Akzeptanzprobleme sind wieder da

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Kinaputt
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Akzeptanzprobleme sind wieder da

Beitrag von Kinaputt »

Hallo,
ich habe seit über 2 Jahren eine Depression und wurde sowohl mit Medikamenten als auch mit einer Psychotherapie behandelt. Die Therapie ist seit ein paar Monaten vorbei und sie hat mir auch wirklich geholfen. Die Medikamente, im Moment Fluoxetin und Trimipramin, helfen auch gut. Dennoch kam es letztens zu dem schwersten Rückfall seit über einem halben Jahr. Den habe ich inzwischen auch wieder halbwegs verkraftet, aber es fällt mir schwer, wieder zu akzeptieren, dass die Depression ein Teil meines Lebens ist. Wie macht ihr das? Kennt ihr das? Ich beginne immer wieder aufs neue zu zweifeln, ob ich nicht einfach nur zu faul, zu schwach, zu doof bin. Ich weiß ja, dass das nicht so ist. Aber es gibt immer diesen Unterschied zwischen Wissen und Fühlen. Ich kann auch verstehen, dass ich die Dinge, die ich in der Psychotherapie gelernt habe, nicht immer sofort umsetzen kann bzw. Zeit brauche, um meine alten Verhaltensmuster komplett zu ändern. Es fällt mir trotzdem schwer. Da lebe ich schon so verhältnismäßig lange damit und habe eine gute medizinische Versorgung bekommen. Ich habe keine Ablehnung erfahren und wurde nur unterstützt. Und trotzdem gibt es Tage wie heute, wo alles nur grau ist. Natürlich ist das nichts im Vergleich zu dem, wie es mir vor 2 Jahren ging. Aber es ist immer noch weit entfernt vom normalen. Wobei ich gar nicht weiß, was eigentlich noch normal ist.
Jedenfalls würde ich mich freuen, wenn ihr schreibt, wie es euch mit der Akzeptanz der Depression als Krankheit geht.
LG Friederike
Ina80
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Re: Akzeptanzprobleme sind wieder da

Beitrag von Ina80 »

Liebe Friederike,

ich habe auch sehr lange gebraucht, bis ich die Depression bei mir als Krankheit akzeptiert habe. Leider hat das auch den Beginn einer Therapie sehr verzögert und nachdem ich 2 Jahre bereits unter Depressionen litt, habe ich erst mit einer Therapie begonnen, wo ich auch noch mitten drinnen stecke.

Mittlerweile habe ich die Depresion bei mir als Krankheit akzeptiert und lerne langsam, mit ihr zu leben. Grade stecke ich wieder mal in einer depressiven Phase, aber es ist schon anders, als die Phasen, die ich vorher hatte. Ich akzeptiere jetzt diese depressive Episode und gehe mit ihr schon anders um, als zuvor. Ich glaube das hilft mir auch, nicht mehr so sehr abzustürzen.Ich warte einfach darauf, dass die depressive Episode vorbei geht, weil ich weiß, dass sie vergehen wird. Ich glaube, das hat mir schon ein kleines Stück weit geholfen.

Vielleicht geht es einfach, wenn Du die Depression als Teil von Dir akzeptierst und anerkennst. Ich gebe zu, das ist nicht immer einfach. Ich betrachte meine Depression immer so als eine Art "Besuch", der auch wieder verschwindet. Und vielleicht versuchst Du, Deine Aktivitäten, bei denen Du Dich mehr konzentrieren musst, während dieser Phasen herunter zu fahren oder ganz sein zu lassen, wenn das irgendwie geht. Dann hast Du nicht so schnell das Gefühl, dass Du etwas nicht schaffst oder ähnliches.

Dieses nur so als Tipps oder Dinge, die ich bis jetzt so gelernt habe. Aber sooo viel Erfahrung, wie manch anderer hier, habe ich noch nicht. Aber ich hoffe, ich konnte Dir mit diesem kleinen Bisschen schon etwas weiter helfen.

Viele liebe Grüße
Ina
Bedenke: Ein Stück Deines Weges liegt hinter Dir, ein weiteres vor Dir. Wenn Du verweilst, dann nur, um Dich auszuruhen, nicht aber, um aufzugeben. (Augustinus)
horse4me
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Re: Akzeptanzprobleme sind wieder da

Beitrag von horse4me »

Hallo Ina,

"darauf warten, dass die depressive Episode vorübergeht" - das kann ich nicht nachvollziehen. Wie soll das gehen? Irgendwas muss sich doch ändern (man sich selbst oder etwas in der Umgebung), damit es besser wird. Das lässt sich doch nicht aussitzen?
Alles was du bist, alles was du willst, alles was du sollst, geht von dir selber aus. (J.H.Pestalozzi)
Ina80
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Re: Akzeptanzprobleme sind wieder da

Beitrag von Ina80 »

Hallo Catty,

hm, stimmt eigentlich, so genau habe ich irgendwie nicht darüber nachgedacht. Aber ehrlich gesagt, ich warte immer nur darauf, dass diese depressive Episode vorüber geht. Weil ich weiß, dass ich, wenn ich da mitten drin stecke, nichts machen kann. Ich muss einfach nur warten, dass es vorbei geht. Tja und jedes Mal darauf hoffen, dass ich es aushalte, zu warten...Aber es fällt durch die Therapie schon leichter. Und ich versuche immer, mich in eine depressiven Episode abzulenken, dann überstehe ich diese besser. Ich sitze natürlich nicht den ganzen Tag da und warte....Was könnte man denn Deiner Meinung nach tun während einer depressiven Phase, ausser zu warten und jeden Morgen zu hoffen, dass sie vorbei ist?
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Kinaputt
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Re: Akzeptanzprobleme sind wieder da

Beitrag von Kinaputt »

Hallo und danke für die Beiträge,
jetzt gerade geht es mir wieder besser und ich kann es wieder positiver sehen. Zu der Frage von Catty mit dem "aussitzen":
Ich habe gelernt, dass ich meine depressiven Phasen schon irgendwie aussitzen muss. Jedenfalls so lange bis ich einen Punkt sehe, an dem ich mich wieder etwas heraus ziehen kann. Also einen kleinen Lichtblick, an dem ich merke, dass ich z.B. doch aufstehen kann oder dass alles nicht ganz so grau ist.
Auf jeden Fall ist es gut zu hören, dass auch andere diese Probleme haben.
LG Friederike
lt.cable
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Re: Akzeptanzprobleme sind wieder da

Beitrag von lt.cable »

Hallo Friederike !

Ich habe erst in diesem Jahr so richtig realisiert, wie sehr sich meine Krankheit auf mein Leben auswirkt und mich einschränkt, doch auch ich kann sie momentan noch nicht akzeptieren. Ich frage mich immer wieder, warum gerade ich in dieser Form betroffen und diesen unerträglichen Einschränkungen unterworfen sein muss.
Die von Dir genannten Zweifel kenne ich nur zu gut und sie durchsetzen ganz aktuell meinen kleinen Rest an Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein. Gute Momente finden eigentlich nur so lange statt, wie ich erfolgreich ausblende, dass ich in meinem Leben überhaupt noch irgendwas schaffen, also Leistungshürden überspringen muss. An einen Nebenjob, den Du ja immerhin schaffst, wage ich momentan noch gar nicht zu denken, auch wenn mir im Vergleich zu früheren Zeiten das Geld in der Tasche furchtbar fehlt.

Es grüßt
lt.cable
Ein Nilpferd wollte zum Ballett
als schönster aller Schwäne.
Nur war es fürs Ballett zu fett.
So scheitern viele Pläne.
- Charles Lewinsky
horse4me
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Re: Akzeptanzprobleme sind wieder da

Beitrag von horse4me »

Hallo Ihr Lieben,
mich hat's auch wieder mehr oder weniger erwischt. Nicht so schlimm, dass ich gar nix mehr tun könnte, aber doch gehemmt. In so einer Phase ist mir persönlich zum Platzen, weil ich weiß, dass es so nicht mehr weiter geht, dass sich was ändern muss (ich mich wahrsch., lol) und ich aber irgendwie nicht fähig bin, nicht weiß, wie ich alles ändern kann. Und dabei ist es nur 5 Wochen her, wo ich einmal kurz das Gefühl hatte, ich könnte alles, was ich wollte, wovor hab ich bloß Angst.... natürlich folgen Vorwürfe und das tolle Gefühl der Unzulänglichkeit....
Kurzum: ich fühle mich aggressiv-gehemmt, (noch) nicht vollends gelähmt.... ist aber genauso besch...
Friederike hat schon irgendwie Recht: wenns einem wieder besser geht, kann man auch selber mitarbeiten, da wieder rauszukommen. Nur: ich überlege ständig, ob es (mein Zustand) für eine Therapie reicht, zurzeit bin ich ohne Medi und ohne Thera.... und ich komme mir einfach nur noch blöde vor....
Alles was du bist, alles was du willst, alles was du sollst, geht von dir selber aus. (J.H.Pestalozzi)
horse4me
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Re: Akzeptanzprobleme sind wieder da

Beitrag von horse4me »

Akzeptanz der Depression als Krankheit -

Um nicht nur das eigentliche Thema zu verfehlen, schreibe ich meine Meinung hierzu:
ich habe die Depression zwar in meiner letzten akuten Phase als Krankheit mehr oder weniger aktzeptiert und mich geschont. Doch jetzt will ich's nicht wahrhaben, dass ich dafür anfällig und nicht belastbar bin.
Ich will es nicht wahrhaben, dass ich Depressionen habe (noch dazu weil ich sie "nur" wegen häusl. Probleme habe mit Kindern, Schwiegereltern, Ehemann. Kein Suchtproblem, auch noch nie dagewesen, vielleicht spielen noch zu wenig Zuwendung seitens der Eltern und Einsamkeit/keine Freunde in der Schulzeit, mobbing in der Schule eine Rolle mit hinein....).
Je länger die Depression anhält, umso schwieriger ist es, sie zu akzeptieren, man möchte das Ganze möglichst schnell wieder lossein. Akzeptieren ist nicht einfach, vor allem, wenn wir die Vorurteile der Gesellschaft und die Gleichgültigkeit mit (hilflosen?) Angehörigen mit in uns tragen...
Vielleicht kann ichs besser akzeptieren, wenn eines Tages die Gesellschaft Depressive nicht nur als Spinner, Durchgeknallte oder labile Mimöschen abtut... wenn ich nicht mehr das Gefühl habe, mitleidig-lauernd beäugt zu werden ("die hat Depressionen") etc. und wenn mehr Verständnis für mich aufkäme.
Alles was du bist, alles was du willst, alles was du sollst, geht von dir selber aus. (J.H.Pestalozzi)
sb2301
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Re: Akzeptanzprobleme sind wieder da

Beitrag von sb2301 »

Hallo Catty,ich denke, du solltest dir Hilfe holen.Alles, was du schreibst, scheint mehr als ausreichend für eine Therapie/einen/r Psychologen/in zu sein. Ich habe leider viel zu lange gewartet und bereue es zutiefst - dadurch scheint die depressive Zeit unendlich zu sein. Was lange zu meinem Leben gehörte (auch wenn ich nicht wusste, dass es Depressionen sind) will sich nun nicht einfach so verabschieden! Liebe GrüßeSchattendasein
sb2301
Beiträge: 6
Registriert: 22. Sep 2008, 19:46

Re: Akzeptanzprobleme sind wieder da

Beitrag von sb2301 »

Hallo Friederieke,ich finde es, obwohl ich schon seit Jahren unter Depressionen leide, total schwer, meine Krankheit zu akzeptieren. Besonders bei Rückfällen laste ich es mir und nicht der Krankheit an, dass ich so lahm-gelegt bin. Nun bin ich seit 4 Wochen nicht mehr arbeitsfähig und gehe auf die Frührente zu und dies war ein sehr langer, schmerzhafter Prozess. Ich habe alles, wirklich alles versucht, arbeiten zu können, aber es geht nicht mehr. Das passt so gar nicht in mein Selbstbild, in meine Leistungsansprüche (die mich ja u.a. haben krank werden lassen). Aber ich habe jetzt Zeit, bei Rückfällen zu gucken, was denn der Auslöser gewesen sein könnte. Wenn ich die betreffende Situation oder die Gründe erkannt habe, geht es mir besser, da ich mich dann besser verstehe. Mit der Zeit entwickel ich auch mehr Übung, ich überdenke, was in der Zeit vor dem Rückfall war und bin mir dann auch immer ziemlich sicher, welche Situationen mich zurückgeworfen haben. Übrigens sind es häufig Situationen, in denen ich erkennen muss, dass ich nicht mehr so leistungsfähig, so aktiv und ausdauernd bin, wie ich es früher einmal war und das ich mich sehr verändert habe. Das passiert besonders dann, wenn ich mit aktiven und leistungsfähigen Menschen zusammen bin.
Aber mir wird dann bewusst, dass ich krank bin und dass es nicht mein eigener Mangel ist.
Das allein verändert manchmal schon ein bisschen meine Stimmung und hilft mir.
Grüße
Schattendasein
Sharon
Beiträge: 62
Registriert: 1. Okt 2008, 18:02

Re: Akzeptanzprobleme sind wieder da

Beitrag von Sharon »

Ich kenne deine Gedanken nur zu gut. Ich habe viele viele Jahre gebraucht, zu akzeptieren, dass ich an einer sog. Depression erkrankt bin, die ja viele Ausprägungen haben kann. Die meisten die ich kenne haben damit eben sehr sehr lange zu tun. Es mag Zeiträume geben, wo es mal sehr gut geht, vielleicht auch ohne Medis, aber sicher sein kann man sich nicht.
Bellasus
Beiträge: 1628
Registriert: 10. Jun 2004, 21:41

Re: Akzeptanzprobleme sind wieder da

Beitrag von Bellasus »

Hallo,

auch wenn es für den/die Einzelnen dadurch nicht leichter wird, wenn es anderen auch so geht - mir tut es auch ganz gut, von anderen zu hören, denen es ähnlich geht. so spricht mich dein Thread, Friederike, gerade sehr an.

Ich bin schon seit ewigen Zeiten depressiv, habe es nur nciht gewußt.Seit über 4,5 Jahren habe ich die Diagnose. Seitdem habe ich fast ununterbrochen daran gearbeitet, mit der Krankheit zurechtzukommen. Trotzdem sind genau die von euch beschriebenen Zweifel und Probleme der Akzeptanz immer und immer wieder da.

Im Moment bzw. dieses Jahr dreht sich bei mir alles um wieder arbeitsfähig sein, und sehr schmerzlich erfahre ich, dass dahinter vorerst alles andere zurückstehen muß.

Und ich werde genau das tun, was auch eurer Erfahrung nach helfen kann: Daran glauben, dass es vorbeigeht, und aussitzen. Dass es nicht immer so bleibt, dass schon viel schlimmere Phasen vorbeigegangen sind, habe ich mehrfach erlebt.

"Aussitzen" hört sich erstmal sehr faul und negativ an, aber Aktionismus, um da möglichst schnell rauszukommen, tut meiner Meinung nach gar nicht gut, denn das ist schon wieder Leistungsdruck. Das heißt ja nicht, das mann nicht trotzdem einiges zur Besserung tun kann - bei jedem was anderes, viel Bewegung geht dann bei mir z.B. gar nicht - aber es dauert so lange wie es dauert - einer der bevorzugten Sprüche meiner Thera

Zu Akzeptieren, das ich nach viereinhalb Jahren AU und Reha jetzt seit 4 Monaten wieder arbeite und gleichzeitig nichts anderes schaffe - daran knabbere ich gerade. Aber außer akzeptieren gibt es wohl keine Lösung, also versuche ich es stetig aufs Neue.

Alles Gute euch
Annette




www.depressionsliga.de

- Betroffene für Betroffene -
horse4me
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Registriert: 16. Feb 2007, 15:55

Re: Akzeptanzprobleme sind wieder da

Beitrag von horse4me »

Liebe Schattendasein,
ja, ich denke, ich mache einen Termin bei meinem Neurologen aus bezügl. Therapie, wenn ich mich noch länger drücke, kanns nicht besser werden... der erste und bisher einzigste Therapieblock hat nicht sehr lange geholfen. In manchen Fällen tut reden und erörtern ganz gut, dann kann man auch wieder besser akzeptieren...
Alles was du bist, alles was du willst, alles was du sollst, geht von dir selber aus. (J.H.Pestalozzi)
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