Euer Leben mit "Pseudodemenz"

912318798
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Euer Leben mit "Pseudodemenz"

Beitrag von 912318798 »

Grüß Euch, liebe Leute!

Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit, Verlust von logischem Denken und ähnliche kognitive Phänomene werden zu den Auswirkungen von Depressionen gezählt.
In letzter Zeit hat sich der Sammelbegriff "Pseudodemenz" für all dieses Ungemach eingebürgert.

Abgesehen davon, daß sich die Dinge beruflich auswirken, sind sie auch für den Heilungsprozess und das allgemeine Befinden extrem nachteilig.

Wie geht Ihr damit um und was könnt Ihr davon berichten?

Liebe Grüße und bleibt stark

Jojo
Dendrit
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Re: Euer Leben mit "Pseudodemenz"

Beitrag von Dendrit »

Hallo Jojo,

Wie geht Ihr damit um

Nach dem Motto: Schmerzen sind gut, sie zeigen, dass was nicht i.O. ist, hab ich versucht, diese Pseudodemenz irgendwie in diese Schublade einzureihen.

Wenn möglich (sobald mir das auffällt), dass ich mich von allem zurückziehe, was geistig irgendwie anstrengend ist und versuchen, mich so wenig Reizen wie möglich auszusetzen.

was könnt Ihr davon berichten?

Um beim Aktuellsten zu sein: ich hab die letzten Tag auch ein paar Sachen gemacht, wo hauptsächlich das Gehirn arbeitete. Gestern nachmittag hab ich dann Konzentrationsschwierigkeiten bemerkt und ab Abend leichte Wortfindungsstörungen. (Allein für den Text hier, such ich rum - eigentlich (für mich) lächerlich.) Na ja, nun müsste ich diese Art PC-Arbeit stehen und liegen lassen, wird schwer sein.

Andererseits ist das die einzige Möglichkeit, dass ich so gut wie gar nichts anderes mitbekomme. Und da bin ich für die nächsten Tage wohl in einer Zwickmühle.

Aber was ich statt dessen tun könnte oder mal getan hab: weiß ich nicht oder kann mich nicht erinnern. Schrecklich (und) zermürbend ist es jedenfalls arg oder wie Du schreibst: extrem nachteilig.

LG, Manuela
tallgirl
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Re: Euer Leben mit "Pseudodemenz"

Beitrag von tallgirl »

Hallo Jojo,

oh ja, davon kann ich berichten. (habe ich auch schon mal hier beschrieben)

Ich befinde mich zurzeit in der Probezeit und habe am vergangenen Wochenende gesagt bekommen, dass meine Leistungen seit den letzen 6 Wochen sehr zu wünschen übrig lassen. Ich solle jetzt richtig Gas geben, sonst wird dass nichts mit der Festanstellung. Wenn man jetzt vor der Wahl stehen würde, dann würde man mich nicht einstellen.

Diese Tatsache hat mich am letzen Wochenende in ein extrem tiefes Loch gerissen.

Ich wusste, dass meine Leistungen nicht gut waren. Ich kann mich nicht konzentrieren, vergesse alles total schnell wieder und kann Dinge, die mir gesagt werden einfach nicht abspeichern. Die Laden für „Speichern und Konzentrieren“ sind zu und der Schlüssel verloren.

Kommen arbeiten auf mich zu, versuche ich die immer vor mir her zu schieben, weil ich Angst habe, etwas zu fragen, was ich vielleicht schon 10x gefragt habe und eventuell auch noch was falsch mache. Die einfachsten Dinge vergesse und somit müssen folge Abteilungen immer wieder auf mich zu kommen und sagen…Angie, das hast Du vergessen, dass haben wir Dir doch schon mal erklärt…hast Du dass schon gemacht…uns. Es fällt mir selbst schwer, die richtigen Worte zu finden. Oft werde ich etwas von meinen Kollegen gefragt und mein Hirn ist einfach leer oder ich fange an zu sprechen und weiß dann plötzlich nicht mehr weiter. Dann fange ich an zu stottern.

Das mit dem logischen Denken habe ich leider auch. Das Denken fällt mir auch ohne Logik zur Zeit sehr schwer.

Wie gehe ich damit um???

Gute Frage. Ich versuche durchzuhalten und meine Arbeit so gut es geht zu bewältigen. Aber wenn ich zu Hause bin, muss ich oft weinen da meine Kraft, die mir so oder so im Moment nur sehr bedingt zur Verfügung steht, völlig aufgebraucht ist.

Ich stehe im Büro unter Dauerspannung und merke, dass hinter meinem Rücken getuschelt wird. (kann ich verstehen…wie oft soll man mir auch alles erklären?)

Ich werde mich wohl damit abfinden müssen, dass ich meinen Job verlieren werde aber ich möchte das mit erhobenem Haupt machen….was mich jetzt wieder in eine Zwickmühle bringt….

Nur, was ist denn in einem neuen Job….geht dann alles wieder von vorne los?
Liebe Grüße



Angie



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rajo1
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Re: Euer Leben mit "Pseudodemenz"

Beitrag von rajo1 »

Viel Bewegung und Entspannung hilft. Das Gehirn wird mehr durchblutet und schon läuft es besser.
Nur ist es mit der Bewegung usw. nicht so einfach, es kostet auch mich Überwindung. Leider!
Nun, ich habe gut Reden, ich war gerade Laufen und schon geht es mir besser und hoffe nicht zu vergessen, morgen wieder loszugehen.

rajo1
rajo1
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Re: Euer Leben mit "Pseudodemenz"

Beitrag von rajo1 »

Hallo Angie,

es tut mir leid, deine Situation ist nicht einfach.
Du setzt dich zu sehr unter Druck und wenn du ständig daran denkst, wird es doch nicht besser.
Der Druck erhöht sich noch, weil davon deine Festanstellung abhängig ist.
Und auch das meine ich, wenn ich sage, die sozialen und gesellschaftlichen Bedingungen fördern Depressioen. Wenn du ganz schnell irgendeine andere, wenn auch vorrübergehende einfache Arbeit finden würdest, wäre das alles nicht so problematisch.
Und schade, dass du keinen Kontakt zu deiner Freundin oder zu anderen netten Menschen hast.
Oder? Ich hatte das in deinen Beiträgen so gelesen.
Es wäre ganz wichtig, jetzt jemand in deiner Nähe zu haben, der dich etwas "stützt", ermuntert, mal mit dir spazieren geht und mit dir schwatzt. Natürlich kannst du das auch alles allein tun, doch meistens macht man das ja nicht in einer momentan schwierigen Lage.

Ich wünsche dir viel Zuversicht und bleibe stark.

rajo1
tallgirl
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Re: Euer Leben mit "Pseudodemenz"

Beitrag von tallgirl »

Hallo Rajo,

ja, der Druck ist schon sehr groß und leider habe ich auch noch nicht die passenden Medikamente gefunden, die einmal länger als 2 Monate helfen. Jetzt soll ich alte MAO Hemmer nehmen aber da bin ich mir noch nicht ganz sicher. Die Dinger machen mir Angst.

Gesellschaftliche Bedingungen fördern Depressionen….das Unterschreibe ich sofort. Kein Job, kein Geld kein Ansehen…Arbeitslos, Harz IV….und die Spirale dreht sich weiter...

Ich habe schon noch Kontakt zu meiner Freundin und auch zu andern Menschen, nur sind diese mit der Situation, so wie sie sich jetzt darstellt, völlig überfordert. Sie rufen an, melden sich mit „Hallo hier ist….“ und dann ist da ein Schweigen, weil sie nicht so recht wissen, was sie sagen sollen. (ich verstehe dass sehr gut, ich denke es ist die Angst vor dem kranken Menschen, Angst vor einer Krankheit die man nicht sehen kann und die Tatsache, dass noch so viele falsche Aussage in der Welt umher gehen)
Nun ja, und dann ist da noch der Zeitfaktor. Meine Freunde führen alle eine Beziehung und da ändert sich sehr viel, auch die Zeit die man mit einer Freundin verbringen kann…und freie Tage werden dann lieben mit dem Partner verbracht als mit einer ständig stöhnenden und jammernden Person, der man eh nicht helfen kann…. (ist auch irgendwie verständlich)

Ja, ein Spaziergang tut bestimmt sehr gut, ich kann mich nur selber immer sehr schwer aufraffen...und alleine zu gehen ist auch schwer.

Ich danke Dir für Deine netten Worte. Ein nettes Wort oder einfach nur einmal eine Umarmung kann so gut tun. Ich verspreche Dir, an meiner Zuversicht zu arbeiten.
Liebe Grüße



Angie



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Ida08
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Re: Euer Leben mit "Pseudodemenz"

Beitrag von Ida08 »

Hallo liebe Angie und liebe(r?) Rajo,

ich habe gerade mit großem Interesse den Thread gelesen, in dem Ihr Euch austauscht. Ich kann wahrscheinlich wenig Neues beisteuern, denn die Problematik, unter der auch ich leide, ist von Euch bereits beschrieben worden. Mich belastet sie insofern, als ich eigentlich eine geistige Tätigkeit habe, nämlich eine Doktorarbeit schreibe, an der ich in den letzten Monaten schlichtweg nicht weiterarbeiten konnte. Mich auf einen Text zu konzentrieren ist mir momentan unmöglich - es reicht noch nicht mal für einen Zeitungsartikel...

Mir macht das Nachlassen meiner kognitiven Fähigkeiten große Angst, denn an der Arbeit hängt mein Herz. Angesichts meiner mehr als offensichtlichen Beeinträchtigungen frage ich mich jedoch immer öfter, ob ich nicht eine Art Rollstuhlfahrer bin, der von einer Tenniskarriere träumt...

Liebe Angie, es tut mir sehr sehr leid, dass Dich Deine Krankheit beruflich so stark einschränkt. Ich drücke Dir für alle Job-Angelegenheiten beide Daumen. Ich kann aus eigener Erfahrung nur erahnen, wie es Dir gerade ergeht, denn auch ich bin in der Ausübung meines Teilzeitjobs beeinträchtigt, jedoch hat mein Arbeitgeber davon noch nichts mitbekommen. Zudem ist es ja auch nur ein Nebenjob, den ich zur Not durch einen anderen ersetzen könnte - für Studenten gibt`s ja alle möglichen Beschäftigungen. Trotzdem denke ich in letzter Zeit verstärkt darüber nach, ein offenes Gespräch mit meinem Arbeitgeber zu führen, denn ich strebe einen stationären Aufenthalt an, und da falle ich dann sowieso für eine ganze Zeit aus. Wie ist es denn bei Dir, hast Du einmal versucht, Deine Situation zu erklären? Manchmal lese ich, dass Kollegen und Chefs durchaus verständnisvoll auf eine psychische Erkrankung reagieren und ihre Unterstützung anbieten. Oder aber ist Dir diese Sache zu persölich - Du schreibst, dass Du, wenn schon, dann "mir erhobenem Haupt" den Platz räumen willst - aber was meinst Du damit? Auch ich habe oft so einen Gedanken, verbinde aber damit ein offenes Gespräch, in dem ich zu meiner Situation stehe und gegen Vorurteile ankämpfe.

Uff, Ihr Zwei, nun ist es schon wieder Mittag und ich frage mich, was ich wohl mit diesem Tag machen kann - hoffentlich ein bisschen mehr als im Bett liegen...

Einen lieben Gruß von Ida
kormoran
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Re: Euer Leben mit "Pseudodemenz"

Beitrag von kormoran »

hallo jojo,
hallo alle,

das thema kommt mir wie gerufen... also irgendwo glaube ich mir ist es immer nicht ganz so schlecht gegangen wie euch. trotzdem quälen mich manche dinge sehr.

@ angie
Ich stehe im Büro unter Dauerspannung und merke, dass hinter meinem Rücken getuschelt wird.
ich hatte das gleiche - wobei mobbing die spannung erhöht hat. und ich sag dir: das kostet so viel kraft, da ist es eigentlich kein wunder dass frau nicht mehr denken kann und nur noch müde ist. andere leute arbeiten so, dass sie zwischendurch mal entspannen. unsereine ist von start bis ende unter strom und leistet die ganze zeit (und erlaubt sich auch keinen leerlauf).

Ich werde mich wohl damit abfinden müssen, dass ich meinen Job verlieren werde aber ich möchte das mit erhobenem Haupt machen….was mich jetzt wieder in eine Zwickmühle bringt….

Nur, was ist denn in einem neuen Job….geht dann alles wieder von vorne los?

verdammt, ich habe das gleiche versucht und bin gescheitert. also mein abgang war sozusagen in letzter minute, und besser wäre gewesen rechtzeitig in krankenstand. sage ich heute. ich wollte erhobenen hauptes, etc, aber dafür hätte ich nochmal fit sein müssen und etwas richtig gut machen. ging kaum mehr.

und jetzt: 1 jahr aus dem job, geht es zwar immer öfter besser, aber kürzlich hatte ich wieder mehrere erlebnisse, wo mir begriffe nicht eingefallen sind. das ist so ängstigend, dass wieder neuer stress entsteht. ich denke jetzt, in meinem fall mag es dadurch entstanden sein, dass das mobbing in der therapie wieder thema war. vielleicht falle ich in die alte angst zurück, wo sich das hirn ausschaltet? konzentration ist häufig unmöglich, zeitunglesen phasenweise, wenn es geht, ein echter segen. und da das so unberechenbar ist und ich auch keine technik beherrsche, mich zu mir selbst zurückzuholen und festzunageln, weiß ich nicht wie das mit dem arbeiten gehen wird. ich hoffe sehr, dass es geht in einer guten umgebung und wenn ich durch äußere strukturen und interesse dran festgebunden bin.

aber, angie, um dir keine unnötige angst zu machen: zunächst musst du da raus, und endlich therapie (ist klinik bei dir ein thema? vielleicht ein guter anfang?) kriegen. der druck unter den du dich setzt macht dich noch unfähiger. du hast es versucht, deine motive sind mehr als ok, aber jetzt ist schluss, so sehe ich das. ich wünsche dir, dass du dein arbeitszeugnis rettest und gesund wirst, du erhöhst damit die chance in einiger zeit wieder ganz normal arbeiten und entspannt leben zu können.

ich mach da mal schluss.
kormoranin
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kormoran
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Re: Euer Leben mit "Pseudodemenz"

Beitrag von kormoran »

und gleich nochmal, weil mir das so an die substanz geht...

@ ida
Mir macht das Nachlassen meiner kognitiven Fähigkeiten große Angst, denn an der Arbeit hängt mein Herz. Angesichts meiner mehr als offensichtlichen Beeinträchtigungen frage ich mich jedoch immer öfter, ob ich nicht eine Art Rollstuhlfahrer bin, der von einer Tenniskarriere träumt...

du sprichst mir aus der seele! meine beruflichen herzenswünsche, meine zukunft, hängt da dran. ich möchte endlich klarheit, welche ich ist. manchmal scheint es mir, als ob mir das leben, boshaft, ein paar mal in meiner vergangenheit (super schülerin, einige tolle erfolgserlebnisse) hie und da ein fenster aufgerissen hätte in eine welt, die mir aber verschlossen bleibt. und ich habe die klare luft da draußen geschnuppert und ertrage es nicht, im zimmer gefangen zu bleiben. und will endlich wissen, ob ich nicht doch nach draußen zugang hätte?

zum anderen: ich habe meiner verzweiflung über das nachlassen meiner kognitiven fähigkeiten öfters gegenüber "freundInnen" ausdruck verliehen. die reaktionen waren vernichtend. ich wurde lächerlich gemacht, ich hätte die hysterie, würde glauben alzheimer zu kriegen, usw. ich erinnere mich jetzt dass das einer der schmerzlichsten anlässe war, mich wieder zurückzuziehen und nicht anzuvertrauen. erst viel später habe ich gelernt, wie es zu diesen ausfällen kommt, aber ich wollte nicht zurück und die argumente nachreichen. es ist schon klar dass niemand von denen (sind keine ärztInnen darunter) mich drauf hingewiesen hat dass es ein burnout/depression sein könnte die das verursachen. aber sie hätten es einfach ernst nehmen können oder? wieder zu viel verlangt von freundschaft???

frustriert
kormoranin
p.s. verdammt ich muss aus dem netz und heute noch was sinnvolles tun. heute geht was.
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Re: Euer Leben mit "Pseudodemenz"

Beitrag von tallgirl »

Hallo Ida,

Du schreibst;

„Manchmal lese ich, dass Kollegen und Chefs durchaus verständnisvoll auf eine psychische Erkrankung reagieren und ihre Unterstützung anbieten.“

Ja, dass war so in meinem alten Büro. Ich war damals, bedingt durch meine Krankschreibung in Zugzwang. Als ich morgens wieder ins Büro kam, sprach mich mein Chef direkt an und ich erzählte ihm gerade heraus, dass ich an Depressionen leide und ich nicht in der Lage bin, meine Arbeit so zu machen, wie man es von mir gewohnt war.
Leider hieß die alte Firma Siemens/BenQ und mit der Insolvenz gingen auch meine Kollegen und das Verständnis.

Ich ringe noch mit mir ob es nun eine gute oder eine schlechte Entscheidung ist mit meinem Chef zu sprechen. Was habe ich zu verlieren?
Wenn ich nichts sage und meine Leistungen sich nicht bis Ende April stark verbessern, (was ich bezweifele) dann verliere ich meinen Job.
Sage ich was Sache ist und versuche zu erklären, dass durchaus die Chance besteht, dass alles wieder gut wird, kann ich, bedingt durch die Ehrlichkeit, auch meinen Job verlieren. Wer will schon jemand in seinem Team haben (dies hier ist eine kleine Firma) der nicht so funktioniert und nicht immer 100% geben kann.

„Mit erhobenem Hauptes hier raus zu gehen heißt für mich, dass ich (wahrscheinlich) erklären werde, (zumindest wenn ich gehen muss) warum ich so bin und dass ich nicht doof bin.
Ich für meinen Teil kann dann zumindest behaupten, dass ich alles in meiner Kraft liegende getan habe.
Liebe Grüße



Angie



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tallgirl
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Re: Euer Leben mit "Pseudodemenz"

Beitrag von tallgirl »

Hallo Kormoranin,

es tut mir leid wenn ich den Anschein erweckt habe dass ich hier im Büro gemoppt werde. Das ist nicht der Fall.
Mit „hinter dem Rücken tuscheln“ meinte ich eher, dass die Kollegen über meine Unfähigkeit reden aber es ist nie ein böses Wort gefallen.

Ja, Klink ist bei mir ein Thema und auch darüber werde ich heute Abend mit meinem Arzt sprechen.
Allerdings meinte er am Montag zu mir, dass er einen Klinikaufenthalt nur dann für sinnvoll hält, wenn ich wieder in der Lage bin Dinge aufzunehmen und zu verarbeiten. Er meinte, dass, solange ich mich in diesem Stadium befinde, ein Klinikaufenthalt wenig Sinn machen würde.

Ich kenne mich damit nicht aus. Ich weiß nicht was noch sinnvoll ist und was nicht.
Liebe Grüße



Angie



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kormoran
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Re: Euer Leben mit "Pseudodemenz"

Beitrag von kormoran »

hallo angie,

"es tut mir leid wenn ich den Anschein erweckt habe dass ich hier im Büro gemoppt werde. Das ist nicht der Fall."

SORRY, MISTVERSTÄNDIS!

ich wollte damit nicht sagen dass du gemobbt wirst, so habe ich es nicht verstanden! das war mir schon klar.

mobbing war bei mir - also daher rührte bei mir ein teil vom dauerstress. aber ich bin auch so unter dauerspannung gestanden, dauernd aktiv und produktiv zu sein, und damit fand ich meine situation vergleichbar. ist nicht gut rübergekommen, und stimmt auch nicht ganz.

kormoranin
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912318798
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Re: Euer Leben mit "Pseudodemenz"

Beitrag von 912318798 »

Grüß Euch, Ihr Lieben!

Die Probleme entstehen wirklich überall.

Aber wie ist die Entwicklung?
Ist jemand Älteres hier, der/die diese Bürde schon lange mit sich herumträgt und einen Werdegang dokumentieren oder umreißen kann?

Ida z. B. ist noch so jung und möchte ein Studium beginnen. Was wird da prognostiziert?
Kormoranin (was also tatest Du Sinnvolles noch heute? Und bist Du aus der Steiermark in Österreich?)
fällt von einem Problem im Büro ins andere und verliert ihre Jobs!

Andere bangen darum, weil sie die Erfordernisse nicht erbringen können.

So genannte Freundschaften werden rar – vermutlich waren es nie richtige.
Die Gesellschaft, das alte Luder…
Vereinsamung…

Was bringt die Zukunft?
Ich sollte einen Betrieb führen. Aber wie, wenn das Oberstübchen stark abgedunkelt ist?

Und:
Sind wir sicher, dass wir nur von „Pseudo“ - Demenz reden, und nicht über tatsächliche?

Wer sagt uns das so, dass wir es glauben können?

Liebe Grüße und bleibt stark

Jojo
Zimmerman
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Re: Euer Leben mit "Pseudodemenz"

Beitrag von Zimmerman »

Hallo,
ich lese seit Jahren hier im Forum mit, schöpfe viel Kraft allein
aus der Tatsache, nicht allein zu sein mit meiner Krankheit,
habe aber bisher noch nicht die Kraft aufgebracht, hier aktiv teilzunehmen. Diesmal raffe ich mich auf: Das Thema, nennen wir es Pseudodemenz mit all seinen Facetten, steht für mich sinnbildlich für den Verlust von so vielem, was einen mal ausgemacht hat, von Dingen, auf die man mal stolz war oder auch nur von Anforderungen, mit denen man mehr oder weniger locker umgehen konnte. Nur ganz kurz, später vielleicht mehr: Ich bin 48, männlich und leide seit ca. 1995 an „larvierter Depression“ (so stand’s jedenfalls verschlüsselt auf den Krankschreibungen meiner Neurologin). Einen 6-wöcheigen Therapieaufenthalt in einer psychomatischen Klinik habe ich hinter mir, genauso wie ca. 12 Jahre Medikamentenbehandlung. Angefangen von Insidon über Trevilor bis hin zu Moclobemid (MAO-Hemmer), den ich gerade ausgeschlichen habe. Nun soll Clomipramin ran, habe aber keinen Bock (auch wenn man die letzte Studie so im Kopf hat…). Medis waren bei mir nie so erfolgreich, außer vielleicht Trevilor, hab ich aber wg. Nebenwirkungen abgesetzt.
Nach abgebrochenem Studium war ich über 20 Jahre lang bei Siemens, bis die Entlassungswelle rollte. Dann zwei Jahre arbeitslos, erfolglos selbstständig und nun seit November bei einem Zeitarbeitsunternehmen an einen Kunden ausgeliehen. So, nun wieder zurück zum Thread, sorry für die lange Einleitung. Meine Probezeit geht auch bis Ende April, hallo Angie, und genauso kämpfe ich hier gegen die Windmühlen meiner „ich will es allen recht machen…(nur mir nicht?)“ Einstellung. Ich sehe ja ein, dass ich krank bin, aber nach außen hin markiere ich immer den Starken. Das war schon in der Klinik so. Wie oft aber bin ich in den letzten Jahren an meinen Arbeitsstellen auf Toilette, hab mich dort ausgeheult und dann warten müssen, bis man mir nichts mehr ansieht und ich wieder an meinen Arbeitsplatz zurückschleichen kann. Meine Leistungen hier sind – objektiv gesehen – alles andere als glorreich, mit ziemlicher Sicherheit kann ich das bestehen der probezeit abschreiben, und was das Schärfste ist, ich hoffe es sogar. Alles nur, damit ich nicht derjenige sein muss, der die Initiative ergreift und sich bei Anderen vielleicht unbeliebt macht. Paradox, wo die mich doch sowieso loshaben wollen, oder? Ich merke aber auch wirklich, dass ich geistig ganz gewaltig abbaue. Ich kann mir nichts mehr merken, manche Sätze muss ich so oft lesen, dass ich mir gar nicht mehr vorstellen kann, überhaupt noch ein Buch zu Ende zu bringen, und dann noch ein job, in dem tagtäglich neues und mir absolut unbekanntes auf mich zukommt. Eigentlich will ich nur noch raus, nichts hören und sehen und weg, weit weg. Dann aber kommen sofort die Gedanken: Wen enttäusche ich da alles. Meine Tochter (13) natürlich als allererstes, dann meine Mutter, selbst ziemlich krank und sehr auf mich fixiert, meinen epilepsiekranken und einsamen Bruder und irgendwo auch meine Partnerin, obwohl da eigentlich die Bande am lockersten sind, ich muss es mir eingestehen…
Ja, mit erhobenem Haupt rausgehen, und vor allem auch am nächsten Morgen den Kopf noch oben tragen, sich erklären können, oder zumindest auf die Frager entsprechend reagieren zu können, das wär’s. Ich fühl mich aber einfach nur total schwach, traurig, fremdgesteuert und müde müde müde. Sorry, dass ich euch hier so zugetextet habe, aber es war jetzt einfach so ein spontaner Ausbruch. Werde mich wohl noch öfter melden, schon mal als Warnung… Ganz liebe Grüße an alle Mitleser und vor allem die Teilnehmer an diesem Thema.


Zimmerman
912318798
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Re: Euer Leben mit "Pseudodemenz"

Beitrag von 912318798 »

Grüß Dich, Zimmermann!

Sei herzlichst willkommen bei uns und melde Dich, wann immer Du meinst, daß Dir sonst keiner zuhören wollte!

Ich will Dich jetzt gar nicht fragen, warum Du nicht schon früher hier geschrieben hast, Du hast sicher Deine Gründe.

Dein Lebensweg ist sehr dramatisch und zeugt davon, daß Du schon viel gemeistert hast.
Irgendwann brennt jeder aus, insbesondere, wenn man gar keine Ruhezeit hat.
Deine Odysse durch den Chemie-Dschungel lässt auch nicht gerade neidvoll erblassen.

Hast Du denn keine ordentlichen Neurologen oder Therapeuten, der Dich mit mehr Kompetenz beraten könnte?
(Aber ich rede mich hier so leicht, finde ich doch selbst nicht das, was ich für richtig halte...)

Du brauchst ja wirklich dringend ordentliche Hilfe.

Ja, abhauen ist für die Deinen die schrecklichste Konsequenz, aber ich bin mir sicher, Du würdest im Ernst nicht wegkönnen!

Erstmal hast Du hier tausend lauschende Ohren, geduldige, gescheite, auch viele traurige, aber immer offen.
Möglicherweise kann Dir der oder der andere einen guten Hinweis geben, das K-Netz selbst bietet ja, wie Du sicher weißt, auch Infos zu Anlaufstellen in Krisen.

Also nochmals willkommen und bis bald!

Liebe Grüße und bleib stark

Jojo
steppenwolf1

Re: Euer Leben mit "Pseudodemenz"

Beitrag von steppenwolf1 »

Hallo Zimmermann,

ich finde, Jojo hat es gut geschrieben und dem möchte ich mich anschliessen.
Stark zu sein, heisst auch mal Schwächen zugeben zu können. Weinen zu können, trotz dass die Gesellschaft sagt, weinen ist Schwäche.
Finde auch das du viel geleistet hast und auf keine Fall aufgeben solltest. Klingt als bräuchtest Du dringend eine Auszeit.
Vielleicht hilft es auch izu schreiben und UNterstützung von anderen zu bekommen.
Es gibt viele Menschen, denen es ähnlich geht wie dir.
Viel Mut und alles Gute.
s.wölfin
kormoran
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Registriert: 29. Mai 2007, 21:56

Re: Euer Leben mit "Pseudodemenz"

Beitrag von kormoran »

hallo ihr,
nur ganz kurz, muss ins bett.

jojo, wie kommst du auf steiermark?

aber: das mit den ausfällen ist bei mir offenbar auch stark situationsbedingt. konzentration geht oft so überhaupt nicht auch wenn ich eigentlich super entspannt sein könnte (zeitung nach dem frühstück? wäh!!).

andererseits habe ich heute unversehens einen arbeitsauftrag bekommen und nun zwei stunden doch ziemlich konzentriert etwas gearbeitet was tatsächlich ein fokussieren und mitdenken erfordert. wenn ich total fokussiert bin und irgendwo alles passt dann kann das gehen, obwohl mir erst vor zwei tagen beim bücher-ausleihen die autoren nicht eingefallen sind - so dass ich fast verzweifelt wäre beim versuch, auf diesen platz meiner festplatte zuzugreifen (ich denke ihr wisst, wie sich das anfühlt).

insoferne - entweder gehöre ich überhaupt nicht in diesen thread; oder es gibt hoffnung, dass sich das doch beizeiten legt und doch sehr stark mit der hirnchemie, dem druck unter dem man steht etc zu tun hat. es heißt jedenfalls, dass es reversibel ist. und ich bin mir ziemlich sicher, dass die angst, die uns diese erscheinungen machen, die sache verstärken. damit umzugehen üben, die situationen erkennen, wäre doch was wert.

dazu kann zimmermann vielleicht was sagen, aus der klinik? (sorry, ich hab jetzt deinen beitrag nur mehr überflogen; willkommen hier ).

gute nacht
kormoranin

[edit]
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tallgirl
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Re: Euer Leben mit "Pseudodemenz"

Beitrag von tallgirl »

Hallo Zimmermann,

zunächst einmal möchte auch ich Dich hier im Forum willkommen heißen. Es ist schön, dass Du hier bist und es ist sicherlich der erste Schritt in die richtige Richtung. Das Forum hat auch mir schon in sehr schwierigen Situationen geholfen und mir den nötigen Anstoß gegeben mir ärztlichen Beistand zu holen.
Das was Du da bzgl. der Medikamente schreibst kenne ich sehr gut. Mein Arzt sagte mir gestern, dass er nicht mehr weiß, welches Medikament er mir noch verschreiben soll, denn die meisten Medikamente habe ich nicht vertragen oder sie haben nach kurzer Zeit Ihre Wirkung verloren. Auch ich leide schon sehr lange unter dieser Krankheit. Angefangen hat das bei mir Mitte 20 und ich werde jetzt im April 36. Leider habe ich damals nicht gewußt was mir fehlt, ich habe es als "Durchhänger" abgetan.
Wie du siehst bist hier unter leichgesinnten und brauchst bestimmt nicht so zu tun, als ob es Dir gut geht.

Guten Morgen Kormoranin,

wie geht es Dir heute morgen?

War gestern Abend noch beim Arzt aber sehr viel erfreuliches habe ich dort auch nicht erfahren. Er weiß nicht mehr, welche Medikamente er mir noch verschreiben soll. Aus diesem Grund und da sich dieses Medikament wohl bei Patienten bewährt hat die sich sonst eher als resistent anderen Medikamenten über gezeigt haben, soll ich nun "Jatrosom" nehmen. Aber allein die Begleithefte, die Tabellen mit dem was ich essen darf und was nicht und die Tatsache, dass man mit dem falschen Essen Nebenwirkungen bekommen kann die bis zum Tod führen, machen mir sehr große Angst.
Ich kann doch im Moment nicht einmal entscheiden ob ich auf die Toilette gehen will oder nicht, wie soll ich da so weitreichende Entscheidungen treffen? Dieses Medikament soll antriebssteigernd sein, zeitgleich soll ich aber noch ein Medikament nehmen, was mich wieder beruhigt...ich verstehe dass alles nicht mehr...das ist doch ein Wiederspruch in sich. Zum einen aufputschen und zum anderen beruhigen...wie soll mein Körper da noch wissen was er soll?

Bin heute morgen schon um halb vier aufgestanden. Konnte mal wieder nicht schlafen.

Ich weiß noch nicht, ob ich heute zur Arbeit gehe oder nicht. Vielleicht nehme ich mir mal einen Tag frei, ganz kurzfristig. Aber auch da habe ich Angst vor. Es hat doch keiner Zeit und ich liege dann allein hier auf der Couch und die Gedanken.....sie kreisen. Ich kann ganz einfach nicht mehr, habe nicht mehr die Kraft.
Liebe Grüße



Angie



Du kannst die Wellen nicht stoppen. Du kannst nur lernen, auf ihnen zu reiten.
Zimmerman
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Re: Euer Leben mit "Pseudodemenz"

Beitrag von Zimmerman »

Hallo zusammen,
erst mal ganz herzlichen Dank für die liebevolle Aufnahme hier im Forum.
Warum habe ich diesen Schritt nicht schon viel früher „gewagt“? Egal.
Mein Klinikaufenthalt liegt bereits 12 Jahre zurück, und damals habe ich das ganze halt auch mehr als 6-wöchige wellness-sache gesehen (war eine psychosomatische Klinik in bad wildungen), dort den großen maxe gegeben, mich mit einer Therapeutin angelegt und am ende meines Aufenthaltes zu hören bekommen „Also wenn wir mal einen Manager für unsere Abteilung brauchen, nehmen wir Sie“. Ich Trottel war da auch noch stolz drauf. Zum ko… Heute bereue ich sehr, diese Chance damals nicht weiter genutzt zu haben, und im Moment überlege ich mir, ob ich nochmals in diese Richtung (stationärer Aufenthalt) gehen soll. Fürchte aber, meine Neurologin macht da nicht mit. Außerdem wäre so was natürlich das Ende meiner momentanen Berufstätigkeit, was das ganze aber fast noch befürwortet…
Meine Therapie mit einem mir sehr sympathischen und eigentlich auch wirklich guten Psychologen ist nach 45 Stunden im Dezember 2007 ausgelaufen. Natürlich hat es mir viel gebracht, irgendwie hat da die Chemie total gestimmt und ich habe mich wohl gefühlt, geborgen und jedes Mal wenn ich die Praxis verlassen habe, konnte ich richtig aufrecht gehen. Ich dachte, nun weiß ich wie es geht. Hielt halt immer nicht lang an und die kleinsten Alltagsgeschehen, die nicht so richtig liefen, warfen mich dann gleich wieder aus der Bahn. Überleben im Alltag, zurechtkommen mit den Anforderungen und gelassen und furchtlos bleiben (das vor allem), das möchte ich endlich mal dauerhaft lernen.
Das komische ist ja aber auch, dass ich eigentlich schon so viel in meinem Leben gestemmt habe: 1979 haben mir meine Ärzte nach einer Krebserkrankung noch eine Lebensdauer von ca. 1 Jahr prognostiziert (und ich bin immer noch da), mein Bruder ist nach einem schweren Autounfall Epileptiker und mein Vater, der der Traumvater schlechthin war, verstarb nach 10-jährigem Leiden an Parkinson. All das habe ich irgendwie verkraftet, doch manchmal frage ich mich, ob mein jetziger Zustand vielleicht auch das Ergebnis dieser ganzen Erlebnisse ist. Hänge deswegen aber wirklich nicht immer traurig und verzweifelt rum, ich bin mir sicher, würde man in meinem Freundeskreis nach meiner Einschätzung fragen, käme da alles andere dabei raus. Mein altes Problem halt. „Pausenclown“ hat mich eine gute Freundin mal genannt. (Wär vielleicht auch ein guter nickname gewesen…)
Liebe Angie, ich hoffe, du kannst diesen Tag so verbringen, wie es dir gut tut. Ich kann so gut nachfühlen, wie du dich fühlst und drück dir ganz fest die Daumen, dass Du erkennst, was für Dich richtig und wichtig ist. Aber da spricht ja der Blinde von der Farbe.Was diese Angst vor Medis angeht: Kann ich gut verstehen, und ich lese die Beipackzettel auch immer aufmerksam, andererseits, wenn man liest, dass dich schon ein Schnupfenmittel im ungüstigsten Fall ins Jenseits befördern kann… Die müssen halt jede Eventualität anführen, und wenn sie noch so gering ist. Übrigens war mein MAO-Hemmer das Medi mit den geringsten Nebenwirkungen, leider aber auch der geringsten Wirkung.
So, ernte schon die ersten verwunderten Blicke von meinen Kollegen im Büro, weil ich so eifrig tippe. Kennen die sonst gar nicht von mir…

Liebe Grüße
zimmerman
kormoran
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Re: Euer Leben mit "Pseudodemenz"

Beitrag von kormoran »

@ angie,
hab dein posting hier erst jetzt gelesen. ich hoffe du kriegst den tag gut herum und bekommst hilfe. das ist definitiv kein zustand so.
sei ganz lieb gedrückt.
kormoranin
 http://www.depressionsliga.de
*** zurück ins leben!
carina
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Registriert: 25. Dez 2006, 22:50

Re: Euer Leben mit "Pseudodemenz"

Beitrag von carina »

Hallo an alle,

Konzentrationsprobleme und Vergeßlichkeit kenne ich leider auch.

Meine Ärztin meinte mal, mein Gehirn hätte mit der Depression so viel zu tun, dass nicht mehr so viel Platz bleibt für andere Dinge.

Ich habe hauptsächlich Probleme, wenn mich etwas seelisch sehr stark belastet. Wenn ich einen Konflikt fürchte, dann dreht mein Hirn durch und ich vergesse Termine etc.

Im Beruf habe ich kaum Probleme. Ich mache mir sehr viele Notizen, weil Dokumentation ist bei uns allgemein sehr wichtig ist. Mein Hirn liegt dann quasi auf dem Tisch und ich kann in Ruhe nachschauen.

Beim Antritt einer neuen Stelle habe ich mir immer unglaublich viel aufgeschrieben. Dazu habe ich mir ein Schulheft gekauft und da kam alles rein was neu war. Z.B. wie man den PC startet, wie die Ablage funktioniert, Kopierer oder Fax bedient werden, wo der Kaffee steht etc.
Das habe ich aber schon vor meiner Krankheit so gemacht und auch neuen Azubis empfohlen. Die haben sich aber nie daran gehalten und lieber zehn Mal das Gleiche gefragt.

Fazit: Auch Gesunde fragen manchmal oft nach und nerven dann! Es stört sie aber nicht! Im Gegensatz zu uns, die wir uns dann selbst verurteilen.

Eine neue Stelle anzutreten ist immer belastend. Gerade auch, wenn man schon durch diese Krankheit beeinträchtigt ist.
Deshalb: nachsichtig mit sich selbst sein!

Viele Grüße

Carina
Luc1902
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Registriert: 19. Feb 2008, 07:42

Re: Euer Leben mit "Pseudodemenz"

Beitrag von Luc1902 »

Hallo ihr

beim Lesen hier wird mir tröstlich bewußt, ich bin nicht allein. Ich hab mich schon in einer Gummizelle wiedergesehen, weil ich aufstehe, in die Küche gehe und beim Blick in den Kühlschrank feststelle, eigentlich wollte ich doch zur Toilette.

Mal was vergessen ist, denk ich völlig normal. Aber wenn es so überhand nimmt, ist es erschreckend. Noch bin ich angestellt in einem Steuerberaterbüro. Aber ich sehne mich nach einem Job als Pferdestall-Ausmister oder Schafhirt. Denn den Anforderungen im jetztigen Beruf bin ich mich definitiv nicht mehr gewachsen.
Früher konnte ich mit mehreren Kollegen einen Raum teilen, mit Kundenverkehr, Telefonzentrale und ständigem Durcheinandergeschnatter. Ich war in der Lage alles auszublenden und mich voll und ganz auf meine Aufgabe zu konzentrieren. Hab zwischendurch Telefonate angenommen, Fragen von Kollegen beantwortet, Mandanten empfangen und und und ohne mich gestört zu fühlen und abends zu Hause noch ein bißchen Fachliteratur gelesen und verstanden und über knapp zwei Jahre in Abendschule eine Fortbildung gemacht.
Das geht schon seit langem nicht mehr. Die kleinste Ablenkung bringt mich aus dem Konzept, was ich mir nicht notiere vergesse ich. Konzentrationsfähig gleich Null, Merkfähigkeit gleich Null, logisches/analytisches Denken (mal eine große Stärke von mir) geht gar nicht mehr. Ich bin erstaunt wieviele Telefonnummern die Kollegen im Kopf haben, ich bin froh, wenn ich das Gesicht eines Mandanten dem richtigen Namen zuordnen kann.

Aber nicht nur auf der Arbeit geht es so. Inzwischen bin ich auch völlig überfordert mit den alltäglichen Dingen im Haushalt. Zum Glück habe ich einen sehr lieben und verständnisvollen Ehemann. Aber das macht es nicht wirklich leichter, denn ich habe immer öfter ein schlechtes Gewissen ihm gegenüber. Denn er muß für mich mitdenken, übernimmt viele Arbeiten im Haushalt die ich nicht auf die Reihe bekomme. Ich kann nur beten, dass er sich nicht hoffnungslos übernimmt.

Es ist ein schmerzhaftes Gefühl totaler Hilflosigkeit und Inkompetenz. Meine Festplatte ist zwar nicht formatiert, aber ein Großteil der Programme ist von Viren befallen und funktioniert nicht mehr. Mir stehen nur noch Grundfunktionen zur Verfügung. Meine Therapeutin hat versucht mir das zu erklären. Regression. Rückzug zu einem früheren Entwicklungsstand, in dem man sich sicher fühlt, in dem die Aufgaben noch zu bewältigen waren.

Manchmal fehlt mir einfach nur ein Wort um einen Satz zu vervollständigen. Ein anderes Mal bin ich auf der Treppe nach draußen und meine Knie fangen an zu zittern, ich trau mich kaum mehr, die Stufen allein hinunter, halte mich wie ein kleines Kind oder ein alter Mensch am Geländer fest. Ich stolper über meine eigenen Füße, mir fallen Dinge aus den Händen. Ich fühl mich gut, hab Spaß unterhalte mich angeregt und stehe mitten im Satz auf, weil ich dem Gespräch nicht mehr folgen kann und mir schlagartig alles zuviel wird
In solchen Momenten möchte ich mich nur noch in eine Ecke verkriechen und heulen.

Sorry, dass es so lang geworden ist und wenn ich vom Thema weggekommen bin

lucia
stateira
Beiträge: 38
Registriert: 18. Feb 2008, 20:48

Re: Euer Leben mit "Pseudodemenz"

Beitrag von stateira »

Hallo ihr lieben zusammen,

leider kenne auch ich diesen zustand der nachlassenden kognitiven fähigkeiten sehr gut und ich kann ehrlich gesagt, damit überhaupt nicht umgehen. Vielleicht kommt das daher, das meine intelligenz immer das einzige war, auf das ich stolz war. Stolz darauf, das geschafft zu haben, was ich mir mit 15 jahren vorgenommen habe: mich vom arbeiterkind ohne abgeschlossenen hauptschulabschluss zu akademikerin "hochzuarbeiten". Aber ungefähr 10 jahre nach meinem abschluss begann so ca. 2002 der abbau meiner fähigkeiten. Da war ich 45. Zuerst dachte ich, ich wäre nur überlastet, es war eine hektische zeit in der firma und außerdem kurz nach 9/11, da gingen mir ganz viele dinge im kopf rum. Aber schon ein jahr später merkte ich, dass das ganze irgendwie dauerhafter, tiefgreifender zu sein schien und noch ca. 6 monate später merkte ich, dass meine depressionen zurück waren; nach 14 jahren fast ohne symptome. Was für ein scheiss!!! Mittlerweile habe ich seit 08/07 meinen job verloren und kann mir z.zt. nicht im mindesten vorstellen, den anforderungen des arbeitslebens gewachsen zu sein. Und ausserdem, wer will heute schon noch eine 50-jährige? Mittlerweile kann ich ja schon froh sein, wenn ich es schaffe, einen krimi von elisabeth george zu lesen und auch die zusammenhänge zu verstehen. Mein herz weiss, dass ich viel mehr bin als nur meine (ehemalige) intelligenz, aber mein verstand kann das überhaupt nicht akzeptieren. Ich weiss auch nicht, wass ich die letzten 10, 20 oder 25 jahre ohne arbeit und mit hartz4 machen soll.
Draussen tobt noch immer sturmtief 'emma', passt irgendwie zu meiner stimmung. Es sieht in mir genau wie in meiner heimatstadt hamburg aus: "Land unter".

liebe grüsse
suse
rajo1
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Registriert: 3. Okt 2006, 16:29
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Re: Euer Leben mit "Pseudodemenz"

Beitrag von rajo1 »

Das Leben genießen. Das geht auch ohne Arbeit.
Ich bin schon lange ohne offizielle Arbeit.
Jetzt leiste ich mir etwas von Rente, die nur wenig über Hartz IV liegt. Es geht.
Lernen kann man immer wieder und auch mit ganz wenig Geld.

....

Zur Ergänzung:
So werde ich "therapiert"..., immer sehe ich es nicht so.
Es gibt doch zu wenig Beschäftigung. Wo soll man da über 50 und älter unterkommen?
Es gibt ausreichend Ehrenämter und Freiwilligenarbeit.


rajo1
Elisa_K
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Registriert: 6. Feb 2008, 14:53

Re: Euer Leben mit "Pseudodemenz"

Beitrag von Elisa_K »

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