Fatale Fastfolgen wegen "Verdachtsdiagnose"

ANOVA
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Re: Fatale Fastfolgen wegen "Verdachtsdiagnose"

Beitrag von ANOVA »

Hallo Bea,

also bzgl. Macht muss ich Dir schon widersprechen. Bei manchen Formen der Persönlichkeitsstörung geht es gerade um Macht und darum, sich das zu nehmen, was einem vermeintlich zusteht. Egal, was andere darüber denken.

Es gibt 11 verschiedene Persönlichkeitsstörungen, so dass m.E. kaum eine Aussage für alle Betroffenen gelten kann. Höchstens vielleicht, dass sie alle Schwierigkeiten im zwischenmenschlichen Bereich haben.

Gruß
Xenia
ANOVA
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Re: Fatale Fastfolgen wegen "Verdachtsdiagnose"

Beitrag von ANOVA »

Hallo Lisa,

>Eine Masche meines Vaters war es auch, seine Frauen finanziell von ihm abhängig zu machen.

Abhängigkeit ist das A und O jeder übergriffigen Beziehung, glaube ich. Und oftmals ist es eine gegenseitige Abhängigkeit.

Das Problem ist, dass diese Abhängigkeit schleichend eintritt; man merkt es nicht oder erst viel zu spät. Dann aus dieser Abhängigkeit auszusteigen ist verdammt schwer und es gelingt oftmals erst nach mehreren Anläufen. Leider.

Grüße
Xenia
BeAk

Re: Fatale Fastfolgen wegen "Verdachtsdiagnose"

Beitrag von BeAk »

Liebe Xenia,

ich weiß, es gibt viele verschiedene PS.
Und mein Aussage ist richtig, das um die Erfüllung von Bedürfissen geht.
Und Macht kann in dem Fall das Mittel zum Zweck sein oder auch eben als Bedürfniss das dem Kleinkind versagt wurde.

Aufschlußreich finde ich die Texte von Rainer Sachse zu dem Thema.
ANOVA
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Re: Fatale Fastfolgen wegen "Verdachtsdiagnose"

Beitrag von ANOVA »

Hallo Bea,

so gesehen hast Du natürlich recht. Wenn Macht das zugrunde liegende Bedürfnis ist, richtet sich das Verhalten natürlich auf Bedürfnisbefriedigung. Nur haben eben manche dieses spezielle Bedürfnis mehr, andere haben es nicht oder kaum.

Grüße
Xenia
ils_pixent9
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Re: Fatale Fastfolgen wegen "Verdachtsdiagnose"

Beitrag von ils_pixent9 »

Hallo,
hier wird genau mein Thema angesprochen.
Ganz genauso wie Tears for Tears erlebe ich es in meiner nun fast zehnjährigen Beziehung, ich lebe allerdings nicht mit ihm zusammen, uns trennt gottseidank eine Entfernung von 150 km.

Tears spricht genau das aus was ich erlebt: das Doppelte, man meint, nicht den gleichen Menschen vor sich zu haben.
Auf der einen Seite vermittelt dieser Mensch eine unglaubliche Nähe, Wärme, er kann auch empathisch sein, auf der anderen Seite kommen Machtspiele, Kälte, Boshaftigkeit, Aggressivität, mangelnde Impulskontrolle zutage, der Mensch hat ein sehr schönes und ein total vernarbtes häßliches Gesicht.

Wegen ihrer Kreativität und Lebendigkeit die sie oft besitzen, hatte ich eigentlich immer ein gutes Verhältnis zu Borderlinern, aber ich sehe die negativen Aspekte nicht nur bei meinem Freund sondern habe sie auch bei einer Exfreundin erlebt,in Blitzesschnelle zeigt sich auf einmal eine andere Persönlichkeit.

Ganz sicher sind alle Borderliner unterschiedlich, niemand erfüllt alle Kriterien dieser Störung sondern jeder immer wieder andere, zudem wurde Borderline oft heute zu einer Mode- oder Verlegenheitsdiagnose.

Die Beziehung zu einem Borderliner kann einen selber zu einer Art Borderline- Verhalten bringen, mal ist alles in Ordnung, der Himmel ist blau, die Sonne scheint in der Beziehung, dann ist es plötzlich schwarz, Blitze zucken hin und her, ein orkanartiger Wind bläst und man ist fest entschlossen, die Beziehung zu beenden.

Wieviele gute Ratschläge habe ich schon bekommen, wie sehr war ich zur Trennung entschlossen und bis heute habe ich es nicht geschafft, allerdings muß ich die Einschränkung machen, dass ich sicher weg wäre wenn wir zusammenlebten.
In Ilse erkenne ich mich selber wieder.
Gret
Lisa23

Re: Fatale Fastfolgen wegen "Verdachtsdiagnose"

Beitrag von Lisa23 »

Hallo Xenia,

mit Borderline kenne ich mich nicht so doll aus. Aber ich bin mir sicher, dass es bei jeder Krankheit sehr starke und sehr geringe Ausprägungen gibt. So, wie ich Dich hier erlebe, bist Du ein sehr liebenswerter Mensch. Wenn auf Dich BL zutrifft, dann ist diese Störung bei Dir nur schwach ausgebildet. Soviel dazu von mir als med. Laie.

Bei meinem Vater würde ich eher sagen, er hat eine ausgeprägte NPS. Was diese Störung anbetrifft, fühle ich mich auch schnell leicht verletzt. Ich habe ja auch die Diagnose NPS, allerdings nur von einem Arzt. 10 andere Ärzte, teilen diese Meinung nicht. Es gibt wohl auch einen Unterschied zwischen der weiblichen und der männlichen NPS.

Meinem Vater würde ich auch eine ausgeprägte Borderlinestörung zugestehen. Seine selbstzerstörerischen Tendenzen liegen bei ihm wohl in seinem Leben auf der Überholspur, das sehr kostspielig war. Er wird seine Schulden nie mehr abtragen können.

Schuld daran sind natürlich die anderen. Die Banken, die ihm immer bereitwillig jeden Kredit gewährt haben und dann die Daumenschrauben anlegten und überhöhte Zinsen verlangten, das Finanzamt, der Steuerberater, seine dumme Frau, die nichts vom Geschäft verstand.

Also nochmal. Es gibt die schwach ausgeprägten Störungen und die, die alles sprengen, was man sich vorstellen kann. Meist reicht unsere Phantasie nicht aus, was solche Menschen alles treiben.

Ich werde mir wegen meiner Diagnose noch lange nicht jeden Schuh anziehen. Aber ich denke, ich bin kein verlorener Fall und lernfähig.

Mein Vater ist jetzt 75, seine 3. Frau 72. Sie macht das alles seit über 30 Jahren mit. Aus einer hübschen jungen Frau ist eine alte, verlebte, kranke, ängstliche, verstörte Frau geworden. Mein Vater ist nach außen noch immer der Strahlemann. Das Leid seiner Frau interessiert ihn nicht.

Liebe Grüße, Lisa
ANOVA
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Re: Fatale Fastfolgen wegen "Verdachtsdiagnose"

Beitrag von ANOVA »

Hallo Lisa,

danke für das Kompliment *rotwerd*.

Inzwischen erfülle ich auch nicht mehr ausreichend Kriterien für eine gerechtfertigte BPS-Diagnose. Vor ein paar Jahren sah das noch anders aus, wobei bei mir immer eher eine affektive Störung im Vordergrund stand. Auf meinem Weg war es auch immer wichtig, von irgendwoher noch ein kleines bisschen Hoffnung zu kratzen, sonst hätte ich sicher nicht überlebt.

Ich glaube, dieses "mehr Schein als Sein" Deines Vaters ist eher kein BPS-Symptom.

>Meist reicht unsere Phantasie nicht aus, was solche Menschen alles treiben.

Das sehe ich genauso. Leider Gottes neigen wir alle aber dazu, für uns unvorstellbare Dinge auch als unmöglich anzusehen. Was u.U. leider zu ziemlich krassen Fehleinschätzungen führt.

Grüße
Xenia
Birgit49
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Re: Fatale Fastfolgen wegen "Verdachtsdiagnose"

Beitrag von Birgit49 »

off topic

Hallo Xenia,

da Du Dich in den letzten Tagen wieder hier sehen und lesen lässt, was mich persönlich sehr freut, Deine postings sind einfach fundiert und Klasse, hoffe ich, dass Du Deine arbeitsreichen Wochen gut überstanden hast.

Ich wollte dann noch fragen, ob ich das Daumendrücken bis auf Weiteres einstellen kann, denn so langsam tun diese mir weh und es arbeitet sich auch nicht so besonders gut mit gedrückten Daumen .

Liebe Grüße in die Geburtsstadt meines Sohnes

Birgit
Die Fähigkeit das Wort “Nein“ auszusprechen, ist der erste Schritt zur Freiheit.
(Nicolas Sebastién Chamfort)
BeAk

Re: Fatale Fastfolgen wegen "Verdachtsdiagnose"

Beitrag von BeAk »

Liebe Lisa,

eine PS-Diagnose zu akzeptieren ist garnicht einfach. Zumal, wenn die eigendlichen Diagnosekriterien nicht in der nötigen Anzahl auf einen zutreffen.

Man kann sich aber ganz gut an den Bedürfissen, die hinter der Störung stehn, orientieren.
Hinter jeder PS-Diagnose steht ein eigenes für diese Diagnose carakteristisches Bedürfniss.

Das Grundbedürfiss des path. Narzissten ist Anerkennung. Dafür tut er/sie alles.
Das trifft auf mich zu, somit ist die Diagnose narzisstische Persönlichkeitsstörung gerechtfertigt.
ANOVA
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Re: Fatale Fastfolgen wegen "Verdachtsdiagnose"

Beitrag von ANOVA »

Hallo Birgit,

danke für den Welcome-back-Gruß!

Dein Daumendrücken hat Wirkung gezeigt, seit Montag habe ich lernfrei. Komisches Gefühl, das ich schon lange nicht mehr hatte. Ich bin glücklich, dass ich diese verdammte Klausur jetzt im zweiten Anlauf endlich bestanden habe. Ich habe mich aber auch echt total reingehängt und die letzten Wochen nichts anderes gemacht außer Lernen.

Und jetzt ist mir langweilig, so dass ich das Forum quälen muss.

Nein, so schlimm wird es nicht werden, ich werde mich zurückhalten.

Viele Grüße aus dem wenig frühlingshaften südlichen Südwesten in die Hauptstadt

Xenia
Lisa23

Re: Fatale Fastfolgen wegen "Verdachtsdiagnose"

Beitrag von Lisa23 »

Hallo Xenia,

ein Danke an Dich zurück. Deine Beiträge empfinde ich auch immer sehr fundiert und treffend, auch wenn sie manchmal wirklich treffen. Aber von Dir kann ich das auch gerne annehmen. Du bist zwar an Jahren jünger als ich, aber ich könnte mir Dich als meine große Schwester, die ich immer haben wollte, gut vorstellen.

Mir wurde auch noch eine weitere PS attestiert, die steht auch vor der NPS und zwar die ängstliche vermeidende, selbstunsichere PS. Darin finde ich mich eher wieder. Selbstunsicher auch deshalb vielleicht, weil auf weiten Wegen die Anerkennung fehlte. Da sind wir wieder bei der weiblichen NPS. Und mein Kampf um Anerkennung, in der Familie und im Beruf haben mich wahrscheinlich an meine Grenzen gebracht.

Außerhalb meiner Ursprungsfamilie bekam ich dann später ein hohes Maß an Anerkennung, sogar im Beruf. 15 Jahre Betriebsratsvorsitzende, das ist doch Anerkennung pur. Das von 600 Leuten, die sich gerne von mir versorgt fühlen wollten. In ganz schweren Zeiten des Stellenabbaus, erhielt ich das Vertrauen der Belegschaft, trotz starker Konkurrenz. Aber auch viel Verantwortung.

Wenn ich Kontakte mit meiner Ursprungsfamilie habe (mittlerweile sehr wenige), mit meinem Bruder, meinem Stiefbruder, meiner Mutter und ihrem 2. Mann, dann spüre ich es förmlich, wie sie mich klein halten wollen. Alle tragen noch immer das Bild der kleinen Lisa in sich, die ich längst nicht mehr bin, eigentlich nie war, aber so hätten sie mich immer gern gehabt. Deshalb verbindet mich mit dieser Familie immer weniger.

Zurück in ihre Fänge würde ich mich nie mehr begeben. Davor habe ich wirklich große Angst, igendwann im Leben von solchen Menschen abhängig zu sein. Mein klarer Verstand sagt mir, dass das nie mehr passieren wird. Aber ich bin immer noch vor ihnen auf der Flucht.

Mein Stiefbruder, er ist jünger als mein Sohn, kommt ganz nach seinem Vater. Obwohl er eine herzensgute Mutter hat. Aber die Gene des Vaters waren wohl stärker. Er hatte im Gegensatz zu seinem Vater, ein wesentlich friedlicheres Elternhaus. Seine Mutter gab ihm den nötigen Rückhalt. Er hat aber auch mehr als mein Bruder und ich, die Wutanfälle unseres Vaters erlebt. Erlebt, wie man Frauen unterdrückt und peinigt. Vielleicht fand er daran großes Gefallen. Er macht es heute ebenso. Wenn ich mir vorstelle, ich haette ein solches Monster groß ziehen müssen. Meine "Stiefmutter" erlebt alles doppelt.

Mein Vater kommt aus einer Familie, in der der Vater viel draufschlug. Er aber war der Augenstern seines Vaters und bekam selten Schläge. Seine beiden jüngeren Brüder um so mehr. Meistens für die Missetaten meines Vaters. Der eine Bruder landete später in der Psychiatrie, bis ans Ende seiner Tage. Er konnte nicht allein Leben. Der andere Bruder war ein herzensguter Mensch, Ehemann und Vater.

Deshalb glaube ich nicht, dass diese bösartigen Menschen, erst durch ihr Leben so wurden. Ich glaube, sie kamen schon so auf die Welt. Auch wenn man sagt, alle Babies sind gut. Ich denke, ein großes Maß an Charakter ist vererbt, steckt im Blut und dieses Kind wird sich deshalb genau so entwickeln. Selbst bei der liebsten und besten Mutter, oder bei dem liebsten und besten Vater, wenn die Veranlagung von der Mutter stammt.

Ich kann nicht glauben, dass mein Vater mal ein liebes kleines Kind war. Bei meinem Stiefbruder habe ich es ja erlebt. Er war als kleines Kind schon ein kleiner Teufel.

Liebe Grüße, Lisa
rajo1
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Re: Fatale Fastfolgen wegen "Verdachtsdiagnose"

Beitrag von rajo1 »

Hallo Lisa,

eine interessante These, die sich lohnt mal zu diskutieren.
Ja, dann haben wir auch die Veranlagung zur Depression und andere gute und nicht so gute Charaktereigenschaften und Fähigkeiten von unseren Vorfahren ererbt?

Da können wir uns mühen und mühen, um gut Schach spielen zu können, musikalisch zu sein, um ein Kämpfertyp oder eine liebevolle Persönlichkeit zu werden.

So habe ich viel Positives ererbt, wo mein Vater, da sehr früh verstorben, gar keine Erziehungsarbeit leisten konnte oder keine Vorbildwirkung hatte.
Allerdings hängen mir seine Schwächen auch an.
Manches bekommen wir geschenkt, das andere müssen wir uns erarbeiten, manches lernen wir nie, weil die Voraussetzungen/Veranlagungen fehlen.

rajo1
Lisa23

Re: Fatale Fastfolgen wegen "Verdachtsdiagnose"

Beitrag von Lisa23 »

Hallo raja,

mein kleiner Bruder (nicht der Stiefbruder) hatte als kleiner Bub von 2 Jahren (später auch und intensiver) regelrechte Tobsuchtsanfälle. Er ist mit unserem Vater nicht groß geworden. Er lernte ihn erst richtig kennen und wahrnehmen im Alter von 8 Jahren. Ich mit 10 Jahren. Ich habe die erhöhten Cholesterinwerte aus dieser Familie geerbt.

Ich glaube fest daran, dass die Erbanlagen sehr viel Einfluß haben.

Zu meinem Vater muss ich vielleicht noch sagen, dass er im Alter von 14 Jahren in ein Heim für schwererziehbare männliche Jugendliche kam. Dort war er 4 Jahre. Meiner Mutter erzählte er immer (anderen Frauen auch), es wäre ein Waisenheim gewesen. Er war früh Halbwaise. Seine 4 Geschwister aber auch. Die Mutter ist früh gestorben. Der Vater heiratete aber sehr schnell wieder und die Kinder wurden alle bei dieser Frau groß. Aber mit meinem Vater kamen sie wohl nicht mehr zurecht. Aus den frühkindlichen Missetaten wurden wohl Straftaten. In den 50ziger Jahren wurde den Eltern in solchen Fällen das Sorgerecht für diese Kinder entzogen (heute wohl auch noch). Dieses Erziehungsheim gibt es heute noch in Ettlingen und es ist noch immer für schwererziebare und straffällig gewordene Jugendliche. Bei den jungen Männern handelt es sich auch oft um Sexualstraftäter. Diese Richtung ist auch für meinen Vater bezeichnend. Leider wurde er deswegen später nie mehr angezeigt. Heute hätte er es da wohl schwerer.

Ich habe die letzten 2 Jahre viel Zeit mit Recherchen verbracht. Hatte auch Schriftwechsel mit dem heutigen Heimleiter. Was wirklich war, werde ich nie erfahren. Aber aus dem weiteren Lebenslauf meines Vaters, kann ich mir heute manches besser erklären. Ihm hat diese Unterbringung jedenfalls nicht viel genutzt. Im Gegenteil. Er hat sich ein ganz neues Leben aufgebaut. Sehr darauf geachtet, dass von seiner wirklichen Vergangenheit nicht allzu viel zum Vorschein kam. Er war auch sehr geschickt geworden im Vertuschen seiner weiteren Straftaten. Ganz nebenbei baute er sich ja das Image eines erfolgreichen Geschäftsmannes auf. Dieses Image konnte er viele Jahrzehnte halten. Nach außen war er unantastbar. Zum anderen erlebten ihn aber auch seine Beschäftigten und sein näherer Bekanntenkreis als sehr cholerisch, unberrechenbar und gewalttätig. Wahrscheinlich läßt man in unserer Gesellschaft solche Eigenarten vorwiegend bei Männern immer noch als normal durchgehen. So ist er in seinem Umfeld zwar ein Mann mit vielen Fehlern, aber dennoch ein Ehrenmann. Verdrehte Welt.

Für mich ist er jedenfalls kein Vater mehr. War er auch nie. Für mich ist er ein Mensch, dem ich lieber nie begegnet wäre.

Liebe Grüße, Lisa
TearsforFears
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Re: Fatale Fastfolgen wegen "Verdachtsdiagnose"

Beitrag von TearsforFears »

"Für mich ist er jedenfalls kein Vater mehr. War er auch nie. Für mich ist er ein Mensch, dem ich lieber nie begegnet wäre."

Liebe Lisa,
Deine Worte berühren mich sehr. Ich finde es bewundernswert, wie Du Dich mit Deiner Kindheit auseinandersetzt und auch die Konsequenzen ziehst. Es kommt ja durchaus vor, dass Kinder sich von ihren Eltern nicht emotional trennen können, egal was diese verbrochen haben. Meine Bewunderung nützt Dir nichts, ich weiß, ich wollte das nur sagen.
Alles Gute,
Tears
Lisa23

Re: Fatale Fastfolgen wegen "Verdachtsdiagnose"

Beitrag von Lisa23 »

Hallo TearsforFears,

doch, Dein Zuspruch gibt mir viel. Schließlich dachte ich viele Jahre, ich würde meinen Eltern unrecht tun. Aber je mehr ich über beide erfuhr, desto besser konnte ich mich von ihnen trennen.

Es kann ja nicht sein, dass 2 von 3 Brüdern, liebe und gute Menschen sind, der andere aber total daneben. Schließlich sind sie bei den selben Eltern groß geworden. Wenn es also 2 Brüder geschafft haben (der eine allerdings als psychisch sehr kranker Mensch)rechtschaffene Menschen zu werden, warum dann mein Vater nicht? Mein Vater hatte noch eine ältere Schwester, eine bösartige Frau, die sehr viel Einfluß auf ihn hatte. Auch viele seiner Taten deckte.

Bei meiner Mutter ist es ähnlich. Sie hat 3 Schwestern. Alle drei liebe und gute Frauen. Meine liebsten Tanten. Leider 2 davon sehr früh verstorben und die dritte vor 2 Jahren. Meine Mutter, das krasse Gegenteil. Alle 4 von den selben Eltern. Für mich die liebsten Großeltern der Welt, meine eigentlichen Eltern. Für mich sind das sehr große Rätsel.

Und warum bin gerade ich die Tochter von diesen beiden? Sie sind 2 große Schatten auf meiner Seele, die wohl nie verschwinden werden.

Menschen, die auf immer und ewig sich von solchen Eltern emotional nicht trennen können, verstehe ich nicht. Für mich ist das falschverstandene Moral. Haben denn solche Eltern eine Moral?

Kann man alles auf ihre "schlimme" Kindheit zurückführen, die, wenn man richtig nachhakt, oft gar keine schlimme Kindheit war? Zumindest war ihre Kindheit nicht schlimmer, als die ihrer Geschwister, die "trotzdem" gute Menschen wurden.

Es tut mir leid, aber wenn ich Dinge höre wie, auch der Täter war zumeist Opfer, das kann ich als Entschuldigung nicht tolerieren. Spätestens ab dem Erwachsenenalter muss jeder eine gewisse Reife besitzen und wissen, dass er die Grenzen der anderen nicht überschreiten darf. Macht er es als erwachsener Mensch immer wieder, dann ist das mit nichts mehr zu entschuldigen. Er weiß es besser und er könnte anders handeln.

Liebe Grüße, Lisa
Zwiebel
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Re: Fatale Fastfolgen wegen "Verdachtsdiagnose"

Beitrag von Zwiebel »

Hallo Ihr Lieben!

Ich beziehe mich auf die Texte die mir gelten, versuche es zumindest.

Habe gestern sehr intensiv über eine Co-Abhängigkeit nachgedacht. Ob sie zutrifft, woran ich es festmachen kann. Habe dieses Thema vor langer Zeit schon mal intensiv bearbeitet. Komme ich nicht allein zurecht, habe ich fachliche Hilfe im Hintergrund. Halte die wohlgemeinten Tipps sehr gut im Auge, danke Euch noch mal!Sollte diese Verdachtsdiagnose stimmen, kracht es früher oder später hier, dann bin ich bestimmt Co-Abhängig (gewesen).Weil man wahrscheinlich bei sowas einschleichend automatisch Co-Abhängig wird? Stimmt die Diagnose nicht, dann wird er nach dem Klinikaufendhalt mit der Depression umgehen lernen, ohne das es kracht. Und dann bin ich für mich froh, das ich mich nicht so verhalten habe, als ob er es hätte. Und darum ging es mir eigentlich. Ich finde es ungerecht jemanden in bestimmter Weise zu begegnen, aufgrund einer Diagnose die nicht gestellt worden ist, wo noch nicht therapiert worden ist. Wenn die Diagnose zutrifft, er nix ändert, sich nicht behandeln läßt ect., würde ich mich trennen, ohne Diskusion. Und nur weil ich da noch nicht bin, heißt das nicht, das ich es verdecke oder schön rede. (hat meine Mutter getan). Fühle mich jetzt etwas mißverstanden. Aber ok, kann ja auch dazu gehören (Co-Abhängigkeit) Solange es Co-Abhängige gibt kann der jenige sein Muster nicht verlassen, darum ist es für mich sehr wichtig das noch mal genau zu betrachten. Von daher, danke noch mal. Und ich war sehr wütend über die lange sch... Zeit und dann heißt es einfach, der ist krank. Wo blieb da die Verantwortung? Und ich war sehr traurig nach der Wut. Kommt glaube ich in meinen ersten Texten vorsichtig rüber, habe mich da noch nicht so getraut zu schreiben. Ich wünsche allen einen guten Start in die Woche, herzlichst, Ilse
ANOVA
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Re: Fatale Fastfolgen wegen "Verdachtsdiagnose"

Beitrag von ANOVA »

Hallo Lisa,

>Deine Beiträge empfinde ich auch immer sehr fundiert und treffend, auch wenn sie manchmal wirklich treffen. Aber von Dir kann ich das auch gerne annehmen. Du bist zwar an Jahren jünger als ich, aber ich könnte mir Dich als meine große Schwester, die ich immer haben wollte, gut vorstellen.

Ähm, danke... Aber manchmal schreibe ich auch unfundierte oder unempathische Postings. Bin ja kein Gutmensch (will ich auch nicht sein). Es freut mich natürlich, wenn Du sagst, dass Du meine Meinung annehmen kannst, aber gleichzeitig kann ich mit so einem Lob überhaupt nicht umgehen. Das muss ich noch lernen. Andererseits denke ich, dass eine meine Stärken (und gleichzeitig eine Schwäche) ist, dass ich mich gut in andere reindenken und -fühlen kann.

Mit der selbstunsicher vermeidenden PS kenne ich mich überhaupt nicht aus, was aber egal ist, Hauptsache ist ja, dass Du Dich in dieser Diagnose wieder finden kannst. Eine meiner Professorinnen hat einmal gesagt, dass sie persönlich möglichst keine PS diagnostiziert, wenn es nicht unbedingt sein muss. Sie würde auch immer sehr lange warten, bis sie eine PS diagnostiziert, da eine PS-Diagnose immer sehr stigmatisierend sei. Ich würde mir wünschen, dass es mehr solcher Praktiker gäbe, denn meine Professorin hat schon recht, so eine Diagnose ist hammerhart (finde ich jedenfalls). Und im Grunde kommt es ja auch eher darauf an, die richtige Therapie anbieten zu können, egal wie das Problem nun heißen mag. Ach, ich möchte einfach nur sagen, man soll nicht so viel auf Diagnosen geben, sie sind für die Abrechnung wichtig, für irgendwelche Gutachten und vielleicht vereinfachen sie auch die Kommunikation manchmal oder geben einen ersten Ansatzpunkt für die Therapie. Mehr aber auch nicht. Aber auch nicht weniger. Jene Professorin meint, es sei sowieso viel treffender, von einer Beziehungsstörung zu sprechen und es gibt wohl Bestrebungen, das ganze Kapitel der PS in den Diagnosesystemen zu überarbeiten bzw. neu zu formulieren. Das fände ich wichtig.

Ja ja, laber rhabarber, ich weiß, ich sollte nicht so viel reden, nicht so klugscheißerisch sein.

Dass Du Deine Ursprungsfamilie ad acta legen konntest, finde ich auch eine reife Leistung. Denn wie Tears schon schrieb, vielen gelingt das nicht. Dabei ist es so wichtig, aufzuhören um irgendeine Elternliebe oder auch nur um Verständnis zu kämpfen. Denn die Elternliebe oder das Verständnis wird auch später nicht kommen, wenn sie in der Kindheit ausblieb. Und dann geht es m.E. nur darum, mit seinen Kindheitserfahrungen gut weiterleben zu können. Wenn man aber zuviel mit der eigenen Vergangenheit hadert oder nicht akzeptiert, was passierte, dann hat man einfach nicht genug Energie für das eigene Leben. So ist zumindest meine Erfahrung.

>Es tut mir leid, aber wenn ich Dinge höre wie, auch der Täter war zumeist Opfer, das kann ich als Entschuldigung nicht tolerieren. Spätestens ab dem Erwachsenenalter muss jeder eine gewisse Reife besitzen und wissen, dass er die Grenzen der anderen nicht überschreiten darf. Macht er es als erwachsener Mensch immer wieder, dann ist das mit nichts mehr zu entschuldigen. Er weiß es besser und er könnte anders handeln.

Naja, das sehe ich anders. Wenn ein Mensch nichts anderes gelernt hat als gewalttätiges oder sonst wie kriminelles Verhalten, dann hat er doch gar keine Handlungsalternative. Es geht ja auch nicht darum, die Taten zu entschuldigen, sondern eher um das Verstehenkönnen.

>Deshalb glaube ich nicht, dass diese bösartigen Menschen, erst durch ihr Leben so wurden.

Tja, diese Frage hatte mir im jungen Erwachsenenalter viele schlaflose Nächte bereitet. Angestoßen vom Philosophieunterricht in der Schule versuchte ich eine für mich passende Erklärung zu finden. Fand ich aber nicht...

>Ich glaube, sie kamen schon so auf die Welt. Auch wenn man sagt, alle Babies sind gut. Ich denke, ein großes Maß an Charakter ist vererbt, steckt im Blut und dieses Kind wird sich deshalb genau so entwickeln. Selbst bei der liebsten und besten Mutter, oder bei dem liebsten und besten Vater, wenn die Veranlagung von der Mutter stammt.

Ich habe vor einiger Zeit mal ein Modell für die Entstehung einer antisozialen PS kennengelernt. Da ging man davon aus, dass es einerseits genetische Faktoren gibt, die die Störung begünstigen. Daneben spielen auch Faktoren vor und während der Geburt eine Rolle, z.B. Drogenkonsum der Mutter oder irgendwelche Geburtskomplikationen. Ist dieses Kind dann auf der Welt wird es voraussichtlich ein „schwieriges“ Kind sein, mit dem die Eltern überfordert sind. Sind die Eltern aber selbst nicht gerade sozial kompetent werden sie auch nicht positiv auf ihr schwieriges Kind einwirken oder ihm funktionale Problemlösungsstrategien beibringen können. Das führt dazu, dass das Kind von Gleichaltrigen eher nicht akzeptiert wird, was wiederum dazu führt, dass es sich mit anderen „Ausgestoßenen“ zusammen tut usw. bis es dann irgendwann erstmals kriminell wird. Wenn aber Kriminalität in Familie oder bei den Gleichaltrigen nicht als schlecht gewertet wird sondern der Betroffene eher bewundert wird dafür, ist es nur normal dass sich eine kriminelle Karriere entwickelt. Außerdem habe ich mal gelesen, dass bei Menschen mit antisozialer PS die Hirnareale, die mit Emotionen zu tun haben gehemmt aktiv sind und es darüber hinaus oftmals zu einem Mangel an Serotonin kommt (was man zur Impulskontrolle braucht).

Jetzt habe ich wieder einen Roman geschrieben und wollte eigentlich nur sagen, dass es wohl ein Wechselspiel zwischen Genetik und Umwelt ist.

So, Tatort ruft.

Viele Grüße
Xenia
BeAk

Re: Fatale Fastfolgen wegen "Verdachtsdiagnose"

Beitrag von BeAk »

Liebe Ilse,

ich gaube Du bist da einem Irrtum aufgesessen. Ein psychologischer Psychotherapeut ist in der Lage eine Diagnose zu stellen.
Diagnose heißt, erkennen und benennen einer Krankheit/Störung. Und genau das hat er gemacht und sich dabei, wie Du ja berichtet hast, auch reichlich Zeit gelassen. Es war also keine Schnellschußdiagnose.

Zudem hast Du in einem Posting unter Angehörige berichtet, das Deinem Mann in der Klinik ebenfalls gesagt wurde, das seine Agressivität nichts mit Depression zutun hat.

Aber ganz gleich was Dein Mann hat, Deine eventuelle Co-Abhängigkeit ist Dein Problem und völlig unabhängig von der Diagnose Deines Mannes.

Du must nur für Dich und Deine Kinder sorgen, ganz gleich was Dein Mann hat.
Und man kann sehr wohl auch in der Beziehung sein Verhalten/seine Co-Abhängikeit ändern, wenn man es will.
Möglicherweise braucht man dafür aber professionelle Unterstützung.

Schau Dir mal diese Seite an

http://www.manfred-koschnick.de/coabhaengigkeit.htm
Cookie
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Re: Fatale Fastfolgen wegen "Verdachtsdiagnose"

Beitrag von Cookie »

Liebe Ilse,
was ich nicht ganz verstehe, ist deine Einstellung, deinen Mann sofort zu verlassen, wenn er wirklich eine Borderline- Störung hat, aber super- verständnisvoll zu sein, wenn es "nur" eine Depression ist.
Beides ist eine Krankheit, beides ist evtl. nicht "heilbar". Wieso machst du da so einen Unterschied? Ist Krebs besser als Aids? Oder umgekehrt?
Wenn dein Mann aggressiv zu dir und euren Kindern war, wäre es da schon seine Aufgabe gewesen, etwas dagegen zu tun. DU bist zum Jugendamt gegangen, DU hast die ganze Diagnostik, Kur und alles angeleiert, das wäre eigentlich seine Aufgabe gewesen. Da ist es doch eigentlich sch....egal, wie die Diagnose lautet.
Ich glaube auch, dass du auf jeden Fall coabhängig bist, das geht gar nicht anders in so einer Situation, ist ja auch keine Schande.
Ich finde es auf jeden Fall okay, wenn du erstmal bei ihm bleibst und guckst, wie sich alles entwickelt. Solange du dabei selbst Ansprechpartner hast und dich mit deiner Coabhängigkeit auseinandersetzt und auf dich und deine Kinder aufpasst.
Ich weiß ja nicht genau, wie seine "Aggressivität" aussieht. Falls sie mit blauen Augen endet, würde ich allerdings die sofortige Trennung empfehlen.
Viel Glück wünscht
Luna
Lisa23

Re: Fatale Fastfolgen wegen "Verdachtsdiagnose"

Beitrag von Lisa23 »

Hallo Ilse,

tut mir leid, wenn Dein Thread in meine Richtung lief.

Ich wollte Dir allerdings damit zeigen, wie vielleicht Dein Sohn in einigen Jahren über sein Elternhaus denken könnte. Auch wenn Du meinst, dass er anscheinend alles gut wegsteckt. Meine Mutter meint heute noch, man hätte mir nie was angemerkt und ich wäre ein fröhlicher Tennager gewesen. Fataler Irrtum.

Wenn ich die 3 Ehefrauen meines Vaters schildere, dann sehe ich darin Dich. Meine Mutter ließ sich zwar wegen der Übergriffe meines Vaters sehr schnell scheiden, aber ganz von ihm los, ist sie heute noch nicht. Er ist ihr Traummann. Genauso kommen die beiden anderen nicht von ihm los. Die 2. Ehefrau wohnt in der selben Straße wie mein Vater und es besteht ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis, egal was er ihr angetan hat. Wo bleibt der Stolz dieser Frauen? Ein Mann der mich mit dem Messer attackiert, Türen antritt, mich in der Schwangerschaft schlägt, mich vor versammelter Mannschaft in bösartigster Weise beschimpft und niedermacht, mich betrügt, so dass es jeder aus dem Bekanntenkreis mitbekommt usw. mit dem würde ich keine Worte mehr wechseln.

Bis vor wenigen Jahren wußte ich noch nicht was co-abhängig bedeutet. Darüber habe ich erst in den Kliniken und in der Therapie erfahren. Co-abhängig war ich von meinem Vater bestimmt nie, ich habe ihn immer mehr verabscheut, je mehr ich über ihn erfuhr.

Ich konnte mich nur lange nicht von ihm trennen. Er war ja ein Teil meiner Familie. In meiner ersten Reha 1993, riet mir mein damaliger Therapeut, der auch Arzt war, ich solle sofort alle Verbindungen zu meinem Vater abbrechen. So könne ich nicht weiterleben. Er war der erste Mensch, der mich darin unterstützte, was ich schon lange fühlte. Aber das schlechte Gewissen, ließ es leider bis dahin nicht zu. Er war ja mein Vater. Wie dumm und wie fatal von mir, so zu denken. Genau mit diesen Mitteln spielen ja diese Typen.

Ich habe nach dieser Reha alle Kontakte abgebrochen. Es kamen noch Anrufe auf den AB, die ich nicht beantwortete. Es kamen auch Rückfragen seiner 3. Ehefrau. Es dauerte noch Jahre, bis ich ihr sagen konnte, weshalb ich meinen Vater nicht mehr sehen möchte. Sie meinte, ich hätte ihr das alles früher sagen sollen, dann wäre ihr viel erspart geblieben. Dann hätte sie sich vielleicht getrennt. Heute sei sie alt und arm, finanziell von ihrem Mann abhängig. Sie hätte auch keine Kraft mehr sich zu trennen.

Sie ist seit über 30 Jahren das geduldige Opferlamm. Die beiden anderen waren es nur 4 und 12 Jahre.

Eigentlich ist es doch egal, ob Dein Mann Borderline oder "nur" Depressionen hat. Er ist aggressiv, so sehr, dass Du Dir Hilfe holen musstest. Was brauchst Du noch mehr? Er wird sich nach 6 Wochen Reha nicht geändert haben. Eine so kurze Zeit reicht nicht aus. Aus einem Raubtier wird kein Lamm. Nicht in diesem Leben.

Du packst aber die Sache wenigstens an. Holst Dir Hilfe. Jetzt musst Du nur noch Deinem eigenen Bauch glauben, den anderen Vertrauen schenken und danach handeln. Du bist auf dem richtigen Weg, verlasse ihn bitte nicht, Dir und Deinen Kindern zulieb.

@Xenia - ich antworte Dir später, muss jetzt kochen und danach will ich in die Sauna.

Liebe Grüße, Lisa
Zwiebel
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Re: Fatale Fastfolgen wegen "Verdachtsdiagnose"

Beitrag von Zwiebel »

Hi Bea

danke, den Text von Koschnik habe ich mir ausgedruckt. In einigen Punkten habe ich das gemacht, was für Co-Abhängigkeit spricht, in anderen nicht. Ich bleibe am Ball, wie gesagt, habe fachlichen Hintergrund. Das war kein psychologischer Psychotherapeut. Ich glaube ein Sozialpädagoge? Egal, ändert jetz auch nix, fort isser.

Hi luna,

die Diagnose ist mir egal, der Umgang muß stimmen. Ich trenne mich nicht wegen einer Diagnose, sondern wenn die Symptome nun gar nicht aufhören, die es unerträglich machen. Nee, blaue Flecken gab es hier nur 2 bis 3 mal. Und das war zuviel, danach rief ich beim Jugendamt an. Er brüllte rum, er tat das für jede Kleinikkeit, er kontrollierte, er nahm die pubertären Verfehlungen der Kinder persönlich, er nahm zum Schluß alles persönlich. Wenns nix gab, konstruierte er was. Hier fühlte sich keiner mehr wohl. Klar hab ich all die Jahre versucht, es Recht zu machen. Eine Erziehung gemeinsam war nicht möglich. Und zu welcher Diagnose das gehört ist egal, hauptsache so ein Mensch wird irgentwann wieder beziehungsfähig, arbeitsfähig und was sonst noch, oder auch nicht, ich höre auf, es Recht zu machen. Aber von vorn herein zu sagen, der hat das und jeder Heilerfolg ist fast auszuschließen passt mir nicht, ob ich Co-Abhängig bin oder nicht. Danke noch mal, liebe Grüße Ilse
ANOVA
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Registriert: 22. Jul 2006, 21:27

Re: Fatale Fastfolgen wegen "Verdachtsdiagnose"

Beitrag von ANOVA »

Hallo Ilse,

mir ging es in meinen Postings nicht darum, Dich zu "zwingen", Deinen Mann zu verlassen. Ich habe das Gefühl, dass Du einfach zu wenig realistisch in die Zukunft schaust. Ganz unabhängig von irgendeiner Diagnose ist es halt so, dass er etwas machen muss. Und eine Kur von ein paar Wochen Dauer hilft da nicht nachhaltig.

Deine Aussagen darüber, wie es weitergehen wird, machten mich hellhörig.

Ich habe auch jetzt das Gefühl - ich kann mich allerdings auch täuschen! - dass Du den Fokus wieder eher auf Dich richtest (Co-Abhängigkeit) und dass Du etwas ändern musst. Klar, zu einer solchen Beziehung gehören immer zwei, jeder hat einen Teil der Verantwortung (damit meine ich nicht Schuld) daran, dass es schiefläuft. Der eine, weil er aggressiv ist (aus seiner Geschichte heraus evtl. ein scheinbar sinnvoller Problemlösemechanismus) und einer, der "es" mit sich machen lässt (aus seiner Geschichte heraus auch ein scheinbar sinnvoller Problemlösemechanismus). Und ich denke, dass sich da beide Partner gleichermaßen verändern müssen, z.B. in einer Paar- oder Familientherapie. Wenn Du nun für Dich den Begriff der Co-Abhängigkeit gefunden hast, dann ist das m.E. nur ein kleines Puzzleteilchen von vielen und die wichtigsten (d.h. die mit den gravierendsten Nebenwirkungen) liegen in der Hand Deines Mannes.

Hast Du eigentlich professionelle Hilfe, z.B. eine Selbsthilfegruppe oder einen Therapeuten?

Nochmal: mir ging es überhaupt nicht darum, Dir einen Vorwurf zu machen oder Dich anzugreifen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass dieses Thema sehr mit Scham behaftet ist und dass es extrem schwer ist, sich jemandem anzuvertrauen. Vor allem, wenn man nach außen hin stark wirkt oder wirken muss.

Weiter oben hatte ich meine Vermutung geäußert, dass Du evtl. noch nicht bereit bist. Das meinte ich nicht als Vorwurf, sondern auch aus meiner Erfahrung heraus, nämlich dass ich sehr lange brauchte, diesen Typen (endgültig) zu verlassen. Und bei mir war es noch einfacher, da ich keine Kinder habe. Aus dieser Erfahrung habe ich eben u.a. mitgenommen, dass jede/r seinen eigenen Tiefpunkt "braucht", ab wann er/sie nicht mehr bereit ist, mitzumachen. Und dass Angehörige oder andere Außenstehende die Sache nur verschlimmern, wenn sie zu sehr auf eine Trennung drängen.

Ich hoffe, dass ich nicht zu viel von meiner eigenen Geschichte in Deine reininterpretiert habe...

Gruß
Xenia
Lisa23

Re: Fatale Fastfolgen wegen "Verdachtsdiagnose"

Beitrag von Lisa23 »

Hallo Xenia,

mein sich von meiner Ursprungsfamilie Lossagen, war keine schnelle Entscheidung, sondern eine sehr lange Entwicklung. Beim Vater fiel es mir noch am leichtesten. Bei der Mutter habe ich heute noch Skrupel. Aber auch eine gute Therapeutin, die mir die Zweifel ganz schnell wieder zu nehmen versteht.

Ohne Reha, Klinik, Therapie würde ich mich bestimmt noch immer in den Fängen dieser Familie befinden. Würde um die Liebe der Eltern kämpfen und die liebe Tochter sein wollen.

Jetzt bin ich natürlich die böse Tochter. Sie machen weiterhin das, was sie schon immer taten, über mich schimpfen. Das tangiert mich aber nicht mehr.

Dass man die Liebe der Eltern als Erwachsener nie bekommen wird, wenn sie einem als Kind versagt blieb, ist ein sehr guter Satz von Dir. Besser kann man es nicht auf den Punkt bringen. So klar hat mir das noch keiner gesagt. Aber es stimmt.

Ich lebe jetzt leichter, ohne diese Eltern. Mein Wunsch nach guten Eltern, wird sich nie erfüllen. Diesen Wunsch begraben zu müssen, ist bitter und kein leichter Schritt. Ich fühle mich unvollkommen. Aber besser so, als sich noch viele Jahre den kranken Gedankengängen der beiden auszusetzen.

Den letzten Absatz zu den schwierigen Kindern fand ich auch sehr aufschlussreich. Teilweise wird da meine These bestätigt. Ein schwieriges Kind zu einem guten Menschen zu erziehen, das stellt sehr hohe Ansprüche an die Eltern. Ich würde die Eltern deshalb nicht unbedingt als Versager bezeichnen. Wenn aber Alkohol und Drogenkonsum bei der Zeugung und der Schwangerschaft eine Rolle gespielt haben, dann sind das ganz schlimme Folgen, die zu verhindern gewesen wären. Alkohol, Drogen, Zigaretten gehören jedoch mittlerweile zu den Menschenrechten.

Wenn ich nun von meinem Bruder und mir ausgehe, dann verlief die Schwangerschaft mit mir, lange Zeit mit der großen Angst der Entdeckung. Meine Mutter war noch sehr jung und hatte angst vor ihren Eltern. In meinen Vater war sie noch sehr verliebt. Alkohol usw. spielten noch keine Rolle. Auf beiden Seiten nicht. Die beiden planten noch eine gemeinsame Zukunft. Luftschlösser. Sie wollten mich zwar nicht unbedingt, aber ich kam noch fast ohne größeren Schaden auf diese Welt. Vielleicht habe ich die Ängstlichkeit meiner Mutter übernommen. Das waren ja meine ersten Eindrücke.

Bei meinem Bruder sah es anders aus. Da waren die beiden schon sehr zerstritten. Eigentlich war schon die Scheidung geplant. Aber dann war meine Mutter schwanger, sie wollte es nochmal versuchen. Meine Mutter wurde in der Schwangerschaft geschlagen, musste fliehen. Alkohol und Zigaretten waren an der Tagesordnung, auf beiden Seiten. Gewollt war mein Bruder nicht. Er hatte es viel schwerer auf seinem Weg in diese Welt. Er war als Kind schwierig, aber auch wieder lieb. So ist er heute noch und ich bin froh, dass er nicht viel von seinem Vater hat.

Also ich hoffe, ich langweile niemanden mit diesen Kindheitsgeschichten. Für unser weiteres Werden sind sie wahrscheinlich von großer Bedeutung. Viele sind mitunter ganz ähnlich entstanden.

Liebe Grüße, Lisa
BeAk

Re: Fatale Fastfolgen wegen "Verdachtsdiagnose"

Beitrag von BeAk »

Liebe Xenia,

das eigene Wohlergehn (und das der Kinder)in den Vordergrund zu stellen, ein nicht coabhängiges Verhalten zu zeigen, heißt für mich auch, Konsequenzen daraus zu ziehn, wenn der Partner mich durch sein Verhalten schädigt.

Deshalb finde ich Ilses Blickwechsel sehr gut.
cybolon
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Registriert: 10. Dez 2007, 19:55
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Re: Fatale Fastfolgen wegen "Verdachtsdiagnose"

Beitrag von cybolon »

Hallo Ilse,

die Antworten, die Du hier bekommen hast, sind bestimmt nicht gerade ein Ansporn, an der Rettung Eurer Beziehung zu arbeiten.
Aber auch ich sehe hier eine Gefahr: Dein Mann kommt zurück und Du hoffst auf ein (kleines) Wunder? Nein, so naiv bist Du nicht. Das schließe ich aus Deinen hervorragenden Postings, hier im Forum.

Liebe kontra Vernunft?
Nein, mütterliche Fürsorge kontra lebenslanges Trauma!

Aber am liebsten wünsche ich Dir, dass die (end)gültige Diagnose Deines Mannes anders lautet und die Kur ihn tatsächlich friedfertig und gefühlvoll in den Kreis seiner Familie zurückholt.

Liebe Grüße
vom
cybolon
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