Placebo macht es auch

rajo1
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Placebo macht es auch

Beitrag von rajo1 »

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/27/27371/1.html

Ein Placebo macht es auch, der Patient sollte es nur nicht wissen.
Und mit Placebos( irgendwelchen Pillen) lässt sich ein gutes Geschäft machen, man muss es nur "verkaufen" können.

Na, habt ihr schon mal eure Pille auf die Bestandteile prüfen lassen beim TÜV?
Dendrit
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Re: Placebo macht es auch

Beitrag von Dendrit »

Hallo Rajo,

müsste bei einer Studie der Patient grundlegend informiert werden? Also ich bin zumindest in keiner und der ca. halbjährlich Blutspiegel belegt, dass mein AE den Wirkstoff enthält. Das bestimmende Labor weiß sicherlich nicht, dass ich jedes Mal ein Duplikat des Befundes bekomme.

Ich hab Deinen anderen Beitrag gelesen und bin entsetzt.

LG, Manuela
Bernd2

Re: Placebo macht es auch

Beitrag von Bernd2 »

"müsste bei einer Studie der Patient grundlegend informiert werden?" Zitat Manuela


Hallo Manuela,

bei einer medizinisch-wissenschaftlichen Studie muß der teilnehmende Patient selbstverständlich aufgeklärt werden, und zwar sogar sehr gründlich. Seine eventuelle Zustimmung muß sodann durch Unterschrift auf dem Aufklärungsbogen dokumentiert werden. Die Gestaltung eines solchen Aufklärungsbogens ist auch keinesfalls ins Belieben des Verfassers bzw. des Initiators der Studie gestellt, sondern muß strengen gesetzlichen Anforderungen genügen.

Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Vorschriften, die die Sicherheit eines Probanden bzw. Patienten gewährleisten.

Gruß
Bernd
Dendrit
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Re: Placebo macht es auch

Beitrag von Dendrit »

Hallo Bernd,

ja, so kenn ich das auch. Ich hab schon mal in einer mitgemacht und bevor ich für das 2. Jahr unterschrieben habe, sagte mir man im Prinzip das selbe nochmal und genauso ausführlich und zu Fragen animiert, wie der Stand der Dinge gesamt nach einem Jahr in der Studie ist etc.

Danke für die Bestätigung.

LG, Manuela
Lisa23

Re: Placebo macht es auch

Beitrag von Lisa23 »

Hallo,

ich nehme die angebliche Glückspille, Fluoxetin, seit fast drei Monaten. Mir geht es sichtlich besser. Bilde ich mir das alles nur ein?

Liebe Grüße, Lisa
rajo1
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Re: Placebo macht es auch

Beitrag von rajo1 »

Vielleicht... macht es der Glaube, die Hoffnung, und / oder es ändert sich irgendetwas so wie das Wetter... . ...

Stimmungsschwankungen oder sonstige andere Befindlichkeiten ( mal besser/ mal schlechter) betreffen wohl auch wohl viele Menschen mit anderen Beschwerden.

Und es fängt ja im Kopf an, d.h. es hat auch einen Einfluß, wie ich über etwas und über mich denke.

Die Zeit heilt manche Wunde und manchen Kummer.
Und da ist etwas Wahres dran.
Mit Abstand sieht vieles anders aus, verändert sich etwas, werden wir erfahrener und einsichtiger, ruhiger, zumal wir therapeutisch "neue" Betrachtungs- und Verhaltensweise lernen und leben.
Bernd2

Re: Placebo macht es auch

Beitrag von Bernd2 »

Nein, Lisa, das bildest Du Dir keineswegs ein. Aber kannst Du auch den Kausalzusammenhang zwischen der Einnahme des Arzneimttels und der Besserung des subjektiven Empfindens nachweisen? Und nur darum geht es!

Wenn diese Kausalität nämlich nicht nachweisbar ist, muß die Substanz folgerichtig als wirkungslos in der Behandlung der Erkrankung betrachtet werden.

Gruß
Bernd
912318798
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Re: Placebo macht es auch

Beitrag von 912318798 »

Grüß Euch, alle zusammen!

Auch ich bin entsetzt über die Äusserungen in diesem Artikel!
Wie Lisa und viele Andere bin ich Fluoxetin-Verkoster und gerade dabei, mir eine Veränderung in meinem Stimmungsbild einzureden.
Ich stehe dem ganzen Psychologie und Psychiatrie - Kosmos mit all seinen pharmakologischen und gesprächstherapeutischen Schienen sehr skeptisch gegenüber (wie sicher viele von Euch wissen).

Gerade jetzt, da ich beginne, mein Eis aufzutauen und ein wenig Erfolg zu sehen glaube, kommt diese Meldung!!!

Ich kann Euch sagen, mir geht es jetzt gar nicht gut.
Umso idiotischer muß man sich vorkommen, wenn man in langen und mehr oder weniger fachlich kompetenten Diskussionen über Wirkungsweisen und Erfahrungen von Wirkstoffen geführt hat.

Was für ein Quatsch!

Dabei ist meine Nichte Apothekerin und weiß genau, was ein SSRI ist.
Sind sogar die Fachleute getäuscht worden?

Ich würde hier gerne eine Lawine lostreten:
Hat jemand von Euch einen guten Draht zu den Medizinern unter den Admins, die hier klärend einschreiten können?

Ich kann mir nicht vorstellen, daß diese katastrophale Äußerung so einfach stehenbleiben kann.

Was sollen wir alle hier mit so etwas anfangen?

(Auch in diesem Zusammenhang:
http://www.kompetenznetz-depression.de/ ... 1203713326)


Hilfe!!!

Jojo
ANOVA
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Re: Placebo macht es auch

Beitrag von ANOVA »

Der Artikel besagt doch gar nicht, dass die SSRIs unwirksam sind. Anscheinend wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen Placebo und SSRIs gefunden. Es geht also um eine rein statistische Aussage. Dass keine signifikanten Unterschiede gefunden wurden, kann an ganz vielen Dingen liegen. Auch hierbei handelt es sich oftmals um statistische "Raffinessen".

In dem Heise-Artikel (den anderen habe ich nicht gelesen) steht u.a. "Im besten Interesse der Patienten ist es Zeit, den Schwerpunkt auf nichtmedikamentöse Behandlungen zu legen und diese Medikamente für sehr schwer depressive Patienten zu reservieren."

Geht man von den psychologischen Behandlungsrichtlinien für Depression aus, ist das genau das, was sowieso schon gemacht wird: bei schweren Depressionen eine Kombination aus Psychotherapie (vorzugsweise Kognitive Verhaltenstherapie; die hat die besten Ergebnisse) und Psychopharmaka.

Die ausschließliche Behandlung von Depressionen mit Psychopharmaka gilt im allgemeinen als wirkungslos oder nur sehr wenig wirksam, das ist richtig.

Ich nehme auch besagte Prozac-Glückspille (Fluoxetin) und weiß, dass das für mich neben der Psychotherapie hilfreich war und ist.

Diese ganzen Verschwörungstheorien gegen die Pharmaindustrie nerven einfach nur noch, finde ich (und das sage ich, obwohl Pharmafirmen meine absoluten Feinde sind). Auch der Vorwurf, es würden nur signifikante Ergebnisse veröffentlicht, stimmt zumindest für den Bereich Psychologie nicht. Wie das in der Medizin aussieht, vermag ich nicht zu sagen.

Ganz allgemein finde ich, dass man immer extrem vorsichtig sein sollte, wenn Nichtfachzeitschriften über irgendwelche medizinischen oder sonstigen Erkenntnisse schreiben. Die dortigen Journalisten sind in den allermeisten Fällen überhaupt nicht qualifiziert, wissenschaftliche Studien nach wissenschaftlichen bzw. methodischen Maßstäben beurteilen zu können.

Gruß

Xenia
Lisa23

Re: Placebo macht es auch

Beitrag von Lisa23 »

Hallo Bernd,

mir geht es seit ich ADs nehme insgesamt besser. Ich habe mit Mirtazpin begonnen und nicht vertragen, deshalb gleich wieder abgesetzt.

Dann ging es weiter mit Paroxetin und Cymbalta. Beide hatten die Nebenwirkung, dass ich immer dicker wurde. Trotz Schokolade. Ich schicke Dir mal ne Tüte Rauch, weil Du den Tabak mehr magst.

Weil ich nicht immer dicker werden wollte, habe ich Cymbalta abgesetzt. Da ging das ganze Theater von vorne los. Ich stand nur noch unter Spannung. Mich hat man nur pieksen müssen und ich war ängstlich, mein Kopf brummte wegen all der schlimmen Gedanken, die ich hatte. Ich schlief nicht mehr, wollte nicht ans Telefon und auch sonst nirgends mehr hin. Mir war wieder alles zu viel. Ich war nur noch gereizt. Sah keinen Sinn mehr in irgendeiner Zukunft, sah alles verbaut.

Mit Fluoxetin ging es mir schon nach wenigen Tagen wieder viel besser und wenigstens Weihnachten war gerettet. Jetzt, nach 2 Monaten fange ich so ganz langsam wieder an durchzuatmen.

Von mir aus können sämtliche Zeitungen alles mögliche zu diesem Thema schreiben. Ich lasse mir diese Pillen nicht mehr nehmen.

Deshalb @ Jojo, es gibt auch viele Neider im Pharma Bereich. Vielleicht weht der Wind aus dieser Ecke. Ich glaube auch nicht, dass man Ärzte und Apotheker derart täuschen kann.

Es ist schade, dass durch solche Berichte Kranke verunsichert werden.

Liebe Grüße, Lisa
ANOVA
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Re: Placebo macht es auch

Beitrag von ANOVA »

Hallo Bernd,

>Wenn diese Kausalität nämlich nicht nachweisbar ist, muß die Substanz folgerichtig als wirkungslos in der Behandlung der Erkrankung betrachtet werden.

Naja, bist Du da nicht ein wenig sehr streng?

Diesen Maßstab kann man vermutlich in der Somatik bei manchen Erkrankungen (z.B. Entzündungen, die anhand bestimmter Parameter messbar sind) anlegen. Aber im Bereich psychischer Erkrankungen kann man ihn eben m.E. nicht anlegen, weil man einen psychisch Erkrankten kaum von allen Umwelteinflüssen isolieren kann. Und nur dann könntest Du einwandfrei eine Kausalität zwischen Ursache (Behandlung) und Effekt (Gesundung) feststellen.

Im Psycho-Bereich geht man von einer solchen Kausalität u.a. dann aus, wenn es zur Erklärung des gefundenen Effekts möglichst keine plausiblen alternativen Erklärungen gibt. Zumindest ist es in der Psychologie so.

Gruß

Xenia
rajo1
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Re: Placebo macht es auch

Beitrag von rajo1 »

Ach, ja.. es gibt noch ganz andere wissenschaftliche Studien.
Wir wissen viel zu wenig über unser Gehirn.
Und jetzt sind es wieder die Journalisten.
Lisa23

Re: Placebo macht es auch

Beitrag von Lisa23 »

Hallo Xenia,

da haben wir ja die Pillchen gemeinsam.

Ich lese den Bericht auch wie Du, dass die SSRIs bei leichten und mittelschweren Depressionen keine oder nur wenig Wirkung zeigen. Dagegen bei schweren Depressionen aber doch.

Natürlich schwankt man als Depressiver zwischen leicht, mittelschwer und schwer. Aber die Leute, die hier schreiben, hatten mindestens eine schwere Episode im ihrem Verlauf. Somit sind die SSRIs nicht fehl am Platz.

Wenn es mir weiterhin so gut geht, dann versetze ich vielleicht wirklich noch mal Berge.

Liebe Grüße, Lisa
Bernd2

Re: Placebo macht es auch

Beitrag von Bernd2 »

Nein, es handelt sich eben nicht um Journalisten. Vielmehr wird in dem Artikel auf eine Metaanalyse Bezug genommen, die von Wissenschaftlern durchgeführt wurde.

Daher ist das Ergebnis durchaus ernst zu nehmen und stellt somit keineswegs journalistisches Geschreibsel dar.

Daß das Ergebnis diejenigen, die an die Wirksamkeit von Antidepressiva glauben (wollen) verunsichert, ist nachvollziehbar. Es ändert jedoch nichts an den wissenschaftlichen Fakten.

Gruß
Bernd
Bernd2

Re: Placebo macht es auch

Beitrag von Bernd2 »

"Ich lese den Bericht auch wie Du, dass die SSRIs bei leichten und mittelschweren Depressionen keine oder nur wenig Wirkung zeigen. Dagegen bei schweren Depressionen aber doch." Zitat Lisa

Hallo Lisa,

Wo genau steht in dem Bericht bzw. in der Studie selbst, daß SSRI bei einer schweren Depression nachweislich wirksam sind?

Gruß
Bernd
ANOVA
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Re: Placebo macht es auch

Beitrag von ANOVA »

Hallo Lisa,

>da haben wir ja die Pillchen gemeinsam.

Nicht nur das, ich teile auch Deine Meinung bzgl. Gleichberechtigung. Allerdings könnte ich nicht so cool bleiben.

>Ich lese den Bericht auch wie Du, dass die SSRIs bei leichten und mittelschweren Depressionen keine oder nur wenig Wirkung zeigen. Dagegen bei schweren Depressionen aber doch.

Eben. Es geht doch vielmehr darum, dass die Hausärzte Menschen mit psychiatrischen Symptomen an den Facharzt/Fachärztin überweisen, anstatt selbst mit ADs rumzudoktern. Denn ich kann mir schon vorstellen, dass so mancher Allgemeinmediziner aufgrund etwas überhöhtem Selbstbewusstsein meint, er könne psychische Erkrankungen behandeln. Und dann wird eben schnell zu Psychopharmaka gegriffen, ohne dass weitere Maßnahmen geplant werden. Die meisten Benzos werden denn auch von Allgemeinärzten verschrieben, was ich ziemlich fahrlässig finde.

Gruß

Xenia
ANOVA
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Re: Placebo macht es auch

Beitrag von ANOVA »

Hallo Bernd,

>Nein, es handelt sich eben nicht um Journalisten. Vielmehr wird in dem Artikel auf eine Metaanalyse Bezug genommen, die von Wissenschaftlern durchgeführt wurde.

Nun ja, ich denke, dass beim Heise-Verlag keine Wissenschaftler arbeiten. Und diesen Artikel meinte ich.

Zum Thema Meta-Analyse kann ich nur sagen: "Garbage in, Garbage out": Wenn die Primärstudien schlecht sind, ist auch die Meta-Analyse schlecht.

Im übrigen sind dort ja auch vornehmlich Daten aus den USA eingeflossen. Nur ist es in den USA so, dass die Bewertungsrichtlinien für die Schwere einer Depression anders sind als z.B. in Deutschland.

Ich denke daher nicht, dass man das Ergebnis jetzt ohne weiteres übermäßig ernst nehmen muss. Außerdem: es handelt sich um statistische Entscheidungen, die eine Aussage über den Durchschnitt treffen und nicht über ein einzelnes Individuum. Wenn etwas dem Durchschnitt nicht hilft heißt es aber noch lange nicht, dass es mir als Individuum auch nicht hilft.

Gruß

Xenia
Bernd2

Re: Placebo macht es auch

Beitrag von Bernd2 »

Hallo Xenia,

Du würdest staunen, was man bei einem Patienten mit der simplen intramuskulären Injektion von physiologischer NaCl erreichen kann; vorausgesetzt der Patient glaubt daran, daß es sich um ein hochpotentes Arzneimittel handelt.

Nun, der Mehrheit der Patienten hilft es sicherlich nicht, diesem Patienten aber schon. Ist nun folglich NaCl ein wirksames Arzneimittel, für das der Beweis seiner Wirksamkeit auch unter den Bedingungen einer klinischen Prüfung erbracht werden könnte?

Zum Thema "Daten aus den USA" möchte ich nur anmerken, daß die Anforderungen an klinische Prüfungen bzw. der Berichte darüber von seiten der FDA um ein Vielfaches höher liegen als in der EU. Ich habe schon mehrfach FDA-Inspektoren in Aktion erlebt.

Gruß
Bernd
ANOVA
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Re: Placebo macht es auch

Beitrag von ANOVA »

Hallo Bernd,

natürlich gibt es einen Placebo-Effekt. Das bestreitet ja auch niemand... Per definitionem enthält ein Placebo keinen pharmazeutischen Wirkstoff, was vermutlich auch für einen bestimmten Verdünnungs"grad" des NaCl gilt.

SSRIs enthalten jedoch pharmazeutische Wirkstoffe, deren Wirkung auf den Neurotransmitterhaushalt auch nachgewiesen ist (nein, ich kann jetzt aus dem Stegreif keine Studien dazu nennen)*. Und dass Neurotransmitter nicht unwesentlich an Stimmungen beteiligt sind, dürfte unbestritten sein.

Gruß

Xenia

Edit:
>Zum Thema "Daten aus den USA" möchte ich nur anmerken, daß die Anforderungen an klinische Prüfungen bzw. der Berichte darüber von seiten der FDA um ein Vielfaches höher liegen als in der EU. Ich habe schon mehrfach FDA-Inspektoren in Aktion erlebt.

Nun ja, es geht mir darum, dass man in den USA schon als schwer depressiv gilt, wenn man in Deutschland noch nicht als schwer depressiv eingestuft wird. In den USA "braucht" man weniger Punkte in den entsprechenden Tests für eine Diagnose als in Deutschland. Deshalb werden in den USA vermutlich auch mehr ADs pro Kopf verschrieben als bei uns.

Nochmal Edit:

*
z.B. haben sie Auswirkungen auf die Konzentration der entsprechenden Neurotransmitter im postsynaptischen Spalt und wenn ich mich recht erinnere, wurde bei Ratten auch nachgewiesen, dass SSRIs eine positive Wirkung auf die neuronale Plastizität haben (aber genau weiß ich das gerade nicht mehr).
912318798
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Re: Placebo macht es auch

Beitrag von 912318798 »

Na bis jetzt habt Ihr mich nicht gerade beruhigt.

Deshalb greife ich mir den Strohhalm:
"Im Zweifelsfall gegen den Journalismus!"
Wer ist überhaupt >Florian Rötzer<?
Der kann ja nicht mal ordentlich deutsch:
> Eine Studie hat sich die Wirkung der neuen Selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI), die auch meisten verschrieben werden, einmal näher mittels einer statistischen Auswertung vieler Studien angeschaut und kam zu dem Ergebnis, dass sie kaum besser als Placebos sind.<
(Dieses Statement hätte mein kleiner Sohn (9a) besser formuliert.)

Unter den von Euch hier schon angeführten Aspekten stelle ich die Frage:
was heißt "besser" als nichts (ein Placebo ist nichts.)?

Jedoch: wenn Bernd sagt, (vereinfacht) die Kommissionen und deren Berichte haben fachlich fundiert recherchiert und kolportiert zu werden, kann man sich nicht so einfach über den "gedruckten Blödsinn" retten.

Im Übrigen lese ich in dem Bericht einen Widerspruch:
Einesteils spricht man den gegenständlichen Präparaten Nullfunktion zu, andererseits rät jedoch

> Professor Professor Irving Kirsch von der University of Hull und einer der Autoren : "Im besten Interesse der Patienten ist es Zeit, den Schwerpunkt auf nichtmedikamentöse Behandlungen zu legen und diese Medikamente für sehr schwer depressive Patienten zu reservieren."<

Was jetzt?

Liebe Grüße und bitte um Auskunft

Jojo
ANOVA
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Re: Placebo macht es auch

Beitrag von ANOVA »

Hallo Jojo,

>Was jetzt?

Ich würde an Deiner Stelle das machen, was sich für Dich momentan richtig anfühlt. Wenn Du bis zum Zeitpunkt vor dem Lesen des Artikels das Gefühl hattest, das richtige zu tun, solltest Du das vielleicht erstmal weiter machen.

Und, wie gesagt, es ist allgemein anerkannt (und übrigens auch nachgewiesen für Kognitive Verhaltenstherapie und SSRI), dass die beste Wirkung erzielt wird, wenn man Psychotherapie mit Medikamenten kombiniert, sofern die Depression einen bestimmten Schweregrad erreicht hat.

Gruß

Xenia
Lisa23

Re: Placebo macht es auch

Beitrag von Lisa23 »

Hallo Xenia,

danke. Weil mir das cool sein ab und an auch schwer fällt, habe ich es heute gemieden, mich nochmals in das Thema Gleichberechtigung rein zu hängen. Einen Kampf gegen Windmühlen zu führen, macht müde.

Meine vielen Jahre mit und bei den Amerikanern, haben mir gezeigt, dass man nicht alles für bare Münze nehmen kann, was aus den USA kommt. Die arbeiten mit ganz anderen Standards als wir. Meistens mit viel niedrigeren, darin sind sie dann aber auch sehr genau. Sie wären auch mit höheren Standards sehr genau, nur legen sie diese nicht an. (Das ist jetzt rein meine Meinung, die meine Erfahrungen widerspiegeln).

Liebe Grüße, Lisa
Bernd2

Re: Placebo macht es auch

Beitrag von Bernd2 »

Nun ja, das ist in der Tat ein schwieriges Feld. Vielleicht ist uns allen geholfen, wenn ich einmal ein "offenes Geheimnis" der Medizin offenbare.

Es ist in der Medizin keineswegs so, daß alles, was dort vertreten wird, und sei es auch von den jeweiligen Koryphäen ihrer Fakultät, bewiesen ist. Mitnichten.

Allzuoft handelt es sich lediglich um augenblicklich vertretene Lehrmeinungen, denen momentan niemand entgegenzutreten wagt, und die schon allzu häufig nach wenigen Jahren verworfen werden. Im Bereich der pharmakologischen Therapie der Depression wird derzeit diese Serotonin-Schiene gefahren. Das kann und wird, da bin ich zuversichtlich, in einigen Jahren verworfen werden.

Aus meiner eigenen internistisch/kardiologischen Ausbildung erinnere ich mich noch an die damals vehement vertretenen Cholesterin-Märchen. Wer von uns kleinen Assistenten hätte gewagt, das in Frage zu stellen? Heute wissen wir, daß die damalige "Gewissheit" der Meinungsbildner ein Trugschluß gewesen ist.

Das ist das Wesen der medizinischen "Wissenschaft". Daran wird sich auch so bald nichts ändern.

Gruß an alle
Bernd
912318798
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Re: Placebo macht es auch

Beitrag von 912318798 »

Danke für Deinen Zuspruch, Xenia.
Du hast natürlich Recht und ich werde nicht aufgrund dieses Artikels meine Therapie verwerfen.

Nur, produktiv sind solche Meldungen wirklich nicht, wenn sie nicht seriös sind.
Die Restzweifel muß ich jetzt wohl ordentlich würgen, will ich sie wieder loswerden.
Denn irgendwie kommt nicht genau herüber, ob die Wirkstoffe zwar da sind, aber nichts machen, also Serotonin am Wiederaufgenommen-werden hindern, was man jedoch überall als selbstverständliche Erkenntnis handelt, oder ob etwa gar keine entsprechenden Wirkstoffe vorhanden sind.
(Wenn auch Manuela's Blut den Beweis angetreten hat!)

Denn ich frage nochmal, abseits meines künftigen Therapieplanes:
"Warum sollen die Medikamente wirkungslos sein und werden gleichzeitig "Schwererkrankten" vorbehalten gewollt?

@rajo: na, bravo! Könntest Du künftig in Journalen für Gärtnerei o. ä. lesen und uns daraus Beiträge hereinlinken? (nur gescherzt!)

Liebe Grüße und bleibt stark!

Jojo
ANOVA
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Re: Placebo macht es auch

Beitrag von ANOVA »

Hallo Bernd,

>Es ist in der Medizin keineswegs so, daß alles, was dort vertreten wird, und sei es auch von den jeweiligen Koryphäen ihrer Fakultät, bewiesen ist. Mitnichten.

Nun, manches lässt sich eben auch gar nicht oder nur sehr schwer oder nicht mit den heute verfügbaren Mitteln beweisen. Aber es wäre in meinen Augen wirklich ein logischer Fehlschluss aus einer Nichtbeweisbarkeit auf eine Nichtwirksamkeit zu schließen.

>Im Bereich der pharmakologischen Therapie der Depression wird derzeit diese Serotonin-Schiene gefahren. Das kann und wird, da bin ich zuversichtlich, in einigen Jahren verworfen werden.

Ich kann mir auch gut vorstellen, dass die Serotoninhypothese in ein paar Jahren nicht mehr up to date ist. Aber nicht, weil sie falsch ist, sondern weil man vielleicht etwas besseres gefunden haben wird. Ich persönlich hoffe, dass die nächste Theorie über Depression (und andere psychische Erkrankungen) mehr den multifaktoriellen Anteil an Entstehung und Aufrechterhaltung der Erkrankung miteinbezieht oder betont.

Man darf im Psycho-Bereich einfach auch nicht vergessen, dass die Forschung noch in den Kinderschuhen steckt. Gerade die Neurowissenschaften haben sich ja erst in den letzten zwanzig oder dreißig Jahren entwickelt.

Um ein weiteres psychologisches Bsp. einzuführen: bis in die siebziger Jahre galten Zwangsstörungen als unbehandelbar. Die Patienten hatten sozusagen eine echte Arschkarte (sorry) gezogen. Inzwischen gehört die Zwangserkrankung zu den am besten behandelbaren psychischen Erkrankungen (soweit ich weiß). Vielleicht tut sich ja etwas ähnliches im Bereich der Depressionen. Ich persönlich glaube daran, vor allem im Bereich Psychotherapie wird sich in Zukunft noch einiges tun.

Gruß und gute Nacht

Xenia
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