Wie konnte es nur so weit kommen?

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Registriert: 11. Jan 2009, 12:02

Wie konnte es nur so weit kommen?

Beitrag von 1 »

Hallo! Ich bin neu hier. Letzten Sommer war ich erstmals in meinem Leben im Krankenhaus, weil ich so schlimme Depressionen und Angstzustände hatte. Depressionen habe ich seit ich zwölf bin. Ich erinnere mich, dass ich vorher lauter psychosomatische Geschichten wie Bauchschmerzen etc.gehabt hatte. Ob ich vorher schon Depressionen hatte, kann ich nicht sagen. Seit ich zwölf bin, bin ich mir der Krankheit zumindest bewusst. Allerdings hatte ich sie immer aus Scham versteckt. Letzten Winter jedoch (2007) bekam ich Angstzustände. Woher und wovor kann ich nicht sagen. Ich stand zumindest unter starkem Stress. Im Frühjahr 2008 ging dann gar nichts mehr, sodass ich mich für einen stationären Aufenthalt auf die Liste setzen ließ. Nach elf Wochen ging es mir dann schon viel besser, sodass ich mich aus dem Krankenhaus entlassen ließ. Mir war bewusst, dass ich eine Therapie wegen der Depressionen machen muss, da sie ja immer wieder kehren (mich quasi mein Leben lang schon begleiten). Allerdings hatte ich gehofft oder besser gesagt: ich war davon ausgegangen, dass meine Angstzustände "verschwinden" würden. Komischerweise habe ich sie immer noch. Dadurch bin ich auch total empfindlich geworden. Ich kann mich für ein paar Stunden am Tag (etwa 6) anderen Menschen aussetzen. Danach bin ich richtig erschöpft und suche geradezu Stille. Übergehe ich mein Ruhebedürfnis, weil ich was zu tun habe, kann es sogar sein, dass ich einen Tinitus bekomme, was auch neu für mich ist. Meine Welt steht total auf dem Kopf. Mein Alltag ist nicht mehr so wie vor einem Jahr, wo es noch normal war. Ich bin 27 Jahre alt und kann jetzt schon nicht mehr arbeiten gehen (Job von meiner Seite aus gekündigt), weil mein Kopf sonst explodiert und ich mir bewusst bin, dass es sonst böse mit mir enden könnte. Und das möchte ich natürlich nicht. Auch wenn es bisher nicht so klang: Ich bin eigentlich eine Frohnatur.
Wenn ich nicht gerade unglücklich bin, dann bin ich wirklich glücklich. Dazwischen gibt es ehrlich gesagt nichts. Ok, seit ich Cipralex und Seroquel nehme (nehme ich seit meinem Krankenhausaufenthalt), gibt es doch dazwischen etwas. Aber ich finde, es fühlt sich komisch an. Nicht gut oder schlecht...irgendwie neutral. Was ich davon halten soll, weiß ich ehrlich gesagt noch nicht. Na ja, vielleicht hat hier jemand ähnliche Erfahrungen wie ich gemacht. Ich wäre auf jeden Fall für jede Erzählung/jeden Kommentar zu meinem Beitrag sehr dankbar. Vielleicht ist hier auch wer, der auch einmal Angstzustände hatte und sie los geworden ist.....
eurydice
Beiträge: 61
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Re: Wie konnte es nur so weit kommen?

Beitrag von eurydice »

Willkommen in diesem Forum!

Ich bin auch erst seit kurzem dabei und kann einiges, was du schreibst gut nachempfinden. Ich frage mich auch nur zu oft, wie es dazu gekommen ist, wie es jetzt ist. Mache mir dann oft Vorwürfe, dass ich mich mehr hätte zusammenreißen müssen, rede mir einiges schön, von dem ich weiß, dass es aber nicht so ist. Und meist geht es mir richtig schlecht, so dass ich jegliche Zuversicht verliere, in einigen wenigen Momenten kann ich dann kurzzeitig mal wieder sowas wie Freude empfinden (war kürzlich auf einem Konzert, seit Ewigkeiten mal wieder was unternommen, und es war ganz gut) aber oft fühle mich auch irgendwie "neutral".

Du schreibst, du hast deinen Job gekündigt. Wann hast du diesen Schritt denn gemacht und wie hast du dich dabei gefühlt? Hast du vor, zu gegebener Zeit vielleicht eine Umschulung anzustreben oder lag es gar nicht so an dem Beruf an sich, dass du nicht mehr arbeitsfähig warst?

Bin sicher, dass hier noch mehr Beiträge kommen werden.

Lieben Gruß erstmal
eurydice

Genau in dem Moment, als die Raupe dachte, sie ginge unter, wurde sie zum Schmetterling
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schnubbi
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Registriert: 11. Jan 2009, 20:30

Re: Wie konnte es nur so weit kommen?

Beitrag von schnubbi »

Hallo Mawen! Ich bin auch neu hier und Deine Frage "wie konnte es nur soweit kommen" kreist mir auch Tag und Nacht im Kopf herum. Bis 2007 war alles in Ordnung. Scheinbar. Ende 2007 hatte ich meinen ersten Zusammenbruch. Ich wusste nicht wie mir geschah und was mit mir los ist. Aufenthalt in einer Tagesklinik. Danach ging mir besser denn je...mehrere Schicksalsschläge führten zu meinem zweiten Zusammenbruch Ende 2008. Seitdem versuche ich langsam wieder auf die Füße zu kommen. Morgens ist es besonders schwer: Angstattacken unter der Dusche, Heulattacken, Selbstvorwürfe und das ganze Programm. Und jeden Morgen stelle ich mir nur eine Frage: wie konnte es nur so weit kommen???!!!
mywoman
Beiträge: 10
Registriert: 15. Dez 2008, 22:53

Re: Wie konnte es nur so weit kommen?

Beitrag von mywoman »

..."Aber ich finde, es fühlt sich komisch an. Nicht gut oder schlecht...irgendwie neutral."


was für ein toller satz! nein wirklich! er ist soooo passend!
wenn man sein leben lang auf sehr gute oder halt sehr schlechte gefühle spezialisiert war. kann sich das dazwischen doch noch nicht gut anfühlen
das musste ich aber auch erst langsam lernen. fertig bin ich auch noch nicht. leider. aber ich komme zwischenzeitlich auch mit dem "dazwischen" besser klar.

meine diagnose bekam ich ende 2007. schwere depression und agoraphobie (angst).

warum denkst du denn, dass deine angst ganz von dir gehen sollte. in einem gewissen umfang ist sie doch völlig normal.
vielleicht hilft es dir mal darüber nachzudenken? sie wird nur nicht mehr so extrem sein, dass sie zu herzrasen und scheißausbrüchen führt.

btw. ich nehme auch seit einem jahr cipralex


lg
if you can't talk about it - talk about it!
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Re: Wie konnte es nur so weit kommen?

Beitrag von 1 »

Hallo eurydice,

der Job, den ich gekündigt hatte, hatte mit meinen Depressionen nicht direkt etwas zu tun.
Es war mehr der Leistungsdruck und den hatte ich mir selber aufgebürdet.

Liebe Grüße
Mawen
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Beiträge: 5
Registriert: 11. Jan 2009, 12:02

Re: Wie konnte es nur so weit kommen?

Beitrag von 1 »

@eurydice
@schnubbi
@mywoman

Vielen Dank für Eure Beiträge. Ich habe sie mit großem Interesse gelesen und lange noch darüber nachgedacht.
Was ich besonders faszinierend fand ist, dass Ihr alle so einfühlsam und warmherzig schreiben könnt:-)

Alles Liebe
Mawen
eurydice
Beiträge: 61
Registriert: 9. Jan 2009, 16:37

Re: Wie konnte es nur so weit kommen?

Beitrag von eurydice »

Ui, ich wurde bemerkt

Freu mich, dass dir unsere Beiträge gut getan haben. Und was hast du jetzt weiter vor? Umschulung? Wie ich verstanden habe, fühlst du dich ja erstmal gar nicht mehr in der Lage, überhaupt zu arbeiten. Aber irgendwann vielleicht? Oder willst du dann ggf. in deinem alten Beruf wieder einsteigen?

Bezüglich mywoman/das bin ich: "...dass sie zu herzrasen und SCHEIßAUSBRÜCHEN führt"
HAHAHAHAHAHAHAHA!
Ich schmeiß mich weg!! Extreme Diarrhoe hattest du sicher nicht gemeint. Das wär´ ein Fall für den Thread "was zum Schmunzeln"!

Danke, dass du mich mit einem Tippfehler zum Lachen gebracht hast!

eurydice

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Beiträge: 5
Registriert: 11. Jan 2009, 12:02

Re: Wie konnte es nur so weit kommen?

Beitrag von 1 »

Zitat:

.."Freu mich, dass dir unsere Beiträge gut getan haben. Und was hast du jetzt weiter vor? Umschulung? Wie ich verstanden habe, fühlst du dich ja erstmal gar nicht mehr in der Lage, überhaupt zu arbeiten. Aber irgendwann vielleicht? Oder willst du dann ggf. in deinem alten Beruf wieder einsteigen?..."

Hallo eurydice,

ich habe mir vorgenommen, so schnell es geht, in meinen alten Beruf zurückzukehren.
Doll ist der zwar nicht, aber wo ist es heutzutage noch einfach?;-)

LG
Maren
Mawen schrieb:
> Hallo! Ich bin neu hier. Letzten Sommer war ich erstmals in meinem Leben im Krankenhaus, weil ich so schlimme Depressionen und Angstzustände hatte. Depressionen habe ich seit ich zwölf bin. Ich erinnere mich, dass ich vorher lauter psychosomatische Geschichten wie Bauchschmerzen etc.gehabt hatte. Ob ich vorher schon Depressionen hatte, kann ich nicht sagen. Seit ich zwölf bin, bin ich mir der Krankheit zumindest bewusst. Allerdings hatte ich sie immer aus Scham versteckt. Letzten Winter jedoch (2007) bekam ich Angstzustände. Woher und wovor kann ich nicht sagen. Ich stand zumindest unter starkem Stress. Im Frühjahr 2008 ging dann gar nichts mehr, sodass ich mich für einen stationären Aufenthalt auf die Liste setzen ließ. Nach elf Wochen ging es mir dann schon viel besser, sodass ich mich aus dem Krankenhaus entlassen ließ. Mir war bewusst, dass ich eine Therapie wegen der Depressionen machen muss, da sie ja immer wieder kehren (mich quasi mein Leben lang schon begleiten). Allerdings hatte ich gehofft oder besser gesagt: ich war davon ausgegangen, dass meine Angstzustände "verschwinden" würden. Komischerweise habe ich sie immer noch. Dadurch bin ich auch total empfindlich geworden. Ich kann mich für ein paar Stunden am Tag (etwa 6) anderen Menschen aussetzen. Danach bin ich richtig erschöpft und suche geradezu Stille. Übergehe ich mein Ruhebedürfnis, weil ich was zu tun habe, kann es sogar sein, dass ich einen Tinitus bekomme, was auch neu für mich ist. Meine Welt steht total auf dem Kopf. Mein Alltag ist nicht mehr so wie vor einem Jahr, wo es noch normal war. Ich bin 27 Jahre alt und kann jetzt schon nicht mehr arbeiten gehen (Job von meiner Seite aus gekündigt), weil mein Kopf sonst explodiert und ich mir bewusst bin, dass es sonst böse mit mir enden könnte. Und das möchte ich natürlich nicht. Auch wenn es bisher nicht so klang: Ich bin eigentlich eine Frohnatur.
> Wenn ich nicht gerade unglücklich bin, dann bin ich wirklich glücklich. Dazwischen gibt es ehrlich gesagt nichts. Ok, seit ich Cipralex und Seroquel nehme (nehme ich seit meinem Krankenhausaufenthalt), gibt es doch dazwischen etwas. Aber ich finde, es fühlt sich komisch an. Nicht gut oder schlecht...irgendwie neutral. Was ich davon halten soll, weiß ich ehrlich gesagt noch nicht. Na ja, vielleicht hat hier jemand ähnliche Erfahrungen wie ich gemacht. Ich wäre auf jeden Fall für jede Erzählung/jeden Kommentar zu meinem Beitrag sehr dankbar. Vielleicht ist hier auch wer, der auch einmal Angstzustände hatte und sie los geworden ist.....
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Beiträge: 5
Registriert: 11. Jan 2009, 12:02

Re: Wie konnte es nur so weit kommen?

Beitrag von 1 »

...ups, habe versehentlich auf den Zitat-Button geklickt:-)
schnudelchen
Beiträge: 1
Registriert: 18. Jan 2009, 12:58

Re: Wie konnte es nur so weit kommen?

Beitrag von schnudelchen »

Hallo!
Ich bin das erstemal bei Euch. Bei mir wurde Depressionen im Dezember festgestellt.Ich arbeite in einem Seniorenheim als Pflegedienstleitung.Es fing bei mir so an, das ich aus unerklärlichen Gründen anfing zu weinen, warum kann ich nicht sagen.Ich war wie abgeschlagen , müde , lustlos alles rauschte an mir vorbei.Ich kann es mir einfach nicht erlauben,schlapp zu machen, ich werde gebraucht.Ich habe im Moment keine Kraft mehr und könnte im stehen schlafen und habe zu nichts mehr Lust.Eigentlich funktioniere ich nur noch.Ich war den ganzen Dezember krank geschrieben und bin von mir aus am 1.1.09 wieder arbeiten gegangen auch aus finanziellen Gründen.Ein paar Tage später merkte ich aber, es geht nicht.Ich habe mich nur in meinem Büro zurückgezogen und wollte nur meine Ruhe haben.Ich bin im weinen zur Arbeit gefahren und im weinen nach Hause weil ich den Tag geschafft habe.Zu Hause habe ich mich gleich in mein Zimmer verschanzt.Mein Mann fragt sehr viel wie es mir geht ,wie ich mich fühle aber ich kann seine Fragen nicht beantworten.Ich habe zu nichts Lust.Ich weiss auch nicht ob ich etwas falsch gemacht habe und wie ich damit umgehen soll.Mein Hausarzt hat eine Kur für mich beantragt,ich habe aber auch Angst was erwartet mich bei so einer Kur.Im Moment ist alles nur traurig.Vielleicht hat jemand ein paar Tips für mich. Danke
eurydice
Beiträge: 61
Registriert: 9. Jan 2009, 16:37

Re: Wie konnte es nur so weit kommen?

Beitrag von eurydice »

Hallo Tina!

Erstmal herzlich willkommen hier im Forum!

Du schreibst, du arbeitest als Pflegedienstleitung. Das ist natürlich eine sehr stressige und verantwortungsvolle Position. Ich denke mal, dass du vorher eine entsprechende Ausbildung (Krankenschwester, Altenpflegerin o.ä.) gemacht hast, oder?
Ich habe im Forum für Fernsehen, Literatur etc. einen TV-Tipp für heute abend reingestellt. Vielleicht hilft er dir ja auch ein bisschen weiter.
Kann sehr gut nachvollziehen, dass dein Mann nicht weiß, wie er mit deiner Unlust und Abgeschlagenheit umgehen soll. Falschgemacht hast du sicher nichts. Überleg doch mal, dich an einen Facharzt zu wenden und ggf. eine Therapie zu machen! Ich hoffe, dass dir die Kur erstmal ein bisschen mehr Klarheit bringt, sofern du sie antreten wirst. Aber dort sollte es Therapeuten geben, die deine Symptomatik verstehen und dir erklären und helfen können. Nur Mut!

Es grüßt
eurydice
Genau in dem Moment, als die Raupe dachte, die Welt geht unter, wurde sie zum Schmetterling
BeAk

Re: Wie konnte es nur so weit kommen?

Beitrag von BeAk »

Liebe Tina,

eine Kur allein wird dir nicht helfen und sollte auch erst durchgeführt werden, wenn ambulante Maßnahmen keinen Erfolg gebracht haben.

Der erste Weg in der Therapie der Depression führt zum Psychiater. Dieser wird, wenn erforderlich, Antidepressiva verschreiben.

Der zweite Weg führt zur Psychotherapeuten. Nur eine ambulante Psychotherapie wird Dir helfen, nicht wieder depressiv zu werden.

Beide Therapiemaßnamen, Medikamente + Psychotherapie, sollte kombiniert werden.

Wenn all das nichts bringt, und um einen wirksamen Anfang unter Kontrolle zu machen, ist eine stationäre Psychotherapie/Kur angesagt.
Diese stationäre Therapie muss aber ambulant zuhause beim Psychiater und auch Psychotherapeuten fortgesetzt werden.
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