Umgang mit "Normalos"

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Nadalien
Beiträge: 112
Registriert: 7. Okt 2008, 17:33

Umgang mit "Normalos"

Beitrag von Nadalien »

Hallo, war schon lang nicht mehr da. Bin fleißig abgelenkt von Existenzängsten, weil ich lerne - Beschäftigungstherapie (wenn auch mit ungeliebtem Ziel: ein Studium abschließen, dass ich hasse,...etc)

O.K. darüber hab ich schon viel geschrieben. Nun zum eigentlichen Punkt!

TRARA, ein NEUER TREAD.

Thema: die Anderen.

Ich habe bemerkt
- und mir ging es lange auch so, und hab meine Scheu auch noch nicht ganz überwunden, insbesondere wenn ich von einer Autorität gesagt bekomme, ich soll Verantwortung übernehmen -
dass es einigen hier Schwierigkeiten bereitet, was die "Anderen" Euch sagen, wie sie mit Euch umgehen, dass ihr sie nicht versteht, nicht mit ihnen umgehen wollt, dass die Anderen oberflächlich sind, gemein , etc.
Viele hier haben Kontaktschwierigkeiten. Kann ich verstehen.
Aber: es hilft nix, wir sind nicht allein auf der Welt. Darum dieser Tread, der an einem Beispiel aus dem täglichen Leben veranschaulichen soll, wie ICH mich in anderen täusche. Auf geht's:


Angespornt durch ein Vorbild habe ich einmal gedacht, ich mach's jetzt einfach, ich überwinde meine Scheu vor Vereinen und habe mich bei einem Kampfsportverein angemeldet. Nach der ersten Probestunde habe ich einen Vertrag für ein Jahr unterschrieben. Danach war ich genau noch drei Mal dort, und dann nicht mehr. Vom Vertrag konnte ich nicht zurücktreten, plechte also ein ganzes Jahr für nix.
Warum bin ich nicht mehr hingegangen?
Neben all den anderen Ängsten war der Grund vor allem das Verhalten des Trainers. Nach jeder Stunde langte er über den Tresen und hielt mich zum Abschied kräftig am Handgelenk fest, etwa eine Minute, bis er mich endlich losließ. Daneben standen seine Sportsfreunde und lachten über mich, weil ich wohl ziemlich ärgerlich versuchte, seine Hand loszuwerden. Ich dachte mir immer: "was will denn dieser Arsch von mir, gräbt mich blöd an, anstatt mit mir freundlich umzugehen und mit mir zu sprechen." Das also geschah drei Mal hintereinander, so dass ich nur noch von Beklemmung begleitet schließlich nicht mehr zum Unterricht hinging.
Ich dachte öfter über die Situation nach, und fand den Kerl, der zuerst eigentlich ganz sympatisch wirkte, nur noch zum Kotzen. Er hat in meine Privatsphäre eingegriffen, weil er mich nach der Stunde festhielt und hat die Anderen dazu gebracht, über mich zu lachen. Ich kam mir total verarscht vor.
Und dann ging mir ein Licht auf, und ehrlich, das hat lange gedauert: Er wollte mir nichts Böses ! Meine Güte, logisch, das war ein Kampfsportverein ! Er hatte uns beigebracht, wie man fremde Angriffe abwehrt, also: er hielt mich am Handgelenk fest, weil er sehen wollte, was ich gelernt habe. Er wollte mir Mut machen, indem ich mich selbst, und ohne Unterweisung, von seinem Griff löse! Er glaubte, dass ich es kann! ...und ich in dieser Situation? Vor lauter emotionaler Aufgeregtheit hatte ich den Sinn und Zweck vergessen, nämlich Kampfsport und Befreiungskünste zu lernen. Ich fühlte mich sofort persönlich angegriffen (weil die Situation zeitlich nach der Stunde, also privat zwischen mir und ihm stattfand) - und hab blöd mit meinem Arm rumgerudert, so dass ich mich nicht von selbst befreien konnte. Das war eine peinliche und schmerzliche Einsicht: Der Kerl, den ich für einen blöden Grabscher hielt, wollte einfach nur, dass ich selbstständig denke und zeige, was ich gelernt habe...

SICH TÄUSCHEN IN MENSCHEN! KENNT IHR DAS?
Wäre schön, wenn Ihr ähnliche Geschichten hier hineinschreiben würdet, wo ihr vielleicht Eure Ängste vor Anderen verloren habt, oder eingesehen habt, dass es vielleicht auch an uns "Unnormalen" liegt. Manchmal kriegt man eben eine Antwort von allein raus... ich war zu schüchtern und zu wütend um zu fragen, warum er mich festhält ...dafür hab ich gezahlt.

Herzliche Grüße,
Nadalien
Sieglinde1964
Beiträge: 1267
Registriert: 30. Dez 2006, 19:31

Re: Umgang mit "Normalos"

Beitrag von Sieglinde1964 »

Ich habe manchmal den Eindruck als könnten die "Normalos" einem nicht verstehen, was es heißt unter einer Depression zu leiden. Wie sollten sie es auch verstehen, wenn sie nicht wissen, wie sich eine Depression auswirkt und was sie anstellt.

Ich habe das Gefühl die "Normalos" beobachten einem viel genauer, wenn sie wissen, dass man Depressionen hat. Mir ist es so ergangen. Offensichtlich sehen sie es mir an, wenn ich mal nicht so gut drauf bin. Das habe ich schon von einigen Rückmeldungen erfahren. Die schlimmste Rückmeldung hat meine Mutter über mich bekommen von einem ihrer Bekannten, der/die mich gesehen haben will, wie ich "wie ein Huhn ohne Kopf" durch die Stadt ging. Das war für mich wie ein Schlag ins Gesicht. Was derjenige oder diejenige da rausgenommen hat, war schon eine Frechheit. Ich traue mich kaum noch in die Stadt, weil ich dann wieder denken muss: Hoffentlich sieht mich niemand. Was soll ich denn machen? Ich kann mich doch nicht wegen irgendjemanden verkriechen. Aber ich tu es. Hänge die meiste Zeit nur zu Hause rum und unternehme nur ungern was. Ich gehe nur noch raus, wenn ich einkaufen muss, sonst nichts.
Nadalien
Beiträge: 112
Registriert: 7. Okt 2008, 17:33

Re: Umgang mit "Normalos"

Beitrag von Nadalien »

Ja, das kenn ich.
Mir geht's auch manchmal so. Besonders wenn ich gezwungen bin was unangenehmes zu erledigen, wenn ich gerade allein bin, oder wenn ein Tag so leer ist, so ohne Ziel, das ich das Gefühl habe, es lohnt sich gar nicht rauszugehen.
Idioten gibt es überall. Was hat deine Mutter von der Bermerkung gehalten? Wieso hat sie sie dir weitererzählt? Huhn ohne Kopf...gack! Das ist wirklich gemein, das kann ganz schön weh tun, wenn man sich gerade wirklich wie eins fühlt. Ansonsten ist es einfach nur eine blöde Beleidigung und ein besonders herzloser Mensch, das auch noch deiner Mutter zu erzählen, die's dann dir erzählt. Wer da wohl wirklich kopflos war....
Beste Grüße an deinen Kopf und den Rest Nadalien
chrigu
Beiträge: 2081
Registriert: 20. Mär 2006, 12:20

Re: Umgang mit "Normalos"

Beitrag von chrigu »

Hi Nadalien,

ist es nicht typische Depri-Denke, die Schuld bei sich zu suchen? Und zu glauben, man hätte den anderen falsch eingeschätzt und falsch gehandelt?

Ich sehe die Situation übrigens genau andersrum: Es ist durchaus übergriffig, wenn man nach offiziellem Ende der Stunde jemanden so festhält und dann auch noch der Lächerlichkeit preisgibt. Beim ersten Mal kann man das noch so interpretieren, wie Du es jetzt tust. Aber wenn das jede Stunde stattfand und Du Dich nicht gewehrt hast, dann muss ihm klar sein, dass diese Situation für Dich unangenehm ist - immerhin kann er sehen (Deine Reaktion) und hören (das Gelächter der anderen).
Sollte das ganze noch Bestandteil des Trainings gewesen sein, dann hätte er das sagen müssen! So kann das nur als persönlicher Angriff interpretiert werden - und ich finde diese Interpretation nicht falsch.

Viele Grüße
Chrigu
Sieglinde1964
Beiträge: 1267
Registriert: 30. Dez 2006, 19:31

Re: Umgang mit "Normalos"

Beitrag von Sieglinde1964 »

Hallo Nadalien,

was meine Mutter dazu sagte? Sie hat das, was gesagt wurde noch bestätigt und in ihrer Stimme klang auch der Vorwurf mit, nach dem Motto ich solle mich nicht so gehen lassen.
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