Vorurteile

horcars
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Re: Vorurteile

Beitrag von horcars »

Hallo Ihr Vorurteilsgeschädigten
Es geht doch hier noch immer um die Frage, ob wir über unsere Depressionen reden können oder ob wir uns dann beruflich und auch sonst gefährden??

Was sind denn Vorurteile?

In unseren Krankheitsphasen sind wir antriebsschwach, lustlos, schlecht gelaunt, selbstmordgefährdet, entscheidungsschwach, kraftlos, schlafen schlecht, wirken auf Nichtdepressive als hätten wir einen Hackenschuss oder eine wie auch immer geartete psychische Delle.
Die Einen nehmen dagegen hier einen Schluck und da ein Glas Sekt, oder kiffen oder nehmen sonstige Drogen, die anderen ziehen sich zurück, verkriechen sich in ein Mauseloch und heulen oder jammern ihrem Umfeld die Hucke voll. Wir, die wir uns damit auseinandersetzen gehen, wenn wir vernüftig sind zum Arzt und nehmen Medikamente, wenn es schlimm kommt, gehen wir auch mal in die Klinik. Und das kann natürlich Folgen haben immer dann, wenn die langfristigen Prognosen für die Arbeit mehrdeutig sind. Da gibt es keine Vorurteile, sondern arbeitsplatzbezogene Reaktionen, die wir akzeptieren müssen.
Deshalb habe ich auch nach den ersten Episoden gelernt, so schnell wie möglich zu handeln. Ich habe früher die Tabletten abgesetzt und dann bis vier Wochen gebraucht um wieder funktionsfährig zu sein. Also nehme ich die Dinger, wenn es mir wieder gut geht, abgeschwächt aber durchgängig. Dazu gehört auch der Umgang mit den Therapeuten. Habe lang gesucht, viel gewechselt und bin jetzt sehr zufrieden mit meiner Therapeutin.
Irgendwo ganz am Anfang hat einer geschrieben, dass wir mindestens zum Teil für die Vorurteile auch mitverantwortlich sind. Dem muss ich mich, nach einem gut 20jährigen Krankheitsverlauf, anschließen.
Seit ich das tue, gehts mir auch in den Episoden besser.

War jetzt vermutlich zu lang, mir hat es aber gut getan.

Wenn ich jezt noch mit den Smilies klar käme, würde ich hinter meinen Emotio einen lächelnden setzen.
Das einzig Unveränderliche in unserem Leben ist die Veränderung, sagt schon Laotse
Lilalaunebär
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Re: Vorurteile

Beitrag von Lilalaunebär »

Hallo Misa,
ärger dich nicht über das Wirtschaftsdeutsch wie Führungskräfte über evtl. "Handlungsbedarf" informiert werden. In diesem wirtschaftsgesteuerten Land ist das ein guter Spiegel für eine Gesellschaft, die zu funktionieren hat. Dafür gibts ein schönes Auto und die Eigentumswohnung, wenn sie nicht krank wird...
Immerhin hat es ja das Gute, das sich die Firma überhaupt Gedanken macht. Ob so eine Theorie von einer Führungskraft tatsächlich erkannt wird, steht auf einem ganz anderen Blatt und ich wage das auch zu bezweifeln. Gerade Burn-Out Kandidaten ackern bis sie umfallen.
Mir stößt das "Einigeln" auch irgendwie bitter wie ein Vorwurf auf, wo doch gerade Depressive lange Zeit, bis nichts mehr geht, hoffen, dass sich alles zum Guten wendet und brav ihre Maske nach Außen tragen.
Bis dahin bekommt doch selten jemand überhaupt mit, was los ist.
Bis dann aus einer Ahnung eine Diagnose wird, bis aus einer Diagnose Handlung wird, bis diese Krankheit verheilt, ist der Weg lang, ungerade und steinig, voller Zweifel, aber nicht abverlangend.
Mir ist noch kein Depressiver begegnet, der so selbstgerecht ist, dass er, ob er es nun als eine Krankheit einsieht oder nicht, von irgendwem fordert, Rücksicht auf ihn nehmen zu müssen. Ich finde so ein Verhalten eher neurotisch.
LG, Marlene
HelH3
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Re: Vorurteile

Beitrag von HelH3 »

Elisa,

ich finde, du projizierst und pauschalisierst reichlich - über das "normale" Maß hinaus.

Irgendwie verkommt dieser Thread doch zu einer Anklageschrift gegen deine Eltern - diese mag ja berechtigt sein, passt aber vllt eher ins Unterforum "Angehörige"?

Deine Postings klingen manchmal sehr fordernd, vorwurfsvoll, auch nach aufgebauschter Frontenbildung zwischen Gesunden und Kranken.

Du schriebst, dass du mal zusätzlich psychotische Symptome und beruflich eine Wiedereingliederung hattest - nun, beides lässt sich auch schwer verheimlichen, das ist klar.

Gut für dich, dass du trotzdem nie Stigmatisierung erfahren haben willst. Ich kenne solche Handlungsanweisungen, wie von dir erwähnt, auch - ich habe sie mal aus der Perspektive einer studentischen Führungskraft erfahren, als es um einen manisch-depressiven Studenten ging. Das Management versuchte erstmal herauszufinden, wie man diesen unbefristet angestellten Mitarbeiter rauskicken könnte, als er einen manischen Schub hatte.

Nicht ohne Grund ist es arbeitsrechtlich unter bestimmten Umständen zulässig, chronische psychische Krankheiten zu verschweigen.

"Mich stört, dass hier ziemlich oft davon ausgegangen wird, dass es immer die Gesunden sind, die ihre Sichtweise und Verhalten ändern sollen. Ich kenne aber mehrere Fälle, wo allein die psychisch Kranken durch eine Verhaltensänderung eine Besserung sowohl ihrer eigenen Situation als auch der Situation ihres Umfeldes erreichen konnten."

-> bahnbrechende Erkenntnis, Respekt. Und ich dachte immer, meine Depressionen verschwinden erst, wenn sich das Weltwirtschaftssystem und die Männerwelt geändert haben - muss wohl meine Einstellung kritisch überdenken

Tja, Vorurteile, wohin man nur sieht - wirds vllt besser, wenn ich mir ein T-Shirt mit dem Aufdruck "Ich habe affektive Störungen, und das ist auch gut so!" besorge und es im nächsten Meeting trage?

Nee, nee, da lass ich mich doch lieber hier im Forum aus - meine direkten Vorgesetzten haben ja auch so schon genügend Probleme (nicht mit mir, abgesehen von meiner leicht überdurchschnittlichen Krankheitsfrequenz)

Gruß Helena
misa

Re: Vorurteile

Beitrag von misa »

hallo helena !

die idee mit dem t-shirt gefällt mir.
seither dachte ich immer an einen strich-code auf der stirn. aber t-shirt ist natürlich noch offener!

lg misa
misa

Re: Vorurteile

Beitrag von misa »

hallo emotio !

was um alles in der welt ist ein "Hackenschuss" ?
gfb
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Re: Vorurteile

Beitrag von gfb »

HH,

>ein T-Shirt mit dem Aufdruck "Ich habe affektive Störungen, und das ist auch gut so!"

Wie wär's mit "Meine 'ICD-F.xxx'-Nummer ist größer als deine, du Loser!"?

Damit von vornherein klar ist, wer das Alphatierchen spielen darf?

Meinjanur...

Grüßle in die Hamburger Nacht (ob mit oder ohne Wumme )

Friedrich
------------

"Warum sind wir so kalt?

Warum? Das tut doch weh!"



Erika Mann, "Die Pfeffermühle"
Elisa_K
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Re: Vorurteile

Beitrag von Elisa_K »

Ichbinich
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Re: Vorurteile

Beitrag von Ichbinich »

Hallo Elisa,
du schreibst, "daß man sich das Leben schwieriger machen kann, wenn man nichts sagt.."!

ICH finde, daß man sich das Leben schwieriger macht, WENN man was sagt. Und das finden viele, viele, viele (eigentlich alle, die sich hier im Thread geäußert haben) auch.EBEN WEGEN DER VORURTEILE.

Ich finde auch, daß du die Sache mit deinen Eltern NICHT verarbeitet hast, was wohl auch auf deine jetzige Reaktion und Schreibweise darüber schließen läßt.
Ich kann verstehen, daß du Frust auf Menschen, wie z.b. deine Eltern hast, die sich NICHT wegen Depressionen behandeln ließen. Das hat stark deine Kindheit geprägt, wie du ja selber geschrieben hast, was bei euch alles wegen Depressionen nicht "ging".
Deshalb hast DU DICH behandeln lassen, bist offen mit deiner Krankheit umgegangen und hast zum Glück EINSICHT von deinem Chef erfahren dürfen.
Akzeptiere doch auch mal andere Meinungen. Hier berichten dir so viele, was denen passiert ist, als sie sich geöffnet haben und über Depressionen erzählt haben.
Deiner Meinung nach "wollen die nur nichts sagen"!
Das ist absoluter Blödsinn. Und mir stößt es auch auf, daß du immer davon erzählst, daß die Kranken von den Gesunden zu viel fordern in Bezug auf Einsicht, Rücksichtsnahme usw.
Es ist nicht so meiner Meinung und meiner Erfahrung nach.
LG Littlekat
horcars
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Re: Vorurteile

Beitrag von horcars »

hallo die Zweite

als Hackenschuss bezeichnet man ( vielleicht eher im Süden) alles, was gesellschaftlich ausserhalb der Norm liegt, also als unnormal bewertet wird und deshalb beim unerfahrenen Beobachter Unbehagen auslösen kann.
Emotio
Das einzig Unveränderliche in unserem Leben ist die Veränderung, sagt schon Laotse
misa

Re: Vorurteile

Beitrag von misa »

Hallo Friedrich !

Die Idee mit den ICD-Nummern find ich grandios. Zumal vermutlich nur "Eingeweihte" damit was anfangen können. Und: Man wüsste wirklich gleich von vornherein, wie man diese oder jene Leuts begrüßen kann.
Selbstunsichere PS: Tag, du siehst super aus!
Gespaltene Persönlichkeit: Hallo, wie geht's euch?
Leuts mit Verfolgungswahn: Nie von der Seite oder gar von hinten begrüßen!
Schizophrene: Wenn du 'ne Stimme hörst die 'Tach' sagt, das bin ich.
Depressive: Kann man sich 'ne Begrüßung sparen, weil sie sie eh nichts mitkriegen und von der Welt nichts wissen wollen.

Ich hoffe, Ihr könnt mir verzeihen. Ansonsten kick ich mich hier raus.

Lg
misa mit dem Hackenschuss
horcars
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Re: Vorurteile

Beitrag von horcars »

Friedrich und die Zweite

Eure Beiträge gefallen mir, nur wer so mit seinem "Hackenschuss" umzugehen weiss, kann ab und an auch mal über sich lachen.

Wenn ich merke, dass es mir - gern gleich am Morgen - grauenvoll geht, beginne ich oft mit einem Zwiegespräch und attackiere mich solange, bis ich von mir selbst genug habe und aufstehe. Oder jetzt, ich bin im Keller am renovieren, habe einen Teppichboden herausgerissen, der so gut verklebt war, dass Betonfetzen mit kleben geblieben bin. Jetzt muss ich ausbessern, draussen scheint die Sonne, ich hasse diesen Schei.., deshalb habe mich mir eine kurze, aber wirklich nur kurze, Auszeit erlaubt und passe auf, dass ich sie nicht überziehe.
: Er hat gesagt, ich muss wieder, also bis zur nächsten Pause:
Emotio
Das einzig Unveränderliche in unserem Leben ist die Veränderung, sagt schon Laotse
Elisa_K
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Re: Vorurteile

Beitrag von Elisa_K »

flora80
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Re: Vorurteile

Beitrag von flora80 »

Hallo zusammen,

Uff, na dann will ich mich hier auch mal wieder einklinken.

Natürlich ist dieses Forum ganz und gar nicht repräsentativ und ich denke, dass ist nun wirklich allen hier Schreibenden klar. Somit ist ein Hinweis darauf relativ überflüssig.

Worum es doch eigentlich geht, ist das persönliche Empfinden eines jeden und die Suche nach einer individuellen Lösung. Mit dem Zusatz "meiner Meinung nach" kann man manchmal auch ganz geschickt vertuschen, dass man eigentlich sagen möchte "das ist doch definitiv so und du bist nur nicht fähig, das zu sehen". Diese Form von Argumentation finde ich etwas intrusiv und manipulierend.

Aber davon ganz abgesehen macht es wenig Sinn, immer und immer wieder die im Grunde genommen selben Argumente zu bringen, ohne einen persönlichen Bezug herzustellen. Wenn ich wissen möchte, welche Dinge man im Allgemeinen tun kann, dann kaufe ich mir einen Ratgeber im Buchhandel und erfahre viel besser, welche Möglichkeiten es theoretisch gibt. Was den Unterschied hier im Forum ausmachen sollte, ist ein Austausch auf einer persönlichen Ebene, ein Austausch in Beziehung mit anderen Usern.

Wenn jemand von seinem ganz persönlichen Problem berichtet, dann nützt es doch recht wenig, wenn ich dann alle theoretischen Möglichkeiten aufzähle, sondern ich höre doch erst einmal wirklich hin, was der andere von seinem Umfeld beschreibt. Und dann kann ich schon mal drauf kommen, dass meine Ratschläge an der Stelle vielleicht nicht wirklich hilfreich sind. Es ist immer im Auge zu behalten, dass alle von mir vielleicht als sinnvoll erscheinenden Interpretationen auf meinem Erfahrungshorizont beruhen und keinesfalls für den anderen ebenso sinnvoll erscheinen.

Das Zauberwort an dieser Stelle heißt Empathie, was nicht gleichzusetzen ist mit "alles gut finden, was der andere sagt". Aber je empathischer ich mit jemandem umgehe, desto weniger regt sich innerer Widerstand und desto unwahrscheinlicher ist es, dass sich etwas hochschaukelt. Empathisch kann ich paradoxer Weise aber nur sein, wenn ich innerlich abgegrenzt bin, - d.h. wenn ich gut trennen kann, was meins ist und was nicht.


Erfolgreiches Nachdenken wünscht Flora
misa

Re: Vorurteile

Beitrag von misa »

elisa: >>> .... ich insbesondere die Reaktion von misa auf das Dokument meines Arbeitgebers bezeichnend. Wir haben keinen Betriebsrat und wenn ein Mitarbeiter deutlich durch Leistungsabfall, grobe Fehler und Verhaltensprobleme auffällt, sollte es nicht allzu schwer sein, Abmahnungen zu schreiben und zu kündigen. Da braucht man keine Sozialpädagogen bitten, ein Dokument zu schreiben, indem beschrieben wird, wie man einen möglicherweise psychisch erkrankten Mitarbeiter am besten dazu bringt, sich in ärztliche Behandlung zu begeben....<<<

hallo elisa !

ich glaube, wenn es da um mich gehen würde, wäre so ein "wirbel" etwas, was mich völlig aus der bahn werfen würde.

wie sähe es eigentlich mit der/dem menschlichen kollegin/kollegen aus, die/der die betroffene person einfach mal zur seite nimmt und ganz einfach fragt: "was ist mit dir los?". sowas scheint es wohl heutzutage in "funktionierenden teams" nicht mehr zu geben, oder?

lg misa
TeamTreffenorganisation
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Re: Vorurteile

Beitrag von TeamTreffenorganisation »

Sorry, war noch mit dem BajuwaHren Account angemeldet.
Daher gelöscht.
Mein Text steht im nächsten posting unter meinem persönlichen Account.

Cool

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Der account BajuwaHren 2006 wird ausschließlich für die BajuwaHren genutzt , ebenso die im Profil hinterlegte e-mail Adresse.
cool
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Re: Vorurteile

Beitrag von cool »

Hallo,

zu der "Handlungsanweisung für Führungskräfte" die hier angesprochen wurde, möchte ich gerne etwas schreiben.

Solche Handlungsanweisungen gibt es zumindest für Suchterkrankungen schon seit Jahrzenten. Falls vorhanden, wird der Betriebs- oder Personalrat bei der Formulierung mit einbezogen, das Ganze wird dann an alle Mitarbeiter gegen Unterschrift ausgehändigt. Es nennt sich in der Regel "Suchtvereinbarung".
Das so etwas ausgeweitet wird auf alle psychische Erkrankungen, bzw. auf Erkrankungen allgemein, kann ich mir vorstellen.
Immerhin hat der Arbeitgeber auch eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Mitarbeitern. Und haftet auch im Außenverhältnis, wenn etwas passiert.

Ich kenne ein großes Unternehmen, in dem ein "Wiedereingliederungsmanagement" eingeführt wurde. Hier wurden Führungskräfte entsprechend geschult. Und es ist tatsächlich durchaus auch ein Problem, dass sich auffällige Mitarbeiter überhaupt in Behandlung begeben.

Ich möchte auch nicht von einem Chirugen mit Masern, Demenz, Kreislaufproblemen, Alkoholfahne, Gipsarm, Konzentrationsproblemen, Magen-Darmgrippe, etc., etc. operiert werden.

Und ich möchte auch nicht, dass in meiner Kantine jemand mit Anzeichen auf Salmonellen sich nicht zum Arzt traut, weil er wegen Krankheitstagen um seinen Arbeitsplatz fürchtet.

Das Ganze im Sinne von Mitarbeitern und Arbeitgeber überlegt zu regeln und transparent zu machen (Aushändigung der Vereinbarung, Veröffentlichung im Intranet) finde ich grundsätzlich gut.
Es gibt auch Arbeitgeber, die nach Rückkehr aus Krankheit grundsätzlich ein Rückkehrgespräch führen.

Ich habe zu Beginn meiner Berufstätigkeit, schon jahrzente her, mitangesehen wie Mitarbeiter aufgrund von Alkohol bzw. anderen psychischen Erkrankungen regelrecht vor die Hunde gegangen sind. Teilweise bis der Notarzt vor der Tür stand.
Einmal habe ich mich eingemischt, konnte aber nicht viel ausrichten. Zumindest bin ich bei der Person (aus einer anderen Abteilung) geblieben bis der Arzt kam. Während der Abteilungsleiter sich in seinem Zimmer verschanzt hat und nicht zu sprechen war.
Ein Fall fällt mir noch ein, bei dem ein an Epilepsie leidender Mitarbeiter vermehrt Anfälle in der Arbeitszeit hatte. Hier haben dann Kollegen zunächst mit Engelszungen und dann immer deutlicher auf ihn eingeredet zum Arzt zu gehen um die Medikation anzupassen.

Solche Sachen zu standardisieren kann natürlich zunächst Angst machen. Das verstehe ich schon. Andererseits können Chefs und Kollegen auch völlig hilflos und überfordert sein und die Augen sicherheitshalber schließen, bzw. sich intensiv mit dem Arbeitsrecht auseinander setzen um die Betroffenen "los zu werden".

Was würdet ihr euch von eurem Arbeitgeber wünschen, was würde Euch helfen ?
In diesem thread geht es um Voruteile allgemein, daher würde es sicher in diesem thread den Rahmen sprengen, wenn wir gemeinsam überlegen wie eine "Gesundheitsvereinbarung" der Arbeitgeber aussehen könnte. Das Ganze geht dann bereits mit Prävention los.

Viele Grüße Cool
HelH3
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Re: Vorurteile

Beitrag von HelH3 »

"Was würdet ihr euch von eurem Arbeitgeber wünschen, was würde Euch helfen ?
In diesem thread geht es um Voruteile allgemein, daher würde es sicher in diesem thread den Rahmen sprengen, wenn wir gemeinsam überlegen wie eine "Gesundheitsvereinbarung" der Arbeitgeber aussehen könnte. Das Ganze geht dann bereits mit Prävention los."

Ähm, warum stellst du diese Frage dann nicht passendererweise ins Unterforum "Depression, Arbeit usw."?

Im übrigen hört sich für mich schon der Begriff "Gesundheitsvereinbarung" einfach gruselig an

Fürchterliche Vorstellung, von einem Haufen selbsternannter Hobby-Psychologen auf der Arbeit belästigt zu werden

Wie wärs denn zB mit einer Betriebsvereinbarung zur Vermeidung von Übergewicht oder so?

Nochmals: Es gibt gute Gründe dafür, dass man seinem Arbeitgeber die Diagnose Depression NICHT mitteilen MUSS.
flora80
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Re: Vorurteile

Beitrag von flora80 »

Hallo Helena,

Im übrigen hört sich für mich schon der Begriff "Gesundheitsvereinbarung" einfach gruselig an

Fürchterliche Vorstellung, von einem Haufen selbsternannter Hobby-Psychologen auf der Arbeit belästigt zu werden

Wie wärs denn zB mit einer Betriebsvereinbarung zur Vermeidung von Übergewicht oder so?

Nochmals: Es gibt gute Gründe dafür, dass man seinem Arbeitgeber die Diagnose Depression NICHT mitteilen MUSS.


... das sehe ich genauso... vor allem den Satz mit den Hobbypsychologen. *grusel*

Da krieg ich echt Pickel, wenn ich mir vorstelle, dass plötzlich irgendein Vorgesetzter mich plötzlich mal auf dem Flur anspricht und mir womöglich noch seine "Diagnose" mitteilt. Huah!

Mal ehrlich, es gibt doch nicht umsosnt Gesetze, dass man dem Arbeitgeber keine Diagnosen mitteilen muss und dass Krankheit kein Kündigungsgrund ist. Ich muss nur so viel erklären, wie ich in meiner persönlichen Situation für sinnvoll und vertretbar halte, so dass ich damit gut umgehen kann. EDIT: Sowas kann man in meinen Augen nicht in einer allgemeinen Betriebsvereinbarung klären, sondern da muss man im Einzelfall mit sehr viel Fingerspitzengefühl handeln. Das heißt ja nicht, dass man das gar nicht besprechen sollte, aber es muss eben auf die individuelle Situation abgestimmt sein. Und da helfen in meinen Augen keine unterschriebenen Vereinbarungen.... Ich finde das wirklich ganz und gar gruselig und unverständlich. Man müsste so gesehen zu jeder möglichen Krankheitsform eine Handlungsvereinbarung entwerfen... "Umgang mit vermutliche an Diabetes Erkrankten", "Umgang mit vermutlich an Rheuma Erkrankten", "Umgang mit vermutlich an Neurodermitis Erkrankten", Umgang mit vermutlich an Reizdarm Erkrankten".... man setze beliebig fort. Jede Krankheit hat eine Leistungsminderung zur Folge, das sollte man nicht vergessen.

*seufz* Die Chefetagen kommen sich sicherlich sehr großmütig vor bei solchen Vereinbarungen, aber gut gemeint ist eben oft auch das Gegenteil von gut.... .

Flora
horcars
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Re: Vorurteile

Beitrag von horcars »

Ich bin mir jetzt nicht mehr ganz sicher, beim Lesen der letzten Treads schlich sich allerdings bei mir das Gefühl ein, als beschriebe man Depression als ein Hamsterrad, aus dem wir nicht mehr rauskommen.
Ich kenne die Depression als eine Krankheit, die in Phasen auftreten kann. Wir leben aber für die Zwischenräume, zwischen den Phasen.
Wenn es uns schlecht geht, werden wir entweder krankgeschrieben, oder wir quälen uns mit oder ohne Medikamente durch die Episoden.
Warum also müssen wir darüber reden? Kein Arbeitgeber erfährt mit der Krankmeldung, was wir haben. Erst wenn die Krankheitsphasen sich häufen, wird er fragen, ob er längerfristig mit uns rechnen kann. Das ist doch legitim, oder nicht?
Mich würde interessieren, was hier in diesem Tread behandelt werden soll?
Das Vorurteil, oder was wir tun können, um uns vor ungerechtfertigten Anfeindungen zu schützen und um unseren Arbeitsplatz zu erhalten??
Emotio ist mal wieder sehr neugierig
Das einzig Unveränderliche in unserem Leben ist die Veränderung, sagt schon Laotse
cool
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Re: Vorurteile

Beitrag von cool »

Selbst das Bündnis gegen Depression e.V. bietet Fortbildungen für Arbeitgeber zum Thema Umgang mit depressiven Mitarbeitern an.
http://www.buendnis-depression.de/depre ... splatz.php

Zitat folgt...leider nicht....Ach herje, ich wollte es hier reinkopieren, klappt aber nicht. Einfach unter der Überschrift "Wie kann man mit Depression am Arbeitsplatz umgehen" nachlesen.


Der Aufschrei der hier durch die Reihen geht, resultiert wohl aus dem Voruteil, dass die Arbeitgeber den Depressiven grundsätzlich böses wollen.

Womit wir mal wieder beim Thema Vorurteile wären.

Cool
hortensie
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Re: Vorurteile

Beitrag von hortensie »

elisa schreibt:
Wenn ich Dein Ausgangsposting richtig verstanden habe, hast Du das Gefühl, von praktisch Deinem gesamten sozialen Umfeld abgelehnt zu werden, sobald Du von Deiner Depression berichtest.
Daraus schließt Du "Alle Menschen (bis vielleicht auf 2-3) haben sowieso Vorurteile gegenüber Depressiven, deshalb rede ich nicht mehr mit denen über meine Erkrankung."

Meiner Meinung nach ist dieser Schluss nicht zwingend der einzig mögliche. Ebenso möglich sind meiner Meinung nach auch folgende Schlussfolgerungen:

- irgendwie habe ich den falschen (da intoleranten) Bekanntenkreis. Ich sollte neue Leute, die keine Vorurteile haben, kennenlernen und den Kontakt zu mich belastenden Personen abbrechen.

> man beachte den letzten abschnitt< !!!

wie stellst du dir das vor?
soll sie eine anonce aufgeben, in etwa so:
und suche auf diesem weg
vorurteilsfreie menschen, die die zeit mit mir verbringen.ach ja,ich hab depressionen.
oder soll sie sich einen haftzettel mit diesem satz auf die stirn pappen?
soll sie den kontakt zu ihrem sozialen umfeld abbrechen?
du müßtest doch wissen ,dass ein an depressionen erkrankter zu solchen aktionen
in der regel garnicht fähig ist.da hilft es ihr nicht,obige ratschläge zu erteilen.
meine erfahrung,mit vorurteilen unserer mitmenschen umzugehen, ist,sich entweder ein dickes fell zuzulegen oder so wenig wie möglich von unserem befinden preis zu geben.wir werden leider die einstellung der leute nicht ändern können.ich bin anfangs auch ganz offen mit meiner erkrankung umgegangen,erzählte es unter anderem meiner nachbarin.
die sagte mir eines tages,>ach,fr....,für sowas hatte ich keine zeit,ich mußte doch arbeiten<. tja, bei solchen sprüchen kann man schon mal ins grübeln kommen, wenn man wegen 3 kindern nicht arbeiten war.
sogar ein psychiater,den ich aufsuchte,als meine ärztin in urlaub war,zweifelte an meiner depression,weil ich ihn beim begrüßen angelächelt hatte.normalerweise wünsche ich
diese krankheit nicht mal meinem schlimmsten feind,aber in solchen fällen.....naja,für paar stunden.
LG, Fanny
misa

Re: Vorurteile

Beitrag von misa »

Hallo Polarbärchen !

"Wiedereingliederungsmanagement" hört sich ja ganz vernünftig an.
Dass du Salmonell mit Depression in den Vergleich bringst... Müssen Depressive nun mit Einweghandschuhen arbeiten?

>>> Das Ganze im Sinne von Mitarbeitern und Arbeitgeber überlegt zu regeln und transparent zu machen <<<
finde ICH grundsätzlich NICHT gut.

>>> Was würdet ihr euch von eurem Arbeitgeber wünschen, was würde Euch helfen ? <<<
Diese Frage find ich ganz interessant und warum nicht hier? Wenn wir schon mal dabei sind...



Hallo Polarbärchen !

>>> Selbst das Bündnis gegen Depression e.V. bietet Fortbildungen für Arbeitgeber zum Thema Umgang mit depressiven Mitarbeitern an. <<<
werd ich mir morchen mal durchlesen...




Hallo Fanny !

Bei solchen Sprüchen, wie den mit der keine zeit für sowas zu haben, kann man echt ins grübeln kommen...



Ach ja und überhaupt:
Hängen in den Spints der Chefs nu auch immer schön die gemangelten weißen Kittel? Und im Notfallkoffer außer Schere und Verbandzeug auch nicht die Zwangsjacke vergessen, kann ja sein, dass sich ein Mitarbeiter mal vergisst...



Wie ist das eigentlich, wenn ich mich "mit Diagnosen" neu für eine Stelle bewerbe ????


LG
misa
Elisa_K
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Re: Vorurteile

Beitrag von Elisa_K »

flora80
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Re: Vorurteile

Beitrag von flora80 »

Liebe Littlekat,

ich frage mich gerade, ob du eigntlich irgendwas mit dem Verlauf dieses Thread anfangen kannst. Fühlst du dich in deiner Frage wahrgenommen? Findest du die Ratschläge hilfreich? Und hast du den Eindruck, dass die Antworten treffen, was du meintest und dich weiter bringen mit deinem Problem? Ich habe nämlich den Eindruck, dass das von Beginn an nicht so ganz der Fall war, aber vielleicht liege ich da auch falsch. Deshalb frage ich jetzt einfach mal . Ich hab da son Gefühl, aber das kann auch täuschen.

Ich würde mir für dich wünschen, dass du Antworten bekommst, die du hilfreich und unterstützend findest. Gib doch mal laut, ja? wenn das hier der Austausch ist, den du suchst, dann ist ja alles gut. Aber wenn nicht, dann kannst du als Option auch noch einen neuen Thread aufmachen, in dem du dann noch mal thematisierst, was dich beschäftigt. Dieser könnte dann unabhängig davon weiter laufen.

Lieber Gruß von Flora
misa

Re: Vorurteile

Beitrag von misa »

hallo elisa !

also meine frage, wie das denn bei einer neuen arbeitsstelle ist. es geht ja darum, dass man nicht unbedingt dem neuen chef weder beim bewerbungsgespräch oder danach irgendwelche diagnosen sagen muss. oder seh ich das falsch. also, im prinzip ist das ja dann so, dass mich die leute gar nicht anders kennen, als still und zurückgezogen. schließlich geht man ja auf arbeit, um zu arbeiten, und nicht, um zu labern!!

und was das soziale umfeld angeht:
ist nicht für jeden zwingend notwendig. und der arbeitsplatz als "soziales" umfeld? eher "finanzielles" umfeld. aber das gehört nicht zu unserem thema "vorurteile" hier. ist nur, weil es oben angesprochen wurde.

lg misa
Antworten