Loslsung von der Mutter

anganima
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Loslsung von der Mutter

Beitrag von anganima »

Ihr Lieben alle, Ich habe auch etwas beizutragen zu diesem Thema. Gestern war der 7te Todestag meines Vaters. Ich hatte eigentlich nicht daran gedacht, denn für mich spielt der Tag keine Rolle. Er ist bei mir, wenn ich ihn brauche und wenn ich an ihn denke, dann mit guten Gefühlen. Aber für meine Mutter war das ein schlimmer Tag. Sie wollte mich eigentlich besuchen, aber dann fielen ihr all die Unterlassungen in ihrer Ehe ein, die Versäumnisse, die Lieblosigkeiten und sie meinte allein kann ich besser weinen. Gleichzeitig war der Tod meiner kleinen Schwester ihr sehr nahe, die an einem 1. April gestorben war durch einen Unfall. Und auch hier Versäumnisse, die sie sich anlastete, weil sie nicht mit in die Klinik gefahren war und überhaupt keine Erinnerung mehr daran hatte, was, nachdem man ihr ihre Tochter gebracht hatte, geschehen war. Dann der Tod ihrer Mutter, das gleiche Drama. Am Abend fuhr ich dann zu ihr. Zuerst war es sehr eigenartig. Sie meinte, sie sei wohl im Sessel vor dem Fernseher eingeschlafen. Danach war Funkstille. Ich wußte nicht, sollte ich das Thema ansprechen oder nicht. Also wartete ich erst einmal ab. Wir sahen uns einige Quizsendungen an, machten uns was zu essen. Ich wußte noch immer nicht, wozu ich eigentlich gekommen war. In den 68ern, der großen Umbruchzeit, lebte ich in Berlin und fuhr alle paar Monate zu meinen Eltern, angefüllt mit Sendungsbewußtsein. Ich konfrontierte sie mit all dem, was sie meiner Meinung nach falsch gemacht hatten. Nicht daß ich ihnen Vorwürfe machte, ich war ja so vernünftig und wollte nur, daß sich das Bewußtsein verändert. Also erzählte ich ihnen, was ihr Verhalten für Auswirkungen auf mich hatte. Mich hat das erleichtert, ich konnte vieles loslassen dadurch, ihnen hat es Schuldgefühle verursacht. 35 Jahre lang habe ich versucht, meiner Mutter einiges von dem mitzuteilen was mich bewegt hat. Ich gab ihr Bücher zu lesen, die mich beeindruckt und beeinflußt haben,die sie nie gelesen hat (ich verstehe das nicht, ich bin zu dumm, ich kann mich nicht darauf konzentrieren) ; ich sprach mit ihr über ihre Beziehung zu meinem Vater und wie ich sie erlebte; sie glaubte mir nicht. Ich hatte nie den Eindruck, daß irgendetwas davon wirklich angekommen war. Für kurze Zeit ja, aber dann lief alles wieder in den alten Bahnen. Ich war das Kind und sie wußte alles besser, was sie jedoch nie wirklich zugegeben hätte. Ich habe wohl nie aufgegeben, wenn es auch zwischendurch lange Zeiten gegeben hat, in denen ich hoffnungslos war und in denen ich erlebte, daß ihre Ängste das weitaus Stärkste in ihrem Leben waren und alle ihre Beziehungen zu uns Kindern und ihrem Mann beeinflußten. Wir waren hilflos. Vor einigen Wochen gab ich ihr die Biographie von Elisabeth Kübler-Ross, weil sie mich nach Lesestoff fragte. Sie war leicht zu lesen, und wieder einmal war es ein Versuch, sie mit ihren Ängsten zu konfrontieren. Sie las sie und war beeindruckt. All das, was ich ihr über Jahre erzählt hatte, war plötzlich an einen Platz gelangt, der sie beschäftigte und vieles begreifen ließ. Dann gab ich ihr ein Buch, in dem die Seminare von E.K.R. aufgezeichnet waren und die Erlebnisse, die damit verbunden waren. Sie hatte enorme Schwierigkeiten damit, aber es ließ ihr keine Ruhe, denn das Thema war Angst in vielen Variationen. Ich drängte sie nicht, fragte nur immer mal wieder nach ob sie das Buch gelesen habe. Ich hatte es ausgeliehen in der Bücherei und meinte ich müsse es wieder abgeben. Das war die Situation bis gestern Abend. Dann eine Frage von ihr, die vieles in Bewegung gebracht hat. Sie fragte mich was hast du eigentlich aus diesem Buch mitgenommen? und hier begann ein langes Gespräch. Über ihre Kindheit, über ihre Beziehung zu ihrem Mann und ihren Kindern, über uns. Sie möchte das Buch noch einmal lesen, weil es so viel bei ihr in Bewegung gebracht hat. Ja, und jetzt habe ich endlich Hoffnung, daß sich etwas verändern kann. Dass wir uns auf gleicher Ebene begegnen können. Ist das nicht wunderbar? Lieben Gruß von Anganima
waltraut
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Beitrag von waltraut »

Liebe Anganima, ja,es ist wunder-bar! Und du hast eine unendliche Geduld und Hartnäckigkeit aufgebracht! Ich wünsche dir - und mir als Hoffnungsschimmer - daß du tatsächlich etwas in Bewegung gebracht hast. Kübler-Ross hat mich sehr beeindruckt,ich werde mir die Biografie besorgen. Guten Morgen! Waltraut
susan
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Loslsung von der Mutter

Beitrag von susan »

Ihr Lieben alle.. ich hatte in "Versöhnung mit den Eltern" geschrieben, das ich seit dem letzten Besuch bei meinen Eltern keine Lust mehr auf "Versöhnung" habe, weil diese Familienfeiertradition mir auf den Geist geht, mich regelrecht krank macht. Nun geht mir aber das Ganze nicht aus dem Kopf...die nächste Feier steht an und ich habe zugesagt, mit meiner Familie zum Kaffeetrinken zu kommen - es ist der Geburtstag meiner Mutter. Ich fühle so ein Unbehagen in mir, weil das für mich keine zufriedenstellende Lösung ist, darüber ewig zu schweigen, auszuhalten und somit immer mit Kopfschmerzen zu solchen Anlässen zu gehen. Die, die soooo sehr auf diese Familientradition Wert legt, ist meine MUTTER. Mein Vater stimmt zwar mit ihr überein, sie ist es aber, die da immer wieder drauf BESTEHT. Als ich an einem der vergangenen Tage spazieren ging, "brodelte" es wieder in mir....und ich habe daran gedacht, das ich ja auch noch Geburtstag habe und da wird meine Mutter wie immer fragen "Was wünschst du dir?" Für diesen Fall habe ich einen Wunschzettel aufgeschrieben: Wunschzettel einer 45jährigen an ihre Mutter Liebe Mutti, ich wünsche mir zum diesjährigen Geburtstag von dir - Lass mich bitte in Zukunft mit deinen weitläufigen Geburtstagsplanungen in Ruhe Das nervt mich und macht mich krank - Ich habe seit 19 Jahren Migräne und seit einigen Jahren chronische Schmerzen aufgrund meiner Operationen Diese Schmerzen lassen mich nur eingeschränkt am Leben teilnehmen - Ich wünsche mir von dir, das du mich entscheiden lässt, ob ich zu Familienfeiern komme, wann ich gehe - Ich möchte mich dafür nicht rechtfertigen müssen, das es mir ab und zu nicht gut geht. - Ich wünsche mir, das du es mir überlässt, wie eng der Kontakt zu meinen Geschwistern ist Ich bin ein spontaner Mensch, der Zwänge und Verpflichtungen hasst! Bitte lass mich los, habe keine Angst, das ich weg bin, du bist die beste Mutter der Welt und du hast die liebste Tochter der Welt, wenn du sie LÄSST Ich weiss Wünsche sind nicht immer da, um in Erfüllung zu gehen, aber ich versuche es, weil ich keinen anderen Weg mehr weiß. Ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob ich ihr diesen Wunschzettel gebe, ich habe ihn erstmal ganz spontan geschrieben und will ihn euch heute zeigen. Was meint ihr dazu? Lieber unsicherer Gruß Susan


leo
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Loslsung von der Mutter

Beitrag von leo »

Hallo Susan, ganz spontan: Mach das!!!Ich finde deinen Wunschzettel klasse, ganz liebevoll und vorsichtig formuliert. Welche Mutter könnte sich so einem Wunsch verschließen? Wenn sie das nicht versteht, ist wohl jede weitere Kommunikation zwecklos. Also, ich würde das auf alle Fälle machen. Lieber Gruß von Leo
rainer
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Beitrag von rainer »

Hallo Susan, die Idee finde ich prima und der Text ist so behutsam formuliert, daß eigentlich nichts dagegen sprechen sollte, ihr ihn auch tatsächlich zu übergeben. Ich meine jedoch, Du solltest diese Wünsche nicht von Ihrem Segen abhängig machen. Möglicherweise wirst Du Unverständnis ernten und für den Fall würdest Du Dir diesen Wunsch immer noch selbst erfüllen können, indem Du Dir bewußt machst, daß es eben nicht von ihrem Verständnis abhängt sondern, daß Du die Verantwortung für Dein Wohlergehen durch die richtigen Entscheidungen in der Hand hältst. Gutes Gelingen und alles Liebe! Rainer
caroline

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Beitrag von caroline »

Hallo Susan Die Idee mit dem Zettel find ich auch sehr gut, ganz oft kann man ja schwierigere Themen besser schriftlich angehen als mündlich. Hoffentlich liegt dein Geburtstag nicht in allzu weiter Ferne.... Hast du dir schon überlegt, ob sie den Zettel in deiner Anwesenheit lesen wird oder ob du das vermeiden willst? Ich gehe vielleicht schon ins Detail, aber ich könnte mir vorstellen, dass das 2 VERSCHIEDENE Möglichkeiten sind, und die eventuell auch verschiedene Reaktionen bei deiner Mutter hervorrufen werden. Je nachdem wie du dir das Szenario vorstellst, würde ich eventuell in irgend einer Form auch um eine Antwort bitten, damit sie dir nicht einfach ausweicht, und das Thema links liegen lässt. Ich schreib dir noch in dem andern Threat, und dir übrigens auch Rainer, deine Ueberlegungen haben mich viel nachdenken lassen und meine Antwort muss ich mir noch formulieren. Alles Gute Caroline
waltraut
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Beitrag von waltraut »

Liebe Susan, ich finde es großartig,daß du auf so eine Idee gekommen bist. Und ich finde,du solltest es tun,auch auf die Gefahr hin,daß deine Mutter es (noch?) nicht versteht. Es ist besser als weiter mit diesem ständigen Druck zu leben! Lieben Gruß Waltraut
anganima
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Beitrag von anganima »

Liebe Susan, ich finde es auch eine gute Idee deiner Mutter diesen Wunschzettel zu geben. Ich würde sogar noch draufschreiben, daß er für alle kommenden Geburtstage gilt, und auch für Weihnachten, Ostern usw. und sie kann so erkennen, wie wichtig es für dich ist. Ich hoffe, es macht dir nichts aus, wenn ich noch ein paar Wunsch-Vorschläge mache, es sind Wünsche, die ich an meine Mutter auch habe: - ich wünsche mir, daß du Vertrauen in meine Liebe zu dir hast - ich wünsche mir, daß du mir erlaubst diese Liebe auf meine Weise auszudrücken - ich wünsche mir, daß du bereit bist mich besser kennenzulernen - ich wünsche mir, daß du mich andere Wege finden läßt, dich zu treffen und dir meine Liebe zu zeigen - ich wünsche mir, daß ich dich dann einfach mal spontan besuchen kann, um mit dir zu reden oder dich in den Arm zu nehmen - ich wünsche mir, daß du erkennst, daß ich mir viel Mühe gebe unsere Beziehung so zu gestalten, daß wir uns miteinander wohlfühlen können Wenn ich noch eine Weile darüber nachdenke, fallen mir bestimmt noch mehr Wünsche ein. Vielleicht brauchst du nicht zu warten, bis sie dich fragt, was du dir zum Geburtstag wünscht, sondern ihr deinen Wunschzettel schon mal schicken. Sie kann sich das Ganze dann in Ruhe überlegen und muß nicht gleich reagieren. Ich weiß ja nicht, wie lange es noch bis zu deinem Geburtstag ist. Aber bald bist du ja in der Klinik, und dadurch ergeben sich möglicherweise auch neue Ansätze und neue Lösungen. Und wie wäre es, wenn du auch gleich einen Wunschzettel für deinen Vater schreibst? Ich wünsche mir von dir, daß du dich traust deinen Wunschzettel abzugeben. Liebe Gruß Anganima
susan
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Loslsung von der Mutter

Beitrag von susan »

An alle, die mir sooo lieb geantwortet haben Ihr macht mir echt Mut und ich bin jetzt wirklich viel sicherer, DIESEN Schritt zu gehen. Ich muß etwas tun, ansonsten muss ich den Druck aushalten, und ich kann nicht mehr, es sind zuviele Jahre, die ich dies mitgemacht habe, ohne mich dabei wirklich wohlzufühlen....ich habe das Freiwillige sehr vermißt. Inzwischen geht es mir in dieser Beziehung so schlecht, das es mir völlig egal ist, wie meine Mutter reagiert...ich will nur KLARHEIT. Ich danke euch für euer Verständnis.... Leo, ganz super so spontan!!!! und Anganima, ich kann nicht genug von diesen "Wunschzettelvorschlägen" hören. Willst du deinere Mutter evtl. auch so einen schreiben? Ein herzliches Dankeschön an euch alle Susan


caroline

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Beitrag von caroline »

Im Ernst, kann man auch der Schwiegermutter so eine Zettel schreiben???? Meine hat nämlich in 2 Wochen tatsächlich Geburtstag. Oder geht sie mich nichts an?? Man kriegt wirklich Kraft hier im Forum, SUPER!!!! An alle eine gute Nacht Caroline
anganima
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Loslsung von der Mutter

Beitrag von anganima »

Liebe Susan, ich muß meine Wünsche meiner Mutter immer wieder mitteilen, denn sie erinnert sich nicht daran, wenn sie in ihren eigenen Gefühlen und Ängsten gefangen ist. Du hast mich wirklich angeregt, darüber noch genauer nachzudenken, danke. Und es ist auch eine gute Idee, sie auszudrucken und ihr in die Hand zu geben. Vielleicht kommt die Erinnerung dann schneller zurück. Hier noch einige Wünsche die ich habe - ich wünsche mir, daß du weißt, daß du dich in Notfällen auf mich verlassen kannst - ich wünsche mir, daß du mein Anderssein respektierst und vielleicht sogar wertschätzt - ich wünsche mir, daß ich nicht für dein Wohlbefinden verantwortlich sein muß - ich wünsche mir, daß ich auch ohne dich glücklich sein darf - ich wünsche mir, daß du mir verzeihst, daß ich nicht die Tochter bin, die du dir erträumt hast - ich wünsche mir, daß du glücklich bist und dich an deinem Leben erfreust, auch wenn es manchmal dunkle Stunden gibt - ich wünsche mir, daß ich dich manchmal inspirieren darf, neue Möglichkeiten der Begegnung zu finden - ich wünsche mir, daß wir uns aneinander freuen können, wenn wir b e i d e bereit dafür sind - ich wünsche mir, daß du dich darüber freuen kannst, wenn ich ein unabhängiger, erwachsener Mensch werde - ich wünsche mir, daß du verstehst, daß diese Wünsche dazu beitragen sollen unsere Beziehung zu stärken Vielleicht kannst du ja das eine oder andere davon auch noch brauchen. Lieben Gruß Anganima
anganima
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Beitrag von anganima »

Liebe Susan, ich muß meine Wünsche meiner Mutter immer wieder mitteilen, denn sie erinnert sich nicht daran, wenn sie in ihren eigenen Gefühlen und Ängsten gefangen ist. Du hast mich wirklich angeregt, darüber noch genauer nachzudenken, danke. Und es ist auch eine gute Idee, sie auszudrucken und ihr in die Hand zu geben. Vielleicht kommt die Erinnerung dann schneller zurück. Hier noch einige Wünsche die ich habe - ich wünsche mir, daß du weißt, daß du dich in Notfällen auf mich verlassen kannst - ich wünsche mir, daß du mein Anderssein respektierst und vielleicht sogar wertschätzt - ich wünsche mir, daß ich nicht für dein Wohlbefinden verantwortlich sein muß - ich wünsche mir, daß ich auch ohne dich glücklich sein darf - ich wünsche mir, daß du mir verzeihst, daß ich nicht die Tochter bin, die du dir erträumt hast - ich wünsche mir, daß du glücklich bist und dich an deinem Leben erfreust, auch wenn es manchmal dunkle Stunden gibt - ich wünsche mir, daß ich dich manchmal inspirieren darf, neue Möglichkeiten der Begegnung zu finden - ich wünsche mir, daß wir uns aneinander freuen können, wenn wir b e i d e bereit dafür sind - ich wünsche mir, daß du dich darüber freuen kannst, wenn ich ein unabhängiger, erwachsener Mensch werde - ich wünsche mir, daß du verstehst, daß diese Wünsche dazu beitragen sollen unsere Beziehung zu stärken Vielleicht kannst du ja das eine oder andere davon auch noch brauchen. Lieben Gruß Anganima
anganima
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Loslsung von der Mutter

Beitrag von anganima »

Uff, wieder mal Probleme im Netz
anganima
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Beitrag von anganima »

Liebe Caroline, ich denke, so einen Zettel kann man für jeden speziell anfertigen und ihm irgendwann in die Hand drücken, wenns gerade paßt. Muß ja nicht nur zum Geburtstag sein. Es hat mich gerade wirklich angeregt, mir selbst ein paar Wunschzettel zu schreiben. Ob du ihn ihr allerdings zum Geburtstag schenken kannst? Mir käme das ein bißchen komisch vor, wenn ich Geburtstag hätte und der andere mir seine Wünsche mitteilt. Du könntest ihr aber einen Dankeszettel schreiben: - ich danke dir, daß du mir deinen Sohn geschenkt hast - ich danke dir, daß du gelernt hast mein Anderssein zu respektieren - ich danke dir, daß du dich um deine Enkel so kümmerst - ich danke dir, daß du dich darum bemühst ein gutes Verhältnis zu mir zu haben. - ich danke dir, daß du mir zeigst, was Kraft und Selbstvertrauen alles möglich macht - ich danke dir, daß du mir bewußt machst, wie wichtig eine gute Streitkultur ist (ich habe vorhin dein posting in Paartherapie gelesen) vielleicht kannst du ihr ja im Voraus für einige Dinge danken, die du dir von ihr wünschst, die sie aber noch nicht erfüllen kann. Sie geht dich so viel an, wie du es zulassen kannst. Lieben Gruß Anganima
waltraut
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Beitrag von waltraut »

Hallo ihr Lieben, Susans großartige Wunschzettelidee hat vieles angestoßen. Auch bei mir. Aber beim Nachdenken darüber,ob ich meiner Mutter so einen Zettel schicken könnte,ist mir klargeworden,daß das in meinem Fall nichts bringen würde. Meine Mutter würde jeden Satz unterschreiben,tief gerührt sein,die tollsten Versprechungen ehrlichen Herzens machen und zwei Tage später in ihr 85 Jahre lang geübtes Kleinkind- bzw."Durch euch habe ich meine Existenzberechtigung"-Verhalten zurückfallen". Und wenn ich ihr einen "danke"-Zettel schreiben würde,wäre sie natürlich noch tiefer gerührt,würde glauben,daß alle meine Animositäten gegen sie sich wunderbarerweise aufgelöst haben,käme mir dabei viel zu nahe und würde dadurch genau diese Animositäten wieder hervorlocken. Die Folge wäre eine noch tiefere Verunsicherung. Ich glaube,ich fahre am besten damit,mich für die Zusammenkünfte mit ihr mit großer Geduld zu wappnen und sie so liebevoll,wie es mir gerade möglich ist,durchzustehen. Zu etwas anderem sehe ich mich einfach nicht in der Lage. Ansonsten wäre mein wichtigster Wunsch an sie: "Ich wünschte,du würdest nicht deine Existenzberechtigung aus meinem Wohlgelungensein ableiten!" Wenn jemandem zu meinem posting was einfällt,würde ich mich freuen... Lieben Gruß Waltraut
heike56
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Beitrag von heike56 »

Liebe Susan, eine super Idee mit dem Wunschzettel. Ananigma´s Idee, für jeden einen Wunschzettel schreiben zu können, finde ich sehr gut. Mir etwas von meinen Eltern wünschen, eine ungewohnte Idee. Ich habe gelernt zu geben, sie zufriedenzustellen. Dabei ist das Geben für mich so zur Selbstverständlichkeit geworden, daß ich den Wert davon überhaupt nicht mehr wahrgenommen habe. Ein Freund, dem es seit eineinhalb Jahren mit Depressionen immer wieder sehr schlecht geht, hat mir mal bewußt gemacht, wie wichtig es ist, wenn ich mich melde, wenn er das Gefühl hat, es sorgt sich jemand um ihn. Da ist mir aufgefallen, dass Geben und Kümmern nichts selbstverständliches ist. Dass es für andere Menschen einen Wert hat. Liebe Susan, das Ergebnis eurer Paartherapie ist irgendwie schön. Immer kämpfen um irgend etwas zu erreichen, das kenne ich sehr gut aus anderen Situationen (bei mir der Wunsch gemocht zu werden)). Ich mache und tue, und dabei werde ich gemocht, bloß wahrnehmen kann ich es nicht . Liebe Waltraut, ich würde die Wünsche meiner Mutter nicht vorlegen, weil ich nicht glaube, daß es etwas bewirken würde. Für mich ist es wichtiger, diese Dinge für mich zu klären. Vielleicht, weil ich nichts mehr von ihnen erwarte? Liebe Grüße an alle Heike56
susan
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Beitrag von susan »

Liebe Waltraut "Ich wünschte,du würdest nicht deine Existenzberechtigung aus meinem Wohlgelungensein ableiten!" Diesen Wunsch solltest du deiner Mutter unbedingt aufschreiben...auch wenn du glaubst, ihre Reaktion zu kennen. Ich bin der Meinung, das es auf jeden Fall zum Nachdenken anregt.. Viel Glück!! Lieber Gruß Susan


caroline

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Beitrag von caroline »

Liebe Waltraut Mein Mann würde sagen, was, legst du dich jetzt auch noch mit einer Frau von 85 an???? Ich tendiere eigentlich auch zu Susans Meinung, dass du ihr diesen Wunsch ruhig aufschreiben kannst. Dass sie gerührt sein wird, ist ja nichts Negatives, und du hast es dir von fder Leber geschrieben. Diese Erleichterung, das zu spüren, daruf hast du ein Recht. Sogar wenn ausser Rührung deiner Mutter nichts weiter folgt, so hast du ihr eine Hand gereicht. Es ist ihr gutes Recht, die Hand abzulehnen, aber du wirst mit dir in Frieden sein. Zumindest stelle ich mir das so vor. Wie gesagt, ich würde es auf jeden Fall tun, nicht überstürzt, aber es wird sich sicher eine Gelegenheit finden Viele Grüsse Caroline
susan
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Beitrag von susan »

Liebe Anganima danke für die vielen "Wunschideen" Es sind etliche dabei, die auch was für meine Eltern, meine Mutter wären. Ich will sie jedoch nicht erdrücken. Es ist eine völlig neue Form der Kommunikation für sie und für mich. Sie wird auf jeden Fall darüber nachdenken, ob sie imstande ist, diese Wünsche zu erfüllen, ich weiß es nicht. Sollte es so sein, das sie damit was anzufangen weiß, bereit ist, mich zu lassen, dann steht einem weiteren Wunschzettel nichts im Wege... Ich habe auch einige Bedenken...neulich telefonierte ich mit dem Therapeuten der Paartherapie, ich wollte eigentlich nur den nächsten Termin mit ihm abstimmen, wir kamen ins Gespräch, es ging um meine Therapie und ich sagte ihm ,das ich mir im Klaren darüber bin, das mein Mann Schwerstarbeit leistet bei der Paartherapie, für ihn ist alles neu. Und ich erzählte ihm von meinen Eltern, das ich merke, wie starr sie in ihren Mustern leben, ihre Rolle um jeden Preis weiterspielen. Da sagte er, es sei, wenn man älter ist, nicht so gut, wenn man so eine Änderung, wie sie mir jetzt möglich ist, mitmacht...es hätte u.a. zur Folge, das man das ganze bisherige Leben in Frage stellt. Und für Änderungen bleibt evtl. nicht viel Zeit. Deshalb sehe ich ein, das meine Eltern mit dem, was sie jetzt haben, zufrieden weiterleben wollen. Meine Mutter ist 67 und ich habe seit einiger Zeit bemerkt, das sie oft über Sterben spricht, sich als alte Frau bezeichnet usw Für mich sieht das glatt nach einer Altersdepression aus... und ich kann das Gefühl nicht loswerden, das die Schuldgefühle, die sie durch meine Krankheit hat, ihre Depression verstärken...Deshalb gehe ich sehr behutsam mit ihr um... Lieber Gruß Susan


susan
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Beitrag von susan »

Liebe Heike56, Schön, von dir zu hören! "Mir etwas von meinen Eltern wünschen, eine ungewohnte Idee. Ich habe gelernt zu geben, sie zufriedenzustellen" das war auch bei mir jahrelang so, eben weil es für mich so oft hieß, vor den Eltern Respekt zu haben, mich ihnen unterzuordnen - in jeder Beziehung. Sie haben mir beigebracht, wie ein Kind zu sein hat. Davon habe ich vieles mit ins Erwachsenenleben genommen und ich habe gemerkt - gerade in den letzten Jahren - das ich für sie so war, wie SIE es wollten. Sie selbst haben sich die Mühe nicht gemacht, sie spielten ihre Elternrolle und erwarteten von mir, das ich lieb und artig bin. Sie haben sich keine Mühe gemacht, meine Entwicklung wahrzunehmen, vielleicht war es ihnen zu anstrengend? Und ich bin auf vieles stolz, was ich erreicht habe. Das Nichtbeachten hieß für mich,sie ignorieren mich als Erwachsenen, sie akzeptieren nicht, das ich ein Mensch bin, für den ganz andere Regeln gelten, als für sie. Ich finde es gut, wenn man die Eltern respektiert, es ist auch nicht von der Hand zu weisen, das es Regeln gibt, die ich von ihnen gerne übernommen habe, die für mich wichtig sind, aber es kann nicht sein, das ich sie in JEDER Beziehung zufriedenstelle. Ich bin dabei, ihnen ihre erwachsene Tochter vorzustellen. Ob sie sie mögen? Lieber Gruß Susan


waltraut
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Beitrag von waltraut »

Liebe Susan,Heike,Caroline, den besagten Satz,Susan, habe ich meiner Mutter schon sehr oft direkt gesagt,und nicht nur ich,auch meine Geschwister,in allen Variationen von liebevoll ruhig bis höchst ärgerlich! Sie ist immer voller Einsicht,kann aber offenbar nichts ändern. Manchmal bricht dann aus ihr heraus "ich lass mich nicht dauernd von euch erziehen!" Ihr seht,meine Ausgangsbasis ist ganz anders als eure. Ich hab jetzt überlegt,warum ich unbedingt vermeiden will,daß meine Mutter gerührt ist,Caroline! Das ist für mich nämlich eine unerträgliche Vorstellung. Es liegt wohl daran,daß meine Mutter immer zu viel Rührung und zu wenig Interesse gezeigt hat. Sie war gerührt,wenn sie mir beim Klavierspielen zusah(nicht zuhörte!),aber sie hat mich niemals gefragt,wie mir mein Beruf gefällt oder was ich eigentlich mache. Sie ist gerührt,wenn ich ihr etwas schenke,und schaut es nicht an. Sie ist gerührt,wenn ich mit ihr schimpfe,weil ich mir Gedanken um sie mache.Ändern tut sie nichts. Sie ist auch gerührt,wenn ein Enkelkind sie mal anruft,fragt aber nach nichts bzw.vergißt es sofort und ruft auch nie selbst an. Und vielleicht das heftigste Beispiel,was ich ihr nicht verziehen habe,obwohl es mir erst in diesem Moment wieder einfällt: Als meine Schwester während des Studiums schwanger sitzengelassen wurde und abtreiben wollte,habe ich meiner Mutter einen langen Brief geschrieben und sie um Hilfe gebeten. Die Antwort war wie immer gerührt (über mein Vertrauen oder was weiß ich) und negativ,weil sie völlig hilflos war. Das Kind wurde abgetrieben. Und das letzte Beispiel: bei ihrer Geburtstagsfeier waren alle möglichen Enkel angereist,die sie sonst kaum sieht. Sie äußerte ständig ihre Rührung darüber,daß die alle da waren,versuchte aber nicht mit einem einzigen ins Gespräch zu kommen. Ich weiß eigentlich nicht,wo ich meine Mutter einordnen soll. Sie war keine Respektsperson für mich wie für Heike oder Susan. Sie würde nie meine Hand ablehnen,Caroline. Vielleicht bin ich ihre Mutter,wie Kirsten es mal beschreiben hat,aber ohne Kirstens Reife für diese Rolle. Sie hat nie etwas von mir verlangt,ich hatte nie das Gefühl,daß ich ihr etwas geben mußte oder gegeben habe,wie ihr. Sie war irgendwie nicht da,ist in uns aufgegangen,konnte nicht ertragen,wenn es vor allem mir nicht gut ging,wollte zwar möglichst alle unsere Geheimnisse wissen,war aber nicht imstande damit umzugehen und hat sich nie für irgendetwas von uns wirklich interessiert. Sie hat eigentlich unentwegt gegeben,aber es war zumindest für mich nie das,was ich mir so dringend gewünscht habe. Es klingt schrecklich hart,was ich sage,aber das liegt wohl daran,daß ich mir das alles erst jetzt allmählich bewußt mache. Bisher wußte ich nicht,warum ich mich in Gegenwart meiner Mutter immer total bedrängt und voller Widerstand fühle. Das Schlimmste daran ist natürlich,daß ich wahnsinnig an meiner Mutter hänge. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen,sie nicht mehr zu haben,aber ich kann sie auch nur sehr schwer ertragen und will sie nicht an mich heranlassen. Ihr sprecht vom Zufriedenstellen der Eltern. Ich habe diesen Wunsch bei meiner Mutter nie gespürt,vermutlich ist er irgendwo verschüttet vorhanden. Ja,meinen Vater,den wollte ich gern zufriedenstellen. Aber das ist mir so gut wie nie gelungen. Heute weiß ich,daß er es nur nicht zeigen konnte,daß er stolz auf uns war. Das war lange Jahre ein großer Schmerz für mich,aber ohne daß die Liebe zu ihm je beeinträchtigt war. Mit ihm bin ich versöhnt und ich denke in Liebe an ihn. An meine Mutter denke ich mit einer großen Sehnsucht,aber mit noch viel größerer Abwehr. Ich weiß nicht,ob irgendwer aus diesem Gestammel schlau geworden ist? Ich kenn mich ja selber nicht aus... Danke für eure Geduld Waltraut
heike56
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Beitrag von heike56 »

Liebe Waltraut, mir geht ein Satz zu deiner Mutter durch den Kopf, sie ist voller Gefühle aber zu echter Hinwendung nicht fähig. Sie erscheint in deinen Schilderungen als sehr weich(grenzenlos?), also nichts festes da, was man packen könnte. Sie gibt immer nur nach? Das war ein spontanes Bild, was mir einfiel. Vielleicht hilft es dir? Vielleicht liege ich auch ganz verkehrt? :-) Ganz liebe Grüße und ein schönes Wochenende Heike56
waltraut
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Loslsung von der Mutter

Beitrag von waltraut »

Liebe Heike, das zu lesen,war jetzt ein richtiger Schock. So hundertprozentig genau hast du meine Mutter beschrieben! Und wenn ich meiner ersten Regung jetzt trauen darf,gibt mir dieses Bild sogar eine Basis für eine neue Beziehung zu meiner Mutter. Ich will es mir sofort ausdrucken und neben mein Bett legen. Danke für deine wunderbare Einfühlung! Auch dir ein schönes Wochenende Waltraut
susan
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Beitrag von susan »

Liebe Waltraut, ich finde, da klingt viel Traurigkeit aus deinen Worten und ich muss zugeben, das was du beschreibst, würde auch mich traurig machen. Es ist so, als wäre da etwas an deiner Mutter, das sie dringend benötigt - so was wie einen "Abstandhalter" Sie ist erfreut, bringt das auch durch sofortiges Staunen zum Ausdruck, sagt dann aber sofort wieder "Schluß" - Näher nicht!!! Gerade, wenn der andere sich verstanden fühlt und das Gefühl hat, das da ein Stück Aufmerksamkeit und Freude zu bekommen, bricht sie ab... Du bist mit Recht erschöpft, weil du so NIE an sie rankommen kannst, du suchst ihre Nähe und wirst immer wieder enttäuscht. Dies Gefühl ist dann schon beim nächstem Mal sofort wieder da - und es wird bestätigt - durch ihre erneute Abwehr... Ich kann mir nur vorstellen, das sie vielleicht mal doll enttäuscht wurde, als sie etwas ganz nah an sich herangelassen hat - und das sitzt evtl. so tief in ihr drin, das sie sich nur noch schützen kann.... Ob du mit ihr mal drüber reden kannst, über sie, meine ich ...vielleicht löst es etwas bei ihr, vielleicht fällt da ein großes Stück Last bei ihr ab, wenn sie über sich reden kann.... Ganz lieber Gruß Susan


waltraut
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Loslsung von der Mutter

Beitrag von waltraut »

Liebe Susan, ich glaube schon,daß da was dran sein könnte. Meine Mutter war die kleine Schwester von zwei Brüdern. Sie galt nicht viel. Sie hat das Gymnasium abgebrochen,nicht weil sie es nicht geschafft hätte,sondern weil sie zu faul war. Warum,weiß ich nicht. Sie hat sich das nie verziehen und betont immer,wie ungebildet sie ist. Und sie weiß wirklich nicht viel,aber nur weil sie sich nie dafür interessiert hat. Sie war beim BDM (Bund deutscher Mädchen),begeisterte Nationalsozialistin wie auch mein Vater,hat natürlich viele Illusionen aufgeben müssen. Ihr erster Verlobter hat sie sitzen lassen,worüber sie nie spricht. Meinen Vater,der 13 Jahre älter war als sie,hat sie eigentlich geheiratet,weil sie seinen Vater,der ein angesehener wortgewaltiger Pfarrer war,sehr verehrt hat. Sie war lebenslustig,gefühlvoll,tanzte gern,hatte gern Gesellschaft,mein Vater war innerlich eine Generation älter,Einzelgänger,verschlossen,spröde. Die Ehe ging nie gut. Uns Kinder hat sie im Krieg aufgezogen,unterstützt und vor allem belehrt von zwei Großmüttern,Großvater und Schwägerin. Vor und nach meiner Geburt hatte sie insgesamt drei Fehlgeburten. Bei meiner Geburt starb sie fast.Ich auch. Nach mir kamen noch drei Geschwister und dazwischen eine Totgeburt. Also Grund genug hat sie,mit Gefühlen vorsichtig zu sein. Später war sie dann mal in ihren Chef verliebt,der sie total ausnutzte und hatte dann eine mehrjährige Beziehung zu einem selbstverliebten Bildhauer. Nach dem Tod meines Vaters hatte sie wohl Schuldgefühle,vor allem weil sie so ungeduldig mit ihm gewesen sei. Und das alles hat sie mit sich allein abgemacht. Man sieht es ihr nicht an. Sie hat zwar zeitlebens gern gejammert,aber eigentlich nie wirklich geklagt. Es ist so wie Heike es beschrieben hat,sie hat keine Kontur,man kann sie nirgends packen. Ich hab ihr ja jetzt meine alte Schreibmaschine geschenkt,weil sie mit ihrer elektrischen nicht zurecht kommt und sie gebeten,alles aufzuschreiben,was ihr so an Erinnerungen an unsere,aber auch an ihre eigene Kindheit in den Sinn kommt. Ich hoffe,sie springt darauf an.Sie hat immer gern geschrieben. Allerdings sind auch alle ihre Briefe entweder völlig nichtssagend oder in Einzelfällen ganz sentimental. Was ich über die Vergangenheit meiner Mutter weiß,hat mir meine Schwester erzählt. Sie hat oft mit der Mutter gesprochen. Seltsamerweise hat sie von uns allen das distanzierteste,aber auch beste Verhältnis zur Mutter. Susan,im Moment kann ich es mir noch nicht vorstellen,mit meiner Mutter zu reden. Aber ich denke,es wird in mir weiter arbeiten. Ich danke dir und allen fürs Zuhören!! Es tut mir unglaublich gut,das alles aufschreiben zu dürfen! Lieben Gruß Waltraut
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