Atmen

tallgirl
Beiträge: 340
Registriert: 25. Jul 2005, 07:46

Atmen

Beitrag von tallgirl »

Ich schlafe, stehe auf, esse, gehe arbeiten und ich atme....aber ich lebe nicht.

Dieses Zitat habe ich vor ein paar Tagen einmal in einer Serie oder in einem Film gehört und es beschreibt die Situation in der ich mich befinde so verdammt gut.
Jeden morgen stehe ich auf, gehe duschen, ziehe mich an, mache mir eine Tasse Kaffee, frühstücke und gehe arbeiten.
Jeden Morgen der selbe Ablauf.
Ich mache die Dinge völlig automatisch, denke nicht mehr darüber nach wie oder warum ich sie mache. Eigentlich denke ich zur Zeit überhaupt nicht, denn wenn ich anfange zu denken, dann fange ich an zu leiden.
Denken ist aus meinem Gehirn zur Zeit völlig verbannt.

Leider sind da aber immer noch die Wochenenden, da wo man Zeit hat zu denken. Da, wo man anhält und merkt, dass irgendwo auf der Strecke des Lebens etwas verloren gegangen ist.

Das Leben!

Leider ist es schon zu spät, wenn man es bemerkt. Wie soll man sein verkorkstes ich denn mit Mitte 30 noch ändern? Dinge, die sich über so viele Jahre eingespielt haben, lassen sich nicht mehr oder nur noch mit einem sehr großen Aufwand verändern.

Leben heißt, Dinge genießen zu können. Leben heißt mit offenen Augen durch den Wald spazieren zu gehen und sich an Kleinigkeiten wie dem singen eines Vogels oder dem tiefen einatmen der Natur nach einem langen und strengen Winter, zu erfreuen. Leben heißt Freunde zu haben die bei einem bleiben, auch wenn es schwer ist weil sie so viele Dinge die man einfach machen muss um zu überleben, nicht verstehen. Man kann es erklären aber wie soll man jemandem erklären wie es ist innerlich gestorben zu sein?

Atmen, ein und aus, viele tausend mal am Tag.....das hält mich körperlich am Leben.

Aber wie steht es mit meiner Seele? Was hält meine Seele am Leben? Welches Organ muss ich benutzen um meine Seele wieder zu wecken?
Was muss ich tun, damit mein verkorkstes ich wieder zu sich findet?

Irgendwo auf der Strecke ist so vieles von mir verloren gegangen.

Ich atme aber ich lebe nicht mehr.
Liebe Grüße



Angie



Du kannst die Wellen nicht stoppen. Du kannst nur lernen, auf ihnen zu reiten.
Power_
Beiträge: 5
Registriert: 9. Jan 2009, 17:11

Re: Atmen

Beitrag von Power_ »

Hallo Angie,

hab gerade Deinen Beitrag gelesen und Du sprichst mir aus der Seele.


Ich kannte einmal einen Menschen,
der sah von allen Seiten wunderschön aus.
Atemberaubend.
Makellos.
Von vorne.
Von hinten.
Von rechts.
Von links.
Von oben.
Von unten.

Nur nicht von innen!


Es ist schon faszinierend was Du eigentlich momentan leistest. Auch ich kenne es, unter der Woche zu funktionieren und am Wochenende holt es mich dann ein. Ich leide, liege auf der Couch, muß mich zu allem zwingen und sei es nur zum Wachbleiben. Wie Du schon sagtest, niemand, der es erlebt wie Du kann es nicht nachvollziehen. Jeder sieht nur das Du eventuell momentan etwas stiller bist, aber ansonsten ist alles normal, wenn die Kollegen überhaupt etwas bemerken. Keiner kann es nachvollziehen wie schwer es für Dich ist, dies jeden Tag unter der Woche von Neuem ein Stück weit zu spielen - denn eigentlich ist das nur ein Teil von Dir. Aber sei trotzdem stolz auf dich denn Du bist eine unglaublich starke Frau (weiß dass dies wahrscheinlich nicht sehr hilfreich ist)bist. Tja aber dann kommen die Wochenenden.


Ich hätte
so lange
kein Lebenszeichen
von mir gegeben.

Vielleicht
lebe ich
im Moment
auch nicht.


Ist es bei Dir dann auch so, dass du keinen sozialen Kontakt suchst, teilweise schon einkaufen zu anstrengend ist? Letzendlich müssen wir selbst um uns kümmern, sei es eine Therapie, Medikamente, etc. Aber Kopf hoch irgendwann wird es wieder besser. Was mir sehr hilft, ist zu versuchen es einfach zu akzeptieren, dass es mir momentan nicht so gut geht und dann oftmals aus heiterem Himmel lichtet sich die Wolkendecke von ganz alleine und ich kann den einen oder anderen Sonnenstrahlen wieder sehen.

Traurig sein ist leicht,
da es aufgeben bedeutet.


Halte durch und kämpfe für die schönen Momenten in deinem Leben auch wenn es momentan keine geben sollte oder je gegeben hat, aber es lohnt sich durchzuhalten.

Von meiner Seite her schicke ich dir ganz viel Warme Sonnenstrahlen. Halt durch - heiße Schoki hilft

Herzblut
tallgirl
Beiträge: 340
Registriert: 25. Jul 2005, 07:46

Re: Atmen

Beitrag von tallgirl »

Hallo zusammen,

ich möchte die Gelegenheit ergreifen und mich bei Euch für diese Zeilen entschuldigen.
Sollten sie irgendwie zu heftig gewesen sein, so tut es mir sehr leid.
Ich habe meinen Gedanken freien Lauf gelassen und irgendwie spiegeln diese Zeilen meine derzeitige Situation wieder.

Ich funktioniere, weil ich es eben muss aber ich lebe nicht mehr.
Alles dass, was das Leben schön und lebenswert macht, zieht an mir vorbei und ich kann nicht eingreifen.

Wie gesagt, es tut mir leid, wenn meine Zeilen zu heftig waren.

Ich wünsche Euch noch einen schönen Sonnntag.


Hallo Herzblut,

vielen Dank für Deine lieben Zeilen.

Du schriebst:

Ist es bei Dir dann auch so, dass du keinen sozialen Kontakt suchst, teilweise schon einkaufen zu anstrengend ist?

Ja, genau so ist es auch bei mir. Ich igel mich zuhause ein, telefoniere kaum noch und gehe nur noch zum arbeiten vor die Tür.

Ich würde das gerne ändern, kann es aber nicht.
Liebe Grüße



Angie



Du kannst die Wellen nicht stoppen. Du kannst nur lernen, auf ihnen zu reiten.
Calzino
Beiträge: 215
Registriert: 12. Jan 2007, 13:34

Re: Atmen

Beitrag von Calzino »

hallo angie,

ganz am anfang meiner therapie, als ich noch ganz tief im depressiven loch steckte, sagte meine therapeutin zu mir:
"sie haben sich selbst verloren!"

das wurde dann die diagnose, die ich am besten akzeptieren konnte.

leider gibt es kein handbuch für "den besten weg zu mir selbst". aber letztendlich ist es der weg, sich selbst wahrzunehmen, seine eigenen bedürfnisse, gefühle, wünsche. und mir dem wahrnehmen lernt man auch zu unterscheiden zwischen dem was von aussen kommt und dem was man selbst ist, tief verschüttet in seinem inneren.

ich denke auch jedes alter, oder besser das alter, was man gerade hat, das beste alter ist sich selbst zu finden. ich bin gerade 50 geworden und kann mir kein besseres alter vorstellen. zu mindest hätte ich nicht länger warten wollen.

hast du einen empathischen therapeuten, der dir helfen kann? einen der versteht wie innerlich-gestorben du dich anfühlst? der dir hilft eine andere sichtweise von dir selbst zu finden, deine seele wahrzunehmen? meine thera ist sehr empathisch (was mir sehr gut getan hat) und sie stellte die richtigen fragen. und ich war bereit mich darauf einzulassen.

es ist sehr schwer dir etwas zu raten. meine erfahrung sagt jedoch, dass änderungen an den äusseren umständen letztendlich keinen effekt haben. die erlösung von deinem leid ist in dir. sie ganz alleine zu finden ist sehr schwer.

gebe nicht auf.

liebe grüsse

jens
tallgirl
Beiträge: 340
Registriert: 25. Jul 2005, 07:46

Re: Atmen

Beitrag von tallgirl »

Hallo Jens,

eine Therapie mache ich nicht. Ich habe irgendwie sehr große Angst mich darauf einzulassen, einem mir völlig fremdem Menschen so zu vertrauen, dass ich mich fallen lassen kann....erzählen kann was mich quält und wovor ich Angst habe.
Es fällt mir sehr schwer zu erklären, (in Worte zu fassen) wie es mir geht wenn mir jemand gegenüber sitzt.

Ich kann es aufschreiben, da fällt es mir leicht und die Worte sprudeln nur so aus mir raus aber ich kann sie nicht sagen....ich kann schon aber nicht, ohne sie herunter zu spielen und mit einem lächeln im Gesicht zu sagen,dass ich stark bin und dass schon schaffe...dass ich kämpfe und so weiter.

Nur Menschen die mich besser kennen, sehen, wie es mir geht. Leider gibt es von diesem Menschen nicht einmal mehr eine Handvoll....es ist wohl zu schwierig....und desshalb mache ich meine Sorgen mit mir allein aus.

Es fällt mir sehr schwer und ist für mich fast unmöglich andere Menschen um Hilfe zu bitten, wahrscheinlich ist das auch mit ein Grund.

Menschen die mich nicht kennen würden niemals vermuten, dass ich unter Depressionen leide. Das habe ich in den letzten Jahren gelernt. Dass kann ich.
Liebe Grüße



Angie



Du kannst die Wellen nicht stoppen. Du kannst nur lernen, auf ihnen zu reiten.
danideng
Beiträge: 1538
Registriert: 26. Feb 2006, 12:49

Re: Atmen

Beitrag von danideng »

Hallo Angie,

mir geht es genauso wie dir. Ich atme, ich funktioniere, aber ich lebe nicht mehr. Hab sämtliche Kontakte auf Minimum zurückgefahren. Oft seh ich Pärchen und denke mir "die leben noch", oder wenn meine Ex-Schwiegereltern Freunde zu Besuch haben, denk ich mir "Die leben noch". Ich stelle das immer in allen möglichen Situationen fest, ich weiß, dass die anderen leben und ich nicht mehr. Auch meine Thera sagt, ich führe das Dasein einer 70jährigen und ich müsse unter Leute.

Ja, aber wie? Keiner ahnt, wie anstrengend das ist.

Dein posting war also nicht zu heftig, du hast bei mir zu 100 % den Nagel auf den Kopf getroffen. Das hilft dir zwar nicht weiter, aber zumindest weißt du, dass du mit dem Problem nicht allein dastehst.

Liebe Grüße
Dani1112
tallgirl
Beiträge: 340
Registriert: 25. Jul 2005, 07:46

Re: Atmen

Beitrag von tallgirl »

Hallo Dani,

dass mit dem Leben einer 70jährigen kenne ich. Ich denke, dass das auch auf mich sehr gut passen wird.

Ich war früher ein lebenslustiger Mensch, der keine Party ausgelassen hat und bei allem und jedem dabei sein wollte.
Ich war immer unterwegs und selten einmal in meiner Wohnung anzutreffen.

Heute kann ich das nicht mehr. Menschen, vor allem wenn sie angeheitert sind, machen mir Angst.
Worte können grausamer sein als körperliche Schläge, die Wunden verheilen sehr viel langsamer und hinterlassen oft sehr tiefe Narben.

Ich habe mittlerweile schon Magenkrämpfe und Durchfall wenn ich nur daran denke, dass ich ich dazu entschlossen habe,einmal wieder "feiern" zu gehen.
Das, was ich früher so gerne getan habe, löst bei mir in jetzt das blanke Entsetzen aus.
Liebe Grüße



Angie



Du kannst die Wellen nicht stoppen. Du kannst nur lernen, auf ihnen zu reiten.
danideng
Beiträge: 1538
Registriert: 26. Feb 2006, 12:49

Re: Atmen

Beitrag von danideng »

Ja, Angie, mir geht es ebenso. Auch ich war früher eine richtige Partynudel, ständig unterwegs, im Mittelpunkt, hatte Spaß etc....

Und jetzt? Kein Vergleich!

Ich kann dich sehr gut verstehen.

Manchmal bin ich so leichtsinnig, irgendwo zuzusagen, ich krieg dann anschließend Zustände und überleg mir 1000 Ausreden, warum ich da jetzt nicht hin kann, meistens verwende ich dann auch eine dieser Ausreden. Geh ich dann aber trotzdem mal, bringt es mir nix, ich hab das Gefühl, neben dem Geschehen zu stehen.

Liebe Grüße
Dani1112
tallgirl
Beiträge: 340
Registriert: 25. Jul 2005, 07:46

Re: Atmen

Beitrag von tallgirl »

Du sprichtst mir so sehr aus der Seele Dani.

Mir geht es genau so.

Wenn man mir den Vorschlag macht, dann erinnere ich mich immer an die "guten alten Zeiten" und hoffe und denke, dass es dieses mal doch besser werden muss aber je näher die Zeit kommt, desto schlimmer wird es.
Nervösität, Magenkrämpfe und die permanenten Überlegungen, wie ich aus diesem "Schlamassel" jetzt wieder heraus kommen kann, ohne jemandem auf die Füße zu treten.

Mir ist es oft wichtiger dass es anderen Menschen gut geht...
Liebe Grüße



Angie



Du kannst die Wellen nicht stoppen. Du kannst nur lernen, auf ihnen zu reiten.
danideng
Beiträge: 1538
Registriert: 26. Feb 2006, 12:49

Re: Atmen

Beitrag von danideng »

Du sprichst mir auch aus der Seele. Immer denke ich nur daran, was andere von mir erwarten, was andere wollen, statt einfach mal zu überlegen, was ICH einfach will!

Liebe Grüße
Dani
Dani1112
kormoran
Beiträge: 3276
Registriert: 29. Mai 2007, 21:56

Re: Atmen

Beitrag von kormoran »

liebe angie, liebe dani,

Mir ist es oft wichtiger dass es anderen Menschen gut geht...
(angie)

Immer denke ich nur daran, was andere von mir erwarten, was andere wollen, statt einfach mal zu überlegen, was ICH einfach will!
(dani)
da steckt viel drin ...

was ICH einfach will -
das ist a) vielleicht im jeweiligen augenblick ganz etwas anderes als andere von mir erwarten und ich ihnen halt doch liefere;
- das ist b) aber (im kern, behaupte ich): liebe, anerkennung, angenommen sein.

wenn ich von euch lese kommt mir vieles sehr bekannt vor aus den lektionen die ich so nach und nach selbst lerne;
dass wir uns b) durch a) erkaufen.

und dass das problem nicht damit gelöst wäre, in einzelnen situationen von a) das zu tun, wonach einer gerade ist;
sondern vielmehr, zu verstehen, dass wir b) nicht von außen bekommen; bzw.: wir dürfen nicht von dieser zufuhr von außen abhängig sein.

ganz und gesund und glücklich - ohne magenkrämpfe, ohne einen teufelskreis von äußere-erwartungen-erfüllen und sich selbst vergessen, - so ganz bei sich und in sich ruhend, können wir nur sein wenn wir uns selbst voll und ganz und vorbehaltlos annehmen. wenn wir uns unserem selbst zuwenden. wir selbst werden.

wenn wir erkennen, dass es wichtig und legitim ist, dass es uns selbst gut geht! (und wir, nebenbei bemerkt, nur dann wirklich gut mit anderen zurechtkommen)

das ist nicht egoismus im negativen sinn,
das ist vielmehr das was uns von geburt an zusteht, und uns von anfang an abgewöhnt wurde? zu wissen, dass wir selbst völlig in ordnung und wertvoll sind so wie wir sind, und nicht erst dann, wenn wir uns äußeren erwartungen oder wünschen angepasst haben oder etwas geleistet, gegeben haben.

es ist nur so verdammt schwer, zu verinnerlichen: es ist ok. ich bin ok, ohne irgendwas zu können oder zu leisten! es ist ein wundervoller heiler innerer kern in mir, ich bin nicht schuldig! ich bin nicht schlecht weil ich so geworden bin; es steht mir zu, zu atmen, den duft des waldes zu riechen, die vögel singen zu hören, zu leben!!!

und ich habe die möglichkeit und die verantwortung, die muster und glaubenssätze, die ich, zum beispiel zu meinem schutz, angelegt habe, wieder zu ändern.

fällt mir schwer verständlich auszudrücken, weil es für mich selbst noch mehr theorie als gelebt ist ...

ich muss zugeben, mir ist es, als ich endlich so weit war, relativ leicht gefallen, mit einer therapeutin zu sprechen - auch wenn manches sehr lange dauert bis es mir aufgeht, und ich mich manches nicht auszusprechen traue. aber ohne die unterstützung und ohne das wagnis, sich anzuvertrauen, wäre ich nicht wo ich jetzt bin. es braucht aber einen guten rahmen dazu.

liebe grüße
kormoranin
 http://www.depressionsliga.de
*** zurück ins leben!
tallgirl
Beiträge: 340
Registriert: 25. Jul 2005, 07:46

Re: Atmen

Beitrag von tallgirl »

Hallo Kormoranin,

danke für Deine lieben Worte.

Ich frage mich nur immer wieder....wie kann ich mich selber annehmen, mich akzeptieren und mir sagen, dass es ok.ist, so wie ich bin, wenn mir meine Umwelt ohne jeden Zweifel zu verstehen gibt, dass es (ich) eben nicht ok. bin so wie ich bin....
Liebe Grüße



Angie



Du kannst die Wellen nicht stoppen. Du kannst nur lernen, auf ihnen zu reiten.
912318798
Beiträge: 1590
Registriert: 28. Jul 2007, 13:39

Re: Atmen

Beitrag von 912318798 »

Ja,
und ich vervollständige:

...und ich es selber auch sehe.
tallgirl
Beiträge: 340
Registriert: 25. Jul 2005, 07:46

Re: Atmen

Beitrag von tallgirl »

Hallo Jojo,

schön einmal wieder von Dir zu hören.

So ganz unrecht hast Du nicht. Auch ich sehe dass so, einfach weil es so ist.

Aber es ist schon ok.

Wünsche Dir/Euch noch einen schönen Tag.
Liebe Grüße



Angie



Du kannst die Wellen nicht stoppen. Du kannst nur lernen, auf ihnen zu reiten.
kormoran
Beiträge: 3276
Registriert: 29. Mai 2007, 21:56

Re: Atmen

Beitrag von kormoran »

liebe angie,
lieb jojo,

angie schreibt: Ich frage mich nur immer wieder....wie kann ich mich selber annehmen, mich akzeptieren und mir sagen, dass es ok.ist, so wie ich bin,
wenn mir meine Umwelt ohne jeden Zweifel zu verstehen gibt, dass es (ich) eben nicht ok. bin so wie ich bin....

und jojo setzt noch eins nach: ...und ich es selber auch sehe.

ich habe noch vor 2 jahren genauso gedacht. die therapeutin sprach von selbstannahme und dann würde es erst wieder von außen kommen, und ich habe mich gewehrt: 1. war ich so leer dass ich überzeugt war, mir selbst nichts geben zu können und endlich mal was von außen zu brauchen; und 2. war ich fest überzeugt davon, eben nicht in ordnung zu sein. das sähe ich doch selbst! dazu brauche ich die umwelt gar nicht, aber wann immer ich mich einmal kurzzeitig etwas sicherer fühlte in meiner haut (auch im wörtlichen sinn), kam dann wieder der hammer von draußen.

und die annahme durch die therapeutin wollte ich zunächst auch nicht so recht vertrauensvoll annehmen - "die tut das ja nur weil es ihr beruf ist, aber eigentlich verachtet auch sie mich, ich weiß es doch besser...".

nun weiß ich von euch beiden aus euren postings, dass ihr für euch in anspruch nehmt, mit äußeren merkmalen gekennzeichnet zu sein, die nicht irgendwann vergehen wie ein schwaches selbstwertgefühl. ich möchte das auf keinen fall kleinreden.

aber: diesen elementaren schritt zu machen,
die perspektive zu wechseln,
der fällt uns allen gleich schwer!

weil wir offenbar von klein auf gelernt haben, dass wir erst etwas werden müssen, bevor wir etwas wert sind. dass wir nichts wert und nicht liebenswert sind einfach nur weil wir sind. weil wir gelernt haben, von der bestätigung unseres wertes von außen abhängig zu sein und uns selbst nach außen als grundsätzlich fehlerhaft, schlecht und schuldig zu präsentieren.

kritik von außen fällt also auf fruchtbaren boden: ja, genau, und nicht nur diesen einen fehler habe ich gemacht, nein, man sieht, wie unfähig und vernichtenswert ich insgesamt bin.

mobber fanden in mir selbst, dem "opfer", die beste komplizin: ja, was die sagen stimmt ja, ich behandle mich doch selbst so schlecht! (um das zu sehen, hat es aber lang gebraucht - dazu musste ich mich erst etwas vom schuldbegriff lösen...)

ich kann nur immer wieder berichten, dass sich die wahrnehmung (das ist es doch, es ist meine wahrnehmung von mir selbst die ich immer wieder außen bestätigen lasse!) ändern kann, wenn man wieder gesund wird, sich sich selbst zuwendet. und dass dann auch früher oder später anderes von außen kommt.

es ist möglich die perspektive zu wechseln. sich dann zunehmend ganz, ok, glücklich zu fühlen - das auszustrahlen - und in folge auch zurückzubekommen ...

aber, ja: es braucht den passenden rahmen, die therapeutische beziehung, und viel mut und durchhaltevermögen, um da hinzukommen.

glaubt daran, bitte, glaubt an den heilen kern in euch selbst, wertet euch nicht selbst ab. schützt euch so lange vor einer feindlichen außenwelt, so gut das geht. stärkt euch wo es geht.

und wenn sich endlich eine vernünftige möglichkeit auftut: lasst euch auf die therapie ein.

liebe grüße
kormoranin
 http://www.depressionsliga.de
*** zurück ins leben!
DYS-
Beiträge: 1838
Registriert: 19. Mär 2003, 17:28
Kontaktdaten:

Re: Atmen

Beitrag von DYS- »

Kormoranin....super Posting.
°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°

Gerade weil wir alle in einem Boot sitzen,

sollten wir heilfroh darüber sein,

dass nicht alle auf unserer Seite stehen.
Calzino
Beiträge: 215
Registriert: 12. Jan 2007, 13:34

Re: Atmen

Beitrag von Calzino »

hallo angie, hallo dani, hallo jojo,

>Ich frage mich nur immer wieder....wie kann ich mich selber annehmen, mich akzeptieren und mir sagen, dass es ok.ist, so wie ich bin, wenn mir meine Umwelt ohne jeden Zweifel zu verstehen gibt, dass es (ich) eben nicht ok. bin so wie ich bin....<

>...und ich es selber auch sehe.<

ach leute, das ging mir doch ganz genau so. ich habe gekämpft, gerackert, mich angestrengt, alles versucht, bis zur erschöpfung..nur ich war nie erfolgreich. und ich habe mich geschämt. bin in scham ersoffen. es war ja nur meine ganz persönliche unfähigkeit (alle anderen können es doch auch, oder?)
und ich hörte auf zu funktionieren. ich habe mich angestrengt um weiter zu funktionieren, aber je mehr ich mich angestrengt habe, desto tiefer bin ich in die depression gerutscht, desto mehr habe ich mich angestrengt, desto tiefer...scham. scham

bis zu zusammenbruch (und der kam mit ansage...ich habe es gesehen, wollte es aber bis zum schluss nicht so recht wahrhaben)

es ging nichts mehr. meine ehe im eimer, arbeitslos, mein laden pleite, keinerlei einkommen, schulden, keine aussicht auf einen job (in DER psychischen verfassung schon gleich gar nicht).

ich schäme mich heute noch dafür....(nur kann ich jetzt besser damit umgehen)

zwei wirklich elementare erkenntnisse habe ich gewonnen (das begann schon vor dem zusammenbruch, aber erst danach würde es so richtig relevant):

- ich habe eine depression
- ich brauche hilfe, ich schaffe es nicht allein!

ich hatte viel im forum gelesen. über leute, die von 300 stunden analyse berichteten (hat garnix gebracht!), über sinn und unsinn der therapie, über unbewiesene wirksamkeit der therapie und ähnliches. das forum ist voll von gescheiterten therapieversuchen

es gab aber auch andere. sie erzählten über erfolge, änderung der sichtweise, wieder entdeckte gefühle, sich selbst lieben können, über das inneres kind, verdrängte kindheitserlebnisse, sich selbst annehmen, zulassen, loslassen...erfolgreiche therapie.

so etwas wollte ich auch machen, ich hatte nur keine ahnung wie, wo oder was. also therapieplatz suchen...
dann habe ich meine heutige thera gefunden. ich denke die zeit war einfach reif.

und zu ersten mal sass da ein mensch, der das alles verstanden hat, was mich so bedrückte (ich habe das oft für äusserst unsinnig gehalten). sie gab mir das gefühl, es ist kein unsinn. ich darf das haben, es gehört zu mir..meine ach so mühsam aufrechterhaltende fassade brach sofort zusammen. ich habe rotz und wasser geheult.

ich fing an zu lesen. im internet, bücher, foren. ich wollte verstehen, was mir mir los ist. psychologie, pädagogik, philosophie und später auch spirituelle themen (ich hatte da einen gewissen nachholbedarf, den ich voher nie wahrgenommen habe). und langsam fing ich an zu verstehen. warum ich so geworden bin wie ich bin. und mit dem verständnis kam auch (langsam) die erkenntnis über das was ich bin, mein selbst, mein sein.

aus dem „sie haben sich selbst verloren“ wurde die „selbsterfahrung“.

ich würde mich heute nicht als „geheilt“ bezeichnen. aber ich sehe die depression auch nicht mehr als krankheit. ich würde dieses „nicht mehr funktionieren können“ eher als nachricht meines (innersten) selbst an mich: „ich lasse dich nicht mehr funktionieren, bis du dich endlich um mich kümmerst!“. ich mache mich nicht mehr nieder für meine „unzulänglichkeiten“. sie sind OK. sie sind teil von mir, gehören zu mir. und sie bestimmen nicht mehr mein leben. ich kann mich heute akzeptieren so wie ich bin mit allem was mich ausmacht. ich verstehe heute, was es heisst mich selbst zu lieben, auch wenn ich es nicht immer und bedingungslos hinkriege. aber ich „arbeite“ dran!

ich verstehe heute, dass jegliche lösung meiner probleme nicht von „aussen“ kommen kann. alles was ich für ein glückliches leben brauche, ist bereits „in mir“. es geht um selbst-vertrauen, selbst-bewustsein. ich glaubt gar nicht wie gut das tut!

vor 14 monaten war der zusammbruch. vor 1 ½ hat meine therapie begonnen. seit dieser zeit beschäftige ich mich sehr intensiv mit diesen themen. meine erste panikattake hatte ich vor über 30 jahren. das ganze studium und auch später plagten mit undefinierte ängste und immer wieder panikattacken. diagnosene gab es keine (organisch gesund!). über all die jahre habe ich ein alkoholproblem entwickelt.

das ist (in reichlich groben zügen) meine therapie geschichte. vor kurzen habe ich meinen 50sten geburtstag gefeiert. ich habe gedanklich die 5 weggestrichen. ich habe ganz still allein für mich meine wiedergeburt gefeiert. endlich!


den rat, den ich euch geben kann:

sucht euch einen guten therapeuten und lasst euch darauf ein!

es lohnt sich...

lg

jens



p.s. habe gerade komoranins posting entdeckt . ich glaube sie eränzen sich ganz gut.
Clown
Beiträge: 4337
Registriert: 8. Nov 2004, 18:22
Kontaktdaten:

Re: Atmen

Beitrag von Clown »

Hallo Jens,

herzlichen Glückwunsch zu deiner Wiedergeburt!

Deinen Bericht finde ich richtig klasse, und auch in dem was du gestern hier geschrieben hast, finde ich mich wieder:

http://www.kompetenznetz-depression.de/ ... 1231678489

Mein derzeitiges Lieblingsbuch ist ja vom Peter Schellenbaum 'Nimm deine Couch und geh' - kennst du es? Das müsste dich auch ansprechen, bei dem, was du hier erzählst, ich kann es sehr empfehlen!

Nimmst du eigentlich AD's?
Ich zwar nicht, aber ich werde homöopathisch behandelt, und zur Zeit habe ich ein Mittel, das mich sehr darin unterstützt, zu mir zu finden.

Liebe Jojo und Angie, das wäre auch meine Botschaft an euch: Euer Problem nicht als 'gottgegeben' abhaken, sondern von (mindestens) zwei Seiten angehen, der physischen und der psychischen.

Viel Glück und Erfolg dafür!

auch noch an die Vogelfrau!

Liebe Grüße,
Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
eurydice
Beiträge: 61
Registriert: 9. Jan 2009, 16:37

Re: Atmen

Beitrag von eurydice »

Herzlichen Dank an Kormoranin und Calzino!!

Ihr habt mir gerade ein bisschen Mut gemacht

Das, was ihr so schön und eloquent in Worte gefasst habt, spiegelt bestimmt die Gedanken vieler Forianer wider. Es bringt auch einiges auf den Punkt, wovor ich manchmal wegzulaufen versuche...


Es dankt euch
eurydice

Genau in dem Moment, als die Raupe dachte, sie ginge unter, wurde sie zum Schmetterling
Genau in dem Moment, als die Raupe dachte, die Welt geht unter, wurde sie zum Schmetterling
danideng
Beiträge: 1538
Registriert: 26. Feb 2006, 12:49

Re: Atmen

Beitrag von danideng »

Von mir auch ein Danke an Kormoranin und Calzino. Doch habe ich auch irgendwie das Gefühl, ihr seid so weit weg, ihr seid so viel weiter als ich. Ich geh ja auch schon seit über 2 Jahren in Therapie, war in 2 Kliniken und nehme nen Haufen ADs. Trotzdem schaffe ich es nicht, aus einem Muster, das mich lebenslang beherrschte, einfach so rauszukommen. Es klappt nicht im Job und auch nicht privat. Das Leben zieht an mir vorbei, ich sehe es und kann es nicht ändern.

Trotzdem vielen Dank, die postings hier bringen auch mir sehr viel und sagen mir, dass ich die Hoffnung nicht aufgeben soll!

LG Dani
Dani1112
912318798
Beiträge: 1590
Registriert: 28. Jul 2007, 13:39

Re: Atmen

Beitrag von 912318798 »

Grüß Euch alle zusammen!

Also zunächst möcht' ich mal der Angelika danken, daß sie dieses Thema auf solch eine gefühlvolle Art wieder einmal auf den Tisch gebracht hat.

Zugleich bedaure ich natürlich den Anlaß dafür
und es tut mir leid, Dich in solch einer verzweifelten Verfassung wieder zu sehen!

Anbei auch an Dich
liebe, aber eben auch traurige Grüße!


Zu den Beiträgen (übrigens: periodisch !) der Kormoranin und des Jens:

Eure Werdegänge, die geschilderten Ängste, Erlebnisse und "Unzulänglichkeiten"
lauten ja, als wären sie die unseren,
manchmal frage ich mich, ob nicht alles, was wir zahlreichen Individuen durchmachen
etwa einem einzigen Schema unterworfen ist.

Demzufolge wäre es doch das Einfachste weltweit,
Euren Ratschlägen zu folgen,...
und gesund zu werden.

Oder zumindest besseren Mutes oder wieder funktionell.
Lebend.

"...die Perspektive wechseln"
Wie schwer fällt es uns, zu sehen, wie wir aus den sozialen Strukturen fallen,
hinausgestoßen werden,
aus ihnen flüchten,
weil wir die ständigen seelischen "Mißhandlungen" nicht mehr ertragen,
was in einem Rückzug und einer Verbitterung endet,
die, wie Ihr ja richtig schildert,
eine Rückkehr zur Herde
noch weiter erschwert,
unmöglich macht.

Die Perspektive wechseln...,
ja, ich habe sie gewechselt,
und was bot sich mir dar?

Ich, mit allem, was ich an mir hasse
und immer hassen werde,
weil es dafür verantwortlich ist,
daß ich mich schlecht fühle,
daß ich handlungsunfähig bin,
daß meine Kinder unter diesem Idiotenstigma leiden müssen,...

Eine Existenz bot sich mir dar,
die als einzige Offenbarung die Erkenntnis gewonnen hat,
der Welt dienlicher zu sein,
wenn es sie erst gar nicht gäbe.

Ich werde mich hüten,
nochmal zu versuchen,
mich von außen zu betrachten...

Wie schon Angelika sagte:
Wie kann ich mich selber akzeptieren,
lieben?,
wenn ich selber der einzige Mensch im Universum bin, der es tut?

Und selbst, wenn ich gelernt haben sollte,
diese schwere Aufgabe zu meistern,
sofort nach Abgabe dieser Arbeit
wieder - von außen - mit "ungenügend" zensiert werde?


"Ich bin nach außen, was ich zu mir selber bin,
mein Außen ist mein Spiegel, sozusagen...",
mag ja sein,
doch es kommt von außen,
was uns kaputt macht.


Ich freue mich wirklich für Euch, Kormoranin und Jens,
und danke Euch für Eure guten Worte,
und schon gar nicht möchte ich Eure Botschaften anzweifeln oder kritisieren!

Angelikas Motiv für diesen Thread sehe ich nicht in einem Ruf nach Hilfe im Sinne von:"Heile mich!",
sondern eher - wie es übrigens auch immer wieder meines ist - als Ventil ihrer/unserer Mitteilungsbedürftigkeit,
die wo anders als hier
also so ganz und gar keine Adressaten findet...,
die wenigstens zuhören!




Tja, EIN Schema...

Leider ist es nicht so,
weil wir in unserer Manigfaltigkeit
so viele Parameter, Züge, Eigenschaften mitbringen,
die es dem Schicksal schwer macht,
uns mit EINEM Striegel zu kämmen.

Die Diskussion über die Zuversicht ist ja nicht neu,
hat nur immer wieder andere Farben,
und ich will deshalb hier mit einem weiteren Versuch darstellen,
weshalb ich / wir
einfach nicht weiterkomme(n),
immer wieder feststecken in unserem Elend,
dem gottgegebenen...

Kennt Ihr die Geschichte vom häßlichen Entlein?
Für mich (uns?) hört sie im Winter auf.
Alle wissen, wie die Geschichte weitergeht,
was es zu erwarten gäbe,
ich selber ahne es, träume davon,
doch ich bin nicht in der Lage,
diese Metamorphose zu vollziehen,

nicht weil ich es nicht wollte,
zu faul wäre oder zu feige,

es geschieht einfach nicht....


Ich kann zwar nicht mit Dani's Erfahrungen aufwarten,
aber ihre Verzweiflung und die von ihr geschilderten Beiträge (nicht nur hier) sprechen Bände.


Atmen, funktionieren,
und doch nicht leben,
ja, so ist das wohl mit uns...


Lieben Gruß und danke an Kormoranin und Jens

Jojo
tallgirl
Beiträge: 340
Registriert: 25. Jul 2005, 07:46

Re: Atmen

Beitrag von tallgirl »

Hallo Kormoranin,
Hallo Calzino,

ich bin gerade wieder zu Hause und habe Euren Beitrag gelesen. Ich muss gestehen, dass ich echt platt bin. Vielen lieben Dank für Eure aufmunternden Worte.
Es ist schwer sich immer wieder am Riemen zu reissen und sich immer wieder zu sagen, dass es besser wird.
Beiträge wie Eure lassen mich die Hoffnung nicht verlieren.

Im Moment kann ich nicht mehr von mir behaupten als dass ich kämpfe.
Kämpfe um meinen Alltag zu behalten, kämpfen um der Krankheit die Stirn zu bieten...um nicht aufzugeben.

Aber es ist schwer. Vor allem allein.

Ich will nicht sagen, dass es mit einem Partner unbedingt leichter wird, im Gegenteil. Wenn man einen Partner hat der nicht einmal versucht zu verstehen was da gerade mit einem los ist, dann kann dass sogar noch viel schwerer und zermürbender sein....das sehe ich schon allein an der Reaktion meiner "Freunde".

Eigentlich habe ich keine mehr....oder sagen wir mal so, nur noch dann, wenn es mir gut geht und wenn ich funktioniere. Wenn es mir nicht so gut geht, dann bin ich zu anstrengend.

Ich habe immer gekämpft...so wie Ihr zwei dass so wunderschön beschrieben habt....um Anerkennung, um Freundschaft, um Respekt...aber leider viel zu oft mit den völlig falschen Mitteln.

In meiner Kindheit habe ich mir die Freundschaften erkauft. Ich hatte ein "Pflegepferd" auf einem Bauernhof in der Nachbarschaft und immer wenn ich allein war, habe ich den anderen Kindern angeboten, dass sie sich auch mal drauf setzen können, dass ich Ihnen das Reiten beibringen würde.
Es ging sogar so weit, dass ich meiner Oma mit 7 Jahren 5 Mark aus der Börse geklaut habe (das habe ich noch nie irgend jemandem erzählt) nur um dann mit einer riesengroßen Tüte Süßigkeiten ein paar schöne Stunden erkaufen zu können.

Heute mache ich dass in dieser Art nicht mehr aber immer noch strecke ich mich in alle Richtungen um es allen Recht zu machen...und vergesse mich dabei.

In den letzten paar Wochen habe ich versucht mehr an mich zu denken und dass Ende vom Lied ist, dass sich meine "Freunde" immer weiter von mir zurück ziehen, weil ich mich nicht mehr melde. Ich nicht mehr einlade oder mit sonstigen witzigen Ideen auf der Matte stehe.

Ihr sagt oder besser gesagt "denkt" Euch bestimmt jetzt...Hey Angie, solche Freunde kannst Du vergessen, lass sie laufen, Du brauchst sie nicht.

Doch!! Ich brauche sie. Sie sind der einzige Punkt zwischen mir und einer mir völlig fremd gewordenen Welt. Sie sind das Bindeglied.
Wenn ich auch sie gehen lasse, was dann??

Heute habe ich zumindest noch die Illusion dass man mich zumindest ein bißchen mag und dass ich Freunde habe....zumindest besitze ich ein paar Telefonnummer...aber wenn ich sie jetzt gehen lasse, wenn ich mir denke....ihr könnt mich mal, ich brauche Euch nicht, denn ihr wisst nicht zu schätzen was ich für Euch tue, was dann??

Dann habe ich nicht einmal mehr die paar Telefonnummer und kann nicht hoffen, dass mich vielleicht doch noch jemand anruft und fragt, ob ich Zeit habe.

Ich bin 36!!

36 mit nur ein paar Telefonnummern. Oh wie beneide ich die Menschen, die viele Freunde haben, zu Stammtischen gehen, feiern bis der Arzt kommt. Wie beneide ich die Menschen, die nicht "anders" sind, die nicht aus der Menge herausstechen, doofe Kommentare bekommen und eigentlich nirgendwo anders sein wollen, als in Ihrer eigenen 4 Wänden.

Einsam aber zumindest in einer Position, in der mich keiner sieht und verletzen kann.

Ich habe Euren Beitrag jetzt ein paar mal gelesen und finde es echt klasse, wie Ihr beide Euren Weg geht, wie Ihr zu Euch selbst findet und somit auch zu einem gesunderen ich.

Ich drücke Euch beiden ganz fest die Daumen, dass Euch nichts und niemand von diesem guten Weg wieder abbringt und dass Ihr positiver in die Zukunft sehen könnt.
Liebe Grüße



Angie



Du kannst die Wellen nicht stoppen. Du kannst nur lernen, auf ihnen zu reiten.
kormoran
Beiträge: 3276
Registriert: 29. Mai 2007, 21:56

Re: Atmen

Beitrag von kormoran »

ihr lieben!

was mir nicht behagt, ist dieses: danke, ach, wie weit ihr nicht seid, ja, zieht dahin, wir verharren evtl. hoffend aber nicht wirklich mit aussicht, jemals anzukommen, hier in unserer trübnis. und ich schätze mal, calzino sieht das ähnlich?

mein beitrag war für die fisch', wenn das dabei herauskommt. ich brauch kein lob, ich freu mich ja eh selber wie eine schneekönigin über die positiven änderungen. worum es geht ist doch zu zeigen: aus der position, das für gänzlich und völlig unmöglich und alles übel für gottgegeben unabänderlich zu halten, kann jede/r von uns raus!
es sind gänzlich unterschiedliche wahrnehmungswelten, durch die depression bedingt und gefördert, zwischen denen wir aber – arbeit, therapie, offenheit vorausgesetzt – wechseln können. und irgendwann bleiben wir überwiegend auf der anderen seite: bei uns selbst, wo wir hingehören.

aber nochmal: ich kann hundertprozentig verstehen dass ihr so schreibt und hätte beinahe jedes wort von jojo vor 2 jahren selbst noch schwungvoll unterschrieben ... (mir wird richtig flau im magen bei dem gedanken, dass ich voll und ganz in solchem denken, in einer solchen wahrnehmung geschwommen bin wie ein fisch im wasser - auch das, dass alles von außen käme ...)

nur: das einzige was ich „raten“ kann, ist: den glauben daran und die zuversicht nicht zu verlieren, und es zuzulassen.

einen „rat“ gebe ich überhaupt nicht, außer dieses: der therapie eine chance geben. und es ist nicht, wie jojo anklingen lässt, „ein schema“ das ich hier vorschlage von dem ich glaubte, es würde für alle passen. wir haben unterschiedliche geschichten, verletzungen, muster … aber wir sind alle menschen! vergesst das nicht. es ist möglich.

yes, we can!

?
kormoranin

p.s. und noch eins: bitte nicht sich selbst verurteilen, weil andere schaffen es, und ich nicht...!!! es ist weniger etwas das wir mit kraft schaffen, es geht mehr ums zulassen, möglich machen. da gehört freilich einiges an mut dazu ...
 http://www.depressionsliga.de
*** zurück ins leben!
just
Beiträge: 352
Registriert: 21. Mär 2008, 18:59

Re: Atmen

Beitrag von just »

Liebe grüße aus dem depri-ground****

Dann bin ich wohl der/ein Fisch, der versehentlich
aus dem Wasser an´s Land gespült wurde
und verzweifelt nach Luft schnappt.


Ich wünschte, ich könnte meine Gedanken
besser mitteilen.

Das geht (momentan) nicht, weil ich depressiv bin!

Bilde ich mir alles nur ein?

Liebe Grüße
delta
Calzino
Beiträge: 215
Registriert: 12. Jan 2007, 13:34

Re: Atmen

Beitrag von Calzino »

hallo zusammen,

danke für eure netten raktionen. ja, ich gestehe, es macht mich tatsächlich etwas stolz. es bestätigt mich in meinem gefühl tatsächlich mal etwas gut hingekriegt zu haben.

ich mchte aber nochmal betonen dies ist keine anleitung aus der depression. dies sind meine ganz eigenen privaten erfahrungen über MEINEN weg.

es wird euch hoffentlich ermuntern euren weg zu finden und zu gehen.....und euch zeigen das linderung möglich ist.

@ dani

nicht aufgeben (aber das machst du eh nicht, so wie ich dich kenne). machst du noch therapie?
du meinst wir sind weiter??? dies ist einfach mein weg. deiner ist halt anders. achte auf dich, auf dein inneres, achtsamkeit, das bringt dich weiter. ich wünsche dir was.....


@ jojo

ich möchte dir ein kleines samenkorn einpflanzen:

das was dich kaputt macht, ist in dir drin (du hast es vor langer zeit verinnerlicht),

das was dich glücklich macht, ist auch in dir drin (du hast es vor langer zeit verschüttet).

vielleich geht es ja eines tages auf.....



>Wie kann ich mich selber akzeptieren,lieben?, wenn ich selber der einzige Mensch im Universum bin, der es tut?<

als ich mich selbst nun so gar nicht lieben konnte, da waren es meine kinder (nr.1 und nr.2), die mir gezeigt, haben, dass ihr papa doch ganz liebenswert ist. du bist nicht die einzige!


@ angie

dir auch ein samenkorn:

wenn du mal ganz müde bist vom kämpfen für eine angie, die noch besser ist, dann höre einfach mal einen moment auf und betrachte dich einmal selber, ohne gut oder schlecht, einfach sehen was DU bist, ohne bewertung (das ist sehr, sehr schwer).


@ clown

danke für die blumen.

von peter schellenbaum habe ich „abschied von der selbstzerstörung“, aber das habe ich angefangen und nie beended. deinen tip werde ich gerne annehmen.

ad’s nehme ich schon lange nicht mehr. ich halte sie nicht für sonderlich wirksam. und wenn sie wirklich so richtig wirksam wären, würde ich sie heute auch nicht mehr nehmen. das wäre dann huxley’ soma aus der „schönen neuen welt“. das schüttel’s mich! (ich möchte hier niemandens medis schlechtmachen oder leute vom medi konsum abhalten. das ist meine ganz unwissenschaftliche, private meinung!)


komoranin

einen schönen abend an alle
lg

jens

p.s. @ friedrich: suchst du noch die vierte dimension in deiner box, oder habe ich dich anderwertig verschreckt??
Antworten