Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

FOKUS
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Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von FOKUS »

Hallo zusammen,

ich möchte euch nachfolgend meine Lage darlegen:

Ich bin m, 48, Single, 3 erfolgreich abgebrochene Studiengänge, mehr (!)jährige TP Einzel- und Gruppentherapie, 1990 bis 2007, vorigen April beendet, keine Berufsausbildung, ich denke, ich habe etwa die vergangenen 25 Jahre mit mehr oder weniger starken Depression zu tun gehabt, während der langen Therapiezeit habe ich viele (Studenten) Jobs gemacht…u.a. Taxe gefahren, Transportbranche und vieles mehr, zuletzt habe ich fast 9 Jahre als Hausmeister in einer öffentlichen Einrichtung gearbeitet, wegen Wochenarbeitszeitreduzierung beziehe ich seit Aug. 05 ergänzend Harz IV…

…aufgrund spezieller Konflikte mit meinem Arbeitgeber habe ich, musste ich, einen Auflösungsvertrag aushandeln, Fortzahlung meiner Bezüge bei Feistellung von der Arbeit, ab Dez. 07 bis Mai 08, dann Antrag auf ALG I, nun muß ich die Vermeidung einer Sperrzeit bei BA erreichen, wg. medizinischer Indikation…Arbeitslosmeldung und Formulare…

Der Verlust meines Teilzeitjobs vergangenen Dezember durch den Auflösungsvertrag hat mich, neben zwei anderen Erlebnissen, stärker getroffen, als ich zu dem Zeitpunkt gedacht hatte und hat bei mir, nachdem ich die vergangenen Jahre fast „beschwerdefrei“ war, seit. Dez. wieder zu einer Depression mit Angstzuständen geführt…Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, Antriebslosigkeit, Existenzängste, Selbstvorwürfen…

Anfang März war ich bei meinem Psychiater und habe Cytalopram 20mg/Tag verschrieben bekommen (das erste mal für mich, ein AD), nach anfänglichen Nebenwirkungen und 14 Tage erstmal ne halbe, geht’s mir jetzt ganz deutlich besser und zusammen mit ¼ 25mg Doxepin abends kann ich auch wieder sehr gut schlafen…

Obwohl ich in meinem Job nicht mehr so glücklich war, haben mich meine Erlebnisse in Sachen Auflösungsvertrag nachhaltig erschüttert, insbesondere habe ich mein Grundvertrauen in die Arbeitswelt, Arbeitgeber, Behörden…absolut verloren…und ich habe eine große unbestimmte Angst benutzt, instrumentalisiert zu werden…

…ich habe keine Motivation und zudem wäre meine Ausgangslage aufgrund meines Alters und der fehlenden „Eintrittskarte“ für eine Arbeitsstelle und der Arbeitsmarklage denkbar schlecht…als Hausmeister möchte ich (absolut) nicht mehr arbeiten und für irgendwelche Hilfsarbeiten fühle ich mich intellektuell überqualifiziert, kreativ unterfordert, das würde mich weiter zunehmend deprimieren…es behagt mir aber auch nicht, mich mit Hartz IV und meinem 100.- Euro Nebenjob dauerhaft einzurichten…im Zweifel aber eher das…

Ich hänge jetzt also mehr oder weniger antriebslos herum, habe mich zurückgezogen, kann einigermaßen meinen Alltag bewältigen, kann mich einigermaßen beschäftigen, denke sehr viel nach, und freue mich, dass ich mit diesem Forum eine Möglichkeit gefunden habe, hier zu schreiben können, mich mitteilen zu können.

Ich würde gerne mit euch zusammen meine Lage eingehender und konkreter erörtern und hoffe, dass es nicht nur für mich hilfreich sein kann, sondern gleichermaßen auch für andere, die sich in ähnlicher Lage befinden.

Gruß
FOKUS
ya
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Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von ya »

Hallo lieber Fokus,

Du hast nun ein Statement zu Deiner Lage hier geschrieben. (Ich habe vorherige Beiträge auch „lesereich“ verfolgt).

...
<Ich würde gerne mit euch zusammen meine Lage eingehender und konkreter erörtern und hoffe, dass es nicht nur für mich hilfreich sein kann, sondern gleichermaßen auch für andere, die sich in ähnlicher Lage befinden.>
....

Du möchtest hier (auch) einen Austausch. – Allerdings frage ich mich, wenn ich Deinen Thread hier jetzt lese...- was willst Du (vielleicht denn genau) wissen?!“. –Worum geht es Dir (hier)? – Ich finde, dass man (ich) hier viele Themengebiete „herauslesen“ kann... allerdings fehlt mir (persönlich) die konkrete „spezifische Fragestellung“ – (sorry, Du schreibst und „sprichst“ viele individuelle Themengebiete an )-

(Den „Gesamtkomplex“ kann ich (meine ich) durchaus nachvollziehen)...Also –

Nochmals .-Was ist für Dich momentan Dein konkretes und , vor allem, individuelles Thema, welches Dir am meisten zu „schaffen macht“?!?

Lieben Gruss,
pinkfloyd

P.S. > Als ich Deinen/diesen Thread gelesen habe (nicht nur einmal) - ab und zu dachte ich – mmhmmmmmmmmm... zu einigen Punkten in Deinem Beitrag....mmhmmmmmmmm.....-whatever it meens (for you)-...
FOKUS
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Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von FOKUS »

Hallo pinkfloyd,

danke für deine Rückmeldung und Deine Frage(n).

Ich wollte zunächst einen Überblick über meine Lage schildern, um nicht nach und nach etwas hinterher zu schieben, und somit die Gefahr besteht, dass im folgenden hilfreich gemeinte Beiträge anderer durch neu von mir offengelegte Infos, Tatsachen …vielleicht ins Leere laufen würden…

….konkret habe ich mal erlebt, dass ich sorgfältig einen Beitrag als meine Antwort für einen Eröffnungsthread hier geschrieben hatte und als ich nach ca. 1,5 Std. fertig war, habe ich noch mal reingesehen, und da waren inzwischen viele Antworten da und neue Informationen nachgeschoben, dass mein Beitrag dazu nicht mehr passte und ich meinen Kram gelöscht habe…löschen musste…

Ich möchte mich kritischen Fragen offen stellen, meine Erlebnisse konkret reflektieren und versuchen, soweit es in diesem Webforum möglich ist… ... meine Depressionsprobleme zu bearbeiten…für mich und für andere nachvollziehbar machen… ich habe da so etwas ähnliches, wie meine Gruppentherapie im Hinterkopf…aber vielleicht bin ich da auch schief gewickelt?
Auf jeden Fall hilft mir schon mal allein das Schreiben…ungeachtet des Verständnisses oder der Rückmeldungen, die ich mir vielleicht wünsche oder erhoffe…

…verbunden mit der Frage, ob es hier Leute gibt, vielleicht in ähnlicher Situation, Ausgangslage, in der ich mich befinde?…nicht so depressiv, dass sie handlungsunfähig sind?…im ähnlichen Alter?…lange Therapie hinter sich?…Hartz IV…mit wenig Geld über die Runden kommen müssen?…die auf der Suche nach einer Perspektive sind…die versuchen, sich über Symptome hinaus, konstruktive Gedanken über sich machen, was zu ihrer Depression geführt hat und vielleicht auch offen darüber reflektieren möchten…aufarbeiten, analysieren…Erlebnisse berichten…aus einem gewissen Abstand heraus…

Ein Thema, was mich besonders beschäftigt, ist mein erlittener Vertrauensverlust.
Damit es an dieser Stelle nicht zu lang wird, schreibe ich darüber in meinem nachfolgenden Beitrag, und hoffe, dass ich mit meinem beschrieben Problem das Interesse anderer wecken kann und es dazu anregt, aus eigenem Erleben zu berichten oder vielleicht Fragen an mich zu richten…

Gruß
FOKUS
FOKUS
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Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von FOKUS »

Hallo pinkfloyd,

wie oben angekündigt, ein Erklärungsversuch für meinen Vertrauensverlust:

…ich war fast 9 Jahre als Hausmeister in einer ev. Kirchengemeinde angestellt und habe da im negativen, wie im positiven Sinne ein, in meiner Herkunftsfamilie, im weitesten Sinne ähnliches Gefühl, gehabt oder auch übertragen…

positiv war für mich:
gesichertes Einkommen, relativ viele Freiheiten, Erweiterung meiner handwerklichen Kenntnisse, Selbstbewusstsein durch Erfolge und Sozialkontakte, Tagesstruktur und eine besondere Art von Geborgenheit, die Phantasie, eine Oberverantwortung an meinen Arbeitgeber übertragen zu sehen…wie ein Kind auf dem Spielplatz…

negativ war für mich:
kleinbürgerliches, biederes Denken und Getue, Hin- und Hergeschiebe von Verantwortlichkeiten, Obrigkeitsdenken, Bürokratismus, unklare Menschen, und alles vermischt und durchsetzt mit diffusen religiösen Moralisierungen und Lippenbekenntnissen…ich habe mich nicht mit den religiösen Inhalten identifiziert und mich auch nicht am sogenannten Gemeindeleben beteiligt…und mich überwiegend durch Distanz definiert, eher ein Eigenleben geführt…

(ich zitiere jetzt mal auszugsweise, geändert, gekürzt aus einem anderen Beitrag von mir)
„In einem Personalgespräch unter vier Augen, hat mir mal mein mir „Dienstvorgesetzter“ Pastor (10 Jahre jünger als ich, Berufsanfänger, soziale Einrichtung) mit Eiseskälte gesagt: „Herr T……., Sie sind zu teuer.“

Ich bin ärgerlich geworden…und habe gefragt, was er denn damit bezwecken wolle und was er von mir erwarte, was ich dazu sagen solle, und wenn ihm was nicht passen würde, möge er mir eine Änderungskündigung vorlegen, aber nicht so einen Spruch von sich geben…

Der Gleiche hat anderer Stelle mal zu mir gesagt, wenn ich krank werden würde, sollte ich Antibiotika nehmen, damit ich arbeitsfähig bliebe…im Nachsatz kam dann: „ach nee. Ich darf das ja gar nicht sagen, ich bin ja kein Arzt“… oder wenns für ihn unbequem wurde: „Ich bin ihr Dienstvorgesetzter, für mich ist das Gespräch beendet…!

Ich musste im Verlaufe der Zeit, ca. 4 Jahre, noch weitere Kränkungen einstecken …ignorieren meiner Arbeitsleistungen, Kürzung meiner Wochenarbeitszeit…der hat aus meiner Sicht, was Personalführung angeht, so alles mit mir falsch gemacht, was falsch zu machen geht…okay, ich habe mich auch provozieren lassen, und bin zu einem Teil mitverantwortlich an dem Konflikt…
Ich habe eben auch erlebt, dass dieser „Chef“, wenn er sich nicht hinter seiner Rolle, hinter seiner Position verstecken konnte, ein armer Wicht ist…und nicht viel übrig bleibt…und das habe ich ihn auch spüren lassen…

…und ich habe mich aber immer zur Wehr gesetzt, und in der Sache das für mich mögliche durchgesetzt, aber irgendwann war mein Rückzugsgefecht zu Ende und ich verlor meinen Teilzeitarbeitsplatz, in dem ich einem Auflösungsvertrag zustimmen musste…meine Motivation, dort weiterzuarbeiten, wurde durch das Angebot und die damit verbundene Ablehnungsbotschaft ausgehebelt…zerstört…

Ich glaube, dass ich bei den Konflikten, neben den Sachauseinandersetzungen, auch meine „pubertären“ Nachholbedürfnisse befriedigt habe. Mein eher unbewusster Wunsch, die persönlichen Konflikte in einem offenen Gespräch beizulegen, mussten schon deshalb Illusion bleiben, weil Offenheit und Selbstkritik mit diesem “Vorgesetzten“ nicht möglich war und Konflikte in Kirchenkreisen unter dem Teppich bleiben müssen.

Der „Vorgesetzte“ hat von zwei Vorständen beschließen lassen, das man mich dort nicht mehr haben wollte, und dies dann fadenscheinig mit meiner mangelnden Arbeitsleistung begründet…

Wenn ich mir nur die rein äußeren Umstände betrachte, brauche ich dem Verlust meines Arbeitsplatzes eigentlich keine Träne nachweinen, aber auf der Gefühlsebene, dem Verlust von so etwas wie „Geborgenheit“ und „Vertrautheit“ hat mich deswegen tiefer getroffen, weil es offenbar einen frühkindlichen, traumatischen Verlust bei mir berührt hat.

Es bedeutet für mich eine Verletzung meines Urvertrauens, das wieder zu Depression und Angst geführt hat und mich die Welt nun wieder vielfach aus misstrauischer, kindlicher Sicht betrachten lässt.

Schlagartig wurde ich mir meines Alters bewusst, meine eingeschränkten Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt, meiner Lebensbilanz…alle meine Bemühungen, die lange Therapiezeit, alles war schlagartig in Frage gestellt…

Ich möchte es mir mich mit dieser Schilderung nicht in der „Opferrolle“ bequem machen, sondern versuchen, meine Erlebnisse über das „Schreiben“ aufzuarbeiten, und über ein tieferes Verständnis, meiner Depression vielleicht wirksam zu begegnen.

Ich hoffe, dass deutlich geworden ist was ich weiter oben gemeint habe und dass es auch hilfreich für andere sein kann.

Gruß
FOKUS
TearsforFears
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Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von TearsforFears »

Hallo FOKUS,

das ist ja schon eine Sauerei, was der Herr Pastor da abgezogen hat. Das hätte ich von der evangelischen Kirche nicht erwartet. Und dieser Spruch: "Sie sind zu teuer". Unmöglich. Ich denke nicht, dass Deine erbostes Reaktion darauf pubertär war.

Eigentlich bist Du ja auch überqualifiziert für so einen Job, trotzdem hast Du ihn jahrelang gut gemacht. Was wollen die eigentlich?

Dieser Pastor sollte mal etwas mehr in der Bibel lesen.

Grüße,
Tears
ya
Beiträge: 134
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Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von ya »

Hallo lieber Fokus,

schön, dass Du etwas konkreter geworden bist - o.k. – ich nehme mal das Thema Arbeitsverlust – Vertrauen/Geborgenheit – und den daraus „resultierten Erwartungen ( von der Arbeit und von Dir)“ auf (und mit dem dazugehörigen Glaube – diesen lasse ich jetzt mal relativ außen vor, obwohl er, denke ich, für Dich auch sehr tragen war/ist).

Ich kann Deine Situation sicher gut verstehen –und die „Personalgespräche“ (so wie Du sie beschreibst“) sind mit Sicherheit „nicht so gelaufen“, wie sie hätten „sein sollen“ (als Depressiver, Mensch – und als Personaler).

Leider Gottes ist es nun halt mal so, das die „materielle Wirtschaftlichkeit“ (gerade auch die der „menschlichen Produktivität“ – die es aber schon immer gab) stark (wieder) angezogen hat – und das war und ist von eh her auch in den „Kirchengemeinden“ so.

-(allgemein, etwas überspitzt anders gesagt: die volkswirtschaftliche Auslese unter Berücksichtigung der Globalisierung – Nutzen/Zweck – Zweck/Nutzen)....-

Fokus,
Du schriebst die positiven und negativen „Verbindungen der Arbeit für Dich “ auf und den daraus resultierenden „Vertrauensverlust“. – Es ist sicherlich verdammt schwer, seine „Arbeit“ zu verlieren (auch unter Berücksichtigung Deines „Lebenslaufes“).

Ich denke, ein generelles Problem wird und ist auch immer die Erwartungshaltung (an sich selber und auch an andere), Stellenhaltung und die Interpretation, die man in den Beruf (Arbeit/Job/...) legt – und was man dabei für sich emotional verbindet – oder halt „ERWARTET“. (Ich setze mal den Thread von dore/dorenberg (mit meinen Antworten) hier rein. (keine Angst – sind nur vier Beiträge- also nicht so viel zum lesen)

http://www.kompetenznetz-depression.de/ ... 1207043133

ERWARTUNG ( Bestätigung)- Daraus resultierend; ich würde Dir gerne auch die Frage stellen:

Gibt (oder siehst Du für Dich) es denn nicht Möglichkeiten für Dich, Vertrauen, Geborgenheit/Glaube (Bestätigung) auch „außerhalb der Arbeitswelt“ zu finden?

Lieben Gruß,
pinkfloyd

P.S: Nichts für Ungut - aber die Äußerung (hier ein Ausschnitt von Fokus):

.... nicht mehr arbeiten und für irgendwelche Hilfsarbeiten fühle ich mich intellektuell überqualifiziert, kreativ unterfordert,...

und hier ein Ausschnitt von Tears:

...Eigentlich bist Du ja auch überqualifiziert für so einen Job...

-Es macht mich doch schon ein bissle nachdenklich (gerade im Bezug auf die Bibel und das Christentum)...und ich frage mich, wie es mit der WERTUNG/WERTSCHÄTZUNG aussieht?!?
Liber
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Registriert: 4. Jun 2006, 18:09

Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von Liber »

Hallo Fokus,

nach dem Lesen deiner Postings glaube ich, dass dieser Abschnitt ganz Wichtiges aussagt:

>Wenn ich mir nur die rein äußeren Umstände betrachte, brauche ich dem Verlust meines Arbeitsplatzes eigentlich keine Träne nachweinen, aber auf der Gefühlsebene, dem Verlust von so etwas wie „Geborgenheit“ und „Vertrautheit“ hat mich deswegen tiefer getroffen, weil es offenbar einen frühkindlichen, traumatischen Verlust bei mir berührt hat.

>Es bedeutet für mich eine Verletzung meines Urvertrauens, das wieder zu Depression und Angst geführt hat und mich die Welt nun wieder vielfach aus misstrauischer, kindlicher Sicht betrachten lässt.


Da ist etwas passiert, was eine alte Wunde berührt hat. Und diese Wunde ist durch durch diese Erfahrung wohl jetzt erneut aufgebrochen. Abwertung ("Sie sind zu teuer") von Seiten des Pfarrers - Aufbegehren, Protest, vielleicht auch Trotz von Deiner Seite aus - Entlassung, mit der der Pfarrer seine Macht demonstriert und was für dich erst mal "Heimatlosigkeit" bedeutet.

Das sind an sich schon heftige Brocken. Und wenn sie dich dazu an ein ähnliches Trauma in der Kindheit erinnern, ist es nicht verwunderlich, dass du depressiv auf diese Ereignisse reagiert hast.

Ich kenne das auch: Ereignisse von heute, die aber alte Wunden anrühren, lassen mich mit dem alten Muster, der Depression reagieren. Und die Reaktion ist um vieles heftiger als es der Anlass an sich wert wäre.

Deshalb ist es wichtig, meine ich, dass du dir diese alte Wunde anschaust. Ist dies in deiner Therapie schon geschehen?

Sich die Wunde anzuschauen heißt natürlich noch nicht, dass sie damit auch geheilt ist - aber es ist ein erster wichtiger Schritt.

Viele Grüße
Brittka
FOKUS
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Registriert: 2. Apr 2008, 13:46

Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von FOKUS »

Hallo Tears,
danke für Deine Solidarität.

Dieser junge, ehrgeizige Herr Pastor hat noch ganz andere Dinger losgelassen.
Das Bibellesen und Theologiestudium sind eben kein Ersatz für persönliche Autorität,
muß sich aber auch nicht zwingend ausschließen. Ich denke, dass das schon ein sehr merkwürdiger Beruf ist, angelernte Heilslehren zu verkünden.

Es ist wohl auch so, dass ich durch meine TP Therapie einen partnerschaftlichen Umgang verinnerlicht habe und mir einen klareren Blick in meine „Psyche“ und in die anderer erworben habe. Insofern hat mich sein „abweichendes“ Verhalten noch mehr gestört.

Pastoren sind es auch Kraft Amtes gewohnt, hofiert und bedient zu werden, ich habe mich jedoch nicht an der allgemeinen „Hinternkriecherei“ beteiligt. Außerdem habe ich wohl nicht seinem Klischee von „devoten Hausmeister“ entsprochen, sondern deutlich meine Meinung gesagt.

Vielleicht sind Hausmeister und Pastoren auch natürliche Feinde, der eine mehr der Realität zugetan und der andere mehr in narrzistische Sphären abgedriftet…?

Sein Vorgänger war anders, hatte andere neurotische Ausprägungen, hier ein Auszug aus einem anderen Beitrag von mir:
„Ich möchte noch über ein Erlebnis mit dem Vorgängerpastor berichten, und neben der damals psychisch belastenden Komponente, denke ich, dass es auch einen gewissen Unterhaltungswert hat.

Ich hatte gerade meinen Job angefangen und war noch etwas naiv und unerfahren am neuen Arbeitsplatz, als mich der damalige Pastor fragte, wie ich denn in die Gemeinde im Rahmen eines Gottesdienstes eingeführt werden wolle…es würde da so verschiedene aufwendige oder schlichte Zeremonien geben…

(dazu muß ich anmerken, dass ich dem zuständigen Gremium bei meiner Einstellung klar mitgeteilt hatte, dass ich wenig bis keinen Bezug zu religiösen Inhalten hätte und ich mich eher nur mit den sozialen Arbeitsfeldern, na ja…identifizieren… könnte)

Ich antwortete, also wenns unbedingt sein müsse, dann so schlicht wie möglich,- ich dachte daran, kurz aufzustehen und shake hands, und gut is.
Nun…ich habe schon gemerkt, dass der Pastor schon größeres Zeremoniell im Sinn hatte…Entscheidung wurde vertagt…

Dann traf ich ihn später zufällig im Treppenhaus und er sagte Hände reibend zu mir, mit glänzenden Augen, dass er es groß aufziehen wolle, gemeinsames Einmarschieren in die Kirche, Niederknien, Hand auflegen und was nicht noch alles…hätte noch der Propst, der Bischoff und der Vorsitzende der deutschen Bischoffsynode gefehlt…

Nach dieser Begegnung habe ich dem Vorstand unmissverständlich deutlich gemacht, dass ich mich nicht instrumentalisieren lassen will, dass ich mich nicht als Kulisse missbrauchen lassen will, und dass das Ganze an eine seelische Vergewaltigung grenzt…und…meine kirchliche Einführung komplett ausfallen müsse…

Im Laufe der Zeit konnte ich immer wieder beobachten, dass es eine Spezialität des Herrn Pastor war, bei jeder sich bietenden Gelegenheit irgendwelche Schäfchen für seine Zwecke zu instrumentalisieren, vorzuführen, als Objekte zu missbrauchen…aus Eitelkeit, Machtausübung oder was auch immer…unter dem Deckmantel der Christlichkeit…

So eine ähnliche Instrumentalisierung habe ich auch in meiner „Primärsozialisation“ durch meine Mutter erlebt..., und deshalb reagiere ich auf so ein Vorgehen besonders allergisch.“

Gruß
FOKUS
TearsforFears
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Registriert: 18. Jan 2008, 12:52

Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von TearsforFears »

Wow, ich war eine zeitlang ehrenmatlich in der evang. Jugend aktiv und so ein Unfug ist da niemals vorgekommen. Man kann doch nicht jemandem, der damit nix anfangen kann, einen Gottesdienst aufzwingen!

Das klingt nicht nach Vorstellung des neuen Hausmeisters, sondern nach Taufe, was Dein Pastor da vor hatte. Das ist schon sehr seltsam und außerdem komplett respektlos gegenüber Deiner atheistischen Einstelllung, auf die Du ja ein Recht hast. Wenn es die Kirche so sehr stört, dann hätten sie Dich gar nicht erst einstellen dürfen.

Es ist auch komplett unchristlich jemanden, der nicht will, unter irgeneinem Vorwand in einen Gottesdienst zu "verwickeln".

Ich komme aus dem Staunen nicht mehr raus,
Tears

PS: Sei froh, dass Du da weg bist.

PPS: Ich finde es auch super, dass Du nicht gekuscht hast!
FOKUS
Beiträge: 85
Registriert: 2. Apr 2008, 13:46

Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von FOKUS »

Hallo pinkfloyd,

vielen Dank für die Rückmeldung.

Ich muß zunächst mal sagen, dass Deine Zeichensetzung für mich gewöhnungsbedürftig ist und Deine Betrachtung meiner Erlebnisse für mich zu rational ist.

Ich denke, dass ich mich mit meinen Arbeitsaufgaben sehr identifiziert habe, vielleicht zu sehr und dass, wenn es um Gestaltung und Umsetzung von Ideen ging, ich geradezu mit meinen Ideen verschmolzen bin …

Was die mangelnde Anerkennung anging, bischen habe ich erwartet, nicht überschwänglich oder Lobreden, nö, etwas Wertschätzung, positive Rückmeldungen, konstruktive Kritik und insgesamt mehr Interesse, mehr nicht…

Und genau das, hat man mir geradezu vorsätzlich verweigert, ignoriert… als wenn da auch so eine Art Konkurrenzsituation aus Sicht des Pastors entstand…außerdem passte ich nun so überhaupt nicht in sein Klischeedenken hinein…

Zur Stellenkürzung muß ich noch sagen, dass er versucht hatte, sich in den neuen Arbeitsvertrag (Nebenabrede) so eine Art Direktionsgeneralvollmacht hineinzuschreiben, also flexible Arbeitzeiten, Tätigkeiten außerhalb von Hausmeisterarbeit, Abend- und Wochenenddienst sowie Einrichtung eines Arbeitszeitkontos…und das bei einer Wochenarbeitszeit von 8 Stunden (!), und er hat versucht mich zu nötigen, dass ich sein Papier zwischen „Tür und Angel“ unterschreibe…eine Art win/win Situation zu schaffen, entweder er unterschreibt es, dann habe ich ihn unter der Knute, oder nicht, dann bin ich ihn los…

An dieser Stelle, bei diesem unseriösen Vorgehen, war mein Vertrauen erstmalig so richtig durchgeschüttelt.

Gegen die Stundenkürzung konnte ich nichts unternehmen, habe ich auch akzeptiert, aber alle anderen Klauseln habe ich zusammen, mit der Nachbargemeinde (die teilten sich das Gemeindezentrum und mein Gehalt) abgewehrt und es stand letztendlich mein Entwurf im Arbeitsvertrag.

Die Nachbargemeinde ist mir dann später mit den Vorstandsbeschlüssen in den Rücken gefallen, die hatten ja dann die Seiten gewechselt…das war auch ein schwerer Vertrauensbruch für mich.

Ich will damit sagen, dass es mir hier nicht um finanzielle Sachzwänge geht, sondern um anständigen Umgang miteinander…partnerschaftliche Zusammenarbeit, um Vertrauen…und letztendlich, das was mich da so berührt hat, das ich eine Depression bekam. Dazu erkläre ich mich in der Antwort für Brittka.

Deine letzte Bemerkung verstehe ich nun überhaupt nicht. Was gibt Dir zu Denken, welche Wertschätzung meinst Du, kannst Du das erläutern und konkretisieren?

„Gibt (oder siehst Du für Dich) es denn nicht Möglichkeiten für Dich, Vertrauen, Geborgenheit/Glaube (Bestätigung) auch „außerhalb der Arbeitswelt“ zu finden?“

Ja sicher, aber wenn ich einen großen Teil meiner Zeit und Energie für die Arbeit einsetze, möchte ich mich wohl fühlen, mich mit meiner Arbeit identifizieren können, und da ist für mich ein gutes Vertrauensverhältnis eben besonders wichtig.

Aber es gibt sicher viele Arbeitnehmer, die eine miese Arbeitssituation mit Konsum, Hobby und einem „schönem“ Zuhause kompensieren wollen, ich nicht…

Gruß
FOKUS
FOKUS
Beiträge: 85
Registriert: 2. Apr 2008, 13:46

Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von FOKUS »

Hallo Brittka,
danke, dass Du meine Gefühlsseite mehr betrachtet hast.

Ich habe eben Antworten an Tears und pinkfloyd verfasst und bin jetzt nach drei Stunden konzentriertem Schreiben müde geworden. Das Thema meiner frühkindlichen „Traumatisierung“ ist mir zu wichtig, als das ich jetzt darüber schreiben möchte. Es ist eine Geschichte, ein Erlebnis, dass ich als Dreijähriger hatte und ich kann mich an viele Details erinnern…

Das mache ich morgen, nach dem Frühstück, wenn ich ausgeruht bin.

Vielleicht können wir ja Parallelen zwischen uns entdecken…


erstmal
Gruß
FOKUS
ya
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Registriert: 25. Mär 2008, 16:53

Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von ya »

Hallo lieber Fokos,

traurig, dass Du Dich nicht so wohl fühlst, und Deine Erinnerungen (auch durch den Arbeitsverlust, und was noch dahinter steckt, Dich demotivieren).

Nun möchte ich gerne auf einige deiner „Statements“ eingehen....

....

>Ich muß zunächst mal sagen, dass Deine Zeichensetzung für mich gewöhnungsbedürftig ist und Deine Betrachtung meiner Erlebnisse für mich zu rational ist.<

Aber vielleicht, dieses ist doch gerade interessant; die Gewöhnung, verschiedene „Zeichensetzungen“ zu haben, zu setzen und zu verstehen, akzeptieren und zu interpretieren – und daraus aus verschiedenen Sprachen zu lernen und diese zu verstehen. – Sei es auch verschiedene „Betrachtungsweisen“ –ob rational oder emotionell- Solidarität auszusprechen oder zu vor allem zu hinterfragen?

...
>Ich denke, dass ich mich mit meinen Arbeitsaufgaben sehr identifiziert habe, vielleicht zu sehr und dass, wenn es um Gestaltung und Umsetzung von Ideen ging, ich geradezu mit meinen Ideen verschmolzen bin …<
>Was die mangelnde Anerkennung anging, bischen habe ich erwartet, nicht überschwänglich oder Lobreden, nö, etwas Wertschätzung, positive Rückmeldungen, konstruktive Kritik und insgesamt mehr Interesse, mehr nicht…<...

Ich stehe absolut dafür, dass Arbeit (siehe meine Antwort aus dore/dorenberg `s Thread) auch Indentifikation /Spaß/Freude...machen soll; ebenso; man soll auch darin aufgehen – ABER - nicht nur, wenn man alles dort „hineinpackt“ -

Und genau darin sehe ich unter anderem die „Gefahr“, wenn man generell ( so wie Du Dich äußerst „Geborgensein/.../Anerkennung/...) seine „depressiven Emotionen“ ( woher sie auch immer für jeden einzelnen kommen) komplett u. a. in der Arbeit auslebt. – Scheitern- ist meist vorprogrammiert!

...
>Und genau das, hat man mir geradezu vorsätzlich verweigert, ignoriert… als wenn da auch so eine Art Konkurrenzsituation aus Sicht des Pastors entstand…außerdem passte ich nun so überhaupt nicht in sein Klischeedenken hinein…<...

Entschuldige bitte (ich habe für Deine Situation mehr als volles Verständnis (glaub mir)– auch das man gerade dann Solidarität sucht- was auch verdammt gut tut –langfristig denke ich aber auch, dass man sich hinterfragen muss).

Daher, auch wenn (wahrscheinlich) etwas provokant:

Was ist denn Wertschätzung (für Dich)-
Was hat man Dir (denn wirklich) vorsätzlich verweigert/ignoriert?
Konkurrenzsituation (aus Sicht des Pastors)?- Was ist mit Deiner Konkurrenzsituation?
Klischeedenken? - Was ist den Dein „Klischeedenken“?

Davon abgesehen, Du hast für einen „Verein“ gearbeitet, der auch bestimmte „Glaubensrichtungen“ praktiziert und diesen auch „lebt“ (auch wenn, so wie Du beschriebst, äußerst fragwürdig). - Als Du damals in der „Gemeinde“ Deine Aufgaben übernommen hast- Was war denn Deine „Motivation“? – Hoffnung?!?

...
>Zur Stellenkürzung muß ich noch sagen, dass er versucht hatte, sich in den neuen Arbeitsvertrag (Nebenabrede) so eine Art Direktionsgeneralvollmacht hineinzuschreiben, also flexible Arbeitzeiten, Tätigkeiten außerhalb von Hausmeisterarbeit, Abend- und Wochenenddienst sowie Einrichtung eines Arbeitszeitkontos…und das bei einer Wochenarbeitszeit von 8 Stunden (!), und er hat versucht mich zu nötigen, dass ich sein Papier zwischen „Tür und Angel“ unterschreibe…eine Art win/win Situation zu schaffen, entweder er unterschreibt es, dann habe ich ihn unter der Knute, oder nicht, dann bin ich ihn los…
An dieser Stelle, bei diesem unseriösen Vorgehen, war mein Vertrauen erstmalig so richtig durchgeschüttelt.<
>Gegen die Stundenkürzung konnte ich nichts unternehmen, habe ich auch akzeptiert, aber alle anderen Klauseln habe ich zusammen, mit der Nachbargemeinde (die teilten sich das Gemeindezentrum und mein Gehalt) abgewehrt und es stand letztendlich mein Entwurf im Arbeitsvertrag.<...

Ich bin leider (auch) Depressiver – und auch Personaler – aber vor allem Mensch (ich könnte als Personaler darüber einiges sagen, aber dieses würde wahrscheinlich ins Endlose führen- leider).

...
>Die Nachbargemeinde ist mir dann später mit den Vorstandsbeschlüssen in den Rücken gefallen, die hatten ja dann die Seiten gewechselt…das war auch ein schwerer Vertrauensbruch für mich.<
>Ich will damit sagen, dass es mir hier nicht um finanzielle Sachzwänge geht, sondern um anständigen Umgang miteinander…partnerschaftliche Zusammenarbeit, um Vertrauen…und letztendlich, das was mich da so berührt hat, das ich eine Depression bekam. Dazu erkläre ich mich in der Antwort für Brittka.<...

Was heißt das für DICH in den Rücken gefallen – und die Seiten gewechselt? –Vertrauensbruch? – (vielleicht auch einmal außerhalb beantwortet bezüglich Deiner Traumatisierung)

Und damit kommen wir wieder zu „ERWARTUNGEN/ERWARTUNGSHALTUGEN“ - "WERSCHÄTZUNG"(vielleicht aus der Vergangenheit), zum „Vertrauen“, was dieses in einem auslöst, was man damit verbindet und erinnert, interpretiert, welche Auswirkungen die Vergangenheit mit dem heutigen JETZT und der ZUKUNFT man verbindet...- und, leider die Vergangenheit , die sich jetzt wieder in dem JETZT wiederspiegelt...-

Na ja, alles ne Frage der WERTSCHÄTZUNG.

Lieben Gruß,
pinkfloyd
penelope
Beiträge: 73
Registriert: 11. Apr 2008, 21:16

Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von penelope »

hallo fokus
weisst du, ich bin der festen ansicht, dass jeder zugefügte schmerz eine bedeutung für eine spätere erfahrung ist. das klingt vielleicht naiv aber in meinem leben hat es sich bewahrheitet, obwohl es nichts einfacher gemacht hat, aber doch-in manchen momenten gibt es mir halt.
wenn du es mal vernarben lässt, wirst du vielleicht eines tages sehen zu was es gut war, dass du so schlimme erfahrungen gemacht hast.
und dass du abgebrochene studienzweige hast, das will nichts heißen, es nicht zu spät eine andere ausbildung in deinem tempo anzufangen, oder eben etwas anderes.
das problem ist doch dass man sein eigenes leben immer zu mit dem anderer menschen vergeleicht. mit erfolgreichen menschen etc. wenn man das nur lassen würde.
sicherlich könntest du eine genausolange liste machen mit sachen die du wohl gemeistert hast. keine großen sachen, dann eben kleine sachen, kleine alltägliche sachen.
kopf hoch.
FOKUS
Beiträge: 85
Registriert: 2. Apr 2008, 13:46

Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von FOKUS »

Hallo penepole,

danke für Deine aufmunternden Worte.
Ich denke, dass ich in dem Arbeitsverhältnis nicht nur schlechte Erfahrungen gesammelt habe, sondern es war sehr vielschichtig und nervlich sehr anstrengend für mich gewesen, weil ich alles sehr intensiv erlebt habe und wenn ich an die Zeit zurück denke, mir sehr vieles, wie ein Film, durch den Kopf geht.

Ich wollte aber nicht diese Erlebnisse hier in den Mittelpunkt rücken, sondern sehen, was für mich auslösend für meine Depression war und eine Verbindung zu meinen Kindheitserfahrungen in meiner Familie herzustellen.

Meine abgebrochenen Studiengänge waren Jura, VWL und Soz. Päd. Und ich habe da trotzdem so einiges für mich mitnehmen können…lange Geschichte…

Viel wichtiger war für mich aber meine 7- jährige Gruppenselbsterfahrung bzw, Gruppentherapie, vielleicht ein Berufsausbildungsersatz für mich… es gibt leider kein Zertifikat dafür…

In depressiver Stimmungslage, und das weisst Du sicher auch aus eigener Erfahrung, bewerte ich mich negativ, mache alles schlecht und perspektivlos…und vergleiche mich mit Leuten, die mehr „Erfolg“ haben, als ich…und lege da meine verinnerlichten kleinbürgerlichen Restanteilsvorstellungen und Maßstäbe bei mir an…

Diese negative Sichtweise ist für mich eine Aggression gegen mich selbst gerichtet…ich bemühe mich, auch durch meine Beiträge hier, meine gesunden Anteile zu stärken…
Eine zentrale Frage, die ich mir stelle, und die stellen sich sicher auch andere…wo liegen die Ursachen dafür, was findet da in mir statt und wie kann ich dem konstruktiv begegnen…

Gruß
FOKUS
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Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von FOKUS »

Hallo tears,

was mich damals so besonders geärgert hat, das der Pastor mein Arbeitsverhältnis mit seinem christlichem „Praktizieren“ vermischen wollte, und mich da so bedrängt hatte, mich nötigen wollte…

und ich in der Probezeit war und ich nicht wusste, ob ich meinen Job riskiere…

Ich habe mich dann auf meine Arbeitnehmerrechte berufen, und eine klare Grenze gezogen…

Dieser Pastor ist dann später in den Vorruhestand gegangen, ich vermute mal stark, und dafür habe ich begründete Anzeichen, nicht nur aus eigener Wahrnehmung,
aufgrund psychischer Erkrankung.

Ich wollte eigentlich mit meinem Thread den Schwerpunkt auf meine Erlebnisse in diesem Arbeitsverhältnis legen, sondern mehr zu gucken, was für mich depressionsauslösend gewesen ist, und da spielt der angestaute Ärger sicher auch eine Rolle…

Gruß
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albert
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Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von albert »

Hallo Fokus,

ich kann einiges in deinen Schilderungen nachvollziehen. Im Rückblick kann ich sagen, dass depressionsauslösend für mich fast immer Verlusterlebnisse im Berufsleben waren, je nach Intensität mehr oder weniger stark. Zunächst stand ich dem ratlos gegenüber, habe es geschehen lassen. Das Umfeld hat es als Versagen interpretiert, besonders den Zusammenbruch im Sommer 1987.

Ich führe es heute darauf zurück, dass ich sachorientiert bin. Später als mich die Verlusterlebnisse und Stresssitutaionen bis hin zu körperlichen Symptomen gebeutelt haben, habe ich von mir aus die Grenze gezogen. Eine Zeitlang habe ich im freiberuflichen Bereich Ausweichmöglichkeiten gehabt, aber das war wegen den Finanzen sehr begrenzt und dann begann der wirtschaftliche Abstieg. Zu dieser Zeit in den späten neunziger Jahren habe ich mehr als einen Aushilfsjob angenommen, hatte auch mal das Glück einer festen Anstellung für ein Jahr und war dann wieder froh, dort gekündigt zu werden, weil ich mich am falschen Platz fühlte.

Das war ein sehr langer Weg und heute muss ich sagen, bin ich immer noch nicht am richtigen Platz, werde unter dem wahren Wert gehandelt. Das drückt sich z. B. in der Auflage der Arbeitsagentur aus, drei Bewerbungen pro Monat zu schreiben.

Vor drei Jahren gab es mal Stimmen im Forum, die mich um ein Berufungserlebnis beneidet haben. Ich finde heute, das war ein falscher Gesichtspunkt.

In all diesen Jahren habe ich mir eine Lebensaufgabe erarbeitet. Und wenn mal ein Tiefschlag gekommen ist, habe ich mir ferner liegende Punkte gesucht, an die ich Hoffnung für eine bessere Arbeit in der Zukunft knüpfen konnte. Ich muss mein Leben nicht an eine einzige Institution koppeln.

Ich habe Verletzungen erlebt, mehr als einmal und es war wichtig für mich, eine Traumatherapie zu beginnen. Heute kann ich darüber stehen. Mich interessiert der Betreffende, der mich damals verletzt hat, nur noch als Mitglied seiner Institution. Es wäre sinnlos, gegen einen Einzelnen angehen zu wollen. Es macht auch keinen Sinn, gegen die Struktur anzugehen, weil sie politisch so gewollt ist, bzw. das Ergebnis einer Interessenkungelei in der Gesellschaft, so beschrieben z. B. im Buch „Pestalozzis Erben“ von Mahlmann.

Nein, ich bin einfach auf der Suche nach einer Institution, wo ich als Mensch und mit meiner Arbeit willkommen bin. So viel und nicht mehr.

Grüße
Albert
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Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von FOKUS »

Hallo pinkfloyd,

das belastende Arbeitsverhältnis ist für mich nun beendet, und wie ich in meinen beiden Antworten an penelope und tears schon gesagt hatte, wollte ich eigentlich mehr die Hintergründe und das für mich, Depressionsauslösende, näher beleuchten.

Ich habe so das Gefühl, dass Du da mehr so aus der verhaltenstherapeutischen Ecke heraus sprichst und für mich war das, ist das, immer zu kurz gesprungen…ich werde versuchen, auf einzelne Deiner Bemerkungen einzugehen, und mal sehen, wo ich da lande.

„Ich stehe absolut dafür, dass Arbeit (siehe meine Antwort aus dore/dorenberg `s Thread) auch Indentifikation /Spaß/Freude...machen soll; ebenso; man soll auch darin aufgehen – ABER - nicht nur, wenn man alles dort „hineinpackt“ -
Und genau darin sehe ich unter anderem die „Gefahr“, wenn man generell ( so wie Du Dich äußerst „Geborgensein/.../Anerkennung/...) seine „depressiven Emotionen“ ( woher sie auch immer für jeden einzelnen kommen) komplett u. a. in der Arbeit auslebt. – Scheitern- ist meist vorprogrammiert!“

Also, ich habe nicht „alles“ hinein gepackt, sondern ich habe in meiner Arbeit mehr gesehen, als die anderen da. Einen Teil meiner Anerkennung habe ich mir selbst gegeben, in dem ich mich über meine Ergebnisse gefreut habe.

Was Du da mit „depressiven Emotionen ausleben“ in den Raum stellen willst, ist mir rätselhaft.

Hauptproblem war für mich, dass ich mich letztendlich weder mit den „Unternehmenszielen“ noch mit den dortigen „Repräsentanten“ identifizieren konnte, ich immer in diesem Konflikt stand und meine Arbeitsergebnisse im Laufe der Zeit nicht mehr für mich ausgereicht haben, ich immer mehr Ärger angestaut habe, um mich dort noch wohl zu fühlen…aber auf das Geld angewiesen war…und trotz aller Widrigkeiten, habe ich an dem Job festgehalten, und ich mir, trotz allem, so was wie Geborgenheit geschaffen habe…

„Was heißt das für DICH in den Rücken gefallen – und die Seiten gewechselt? –Vertrauensbruch? – (vielleicht auch einmal außerhalb beantwortet bezüglich Deiner Traumatisierung)“

Ich hatte sozusagen mit der anderen Gemeinde eine Koalition gebildet, um meine Interessen im neuen Arbeitsvertrag durchzusetzen….zu dem dortigen Pastor ein Vertrauensverhältnis aufgebaut…Kontakt gehalten…über die drei Jahre immer mal besucht und „informelle“ Gespräche geführt, ihn mit Informationen versorgt…und dann setzen die beiden Pastoren sich zusammen und lassen von Ihren Vorständen beschließen, dass sie mich nicht mehr haben wollen, das ich mittels Auflösungsvertrag weg muß…das hat mich schon überrascht, dass die beiden, die sich eigentlich immer „feindlich“ gegenüberstanden, sich auf einmal einig waren…

„Was ist denn Wertschätzung (für Dich)-
Was hat man Dir (denn wirklich) vorsätzlich verweigert/ignoriert?
Konkurrenzsituation (aus Sicht des Pastors)?- Was ist mit Deiner Konkurrenzsituation?“

Wenn ich diese Fragen alle beantworten sollte, würde ich wieder bei Beispielen und Erlebnissen landen, das hätte ich zwar alles parat, aber das ist mir jetzt zu anstrengend, das hier wieder aufzukochen…

Aber einen Satz zu meiner „Konkurrenzstuation“: ich denke, dass ich schon ein Bedürfnis hatte, mich mittels von ein paar Verbesserungen und Projekten in meinem Bereich zu profilieren, und dass mir meine „kleinen“ Erfolge, meine Freude daran und meine Identifiezierungsfähigkeit geneidet wurden…möglicherweise habe ich auch dem Vorstand nebst Pastor deren Ideenlosigkeit vor Augen geführt…deswegen gabs keine Anerkennung ausgesprochen…

„Als Du damals in der „Gemeinde“ Deine Aufgaben übernommen hast- Was war denn Deine „Motivation“? – Hoffnung?!?“

Ich hatte mich gefreut, dass man diesen Job angeboten hatte und ich meine autodidaktisch erworbenen Hausmeisterfähigkeiten in dem Job anwenden konnte.

…Tarifvertrag, regelmäßiges Einkommen, interessante und vor allem abwechslungsreiche Aufgaben…das religiöse Gebaren da und die Leute dort waren mir nicht sympathisch, ja fast unheimlich, aber ich habe es respektiert, wenn es Menschen gibt, die in ihrer Religionsausübung eine Orientierung und einen Halt finden, mehr aber auch nicht…und ich habe nebenbei meine eigenen sozialpsychologischen Feldstudien in diesem Mikrokosmos „Kirchengemeinde“ betrieben…für meine Abgrenzung…um Erfahrung und Menschenkenntnis zu sammeln…

Mit Deinem letzte Absatz kann ich beim besten Willen nichts anfangen, zu diesen, für mich sehr allgemein und zusammenhanglos in die Debatte geworfenen Bemerkungen fehlt mir der Zugang, wenn Du sagst, dass alles eine Frage der „WERTSCHÄTZUNG“ sei, würde ich dem begegnen, mit: dass alles eine Frage des „BEWUßTSEINS“ ist…na, und…? Hilft Dir das weiter?

Ich würde mich freuen, wenn Du von Deiner distanzierten, „erhabenen“ Betrachtung wegkommst und auch über Deine eigenen Erfahrungen und Erlebnisse berichten würdest.

Gruß
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Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von FOKUS »

Hallo Brittka,
ich versuche jetzt, wie gestern angekündigt, das Traumatische in meinem Erleben zu beleuchten:

….ich hatte als Dreijähriger ein belastendes Erlebnis, die Welt war für mich schlagartig anders.
Ich wachte morgens auf und da war ein schwarzer Mann…es war mein Vater, den ich aber nicht erkannt hatte…er war mir fremd…er hatte einen schwarzen Mantel an…meine Mutter war weg…mein Vater war sehr hektisch und nervös…er war in Eile…ich verstand es nicht…er wusste nicht, was ich gewohnt war zum Frühstück…es war alles so fremd…ich hatte Angst…ich dachte, meine Mutter ist tot…er verfrachtete mich zusammen mit eilig gesammeltem Spielzeug und Kleidung in seinen schwarzen VW Käfer…und brachte mich zu meiner Tante aufs Land, ein Bauernhof…da war alles fremd…es roch anders…da waren auch Kinder…die waren mir fremd…meine Tante war nicht meine Mutter…kein Ersatz…ich spielte auf dem Hof mit meinem gelben Dreirad…ich sehe mich bitterlich weinend auf dem Arm meiner Tante…viele Menschen um mich herum…mein Dreirad war zerstört…da war jemand mit dem Trecker drübergefahren…ich hatte nicht nur meine Mutter verloren, sondern auch mein Lieblingsspielzeug…

Mein Vater war so nervös, weil meine Mutter in der Klinik war, um meine Schwester zur Welt zu bringen. Ich hatte mit meiner Mutter bis zu diesem Zeitpunkt ein inniges und paradiesisches Verhältnis, das durch diese Umstände so plötzlich und für mich nicht verstehbar, zerstört wurde.

Ich denke, dass ich mich vielleicht mit dem Aufenthalt bei meiner Tante noch irgendwie zurecht fand, mich irgendwie arrangiert hatte…innerlich emigriert war…aber durch die Beschädigung meines Dreirades wurde mein Mutterverlust noch verstärkt deutlich, weil ich das einzige, was mir noch Halt gegeben hat, auch noch zerstört wurde…und da war für mich die Welt zusammengebrochen…

Ich glaube, dass ich mich in meinem Arbeitsverhältnis auch in meiner kindlichen Erlebniswelt bewegt habe, statt mit dem Dreirad habe ich mit anderen Dingen „gespielt“ und mich mit den Verhältnissen arrangiert. Der Rausschmiss mit dem Auflösungsvertrag ist mit meiner erlittenen Dreiradzerstörung gleichbedeutend, und deswegen hat mich das tiefer getroffen, als es den äußeren Umständen nach vielleicht zu verstehen wäre.
Mein Arbeitsplatzverlust hat mein kindliches Urvertrauen wieder erschüttert.

Das Gemeindezentrum als Bauernhof bei meiner Tante, Versorgungsabhängigkeit im Arbeitsverhältnis, Distanz zu den „fremden“ Menschen, erleben emotionaler Kälte, innere Emigration, ignorieren meiner Bedürfnisse, Arbeitsaufgaben als Spielzeug…es lassen sich für mich viele nachvollziehbare Parallelen herstellen…

Ich erkläre mir meine Depression als Rückfall in meine kindliche Bedürfniswelt, versorgt werden wollen, Trost finden, traurig sein, verletzt, gekränkt sein…sehr sensibel auf die Umwelt zu reagieren…Angstzustände…

…und weil ich als „Kind“ nicht die gesellschaftlichen Ansprüche, insbesondere in der Arbeitswelt erfüllen kann, gibt es (Selbst) Vorwürfe und Schuldgefühle dafür zu spüren…

Ich denke, dass es nicht nur mir so geht und dass es grob gesehen, diese innerpsychischen eigendynamischen Mechanismen sind, die zu Depressionen, zu den allseits beschriebenen Symptomen führen…

Gruß
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Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von FOKUS »

Hallo Albert,

ich habe eben auf vier Beiträge geantwortet, bin müde, hungrig und ausgelaugt,
möchte aber trotzdem kurz auf Dich eingehen:

„Hallo Fokus,
ich kann einiges in deinen Schilderungen nachvollziehen. Im Rückblick kann ich sagen, dass depressionsauslösend für mich fast immer Verlusterlebnisse im Berufsleben waren, je nach Intensität mehr oder weniger stark. Zunächst stand ich dem ratlos gegenüber, habe es geschehen lassen. Das Umfeld hat es als Versagen interpretiert, besonders den Zusammenbruch im Sommer 1987.

Ich führe es heute darauf zurück, dass ich sachorientiert bin. Später als mich die Verlusterlebnisse und Stresssitutaionen bis hin zu körperlichen Symptomen gebeutelt haben, habe ich von mir aus die Grenze gezogen….“

Ich möchte Dich in Anlehnung an meine Antwort an Brittka fragen, ob Du Dich an belastende Erlebnisse in deiner Kindheit erinnern kannst und Parallelen zu Deinem heutigen Erleben herstellen kannst?

Deine Aussage „Ich führe es heute darauf zurück, dass ich sachorientiert bin.“ empfinde ich als sehr „verkopft“. Vielleicht ist es auf anderer Ebene umgekehrt, dass Du in Ermangelung ausgeglichenem emotionalen Erlebens, zu sehr auf „Sachorientierung“, also verstandesorientiert gepolt bist…und dass es mehr als ein Symptom denn als eine Ursache zu verstehen ist…?

„Ich habe Verletzungen erlebt, mehr als einmal und es war wichtig für mich, eine Traumatherapie zu beginnen. Heute kann ich darüber stehen.“

Magst Du dazu konkreter werden?


Gruß
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albert
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Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von albert »

Hallo Fokus,

wenn Parallelen zwischen Kindheit und Erwachsenendasein, dann dass ich schon als Kind mit einem eigensinnigen Gesichtsausdruck in die Welt geguckt habe, das ist auf Bildern belegt. Es bezieht sich also mehr auf die Haltung an sich. Typisch war vielleicht, dass man von meiner Zeit im Kindergarten sagte, der lässt alles mit sich machen. Das ist beim Erwachsenen anders, heute gelte ich als schwierig, dann kommt mein Eigensinn zum Vorschein.

Ob meine Aussage, sachorientiert zu sein, verkopft ist, sehe ich als Problem des Gesichtspunktes an. Im Unterschied zu den „Normalos“ sehe ich im Arbeitsproblem nicht das Machtproblem: wer kriegt wen unter? Sondern ein Beziehungsproblem, für das auf fachlicher Ebene Lösungsansätze vorhanden sind. Ich stecke sehr viel Herzblut in meine Arbeit. Von einer „Ermangelung ausgeglichenem emotionalen Erlebens“ kann nicht die Rede sein. Diese Arbeit ist mein Lebensinhalt.

Die Handlungsweisen einiger Personen des Umfeldes wirkten auf mich verletzend. So jener Beamte, dem ich vor einer Besprechung meine erarbeiteten Unterlagen zugesandt hatte, den ich vor Beginn der Sitzung darauf ansprach, worauf er nur antwortete, dass es schwierig zu lesen sei und der in der Sitzung dann zeigen wollte, dass ich nicht richtig messen kann anhang von Einzelergebnissen aus meinen Unterlagen. Ich habe öfter meine Unterlagen an die Behörde geschickt, aber nicht einmal eine Stellungnahme geschweige denn eine Eingangsbestätigung erhalten. Das nenne ich verletzend.

Deutlich wurde die Verletzung, als ich zwei Monate eine Traumreise später durchführte und dabei einen übel zugerichteten Mann fand. Eine Woche später wurde mir klar, dass ich das selbst war. Es bedurfte dann einer intensiven Bearbeitung im Verlauf eines Wochenendseminars und die Unterstützung durch die Gruppe, um diese Verletzungen zu heilen.

Jede erneute Begegnung mit solchen Personen aus Behörden kann Verletzungen erzeugen. Besonders schwerwiegend ist, dass die Arbeitsvorschriften aus solch einem Hause wie eine Blockade wirken. Würde ich danach arbeiten, würde ich umgehend in eine depressive Episode fallen.

Ich kann mir nur helfen, dass ich großmöglichen Abstand halte. Wenn ich mich nach deren Vorschriften halten würde, müsste ich die Ergebnisse von zwanzig Jahren Arbeit wegwerfen. Zu meinem Glück habe ich inzwischen andere Bekannte im Ausland, die mir durch konstruktiven Austausch helfen, auf fachlicher Ebene weiter zu kommen.

Ich kann verstehen, dass dies alles viel auf einmal für dich ist, so wenn du mehr als zwei Postings beantwortest. Willst du mal eine Pause einlegen und später nach ein oder zwei mal Überschlafen daran weiter arbeiten?
Grüße
Albert
penelope
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Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von penelope »

hallo fokus,
falls du derzeit irgendwie zu einer buchhandlung kommst, bestell dir das buch(falls die es nicht ohnehin schon haben) JIM KNIPFEL "BLINDFISCH".
es kostet nicht viel. da schreibt der autor über sich, er hat eine seltene krankheit, seine netzhaut hat irgendwas, er erbilndet langsam seit seiner geburt. das buch handelt von erkenntnissen dieses mannes und sein kampf gegen sich und seine eigenen depressionen, aber hauptsächlich wie er seine autoaggressionen auslebt. der autor und ich erzähler ist 1965 geboren und schreibt gut.
das ganze ist in dieser editionsreihe die von der elke heidenreich empfohlen wurde.
vielleicht hilft dir das auf deiner suche nach deiner lösung.
mir ist klar dass du nicht von geburt an langsam und qualvoll erblindest, darum gehts gar nicht. aber dieses buch, der autor versteht was vom alleinsein und nicht-funktionieren in der gesellschaft. seine ganzen nebenjobs und seine selbstzerstörung in der alkoholsucht und seine ausgeprägte depression und wie er das im nachhinein bewertet ist, finde ich sehr lesenswert.
vielleicht hilft es dir.
ich verrate nicht welcher satz mir da am meisten geholfen hat, weil es dich beeinflußen könnte.
ein buch hilft einem oft weiter als man denkt und es ist ein sehr kluges buch, also keine sorge, dir wird nicht langweilig.
Liber
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Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von Liber »

>Ich erkläre mir meine Depression als Rückfall in meine kindliche Bedürfniswelt, versorgt werden wollen, Trost finden, traurig sein, verletzt, gekränkt sein…sehr sensibel auf die Umwelt zu reagieren…Angstzustände…

>…und weil ich als „Kind“ nicht die gesellschaftlichen Ansprüche, insbesondere in der Arbeitswelt erfüllen kann, gibt es (Selbst) Vorwürfe und Schuldgefühle dafür zu spüren…

>Ich denke, dass es nicht nur mir so geht und dass es grob gesehen, diese innerpsychischen eigendynamischen Mechanismen sind, die zu Depressionen, zu den allseits beschriebenen Symptomen führen…


Hallo Fokus,

die Parallelen, die du von dem frühkindlichen Trauma zu dem aktuellen Ereignis beschreibst, sind für mich gut nachvollziehbar!

Das traumatische Erlebnis des (vom Kind so empfundenen) Verlassenwerdens durch die Mutter könnte durch die Entlassung und die Behandlung durch den Pastor wieder aktiviert worden sein. Das Herausgerissenwerden aus dem "Paradies". Die Angst, die Trauer, das Nichtverstehen, die Verletzung des kleinen Jungen.

Die Zerstörung des Dreirads scheint die Zerstörung dieses Paradieses noch zusätzlich zu symbolisieren. Nichts ist mehr wie es war.

Ich finde, es ist schon ein großer Schritt, diesen Auslöser überhaupt zu erkennen.

Bei mir hat es lange gedauert, bis mir solche entscheidenden Auslöser während meiner PA allmählich klar geworden sind.

Nun wäre der nächste Schritt, diese eigendynamischen Mechanismen, die zur Depression führen, zu unterbrechen. Entscheidend hierfür ist nach meiner Erfahrung die Erkenntnis, DASS es eben ein Mechanismus ist, der das auslöst. Es ist die innere Aktivierung dieses frühen Geschehens, die hier wirkt, die wie ein Sog in die Tiefe zieht. Aber: es ist ein alter Schmerz.

Der Schmerz von heute wird ganz stark durch den alten Schmerz verstärkt.

Und: heute kannst du schwimmen. Du bist dem Geschehen emotional nicht mehr in der Weise ausgeliefert, wie damals als kleiner Junge. Du FÜHLST dich so, aber du BIST es nicht mehr. Das ist der entscheidende Schritt, dir darüber bewusst zu werden - nicht nur vom Verstand aus, sondern diese Erkenntnis muss sich vom Kopf ins Herz ausbreiten.

Lieben Gruß
Brittka
steppenwolf1

Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von steppenwolf1 »

Hallo FOKUS,

habe nciht den ganzen Thread durchgelesen, war mir zuviel. Aber den ersten Teil, indem Du Deinen Job und die Beziehung zu dem Pastor beschreibst.
Das ist schon hart und eine Erfahrung, an der man zu schlucken hat.
Ich weiss nicht, wie ich Dir Mut machen kann. Vllt. dass ich mit der Diakonie andere Erfahrungen gemachtg habe und es vllt. nicht zwingend so notwendig ist, wie du es erlebt hast. Bin selbst Atheist und werde dort trotzdem so anerkannt, ohne Glauben, darf ich sein - zumindest hat mich noch keiner verjagt.
Genauso habe ich mich erkundigt, wie es mit dem Glauben dort ist und es scheint meiner Meinung nach eine recht tolerante Stimmung zu herrschen ... sie erzähltem mir z.B. auch, dass auch anders- oder nichtgläubige Menschen als Mitarbeiter gibt. das fand ich toll. Genauso, wie man sich austauschen konnte, was Glauben ist und was nicht. Z.B. konnte man auch an die Natur glauben.
Nun denn, die Erfahrungen mit dem Pastor sind schon extrem und das kann ich verstehen.
Mögen sie Auslöser Deiner tiefen Depression sein.
Aber wie kommst Du da jetzt wieder raus ?
Bist du in Therapie ? Gehst Du in die Kirche ? (sorry, wenn ich diese INfo nicht gelesen habe).
Schön, dass Du mit dem Thread versuchst was für Dich zu klären.
Ich wünsch Dir viel Erfolg und versuch weiter mitzulesen, soweit ich kann !

Alles Gute, s.wölfin
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Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von FOKUS »

Hallo Wölfin,

danke für Deine Solidarität.

es geht mir hier nicht so sehr um „Trost“ oder um „Mut“ machen, sondern um Analyse und zu verstehen, um nachvollziehbar zu machen, für mich, für andere und da sind meine Erfahrungen mit dem Arbeitgeber „Kirche“ prinzipiell austauschbar. Es geht mir darum, Parallelen zu meinen früheren Erfahrungen zu erkennen und Mechanismen aufzudecken…die für mich Depressionsauslöser waren.

„Gehst Du in die Kirche ?“ nein!

…zur Sache „Glauben“, „Kirche“ und „Religionsausübung“ habe ich schon erklärt, dass es für mich nicht wichtig ist und ich wenig Bezug dazu habe. Soziales Engagement und Christliche Grundwerte sind für mich so allgemeingültig, dass im Grunde niemand etwas dagegen einzuwenden haben kann, und damit sind diese Grundwerte überallhin übertragbar, mehr kann ich dem aber auch nicht abgewinnen…

Eine Einstellungsvoraussetzung für einen Arbeitsplatz in den Kirchengemeinden ist übrigens die Kirchenmitgliedschaft.

Anhand meiner Erlebnisse wollte in mein grundsätzliches intensives Erleben und meine Kränkbarkeit beispielhaft deutlich machen.

Ich denke, dass ich dem jungen Pastor direkt und indirekt deutlich gemacht habe, nach den hier beschriebenen und anderen Erlebnissen, dass ich von ihm nichts halte und er für mich nicht authentisch ist, weder in der Zusammenarbeit noch in seinem Auftreten, na ja, und dann ist es eben zwangsläufig so gekommen…

„Mögen sie Auslöser Deiner tiefen Depression sein.
Aber wie kommst Du da jetzt wieder raus ?
Bist du in Therapie ?“

Lies doch bitte weiter oben noch mal genauer nach.

Ich freue mich, dass Du Dich für mein Thema, meine Themen interessierst und Dich beteiligen möchtest, vielleicht auch mit eigenen konkreten Erlebnissen…?

Lieben Gruß
FOKUS
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Re: Bin neu hier und meine „psychosoziale“ Situation…

Beitrag von FOKUS »

Hallo Brittka,

ich freue mich, dass Du mir Verständnis und meiner Ursachenforschung soviel Interesse entgegenbringst…es motiviert mich sehr, bei meiner Analyse, mit meiner Ursachenforschung weiterzumachen…

…ich bin mir ja vieler Zusammenhänge bewusst, und habe sehr viel „Material“, dass hier gerne durch das Schreiben bearbeiten möchte…um mir und anderen zu helfen…

…meine Mutter war sehr vereinnahmend…ich glaube, dass sie es kaum erwarten konnte, dass ich eingeschult wurde…ich war anfangs ein sehr guter Schüler in der Grundschule….es fiel mir alles sehr leicht…ich habe die Inhalte spielerisch aufgenommen und war sehr motiviert…aber irgendwann haben sich damit auch Wünsche und Erwartungen meiner Eltern verbunden…ich fühlte mich irgendwie von ihnen benutzt…ich bekam das Gefühl, dass ich nicht für mich zur Schule ging, sondern um die Wünsche meiner Eltern zu befriedigen…stellvertretend für deren versäumte Möglichkeiten als Kriegs- bzw. Nachkriegsgeneration…

….meine Schulleistungen wurden schlechter…es meldete sich ein innerer Widerstand bei mir…ein Trotz…ich habe es als Last empfunden…symbolisch war, dass mir meine Eltern einen Schreibtisch gekauft haben…einfach „hingestellt“…ein Weihnachts- oder Gebutstagsgeschenk…eckig, kantig, Nussbaumfurnier, 70er Jahre Stil, total hässlich…ohne mich vorher bei der Auswahl einbezogen zu haben…gekauft und einfach hingestellt…ich sollte unbedingt aufs Gymnasium…den Schreibtisch habe ich kaum benutzt…das Wunsch- und Erwartungssymbol…

Ich denke, dass mich meine Eltern, mit ihren Erwartungen überfordert haben…es fällt mir schwer weiterzuschreiben…es geht mir wie ein Film durch den Kopf…ich glaube sie haben Ihre Wünsche nicht immer offen ausgesprochen…so haben ihre Hoffnungen und Wünsche sich vor allem auf einer unausgesprochenen, unbewußten Ebene in mich eingepflanzt, als Kind war ich da sehr aufnahmefähig…ich wurde zum Erfüllungsobjekt ihrer Wünsche…meine Mutter ist zwar vordergründig auf meine Schulprobleme eingegangen, und hat mir geholfen, aber sie hat eher aus egoistischen narzisstischen Motiven heraus gehandelt…

…als ich auf dem Gymnasium war, war ich die ersten Jahre sehr eingeschüchtert und
ängstlich…

…ich habe dann im weiteren, späteren Verlauf meiner Schullaufbahn einen Trotz und Widerstand gegen „Schule“ und „Lerninhalten“ entwickelt, bin aber auch sicherer geworden…bin zweimal „sitzengeblieben“ und habe meine individuelle Strategie entwickelt, den schulischen Ansprüchen gerecht zu werden…tarnen…täuschen…und verpissen…Taktik…schwänzen….abschreiben…mit Lehrern Zensuren ausgehandelt…am Ende meiner 11 Jahre da, hatte ich mein Abitur…Chemie Leistungskurs schriftlich und mündlich 0 Punkte…trotzdem mit einem Schnitt von 3,0…

…ich habe dann im weiteren Verlauf 3 Anläufe genommen um zu studieren, war damit aber überfordert, zudem hatte ich die Trennung von meiner damaligen Freundin nicht verkraftet, habe sehr viel Cannabis konsumiert und bekam, von heute aus gesehen, schwerste Depressionen…“ich habe wirklich über mehrere Jahre mit dem A….. an der Wand gestanden“…ich begab mich dann aus eigenem Antrieb in die TP Therapie, die insgesammt 17 Jahre dauern sollte, 10 Jahre Einzel- und etwa 7 Jahre Gruppentherapie, ich habe damals 1989 ein Branchenverzeichnis aufgeschlagen, und mir einen Therapeuten ausgesucht, wo was von „tiefenpsychologisch“ stand und dachte mir, das sei gründlich und außerdem hatte der für mich eine ansprechende Annonce…

In der Nachbetrachtung habe ich meine Eltern, beide sind gestorben, mein Vater 1996 und meine Mutter 2001, als psychisch belastet erlebt, meine Mutter litt unter Angst und mein Vater unter Depressionen…beides nicht erkannt und nicht behandelt…
Ich glaube, dass sie die Vorstellung hatten, Wohlbefinden, Zufriedenheit und Selbstbewußtsein wären ausschließlich über Schulbildung und beruflichem Erfolg zu erlangen…

…nun wollte ich eigentlich den Bogen zu dem Konflikt mit dem mir „vorgesetztem“ Pastor spannen, weil der eben erfolgreich studiert hat, und Theologie ist bestimmt ein dickes Brett zum Bohren…und dem da offenbart sich auch die Haltung meiner Eltern…

…dass formale Bildung mit Persönlichkeit und Selbstbewusstsein zu tun hat…und er für mich ein Beispiel an Arroganz dafür ist, dass dem nicht so sein muss.
Aber ich muss auch eingestehen, dass ich ihn und andere beneide, die ein Studium erfolgreich hinter sich bringen konnten und aus diesem Neid auch ein Teil meiner Aggression herrührt.

So, Brittka, und andere, die hier vielleicht mitgelesen haben, ich habe jetzt insgesamt 3 Stunden konzentriert dran geschrieben und merke jetzt, dass ich erschöpft bin, Hunger habe…ich hätte gerne einige Aspekte noch vertieft, mache ich auch noch…aber ich brauche jetzt erstmal eine kleine Pause…

Ich hoffe, dass es neben meinem analytischen Anliegen, auch so etwas, wie einen
Unterhaltungswert hat und ich freue mich über eine Rückmeldung…

Lieben Gruß
FOKUS
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