Lehrmeinungen und Realität...

mandra
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Lehrmeinungen und Realität...

Beitrag von mandra »

hallo an alle,

klingt ein wenig trocken der betreff dieses beitrages (-; aber vielleicht wird es ja doch interessant...was ich nicht verstehen kann/bzw. auch merkwürdig finde:
in vielen wissenschaftlichen büchern findet sich u.a. die aussage : eine depression kann z.b. ein einmaliges ereignis bleiben - wenn die depression wieder auftritt ist die wahrscheinlichkeit das sie in zukunft auch wieder auftreten wird schon um ein mehrfaches erhöht - das potenziert sich nach jedem erneuten auftreten..dann wird gesprochen über ein durchschnittszeitraum von ca. 5 jahren der beschwerdefrei ist bis dann die nächste depression "zuschlägt" - ich frage mich zum einen ob das wirklich der realität entspricht? und wenn ja frage ich mich warum ist der mensch in diesem zeitraum beschwerdefrei und dann wiederum nach einigen jahren nicht mehr??? wenn ich davon ausgehe z.b. mich weiterzuentwickeln durch therapie usw. würde es für mich eher schlüssig bleiben das die depression durch die entwicklung langsam in den hintergrund tritt und eventuell auch ganz verschwindet - bzw. wenn sie erneut ausgelöst wird dann durch ein belastendes ereignis...
so klingt das fast wie bei autoimmunerkrankung mit schüben der krankheit- im prinzip nicht wirklich klar und eindeutig warum das ganze ausgelöst wird..manche nehmen ja auch konstant medikamente und dennoch kommt die depression nach einer bestimmten zeit wieder verstärkt durch , bzw. das medikament greift nicht mehr...interessant finde ich die tatsache das unser körper und unsere seele ja beschwerdefreien zeiten erleben können und die frage was ist dann genau anders?? sorry vielleicht ist das ein etwas komischer gedankengang - ich möchte das ganze nur wirklich verstehen und manche dinge erscheinen mir irgendwie unlogisch....

liebe grüsse, andrea
Dendrit
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Re: Lehrmeinungen und Realität...

Beitrag von Dendrit »

Hallo Mandra,

für sowas bin ich - egal bei welcher Erkrankung - zu haben.

Solche Aussagen kommen aufgrund von Beobachtung. Da sich die Depri in dem Mangel der Botenstoffe "entsteht", muss sich was in dieser Ebene abspielen.

Vllt. findet sich jemand, der sich damit auskennt. Wär sicherlich ein interessantes Thema.

LG, Manuela
danni64
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Re: Lehrmeinungen und Realität...

Beitrag von danni64 »

Hallo Mandra,

ich kann da mal von mir reden. Ich litt vor 12 Jahren unter sehr starken Depressionen,wo ich tagelang in einem dunklen Zimmer blieb,mit Kopfhörern auf den Ohren und nur Musik hören.

Damals bekam ich ein Antidepressiva,was mir sehr gut half. Nach einem dreiviertel Jahr ging es mir so gut,dass wir es langsam wieder absetzen konnten.

Als ich meine kleine Tochter bekam vor fast 5 Jahren,merkte ich,wie ich langsam aber sicher wieder in kleine Löcher rutschte. Ich war fest der Meinung,ich habe es im Griff,weil ich es ja schon mal durchgemacht hatte.
Letztes Jahr im März ging ich wieder arbeiten und merkte so langsam aber sicher,wie es mir immer schlechter ging.Ich ging,wegen der Kinder,nur am Wochenende auf Nachtschicht arbeiten. Ich bin in einer Raststätte beschäftigt. Mein Arzt meinte,ich muss aus dieser Nachtschicht raus,weil es mich krank macht,das würde nicht mehr gehen.Also,ich aus der Nachtschicht am Wochenende raus und mit in die Tagschicht rein. Naja,man setzte mich trotzdem gerne in die Nachtschicht am Wochenende,war ja bequem,denn die will keiner machen.
Und dann fing man noch an,mich zu mobben,weil ich ja nicht mehr alles mit mir machen liess.
Schon lange merkte ich,dass ich es nicht mehr schaffe. Von Morgens 6:00- 14:30 Uhr arbeiten,dann noch Haushalt und zwei kleine Kinder. Im Mai dann kam der endgültige Zusammenbruch nachdem ich immer mehr gemobbt wurde und man mir das Leben auf der Arbeit schwer machte. Ich denke,wenn ich einen AG hätte,der mehr Rücksicht genommen hätte,dann wäre ich nicht so doll zusammen gebrochen. Natürlich spielten auch noch andere Dinge eine grosse Rolle.

Ich denke schon,dass einem der Körper zeigt,wo man seine Grenzen hat,wenn man unter Depressionen leidet. Diese Erkrankung zwingt einen,sich zu schonen und runter zu fahren.

Ich bin noch heute krank gemeldet,habe eine Mutter-Kind-kur gemacht,wo ich mir erhofft hatte,wieder neue Kräfte sammeln zu können.Statt dessen wurde mir klar,wie krank ich wirklich bin und das ich mehr machen muss,als nur eine Kur,um wieder gesund zu werden. Ich hoffe,mit einer Reha schaffe ich es,wieder gesund zu werden und mir einen neuen Job suchen kann. Im Moment könnte ich es auf keinen Fall,das weiss ich genau,leider .

Mein damaliger Hausarzt sagte mir,es gibt Menschen,die nehmen AD's eine kurze Zeit und brauchen es dann nicht mehr. Einige erkranken doch wieder und wieder andere werden garnicht mehr gesund.

Für mich und meine Familie hoffe ich,wieder gesund zu werden.

Ich glaube auch fest daran,dass sich die Ärzte selber nicht einig sind,wie das mit den Depressionen ist,denn ich glaube,da wurde nie richtig geforscht. So langsam kommt man wohl dahinter,dass da mehr passieren muss und auch wir als Menschen mit einer ernsten Erkrankung wichtig sind.

LG Danni !!!


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jolanda
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Re: Lehrmeinungen und Realität...

Beitrag von jolanda »

Hallo!

Mir hat eine Ärztin erklärt, wenn jemand 15 (schwer) depressive Episoden hatte, geht man davon aus, dass es auch immer wieder kommt.
ansonsten gibt es wohl alles. Von einmalig bis häufig, alle paar Jahre mal...
Bei mir in den letzten 5 Jahren zweimal im Jahr. Davor eher nur einmal im Jahr, war da aber noch nicht diagnostiziert, erklärt sich aber Rückblickend.
Also ich hatte 15 Episoden bestimmt schon. Trotzdem mag ich nicht ganz die Hoffnung aufgeben. Kann ja sein, dass die Therapie doch noch etwas verändert. Und die passenden Medikamente finden sich ja vielleicht auch noch. Momentan setze ich auf Lamotrigin (lamictal)+ Seroquel prolong. Bisher die vielversprechendste Kombination.

LG, jolanda


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Feedom's just another word for nothing left to lose (Janis Joplin)
Hazeline
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Re: Lehrmeinungen und Realität...

Beitrag von Hazeline »

Hallo,

ich habe seit der Diagnose Depression Anfang des Jahres ziemlich viel über diese Krankheit gelesen - um sie - und letztendlich auch mich zu verstehen. Du hast schon Recht, dass die derzeitige Lehrmeinung davon ausgeht, je mehr Episoden, desto wahrscheinlicher das Rückfallrisiko. Natürlich macht mir das Angst, auch wenn es mir inzwischen wieder besser geht. Während eines Gespräches mit einer Heilpraktikerin, die mich nun seit über 5 Jahren kennt und auch betreut, wurde mir aber auch etwas ganz entscheidendes klar - ich und nur ich habe nun auch endlich angefangen an mir zu arbeiten - milder mit mir zu sein, Sichtweisen zu verändern. Und ich wünsche mir sehr, dass es gerade diese Wandlung in mir ist, die mich vielleicht vor vielen neuen Tiefschlägen bewahrt.
Durch das viele Lesen über die Depression ist in mir schon der Gedanke gereift, was will mir diese Krankheit sagen, wozu will sie mich letztlich zwingen. Und glaube mir,meine ehrlichen Antworten darauf waren nicht immer erfreulich für mich. Aber vielleicht muss man sich auf seinen ganz persönlich Weg im Umgang mit der Krankheit begeben, um sie irgendwann hinter sich zu lassen. Mir half und hilft da ungemein die Information und nochmals die Information und dann das Ausprobieren verschiedener Therapien, wie ich es mit jeder anderen Krankheit auch machen würde.
Und solange hoffe ich, dass die Medizin eines Tages die Depression besser erforscht haben wird - ich bin diesbezüglich übrigens sehr optimistisch, da diese Krankheit nun scheinbar mehr Öffentlichkeit findet und es sich auch für die Pharmakonzerne lohnt, wenn man die Erkrankungszahlen sieht.

Liebe Grüße
mandra
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Re: Lehrmeinungen und Realität...

Beitrag von mandra »

hallo nochmal...

ich habe mich sehr gefreut das trotz des etwas "trockenen" betreffs doch antworten gekommen sind..

hallo daniela,

warst du in der zwischenzeit (die 8 Jahre)- vor der geburt deiner tochter - beschwerdefrei?
und war diese zeit für dich nicht so belastend wie dann die kommende? den auslöser - bzw. die auslöser - für die zweite depression sind ja sehr nachvollziehbar - ich wünsche dir wirklich von herzen das es dir mit der zeit - schritt für schritt besser geht - wichtig ist glaube ich auch das man sich nicht minderwertig fühlt weil man eben nicht so funktioniert wie die gesellschaft es oft erwartet und sich deshalb noch zusätzlichen druck macht...

hallo jolanda,
hast du das gefühl das bei den episoden zweimal im jahr es jedesmal einen auslöser gibt? bei mir ist es oft so das ich mittlerweile die auslöser nicht wirklich sehen kann - es gibt zeiten die sind unwahrscheinlich schwierig - die äusseren umstände sind gar nicht gut - aber mir geht es gut..dann wiederum ist es so als ob sich ein schalter umlegt und es wird alles schlechter..irgendwie scheint es alles zu geben...

hallo sonce,

ja das sehe ich auch ähnlich wie du und ich hoffe auch das die schritte die man selber wagtund neu geht irgendwie auch die krankheit verändern oder das man sie irgendwann nicht mehr "braucht" - aber da ist auch die andere seite in mir die sagt : ich mache schon sehr sehr lange therapie - setze mich intensiv mit allem auseinander und dennoch bin ich immer noch krank - das macht das gefühl ich mach nicht`s richtig und manchmal auch das gefühl es gibt irgendetwas was die depression am leben hält und vielleicht gar nicht`s mit diesen dingen zu tun hat...und dann die gedanken : es gibt soviele menschen, die so unachtsam mit sich und ihrer umwelt umgehen und die sind gesund...

liebe grüsse, andrea
jolanda
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Re: Lehrmeinungen und Realität...

Beitrag von jolanda »

Hi!

Meistens gibt es keine Auslöser. Sie kommen im Frühsommer und Im Spätherbst. Wobei die im Frühsommer (Mai/Juni) heftiger ausfallen und auch früher schon da waren. Anfangs noch als Erschöpfung zum Semesterende abgetan...
Manchmal gibt es Auslöser für Krisen, aus denen u.U. auch eine Depression wird. Aber sie kommen unabhängig davon saisonal.

Leider war das Hauptaugenmerk in der Therapie immer auf die Borderline-Störung und die Depressionen eher als Symptom abgetan. Mit der Zeit wurde aber klar - was ich schon immer wusste - dass beide Diagnosen gleichwertig nebeneinander stehen. Nur den Depressionen gegenüber fühle ich mich hilflos ausgeliefert, wohingegen sonst die Therapie schon mehr gebracht hat.
Allerdings hoffe ich, dass auch die Depressionen besser werden, wenn mal eine gute und gründliche Traumatherapie stattgefunden hat.

LG, jolanda


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SP2
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Re: Lehrmeinungen und Realität...

Beitrag von SP2 »

Hallo

Bei mir sind es keine speziellen Auslöser, sondern immer die Summe an unterschwelligen Belastungen.

Werden die Sorgen aufgrund meiner "Generalisierten Angststörung" wieder zuviel, lasse ich in Abgrenzung und Pauseneinhaltung - wie derzeit - wieder zulange nach und mute mir wieder längerfristig viel zu viel zu....

...dann häufen sich die körperlichen Warnsignale und wenn ich dann immer noch nicht fähig bin zu reagieren und die Notbremse zu ziehen, dann rutsche ich in die Depression ab und mein Köroer zieht diese Bremse sozusagen für mich..

Leider bin ich momentan kurz vor diesem Punkt - siehe mein Beitrag Notbremse!!!

Bei mir ist es also immer eine Summe von vielen Faktoren und nie in direkter Auslöser
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"Der Gesunde hat tausend Wünsche. Der Kranke nur einen einzigen: ..wieder gesund zu werden."
mandra
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Re: Lehrmeinungen und Realität...

Beitrag von mandra »

hallo jolanda,

geht es dir denn zwischen diesen beiden episoden gut? hast du schonmal eine traumatherapie gemacht? was ich sehr frustrierend finde ist das die krankenkasse ambulant ja nur bestimmte therapieverfahren unterstützt - es gibt ja vieles zur traumatherapie aber das kann man so ambulant gar nicht machen - es sei denn man zahlt es selber..bei mir ist es so das meine therapie jetzt bald ausläuft wegen stundenkontingent - ich bin aber immer noch sehr krank ...und würde lieber eine ambulante therapie weitermachen und dabei in meinem "normalen" alltag bleiben - stationär ist auch oft eine grosse hilfe - allerdings finde ich das es bei einer ausgeprägten krankheitsgeschichte eher ein tropfen auf dem heissen stein ist ...mit dem vorteil das bei stationären therapien sehr unterschiedliche therapieverfahren angeboten werden...

liebe grüsse, andrea
mandra
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Re: Lehrmeinungen und Realität...

Beitrag von mandra »

hallo goldstück,

hast du denn auch beschwerdefreie zeiten, bzw. gab es zeiten in deinem leben wo es dir besser ging? ich hab deinen beitrag leider noch nicht gelesen...vielleicht frage ich jetzt etwas was du dort schon geschrieben hast...du schreibst ja " wenn deine sorgen aufgrund deiner generalisierten angststörung zu gross werden..." : bedeutet eine generalisierte angststörung nicht das man viele sorgen und ängste hat ? der ursprung dafür aber ganz woanders liegt...ich lese gleich mal in deinem beitrag...

liebe grüsse, andrea
SP2
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Re: Lehrmeinungen und Realität...

Beitrag von SP2 »

Ja Andrea - es gab Zeiten, in denen es mir besser ging!

Das war die Zeit in denen mein Körper durch die Depression noch lahmgelegt war, ich aber auf dem Wege der Besserung und in der Klinik abgeschottet von der Außenwelt, dem Alltag und all den damit verbundenen Problemen war.

Je länger ich wieder im Alltag bin und je stärker meine körperliche Konstitution wird, desto weniger achte ich wieder auf mich und begehe alte Fehler
______________________________

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mandra
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Re: Lehrmeinungen und Realität...

Beitrag von mandra »

hallo goldstück,

das kenne ich auch ganz gut - wieder in die "alten fahrwasser" zu rutschen - von kleinen dingen angefangen..ich denke verhaltensmuster/denkweisen die man sein ganzes leben vorher gelebt hat und die ja auch ihren sinn hatten lassen sich eben nur sehr langsam verändern - ein klinikaufenthalt ist vielleicht der erste impuls und es hilft viele dinge zu erkennen..im alltag das ganze zu leben ist dann die grösste herausforderung..aber man hat jeden tag auf`s neue die chance dinge anders zu gestalten usw..auch wenn es am gestrigen tag nicht funktioniert hat...manchmal hilft es eher bei den kleinen dingen anzufangen...du beschreibst in deinem beitrag ja das schwierige verhältnis deiner stiefkinder zu deinem mann..das ist schon eine sehr schwierige und auch belastende situation...ich kenne eine ähnliche situation bei einer freundin von mir...das schwierigste ist das du wahrscheinlich nicht wirklich das verhalten deiner stiefkinder verändern kannst...oder auch das verhalten deines mannes...die einzige chance für dich ist dich soweit es geht von der situation innerlich abzugrenzen...das ist natürlich leichter gesagt als getan...wie alt sind denn deine stiefkinder??

liebe grüsse, andrea
jolanda
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Re: Lehrmeinungen und Realität...

Beitrag von jolanda »

Hi!

Zwischen den depressiven Phasen bin ich nicht depressiv...naja das erklärt sich ja von selbst allerdings habe ich ja auch noch eine Borderline Störung, von daher habe ich eigentlich immer gewisse Probleme und schlechte tage, die aber anders sind, als in der Depression. In der Depression sind die Borderline Symptome weg, kommen danach aber wieder stärker zum tragen.

Mit der Therapie ist es bei mir etwas kompliziert. Zunächst war ich, als ich mich zum ersten mal in Behandlung begab, 5 Monate stationär.Danach immer wieder mal kurze Kriseninterventionen, die ich mittlerweile aber nur noch sehr selten brauche.Zu Spitzen der Depression, oder sollte ich sagen am Tiefpunkt, bin ich dann oft stationär für 2-5 Wochen.
Therapie habe ich ambulant natürlich gemacht. Die erste war aber bei einem Therapeuten, der nicht richtig für mich war, aber das habe ich zu spät erkannt und damit war dann erstmal das Stundenkontigent verbraucht- verschwendet würde ich heute sagen. Dann habe ich eine sehr gute Therapeutin gefunden, die tiefenpsychologische Therapie macht und eben auch Traumatherapie.Da habe ich erstmal privat bezahlt und nun wollten wir einen Antrag stellen. Sei hat dann sehr plötzlich und unvermittelt, gerade als wir so an die schwierigeren Themen kamen, die Therapie abgebrochen aus Gründen die allein bei ihr(privat) lagen. Das hat mich total zurückgeworfen, ja der Abbruch war in diesem Moment auch sehr traumatisch (retraumatisierend ) für mich. Das hat mich in eine schwere Krise geworfen aufrund derer ich erstmal dreieinhalb Monate in der Klinik war.In dieser Zeit habe ich mir dann auch eine neue Therapeutin gesucht. Nun haben wir auch einen Kassenantrag durch. Aber sofort in die Traumatherapie einsteigen kann ich dort natürlich nicht, erstmal muss Vertrauen aufgebaut werden.So bin ich nun seit 5 Jahren dabei endlich eine entsprechende Therapie zu suchen und auch zu finden. Allerdings kann ich nicht sagen, dass alles bisher nichts gebracht hat. Ich komme mit den alltäglichen Krisen besser zurecht und kann mich auch alleine meistens einigermaßen stabilisieren.Das ist ja auch etwas wert. Nur alles,was ich bisher gelernt habe hilft irgendwie nicht gegen die Depressionen. Warum weiß ich nicht. Ich versuche eigentlich immer,da sehr aktive dagegen an zu gehen und es greift einfach nicht. Am schnellsten geht es dann tatsächlich nur vorbei, wenn ich stationär gehe.

LG, jolanda


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danni64
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Re: Lehrmeinungen und Realität...

Beitrag von danni64 »

Hallo Andrea,

ja,ich war in den Jahren Beschwerdefrei,auch wenn man mal so Phasen hat,wo man traurig ist oder auch mal antriebslos. Aber es war eben im normalen Bereich.

Ich muss auch sagen,dass ich schon immer ein sehr nachdenklicher Mensch war und schon als Kind schwere Probleme hatte,die man früher aber nicht sah. Ich war mit 12 Jahren in einer psychiatrischen Klinik und war da immer die Schlechte und meine Mutter die Gute,sie konnte sich eben gut verkaufen. Heute sehe ich vieles anders und wenn man mir damals schon geholfen hätte,wäre mein Leben wohl einfacher verlaufen. Heute läuft Gott sei Dank vieles anders und den Kindern und Jugendlichen wird mehr geholfen.

Ich denke,dass ich schon als Kind unter Depressionen litt und an Magersucht,was man aber nicht erkannte. Naja,es ist ja auch 30 Jahre her und die Menschen haben viel dazu gelernt.
Irgendwie habe ich auch das Glück,dass ich Probleme magisch anziehe,eben das Wort "Pech" auf der Stirn.

Und damit setzt man sich selber auch sehr unter Zwang,ich will alles besser machen,als es meine Mutter oder Eltern gemacht haben. Meine Kinder sollen glückliche Kinder sein,was mir im Moment nicht so gelingt ,aber ich kann es bestimmt wieder gut machen,wenn ich wieder gesund bin. Auf jeden Fall habe ich mir viel Hilfe in letzter Zeit geholt,um hier was zu verändern und auch durchsetzen kann,was ich brauche und möchte.

Ich bin in den acht Jahren einmal nervlich zusammen gebrochen,was aber schnell behandelbar war.

Leider ist es heute so,dass ich noch nicht einmal mehr weinen kann und das belastet mich sehr. Zudem immer alles erklären zu müssen,da draussen in der Aussenwelt. Hatte heute noch ein sehr ernstes Gespräch im Kiga,denn nicht alle Leute können mit Depressionen was anfangen. Ich habe das Gefühl,mich immer rechtfertigen zu müssen,warum ich was nicht mache oder nicht kann.

Nun hoffe ich,dass ich schnell in eine gute Rehaklinik kann,um wieder eine gesunde und lustige Mama zu sein. Meine Kinder sind mir nun mal sehr wichtig und um ihnen gerecht zu werden,muss ich eben wieder gesund werden und das in den Vordergrund stellen.Naja,aber viele Menschen verstehen das nicht und es immer zu erklären macht einfach auch sehr müde und kostet Kraft.Aber ich habe ein wenig Hilfe an meiner Seite,wo ich mich mal ausruhen kann und andere machen lasse. Auch wenn es einigen Leuten nicht gefällt. Es ist nun mal nicht leicht nur an sich zu denken,wenn man kleine Kinder hat.

Man leidet schon genug mit dieser Krankheit,denn man versteht ja selber nicht,was in einem vorgeht.
Und das Schlimmste für mich ist,dass sie so unberechenbar ist.

Wichtig ist für mich,dass ich die Hoffnung auf Besserung nicht aufgebe. Wenigstens das ist mir geblieben,die Hoffnung .

LG Danni !!!


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mandra
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Re: Lehrmeinungen und Realität...

Beitrag von mandra »

hallo jolanda,

merkwürdig das die therapie keinen einfluss auf deine depressiven phasen hat - aber das phänomen kenne ich auch irgendwie..ich habe zwar seit 4 jahren keinen tag der beschwerdefrei ist aber schon tage die wesentlich erträglicher sind und dann wiederum tage die sehr heftig sind - in den heftigen zeiten hab ich auch den eindruck ich kann mich auf den kopf stellen aber nichts verändert diesen zustand - das ist dann immer richtig schwer damit umzugehen...eine sache allerdings kann zumindestens ein ganz klein wenig helfen: bewegung...bewegung ist das einzige wo ich eine direkte positive wirkung spüre - wenn auch manchmal nur kurz..die schwierigkeit ist sich aufzuraffen an tagen wo es einem sehr schlecht geht und man das gefühl hat das man sich gar nicht mehr auf den beinen halten kann..
was hilft dir dann wenn du in solchen momenten in die stationäre therapie gehst? medikamtöse einstellung?

hallo daniela,

das geht mir sehr nahe was du schreibst...
-". Ich war mit 12 Jahren in einer psychiatrischen Klinik und war da immer die Schlechte und meine Mutter die Gute,sie konnte sich eben gut verkaufen."
das ist sehr heftig - du bist ja fast noch ein kind gewesen und egal wie deine mutter sich "verkauft" eine klinik in der du bist müsste dich unterstützen...
das macht mich richtig wütend..
ich spüre in deinen worten schon sehr den inneren druck dem du dich aussetzt schnell wieder gesund zu werden für deine kinder und "besser" zu werden wie deine eltern...
du hast mit sicherheit sehr viel belastendes in deinem leben erlebt und aushalten müssen und es ist ganz wichtig dich nicht innerlich zu bestrafen dafür das du dadurch krank geworden bist - sondern immer sehr liebevoll mit dir umzugehen...auch das werden deine kinder spüren - egal ob du noch krank oder gesund bist...
mit dem rechtfertigen für das krank sein kenne ich auch nur zu gut - ich denke oft mit jeder anderen krankheit ist es leichter in der aussenwelt zu bestehen - da braucht man nicht so viele rechtfertigungen..ich hoffe einfach das mit der zeit eine grössere aufklärung der öffentlichkeit stattfindet und wahrscheinlich wird sich einiges ändern durch den bitteren umstand das immer mehr menschen unter depressionen leiden und andere noch viel stärker mit dieser krankheit konfrontiert werden...
zu dem "nicht weinen können" ist mir noch eingefallen: vielleicht gibt es ja einen anderen weg deine traurigkeit oder deine nicht geweinten tränen erstmal auszudrücken:
z.b. durch malen, tanzen, musik machen, schreiben usw. - sich eine kleinen zeitraum am tage zu schaffen - eine zeit für die nicht geweinten tränen...ich weiss nicht ob das ein wenig komisch klingt...

liebe grüsse, andrea
danni64
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Re: Lehrmeinungen und Realität...

Beitrag von danni64 »

Hallo Andrea,

ja die Erfahrung in der Klinik damals war bitter. Ich litt unter Essstörungen,aber das jetzt hier zu erzählen,wäre zu lang.

Ich weiss noch,wie ich in der Klinik mit 12 Jahren Studenten erzählen sollte,wie ich was und warum mache. Beim ersten Mal machte ich mit,aber beim zweiten Mal weigerte ich mich,ich wollte das nicht erzählen.
Tja,kurz danach wurde ich entlassen mit der Begründung,ich würde nicht mitarbeiten . Ich würde mich weigern ,ich habe sonst mitgemacht,aber ich wollte nicht wieder so jungen Studenten da von meinem Leben erzählen,das verweigerte ich. Ich wusste ja selber nicht,warum ich einige Dinge tat.Heute weiss ich vieles mehr.

Das ist auch ein Grund,warum ich so schlimme Angst habe,in eine Klinik zu müssen ! Irgendwie sitzt das heute noch.

Heute war ein Herr von sozialpsychiatrischen Dienst da. Er meinte auch,ich solle in eine Klinik gehen,denn ambulant hätte keinen Sinn. Da aber meine Reha voran geht und ich ja nächste Woche schon einen Termin beim Vertrauensarzt habe,warten wir nun die Reha ab oder eher den Antrag und was die RV genehmigt. Er kennt den Vertrauensarzt und sagte mir,der wäre ganz toll,sehr lieb und verständnisvoll. Er sieht da kein Problem,denn der würde alles machen,damit ich die Reha bekomme und auch eine stationäre mit meinen Kindern.Und da ich im Berufleben bin und sie wollen,dass ich schnell wieder arbeiten kann,würde es in meinem Fall bestimmt schnell gehen,denn die zahlen nicht gern .

Und wenn das nicht klappen sollte,soll ich mich melden,weil es in Münster eine Klinik gibt,die nimmt einen mit Kindern auf,die haben einen Kinderhort dabei .
Also,so langsam ist Licht zu sehen am Ende des Tunnels.

Er sagte mir klar und deutlich,mit AD's und nur einmal die Woche Psychotherapie komme ich da nicht raus. Er meinte,man sehe mir sehr deutlich an,dass ich krank bin und soll mir einfach die Ruhe antun. Er sieht es so,dass ich in eine Klinik gehöre,wo ich absolut zur Ruhe komme und man sich mal um mich kümmert und ich mich nicht um andere kümmern muss.

Also,eine schnelle Reha wäre die beste Lösung für mich und die Kinder.

Ich habe ihm gesagt,dass ich nicht beruhigt in eine Klinik gehen kann,wenn ich nicht weiss,dass meine Kinder gut versorgt sind,er sieht es nicht anders.

Nun ja,es beruhigt mich,dass der Vertrauensarzt so toll ist und mir da weiter geholfen wird. Im Moment habe ich eine Unterstützung,auch von der Diakonie,das hilft schon ein wenig. Er hat mir abgeraten,das Jugendamt einzuschalten,weil er von dem Jugendamt in unserer Stadt nicht viel hält.

Tja,das mit den nicht geweinten Tränen ist so ein Ding,leider habe ich bis jetzt nichts gefunden,was es ersetzen kann.Das erhoffe ich mir in der Reha,dass ich was finde,was mich auffängt,wenn es mir nicht gut geht. Sport ist es nicht,das ist einfach nicht mein Ding.

Oh man,nun habe ich so viel geschrieben,ich hoffe,ich nerve nicht damit .

Oft tut es einfach schon gut auf Menschen zu treffen,die mir bestätigen,dass ich wirklich krank bin und nicht einfach nur faul bin oder rumjammer.Oft kommt bei nämlich der Gedanke wieder,ich muss vielleicht nur die Pobacken zusammen kneifen und was tun.

Der Herr meinte,ich tue schon mehr,als viele andere machen und das würde natürlich auch immer wieder Kraft kosten und es wäre wichtig,dass ich mich ausruhe,um gesund werden zu können.

Okay,nun aber wirklich genug von mir.

LG Danni , die wohl noch lernen muss,mal andere machen zu lassen !!


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jolanda
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Re: Lehrmeinungen und Realität...

Beitrag von jolanda »

Hallo!

gute und schlechte Tage habe ich zwischendrin auch. Auch extrem schlechte Tage oder mal schlechtere Phasen. Aber das ist irgendwie anders als die echten Depressionen. Schwer zu erklären. Depression ist statisch, alles wie in zähem grauen Schlamm. In den Zeiten dazwischen ist da viel mehr Dynamik drin, nach oben und unten und es wechselt auch schneller.
Momentan rutsche ich aber eher wieder ins depressive ab. Habe Angst, da schon wieder so total rein zu rutschen. Klinik hilft eben die schwerste Zeit heil zu überstehen. An der Medikation wurde jetzt nichts mehr verändert. Damit bin ich außerhalb der Depressionen wesentlich stabiler.
Ja, momentan fühle ich mich wieder so hilflos. Ich fühle es kommen und kann nicht dagegen an. Dabei muss ich durchhalten. Anfang Dezember ist eine Familienfeier und da fahre ich für eine Woche zu meinen Eltern. Das muss einfach klappen. Der Flug ist auch schon gebucht.
Ich glaube eigentlich nicht mehr daran, die Depressionen irgendwann los zu werden, wenngleich immer noch eine kleine Hoffnung (oder eher der Wunsch) da ist, es könne sich noch ändern.
Es steht auch meine Erwerbsfähigkeit auf dem Spiel. Momentan bin ich arbeitslos, das drückt natürlich auch auf die Stimmung. EU-Rente würde ich momentan keinen Cent bekommen. also weiter arbeiten.

LG, jolanda


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Cieloazul
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Re: Lehrmeinungen und Realität...

Beitrag von Cieloazul »

Hallo Mandra

Deine Fragen u. Überlegungen sind mir sehr bekannt.

Zu diesen wichtigen Aspekten habe ich ein Buch von Daniel Hell gelesen "Welchen Sinn macht Depression". Er beleuchtet das depressive Geschehen von der sozialen, biologischen u. psychologischen Seite.

Aus meiner über 10jährigen Depressionskarriere gesehen, denke ich, dass mehr als ein Faktor zur Depression führt.

Das Buch kann ich nur empfehlen. Es ist gut erklärt u. nie im Tonfall herablassend o. demütigend. Das ist für mich auch immer sehr wichtig. Ich mag es nicht, wenn unterschwellig einem "Schuld" zu gewiesen wird.
Herzliche Grüsse

Cieloazul



“Malen ist eine Sprache der Empfindung, die da anhebt, wo der Ausdruck mit Worten aufhört.” Asmus Jakob Carstens (1754-1798, Maler)

dolittle909
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Re: Lehrmeinungen und Realität...

Beitrag von dolittle909 »

Hallo!

Ich fürchte, die "Lehrmeinung" entspricht der Realität, auch wenn es einen wichtigen Aspekt gibt: Depression ist nicht gleich Depression. Es gibt schwere, lange, leichte und kurze Episoden. Es gibt Phasen, da ist es erträglich und andere, da ist es unerträglich, vielleicht sogar lebensbedrohlich.

Die Depression hat viele Gesichter, ist bei Jedem anders und ist jedes Mal anders.

Ich glaube, die Depression wird mich mein ganzes Leben lang begleiten. Ich kämpfe seit zehn Jahren damit und war auch davor bereits depressiv - ohne es so eingeordnet zu haben. Nachdem ich vor zehn Jahren dann den ersten Zusammenbruch hatte, war ich sehr optimistisch, dass es ein einmaliges Ereignis bleibt und zugleich hoffte ich, meinen depressiven Weltschmerz vertreiben zu können. Ich nahm Medikamente und verschliss mehrere Therapeuten.

Das Ergebnis war leider anders: Zwar lebte ich bewusster und genoss stärker die Zeiten, in denen der Depri abwesend war. Aber es gab immer wieder Phasen, die mich an den Rande des Abgrunds brachten, insbesondere bei oder nach belastenden Ereignissen. Trotzdem schaffte ich es, damit zu leben, diese Phasen, die ein- oder zweimal im Jahr ein oder zwei Monate für Tage oder Wochen auftauchten, "einzubauen".

Die letzten vier Jahre wurde es besser, es gab viele graue Tage, manchmal tat alles weh, aber ich empfand dies Phasen nicht mehr als existenzbedrohend. Ich hatte berufliche und private Ziele, die ich erreichen wollte und dafür kämpfte ich.

Als ich Ende letzten Jahres alle Ziele (scheinbar) erreicht hatte, da brach in mir alles zusammen wie noch nie zuvor. Erstmals ging ich in die Klinik, weil ich keinen Halt mehr fand. Dort bin ich seit Mai (seit sechs Wochen teilstationär). Es ist bisher die schlimmste Depression, die ich je hatte und oft kommt mir mein Leben wie ein Weg abwärts vor.

Wenn ich einmal wieder aufgetaucht bin (was ich natürlich hoffe), dann muss ich mich darauf einrichten, dass es weitere Episoden gibt. Prävention ist ein wichtiges Thema. Und ich bin ehrlich gesagt zufrieden, wenn es so oder so ähnlich läuft, wie in den letzten zehn Jahren: Ohne Klinikaufenthalt, ohne Krankschreibung, mit Optimismus, Gelassenheit und punktueller Hilfe durch Ärzte und Therapeuten.

Ich glaube, man kann damit leben und dieses Leben muss kein schlechtes sein. Aber es ist ein anstrengendes Leben, immer an der Angst entlang, immer ein bisschen auf dem Drahtseil.

d.
mandra
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Re: Lehrmeinungen und Realität...

Beitrag von mandra »

hallo nochmal,

ich finde es schön das es doch so viele antworten auf diesen beitrag gegeben hat und vieles berührt mich sehr und ich kann mich in den worten wiederfinden..im moment ist es gerade bei mir wieder schwieriger..es ist wie ein immer währender zyklus nach dem ich schon fast die uhr stellen kann...mindestens 1 woche ist es richtig hart mit einer riesenpalette an symptomen die mich oft an den rand totaler verzweiflung bringen und dann ist es so ob sich der schalter wieder umlegt - und es wird wieder für ca. 2 wochen erträglicher bis hin zu tagen an denen ich fast symptomfrei bin und dann geht das ganze von vorne los..das ist echt zum mäusemelken..ich finde einfach keinen roten faden...

hallo doolitle,

bist du jetzt gerade in stationärer behandlung? kannst du verstehen warum es diesen extremen einbruch bei dir gegeben hat obwohl du selber den eindruck hattest ziele erreicht zu haben und das es bergauf geht?
ich meine aber auch aus deinen worten zu lesen - das du die hoffnung nicht aufgegeben hast..ich wünsche dir auf alle fälle von herzen das du aus diesem tal bald wieder hinauskommmst und es dir besser geht!!!

liebe grüsse, andrea
jolanda
Beiträge: 1147
Registriert: 16. Okt 2003, 10:29

Re: Lehrmeinungen und Realität...

Beitrag von jolanda »

Hallo!

Diejenigen, bei denen es tatsächlich ein einmaliges Ereignis ist, wird man wohl eher selten in einem Forum wie diesem hier finden. Insofern zeigt sich hier wahrscheinlich ein verzerrtes Bild, das sich nicht mit objektiven Studien deckt. Es zeigt aber leider auch, dass es viele Menschen gibt, die über sehr lange Zeiträume hinweg oder sogar lebenslang unter dieser Erkrankung leiden.
für mich sind die letzen Jahre diesbezüglich echt hart gewesen. Die Depressionen kamen zweimal im Jahr für 2-3 Monate. Das heißt, dass mir diese Erkrankung ein drittel bis die Hälfte meines Lebens raubt. Denn als Leben empfinde ich es in einer Depression nicht. Dieses Jahr ist es besonders schlimm. Es gab eine akute Krise, die mich sehr tief hat fallen lassen (bis hin zu meinem ersten und hoffentlich leztem S-Versuch). Da war ich über drei Monate in der Klinik. Und die Zeit davor ging es auch schon nicht gut. Jetzt ist es November und ich weiß nicht,wo das Jahr geblieben ist. Vieles einfach weg. Und genauso geht es mir mit meinem Leben. Ich bin jetzt 36 und weiß nicht, wie ich dahin gekommen bin, wo ich jetzt bin, wo die letzen 26 Jahre geblieben sind. Und mit Berufstätigkeit ist es auch schlecht. Ich war bisher in meinem Leben gerade mal ein halbes Jahr finanziell unabhängig. Im Studium von Bafög und Eltern, dann von meinem Mann. Da komme ich nicht auf einen grünen Zweig. Zuletzt hatte ich einen Teilzeitjob, war aber eher überfordert und bin nun nach einer betriebsbedingten Kündigung arbeitslos. Naja, und ich traue es mir kaum zu, überhaupt wieder zu arbeiten, wenn ich denn etwas finden würde.

Ich finde diese Studien immer eher frustrierend. Da list man von guten Heilungschancen, von einmaligen Episoden und und und...aber man selbst gehört eben nicht dazu.

Ich hoffe, dass die Therapie etwas bewirkt aber auf Heilung hoffe ich nicht mehr. Vielleicht kann ich einen besseren Umgang damit lernen und so zurecht kommen, dass ich nicht ein bis zweimal im Jahr in der Psychiatrie lande.

LG, jolanda


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Feedom's just another word for nothing left to lose (Janis Joplin)
dolittle909
Beiträge: 296
Registriert: 14. Sep 2008, 18:00

Re: Lehrmeinungen und Realität...

Beitrag von dolittle909 »

@mandra:

Hallo Andrea!

Ja, ich bin immer noch in stationärer Behandlung (seit sechs Wochen in der Tagesklinik) und kann nicht arbeiten.

Für meinen großen Zusammenbruch sehe ich zwei Gründe:

Erstens hatte ich beruflich erreicht, was ich immer erreichen wollte. Und war enttäuscht. Ich dachte, ich fühle mich toll, habe meinen Platz nach jahrelanger Wanderschaft gefunden. Aber alles schien plötzlich leer und hohl, die Sicherheit, der Titel, der Status, das Geld, das "wichtig sein". Und nun gab es kein Ziel, keine Illusion mehr, für die es sich zu kämpfen lohnte.

Zweitens hatte ich vor zwei Jahren nach vielen frustrierenden und deprimierenden Beziehungen endlich eine Frau gefunden, die mich bedingungslos liebte, bei der ich mir sicher war, dass sie mich nicht verlassen würde. Aber sie war auch leicht depressiv und instabil. Ich dachte, ich müsse sie genauso bedingungslos lieben. Und konnte es nicht. Ich setzte mich unter Druck, wollte helfen, erfüllte Pflichten, hatte immer weniger Freude. Als ich Ende letzten Jahres die berufliche Sicherheit hatte (s.o.) und zu zweifeln begann, da blickte ich auf mein Privatleben, weil eine gemeinsame Wohnung im Raum stand. Den Gedanken, wie die Zukunft aussehen könnte, hatte ich immer verdrängt, solange ich nicht wusste, wie es beruflich weiterging. Und nun sah ich plötzlich keine Zukunft mit ihr. Der Gedanke an Heirat und Kinder machte mir Angst. Ich hatte kein wirkliches Vertrauen in ihre Fähigkeiten, obwohl ich sie sehr gern hatte. Aber ohne sie zu leben, das konnte ich mir auch nicht vorstellen. Schließlich trennte ich mich, weil ich die Zerrissenheit nicht mehr aushielt. Doch statt Erleichterung sah ich nun überhaupt keine Zukunft mehr, auch nicht für mich alleine.

Für mich sieht es so aus, als ob ich den Sinn des Lebens verloren haben: Den Glauben an die Arbeit und den Glauben an die Liebe. Auf der Jagd nach beidem hatte ich mich nicht um den Glauben an mich selbst gekümmert. Als sich Beides als Illusion erwies, da stand ich nackt, hilflos und klein da, wie das Kind, das von Mama verlassen worden ist.

Es ist also viel zusammengekommen, hat sich kumuliert. Aber ich weiß auch nicht, wie ich es hätte vermeiden können. Das kommt dann auch noch hinzu.

Harald
BeAk

Re: Lehrmeinungen und Realität...

Beitrag von BeAk »

Hallo zusammen,

ich denke, es ist schon ein Unterschied ob man nur eine depressive Episode hat, oder eine Dysthymie (chronische Depression) und vielleicht noch zusätzlich eine Persönlichkeitsstörung.

Durch das veränderte Denken/Verhalten des PSlers wird die Depression gefördert.
mandra
Beiträge: 40
Registriert: 14. Apr 2008, 10:39

Re: Lehrmeinungen und Realität...

Beitrag von mandra »

hallo nochmal,

ja das stimmt das sich hier mit sicherheit nicht die menschen finden für die die depression ein einmaliges ereignis bleibt. die frage die sich mir immer noch stellt ist die: was ist in den beschwerdefreien zeiten? es gibt sie ja auch - irgendwie kennt sie jeder ob für ein paar stunden, tage , monate oder jahre? warum befindet sich der körper und die psyche in diesen zeiten nicht in einer depression???
bei dir jolanda scheint es ja auch ähnlich zyklisch zu verlaufen wie bei mir - nur das die abstände grösser sind und ich keine langen zeitabstände ohne symptome kenne - höchstens stundenweise...
ich kann es sehr gut nachvollziehen wenn du sagst: du glaubst nicht mehr an eine vollständige heilung - das geht mir nach der ewig langen zeit mittlerweile genauso und es macht mir auch angst...ein klein wenig gibt es immer noch so etwas wie hoffnungsfäden...

@ harald

auf irgendeine weise kommt mir das was du sagst auch bekannt vor: mein therapeut hat die letzten jahre immer wieder darauf hingearbeitet das ich wieder berufstätig werde ..mit der aussage wenn sie erstmal wieder komplett unabhängig sind und voll berufstätig usw. bin ich auch wieder gesund...im vergleich zu den zeiten vor 2 jahren mache ich schon wieder sehr viel mehr - obwohl ich meilen entfernt bin von einer vollen berufstätigkeit..aber um so mehr ich an diesem punkt geschafft habe um so depressiver habe ich mich gefühlt..immer diese gefühl: macht doch überhaupt keinen sinn was ich tue...die leere ist dadurch eigentlich noch grösser geworden...ich denke nicht das sich die depression durch solche "oberflächlichen" ziele lösen lässt - natürlich hilft es struktur im leben zu haben und auch aufgaben...aber das grundproblem bleibt...
machst du eigenlich eine begleitende therapie?

liebe grüsse, andrea
flora80
Beiträge: 3620
Registriert: 24. Mär 2003, 18:48

Re: Lehrmeinungen und Realität...

Beitrag von flora80 »

Hallo Andrea,

Du schreibst:
aber um so mehr ich an diesem punkt geschafft habe um so depressiver habe ich mich gefühlt..immer diese gefühl: macht doch überhaupt keinen sinn was ich tue...die leere ist dadurch eigentlich noch grösser geworden...ich denke nicht das sich die depression durch solche "oberflächlichen" ziele lösen lässt - natürlich hilft es struktur im leben zu haben und auch aufgaben...aber das grundproblem bleibt...


Welches ist denn genau das Grundproblem? - Bei mir waren es mehrere und es war tatsächlich so, dass die erst einmal in Angriff genommen werden mussten, bevor ich Struktur und Arbeit als hilfreich erleben konnte.Was Therapie angeht, so ist es sicherlich absolut individuell und Biographie bedingt, was man als hilfreich erlebt und was nicht. Der eher verhaltenstherapeutisch orientierte Ansatz, dass Struktur schaffen gegen Depressionen hilft, ist sicherlich in vielen Fällen gut und berechtigt. Ich selbst habe mich dadurch aber auch eher immer mehr als Versagerin gefühlt, was die Depression weiter aufrecht erhalten hat, statt sie zu bekämpfen.
Mir war irgendwann klar, dass ich eine tiefenpsychologische Therapie brauche, um mich erst einmal ausreichend wahrgenommen unf angenommen fühlen zu können. Das war für mich ganz persönlich erst einmal viel wichtiger, als mich an irgendwelche Strukturen halten zu "müssen", weil ich das zu dem Zeitpunkt, zu dem ich VT gemacht habe, noch gar nicht können konnte und so natürlich keinerlei Erfolgserlebnisse hatte. Das hat mich mehr als frustriert und ich hatte große Angst davor, niemals einigermaßen Depressionsfrei leben zu können. Ich habe nun nach vier Jahren VT seit 1,5 Jahren eine TP gemacht und jetzt beginne ich immer mehr, die durch die Arbeit vorgegebenen Strukturen auch als hilfreich erleben zu können. Das klappt nicht immer, aber ich fühle mich allgemein tatsächlich etwas wohler, seit ich regelmäßig arbeite, auch wenn jetzt ganz andere Stressfaktoren da sind, mit denen ich nun neu umgehen lernen muss.

Ich finde es ganz wichtig, die aktuelle Situation, in der man sich befindet, ganz genau anzusehen und herauszufinden, was in dem Moment für sich selbst hilfreich ist. Nicht, was laut Therapeutenlehrbuch hilfreich ist. Mein Verhaltenstherapeut hat auch immer wieder versucht, mich mit Tagesplänen, etc. zu unterstützen, aber das habe ich gar nicht als hilfreich erlebt, auch wenn ich mich wirklich sehr bemüht habe, gut mitzuarbeiten. Dennoch beharren viele dann darauf und das führt dann dazu, dass man eigentlich immer weiter in die Depression rutscht, statt aus ihr heraus. Was für Patientin a erfolgreich ist, muss für Patientin b nicht zwangsläufig auch funktionieren. Versuche, eine Therapie zu finden, in der du dich ganz individuell angenommen und ernst genommen fühlst. Mein "Durchbruch" im Kampf gegen die Depression war meine aktuelle Therapeutin, die sich extrem flexibel auf mich einstellen kann und mit mir gemeinsam eine individuelle Lösung sucht und die ein super Gespür dafür hat, was ich als hilfreich erleben könnte.
Mir geht es nicht immer super, aber ich bin sehr viel stabiler und kann ganz "normal" arbeiten gehen, meinen Haushalt halbwegs regeln und mein Leben auch mit schönen Momenten gestalten. Das war mir noch vor zwei jahren kaum möglich.
Was ich sagen will: Versuche, dich von Lehrbuchmeinungen unabhängig zu machen. Du hast nichts davon, wenn du die komplette Literatur zum Thema kennst, wenn du dennoch nicht deinen individuellen Weg finden kannst. Es ist natürlich wichtig, die eigene Krankheit zu kennen und ich verstehe den Impuls, immer mehr wissen zu wollen, weil man einen Strohhalm sucht, der einen vielleicht aus dem Sumpf ziehen kann. Aber höre auf dich selbst und sag selbstbewusst, wenn du glaubst, dass etwas nicht hilft und dass du etwas anderes brauchst.

So ist meine Erfahrung mit der Depression und ich hatte depressive Episoden seit meinem 11. Lebensjahr.

Jetzt bin ich 28 und es geht mir seit ca. acht Monaten bedeutend besser.

Sicherlich ist das für jeden anders, aber vielleicht kannst du mit dem, was ich dir geschrieben habe, etwas anfangen.

Lieber Gruß, Flora
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