Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?`Teil II

Bernd2

Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?`Teil II

Beitrag von Bernd2 »

Danke, Bea, das wollte ich wissen.

An derartigen Schulen bekommt man natürlich auch ein umfassendes Wissen der Psychologie vermittelt.

Ich habe allein mit Diplom-Psychologen schon diverse Probleme. Du kannst Dir nun sicherlich vorstellen, was ich vom profunden Psychologie-Wissen der Absolventen der Schulen für medizinische Assistenzberufe halte.

Gruß
Bernd
Bernd2

Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?`Teil II

Beitrag von Bernd2 »

Danke, Imagine. Ich finde diesen Satz auch sehr schön. Leider stammt er nicht von mir, sondern von Herrn Heisenberg. Ein Mann, den ich im Übrigen sehr bewundere.

Gruß
Bernd
BeAk

Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?`Teil II

Beitrag von BeAk »

Hey Bernd,

vermutlich nichts. Das macht aber nichts, ich finde den Unterricht interessant.

Zudem habe ich nicht vor Psychologin zu werden.
Bernd2

Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?`Teil II

Beitrag von Bernd2 »

"Zudem habe ich nicht vor Psychologin zu werden." Zitat Bea

Moin Bea,
das hatte ich auch nicht angenommen. Welchen Beruf willst Du denn ergreifen?

Gruß
Bernd
BeAk

Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?`Teil II

Beitrag von BeAk »

Lieber Bernd,

Du bist immer noch ziehmlich neugierig.

Ich gebe es bekannt, wenn ich das Staatsexamen bestanden habe, in ca. 30 Monaten.
Bernd2

Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?`Teil II

Beitrag von Bernd2 »

Laß´ gut sein, Bea. So sehr interessiert es mich nun auch wieder nicht.

Gruß
Bernd
BeAk

Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?`Teil II

Beitrag von BeAk »

Hey, Bernd

kennst Du die Geschichte vom Fuchs und den Trauben.

Schlaf gut.
Guinevere
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Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?`Teil II

Beitrag von Guinevere »

Hallo Jojo

>Willkommen im Club der selbst und ständig Arbeitenden!
>Im steuerlichen Zusammenhang habe ich offensichtlich vergessen, zwei wichtige Gänsefüßchen zu setzen. Aber viel geht ja heutzutage wirklich nicht mehr. (Außer in der „Gastrozone“ [?])

- nein, jetzt mit dem Bonieren ab 150 000,- Umsatz im Jahr geht eh dort auch so gut wie nichts mehr.

>Das System musst nicht erst Du mir vermiesen, das schaffte es vor langer Zeit selbst!

Sorry, wollt Dir na nix negativ zeichnen. Hoff Du brauchst ne so wie ich, wenn meine Mum da war, ne Woche um ihr krass negatives Weltbild aus dem Kopf zu bekommen. *zwinker*

>Sage mir, warum Du gesund werden willst, wo doch ebenfalls ohnehin nur dieses Kränkeln…?

Sicherlich um beschwerdefreier zu werden, damit manches wieder ein bisserl leichter fällt und wie des Öfteren nimma ganz so anstrengend ist. Wenns zumindest die nächsten Jahre nicht wieder schlechter wird... Bei mir sind ja die "Konzentrationsstörungen" - "Aufmersamkeitsdefizit" angeboren, ich mach mir diesbezüglich sicherlich keine "Hoffnungen" mehr und es gibt ja Alternativen dazu, diese nicht ständig in negativem Licht beleuchten zu müssen, im Real-life fällts ja nicht so auf. Außer, dass meinem "Denken" selten wer folgen kann. Aber, man muss ja net alles sagen, was man denkt.

>Und für später: Was, Du kannst Dir einen Grabstein leisten?

*schmunzel*, also im Moment schauts schon noch danach aus, aber es soll ne Einäscherung werden - Asche irgendwo an nem ruhigen Platz im Universum versteun.

Schlaf guad und träum süss!
manu
Guinevere
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Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?`Teil II

Beitrag von Guinevere »

Ausm Betterl kurz rausschau @ Jojo,

>wo doch ebenfalls ohnehin nur dieses Kränkeln…?

Das "nur" kränkeln, nicht annehmen wollen, es nicht als schwere Krankheit sehen zu wollen - und vielleicht! auch das was Du damit mit "aufgeben" in Verbindung bringst (?). Hmmm, ich "konnte" (hyper) eigentlich nicht anders, das fiel mir trotz allem am leichtesten und dafür hatte ich mich zu dem Zeitpunkt wohl auch zu stark damit identifiziert, konnte es mir gar net anders vorstellen, es wäre für mich der Tod gewesen. Es fällt mir auch heute noch ab und an recht schwer das zu akzeptieren. Am besten gehts eigentlich damit, dass ich mir denk, das ist wohl die Rechnung, die ich vom Körper präsentiert bekommen hab. Ich hatte auch schon sehr viel "Leben" und wenn ich das an Jahren aufrechnen würde, dann wäre ich eh schon uralt (genauso eben, wie ich mich manchmal fühle ).

Na ja, zu den Ämtern, das kannst ja auch als Stärke, Ansporn Deinerseits betrachten, es trotzdem schaffen zu wollen, genauer darf man halt dann darüber nicht nachdenken .

Wofür es sich lohnt gesund zu werden, z.B. für nen Sonnenaufgang, meine Enkelkinder mal sehen und die Omi sein, die ich mir von meiner Mum so oft gewünscht hätte. Eigentlich gibts vieles!
tomroerich
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Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?`Teil II

Beitrag von tomroerich »

Hallo Ada,

du schreibst da ein paar Dinge.... wow!

und auch in meiner Krankheit zeigt sich mein Perfektionismus, denn wenn es mir schlecht geht, dann soll es mir schon außergewöhnlich schlecht gehen

ich bin so besonders, das ich nur das allerschlechteste verdient habe

Da bist du aber sehr weit in deiner Selbsterkenntnis, alle Achtung! Ich denke, jeder Mensch hat einen Teil in sich, der wie ein Automat bestimmte Muster abspielt - in meiner Begriffswelt nenne ich ihn "Ego". Eines seiner hervorstechendsten Eigenschaften ist, dass es sich aufplustern möchte, es muss ständig Tricks erfinden, um sich größer zu machen, weil es in Wahrheit ohne jede Substanz ist. Es ist ein Scheingebilde, weil es sich aus der Vergangenheit speist. Sein größter und gemeinster Trick ist es uns fühlen zu lassen, dass wir das selbst sind und so müssen wir unter dem Ego leiden, egal, welchen Blödsinn es macht. Es kann vollkommen verrückte Dinge tun - genau solche, wie du sie in deinen Sätzen beschrieben hast. Und nichts ist ihm zu pervers, um sich Geltung zu verschaffen.

Ich habe auch solche Tricks angewendet, um mich in meinem Negativverständnis, meinem Leiden an mir selbst, aufzuplustern. Keine Gemeinheit war mir zu schade, um andere dazu zu benutzen, mich klein zu machen. Nur ein Beispiel: Beim Essen schaffte ich es immer wieder durch Zögerlichkeit, dass die anderen die Töpfe leerten. Dann behauptete ich, man habe mir alles weggefuttert und konnte wieder einmal der arme Kerl sein. Ein Ego kann sich ganz prima durch Leiden aufblähen und benutzt natürlich andere, um das zu erreichen. Abgeschaut habe ich mir das vermutlich bei meiner Mutter. Sie war darin eine wahre Meisterin! Eine kleine Verfehlung meinerseites als Kind reichte bereits aus, um ihr die Tränen in die Augen zu treiben und sie sagen zu lassen, welchen Kummer ich ihr antat. Ich kann heute noch manchmal diesen zugeschnürten Hals spüren, den mir diese Schuld antat, die sie auf mir ablud. Damit kontrollierte sie mich perfekt.

Der Weg raus aus diesem Klammergriff des Ego ist eine Selbstbeobachtung, wie du sie demonstrierst. Wie absolut lächerlich ist doch dieses Ego in seiner Verrücktheit! Aber das bin nicht ich. Das ist nicht mein Kern, es ist nur meine Vergangenheit. Es ist nur ein Traum, den ich von mir selbst träume und der verhindert, dass ich meine Gegenwart spüre. Wenn man dem Ego den Glauben entzieht, das man selbst das sei, verliert es all seine Macht. Es quält einen durch Schuldgefühle, dass man schlecht sei durch all die Verrücktheiten, die es einen tun lässt. Aber nur solange, wie man daran glaubt.

Krankheitsgewinn ist, dass das Ego sich aufblähen kann. Für den eigentlichen Menschen ist es ein schwere Verlust. Sich selbst schlecht zu denken ist eine vollkommen verrückte Angelegenheit aber das Ego schafft sein eigenes logisches System. Es wandelt selbst die Wahrnehmung der Welt so um, dass sich seine Logik immer wieder als "richtig" erweist.



Thomas
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imagine
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Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?`Teil II

Beitrag von imagine »

Lieber Bernd
das war mir schon klar
Aber egal, wer ihn "erfunden" hat, er ist toll

liebe Grüße

imagine
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Ada
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Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?`Teil II

Beitrag von Ada »

Lieber Thomas,

danke für Dein Kompliment, aber all das habe ich nicht alleine herausgefunden, sondern in meiner Analyse....dennoch, es fiel und fällt mir schwer, das Ganze zu Ende zu denken und im Auge zu behalten, denn es tut echt weh...und ja es ist ver- rückt...man definiert sich über das Negative und das eigene System sugeriert einem das es wahr wäre, wie Du schreibst, egal wie man es dreht und wendet, das eigene System ist sehr schlau...die Frage die mich dazu quält ist, wie komme ich da heraus???
Jahrlang habe ich mich so definiert und das sogar ohne es zu merken...nun gilt es meine Wertigkeit an anderen Dingen als an Leistung und Negativität fest zu machen und das mag noch so gar nicht gelingen...da kommt die Geduld ins Spiel und wie Du richtig meinst, das im Hier und Jetzt leben und sich so oft wie möglich bewußt werden, das das andere alt ist und nicht mehr hier hin, nicht mehr zu mir gehört...ich finde das sehr schwer...und auch die Erkenntnis ist bitter...anfangs machte sie mich wütend...und ich dachte das kann nicht wahr sein, das ist ja wiederlich....aber es ist wahr und ich versuche so gut ich kann damit zu leben...ich bin noch ganz am Anfang meiner Analyse und oft denke ich, dass mir das zu hart und zu schmerzhaft ist...auf der anderen Seite scheint das für mich die einzige Möglichkeit zu sein, zu gesunden...
In dem Bewußtsein versuche ich einfach weiterzumachen...
Es ist beruhigend zu lesen, dass ich nicht alleine mit diesen Erkenntnissen stehe...
alles Liebe
Ada
912318798
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Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?`Teil II

Beitrag von 912318798 »

Grüß Dich nochmal, Manu!

Wofür es sich lohnt gesund zu werden, z.B. für nen Sonnenaufgang, meine Enkelkinder mal sehen und die Omi sein, die ich mir von meiner Mum so oft gewünscht hätte. Eigentlich gibts vieles!

Ja.


Den Substanzverbrauch kenne ich auch.
In einem sehr extrovertierten Moment habe ich die treffendste Beschreibung meiner selbst verfasst:
Von vorne sehe ich schon aus, wie ein schlecht gelaunter Karpfen...


Aber mal etwas anderes:
Ich weiß jetzt, dass Du aus dem Raum Linz kommst, bzw, Leonding oder südliches Mühlviertel.
Na?


Lieben Gruß

Jojo
Guinevere
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Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?`Teil II

Beitrag von Guinevere »

Hey Jojo ,

>Ich weiß jetzt, dass Du aus dem Raum Linz kommst, bzw, Leonding oder südliches Mühlviertel.
Na?

*schmunzel* na siagst!!! So schlecht funktionierts ja mit dem Kognitiven doch nicht! Flughafen Linz - Hörsching - und Du, weit weg von mir?

>Den Substanzverbrauch kenne ich auch.
In einem sehr extrovertierten Moment habe ich die treffendste Beschreibung meiner selbst verfasst:
>Von vorne sehe ich schon aus, wie ein schlecht gelaunter Karpfen...

- immer kann man schließlich net smilen, da schläft einem dann womöglich auch noch das Gesicht ein und wäre meiner Meinung nach Blödsinn und unecht, zu lächeln, wenn einem nicht danach zumute ist... mochte das auch nie, die Aufforderungen so mancher dazu, weil sich das eben so gehöre... ahm *grübel*, was hältst denn von diesem Bild hier:

http://de.youtube.com/watch?v=Tca-AkF2_6w

mein Kollege und noch vieles mehr *zwinker* fand mich damals darin, nachdem ich aus dem KH am 2. Tag auf Revers heim bin (Du weisst schon -> arbeiten ) ganz gut wieder.

Nen schönen Sonntag allen ,
manu
tomroerich
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Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?`Teil II

Beitrag von tomroerich »

Liebe Ada,

den ersten Schritt hast du ja schon getan: Du siehst dein Ego und du verstehst, dass es ver-rückt ist. Das hat dir die Analyse gebracht, auch mir hat sie genau das gebracht. Der Analytiker hat für dich beobachtet bis du gelernt hast, dich selbst zu sehen und damit hat dein Behandler einen guten Job gemacht. Jetzt hast du das Wesentliche erreicht, mit dem sich der Spuk auflösen lässt aber die Arbeit ist noch nicht gemacht. Mehr kann Analyse auch meiner Meinung nach nicht leisten. Ich glaube, das ist eines der allerwichtigsten Punkte überhaupt: Die Überwindung von Scham und Schuld. Denn sie verhindern, dass du hinschauen kannst. Indem dich dein Behandler bei der Hand nahm und alles so gelten ließ, wie es da war, indem er (oder sie?) nicht wertete sondern immer nur sagte "Schaun wir doch mal, was da so alles kommt" konntest du allmählich hinsehen.

Jetzt wirds ein bisserl seltsam Was da beobachtet, was da sein Ego anschaut, das bist wirklich du. Der schlafende, vernünftige Mensch ist aufgewacht und schaut sich. Und er erschrickt. Das fühlt sich nicht gut an, aber versuch dir klar zu machen, was das bedeutet: Solange du im System warst, solange du damit identifiziert warst, konntest du nicht sehen, dass es ein verrücktes System ist, das gegen dich spielt. Kein System kann sich selbst erklären oder erkennen. Jetzt aber siehst du die Ver-rücktheit und das heißt, dass du das System verlassen hast. Du bist ein Beobachter geworden und der Beobachter ist "richtig", er ist nicht ver-rückt. Nur deshalb kann er die Verrücktheit des Egos erkennen. Und damit ist der wesentlichste Schritt überhaupt schon getan, weil du dich aus der Umklammerung herausgelöst hast. Was dann kommt ist - einfach beobachten. Monate, Jahre. Du hast ja jetzt die Möglichkeit, die Ver-rücktheit zu erkennen. Und deshalb wirst du sie einfach nicht mehr wollen. Wenn du dir zuschaust beim Denken und Handeln und Fühlen, dann wirst du merken, was davon ver-rückt ist und was nicht. Es muss nicht mehr analysiert werden, weil du sehen kannst. Es ist ganz natürlich und ganz allmählich wird der Beobachter die Führung deines Lebens übernehmen. Er tut die richtigen Schritte und verwirft die falschen, weil er sehen kann, was falsch und richtig ist.

Was wohl passieren wird ist, dass du vielleicht ungeduldig wirst, weil diese Gedanken immer noch da sind, dass immer noch die gleichen Verhaltensweisen auftauchen. Vielleicht entmutigt dich das für eine Zeit aber du hältst einfach fest. Wenn du Schuld spürst oder Beschämung und du deswegen lieber nicht schauen willst, dann sag dir einfach, dass es Schuld nicht gibt, dass das eine Illlusion des Egos ist. Du bist an nichts Schuld und es gibt keinen Grund zur Scham, denn du warst nicht dabei, als es passierte. Du warst im System gefangen. Schuld und Scham sind der tiefste und unmittelbarste Ausdruck für den Riss in dir, für die Trennung. Sie halten die Trennung aufrecht. Deshalb können sich so viele Menschen nicht selbst anschauen sondern reagieren mit Angriff, wenn man sie spiegelt. Was könnte es sonst für einen Grund geben, wenn der Spiegel wirklich klar ist?

Leg dein ganzes Vertrauen in den Beobachter, denn das bist du und der Beobachter weiß alles über dich und darüber, was ver-rückt ist und was nicht. Du wirst irgendwann sicher verstehen, dass nie etwas zerstört wurde. Das wahre Ich kann nicht zerstört werden, es kann nur verschleiert werden. In deinem Kern warst du noch nie krank oder irgendwie nicht in Ordnung, weil das nicht möglich ist. Er liegt nur unter einer dicken Staubschicht begraben.

Lieben Gruß von

Thomas
Betroffene für Betroffene

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imagine
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Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?`Teil II

Beitrag von imagine »

Lieber Thomas,
du schreibst das immer so anschaulich, ich weiß, dass du durch all diese Schmerzen durchgegangen bist, aber kommen sie bei dir endgültig nicht mehr wieder??
Ich verstehe gut, was du schreibst, aber ich bin so oft zu müde, um es anzupacken, immer und immer wieder.
Herauszufinden, wo mein Anteil ist und wo der, der anderen anfängt.
Auch das ist wichtig, mich zu sehen, zu lieben, aber auch zu erkennen, dass die anderen auch ver-rückt sind und ich dafür keine Verantwortung trage, sondern sie selbst.

Dann kann ich mich wirklich frei fühlen, aber mitunter , wie gerade zur Zeit mangelt es mir an Geduld, mit mir und mit meinen Mitmenschen.

Dir Ada wünsche ich noch viel Erfolg und die Kraft, die Schmerzen in Erfolge umzusetzen

Liebe Grüße
imagine
Schweigen ist die unerträglichste Art der Erwiderung (Chesterton)
Data

Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?`Teil II

Beitrag von Data »

>> Du bist an nichts Schuld und es gibt keinen Grund zur Scham
Wenn mir das mal einer sagen würde, dem ich es wirklich glauben könnte...

Inzwischen meine ich erkannt zu haben, dass Schuld und Scham auch für mich die tiefsten Gräben und höchsten Mauern sind auf dem Weg zur echten Selbstliebe. Und ich glaube und fühle inzwischen auch, dass in dem Moment alles gut ist, wo man sich wirklich selbst lieben kann. Genau das kann auch nur das Endziel einer Therapie sein, meine ich.

Mittlerweile bin ich eigentlich auch bereit dazu, in dieser Richtung an mir zu arbeiten - leider werde ich nur immer wieder (und jetzt erst recht) heimgesucht von meinen inneren Stimmen, die mich gnadenlos schuldig sprechen und mir vorwerfen, ich wolle auf diese billige Art und Weise meinen Kopf aus der Schlinge ziehen, indem ich einfach behaupte, ich kann ja gar nichts dafür...
steppenwolf1

Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?`Teil II

Beitrag von steppenwolf1 »

Hallo Virginia,
@all - sorry, hab nicht alles gelesen

die Beispiele und Vergleiche zu anderen Ländern und dem Elend, dass es auf der Welt gibt, sind schon richtig, nur wenn man richtig in der Krise steckt, zieht einen das noch mehr runter und ich denke mal, dass sich das schon genug Leute fragen und sich damit fertig machen.

Die Meinung, dass man irgendwann wieder den Absprung schaffen muss, sehe ich genauso. Und ich denke, dass es auch was positives haben kann, wieder etwas zu leisten und zu unserer Gesellschaft beizutragen. Von seinem eigens verdienten Geld leben zu können und sich nicht mehr selbst zermartern muss, dass man allen auf der Tasche liegt.
Vllt. ist auch das Problem, dass vielfach ein von 0 auf 100 bzw. 200 verlangt wird, was nicht immer so geht bzw. der Rückschlag dann vorprogrammiert ist. Und das macht Angst, wenn man damit schon sehr ungute Erfahrungen gemacht hat.

Viele Grüsse, s.wölfin
steppenwolf1

Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?`Teil II

Beitrag von steppenwolf1 »

Hi Data,

ich wolle auf diese billige Art und Weise meinen Kopf aus der Schlinge ziehen, indem ich einfach behaupte, ich kann ja gar nichts dafür

*kennundzustimm*

s.wölfin
triste
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Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?`Teil II

Beitrag von triste »

Hallo Steppenwölfin,

wie gesagt: meine Intention war nicht, dass man sein mit anderem Leid vergleichen soll, sondern ich habe auf Lt. Cable reagiert, der/die ziemlich klar gesagt hat, dass die Gesellschaft bessere Rahmenbedingungen schaffen soll, damit er/sie aus der Krankheit herausfindet. Bitte richtig lesen, ich habe es nun auch mehrmals bereits richtig gestellt.

Ob man von 0-200 geht, liegt bei jedem selbst, es gibt die berufliche Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell, wo genau dies eben vermieden werden soll. Alles andere kann/muss jeder selbst steuern. Auch zum Finden des richtigen Moments und des richtigen Masses habe ich etwas geschrieben, da muss man eben sehr behutsam vorgehen...
Gruß,
Virginia
steppenwolf1

Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?`Teil II

Beitrag von steppenwolf1 »

Hallo Virginia,

entschuldige, dass ich nicht genau gelesen haben. Ich sollte wohl nicht meinen Senf dazu geben, wenn ich es nicht schaffe alles zu lesen .
Das Hamburger Modell kenn ich, habe es über 1 Monat gemacht und bin dennoch wieder abgerutscht. Die Einschätzung, wann es richtig ist, wieder einzusteigen, selbst zu treffen ist sehr schwer. Ich habe mich immer auf das Urteil der Ärzte verlassen, auch wenn es schwer war.
Aber, dass man das selbst in der Hand hat mit den 200 stimmt so nicht ganz. Man will ja auch seinen Job behalten und die Deadlines einhalten. (sicher so ein Bedürfnis gute Leistungen zu bringen ist auch dabei . Ich hatte in meiner Praktifirma damals gesagt, dass ich Probs habe (allerdings als das Praktikum so gut wie vorbei war).
Jetzt wollen sie mich nicht mehr. Und aus meinem letzten Job bin ich wegen Krankheit rausgeflogen.
So einfach keine 200% bringen zu müssen ist das nciht. Zumal für den einen 200% nur 80 sind und für den andern 300.

Gruss, s.wölfin
imagine
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Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?`Teil II

Beitrag von imagine »

Liebe Wölfin
Wissen ist Macht, zugleich aber auch Fluch
Das habe ich sehr lange auch so gesehen,aber es stimmt nicht, kann es gar nicht
Es ist nur dann ein Fluch, wenn du aus deinem Wissen nichts machst, es nicht anwendest, um dich zu verändern.
Dann weiß dein Kopf, was dein Inneres nicht kann/will
Ich stimme dir völlig zu, dass nicht jeder einen Powerknopf hat, ich auch nicht, im Gegenteil, ich fühle mich oft sehr schwach.

Aber, ich versuche das anzunehmen, manchmal klappt es gut, an anderen Tagen überhaupt nicht und ich bin zornig auf mich selbst.

Ich bin natürlich finanziell in einer komfortablen Lage, das macht es natürlich leichter...
Aber die Tatsache, dass ich manchmal stark bin und manchmal nicht, das beeinflusst das leider nicht.
Mein Thera sagte mal zu mir, das Wissen alleine nützt ihnen gar nichts, solange sie es nicht anwenden...
Aber, was wäre ich ohne das Wissen?
Ich hätte doch keine Chance etwas zu verändern, oder?


Liebe Grüße
imagine
Schweigen ist die unerträglichste Art der Erwiderung (Chesterton)
steppenwolf1

Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?`Teil II

Beitrag von steppenwolf1 »

Hallo imagine ,

das was Du schreibst erscheint mir logisch - ja. Es ist vielfach so, dass man wohl immer "Ausreden" findet, warum man was nicht tun kann. Ich bin auch eifriger Verfechter der "Ja-Aber-Sätze"
Hm, ich frage mich aber , ob nicht nur das Wissen eine Rolle spielt, sondern auch Gefühle. Durch wissen, kann man keine positiven Gefühle herzaubern, die man einfach nicht hat oder ?
Jetzt lese ich mir den letzten Abschnitt durch und denke, da ist es wieder --- das Aber .......

Edit: Wissen kann auch Fluch sein - Kernspaltung z.B.

Viele Grüsse und eine gute Nacht
tomroerich
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Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?`Teil II

Beitrag von tomroerich »

Liebe Imagine,

du schreibst das immer so anschaulich, ich weiß, dass du durch all diese Schmerzen durchgegangen bist, aber kommen sie bei dir endgültig nicht mehr wieder??


Endgültig nicht mehr wieder, das weiß ich nicht. Etwas hat sich entscheidend verändert. Diese Verlorenheit ist nicht mehr da, dieses sinnlose Herumirren. Ich habe etwas gefunden, das sich unerschütterlich anfühlt - es gibt allem eine vollkommmen andere Basis, auch den Schmerzen, die auch ich genau so fühlen kann wie jeder. Aber es ist einfach anders, ich weiß nicht, wie ich es sagen soll.

Früher war das so einschneidend alles, ich war so labil. Wie es in der Depression ja auch ist. Jeder Schmerz, jedes Zipperlein des Körpers macht Angst und verunsichert, stellt alles in Frage. So habe ich mich früher immer gefühlt. Eine Krise, eine Enttäuschung beschränkte sich nie nur auf das eigentliche Thema sondern war wie eine Erinnerung an eine Bodenlosigkeit in mir. Ich war ein Schiffchen auf den Wellen auch schon vor der Depression.

Das ist heute ganz anders. Frust und Enttäuschung kommen und gehen aber ich gehe nicht mit ihnen. Irgendwie bleibe ich doch immer und daher hat alles Belastende seinen Schmerz auf eine andere Weise. Ob das unverlierbar ist, das weiß ich nicht. Aber wenn ich es je verlieren sollte, dann würde ich es wieder suchen mit allen Mitteln.



Ich verstehe gut, was du schreibst, aber ich bin so oft zu müde, um es anzupacken, immer und immer wieder.
Herauszufinden, wo mein Anteil ist und wo der, der anderen anfängt.
Auch das ist wichtig, mich zu sehen, zu lieben, aber auch zu erkennen, dass die anderen auch ver-rückt sind und ich dafür keine Verantwortung trage, sondern sie selbst.

Du musst es nicht herausfinden, Imagine. Diese Fäden der Verrücktheit lassen sich nicht entwirren und sie haben auch keinen tieferen Sinn. Lass diesen furchtbaren, ermüdenden Kampf, es verstehen zu wollen. Du würdest niemals damit fertig werden, es zu verstehen. Verrücktheit erneuert sich ständig weil jeder verrückter Gedanke und jede verrückte Handlung immer nur verrückte Ergebnisse hervorbingen kann. Ständig magst du dich fragen, was dein Anteil ist aber das ist nur die Frage nach der Schuld und wie man sie gutmachen kann.

Als du auf die Welt kamst, da warst du nur ein unschuldiges Wesen, das einfach nur da war. Und nach vielen jahren der Existenz hast du gelernt, dass Existenz Schuld ist und Schmerz. Kann das wahr sein?


Dann kann ich mich wirklich frei fühlen, aber mitunter , wie gerade zur Zeit mangelt es mir an Geduld, mit mir und mit meinen Mitmenschen.

Dann hast du eben keine Geduld. Macht dich das so müde, dass du Angst hast, in diesem Punkt zu versagen? Das zehrt ja so an einem, dass man immer glaubt, es müsse so oder so sein und wenn es nicht so ist, dann stimme etwas nicht und man habe ja eine Verantwortung und so. Es ist schon wieder das gleiche Thema. Tief drinnen sind wir alle der Überzeugung, verantwortlich zu sein weil wir glauben, dass wir alleine sind und von allem getrennt. Daher kommt die Angst.

Liebe Grüße von

Thomas
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Liber
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Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?`Teil II

Beitrag von Liber »

Liebe Virginia,

ich verstehe gut, wie du deinen Vergleich gemeint hast - ich wollte lediglich auf die Wirkung hinweisen, die solch ein Vergleich durchaus haben kann, besonders, solange man im depressiven Loch steckt.

Bei Lt. Cable hatte ich diesen Eindruck, daher war mir wichtig, darauf hinzuweisen (und natürlich, weil ich diese Wirkung aus eigener Erfahrung kenne).

Auf der sachlichen Ebene stimme ich völlig mit dir überein.

Viele Grüße

Brittka
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