Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

albert
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Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von albert »

Hallo Fokus,

ich hatte über viele Jahre hinweg ein dumpfes Gefühl der Verunsicherung. Erst nach der Traumatherapie hat sich das geändert. Mir wurde bewusst, dass ich eine Hemmung der Eigeninitiative hatte. Das Ohrfeigenerlebnis stand mir jahrelang vor Augen, gerade weil es mit einem unausgesprochenen Tabu belegt war und ich bringe es mit dieser Hemmung in einen ursächlichen Zusammenhang.

In der Therapie habe ich gelernt, die Sache distanziert anzugehen. Der Seminarleiter sagte uns, wir dürfen nicht in die Situation gehen, dort würden wir retraumatisiert, sondern zur Situation und einen Vertreter hineinschicken, eine Puppe oder einen Roboter. Das ist ähnlich wie bei der Bildschirmtechnik, wo die Betroffenen das Geschehen als Film laufen lassen und nach ihrem Belieben den Film stoppen oder weiter laufen lassen.

So kann ich mich tatsächlich als fernes Objekt sehen. Das Wort „abgespaltet“ ist wohl nicht der treffende Ausdruck, ich benutze das Wort Disssoziation. Es werden Anteile meiner Person bewusst getrennt und ich betrachte sie aus einer gewissen Entfernung. Aber sie sind weiterhin ein Teil von mir. Ich habe ihnen eine andere Stellung und Stellenwert zugewiesen.

Ähnlich ist es mit meinen Helfern in den Traumreisen. Heute habe ich keinen Kontakt mehr zu meiner Therapeutin, aber sie ist als Hilfsgeist in mir präsent und hilft mir in kritischen Situationen, z. B. als ich im LKW über die Autobahn musste und kurz vor einer Panikattacke war oder als ich auf einer alten Malerleiter ohne Sicherung den ganzen Tag zu arbeiten hatte.
Wenn ich stark im Stress bin und in die Traumreise gehe, sehe ich mich auf dem Hausdach stehen; sinnbildlich steht das für meine Absturzgefährdung. Sie kommt dann als Schutzengel und führt mich durch eine Dachluke ins Hausinnere zurück, dorthin wo ich sicher bin.

Die ellenlangen Briefe an meine Therapeutin waren gründlich durchgearbeitet, ich habe oft tagelang darüber gesessen. Eine Therapie per Brief hat den Vorteil, dass ich auf ein Problem voll eingehen kann. Im Gespräch ist manches schnell gesagt. Aber einen Brief kann ich überdenken, ergänzen, auch Teile wieder streichen und so verbessern.

Deine Schilderung der Schulzeit ruft in mir die Assoziation mit dem Wahrnehmungsfenster hervor. Ich hatte als Schüler und teils bis heute manchmal Schwierigkeiten etwas aufzunehmen in den Kopf und ich habe zur Kenntnis genommen, dass mein Wahrnehmungsfenster anders strukturiert ist als bei der Mehrheit der Menschen, auch im zeitlichen Verlauf Veränderungen unterliegt, abhängig von den Zuständen, in denen ich mich befinde.

Ich habe mir jetzt für diesen Beitrag eigens Zeit genommen, gestern war das unmöglich. Es geschieht mir oft, dass ich mehrere Stunden brauche, um mich aus einem Thema wieder zu lösen. Das ist der Nachteil einer Arbeit mit hoher Konzentration.

Die Herkunft aus einfachen ländlichen Verhältnissen mit mehreren Geschwistern, die gegebenen Möglichkeiten und die Erwartungen an den eigenen Nachwuchs mit der Haltung, die sollen es mal besser haben oder die müssen es mal besser haben? Auch das ist mir heute fern. Ich habe wohl weiterhin Kontakt mit meiner Mutter und meinen Schwestern, aber über meine Probleme wird nicht gesprochen. Dafür habe ich andere Kontaktpersonen.

Die Integrationsfachkraft in der Arbeitsagentur möchte ich nicht isoliert sehen. Ich habe zur Verbesserung meiner Situation alle nur möglichen Hebel in Bewegung gesetzt. Ein Erfolg kommt nicht sofort, manchmal braucht es Zeit. Es muss nicht immer ein schon ausgetretener Pfad als Weg sein, manchmal muss erst ein neuer Weg gefunden und gemacht werden. Und die Leute im Jobcenter oder Arbeitsagentur oder zeitweiliger Arbeitgeber sind ein Teil von einem Ganzen. Das sehe ich nicht isoliert, die tauschen sich ja auch aus. Damit rechne ich.

Herzlichen Gruß
Albert
albert
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Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von albert »

Hallo Franziska,

das Absetzen von AD verursacht Absetzschwierigkeiten. Am Besten wird solch ein Medi in Absprache mit dem Arzt aus geschlichen. Aber wer es ganz schnell loswerden will, die Folgen dafür erlebt und erträgt, verdient meine Bewunderung. Es ist dann nur auf eigenes Risiko.

Einen Patienten in normale Bahnen bringen zu wollen, halte ich für verfehlt und vermessen. Ein Therapeut kann Anstöße geben, mehr nicht. Ob der Patient dem folgt, ist etwas anderes. Ich erinnere mich, dass mir mein Gesprächstherapeut eine Sache mehr als einmal gesagt hat, er hat sich wiederholt und war sich bewusst, dass ich Zeit gebraucht habe, mich mit der Sache zu beschäftigen, sie in mein Bewusstsein zu holen. Was es war, weiß ich nicht mehr. Es war so.

Herzlichen Gruß

Albert
FOKUS
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Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von FOKUS »

Hallo Franziska,

ich hoffe nicht, dass ich Dich mit meiner Antwort etwas verschreckt haben könnte und es gut mit Dir damit geht…ich hoffe nicht, dass ich etwas Unangenehmes bei Dir berührt habe oder dass es zuviel war?
…und ich kann auch nicht immer erwarten, dass es mit so hoher Frequenz von Rückmeldungen weitergeht…

Ich habe mir noch mal eine Frage von Dir dankbar aufgenommen und mir Gedanken dazu gemacht und richte mich jetzt nicht speziell an Dich, sondern auch an andere und an mich:

„Welche Arbeit würde Dir Spaß machen (ob möglich oder nicht realisierbar)?“

Es ist eine schwierige Frage für mich…nachdem ich ja festellen musste, dass es mir schwer fällt oder fast umöglich ist, Konservenwissen, Theorie aufzunehmen….habe ich mich immer mit allem autodidaktisch beschäftigt, also mir immer im Rahmen meiner Möglichkeiten alles selbst beigebracht und mich immer an praktischen Fragestellungen orientiert…immer so, wie es gekommen ist…ob es um handwerkliche Dinge ging, oder Rechtsfragen, oder Gestaltung…Motorradreparatur… Autoreparaturen…Fahrrad…und Theoretisches habe ich mir überwiegend immer selbst zurecht gebastelt…

Ich denke immer in Bildern und wenn ich mir Vorträge anhören muss und keine Bilder bei mir entstehen, dann kann ich mit Informationen nichts anfangen, es nicht begreifen…

Also ich bin Eidetiker, das sind Menschen, die ein bildhaftes Vorstellungsvermögen haben und überwiegend in Bildern denken…wenn ich z.B. mit jemandem spreche, dann gehen mir immer gleichzeitig Bilder von dem durch den Kopf und je bildhafter die Sprache, je anschaulicher es für mich ist, desto klarer sind dann auch meine Bilder, die dabei entstehen.

…deswegen kann ich z.B. mit mathematischen Formeln (VWL) oder völlig abstrakten Rechtszusammenhängen (Jura) nichts anfangen. Wenn es aber z.B. um Geometrie oder die Durchsetzung meiner Rechtsinteressen geht, habe ich einen Praxisbezug, eine Orientierung und dann befasse ich mich damit…und dann gehts…

…vielleicht geht’s mir darum, nicht etwas vorgekaut zu bekommen, sondern selbst etwas zu entdecken…das sind wohl Reste meiner frühen Kindheit, wo mir meine Mutter das Selbstentdecken nicht gelassen hat, mir da immer zu vorschnell „reingequatscht“ hat…mich bevormundet hat…und ich Lehrer, Dozenten, Professoren, (Pastoren) als solche „Bevormunder“ wiedererlebe…ganz empfindlich reagiere ich auf Vorschläge anderer dabei, mit innerem Widerstand, mit Trotz, auf „gutgemeinte Ratschläge“…das ist für mich eine „Einmischung in meine inneren Angelegenheiten“…da hat auch schon mein Therapeut, den ich ansonsten sehr geschätzt habe, auf Granit gebissen…oder besser, Granit war Watte dagegen, auf was er da biss…

Meinen Vater, den ich aus heutiger Sicht, als sehr depressiv einschätzen würde, war immer geistig abwesend und unnahbar für mich…ich denke, das er mit meinem „Kindsein“ und seinen unbewußten kindlichen „Ansprüchen“ konkurriert hat, und nicht der Vater sein konnte den ich mir gewünscht hatte…kein Vorbild, keine Identitätsfigur…die mir die „Welt“ vermittelt hat…die mir „Lebenswerkzeug“ in die Hand gegeben hat…das ist jetzt stark verkürzt und ich unterschlage ein wenig, die wenigen Momente, wo er als „Vater“ in Erscheinung getreten ist…und wenn die „Welt“ mein Vater ist…dann habe ich grob gesehen auch daraus gemacht, dass die Welt sich nicht für mich interessiert und ich um Aufmerksamkeit kämpfen muß…

Ich träumte mal, dass mein Vater im Sessel sitzend Zeitung las und ich dabei in unserem Wohnzimmer einen großen, bunten Fisch fing. Den wollte ich meinem Vater zeigen und sprach ihn mehrfach an…doch er las weiter Zeitung…hörte mich nicht… sah nicht zur Seite…während ich ihn immer wieder ansprach, wurde der Fisch immer kleiner, verlor die Farbe und verschwand ganz…

Der große bunte Fisch ist als Symbol meiner Lebendigkeit, ein Stück meiner kindlichen Identität zu sehen, und dafür hat mir mein Vater keine Bestätigung gegeben und so ging das in der Beziehung zu ihm verloren…

Ich bin jetzt ein wenig von der Ausgangsfrage abgedriftet…und habe in der alten Kiste gekramt…es geht mir nicht dabei um „Entschuldigungen“ zu finden, oder auf die „Tränendrüse zu drücken“ oder um Schuldzuweisungen, um Abrechnung mit meinen „primären Bezugspersonen“, sondern um Analyse und Ursachenforschung…

Ich denke, das meine Eltern, wie alle Menschen, mehr oder weniger mit ihrer psychischen Welt verhaftet sind und nicht anders konnten…andererseits macht mich da zurecht einiges aggressiv, ärgerlich, wütend…insbesondere wenn mir meine Eltern in anderer „Gestalt“ vermeintlich wieder begegnen, in meiner subjektiven Wahrnehmung…aber ich denke, dass ich davon einen großen Teil abgelegt habe und noch weiter ablegen werde, und das ist die gute Nachricht…

…“Beruf“ ist ein ganz weites Feld, weil meine „Berufsfrage“ und die fehlende Antwort mich zeitlebens beschäftigt hat…und es auch noch eine ganze Weile tun wird, und ich nehme mir hier mal den Raum das alles von verschieden Seiten zu beleuchten…mir fällt dazu ganz viel ein, ich habe viel erlebt bei meinen Jobs…meine aktuelle Situation…der Arbeitsmarkt…die Entfremdung in der Gesellschaft…Ausbeutung…die voranschreitende Spezialisierung…“Fachidiotentum“…die Arbeitsmarktpolitik…Jobs, die ich mir vorstellen könnte…ein ganz weites Feld für mich…

Mal sehen, vielleicht komme ich da noch hin…wo ich gerne hinmöchte…

Lieben Gruß
FOKUS



Hallo Albert,

ich habe jetzt erst Deinen Beitrag gelesen, und so ganz bin ich nicht mit Deinen Erklärungen zufrieden, die Du mir auf meine Bemerkungen geliefert hast…

…aber ich möchte nicht weiter darauf eingehen, mein „Pulver“ wird wieder knapp…
und ich denke dass es vor allem für Dich stimmig sein muß…und wenn es das ist…ok…und mit „Trauma“ und „Traumatherapie“, den Umgang damit, kenne ich mich auch nicht so aus…

Ich lese es mir noch mal später in Ruhe durch, und wenn mir etwas dazu ein- oder auffällt, dann komme ich darauf zurück…

Kannst Du mir erklären was oder woran Du arbeitest, mit einfachen Worten, ohne zu sehr ins Detail zu gehen, Du beziehst Dich ja viel auf Deine Arbeit, Deinen Beruf und das ist ja „mein Thema“…

Gruß
FOKUS
Liber
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Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von Liber »

Hallo Fokus,

auch wenn ich mich jetzt eine Weile hier nicht gemeldet habe, lese ich mit.

Es ist wirklich viel Material, das du hier zur Verfügung stellst - in vielem erkenne ich mich wieder - anderes kann ich gut nachvollziehen, auch wenn ich es nicht aus eigenem Erleben kenne.

Aufgrund der Menge ist es kaum möglich, auf alles einzugehen ...

Lieber gebe ich dir eine "atmosphärische Rückmeldung": ich sehe einen kleinen Jungen vor mir, der sensibel, phantasiebegabt, intelligent ist, aber der von den Bedingungen seiner Umwelt (natürlich nicht nur, aber doch weitgehend) so "beschnitten" worden ist wie ein Parkbaum, der vom Gärtner in eine bestimmte Form getrimmt wird. Die Leichtigkeit, das natürliche Wachstum, das Lebendige, all das ging allmählich unter dieser Schere verloren. Schließlich funktionierte der Junge nur noch - lustlos und ohne Motivation, dafür voller Angst, Trotz und innerem Widerstand (das alles kenne ich von dem Mädchen namens Brittka)

Spätere Versuche, diese Lebendigkeit zurückzugewinnen, scheitern. Denn der Junge und spätere Mann weiß ja gar nicht mehr, wie das geht! Immer wieder ist da so ein Gärtner, der ihn rigoros zurückschneidet und wenn keiner da ist, dann wird eben jemand zum "Gärtner" gemacht.

Das sehe ich als eines der Muster der Depressiven: es wird immer wieder eine Situation aufgesucht, in der das Alte und Bekannte erlebt werden kann. Man leidet darunter - und doch begibt man sich immer wieder in eine solche Situation. Warum ist das so, eine entscheidende Frage.

Zum Beispiel interessiert mich, weshalb du ausgerechnet Jura und VWL studiert hast - war es vielleicht der Wunsch nach diesen klaren Regeln, Gesetzen, diesen "beschneidenden" Strukturen? Und gleichzeitig bedienten diese Studiengänge auch auch den massiven inneren Widerstand dagegen?
Warum nicht Kunst, Musik, Literatur, Design, etwas Kreatives, Lebendiges?

Ausbrechen, Kiffen, Taxifahren, die Sehnsucht nach dem Leben ... aber alles nur Schein-Ausbrüche, es führt nicht zum Lebendigsein (ich kenne dies ähnlich, näheres aber per Mail).

Die langjährige Therapie ist einerseits ein Nachholen von einer Vater(?)-Beziehung, andererseits aber auch ein Verharren in den alten Abhängigkeitssturkturen.

Auch bei dem Pastor mag das Muster ähnlich gewesen sein.

Du erkennst das alles sehr gut, Fokus - und ich frage mich gerade, was es noch ist, was fehlt, um von dieser Erkenntnis der Zusammenhänge noch die Kluft zu dir selbst zu überschreiten.

Ich meine damit: wenn ich erkenne, dass ich in der aktuellen Situation mit den gleichen Mustern reagiere wie in meiner Kindheit, und dass diese mich in die Depression kippen lassen, ist das gut und wichtig! Aber es reicht noch nicht, um ein erneutes Abkippen verhindern zu können, oder?


Lieben Gruß
Brittka
cybolon
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Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von cybolon »

Hallo Brittka,

danke für den (auch auf mich passenden) Vergleich mit dem Baum!


cybolon
steppenwolf1

Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von steppenwolf1 »

Hi fokus,

was mir grad durch den Kopf schoss (schoss ist wohl der richtige Ausdruck ) ...
im anderen Thread sagtest Du, man muss Tun, nicht nur Schreiben ("Jammern" - musste jetzt nicht von Dir sein, aber das war die Teilaussage vieler) - was hindert Dich nun daran, etwas aktiv an Deiner Situation zu verändern ?
Stattdessen schreibst Du (trotz konträrer Aussagen im anderen Thread), was alles schief gelaufen ist und und und ........
Frag mich nur grad ...

Viele Grüsse, s.wölfin
albert
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Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von albert »

Kannst Du mir erklären was oder woran Du arbeitest, mit einfachen Worten, ohne zu sehr ins Detail zu gehen, Du beziehst Dich ja viel auf Deine Arbeit, Deinen Beruf und das ist ja „mein Thema“…
zzzzzzzzzzzzzzzzzzzzzz

Hallo Fokus,

danke für die Nachfrage. Ich schreib so einfach über mein alltägliches Dasein und Arbeiten, da ist es manchmal nötig, zurückgerufen zu werden.
Ich habe jahrelang freiberuflich als Gewässerbiologe gearbeitet. Nur ist das so eine Sache, wenn allein wegen einem Mindestmaß an Ausstattung von Büro und Labor, auch hatte ich Krach mit den Behörden, die Aufträge vermitteln. Also habe ich Aushilfsjobs gemacht, dann kam HartzIV, Euro-Jobbing, zuletzt in einem Universitätsinstitut. Eigentlich ist das ein Traumjob, er müsste nur mehr Möglichkeiten bieten. Als Freiberufler hatte ich um einiges mehr Möglichkeiten. Mal sehen, was noch kommt. Ich denke, dass ich die jetzige Tätigkeit nicht machen könnte, wenn ich nicht vorher gelernt hätte, gezwungen war, mich voll zurück zu nehmen.
Ich muss meine Arbeitergebnisse niemandem aufzwingen, ich muss damit nur an die Öffentlichkeit, mich stellen. Die scientific community wird darüber urteilen. Mir hilft dieser Austauch sehr, weiter zu kommen in der Arbeit selbst.
Herzliche Grüße
Albert

PS:
das ist nur der offizielle Teil. Ich verbringe auch einen guten Teil meiner Zeit im Forum, um zu lesen und zu schreiben. Manchmal kommt so ein Anstoß, ein Stichwort, das mir hilft, die brodelnden Gedanken in mir in Worte schwarz auf weiß, also auf Papier umzusetzen. Das sind Möglichkeiten zur Artikulation, ein Problem in Worte zu fassen.
Heute bin ich gerade dabei, meine ersten Beiträge im Forum vor zu holen und neu zu bearbeiten. Das Grundthema damals war "Blauäugigkeit". Die Bearbeitung heute würde aber den Rahmen des Forums sprengen, deshalb wird sie anderen Ortes erscheinen.
FOKUS
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Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von FOKUS »

Hallo Wölfin,
ich freue mich, dass Du mitliest und über Dein kritikfreudiges Interesse …

(beinahe wäre ich versucht zu schreiben „aber liebe verehrte Wölfin“)…

...nu mal langsam mit die jungen Pferde…ich erlaube mir mit diesem Thread eine Aufarbeitung, eine Bestandsaufnahme meiner Vergangenheit, Besinnung, Reflektion…Konfliktauflösung…wie auch immer… Anlass war für mich meine depressive Phase und das mir währenddessen immer wieder Bilder aus meinem gesamten Leben durch den Kopf gingen…wir beide hatten ja bereits in dem anderen Thread das „Vergnügen“, und das was ich da allgemein (auch an anderen) kritisiert habe, versuche ich hier konstruktiv umzusetzen. Insofern erkenne ich da keinen Widerspruch…?

Ich kann dabei nicht ganz verhindern, dass vielleicht der Eindruck entsteht, dass ich meine Lage so darstelle, als wenn ich mich als (armes)„Opfer“ meiner Sozialisation sehe, und ausschließlich Argumente, Gründe dafür suchen würde, dass es keinen Ausweg für mich gäbe… im Gegenteil, meine Analyse soll ja gerade Teil des Auswegs sein…so ist zumindest mein Plan… und ich kann mich nicht erinnern, an welcher Stelle ich „gejammert“ hätte…und wenn, habe ich wohl auch immer eine konstruktive Betrachtung nachgeliefert…

Insofern ist „Schreiben“ für mich „Tun“, es fordert mir viel Kraft und Konzentration ab, ist Arbeit, und bildet für mich ein Fundament…für weiteres…für mein Selbstbewusstsein…und damit bin ich nu mal gerade angefangen…oder mittendrin…

…mir geht es jedenfalls zunehmend gut und besser damit und ich hoffe auch, dass ich gleichermaßen anderen mit meiner Herangehensweise und mit meiner Selbsterfahrung ein wenig helfen kann…

…ich hoffe, dass ich hiermit Deine Grundsatzfrage(n) befriedigend geklärt habe.


Lieben Gruß
FOKUS
FOKUS
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Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von FOKUS »

Hallo Briitka,
danke für Dein Mitlesen und Deine nachvollziehende Begleitung und Deine Fragen.

Das Bild, dass Du da zeichnest, mit dem Gärtner, den Bäumen und so… ist mir etwas zu plakativ, als dass ich mich da ohne weiteres wiedererkennen kann. Vielleicht ist es mehr Deine Geschichte…? ...hast Du ja auch angedeutet…

…andere Bemerkungen von Dir, sind mir wichtiger:

ZITAT:
„Die langjährige Therapie ist einerseits ein Nachholen von einer Vater(?)-Beziehung, andererseits aber auch ein Verharren in den alten Abhängigkeitsstrukturen.“

Meine (viel zu) langjährige Therapie war sicher ein Nachholen meiner versäumten Vaterbeziehung, unter anderem, aber viel mehr noch, meine idyllische Mutterbeziehung wieder herbeizuführen und das mit einer Verbissenheit und Beharrlichkeit…wieder ins „Nest“ zu kommen…diesen Wunsch hat mir mein Therapeut aber zurecht nicht erfüllt…da habe ich bei ihm auf „Granit gebissen“…aber vielleicht hat mich die Aussicht darauf, schon genug motiviert und ich habe mich eingerichtet…und es war auch eine Vorstellung von Grenzenlosigkeit…von Unbeugsamkeit…Sehnsucht nach Unendlichkeit….

…ich war auch unabhängig davon oder in Verbindung damit, jederzeit dermaßen und voll motiviert gewesen und war in der langen Zeit, glaube ich, nur einmal zu spät gekommen und habe nur ein- oder zweimal eine Therapiestunde versäumt, weil ich grippal oder sonst wie infiziert war…

Da war also eine große Konstanz und Beständigkeit vorhanden, bei ihm und bei mir, und es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich eine solche Disziplin aufgebracht habe…diese Disziplin hatte auch etwas Aggressives gehabt…als wenn ich „es“ wissen wollte…und vielleicht würde ich ihm schon klarmachen können und ihn mürbe kriegen…und es war auch mein unbewußter Ausdruck dafür, dass meine frühkindliche Beziehung zu meiner Mutter und das Verlusterlebnis von so riesengroßer Bedeutung für mich gewesen ist…außerdem war ich rein von der Idee, der analytischen Therapie, fasziniert und mal mehr und mal weniger…überzeugt…

…ich möchte nun aber nicht den Eindruck hinterlassen, dass das nun der einzige „Therapiethema“ und einziger Inhalt war…aber ein sehr wichtiges…

Und was soll mein analytischer Therapeut anderes machen, als mir immer wieder klar zu machen, dass diese Wünsche zwar verständlich sind und mich immer wieder an meine Eigenverantwortung zu erinnern…rausschmeissen konnte er mich ja schlecht…hat er ja auch nicht gemacht…

…dazu muß ich noch sagen, dass ich die ersten Jahre die Therapie etwa zur Hälfte selbst und zur anderen Hälfte mit Hilfe meiner Eltern finanziert hatte und später ging es dann über die Krankenkasse, wegen Gesetzesänderung und dann hatte ich noch die Krankenkasse gewechselt…lange Geschichte…

…die therapeutische Beziehung zielt ja letztendlich auch darauf ab, irgendwann, wenn „genug“ ist, wenn die Nachholbedürfnisse befriedigt sind, aufgelöst zu werden… „erwachsen“ zu sein, zu werden… im wörtlichem Sinne…und bei mir war irgendwie „nie genug“, auch wenn oder weil die Therapiekarre mehr als einmal (tief) „im Dreck feststeckte“…

…letztendlich hat mein Therapeut eine neue 2. Selbsterfahrungsgruppe bei sich etabliert und mich da „reingeschubst“ und da habe ich mich so wohl gefühlt, nach Überwindung meiner Schwellenängste, dass ich da dann auch sehr lange blieb…und darüber habe ich mich dann eben auch von der Einzeltherapiebeziehung lösen können…meine Gruppenselbsterfahrung ist vielleicht aber noch für mehrere „Kapitel“ gut…also das war schon eine besondere, gute Erfahrung für mich…

ZITAT:
„Zum Beispiel interessiert mich, weshalb du ausgerechnet Jura und VWL studiert hast - war es vielleicht der Wunsch nach diesen klaren Regeln, Gesetzen, diesen "beschneidenden" Strukturen? Und gleichzeitig bedienten diese Studiengänge auch auch den massiven inneren Widerstand dagegen?“

Also, ich hatte da völlig naive Vorstellungen von „Studium“ und meine Erfahrungen
vom Gymnasium im Hinterkopf…ich hatte GMK Leistungskurs und habe mich sehr für Wirtschaftsfragen interessiert und im Unterricht leidenschaftlich diskutiert, einen mir sympathischen Lehrer gehabt und es war sehr lebendig gewesen…

…und das hatte ja nun so überhaupt keine Ähnlichkeit mit dem Grundstudium VWL, insbesondere war die Wirtschaftmathematik ein absolut nicht zu lösendes Rätsel für mich…und dann kann ich mich noch an eine Dozentin erinnern, die das mit Hife eines Overheadprojektors dermaßen trocken und stundenlang runtergehämmert hat, dass ich mich gewundert habe, wie sowas in einem einzigen Gehirn Platz finden kann…

Bei den Juristen hat mich die präzise Sprache, die "sachdienlichen" Ausdrücke (manchmal auch da altmodische)...die klare Gedankenführung besonders fasziniert…da war es ähnlich, wie in GMK…aber da war ein Richter vom Landgericht mein Lehrer und das war ein echt Klassetyp…der war für mich authentisch…das war eine Vaterfigur für mich…humorvoll…tolerant…ist auf jeden eingegangen und der hatte sichtlich Freude am Unterricht…wir hatten z. B. einen eingefleischten Anarcho-Kommunisten im Kurs, und dem hat er Tipps für seine politischen Rechtsprobleme gegeben, die beiden haben sich prima verstanden…

…und obwohl es in der 7. und 8. Stunde stattfand…war es ein Genuss…am besten war immer, wenn der Anekdoten aus seinem Job zum Besten gegeben hatte…das war allerbeste Unterhaltung…wir haben aber auch viel über Rechtsprobleme diskutiert… Fälle konstruiert…an Gerichtsprozessen als Besucher teilgenommen...ging sehr lebendig zu…und… wir hatten mit ihm ausgehandelt, dass wir keine Klausuren schreiben, kein Arbeitsheft zu führen hatten, keine Hausaufgaben und keiner ausm Kurs unter einer Zensur von 10 Punkten gehen sollte…das mit den 10 Punkten war mehr seine Idee gewesen…dieser Kurs hat mir u.a. auchn bischen „meinen Arsch fürs Abi“ gerettet…

Ich habe ihn dann später noch mal im Gericht besucht und mir etwas aus der Gerichtsbibliothek geliehen: Thorwald „Geschichte der Kriminalität“, glaube ich, hieß das Werk… echte Mordfälle aus der Kriminalgeschichte und wie sich anhand praktischer Problemstellungen die Kriminaltechnik, die Spurenanalyse weiterentwickelt hatte…

Na ja das hatte dann nachher so überhaupt nichts mit dem Jurastudium zu tun…überfüllte Hörsäle, ehrgeizige Kommilitonen aus Juristenfamilien, knochentrockene Lehrinhalte, komplizierteste, abstrakte Denkweisen…und…und…und…keine Wohlfühlatmosphäre jedenfalls für mich…

ZITAT:
„Ich meine damit: wenn ich erkenne, dass ich in der aktuellen Situation mit den gleichen Mustern reagiere wie in meiner Kindheit, und dass diese mich in die Depression kippen lassen, ist das gut und wichtig! Aber es reicht noch nicht, um ein erneutes Abkippen verhindern zu können, oder?“

Na ja…ich denke, wenn ich sofort eine Alternative zu meinen Kirchenjob gehabt hätte, dann wäre ich vielleicht nicht abgekippt…aber es ist Spekulation…aber es ist doch auch gut, wenn man den „Braten vorher riecht“…bei mir war eher eine unbewußte Angst da…und der Braten, den ich hinterher fressen musste, der ist mir nicht bekommen…den habe ich mir nun hinterher stückweise zu Gemüte führen müssen…

…grundsätzlich ist das Anliegen einer analytischen Therapie aus meiner Sicht, Aufklärung zu betreiben, sich Vertrauen zu erarbeiten, Selbstbewusstsein in sich zu finden…gelassener zu werden…und sich von alten Abhängigkeiten zu lösen…es ist mehr, als sich nur von Symptomen oder Depressionen zu befreien…Auslöser zu finden…

…und sich die Frage zu stellen, was findet denn genau in mir statt, wenn ich depressiv bin…wenn man sich das als „autoaggressiv“ erklärt, was im Innern stattfindet…welcher Sinn ergibt sich daraus…irgendeinen vermeintlichen verschlungenen Gewinn muß doch die Seele davon haben…?

…„mehr“ heißt für mich…es ist Persönlichkeitsentfaltung…Entwicklung…und dieser Prozess lässt sich im Grunde unendlich weit verfeinern, direkt in einer Therapie und später mehr indirekt, durch die Inhalte, mit denen sich man dann beschäftigt…oder Menschen, denen man begegnet…und die Erfahrungen dabei…also so stelle ich mir es bestenfalls vor…das Reflektieren als Lebenseinstellung…hört niemals auf, aber die Intensität und das Kräftezerrende daran, wird weniger…der Leidensdruck wird weniger, löst sich…

ZITAT:
„Du erkennst das alles sehr gut, Fokus - und ich frage mich gerade, was es noch ist, was fehlt, um von dieser Erkenntnis der Zusammenhänge noch die Kluft zu dir selbst zu überschreiten.“

Na ja, ich glaube, dass mir eine wirklich gründliche Aufarbeitung gefehlt hat…es "rund" zu machen...mir es aber nicht so bewusst gewesen war…und ich war da auch mit etwas anderem beschäftigt...ich habe eine Art Gürtelschnalle erfunden, und das hatte mich ziemlich euphorisch in Anspruch genommen, das ist aber eine andere Geschichte...

…nach der Gruppentherapie wollte ich das nicht wieder zusammen mit meinem Analytiker machen,therapiemüde... ich war ja irgendwie auch froh, dass ich da weg war und außerdem wäre es ein Rückschritt für mich gewesen und es hätte mich das Zeitkorsett der Therapiesitzungen genervt, und weiteres Geld wollte ich da auch nicht mehr investieren. 17 Jahre insgesamt waren nu auch wirklich jenuch…wa?
…und „aufarbeten“, dat kann ick och allene,…wa?
(ich bin nicht aus Berlin, aber mein Therapeut…ursprünglich…)

… und insofern hat der Jobverlust doch auch etwas Heilsames für mich bewirkt, erstmal habe ich mich da abgelöst, meine Interessen vertreten, indem ich verbesserte Konditionen aushandeln konnte und meine Depression mich veranlasst hat, meinen Kram aufzuarbeiten…aber die ersten 3 Monate waren schon mit Verlaub, ziemlich beschissen und ich hoffe ja nun nicht, dass mein „sprudelndes“ Reflektieren, meine Erinnerungen und Erkenntnisse nur auf die Einnahme von Citalopram zurückzuführen sind, ich denke, dass das Medikament bei mir aber auf fruchtbaren Boden gefallen ist…

Mal sehen, ob und was der Boden denn noch so hergibt…

Lieben Gruß
FOKUS
Franziska
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Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von Franziska »

Hallo Flora,

nochmals lieben Dank, daß Du Dich so um meine "Problemchen" kümmerst. Ich find das total lieb von Dir. Aber auch jetzt momentan, wo ich diese Zeilen schreibe, sehe ich keine derartigen Zeichen. Ich sehe ganz oben "Foren", "Abmelden Franziska", "Registrieren", "Einstellungen", "Suchen", "Kontakt". In der 2. Zeile stehen "Auflisten", "Neuer Beitrag", "Abonnieren", "Komplettes Forum", "Notfallnummern", nächste Zeile "Antwort zu Beitrag senden - Umgang mit der Krankheit -", dann "Ihr Name: Löwenmäulchen". Nächste Zeile: Ihre eMail Adresse: ..., dann Betreff.

Ich nix verstehen!!!

Nochmals ganz lieben Dank! Im Prinzip ist es ja auch egal, wenn Fehler drin sind, dann sind eben Fehler drin. Auf den Inhalt kommt es an!!! Jucheeeee!!!!

LG Franzi
Franziska
Beiträge: 14
Registriert: 17. Apr 2008, 19:47

Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von Franziska »

Lieber Fokus,

als für mich Wichtigstes: Ich will in keinster Weise Mutterersatz für Dich sein. Da wär ich auch ziemlich frühreif, denn ganz sooooo alt bin ich denn doch nicht: 57!!!

Was ich Dir mit dem Beispiel meines Ältesten eigentlich nur sagen wollte ist, daß er erst im Ausland die berufliche Bestätigung, das Erfolgserlebnis, die Anerkennung gefunden hat, die er in D-Land vergeblich suchte. Er hatte auch Depressionen und hat sich entsprechend in eine Behandlung begeben. Sicherlich waren seine Depressionen nicht ausschließlich beruflich bedingt!!!

Aber nicht alle Leute - und zu denen gehörst Du anscheinend auch - sind bereit, ihre Umgebung, ihre Freunde, ihre Heimat zu verlassen. Das ist doch okay so!

((Mein Sohn steht mit seinem Freundeskreis übrigens nach wie vor über Internet (schriftlich und mündlich) in Kontakt. Und wie ich bereits schrieb, ist der Freundeskreis ebenfalls weltweit verstreut!))

Daß ich mich jetzt tagelang hab nicht blicken lassen, hatte verschiedene Ursachen. Hatte aber mit Dir nichts zu tun, nur mit meinen eigenen Problemen, vorwiegend: ANGST. Angst auf die Reaktion meines Geschriebenen. Das ist auch so ein wichtiges, vordergründiges Phänomen meiner Krankheit: warum hab ich Ängste und wovor, warum???

In diesem Zusammenhang: Ich glaube nicht, daß ich Dich "so schnell umhauen" kann, sondern ich habe Angst davor, selbst schnell umgehauen zu werden - durch die Antworten meines "Gschreibsels".

Der einzige Grund, warum ich Dir diese Auslandsgeschichte geschrieben habe war, daß es im Ausland ANERKENNUNG im beruflichen Leben gibt - gerade für Deutsche.

Und ich glaube nach wie vor, daß das bei Dir ein wichtiger Faktor ist. Daß Du eine Anerkennung haben möchtest (wer nicht???). Und wenn Du Anerkennung bekommst, bekommst Du ja automatisch auch Entscheidungsfreiheiten. Denn Anerkennung bedeutet ja gleichzeitig Verantwortung bekommen, Vertrauen, ergo eigenes Handeln. Und das hast Du m. E. in Deiner Kindheit nicht erfahren.

Du bist in meinen Augen überhaupt nicht "auf meine private Schiene" eingegangen: Glaubst Du nicht, daß wenn Du eine feste Partnerschaft hättest oder sogar eine Familie, Du würdest die berufliche Situation - natürlich nicht von der finanziellen Seite, die außen vor - zweitrangig sehen???

Für heute liebe Grüße von dem "Antimuttertier" Franzi

P.S.: Bei Deinen anscheinenden Begabungen: was wäre mit einem Job in Richtung Inneneinrichtungen, weitestgehend Innenarchitektur, Restaurieren, Kernsanierungen???

Noch ein P.S.: Ich hatte eine tiefenpsychologische Therapie - insgesamt 4 1/2 Jahre. Aber ich glaube, ich habe ins "Klo" gegriffen.
FOKUS
Beiträge: 85
Registriert: 2. Apr 2008, 13:46

Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von FOKUS »

Hallo Franziska,

ich komme erst heute dazu, Dir zu antworten, weil mein PC ab Donnerstag für eine Zwangspause gesorgt hat, ich kam nicht mehr ins Web und nachdem ich mich hier so engagiert hatte, war es eine mittlere Katastrophe für mich…da ist mir meine „Abhängigkeit“ wieder schlagartig bewusst geworden…in diesem Fall von der Möglichkeit mich hier mitteilen zu können…das Liebgewordene und Konstruktive zu verlieren…meines Werkzeugs beraubt zu sein…ohnmächtig davor zu stehen…im ersten Moment ist so etwas für mich ein Schockerlebnis…das geht mir auch so, auch wenn etwas anderes defekt geht…ob Motorrad, Fahrrad, Waschmaschine…aber „Schreiben können“… hat da noch die größere Bedeutung und ist elementarer für mich…

Ich denke da wiederholt sich bei mir in anderer Form mein Verlusterlebnis mit dem Dreirad, was ich schon weiter oben beschrieben hatte…und von den PC Kenntnissen meines Freundes und Nachbarn abhängig zu sein… ob er Zeit und den Nerv dafür hat.

Und wenn ich den ersten Schock verdaut habe, versuche ich Lösungsmöglichkeiten für das Problem zu finden…merke: “die Lage wird erst dann beschissen, wenn wir uns nicht zu helfen wissen“…

Zitat:
„als für mich Wichtigstes: Ich will in keinster Weise Mutterersatz für Dich sein. Da wär ich auch ziemlich frühreif, denn ganz sooooo alt bin ich denn doch nicht: 57!!!“

Na ja, „mütterlich“ oder „väterlich“ ist ja nun nicht vom Alter abhängig…ich denke, dass so etwas in jede Beziehung oder Begegnung mehr oder weniger hineinspielt…mehr oder weniger ausgeprägt…und ich habe meine Bemerkungen ja mit Smilies versehen…um meine Aussage damit etwas humorvoll abzuschwächen…
Du willst also keinesfalls mütterlich rüber kommen…dann hatte ich da aber was gründlich falsch verstanden…

Wenn ich jetzt „Küchenpsychologie“ betreiben wollte, dann würde ich Dich schon fragen, warum Du es so scharf von Dir weist und eine rationale Erklärung dafür bemühst…?

Zitat:
„Daß ich mich jetzt tagelang hab nicht blicken lassen, hatte verschiedene Ursachen. Hatte aber mit Dir nichts zu tun, nur mit meinen eigenen Problemen, vorwiegend: ANGST. Angst auf die Reaktion meines Geschriebenen. Das ist auch so ein wichtiges, vordergründiges Phänomen meiner Krankheit: warum hab ich Ängste und wovor, warum???“
„In diesem Zusammenhang: Ich glaube nicht, daß ich Dich "so schnell umhauen" kann, sondern ich habe Angst davor, selbst schnell umgehauen zu werden - durch die Antworten meines "Gschreibsels".“

Ich denke doch, dass wir hier pfleglich und respektvoll miteinander umgehen, auch wenn, und gerade weil unsere Befindlichkeiten und unser Erleben Gegenstand des Austausches sind…und wir uns im Grenzbereich von Empfindlichkeiten und Verletzlichkeiten bewegen…

…ich finde es einen konstruktiven Schritt, dass Du Deine Angst benennst…aber ich tue mich jetzt schwer, da mit „klugen“ oder weniger “klugen“ Bemerkungen darauf zu reagieren…Du kennst Dich sicher mit verschiedenen Therapieangeboten (Medikamente, TP u. VT Therapie, Gruppentherapie) aus und hast Deine Erfahrungen gemacht…und ob Du Dir jetzt in der Richtung weiter etwas Konstruktives überlegst, hängt vielleicht auch davon ab, ob es Dir gelingt, Angstschwellen zu überwinden…durch „Vermeidungsverhalten“ beraubst Du Dich sicher vieler Möglichkeiten… im übrigen müssen sich negative Erfahrungen ja nicht zwangsläufig wiederholen…
Zitat:
„Noch ein P.S.: Ich hatte eine tiefenpsychologische Therapie - insgesamt 4 1/2 Jahre. Aber ich glaube, ich habe ins "Klo" gegriffen.“

Zitat:
„Du bist in meinen Augen überhaupt nicht "auf meine private Schiene" eingegangen: Glaubst Du nicht, daß wenn Du eine feste Partnerschaft hättest oder sogar eine Familie, Du würdest die berufliche Situation - natürlich nicht von der finanziellen Seite, die außen vor - zweitrangig sehen???“

Stimmt…war ich nicht darauf eingegangen…hole ich jetzt nach…

…ich habe mir immer überlegt, dass ich das „Pferd“ nicht von hinten aufzäumen kann…und wenn ich in einer „beruflich“ unzufriedenen Situation bin, dann trage ich das auch in eine Partnerschaft hinein…so habe ich mich dabei oft erlebt…und die beste Vorraussetzung für eine Partnerschaft, ist für mich die sichere Gewissheit zu haben, es auch angenehm zu finden, mit mir alleine zu sein…in Ruhe nachdenken zu können…keine Rücksichten nehmen müssen…insofern würde ich mir eine befriedigende Partnerschaft als „bereichernde“ Ergänzung vorstellen…aber nicht nun mit dem Gefühl, darauf angewiesen zu sein…um anderes auszugleichen…Beruf und Partnerschaft würde ich, wenn Du unbedingt eine Rangfolge aufstellen wolltest, für mich eher als „gleichrangig“ ansehen…

…und „Familie“, also Kinder war für mich insofern kein Thema, weil ich ja zu viel mit mir selbst beschäftigt war und dafür nicht die Verantwortung übernehmen wollte oder konnte…außerdem habe ich ja meine Eltern als sehr „belastet“ erlebt…meine Ursprungsfamilie, insbesondere mein Vater, war von daher für mich kein „Vorbild“…

Zitat:
„P.S.: Bei Deinen anscheinenden Begabungen: was wäre mit einem Job in Richtung Inneneinrichtungen, weitestgehend Innenarchitektur, Restaurieren, Kernsanierungen???“

Danke für Deine Anregungen…aber wenn ich will, finde ich in jedem Bereich ein oder mehrere „Haare in der der Suppe“…in die Richtungen habe ich auch schon viel überlegt…und auch gemacht…aber ich bin nun auch keine zwanzig mehr…

…und was ich am „Arbeitsleben“ stört, bzw. was mich dabei behindert oder „noch“ behindert, was ich für Erfahrungen gemacht habe und welche Gedanken mir noch dazu einfallen oder eingefallen sind…da komme ich vielleicht an anderer Stelle drauf zurück…


Liebe Grüße
FOKUS
FOKUS
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Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von FOKUS »

Hallo…

…meine aktuelle Lage ist so, dass meine Depression in den vergangenen zwei Wochen vollständig abgeklungen ist und ich mich gut fühle, bin ausgeglichen, schlafe sehr gut, mein Appetit ist wieder da…ich führe es auf die Einnahme von Citalopram zurück (werde ich auch weiter nehmen), was dazu geführt hat, dass ich mir das „Erarbeitete“ der langen Therapiezeit wieder „zurückholen“ konnte und auch die Möglichkeit hier über alles schreiben zu können. Es ist für mich fast zu einem Ersatz für eine „Erwerbsarbeit“ geworden, ich sehe mich geistig gefordert, wenn ich mich hier erklären möchte.

Ich fühle mich also insgesamt gut, obwohl sich an meiner äußeren Lage nichts Grundlegendes geändert hat, aber ich fühle mich in der Lage, mich gegen die „Unbillen“ des/meines Lebens zu Wehr zu setzen…meine Interessen zu vertreten…

Meine ursprüngliche Motivation, diesen Thread aufzumachen war eben auch,
mich mit meinem Verhältnis zur Arbeitswelt auseinanderzusetzen und wie es für mich weiter gehen kann…wenn ich jetzt davor sitze, dann fallen mir viele Erlebnisse und Gedanken dazu ein, weil das immer ein Thema für mich gewesen ist, seit ich vor 27 Jahren von der Schule gegangen bin…mal sehen was ich und wie ich es sortiert bekomme…

…aktuell sieht es so aus, dass ich noch bis 31. Mai mein Gehalt aus meiner Teilzeitbeschäftigung als Hausmeister bekomme, bin ja seit 1. Dez. freigestellt (Auflösungsvertrag ausgehandelt), und erhalte ergänzend ALG II (Hartz IV), außerdem habe ich noch eine Stelle als Hausmeister in meiner Nachbarschaft über 100.- € (seit über 10 Jahren) auf 400.- Euro Basis…

Durch meine sozialversicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigung habe ich mir Ansprüche auf Arbeitslosengeld I (Bundesagentur für Arbeit, BA) erworben und werde den Antrag dafür im Mai stellen. Damit keine Sperrzeit eintritt, wegen des Auflösungsvertrages, muß ich mich insbesondere dazu erklären, was der „wichtige Grund war“, das Beschäftigungsverhältnis zu lösen.

Mein Psychiater bescheinigt mir hierfür, dass ich psychosomatische Beschwerden in Beziehung mit diesem speziellem Arbeitgeber hatte und dass er mir dazu geraten hat, das Arbeitsverhältnis zu beenden.
Zu seiner Arbeitserleichterung und auf seinen Vorschlag hin, habe ich diese Stellungnahme für ihn vorformuliert.

Außerdem habe ich eine eigene ausführliche Stellungnahme für die BA als Entwurf dazu angefertigt, die ich mit meinem Anwalt noch besprechen muß, es geht dabei insbesondere um die Frage, inwieweit ich der BA Einblicke in meine Befindlichkeiten geben sollte und ob sich daraus für Konsequenzen ergeben können (medizinische oder psychologische Untersuchung…) außerdem muß ich noch klären, ob ich die Fristen für Arbeitsuchmeldung und Arbeitslosmeldung vorschriftsmäßig eingehalten habe…und diesen ganzen Formularsch…ausfüllen, weil ich ja Objekt der Arbeitsverwaltung bin…oben steht zwar „Kunde“ (neuerdings), aber „Objekt“ ist wohl der treffendere Ausdruck…aus meiner Sicht…

Ich denke, dass es Depressiven besonders schwer fällt, ihre Interessen zu vertreten und hier ist ein TIPP für diejenigen Geringverdiener, die es nicht wissen:

Als Geringverdiener kann man sich kostenfrei von einem Anwalt beraten lassen, wenn man sich einen entsprechenden Beratungsschein vom zuständigen Amtsgericht ausstellen lässt. Das gilt analog auch für Prozesskostenhilfe.

Dafür braucht man: Personalausweis, Einkommensnachweis (für ALG II Empfänger ist es am problemlosesten, mit dem aktuellen Bescheid ist alles klar) und man muß den Gegenstand der Beratung belegen und eingrenzen, durch entsprechende Papiere. Man kann sich auch mehrere Beratungsscheine holen, wenn man unterschiedlichen Beratungsbedarf hat, es empfiehlt sich aber, dies nicht unbedingt alles am gleichen Tag zu machen…

Wenn es um Ärger mit Behörden geht, dann ist es notwendig, dem Amtsgerichtsvertreter zu vermitteln, dass die Behörde als Partei auftritt und dass man sich von der Gegenpartei schlecht beraten lassen kann. Der Hintergrund ist, dass Behörden zu Beratung und Auskunft grundsätzlich verpflichtet sind, aber bei Hartz IV ist es zu einer Flut von Prozessen gekommen, so dass es in der Praxis vorkommt, dass die Amtsgerichte Beratungsscheine z.B. in Sachen „jobcenter“ mit der Begründung verweigern, man könne sich ja da beraten lassen.

Man kann auch gleich einen Anwalt aufsuchen und diesen bitten, den Beratungsschein zu beantragen.
Es kommt auch darauf an, einen engagierten Anwalt zu finden, der eigenmotiviert ist, weil die Honorierung über Beratungsscheine nicht so besonders üppig ausfällt.
Jüngere Anwälte, die politisch eher links orientiert sind, sind da wohl die besten Ansprechpartner…

… und damit dieser Beitrag nicht zu lang wird,
mache ich morgen Vormittag weiter…

Gruß
FOKUS

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FOKUS
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Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von FOKUS »

Fortsetzung…

…ich habe heute die Bescheinigung vom Arzt abgeholt und ich denke, dass mit dieser Stellungnahme keine Sperrzeit für mich zu erwarten ist. Aber sicher ist es erst, wenn der Bescheid da ist…und endgültig bearbeitet werden kann der Antrag auf Arbeitslosengeld erst, wenn mein Arbeitgeber die Steuerkarte und die Arbeitsbescheinigung rausgerückt hat, und das wird vor Ende Mai nichts…

Jetzt warten auf mich die Formulare der BA…und ich habe ziemliche Widerstände, sie auszufüllen…ich habe dabei das Gefühl, zu einem Funktionsobjekt degradiert oder reduziert zu werden…das geht bestimmt vielen anderen auch so…

Aber es nützt ja alles nichts, rational gesehen muss da in der Behörde eben alles seinen Weg gehen und wenn ich eins gelernt habe im Umgang mit solchen Institutionen ist, dass Fristen und Formalien eingehalten werden müssen.

Also werde ich mir wohl Formblatt für Formblatt vornehmen und nach „bestem Wissen und Gewissen“ ausfüllen…und wenn mein Anwalt keine Einwände hat, werde ich noch meine eigene Stellungnahme hinzufügen nebst den, geschätzt, 15 Seiten Anlage, dann hat man behördlicherseits genug zum Lesen und kann sich über den Konflikt, den ich mit meinem Arbeitgeber hatte, ein genauestes Bild machen und sich davon überzeugen, dass ich mich in einem Konflikt befand und es mir nun wirklich nicht einfach gemacht habe.

Mein Ziel ist es erstmal, ALG I zu erhalten, und dass mein ALG II ergänzend angepasst wird, und ich dann sehen kann, wie viel mir zum Leben bleibt…

Dieses schwebende Verfahren nervt mich ziemlich und gleichzeitig frage ich mich, welche Chancen ich auf dem Arbeitsmarkt habe, mit meinen schon ganz oben beschriebenen nicht unproblematischen Eckdaten…eine Beschäftigung zu finden, mit der ich mich identifizieren kann.

Nur einen Job zu finden, der mir meinen Lebensunterhalt sichert…da habe ich schon genug hinter mir…

…wie das war, dazu komme ich noch…

Gruß
FOKUS
ya
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Registriert: 25. Mär 2008, 16:53

Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von ya »

Hallo lieber Fokus,

ich möchte mich mal jetzt gerne wieder "einklinken" (wenn ich darf?!?!:)

Mich würde wirklich interessieren, was Du Dir denn konkret, und vor allem reel, bezogen auf Deine Arbeitssituation, nicht NUR vorstellen kannst - sondern auch, welche Du umsetzen kannst in Deiner Situation für Dich reel (und möchtest -relativ) bzw. für Dich definitiv REEL möglich sein könnten?...ganz REEL und vor allem KONKRET (konkret in Deiner jetzigen Situation) auf Deine aktuelle Situation gefragt...

Kurz um - wie geht es direkt reel weiter in der Zukunftsplanung, so und auch beruflich (Schwerpunkt -auch- in Deinen letzten postings primär)? KONKRET.....

Lieben Gruß,
pinkfloyd

Ahh Acht Uhr.........
FOKUS
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Registriert: 2. Apr 2008, 13:46

Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von FOKUS »

Hallo pinkfloyd,

nu bist Du ja doch wieder da, Du wolltest doch nicht mehr...

…danke für dein Interesse oder ist es eher Ungeduld ?
Ich kann ja verstehen, wenn Dich Details nicht interessieren…Du willst Ergebnisse,… was? Warte es doch mal ab…ich weiß doch auch noch nicht...

Ich muss da nun mal eben weiter ausholen…nützt doch alles nix. Und das ist doch auch ein schwieriges Thema für mich…nu setzt mich doch nicht so unter Druck…dann geht’s doch auch nicht besser…drängeln ist doch nu auch keine Lösung...

Gruß
FOKUS
FOKUS
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Registriert: 2. Apr 2008, 13:46

Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von FOKUS »

Fortsetzung…

Nachdem ich wieder nahezu vollständig von meiner Depression gesundet bin, beschleicht mich so ein unwohles Gefühl, dass ich mich nicht mehr durch eine Art „Flucht in die Krankheit“ der Verantwortung entziehen kann.

„Flucht in die Krankheit“ und ähnliches wurde ja schon einige Male im Forum diskutiert…bei diesem Begriff könnte ja der Eindruck bei Aussenstehenden entstehen, dass es eine „aktive“ Handlung ist, dabei verselbständigen sich, aus meiner Sicht, gewisse innerseelische Vorgänge unterhalb der Bewusstseinsschwelle, die diese quälenden Symptome hervorrufen.

Nun gut…ich fühle mich auch ohne Arbeit ganz wohl, wenngleich ich gerne etwas mehr Geld zur Verfügung hätte…jeden Cent einzeln umdrehen zu müssen ist für mich ziemlich nervig und wenn ich im Haushalt oder mein Motorrad einen Defekt habe, was Kosten verursacht, ist es schon eine mittlere Katastrophe.

Selbst wenn ich wieder in meinem alten Job wieder arbeiten wollte, sehe ich kaum eine Chance. Ich war auf der Stellenseite der BA und habe „Hausmeister“ eingegeben…wenn eine geeignete Stelle angeboten würde, dann ist oft eine Bedingung, dass eine Handwerkerausbildung mit Berufserfahrung erwartet würde und zudem ist eine derartige Stelle so beliebt, dass häufig mehr als 500 Interessenten Zugriff auf das Angebot nehmen…

Also ich habe ja schon viel gemacht in meinem Leben und mein Handicap bei der Stellensuche ist eben, das ich keine Berufsausbildung vorweisen kann…Abitur reicht da nicht ganz aus…mir fehlt somit eine wichtige Eintrittskarte und mit 48 Lenzen bin ich auch nicht mehr der Jüngste.

Im vergangenem Herbst habe ich ein einwöchiges unbezahltes Praktikum am hiesigen Theater, dem Schauspielhaus in der Requisite gemacht. Meine Praktikumsanleiterin hatte ich in einer Apotheke kennengelernt, als wir beide am Tresen standen…die Arbeit dort hat mir sehr viel Freude gemacht, war interessant, vielseitig, es war Improvisationskunst gefragt…und nach einer Woche Einarbeitung hätte ich theoretisch sofort anfangen können… mit meinem Interesse an den Aufgaben und mit meiner schnellen Auffassungsgabe fiel mir alles sehr leicht…abär, abär…es ist keine Stelle frei…öffentlicher Dienst…Sparmaßnahmen…es gibt in Deutschland vermutlich mehr aktive Astronauten, als freie Stellen in der Requisite an Theatern…ich hätte auch gerne ein längeres unbezahltes Praktikum nachgeschoben, aber für eine 48-jährigen hat man dafür kein Verständnis…

Fortsetzung folgt…

FOKUS
FOKUS
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Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von FOKUS »

Fortsetzung…

…ich habe mich in den letzten Tagen davor gedrückt hier weiterzuschreiben, weil mir
nichts einfällt und ich immer drumherum schleiche…und es ist mir immer etwas Besseres eingefallen…

Inzwischen habe ich mir die Formulare von der BA vorgenommen und es tatsächlich geschafft einen Teil davon auszufüllen…und ich frage mich, ob es für eine Individualisten für mich, ohne Berufsausbildung, mit einem breitgefächertem Halbwissen, überhaupt einen geeigneten Arbeitsplatz gibt…

…wenn ich diese „gestelzten“ Stellenannoncen lese mit ihrem „elaborierten Sprachcode“ wird mir immer ganz anders…dann stelle ich mir immer so gut funktionierende „Schlipsträger“ vor… mal davon abgesehen, dass ich mit den Berufsbezeichnungen oft nichts anfangen kann…

…ich kann mich nun mal nur an der Praxis orientieren und brauche eine vielseitige, universellere Aufgabenstellung… nur „funktionieren“ funktioniert bei mir nicht….

Es ist letztendlich auch eine Opportunitätsfrage: bin ich mit dem Arbeitslosengeld zufrieden für eine bescheidene Existenz oder gibt es eine Job für mich der eine Bereicherung darstellt und das Gehalt nicht nur die „Mühe“ dafür kompensiert…

…außerdem finde ich das Prinzip schon richtig, dass jeder für seinen Lebensunterhalt arbeiten muß…andererseits findet auf dem Arbeitsmarkt ein Verdrängungswettbewerb statt und bevor ich einen job machen muß, der mir keinen Spass macht oder mich sogar quälen würde, würde ich lieber für jemanden zurücktreten, der es mehr braucht und der mit den Bedingungen besser zurecht kommt…
…vorerst genieße ich mal das schöne Wetter…und freue mich meines Daseins, auch ohne Job…

…und dann mal sehen…

LG FOKUS
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