Therapierfolg?

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nollysommy
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Therapierfolg?

Beitrag von nollysommy »

Hallo zusammen........

zunächst einmal möchte ich mich kurz bei euch vorstellen. Ich bin weiblich, 40 Jahre alt und leide seit Jahren unter Depressionen. In den letzten 6 Jahren war ich in einer Psychosomatioschen Klinik und vier Monate in einer Tagesklinik. Seit sieben Jahren gehe ich regelmäßig 14tägig zu einer Psychotherapeutin. Ich habe viel Denkanstöße und Hilfestellungen erfahren. Zur Zeit ist es nur das ich mit den Aufgaben total überfordert bin. Vielleicht kann ich euch meine letzte Aufgabe vorstellen.
Ich habe meiner Therapeutin davon berichtet das Probleme mit meinen Mitmenschen habe. Das ich oftmals negative Gedanken habe, wenn ich jemand anspricht. Meine Aufgabe lautete so:
1. Situation: Wie ist die Situation?
2. Bewertung: Was geht mir durch den Kopf? Welche Gedanken habe ich gerade?
3. Gefühl: wie fühle ich mich gerade.

Nun ja, diese Aufgabe habe ich letzten Monatg bekommen. Was soll ich sagen, es geht mir total schlecht. Zunächst einmal habe ich bemerkt das ich fast alles ausschließlich negativ bewerte und mich dadurch selbstverständlich ziemlich schlecht fühle. Aber was soll ich nun? Meinem Gefühl Vertrauen schenken, was ich all die Jahre immer wieder hörte? Einfach alles positiv bewerten? Situatinonen aus dem Weg gehen?

Wie ihr vielleicht feststellt bin ich sehr vewirrt und ziemlich am Ende mit meinem Latein.

Als ich meinem Mann davon erzählte, meinte er. Ja, das habe ich auch festgestellt - du fühlst dich ziemlich oft angegriffen.

Liegt denn alles an mir? Ich weiß auch nicht.

Was ich nun möchte? Bin ich überfordert? Will ich mich nicht damit auseinander setzten? Was ist nur wieder los mit mir?

Vielleicht könnt ihr mir ein wenig helfen?

Ich wünsche euch einen Tag voller Sonnenschein............
Lee
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Re: Therapierfolg?

Beitrag von Lee »

Grüß dich!

Schade, dass du das ABC erst jetzt kennenlernst. Am Anfang kann das Aufspüren negativer Gedanken schon niederschmettern - aber dann hilft's.

Zum Beispiel:

>>>1. A-uslöser: Wie ist die Situation?

Jemand, der dir wichtig ist, raunzt dich an.

2. B-ewertung: Was geht mir durch den Kopf?
Welche Gedanken habe ich gerade?

Du denkst vielleicht: "Ohje, habe ich ihm was getan?" oder "Er lehnt mich ab" o.ä.

3. C-onsequenz: wie fühle ich mich gerade.

Du fühlst dich schlecht, unsicher ...

Jetzt wird es erst spannend: Es geht nicht darum, in Zukunft alles durch die rosa Brille zu betrachten, sondern deine Gedanken zu überprüfen. Es könnte ja auch sein, dass der Anraunzer überhaupt nicht dir galt. Vielleicht hatte die "Gegenseite" nur einen schlechten Tag. Selbst wenn er tatsächlich dir galt, kannst du vielleicht gar nichts dafür. Und schließlich, was ist an den befürchteten Konsequenzen so schlimm für dich, dass du dich schlecht fühlst? Welche Katastrophe wartet am Ende aller möglichen Und-dann-Fragen? Auf diesem Wege kommst du dir nach und nach sehr gut auf die Schliche und kannst die Depression aufhalten.

Mühsam, aber lohnend.

Alles Gute

Lee
Clown
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Re: Therapierfolg?

Beitrag von Clown »

Hallo Lee und Nollysommy,

zum Punkt C: 'wie fühle ich mich gerade' möchte ich etwas ergänzen, was ich für mich als eigentlich problemlösend erlebe. Ich komme allerdings aus der 'analytischen Körpertherapieecke'.

Für mich ist es wesentlich, die Frage 'wie fühle ich mich gerade' besonders hinsichtlich meines körperlichen Empfindens zu beantworten. Dazu gehört, dass ich die körperlichen Dinge (wie z.B. Druck, Enge, Ziehen, Strömen, Kribbeln, wirbelndes Gefühl, ...) wahrnehme ohne sie werten oder verändern zu wollen. Wahrnehmen und Da-Sein-Lassen.

Das schließt in dem Moment natürlich eine rationale Überprüfung der Gedanken aus, weil ich ja damit beschäftigt bin, hinzuspüren, was in meinem Körper los ist und wo überall sich etwas 'meldet'. Die ist meistens gar nicht mehr nötig oder es stellt sich später fast wie von allein eine andere Sicht auf die Erlebnisse ein, weil durch das bewusste Da-Sein-Lassen eine Art von Durchleben der Gefühle passiert, was in der Regel von allein Veränderung mit sich bringt.

Grüße,
Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
otterchen
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Re: Therapierfolg?

Beitrag von otterchen »

... und noch was zur Bewertung:

wenn man merkt, dass man vieles oft negativ bewertet, kann man dies einmal näher betrachten.

Viele unserer heutigen Bewertungen haben wir aus Erfahrungen (oft schmerzhaft) erlernt.

Es geht also nicht darum, jetzt alles durch die rosarote Brille zu betrachten, sondern aufzudecken, was sich hinter diesem Bewertungsmuster verbirgt.

Oft schleppen wir nämlich noch "unverdaute" Reaktionsweisen aus der Vergangenheit mit uns herum, die mit der aktuellen Situation gar nichts mehr zu tun haben.

Wenn wir also z.B. bei bestimmten Aussagen von bestimmten Personen immer genervt reagieren, können wir zweierlei machen:
zum einen: erkennen, wie uns das an Erlebnisse aus der Vergangenheit erinnert (z.B. wenn wir als Kind das Gefühl hatten, nicht ernst genommen oder bevormundet zu werden)
zum anderen: etwas für uns selbst tun; das Nervenkostüm also stabilisieren. Was tut uns gut, was fehlt uns, was brauchen wir gerade?



Soviel erst einmal in groben Zügen...

mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
nollysommy
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Re: Therapierfolg?

Beitrag von nollysommy »

Hallo Lee,

ABC - ja das ist mir schon einmal in der Psychosomatischen Klinik über den Weg gelaufen. Warum ist es damals eigentlich nicht bei mir angekommen? -Egal, das ist Vergangenheit-

Was du geschrieben hast ist völlig richtig. Mich beschäftigt nicht nur A B C, danach kommen zahlreiche andere Fragen - die wieder gegen mich gerichtet sind. Wie zb. Was mache ich falsch? Ich deute es falsch usw. Ich wünscht ich könnte etwas hören, kuz bewerten - mich gut oder schlecht fühlen und dann weiter. Stunden- nein Tagelang beschäftigen mich Gesten, Sätze, Fragen einfach alles meiner Mitmenschen, und das macht mich wirklich verrückt.

Danke Lee - du hast mir schon etwas weiter geholfen............
nollysommy
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Re: Therapierfolg?

Beitrag von nollysommy »

Hallo Clown,

das ist natürlich auch interessant. Aber wenn ich das Da-Sein-Lassen hinsichtlich meiner Bewertung zulasse wird sich doch nichts ändern, oder?

Körperliche Empfindungen habe ich auch oftmals - ja, ja gehört wohl alles dazu...

Andrea
nollysommy schrieb:
> Hallo zusammen........
>
> zunächst einmal möchte ich mich kurz bei euch vorstellen. Ich bin weiblich, 40 Jahre alt und leide seit Jahren unter Depressionen. In den letzten 6 Jahren war ich in einer Psychosomatioschen Klinik und vier Monate in einer Tagesklinik. Seit sieben Jahren gehe ich regelmäßig 14tägig zu einer Psychotherapeutin. Ich habe viel Denkanstöße und Hilfestellungen erfahren. Zur Zeit ist es nur das ich mit den Aufgaben total überfordert bin. Vielleicht kann ich euch meine letzte Aufgabe vorstellen.
> Ich habe meiner Therapeutin davon berichtet das Probleme mit meinen Mitmenschen habe. Das ich oftmals negative Gedanken habe, wenn ich jemand anspricht. Meine Aufgabe lautete so:
> 1. Situation: Wie ist die Situation?
> 2. Bewertung: Was geht mir durch den Kopf? Welche Gedanken habe ich gerade?
> 3. Gefühl: wie fühle ich mich gerade.
>
> Nun ja, diese Aufgabe habe ich letzten Monatg bekommen. Was soll ich sagen, es geht mir total schlecht. Zunächst einmal habe ich bemerkt das ich fast alles ausschließlich negativ bewerte und mich dadurch selbstverständlich ziemlich schlecht fühle. Aber was soll ich nun? Meinem Gefühl Vertrauen schenken, was ich all die Jahre immer wieder hörte? Einfach alles positiv bewerten? Situatinonen aus dem Weg gehen?
>
> Wie ihr vielleicht feststellt bin ich sehr vewirrt und ziemlich am Ende mit meinem Latein.
>
> Als ich meinem Mann davon erzählte, meinte er. Ja, das habe ich auch festgestellt - du fühlst dich ziemlich oft angegriffen.
>
> Liegt denn alles an mir? Ich weiß auch nicht.
>
> Was ich nun möchte? Bin ich überfordert? Will ich mich nicht damit auseinander setzten? Was ist nur wieder los mit mir?
>
> Vielleicht könnt ihr mir ein wenig helfen?
>
> Ich wünsche euch einen Tag voller Sonnenschein............
Lee
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Re: Therapierfolg?

Beitrag von Lee »

Hallo nochmal!

Nehmen wir mal an, du machtest tatsächlich etwas falsch. Davon abgesehen, dass Fehler nur bedeuten, dass noch etwas fehlt, du also dazulernen könntest:

Kennst du auch das Und-dann-Spiel? Also, du machst etwas falsch. Und dann? Vielleicht antwortest du: "Er wird mir böse sein." Und dann? "Er verlässt mich." Und dann? "Das kann ich nicht aushalten." Und dann? "Mir wird es sehr schlecht gehen." Und dann? Je nachdem, was ganz am Ende steht, wenn wirklich nichts mehr folgt, merkst du vielleicht, dass du einen kleinen Auslöser wie das böse Gesicht eines Freundes mit deiner Vernichtung o.ä. verknüpfst. Die Depression folgt auf dem Fuße. Ich glaube, mehr "will" das ABC gar nicht erreichen. Aber das kann schon ein Leben verändern.

Probier mal aus. Meistens muss man über seine Katastrophen-Verknüpfungen herzlich lachen.

Alles Gute

Lee
nollysommy
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Re: Therapierfolg?

Beitrag von nollysommy »

Hallo Otterchen,

ja so ist es auch. Es gibt viele Reizworte, Gesten usw. die mich total schnell aus der Fassung bringen. Da ich wegen meiner Kindheit traumatisiert bin, habe ich diese negativen Bewertungen in mir. Aber wie kann ich diese stoppen. Ich habe es nun seit letzten Montag getan, ich höre, bewerte -schrecke auf weil mir bewußt wird wie ich es wieder bewerte und frIch mache mich auch wieder klein weil ich es nicht schaffe (ich weiß, wie soll das denn gehen?)Frage mich wie ich das los werden soll. Fühle mich wie fremdgsteuer.........

Alles Liebe
Clown
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Re: Therapierfolg?

Beitrag von Clown »

«das Da-Sein-Lassen hinsichtlich meiner Bewertung»

Gute Frage, Andrea! Doch, ich denke, es kann sich etwas ändern, wenn du nachspürst, was löst deine Bewertung für körperliche Reaktionen bei dir aus. Und die lässt du da sein - das kann ein ziemlich schmerzhafter Prozess sein. Aber wenn du den mal durch hast, dann kann es gut sein, dass du von deinen Bewertungen tunlichst 'die Finger lässt' .

Grüße,
Clown
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Eckhart Tolle
nollysommy
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Re: Therapierfolg?

Beitrag von nollysommy »

Hallo Lee,

ich mußte jetzt schon etwas lächeln - so wie du es beschrieben hast - trifft es genau. Vielleicht kannst du mir helfen - wie kann ich dieses "und dann" unterbrechen? Oder muss ich das gar nicht? Mmh........ es ist wirklich manchmal zum Lachen......
Ich danke dir
nollysommy
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Re: Therapierfolg?

Beitrag von nollysommy »

Hallo Hallo,

also wenn ich spüre das meine Bewertung mir nicht gut tut - ach so - eigentlich fühle ich ja das eine Bewertung mir nicht gut tut - diese schmerzhaften Erfahrungen habe ich ja wohl seit Jahren - warum lass ich es dann nicht einfach?? Ist es so im Groben?
Clown
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Re: Therapierfolg?

Beitrag von Clown »

Hallo Andrea,

«eigentlich fühle ich ja, dass eine Bewertung mir nicht gut tut»

ich empfehle dir, nicht darüber nachzudenken, sondern dich dafür zu entscheiden, das richtig 'volle Kanne' mit allen Konsequenzen (Schmerz, Weinen, ... ) zu spüren, zu erleben. Vielleicht in therapeutischer Begleitung in geborgenem Rahmen? Lass dich einfach überraschen ...

Gruß,
Clown
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Eckhart Tolle
Lee
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Re: Therapierfolg?

Beitrag von Lee »

Hi!

Vielleicht liegt das Problem darin, dass du in depressives Grübeln verfällst. Das ist oft gar kein Und-dann-Spielen, sondern die ewig gleiche Endlos-Denkschleife, die nicht zu Ende gedacht wird. Die kannst du vielleicht mit Techniken unterbrechen, die man Zwänglern empfiehlt. Zum Beispiel Ablenkung oder ein Gummibändchen ums Handgelenk binden, es schmerzhaft aufknallen lassen und dabei Stopp kreischen. Keine Ahnung, ob das auch bei depressivem Grübeln hilft. Ich habe es noch nicht ausprobiert. Oder du versuchst es mit Directed Thinking: bewusst was Anderes, Anspruchsloses denken. Oder was Anspruchsvolles wie das ABC. Das habe ich ausprobiert und es hilft mir.

Beim Und-dann-Spielen ist es wichtig, dass man es nicht unterbricht. Meistens hört man immer an derselben Stelle auf und merkt gar nicht, dass man bewusst noch viel, viel weiter denken könnte. Was dabei herauskommt ist oft ebenso aufschlussreich wie erheiternd. Lebensthemen tauchen auf, Grundängste - aber auch sehr skurile Verknüpfungen.

Viel Erfolg

Lee
12345
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Re: Therapierfolg?

Beitrag von 12345 »

Hallo, das ist ja spannend mit dem ABC, kenne ich noch nicht. Probier ich auch aus!

Ich kenne das auch was Otterchen beschrieben hat, dass ich von vergangenem Müll geleitet werde.

Ich habe das oft wenn ich mich überfordert fühle, mich nicht ernst genommen fühle, ausgeschlossen fühle, mich nicht abgrenzen kann oder sagen kann was ich will, bzw. mich bei wichtigen Punkten z.b. bei der Erziehung nicht durchsetzen kann (so weit bin ich schon), ich merke leider dann auch manchmal zu spät wie ich überhaupt gerade abgehe - ich komme dann komplett anders drauf und kann, wenn es hart kommt auch voll explodieren.Ich frage mich auch nicht mehr was brauche ich, was ist gerade los. Zum Glück ist mir das länger schon nicht mehr passiert (das letzte Mal an Weihnachten bei meinen Verwandten).

Oder ich hab ein ungutes Gefühl und Angst dass was passiert. Ich passe dann total auf, aber manchmal schaffe ich es dann nicht wieder zu mir zu kommen, bis ich ausraste und dann emotional völlig abstürze und mich erst wieder langsam hochrappeln muss.

Ich bin stark daran interessiert den Prozess rechtzeitig unterbrechen zu können.

Also ich hab auch diese Frage was kann ich machen um nicht in diese Falle zu latschen?

Ich bin da auch in meiner Therapie dran, wir gucken uns das dann immer wieder genauer an was hochkommmt, mit Blick in die Vergangenheit, EFT und ich glaube EMDR. Ich glaube deswegen kommt es auch immer seltener bei mir vor.

VlG

Saida
„Es kommt im Leben auf Kleinigkeiten an.“

Johann Heinrich Pestalozzi (1746–1827), Schweizer Pädagoge
nollysommy
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Re: Therapierfolg?

Beitrag von nollysommy »

Hallo Lee,

Gummiband, Gedankenstop, einfach aufstehen.......alles und immer wieder getan. Trotzdem falle ich oft wieder in die Depressionen. Na, ja ich werde nicht aufgeben.

Andrea
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