gutes tun! Wenn Dir die Ärzte nicht gerade Bettruhe verordnet haben (was ich hier nicht vermute), dann bist Du als kranker Arbeitnehmer keinesfalls an Deine Wohnstätte gebunden. Aktivitäten, die Deiner Gesundung zuträglich sein könnten, dürften vielmehr erwünscht sein, falls Du z. B. mal einen Spaziergang durch die Sonne oder ähnliche Dinge schaffen solltest. Angemahnt würden höchstens recht zweifelhafte Vorgänge: anderweitig arbeiten gehen, in Bestform auf Feiern oder ab morgens in der Kneipe gesehen werden, fröhliches Sonnenbaden im Stadtpark statt Spaziergang (wahrscheinlich eher erst im Sommer) und so weiter.

Es grüßt
lt.cable

[SisterGoldenHair]

Hallo Daz,

ich gehe davon aus, daß Du in 16 Jahren immer "brav" Deinen Pflichten nachgekommen bist - Chefs sind meistens sauer, wenn man eine A.U. abgibt - vor allem dann, wenn die Pflichtbewußten das tun ;o)

Denk jetzt mal an Dich, und es gibt keinen Grund, sich zu schämen. Wahrscheinlich gibt es "gute" Gründe warum es Dir so schlecht geht... Gürtelrose kommt nicht aus dem blauen Himmel... die hatte ich auch schon - bei absoluter Überlastung.

Ich dachte immer, ich fühle mich ständig so kaputt, und als ich wußte, daß ich Gürtelrose habe, dachte ich ok, das kommt davon.

Kürzlich sagte mir ein Freund, der Neurologe ist - nee - das ist anders rum - WEIL ich so kaputt war, bekam ich die Gürtelrose - denn wenn der ganze Mensch down ist, versagen auch die Leukozyten ihren Dienst..................

Der wichtigste Mensch in Deinem Leben bist DU! Versuch doch bitte, Deinen inneren Kritiker im Zaum zu halten - geh raus in die Sonne, an die Luft, versuch, Dinge zu tun, die Dir noch ein bißchen Freude machen - und schau mit Deinem Arzt genau hin, ob evt. noch andere Maßnahmen geplant werden können.
A.U. alleine hilft auf Dauer nicht wirklich.

Liebe Grüße
Ulli

[Dazzled]

@all:

Danke erst mal für die aufbauenden Antworten.

Ich habe heute nachmittag meine Schwester angerufen und die ist dann auch gleich vorbeigekommen und hat mich raus in die Sonne gezogen. Das hat gut getan! Ich habe dann aber auch gleich ein schlechtes Gewissen, denn wenn es mir wieder etwas besser geht, kann ich auch arbeiten gehen. Ich weiss aber, dass ich das nicht aushalte.


@lt. cable
Nein, auf Party etc. ist mir echt nicht zumute. Ich will nur zur Ruhe kommen. Bin schon froh, dass ich jetzt keine Kunden mehr sehen muss.

Wie Uli schon richtig schrieb. Ich muss wohl meinen inneren Kritiker im Zaum halten. Ich habe hier auch schon einen Kurantrag liegen. Dazu hatte mich mein Therapeut schon vor Wochen gedrängt, dass ich das mal mache. Aber das ist doch Schwäche haben und auch noch zugeben!!!! Ich will mir gar nicht ausmalen was passiert wenn ich meinem Chef sage, dass ich zur Kur muss.....

Naja, das erst mal hinten angestellt.

Gruß aus dem Loch von
Daz

[chrigu]

Hallo Daz,

oh wie gut kenne ich diese Gedanken! Der Schritt, sie komplett in den Wind zu schießen und sie einfach nicht mehr zu denken, ist vielleicht im Moment zu groß.
Aber wie wäre es, wenn Du Dir sagst, dass Du nun ärztlich verordnete freie Tage bekommst, also nicht einfach blau machst, sondern die Legitimation dafür hast? Und wenn Du nach einem Tag mit besseren Gefühlen sofort wieder arbeiten gingest, dann wärst Du nach zwei Tagen vermutlich noch kränker, würdest noch länger für Deinen Chef ausfallen.

Wichtiger ist es doch, die zwei Wochen zu nutzen, um erstmal wieder so gesund wie möglich zu werden.

Es ist ein toller Schritt von Dir gewesen, Deinem Chef Bescheid zu sagen! Seine Reaktion zeigt, dass er sich vermutlich mit psychischen Krankheiten nicht so recht auskennt. Vielleicht kannst Du ihm ein kurzes Infoblatt geben? Dann wird er auch nachvollziehen können, warum Du eine Kur machen willst. Auch ihm wird es einleuchten, dass es besser ist, auf einen Arbeitgeber ein paar Wochen zu verzichten als wenn dieser so schwer krank wird, dass er gar nicht mehr kommen kann.

Ich wünsche Dir, dass Du den inneren Kritiker im Zaum halten kannst und ohne schlechtes Gewissen etwas für Dich tun kannst.

Liebe Grüße!
Chrigu

[SisterGoldenHair]

Guten Morgen, Daz.

Ich weiß, "das" ist alles sehr unangenehm, wenn man noch einen Job hat. Im Augenblick habe ich keinen, das ist im Prinzip dann für mich einfacher, mich um meine Gesundung zu kümmern.

Als ich noch gearbeitet habe, stand auch schon mal eine "Kur" im Raum, die ich "natürlich nicht" beantragt habe...

Die letzten 6 Jahre meines Arbeitslebens waren sehr hart, es war zu lang zu viel - und ich hatte in diesen 6 Jahren deutlich mehr A.Us. als vorher in 16... u.a. eben auch Gürtelrose... Ich wäre nie auf die Idee gekommen, eine ReHa zu beantragen... wie "verkaufe" ich das auf der Arbeit?...

Ich wurde dann der Frage enthoben, als ich defin. in die Knie ging... es ist wichtig rechtzeitig auf sich zu schauen und für sich zu sorgen. Es hat sehr lange gedauert, bis ich mich einigermaßen erholt habe.

Deshalb - sorge gut für Dich und hol Dir jede Hilfe, die Du bekommen kannst,
und zwar jetzt ! Die Ärzte scheinen Dich ja zu unterstützen, das ist schon mal ein großes Plus.

Liebe Grüße
Ulli

EDIT - ich habe gerade gesehen, Du hast Dich auch schon mit dem Thema Inneres Kind beschäftigt. Sicher kann es Dir sagen was gut für Dich ist... ;o)

[Dazzled]

Guten Morgen!

Komme erst heute dazu, zu schreiben. War gestern zu kaputt.

@chrigu
Ich versuche mir das jetzt auch klarzumachen, dass ich diese Tage einfach annehmen soll und kein schlechtes Gewissen haben muss. Mein Kritiker in mir ist aber übrmächtig. Beispiele:

Ich sollte eigentlich gestern schon zu einem Neurologen und hab dafür eine Überweisung von meinem Hausarzt bekommen. Ich hatte dort auch angerufen aber die Zeiten komplett falsch aufgeschrieben. Ausserdem haben die dort morgens einen "Notfalltermin" und nur die, die als erstes da sind (10 Leute) kommen dran. Ich hab das dann heute um 7.20 Uhr ausprobiert (um 7.45 Uhr öffnet die Praxis). Da war schon nichts mehr zu machen. Da standen die Leute schon im Treppenhaus. Bin auf dem Absatz umgekehrt und gegangen. (sofort kam der Gedanke "Noch nicht mal das schaffst du"). Ich wollte dann noch schnell einkaufen, damit ich heute nicht noch mal los muss. Ich wollte mir auch was nettes zu essen kaufen (Gedanke:"Du hast das nicht verdient! Du schaffst es ja nicht mal morgens rechtzeitig aufzustehen"). Jedesmal muss ich gegen diese Gedanken ankämpfen. Dann im Supermarkt (um 8.00 Uhr). "Alle Leute starren mich an. Was macht so ein junger Mann morgens beim einkaufen und warum ist der nicht arbeiten?"

Ich könnte kotzen!

Auch wenn ich die Gedanken nicht bewusst habe, so habe ich doch ständig das Gefühl des schlechten Gewissens.

Zu dem "Notfalltermin" gehe ich nun nicht mehr hin. Da habe ich mich bei dem Gedanken mit zig anderen Leuten vor der Praxis zu warten schon beschissen gefühlt und es ist genauso gekommen, wie ich es erwartet habe. Zum Glück hat mir mein bester Freund die Nummer seines Neurologen gegeben. Der ist zwar in der nächsten Stadt aber dafür habe ich da nächte Woche einen regulären Termin. Zum Glück habe ich am Montag auch einen Termin bei meinen Therapeuten.

@Ulli
Ja mit dem Thema inneres Kind habe ich mich schon beschäftigt. Ich dachte auch, wenn ich ihm alle Wünsche erfülle wirds schon klappen. Ich denke, dass ich in den letzten Jahren klar kam, weil ich mich mit materiellen Dingen betäubt habe. Solange ich ein Ziel vor Augen hatte (Urlaub, Anschaffung von größeren materiellen Dingen) ging es ganz gut. Nach dem letzten Urlaub im November ging es dann bergab. Ich habe im Moment kein Ziel mehr. Aber das kann es doch auch nicht sein, dass sich mein Leben nur um solche Sachen dreht???? Sobald ich so ein Ziel nicht mehr habe, gehts bergab. Irgendwann kann ich mir das dann vielleicht nicht mehr leisten. Was ist dann??


LG
Daz

[Lebenskünstler]

Hallo Daz,

mach Dir nicht soviel Gedanken darum was andere denken. Hatte heute morgen auch nen Anruf von der Arbeit. Auf die Frage wies gehen würde hab ich nur geantwortet: " Wie es einem halt mit ner Stoffwechselerkrankung geht " und dass ich derzeit medikamentös eingestellt werde.
Wichtig ist einzig und allein dass du dich um deine Gesundung kümmerst. Dann kannst du dir und vorallem andere keinen Vorwurf machen.

[SisterGoldenHair]

... Daz, im Grunde weißt Du ja schon, daß gewisse Dinge ein Ersatz sind...

Im Augenblick weiß ich nicht so recht was ich sagen soll...

Jedenfalls ist es gut, daß Du nächste Woche den Termin hast - mit Unterstützung kann es Dir gelingen, die Knoten zu entwirren...

Du hast permanent ein schlechtes Gewissen - deshalb meinst Du, die Leute glotzen Dich an im Geschäft - das ist bestimmt gar nicht so... ist doch nicht ungewöhnlich, wenn man morgens um 8 was kauft... (Du könntest ja auch nach dem Einkauf arbeiten gehen...)

es wird oder Du siehst Dir von außen entgegen gebracht, was Du in Dir drin hast und denkst.

also... ? mein Neurologe sagte kürzlich zum Abschied "die Hausaufgaben sind klar, oder"
.............

LG und verliere nicht den Mut
Ulli

[cool]

Hallo Daz,

ich möchte Dich auch ermuntern rauszugehen und Dir Gutes zu tun.

Deine negativen Gedanken dazu kenne ich sehr gut. Aber vernunfsmäßig ist mir klar, dass das schlechte Gewissen meine Krankheitszeit verlängert. Und das ist natürlich nicht gut für mich und den Arbeitgeber und die Kollegen.
Hier heißt es zu sortieren, was Dir die Krankheit vorgaukelt, was Du selbst normalerweise denkst und was andere tatsächlich über Dich denken, bzw. was Du Dir vorstellst, was die anderen wohl denken.
Das Ganze dann einer Realitätsprüfung zu unterziehen und anschließend gewichten.

Oben wurde z.B. das Beispiel vom Supermarkteinkauf morgens um 8 Uhr gesprochen. Natürlich braucht man Lebensmittel, ob krank oder gesund. Und wenn man morgens um 8 Uhr im Supermarkt ist, könnte man an dem Tag Urlaub haben, Schicht arbeiten, Überstunden abfeiern oder einen Beruf haben an dem man an Wochenenden und Feiertagen arbeitet und seine freien Tage unter der Woche hat.
Und dann stellt sich natürlich die Frage, wie wichtig es ist, was Leute im Supermarkt über einen denken.

Natürlich ist das nicht einfach und auch ich habe meine Probleme damit. Bin z.B. auch schon mit einer gebrauchten Apotheker-Plastiktüte bewaffnet in ein Einkauszentrum gegangen (dort ist auch die Apotheke) um dort meine Runden zu drehen, unter Leuten zu sein und etwas abgelenkt zu sein.
Oder bin eine zeitlang morgens zum Zeitungskiosk gegangen und habe einen Kaffee getrunken. Dem Besitzer ist das aufgefallen. Und ich habe gesagt, dass ich zur Zeit erst ab nachmittag arbeite.

Aktuell bin ich krankgeschrieben und denke über einen Friseurbesuch nach. Ich hätte es dringend nötig, bin während ich gearbeitet habe nicht dazu gekommen, würde mich wohl damit fühlen und ich hätte etwas erledigt, was ich dann demnächst nicht unter Zeitdruck machen müsste, wenn ich voraussichtlich ab Montag wieder arbeite.
Ich traue mich nicht.

Viele Grüße Cool

[Dazzled]

@all

Danke zunächst!

Ja, mein Verstand sagt mir ständig, dass ich kein schlechtes Gewissen haben muss, nur der Kritiker in mir ist sehr stark. Es wird wohl noch eine Zeitlang dauern, bis ich das überwunden habe.

Ich sollte wirklich alles machen, was mir guttut und mich nicht überfordert. Und es ist egal, was andere denken. (bis auf das was dein Chef und die Kollegen denken, kommt sofort der Kritiker wieder). Ich werde daran arbeiten und mal sehen ob mir mein Therapeut am Montag weiterhelfen kann. Am Donnerstag gehts dann zum Neurologen und dann am Dienstag wohl nochmal zum Hausarzt.

Ich finde es gut, hier schreiben zu dürfen. Das entlastet.

LG
Daz

[Clown]

Hallo Daz,

mal eine Frage am Rande, aber doch ernst gemeint, vielleicht ist sie sogar wichtig:

Du schreibst: «Ich finde es gut, hier schreiben zu dürfen.»

Wer gibt dir die Erlaubnis dazu?

Grüße,

Clown

[Dazzled]

Stimmt. Ich gebe mir die Erlaubnis dazu.
Aber auch da Frage ich mich manchmal ob es nicht nervt was ich schreibe. Mein Selbstwertgefühl ist voll im Arsch.

LG
Daz

[kartoffelsalat]

Hallo Daz,

ich kann dich so gut verstehen. Auch mein innerer Kritiker ist immer dabei. Und der fragt dann ist das jetzt Spazieren gehen, oder schon "fröhliches Sonnenbaden" und wenn es mir dann Spaß macht, dann frage ich mich, ob das denn sein darf auf Krankenschein.

Natürlich sollte man siche einen Teufel scheren, was die anderen denken, aber wenn das ginge wäre ich nicht so krank.

Bin seit Anfang des Jahres krank geschrieben und will seit 1 Monat zum Friseur und denke darüber nach ob das legitim ist. Mein Friseur ist mitten in der Stadt.
Und dann frage ich mich ein anderes Mal, solte ich nicht auch abends ins Kino gehen dürfen, wenn es mir gut tut und ich den Impuls habe, vielleicht doch mal ein Bier trinken gehen oder, oder. Am Samstag bin ich auf eine Party eingeladen. Gesunde ich schneller, wenn ich nicht hingehe.

Daz, ich weiß, dass ich jetzt viel über mich geschrieben habe, aber ich wollte dir zeigen, dass es anderen auch so geht.

Liebe Grüße Kartoffelsalat

[horcars]

Hallo Daz,
ich denke, nicht dass Du dich kritisierst, ist ein Problem, sondern dass Du Dich dafür auch noch kritisiert, macht krank. Lerne, das was Du heute tust oder nicht tust, als ein Teil Deiner Persönlichkeit zu akzeptieren. Wir vergeuden viel zu viel Energie mit Abwehren und nicht wahrhaben wollen, finden es zum Teil fürchterlich, so zu sein, wie wir sind und stellen uns nicht unserer Krankheit.
Verlange nicht zuviel von Dir und überlege Dir ganz kleine Schritte die Dir guttun könnten. Hättest Du da vielleicht ein paar Vorschläge? Es muss doch nicht immer ein großer Blumenstrauß sein, manchmal reicht es aus, sich eine einzelne Blume zu kaufen, der Verkäuferin ganz bewusst mit einem strahlenden Lächeln zu begegnen und sich darüber zu freuen, wenn sie einem ebenfalls freundlich begegnet.
Mir hilft es manchmal schon, einfach so einen Text zu schreiben.
Emotio

[Dazzled]

Hallo!

Das stimmt. Ich sollte kleine Schritte machen. Im Moment wird es mir schwer gemacht. Mein Chef hat bei mir angerufen und möchte einige Akten mit mir durchsprechen. Er hatte auf meinen AB gesprochen und ich habe auch noch zurückgerufen. Warum? Weil mein innerer Kritiker mich dazu gezwungen hat. (was denkt der, wenn ich mich nicht melde verbunden mit Angst um Job etc. der ganze Mist).

Nachdem ich mit ihm telefoniert habe, fühlte ich mich beschissener als zuvor. Ich achte nicht auf mich!!! Ich denke immer nur an andere!! Sie sollen mich alle mögen. Manchmal klappt es, dass ich mir Leute vom Hals halte aber nur bei denen es mir nicht wichtig ist (Nachbarn etc.) aber bei allen anderen knicke ich sofort ein. Könnt Ihr immer besser auf euch aufpassen??? Andersrum: Wie dreckig musste es euch erst gehen, bis ihr das eingesehen habt????

LG
Daz

[Dazzled]

Hallo!

Gestern hatte ich einen Termin mit meinem Therapeuten, der schockiert über meinen derzeitigen Zustand war. Gleichzeitig fragte er mich, warum ich mich nicht gemeldet habe als es mir immer schlechter ging (ich habe derzeit nur noch Überbrückungsteraphiestunden bei ihm, also ungefähr alle sechs Wochen).

Ich antwortete, dass mein innerer Kritiker auch dass nicht zugelassen hat und ich nur in der Lage war (nach zwei Anläufen) bei meinem Hausarzt kurzfristig einer Termin zu vereinbaren.

Es war heftig und ich habe wohl noch nie so oft geheult bei ihm wie gestern.

Kennt das jemand von euch, dass euch euer Kritiker sogar daran hindert Hilfe zu holen??

LG
Daz

[chrigu]

Hallo Daz!

Oh, und ob ich das kenne! Der innere Kritiker konnte mich schon manchmal davon überzeugen, dass ich keine Hilfe verdiene, an meiner Situation selbst schuld bin und deshalb auch alleine wieder rauskommen muss - aber erst, nachdem ich tüchtig gelitten habe, weil das die wohlverdiente Strafe war.

Prima, dass Du es trotzdem zu Deinem Hausarzt geschafft hast und prima, dass Du Deinem Therapeuten so ehrlich von dem inneren Kritiker erzählen konntest!

Hast Du denn jetzt wieder öfter Termine bei Deinem Therapeuten?
Und kannst Du Dir vorstellen, Deinem inneren Kritiker so eine Art inneren Notfallhelfer gegenüberzustellen, einer der sagt: Wir machen jetzt eine Ausnahme und holen uns Hilfe, kritisieren und bestrafen können wir danach?

Viele Grüße
Chrigu

[Dazzled]

Hallo Chrigu!

Ja, genauso ist es bei mir auch! Beim ersten Versuch den Hausarzt anzurufen und mir Hilfe zu holen habe ich es nicht ausgehalten und wieder aufgelegt (ich komme da auch wieder selbst raus. Ich bilde mir das alles ein. Ich habe doch nur schlechte Laune. Das geht alles wieder weg).

Ja, mein Therapeut hat mein kritischen Zustand gesehen und mir gleich nächste Woche Montag einen weiteren Termin gegeben. Ich muss aber am Donnerstag erst noch zu einem Neurologen zwecks Medikamente.

Ja, mein innerer Kritiker will mir auch alles verwehren. Ich darf nicht rausgehen, mir nichts gutes tun etc. Ich soll sofort wieder arbeiten gehen sonst habe ich nichts verdient und bin wertlos.

Mein Therapeut meinte, ich sollte dem Kritiker erst mal die Autoritäten Hausarzt, Therapeut und Neurologe gegenüberstellen, die mir alle bescheinigen nicht arbeitsfähig zu sein. Das ist -glaube ich- der Kern des Übels. Wenn ich nicht arbeite habe ich auch nichts Gutes verdient sondern nur Strafe und Hausarrest!!

Ich habe im Moment große Angst wieder zur Arbeit zu gehen und meine AU läuft nächste Woche ab. Gleichzeitig habe ich Angst davor, dass diese wieder verlängert wird. Weil ich nicht weiss, wie das bei der Arbeit ankommt. Ein Teufelskreis.

Danke für deine Antwort. Das tut mir gut!

LG
Daz

[kartoffelsalat]

Hallo Daz.

Ich wollte dir nur sagen, ich kann dich soooo gut verstehen.

Kartoffelsalat

[flora80]

Hallo Daz,

ich kann deine Gedanken auch sehr gut nachvollziehen. Ich fühle mich auch viel "wertvoller", wenn ich arbeiten gehe. Stichwort AU: Ich bin grad auch für ein paar Tage AU (nicht wegen Depri) und finde das ganz schwer auszuhalten. Mein Kritiker sagt mir dann sogar sowas wie "du hast dein Gehalt nicht verdient, denn du hast ja fünf Tage gar nicht gearbeitet"! Erstens stimmt das zwar gar nicht wirklich, denn in meinem Job gibts auch zu Hause jede Menge, was man auch im unfitten Zustand noch tut (ob das im Sinne des Erfinders ist?) und zweitens ist mein aktuelles Gehalt wahrlich nicht so üppig, dass ich denken müsste, es nicht verdient zu haben - Aber das zählt innerlich alles nicht halb so viel wie das schlechte Gewissen, nicht arbeiten zu gehen und "nichts zu leisten". Bei mir ist es außerdem so, das ich Energie aus meiner Arbeit ziehe, die nun fehlt. Sich Auszeiten wirklich zu gönnen - davon bin auch ich noch weit entfernt und ich habe die Depri weitestgehend überwunden...
Keine Ahnung, ob du damit was anfangen kannst, aber manchmal hilft es ja auch, wenn sich einfach mal jemand solidarisiert

Grüße von Flora

[kartoffelsalat]

Hallo Daz; hallo Flora

ich hoffe auch, dass es hilft, wenn sich jemand solidarisiert.
Mir hilft es. Also ich bin seit 2 Monaten krankgeschrieben und sehe keine Besserung. Daher kann ich euch gut verstehen.

Ich denke immer, wir sollten es irgendwie schaffen nicht so streng mit uns zu sein.

(Und dann denke ich wieder, vielleicht sollte ich einfach wieder arbeiten gehen.)

Man darf das Gefühl nicht zulassen, das man wertlos ist, wenn man nicht arbeitet.

LG Kartoffelsalat

[Dazzled]

@all
Es tut gut zu merken, man ist nicht alleine damit!! Danke!

@flora

Das ist es exakt bei mir. Ich darf mir auch nichts von meinem Gehalt kaufen, weil ich es ja nicht im wahrsten Sinne des Wortes "verdient" habe. Der Unterschied ist, ich ziehe wohl schon länger nicht mehr die Energie aus der Arbeit aber ich bin gut in meinem Job und ich viel Erfahrung. Aber Freude und Spaß habe ich schon lange nicht mehr. Ich gehe dorthin, weil ich es kann und das Gehalt in Ordnung ist. Ausserdem habe ich meine Stunden reduziert aber selbst das hilft nicht mehr klarzukommen.

Ich kann mir auch keine Auszeiten "gönnen" denn selbst wenn ich mal Urlaub habe (was wirklich selten ist) bekomme ich sms von der Arbeit.

LG
Daz