(zu) hohe Moralvorstellungen als Auslöser von Depressionen?

Guinevere
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Registriert: 8. Nov 2007, 22:08

Re: (zu) hohe Moralvorstellungen als Auslöser von Depressionen?

Beitrag von Guinevere »

naa (nein) !!! nix böse, nur nicht mehr recht "passend", aber, es war auch schon schlimmer - z.B. letzten Sommer, beim Poltern meiner Schwester auf nem Aufest in Kichdorf am Inn (weiß net, ob Dir das was sagt ?)...irgendwie hatte ich auch Heimweh in die Heimat und zugleich stellt man fest, dass man sich doch verändert hat.

hmmm, ja so als:

>"zu einem Teil der Ursachen meiner Depressionen zu machen.
>Hängt Vereinsamung mit alledem doch so zusammen."

darüber hab ich manches mal auch schon nachgegrübelt, aber mir sind so manche "Spässe" (wie zum Beispiel von allen Seiten begrapschen zu lassen und so zu tun, als würde mir das Freude bereiten) einfach im Moment zuviel. Verträgt sich vielleicht auch nicht mit meinem eher anderern Art von Humor (Phantasie) nicht. Tochter und ich haben ja heut zum Radio wieder Ich+Ich Vom selben Stern

http://de.youtube.com/watch?v=SaY1WEcjlmg

gesungen und sie wandelte den Text dann in "Du hast den selben "Vogel" wie ich" ... ist aber doch schön ich freu mich mega, dass ich sie hab...sie weiß schon seit der Schulzeit, dass sie doch "anders" ist.

Schlaf gscheit guad, Jojo! Freu mich auch schon wieder aufs skaten
chimera

Re: (zu) hohe Moralvorstellungen als Auslöser von Depressionen?

Beitrag von chimera »

Hi Roboter,

also, ich sehe Dich in einem Prozeß, der Dir dazu dient herauszufinden, was Du wirklich willst und fühlst – anstatt nur die Dir übermittelten Verhaltensempfehlungen, die Dir ein konfliktarmes Leben ermöglicht haben, umzusetzen. Und nun hast Du einen inneren Konflikt – blöde.

Wir müssen uns darüber im Klaren sein, daß wir immer eine Funktion für unsere Mitmenschen besitzen; es ist also imho nicht möglich, den Anderen nicht benutzen – er entspricht immer einem Bedürfnis, das in uns existiert. Aber es schmerzt stärker, je offensichtlicher die Funktion ist, die man erfüllen muß – insofern ist es nur verständlich, daß nun der Wunsch entsteht, für Dein So-Sein geliebt/gemocht/respektiert zu werden, und nicht dafür, daß Du etwas für Deine Mitmenschen tust. Ich prophezeie Dir, solltest Du Deinen momentanen Impulsen nachgeben, Konflikte wesentlich größerer Art, als Du sie bislang hast – aber auch mehr Spannung, mehr Abenteuer, mehr Freiheit, mehr echte Freude.

»Ich habe das Gefühl ich stehe auf Kreuzung, drehe mich im Kreis und weiß nicht welche Straße ich gehen soll.
Ich glaube auf der Suche nach dem richtigen Weg stelle ich gerade mein ganzes leben in Frage, um eine Lösung zu finden. Ich muss nur aufpassen, dass ich dabei die guten Dinge nicht kaputt mache.«

Nicht etwa, daß ich Dir Angst machen wollte, aber grundlegende Veränderungen bringen es meiner Ansicht nach mit sich, auch liebgewonnene und gute Dinge aufgeben zu müssen sowie sich mit Ängsten konfrontieren zu müssen – jede Entwicklung bedarf imho auch eines Opfers. Liebesbeziehungen zum Beispiel, die beendet wurden, hatte auch ihre schönen und liebevollen Elemente und eine als positiv empfundene Funktion, sonst hätten sie ja nicht bestanden; doch es ist eher unmöglich, diese positiven Dinge zu behalten, möchte man eine neue Beziehung erlangen, die einen höheren Positivgehalt hat.

Vernunft ist meines Erachtens in weiten Teilen davon inspiriert, eine Gefahr abwenden zu wollen – und, wenn man so will, ist ein Leben, das keine größeren Gefahren in sich birgt, auch ein entspannendes Leben. Der Mensch scheint jedoch so konzipiert zu sein, daß eine zu einseitige Tendenz zu einem der beiden Pole Gefahr vs. Sicherheit, nach einer Ausgleichbewegung verlangt – das ist es wohl, was Deine Psyche gerade vornimmt. Gab' auch mal 'nen Spon-Artikel darüber; den find' ich nur gerade nicht.

Mal abgesehen davon, daß auch ich nicht fremdgehen würde und daß auch ich keine Drogen nehme(n kann), bin ich so ungefähr Deine Antipode, und ich frage mich, wie Du so ein Leben aushalten konntest. Aber es würde mir nicht schaden, wenn Du mir ein bisserl was von Deiner Vernunft abgeben könntest.

Das wäre doch vielleicht auch was für Dich:
http://www.youtube.com/watch?v=Mvy-28_uuug
[Erich Fromm – der angepaßte Mensch ist krank]

@ Brittka: Sehe ich auch so ähnlich wie Du.

@ Tears: Wann warst Du glücklicher / weniger depressiv – früher oder heute?


Viel Glück Dir!
Chimera
roboter
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Registriert: 26. Feb 2008, 12:45

Re: (zu) hohe Moralvorstellungen als Auslöser von Depressionen?

Beitrag von roboter »

Hallo chimera,

das war ein sehr schönes Posting von dir. Danke.

Ich habe gerade in einem anderen Forum diesen Spruch gelesen:

"Ich kenne keinen sicheren Weg zum Erfolg,
nur einen zum sicheren Misserfolg -
es jedem recht machen zu wollen."
Plato

Dies hat mir doch sehr zu denken gegeben, da ich glaube, dass ich es in meinem bisherigen Leben wirklich allen Recht machen wollte. Das wird besonders schwierig, wenn man im mittleren Management arbeitet und es bei allen Entscheidungen sowohl dem Chef als auch den Mitarbeitern recht machen möchte.

Wie oft habe ich im Leben schon gedacht "das gehört sich so" bzw. "das tut man nicht". Meistens kamen mir dann erst viel später Zweifel an meinem handeln.

Es ist übrigens nicht so, das ich was von den o.g. Dingen wirklich vermisse. Ich verspüre nur den unbändigen Drang nach Veränderung und ich dachte eine Veränderung dieser Verhaltensmuster könnte helfen. Hier nochmal ein Beispiel aus meiner späten Jugend:
Eines Sommers fragten mich ein paar Kumpels, ob ich nicht auch mit nach Mallorca möchte. Einfach mal ein paar Tage Spass (Alkohol, Frauen etc.) haben. Habe lange überlegt, mich dann aber dagegen entschieden. Warum? für mich war irgendwie klar, dass mein "Spass" nicht so aussieht. Was habe ich davon besoffen zu sein? Und mit fremden Mädels die Nacht zu verbringen? Das kann ich nicht. Da hätte ich immer das Gefühl sie ausgenutzt bzw. benutzt zu haben.

Vielleicht ist dies auch der Grund warum ich mich besser mit Frauen als mit Männern verstehe.

Mein Problem ist heute, das mir die Dinge, an denen ich bisher immer Freude hatte nun keinen Spass mehr machen. Jetzt suche ich natürlich nach Alternativen.

Ich habe schon öfter von anderen gehört: "Vielleicht geht dein jetziger Lebensabschnitt mit all den Guten und schlechten Dingen zu Ende. Nun stehst du vor einem Neuen und du weißt nicht was dich erwartet. Die Depression ist Ausdruck deiner Angst davor."
Ehrlich gesagt kann ich dies noch nicht akzeptieren. Für mich galten bisher immer nur die klassischen Lebensabschnitte Kindheit/Jugend, "Arbeitsalter", Rentner

Wie ihr seht, gibt es bei mir noch eine Menge zu tun.
ndskp01
Beiträge: 2874
Registriert: 9. Feb 2008, 19:34

Re: (zu) hohe Moralvorstellungen als Auslöser von Depressionen?

Beitrag von ndskp01 »

Hallo lieber Rob,

bei deinem Ausgangsposting sind mir als erstes Dinge in den Sinn gekommen, die ich im Zusammenhang mit der Transaktionsanalyse kennengelernt habe. Vielleicht kennst du das Prinzip; es im Detail zu erklären fehlt mir leider gerade die Zeit (sollte eigentlich arbeiten). Was du dort oben beschreibst, hört sich sehr stark nach Stimmen aus dem Eltern-Ich an, Pflichtdenken, Sätze der Form "Man muss immer...", "Wer A sagt muss auch B sagen" oder "Eine gute Mutter liebt ihr Kind immer", "Nie mache ich es recht".
Es sind innere Stimmen, die das Handeln leiten, und die einer die Situation berücksichtigende, differenzierte Entscheidung verhindern. (Bei mir äußert sich das am stärksten in der Angst, zu stören.)

Mh, jetzt weiß ich gar nicht mehr, warum ich diesen Anfang gewählt habe, vielleicht, weil ich glaube, dass so ein Ansatz für dich hilfreich sein könnte auf der Suche nach d e i n e m Weg. Und dann findest du hoffentlich auch wieder Freude an den Dingen, die dir auch früher Spass gemacht haben - vielleicht ergänzt durch ein paar neue.

Jedenfalls, naja, ich wünsche dir einen guten Tag, meine Arbeit ruft mich

Herzliche Grüße von PUK

P.S. an Jojo und SEK: ich wollte bei Gelegenheit mal ein bisschen mehr von mir erzählen; ihr fordert ja immer so nett dazu auf. Jedenfalls geht es gerade recht gut bei mir
TearsforFears
Beiträge: 392
Registriert: 18. Jan 2008, 12:52

Re: (zu) hohe Moralvorstellungen als Auslöser von Depressionen?

Beitrag von TearsforFears »

@chimera: Ich war früher depressiver und meine dämlichen "Kompensationsstrategien" haben dazu beigetragen.

Die Dinge, die man wirklich will, haben in der Regel nichts mit Sex, Drugs& Rock n'Roll zu tun. Da muss man tiefer gehen. Das ist aber vieeel anstrengender als einfach saufen und feiern um alles zu verdrängen.

Grüße,
Tears
rajo1
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Re: (zu) hohe Moralvorstellungen als Auslöser von Depressionen?

Beitrag von rajo1 »

Hallo Roboter,

ich finde deine Wertvorstellungen einfach gut und verbinde diese nicht mit deiner jetzigen Situation.
Diese Fragen stellen Therapeuten öfters und es ist ebenso eine Annahme, dass hohe Wertvorstellungen der Grund einer Depression sind.

Sicher oder hoffentlich hat dich der Therapeut auch nach deinen Wünschen und Lebensvorstellungen gefragt.

Gewiß könntest du die Aufstellung etwas erweitern:

- ausreichend Freizeit/Hobby
- Neues ausprobieren mit und ohne Partnerin
- neue Ziele/Veränderungen
- manchmal nicht ganz so streng zu sich selber sein
- gegenüber Partnerin u.a. Wünsche äußern
- auch mal Nein-sagen können


Ich denke eher, du hast dich etwas überarbeitet und die Beziehung und dein Leben ist vielleicht langweilig, etwas eingefahren oder nicht das, wie du es dir wünschst.
Ich kann auch gut verstehen, dass du nochmal etwas anderes machen willst und dazu Freiheit brauchst.

Vielleicht findet ihr gemeinsam einen Weg?

rajo1
Deswegen muss man sich nicht unbedingt trennen.
Ich kenne ein Paar, die sich viel Freiheit geben und sich aber treu bleiben.
Ich selber, unabhängig, suche nach neuen Herausforderungen und bin der Meinung eine der Ursachen meiner Depression ist "Langeweile", zu wenig Herausforderung, Aufgaben.

Ja, das ist das, was Tears meint, dazu gehört Anstrengung, Mut, Risiko.

Ich wünsche dir einen guten Weg
cybolon
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Re: (zu) hohe Moralvorstellungen als Auslöser von Depressionen?

Beitrag von cybolon »

Hallo Jojo,

"Aber die Folge war, dass ich langsam aber sicher eine gewisse Ausgrenzung registrierte."

Diese Erfahrung habe ich nicht gemacht. Die "Jammerer" hängen mir zwar nicht mehr an der Schulter, was mir ja Recht ist, aber die Leute, die mich so nehmen, wie ich JETZT bin, kommen auch mit meiner Veränderung klar.

Eigentlich so, wie Tini es oben beschrieben hat:

"Heute verstell ich mich nicht mehr - ich bin wie ich bin aber versuche trotz meiner hohen Erwartungen an mich und mein direktes Umfeld nachsichtig zu sein, Enttäuschungen zu akzeptieren und auch dass Andere Menschen anders Leben wollen als wie ich es evtl. für richtig halten würde."

@Brittka
"Moralvorstellungen sind meist etwas von außen "Aufgedrücktes, das aber mit der Zeit verinnerlicht wurde.""

Und haben sich über die Jahre in uns selbst gesteigert. Bei mir wird Rücksicht immer ganz groß geschrieben. Wenn jemand vor einer Einfahrt parkte oder sich an einer Kasse vordrängelte, war ich immer ganz fassungslos.
Auch mein bisheriges Leben schmeckt penetrant nach Moralinsäure.
Fremdgegangen bin ich, laut meiner Thera, weil ich die Symptome der Depression mit Verliebtsein glaubte, bekämpfen zu können.
Ihr könnt mir glauben, dass ich im Leben noch nichts mehr bereut habe als das. Schließlich waren die (teilweise unrealistischen) Scenarien, ich müsse meine Frau und Tochter verlassen, ein Haupt-Triggerer (Auslöser) für mich.
Meine Frau hatte mir sofort verziehen, als ich im Juni 2007 beichtete. Es dauerte aber viele Monate, bis ich mir selbst verzieh.
Sogar heute noch, erwische ich mich dabei, mich für das Vorgefallene zu beschimpfen.

@Chimera
"...Der Mensch scheint jedoch so konzipiert zu sein, daß eine zu einseitige Tendenz zu einem der beiden Pole Gefahr vs. Sicherheit, nach einer Ausgleichbewegung verlangt..."

Ja, deshalb legt man uns ja auch ständig nahe, täglich eine Balance zwischen Pflichten und angenehmen Aktivitäten herzustellen. Wer das Eine nicht kennt, kann das Andere nicht schätzen.

@Rajo
Es gibt sogar Paare, die besser miteinander leben, wenn sie nicht zusammen leben!

Liebe Grüße
vom
cybolon

P.S. Der "cybolon" ist einfach nur mein Name für den Cyberspace (Abgeleitet vom Cebolon aus der Augsburger Puppenkiste...)
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